in: Renate Reschke, Volker Gerhardt (Hg.): Friedrich Nietzsche — Geschichte, Affekte, Medien. Nietzscheforschung. Jahrbuch der Nietzschegesellschaft, Band 15. Berlin 2008. S. 167-188. Physiologische Ästhetik – Nietzsches Konzeption des Körpers als Medium Annette Bitsch 1. Physiologische Ästhetik Im charakteristischen Stil, nämlich mit der Dynamik eines Hammers zerstört Nietzsche alle filigranen, feingeistigen von klassischer Schule dressierten Gefühlsantennen, die im sinnlichen Schein des Kunstwerks die Levitation von Seele, Urbild, tiefem Sinn erspüren. Er diffamiert all jene, die in platonischer Tradition in der Schönheit des Kunstwerks nicht die Sinnlichkeit von Form und Farbe, Lilino, Celeste und Bleu Planète, sondern vielmehr den übersinnlichen Charakter dieser Schönheit anbeten. Mit unverbesserlichem Donnerhall verweist er, für den Seele Nervenaktivität und der tiefe Sinn ein wirksames Narkosemittel1 ist, auf "jene gänzlich irrthümliche Scheidung von 'Geist' und 'Körper' [...], die, besonders seit Plato, wie ein Fluch auf der Philosophie liegt. [...] Alle jene Vielheit und Buntheit der erfahrungsmäßig bekannten Welt, der Wechsel ihrer Qualitäten, die Ordnung in ihrem Auf und Nieder wird erbarmungslos als ein bloßer Schein und Wahn bei Seite geworfen; [...] Nur in den verblaßtesten, abgezogensten Allgemeinheiten, in den leeren Hülsen der unbestimmtesten Worte soll jetzt die Wahrheit wie in einem Gehäuse aus Spinnefäden, wohnen: und neben einer solchen 'Wahrheit' sitzt nun der Philosoph, ebenfalls blutlos wie eine Abstraktion und rings in Formeln eingesponnen. Die Spinne will doch das Blut ihrer Opfer; aber der parmenideische Philosoph haßt gerade das Blut seiner Opfer, das Blut der von ihm geopferten Empirie." (KSA 1, 844) Er beleidigt Oberlehrer, die im Geiste eines Christian Fürchtegott Gellert die Subjekte vermittels der Kunst von einer korrupten Wirklichkeit purgieren, sie existentiell am Wahren, Guten, Schönen ausrichten und auf das Absolute der Idee hin emotionieren, indem er andere, ganz andere Motive unterstellt: "So haben sich einige Völker, vermöge dieser Kunst des Idealisirens, aus Krankheiten grosse Hülfsmächte der Cultur geschaffen: zum Beispiel die Griechen, welche in früheren Jahrhunderten an grossen Nerven-Epidemien (in der Art der Epilepsie und des Veitstanzes) litten und daraus den herrlichen Typus der Bacchantin herausgebildet haben. — Die Griechen besassen nämlich Nichts weniger, als eine vierschrötige Gesundheit;" (KSA 2, 175) Er zerschmettert die in Marsilio Ficinos Theologia platonica niedergelegten Grund- und Heilssätze zur göttlichen Idee des Schönen2, verstört Kastalische Quellen und sabotiert die Mission à la Leonardo, Dürer, Michelangelo – Humanismus, Persönlichkeit, moralische Veredelung -, unmissverständlich darlegend, dass deren ästhetisch-künstlerische Ambitionen von anderen Mächten angeschoben werden und als solche "zunächst der physiologischen Beleuchtung und Ausdeutung [bedürfen], [...] alle insgleichen warten auf eine Kritik von seiten der medicinischen Wissenschaft." (KSA 5, 290) Die Anagogen lässt er aus der contemplatio hochfahren und wild um sich blicken auf ein Laboratorium, "[in dem] wir [mit uns] experimentiren [...], wie wir es uns mit keinem Thiere erlauben wurden, und schlitzen uns vergnügt und neugierig die Seele bei lebendigem Leibe auf: was liegt uns noch am 'Heil' der Seele!" (KSA 5, 358). Aus der Weltseele, die der Graf von Shaftesbury mit dem Schönen, Guten, Wahren identifizierte3, macht er den Willen, eine das principium individuationis zersprengende dionysische Urkraft4, sich manifestierend als Ohrschmerz5 oder als 1 Vgl. KSA 2, 108: "Religion und Kunst (auch die metaphysische Philosophie) bemühen sich, auf die Aenderung der Empfindung zu wirken [...] Je mehr Einer dazu neigt, umzudeuten und zurechtzulegen, um so weniger wird er die Ursachen des Uebels in's Auge fassen und beseitigen; die augenblickliche Milderung und Narkotisirung, wie sie zum Beispiel bei Zahnschmerz gebräuchlich ist, genügt ihm auch in ernsteren Leiden. Je mehr die Herrschaft der Religionen und aller Kunst der Narkose abnimmt, um so strenger fassen die Menschen die wirkliche Beseitigung der Uebel in's Auge, was freilich schlimm für die Tragödiendichter ausfällt — denn zur Tragödie findet sich immer weniger Stoff, weil das Reich des unerbittlichen, unbezwinglichen Schicksals immer enger wird —, noch schlimmer aber für die Priester: denn diese lebten bisher von der Narkotisirung menschlicher Uebel." 2 Zu Ficino vgl. Kristeller (1972) und Albertini (1997). 3 Vgl. Shaftesbury (1999): S. 98-102. 4 Vgl. KSA 1, 577; vgl. auch KSA 7, 365. 5 Vgl. KSA 3, 424: "Habe ich noch Ohren? Bin ich nur noch Ohr und Nichts weiter mehr? Hier stehe ich inmitten des Brandes der Brandung, deren weisse Flammen bis zu meinem Fusse heraufzüngeln – von allen Seiten heult, droht, schreit, schrillt es auf mich zu, während in der tiefsten Tiefe der alte Erderschütterer seine Arie singt, 1 "physiologische Ubertät, die sich entladen möchte, und einen Druck bis zum Gehirn ausübt"(KSA 7, 446). Und die von Gregor dem Grossen und auch in den Libri Carolini mit Sorgfalt und Bedacht gemachten Ausführungen zu der unterweisenden und auf Gott ausrichtenden Zielsetzung der Kunst6 kompromittiert er, indem er jenen Gott bzw. dessen Sohn, den "Stifter des Christenthums", auf die Position eines "Zahnarztes" versetzt, "der jeden Schmerz durch Ausreissen des Zahnes heilen will; so zum Beispiel indem er gegen die Sinnlichkeit mit dem Rathschlage ankämpft: 'Wenn dich dein Auge ärgert, so reisse es aus.'" (KSA 2, 590) Und die Antwort auf Johann Georg Sulzers in der Allgemeinen Theorie der Schönen Kunst (1773-75) gegebene Bestimmung der Kunst - "ihr Zweck ist lebhafte Rührung der Gemüther, und in ihrer Anwendung haben sie die Erhöhung des Geistes und Herzens zum Augenmerk [...] der Tugend Reizung zu geben"7 – lautet: "[...] Unter ihnen fehlt auch jene ekelhafteste Species der Eitlen nicht, die verlognen Missgeburten, die darauf aus sind, 'schöne Seelen' darzustellen und etwa ihre verhunzte Sinnlichkeit, in Verse und andere Windeln gewickelt, als 'Reinheit des Herzens' auf den Markt bringen: die Species der moralischen Onanisten und 'Selbstbefriediger'." (KSA 5, 370f) Aus den bis zu diesem Punkt mit Hammerschlag und Donnerhall vorgebrachten Passagen und Zitaten schliesst sich bereits auf, dass Nietzsches Konzept einer physiologischen Ästhetik das auf der Trennung und zugleich Akkordanz von Körper und Geist, res extensa und res cogitans, basierende Phantasma eines einheitlichen leibgeistigen Subjekts unrettbar subvertiert und damit mit einer jahrhundertelangen ästhetischen Tradition bricht, die auf dem Primat des Geistes über den Körper, der Metaphysik über Physis und Sinnlichkeit, der Bedeutung über dem materiellen Signifikanten beruhte. Die idealistische Philosophie des Geistes wird zu einer Medienphilosophie des Geistes, und die klassische Scheidung von Leib und Seele, die vor solchem medialen Hintergrund natürlich nicht mehr verfangen kann, wird ersetzt durch die Dialektik von Gesundheit und Krankheit, die das gesamte Werk wie ein gänzlich unidealistischer Spuk durchdünt8. Das Subjekt Nietzsches spekuliert nicht mehr auf das Wahre und Gute, sondern auf einen Zustand von Gesundheit, den es nur dadurch herbeizuführen vermag, dass es all seine Krankheitssymptome und körperlichen Störfrequenzen, seinen Schmerz und sein Leiden in Zeichen überträgt, oder besser: entlädt. Auf diese Weise wird es in der physiologischen Ästhetik zum Medium von einer Krankheit und einem Schmerz, die es selbst als Subjekt im innersten konstituieren, um via Kommunikation, oder, mit Nietzsche: "Transfiguration" (KSA 3, 345) dionysische Heilungserfahrungen und fröhliche Wissenschaftserlebnisse zu durchlaufen9, die jedoch – die zyklothyme, zwischen Euphorie und Lebensekel alternierende Struktur seines gesamten Werkes und Denkens zeigt es – ambulante, durch kein göttlich-metaphysisches Fundament mehr auf Dauer gestellte Zustände darstellen. Denn im Unterschied zum Logos zeichnet sich ein Körper vielmehr durch seine Unzuverlässigkeit, Unberechenbarkeit, seine genuine Anfälligkeit für Infekte und Defekte aller Art aus von "Kopfkrankheiten" (KSA 5, 260) über "intestinale Krankhaftigkeit" bis zur "Neurasthenie" (KSA 5, 266). "Kopfkrankheiten", "intestinale Krankhaftigkeit", "Neurasthenie", physiologische Funktionen, Dysfunktionen und Bedürfnisse am Grund aller grossen Würfe und Werke aus Kunst, Philosophie, Literatur – die physiologische Ästhetik rückt genau das, dessen sich die klassische Ästhetik dumpf wie ein brüllender Stier: er stampft sich dazu einen solchen Erderschütterer-Tact, dass selbst diesen verwetterten Felsenunholden hier das Herz darüber im Leibe zittert [...]." zit. nach Deuber-Mankowsky (2007). 6 Vgl. Angenendt (2001) und Riché (1996). 7 Sulzer (1792): S. xxx 8 So beschreibt Nietzsche in der Vorrede zur zweiten Ausgabe von Die fröhliche Wissenschaft und auch in Menschliches Allzumenschliches den Prozess, in dem er sich zum erkenntnisbegeisterten Philosophen und passionierten Schriftsteller entwickelt hat, als eine nach langer Krankheit eintretende Genesung. (KSA 3, 345ff). Um weiter einen Einblick zu gewähren in die Dominanz des Begriffspaars von gesund und krank in den unterschiedlichsten Kontexten (moralische, historische, ästhetische, philosophische Fragen) seien hier nur – und nicht einmal erschöpfend – entsprechende Stellen aus der Genealogie der Moral und aus Menschliches Allzumenschliches angegeben: KSA 2, 17-21; 44; 62; 66-76; 102; 113; 118-122; 136; 139; 175; 189; 204; 209, 231-233; 279; 372-376; 404-407; 414; 422; 444; 448; 460; 492; 497f; 502-504; 519-523; 531; 567; 588; 593; 604; 609; 621; 627; 633-636; 644; 657; 666; 670; 685; 692; 696; 703. Zu Nietzsches Übersetzung künstlerischer Prozesse und Entwicklungen in die physiologischen Termini von Gesundheit und Krankheit vgl. auch DeuberMankowsky (2007). 9 Vgl. Deuber-Mankowsky (2008): S. xxx. "Sie [die Philosophie als Kunst der Darstellung, Anm. A.B.] vermittelt dem Philosophierenden die Möglichkeit, seinen Zustand zu kommunizieren. Und darin liegt auch schon das Geheimnis ihrer heilenden Kraft: Die 'Umsetzung seines Zustandes in die geistigste Form und Ferne' ist bereits der Gang aus der Untätigkeit und als solcher Teil der Gesundung. [...] Aus diesem Zustand eines existentiellen Sinnverlusts soll die Philosophie nach Nietzsche allein dadurch heraus führen, dass sie ihn symbolisiert. Für Nietzsche besteht die genuine Aufgabe der Philosophie darin, dass sie, über den Umweg der Zeichensetzung, den Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Denkens überwinden hilft." Vgl. auch Brusotti (1997). 2 verweigert und das sie im Namen des Geistes aus dem inneren System10 evakuiert hatte, nämlich die unbewussten und physiologischen Faktoren am und als Grund der philosophischen wie künstlerischen Erkenntnisse gleichermassen ins Zentrum ihres wissenschaftlich-produktionsästhetischen Interesses. "Sieht man jene Kraft näher an, so ist hier auch kein künstlerisches ganz freies Erfinden: das wäre etwas Willkürliches, also Unmögliches. Sondern die feinsten Ausstrahlungen von Nerventhätigkeit auf einer Fläche gesehn: sie verhalten sich wie die Chladni'schen Klangfiguren zu dem Klang selbst: so diese Bilder zu der darunter sich bewegenden Nerventhätigkeit. Das allerzarteste sich Schwingen und Zittern! Der künstlerische Prozeß ist physiologisch absolut bestimmt und nothwendig. Alles Denken erscheint uns auf der Oberfläche als willkürlich, als in unserem Belieben: wir bemerken die unendliche Thätigkeit nicht." (KSA 7, 446)11 2. Psycholabor und Nervenklinik Aus diesem sowie den vorangegangenen Zitaten – Nerven-Epidemien, Epilepsien, Ausstrahlungen von Nerventhätigkeit, Experimente, bei denen vergnügt und neugierig die Seele bei lebendigem Leibe aufgeschlitzt wird, physiologische Entladungen und Überdruck im Hirn... - erschliesst sich unmissverständlich, von welchem Diskurs die physiologische Ästhetik infundiert wird: die Experimentalwissenschaft, materialistische Psychiatrie und Psychophysik des 19. Jahrhunderts. In den Psycholaboratorien von Wundt, Ludwig, Helmholtz, Münsterberg, Charcot und Bechterev wird die seit Platon mit metaphysischem Copywright versehene Seele in den Nerven positiviert, die ehemals gottgeweihten und –gelenkten Akte Denken, Fühlen, Wollen werden als Funktionen der Wahrnehmung experimentell untersucht und neurophysiologisch verifiziert. Ganz im Sinne Nietzsches wird die Seele aus dem Ideenhimmel auf den Boden der physiologischen Tatsachen geholt, wenn Wundt und Ludwig Versuchspersonen in Reiz- und Reaktionsexperimenten daraufhin konditionieren, ihre seelischen oder psychischen Leistungen reproduzierbar und aufschreibbar zu machen, und wenn Helmholtz und Du-Bois Reymond galvanometrische Messungen von Nervenlaufzeiten in motorischen Fasern anstellen, die jede bewusste Wahrnehmungsschwelle unterlaufen.12 Psycholabor und Nervenklinik – das sind die Zentralstationen, die als Andere Schauplätze zugleich Nietzsches Unbewusstes zu beherrschen scheinen und als solche die Aussagen des Philosophen, des Moralkritikers und des Schriftstellers in gleicher Weise soufflieren. So, wenn er zum Beispiel das Aroma von Schizophrenie und Chloralhydrat, das er schliesslich selbst zur Genüge inhaliert hat13, als Smog über dem gesamten europäischen Kulturraum wiedererkennend wittert: "Wer nicht nur seine Nase zum Riechen hat, sondern auch seine Augen und Ohren, der spürt fast überall, wohin er heute auch nur tritt, etwas wie Irrenhaus-, wie Krankenhaus-Luft, — ich rede, wie billig, von den Culturgebieten des Menschen, von jeder Art 'Europa', das es nachgerade auf Erden giebt." (KSA 5, 369) Psycholabor und Nervenklinik – das sind die Orte, wo die Leib-Seele-Problematik, die Philosophie und Wissenschaft seit Aristoteles in Atem hält und die in Nietzsches physiologischer Ästhetik eine zentrale Rolle spielt, in eine neue Potenzebene übergeht14. Was nicht heisst, dass sie gelöst wird. Was wiederum Nietzsche, der nicht nur Objekt in der Nervenklinik und Subjekt am Schreibtisch war, sondern darüber hinaus noch vor Freud die Frage 'Wer spricht?' stellte, gewusst hat. Aber dazu später. Der anti-platonische Kern der physiologischen Ästhetik, die die Seele, wie oben ausgeführt, nicht als immaterielles Gewirke zwischen Absolutum und Negativ-Mondamin vom Körper trennt, sondern im Gegenteil physiologisch als "feinste Ausstrahlung von Nerventhätigkeit" materialisiert, hat seine Entsprechung in den Grundannahmen der Psychophysiker, Experimentalphysiologen und Psychiater nach dem Ausgang des Göttinger Materialismus-Streits, "Seele oder Sekret", wobei die Seele von Anfang an schon hoffnungslos verloren bzw. von den entsprechenden Apparaten des Psycholabors auf ihre neuronalen Frequenzereignisse hin examiniert wurde.15 Die Quintessenz dieses 10 Vgl. Derrida (1993): S. 57-60. Vgl. auch KSA 3, 350. 12 Ausführlich zu all diesen Geschehnissen im Psycholabor vgl. Holl (2002): S. 170-245. 13 Vgl. Frenzel (2000), Janz (1981) und besonders Volz (1990). 14 Zur Leib-Seele-Problematik vgl. auch Hermanni/Buchheim (2006). 15 Mit einschneidenden politischen und institutionellen Konsequenzen erhoben im Göttinger Materialismusstreit von 1854, auf den Carl Vogt mit der Sentenz 'Seele oder Sekret' abhob, Physiologen, Chemiker und Physiker Anspruch auf die Seele, die bis dato dem Monopol der Geisteswissenschaftler und Philosophen unterstand. Als um 1870 die Trennung von Psychologie und Physiologie öffentlich deklariert und institutionell vollzogen wurde, war die Seele als dichotomisches Pendant zum Sekret jedoch bereits verwirkt. Denn mit der Institution der Psychologie als autonome Disziplin durch Wilhelm Wundt in Leipzig hatte sich bereits ein solches 11 3 Seele-gegen-Sekret-Gefechts könnte man übrigens auch mit Nietzsches Kommentar ziehen, "daß mit dem Organischen auch das Künstlerische beginnt." (KSA 7, 436) In den psychologischen wie psychotechnischen Laboratorien des ausgehenden 19. Jahrhunderts werden nun reihenweise Testgeräte und Vermessungsapparaturen konstruiert, zu denen in erster Linie chronometrische und photographische Techniken gehören. Empfiehlt sich hierin einerseits eine Geschichte der Verfeinerung der Aufzeichnungstechniken für physiologische Funktionen, so darf darüber nicht vergessen werden, dass mit der Entwicklung neuer Test-Apparate auch neue Körper konstruiert werden16, die dadurch konstituiert sind, dass gerade der Teil, der in den unterschiedlichen Konzeptionen vom cartesischen Mechanismus bis zum psychophysischen Parallelismus noch eindeutig vom Physischen separiert werden konnte, nun eingezogen wird in die organischen Funktionen und konkretisiert als Reizverarbeitung in den Nerven. Im Übergang vom 19. ins 20. Jahrhundert wird die Seele zum Nerv, und das heisst, Hermann von Helmholtz zufolge, zum Telegraphendraht17. Man hätte an dieser Stelle auch Ludwig, Wundt, Charcot, Bleuler, Flechsig oder Marey konsultieren können. [Man hätte sich an Sigmund Freud, Schüler von Brücke und Helmholtz wenden können, der schreibt: "diese Seele ist nichts Einfaches, vielmehr eine Hierarchie von überund untergeordneten Instanzen, ein Gewirre von Impulsen"18, der weiter mit dem psychischen Apparat ein auf der Verschränkung von neurophysiologischen, energetischen und elektrizitätsphysikalischen Diskursen basierendes Modell für das Unbewusste konstruiert 19 und der später die aus der Importation des Telegraphenrelais in eben diesen Apparat hervorgehende Theorie der Signalangst inauguriert.20 Oder an Eugen Bleuler, demzufolge das Denken "sich am besten unter dem Bilde von Schaltungen in einer elektrischen Anlage vorstellen [lässt], die verschiedene Apparate miteinander verbinden und unabhängig voneinander laufen lassen, sie aus- und einschalten kann"21. Man hätte Fechner fragen können, der in den Elementen der Psychophysik die physikalischen Gesetze der Nervenaktivität als Relation zwischen Reizstärke und Empfindungsstärke analysiert und so das "Massprinzip der Empfindlichkeit" als Übertragungs- und (negative) Verstärkungsformel von Physik in Psyche: gamma = k log beta/b instituiert 22.] Und natürlich und nicht zuletzt hätte man Nietzsche in dieser Sache beanspruchen können, der dann klar gestellt hätte, dass es mit all den Seelensachen "vorbei [ist], weil wir leicht auf ein verletztes Gehirn und auf Krankheit schliessen. Es ist kein Zweifel, der Gegensatz von einer reinen unkörperlichen Seele und einem Leibe ist fast beseitigt." (KSA 8, 38) Es wäre ja auch mehr als unwahrscheinlich, dass Nietzsche auf einer seiner Passagen durch die Nervenheilanstalten und deren psychotechnische Luna-Parks nicht auf einen Ruhmkorff, jenen legendären, direkt von der Induktionsmaschine abgeleiteten Wechselstromgenerator, Zenit jedes Laboratoriums, gestossen, wenn nicht gar zwecks Elektroschocktherapie mit ihm verkabelt worden wäre23. Um, in Folge, affirmieren zu können: Das Nervensystem ist ein Stromkreislauf. Ein Nerv im Zeitalter des Experimentaldispositivs ist ein Medium, das einen Wechselstrom, das heisst die endlose diskrete und selbstdekonstruktivistische Alternation eines elektrischen und eines magnetischen Feldes implementiert. Und Gefühle sind nicht länger Weihen und Wehen von Seele, Wesen, Innerlichkeit, Innigkeit. Gefühle sind Impulsfrequenzen in afferenten Fasern. Gefühle sind radikal verzeitlichte Serien. Frequenzereignisse. Gefühle sind operationalisierte Verdikte zur sinnlosen Reproduktion eines traumatisch erfahrenen Signals. Gefühle sind letztendlich nichts als Schmerzen – z.B. die agonale, dämonisch indifferente unterbrechungslose Serie von Unterbrechungen, das ostinate Pochen und Pulsieren des berühmten Nietzschekopfschmerzs. Die Frösche hat er in jedem Fall gesehen, die "'Reflexbewegungen' im Falle irgend einer plötzlichen Schädigung und Gefährdung, von der Art, wie sie ein Frosch ohne Kopf noch vollzieht, um eine wissenschaftliches Feld etabliert, das mit Seelen im Sinne von tiefem Wesen, Äthesie und geistgewirkter Innerlichkeit hatte. Selbst in der Psychologie - von den Physiologen, die con brio Seelen- bzw. Nervenstränge an Wechselstromgeneratoren und anderes Laborgerät anschlossen, gar nicht zu reden - wurde die Seelenanalyse bereits als Nervenanalyse mittels der entsprechenden technischen Apparate fortgesetzt. Vgl. Holl (2002): S. 180ff, Vogt (1855) und Degen (1954). 16 Vgl. Holl (2002): S. 172f. 17 Vgl. Helmholtz (1870) S. 233: "Man hat die Nerven vielfach nicht unpassend mit Telegraphendrähten verglichen......" 18 Freud (1999): GW XII, S. 9. 19 Vgl. Freud (1999): GW I, S. 511; GW II/III, S. 541-616; GW XIII, S. 29f, S. 60, S. 246-252 und S. 391. 20 Vgl. Freud (1999): GW X, S. 276-283; GW XI, S. 407-410; GW XI, S. 420; Vgl. auch Bitsch (2006): S. xxx 21 Bleuler (1916): S. 16. 22 Vgl. Fechner (1860): Bd. 2, S. 13. 23 Zum Ruhmkorffschen Wechselstromgenerator oder schlicht Ruhmkorff vgl. Siegert (1999): S. xxx und Kosack (1903): S. 15f. Vgl. auch Bitsch (2006): S. 123f. 4 ätzende Säure loszuwerden" (KSA 5, 375). Die Reflexbewegungen jener Frösche, die zwecks Inspektion ihrer Seelenaktivitäten mit ätzenden Chemikalien behandelt wurden oder die von Emil du Bois-Reymond, inspiriert durch die Versuche seines Vorgängers Carlo Mateucci und angewiesen durch seinen Lehrer Johannes Müller, an den auf Pages Induktionsspule zurückgehenden Stromschneider angeschlossen wurden, einer Maschine, die den voltaischen Gleichstrom in eine Serie fast dauerloser diskreter Impulse zerhackt, um sie so zu tetanisieren bzw. den Nachweis der wechselstromartig zuckenden Konstitution der Froschseele, genannt "Nervenaktionsstrom", zu führen.24 3. Wundt und Nietzsche Die Seele – im Medienzeitalter der Experimentalisierung kein göttlich-überirdisches Sein mehr, unstofflich, weihevoll, sakral in sich ruhend, sondern ein höchst profaner, neuronal lokalisierbarer und induzierbarer Geist, ein ausgesprochen unruhiger Geist, ein im metronomischen Takt genau jener chronometrischen Uhren und Messgeräte laufender Geist, die Wilhelm Wundt, von der wissenschaftlichen Ausbildung her Physiologe, 1875 nach seinem nach Ruf als Professor für Philosophie nach Leipzig25 dort in grossem Stil und vorbildlich für viele weitere PsycholaborGründungen auf der ganzen Welt aufgebaut hat.26 Das Forschungsfeld der mentalen Chronometrie eröffnend, untersucht Wundt fortan den gesamten Bereich derjenigen neuronalen Aktivitäten, die von der experimentellen Psychologie als Seelentätigkeiten adressiert werden - Perzeption, Apperzeption, Aufmerksamkeit, Reminiszenz, Assoziation etc. Dabei geht es – wir befinden uns schon weit jenseits der episteme der Repräsentation - weder Nietzsche noch Wundt um Sinn und Bedeutung der jeweiligen Perzeptionen, Reminiszenzen, Assoziationen usf., sondern einzig und allein um deren zeitliche Operationalität, um deren Takt – Rhythmen, dieses Schibboleth von physiologischer Ästhetik und physiologischer Experimentalpsychologie gleichermassen.27 Denken, Philosophieren, Schreiben, Existieren, alles wird von Nietzsche auf Rhythmen gebracht, immer wieder und über sein ganzes Werk hinweg spricht es von Rhythmen, um zugleich von Rhythmen skandiert zu werden, die sich im Optimalfall zu einer Choreographie fügen, in den Tanz der Dionysos-Dithyramben eintreten. Die Gesammelten Werke scheinen überhaupt nirgends still stehen zu können, überall und ohne Unterlass bebt es und webt und rüttelt vom charakteristischen Nietzsche-Rhythmus. So wie die Seelen und Wesen, die Wundt zwecks Messung und Inspektion mit den Medien seines Psycholabors kurzschliesst, und die jeden platonischen Urgrund unwiderruflich vergessen haben: "Unser Bewusstsein ist rhythmisch angelegt. Der Grund dieses Verhaltens liegt aber schwerlich in einer spezifischen, bloss dem Bewusstsein zukommenden Eigenschaft, sondern er steht offenbar mit unserer gesamten psychophysischen Organisation in engster Beziehung. Das Bewusstsein ist rhythmisch angelegt. So folgen sich Herzbewegungen, Gehbewegungen in regelmässigen Rhythmen. Unter ihnen empfinden wir zwar die Pulsation des Herzens im normalen Zustande nicht. Wohl aber wirken schon die Atmungen, wenn auch nur als schwache Erregungen, auf uns ein, und bilden vor allem die Gehbewegungen einen deutlichen erkennbaren Hintergrund unseres Bewusstseins." 28 Aber der Rhythmus ist nicht die einzige Losung, Schlüsselsignifikant, an dem sich Nietzsches Partizipation an Wundts experimenteller Psychologie und den sie konstituierenden Medien ablesen lässt. Vielmehr ist er vernetzt mit einem anderen Begriff bzw. Begriffspaar, das sich ebenfalls von Wundt zu Nietzsche übertragen zu haben scheint. "Alle 'bösen' Handlungen sind motivirt durch den Trieb der Erhaltung oder, noch genauer, durch die Absicht auf Lust und Vermeidung der Unlust des Individuums; als solchermaassen motivirt, aber nicht böse." (KSA 2, 96) "Begierde nach tiefem Schmerz. [...] man will, wie es scheint, die heftigere Unlust immer noch lieber als die matte Lust. (KSA 2, 344) "Der Cyniker erkennt den Zusammenhang zwischen den vermehrten und stärkeren Schmerzen des höher cultivirten Menschen und der Fülle von Bedürfnissen; er begreift also, dass die Menge von Meinungen über das Schöne, Schickliche, Geziemende, Erfreuende ebenso sehr reiche Genuss-, aber auch Unlustquellen entspringen lassen musste." (KSA 2, 227) "Das eigentliche Material alles Erkennens sind die allerzartesten Lust- und Unlustempfindungen: auf jener Fläche, in die die Vgl. Rothschuh (1969): S. 121 und Lenoir (1986/87): S. 9-12. Vgl. auch Siegert (2003): S. 349: "Der experimentell hervorgerufene Starrkrampf ist eine psycho-physiologische Signatur des Wechselstromzeitalters." 25 Zu Wundts Denken und Leben vgl. Arnold (1980), Hiebsch (1977) und Holl (2002): S. 198-204. 26 Vgl. hierzu Pias (2000) S. 16. Zum weltweiten, von Ludwig und Wundt ausgehenden psychoinstitutionellen Gründungboom vgl. auch Holl (2002): S. 182ff. 27 Vgl. Holl (2002): S. 194-205. 28 Wundt (1911) S. 3. 24 5 Nerventhätigkeit in Lust und Schmerz Formen hinzeichnet, ist das eigentliche Geheimniß: das, was Empfindung ist, projicirt zugleich Formen, die dann wieder neue Empfindungen erzeugen. Es ist das Wesen der Lust- und Unlustempfindung, sich in adäquaten Bewegungen auszudrücken: dadurch daß diese adäquaten Bewegungen wieder andere Nerven zur Empfindung veranlassen, entsteht die Empfindung des Bildes." (KSA 7, 448) Eines der zentralen Ergebnisse der Wundtschen experimentellen Gefühlsanalyse ist: Alle komplexen Gefühle wie Freude, Heiterkeit, Sorge, Zorn, Furcht etc. lassen sich in drei emotionale Grundpaare zerlegen: Lust und Unlust, Spannung und Lösung, Erregung und Beruhigung, und umgekehrt können aus diesen elementaren Gefühlspaaren alle höherstrukturierten Gefühle künstlich erzeugt werden. Vorstellungen, Bedeutungen, Gefühle, früher beheimatet im logozentrischen Hoheitsbereich und ausgezeichnet durch Ganzheit und Unantastbarkeit gegenüber jedem Versuch profaner positivistischer Erdung, werden durch analytische Reduktion auf die kurz unterhalb der Wahrnehmungsschwelle laufenden Elementarseelenoperationen Lust/Unlust, um ihre hieratisch unergründbare Tiefe gebracht.29 4. Repräsentation vs. Übertragung Sehr viel expliziter als Wundt hat Nietzsche diese seelische Lust/Unlust-Impulsserie, aus der via metaphorischer Überdeterminierung alle weiteren Potenzen von Vorstellung, Bedeutung, Gefühl hervorgehen, als medialen Verlaufsprozess erfasst und dargelegt. Die Stelle ist berühmt und sie wiederholt sich, sie insistiert in verschiedenen Versionen im gesamten Werk30. Eine der vielen Variationen: "Das 'Ding an sich' (das würde eben die reine folgenlose Wahrheit sein) ist auch dem Sprachbildner ganz unfasslich und ganz und gar nicht erstrebenswerth. Er bezeichnet nur die Relationen der Dinge zu den Menschen und nimmt zu deren Ausdrucke die kühnsten Metaphern zu Hülfe. Ein Nervenreiz zuerst übertragen in ein Bild! erste Metapher. Das Bild wieder nachgeformt in einem Laut! Zweite Metapher. Und jedesmal vollständiges Ueberspringen der Sphäre, mitten hinein in eine ganz andere und neue. [Man kann sich einen Menschen denken, der ganz taub ist und nie eine Empfindung des Tones und der Musik gehabt hat: wie dieser etwa die Chladnischen Klangfiguren im Sande anstaunt, ihre Ursachen im Erzittern der Saite findet und nun darauf schwören wird, jetzt müsse er wissen, was die Menschen den Ton nennen, so geht es uns allen mit der Sprache.] Wir glauben etwas von den Dingen selbst zu wissen, wenn wir von Bäumen, Farben, Schnee und Blumen reden und besitzen doch nichts als Metaphern der Dinge, die den ursprünglichen Wesenheiten ganz und gar nicht entsprechen. Wie der Ton als Sandfigur, so nimmt sich das räthselhafte X des Dings an sich einmal als Nervenreiz, dann als Bild, endlich als Laut aus. Logisch geht es also jedenfalls nicht bei der Entstehung der Sprache zu, und das ganze Material worin und womit später der Mensch der Wahrheit, der Forscher, der Philosoph arbeitet und baut, stammt, wenn nicht aus Wolkenkukuksheim, so doch jedenfalls nicht aus dem Wesen der Dinge." (KSA 1, 879) Empörung, Erschütterung in mittleren Graden und Schlimmeres hätte sich ausgebreitet unter den Geistern des abendländischen Logozentrismus, in der episteme der Repräsentation. Denn ineins mit dieser Demontage des klassischen Zeichenmodells entweiht Nietzsche das 'Ding an sich' , das, zusammen mit dem dazugehörigen idealistischen Bewusstseinskonzept, dieses Modell schliesslich apriorisch transportieren und versichern sollte: die Bedeutung, jene sakrosankte Bedeutung des Transzendentalsignifikats, die um Himmels und des Überlebens der klassischen episteme willen aus dem Wesen der Dinge und bitte nicht aus Wolkenkukuksheim stammen sollte31. In aller Kürze zu Vgl. Holl (2002): S. 198-204. Natürlich darf an dieser Stelle ein Verweis auf Freuds Lust-Unlustprinzip, das ebenfalls zumindest teilweise durch den experimentalphysiologischen Diskurs formatiert wird, nicht fehlen. Vgl. hierzu Freud (1999): GW II/III, S. 579-610; GW XI, S. 70f und S. 369-389; GW XIII, S. 3-7, S. 19f, S. 29-37, S. 67-69 und S. 249- 375. 30 Vgl. z.B. KSA 7, 454 und 490.; KSA 1, 878f. 31 Vgl. hierzu Derridas Dekonstruktion des an das Zeichenmodell der Repräsentation gebundenen abendländischen Logozentrismus: Derrida (1993): S. 54-60. In ähnlicher Weise legt Foucault im Konzept der reduplizierten Repräsentation die Komplizität des klassischen Zeichens mit dem idealistischen Bewusstsein dar. Das für die episteme der Repräsentation bestimmende Schema sieht eine Dualität von Erkenntnissubjekt und Erkenntnisobjekt vor. Ein solides und unveränderliches Erkenntnissubjekt beobachtet und beschreibt sein Objekt, seinen wissenschaftlichen Gegenstand. In diesem Erkenntnissubjekt identifiziert Foucault unschwer das cartesische Subjekt oder Bewusstsein, sich auszeichnend durch Selbstgewissheit und Selbsttransparenz, welches in seinem Akt der Objektivierung des Gegenstands nichts geringeres vornimmt als eine Substitution. Das Cogito ersetzt den realen, als solchen unergründbaren, unsagbaren und unvorstellbaren Gegenstand durch 29 6 diesem Zeichenmodell, das Bedeutungen und immaterielle Seelenstimmen hochhält von Port-Royal bis Saussure und das von Derrida, Foucault, Lacan, allesamt passionierte Nietzsche-Leser, gründlich untersucht und dekonstruiert worden ist. Zwei Teile bilden das klassische Zeichen - das Signifikat bzw. die Bedeutung und der diese Bedeutung repräsentierende Signifikant -, und nichtsdestoweniger ist es eine heilige Einheit. Erstens. Und zweitens wird es (und mit ihm die ganze Welt) monopolisiert von genau dem grossartigen und luziden Bewusstsein der idealistischen Ästhetik, dem Nietzsche mit seiner physiologischen Ästhetik Strom und Licht abdrehen will. Die Einheitlichkeit des Zeichens wird bedingt und konsolidiert durch die Untrennbarkeit beider Teile, Signifikat und Signifikant – Saussure vergleicht sie mit den beiden Seiten ein und desselben Blattes Papier: "man kann die Vorderseite nicht zerschneiden, ohne zugleich die Rückseite zu zerschneiden"32 -, und in dieser Untrennbarkeit, Unzerreissbarkeit erkennen Derrida und Lacan das eigentliche Haupt- oder Transzendentalsignifikat der episteme der Repräsentation33: Natur, Seele, Logos oder was auch immer, jedenfalls nichts, was im entferntesten in physiologischen Prozessen, hämatologisch oder endekrinologisch, in Blutandrängen oder auf neurologisches Unheil deutenden Anisokurien materialisiert werden kann. Aus diesem (dekonstruktivistischen) Blickwinkel zeigt sich, dass – um ein Begriffspaar von Georges Bataille anzuwenden - die vordergründig dualistische Struktur des klassischen Zeichenbegriffs in Wahrheit monistisch bestimmt ist34: Das Postulat der Untrennbarkeit stellt, zusammen mit der Forderung nach Arbitrarität, die Dominanz der Bedeutung über den auf eine rein repräsentative Funktion begrenzten Signifikanten sicher.35 Nur wenn der Signifikant, in seiner Funktion reduziert auf ein rein instrumentelles Repräsentationsmodul, der jeweiligen einen und einzigen und nur dieser Bedeutung unauflöslich verkettet ist, kann ein für das Zeichenmodell der Repräsentation und das durch diese formatierte idealistische Bewusstseinskonzept tödlicher Krisenfall verhindert werden. Nämlich jener von Saussure, dem letzten Apostel in logozentrischer Nachsaison, als Monstruosität seine eigene Vorstellung von diesem Gegenstand. Die apriorische Voraussetzung dieser Erkenntnistechnik jedoch bildet wiederum das Zeichenmodell der Repräsentation: Alle potentiellen Gegenstände der Erkenntnis müssen, um überhaupt erst solche werden zu können, dem binären Zeichenmodell der Klassik bzw. des Logozentrismus unterstellt werden. Die Folge ist eine durch das Signifikat dominierte untrennbare Verknüpfung von Signifikant und Signifikat. Die reale Welt wird durch ein von der Bedeutung und vom Bewusstsein dominiertes Zeichensystem gefiltert, und alles was durch diesen Filter fällt, wird fortan nicht mehr zur Welt gehören, was nicht benennbar und vorstellbar ist, ist fortan nicht mehr existent. Die klassische episteme ist konstituiert durch eine völlige Transparenz des Zeichensystems auf die Welt hin und darüber hinaus durch eine Kongruenz des Seins und des Seins als Wort der Sprache - das Verb sein sichert die ontologische Überbrückung von Sprache und Denken. Im Sinne einer reduplizierten Repräsentation repräsentiert das Verb sein zugleich das Sein der Sprache bzw. der Repräsentation und (in Form einer attributiven Verbindung) das Sein aller anderen Dinge. So kommt es, dass das klassische Subjekt die Welt in der Vorstellung zu imperialisieren vermag: Nur das, wovon es eine Vorstellung und eine diese Vorstellung abbildenden Namen hat, hat eine ontologische Berechtigung, alles andere wird ausgeblendet, eskamotiert. Ineins damit tritt jedoch eine perfekte Verkennung dieser apriorischen oder unbewussten Mechanismen ein. Das klassische Cogito ist erstens blind gegenüber dem der Bruch, der fundamentalen Unterschiedenheit zwischen der Existenz des realen Gegenstand und der Existenz dieses Gegenstands als eine durch einen Signifikanten fixierte imaginäre Bedeutung im begrenzten Radius seines Bewusstseins. Und zweitens ist es blind gegenüber der Tatsache, dass die Wahrheit dieser Gegenstände nicht in einer metaphysisch fundamentierten und beglaubigten Bedeutung liegt, sondern vielmehr in der Existenz des reinen und bedeutungslosen Signifikanten selbst. Denn nur dieser Signifikant garantiert die Identität des vorgestellten Gegenstands mit sich selbst; nur aufgrund der Tatsache, dass die imaginäre, als solche volatile Vorstellung mit einem ganz bestimmten materiellen Signifikanten verknüpft wird, ist eine Kontinuität und Identität der Dinge der Welt in der Zeit möglich. Vgl. Foucault (1974): S. 98-102. Vgl. auch Lacan (1978): S. 81f und S. 85-87. 32 Saussure (1967): S. 134. 33 Vgl. Derrida (1993): S. 71-73; Lacan (1975): S. 21-29; Lacan (1990): S. 160f. Vgl. auch Bitsch (2007): S. 272279. 34 Bataille entwickelt den für die Geschichte des abendländischen Denkens prägenden Gegensatz eines monistischen und eines dualistischen Gedankenkreises ausgehend von der Gnosis. Vgl. Bataille (1986). 35 Vgl. Derrida (1993): S. 53-75; Lacan (1975): 17-30; Bitsch (2007). Nietzsche konterkariert mit einem quasievolutionistischen Konzept die in der klassischen Forderung der Arbritrarität implizierte metaphysische Notwendigkeit der Beziehung eines ganz bestimmten Signifikanten auf ein ganz bestimmtes Signifikat: "Selbst das Verhältniss eines Nervenreizes zu dem hervorgebrachten Bilde ist an sich kein nothwendiges; wenn aber eben dasselbe Bild Millionen Mal hervorgebracht und durch viele Menschengeschlechter hindurch vererbt ist, ja zuletzt bei der gesammten Menschheit jedesmal in Folge desselben Anlasses erscheint, so bekommt es endlich für den Menschen dieselbe Bedeutung, als ob es das einzig nothwendige Bild sei und als ob jenes Verhältniss des ursprünglichen Nervenreizes zu dem hergebrachten Bilde ein strenges Causalitätsverhältniss sei; wie ein Traum, ewig wiederholt, durchaus als Wirklichkeit empfunden und beurtheilt werden würde. Aber das Hartund Starr-Werden einer Metapher verbürgt durchaus nichts für die Nothwendigkeit und ausschliessliche Berechtigung dieser Metapher." (KSA 1, 885) 7 gefürchteter36 und von Nietzsche als Tanz stimulierter Fall, in dem der Signifikant in Derridas Reich der Dissemination eintritt, seine eigenen Wege zu gehen und zu tänzeln beginnt, um in den Bereich der Bedeutungen zu interpolieren und deren Herrschaft unterminieren. Und genau das passiert, wenn man den Zeichenprozess nicht länger mit der immateriellen Bedeutung, sondern mit in "Nervenreizen" materialisierten Signifikanten beginnen lässt, die in Folge keineswegs das "Ding an sich" oder "die reine folgenlose Wahrheit" repräsentieren, sondern vielmehr in Metaphernoperationen "Bäume, Farben, Schnee und Blumen" und dann, ungezügelt und nicht länger mit der einen jeweiligen Bedeutung untrennbar vernäht, womöglich eine diaphane Eisprinzessin, ein nervöses Elektron, einen Busstop am Äquator, Arien von Purcell und den Code einer Liebe, etwas Lapislazuliblaues, Bromazanil 6 und Neuschwanstein als Eisbombe generieren. Es ist nicht nur legitim, sondern naheliegend, Nietzsche an diesem Punkt, an dem er das repräsentationslogische Zeichen mit der Figur der Metapher destruiert, mit dem überzeugten Nietzsche-Leser Lacan zu erläutern, der über 50 Jahre später den unbewussten Tanz der Signifikanten nicht auf dieselbe, aber auf eine in den entscheidenden Punkten vergleichbare Weise gegen das Signifikat des imaginären Bewusstseins ausspielt. Genau wie Nietzsche befördert Lacan die Ablösung von dem idealistisch-repräsentationslogischen Ideal des Primats eines Urbilds, Signifikats oder Begriffs und kehrt diese Beziehung nun dahingehend um, dass das Signifikat nurmehr zum "Niederschlag" einer vorgängigen, in reinen Signifikanten ablaufenden metaphorischen Prozedur wird.37 Entsprechend hebt Nietzsche hervor, "dass auch der Begriff, knöchern und 8eckig wie ein Würfel und versetzbar wie jener, doch nur als das Residuum einer Metapher übrig bleibt, und dass die Illusion der künstlerischen Uebertragung eines Nervenreizes in Bilder, wenn nicht die Mutter so doch die Grossmutter eines jeden Begriffs ist."(KSA 1,883) Genau wie bei Nietzsche wird Lacans Metapher als Algorithmus zur Produktion von Bedeutung nicht mehr an der Wahrheit oder wahren Bedeutung des 'Dings an sich' ausgerichtet, der dann ein Signifikant als reines Repräsentationsmedium subordiniert wäre, sondern vielmehr arbeitet Lacan wie Nietzsche mit der Vorstellung von Übersetzungen oder Transfigurationen, die auf der Ebene des Unbewussten ihren Anlauf nehmen, also dort, wo Signifikanten im Realen des Körpers laufen wie Nietzschesche Nervenreize. Ein unbewusster Signifikant, so Lacans Metaphernformel, wird durch einen anderen Signifikanten ersetzt, welcher dann in einem folgenden Schritt als Signifikat auf die Bewusstseinsebene übertragen wird, jedoch mit der unbewussten Kette verbunden, d.h. vom Unbewussten her determiniert bleibt.38 Das Subjekt Lacans bedient sich nicht mehr eines Signifikanten, um damit ein bestimmtes Signifikat zu repräsentieren, sondern um sein unbewusstes Begehren zu be-deuten, zu verschlüsseln, zu übertragen. Und Nietzsches Subjekt ist in seinen Tanzund Transfigurationsakten nicht durch ein platonisches Wissen um das Urbild oder Ding an sich beseelt, um dieses so wie die Wahrheit aller anderen Dinge der Welt in Zeichen zu repräsentieren, sondern wird vielmehr motorisiert durch einen physiologisch in Form von Nervenreizen prozessierenden Willen zur Übertragung, der sich, weil das Ding an sich bei Nietzsche wie bei Lacan die Unübertragbarkeit selber ist, realisiert in metaphorischen Sprüngen, bei denen Signifikanten, leichtfüssige, promiskuitive, pudrige, duftige und fröhlich aus jeder repräsentativen Bindung an die eine Bedeutung entfesselte Signifikanten "Bäume, Farben, Schnee und Blumen" und dann womöglich Revolver-Penny und Calamity-Jane, kandierte Positronen, Erinnerungen an die Zukunft, Venedig im Winter und den geteilten Saal, E = mc², Twin Peaks und Apriorismen unter Kartoffel-KorianderKruste erzeugen. Aber das ist als Erläuterung der berühmten Passage, ihrer zahlreichen berühmten Variationen, noch nicht hinreichend. Das reicht noch nicht. Was genau ist diese Unübertragbarkeit bzw. "das räthselhafte X des Dings an sich"? Es ist der Prozess selber, der im Körper des Subjekts ablaufende Prozess – und genau hier ereignet es sich, genau hier springt es in die Augen, dass und wie das Subjekt bei Nietzsche zum Medium wird – der metaphorischen Übertragung und Übersetzung, der Ebenenwechsel von Nervenreizen zu Lauten und Klängen und weiter zu Farben und Formen und Bildern und Aromen zwischen Patchouli und Chloroform, Fallkrisen und il n’y a pas d’amour heureux. "Das räthselhafte X des Dings an sich", selbst unübertragbar, ist der Prozess der Übertragung: "Wie der Ton als Sandfigur, so nimmt sich das räthselhafte X des Dings an sich einmal als Nervenreiz, dann als Bild, endlich als Laut aus." Bei Nietzsche ist das Subjekt zum Medium seines eigenen Schmerzes und ineins seines Willen zur Übertragung dieses Schmerzes in akustischen und optischen Signifikanten geworden, Belladonna, Veronal, Totenglocken, kohlendioxidgraue Sicht, Vgl. Derrida (1993) S. 65. Vgl. Lacan (1975): S. 23f, 29 und 144. 38 Zu Lacans Konzept der Metapher vgl. Lacan (1973): S. 212f; Lacan (1975): S. 32, S. 40ff und S. 90; Lacan (1978): S. 261f und Lacan (1990): S. 160. Vgl. auch Bitsch (2001): S. 141-149). 36 37 8 Signifikanten, die, weit jenseits der Repräsentation eines ganz bestimmten Was, vielmehr nur in immer neuen Melodien und Kaleidoskopien das reine Dass chiffrieren. Das Dass des Schmerzes. Das Dass des Existierens. Das Dass des Medium-Seins. Am Anfang kein Urbild, so sanft, sakrosankt und ätherisch, wie nur körperlose Wesenheiten, Schleier, Feenhände, über eine Seele dahinstreichen können. Am Anfang ein physiologischer Reiz, traumatisch à la Freud, schmerzhaft, blitzhaft, blickzerstörend, mit dem das Sein als Medium operationalisiert wird, und in Folge ist es nicht, wie in Platons Anamnese, die Seele, sondern der Körper, der nicht mehr vergessen kann..... "Vielleicht kann der Mensch nichts vergessen. Die Operation des Sehens und des Erkennens ist viel zu complicirt, als daß es möglich wäre, sie völlig wieder zu verwischen, d.h. alle Formen, die einmal vom Gehirn und Nervensystem erzeugt sind, wiederholt es von jetzt ab so oft. Eine gleiche Nerventhätigkeit erzeugt das gleiche Bild wieder."(KSA 7, 447) 5. Entladung und Signaltechnik Die Hauptbeschäftigung des logozentristischen Bewusstseins, die Repräsentation eines Was, wird bei Nietzsche dispensiert zugunsten der Aktivität eines unbewussten Willens, der wieder und wieder und in immer neuen Metaphern das reine Dass seiner operationalen Konstitution, eines "höchst complicirtes Letzten in der Natur.Nerven vorausgesetzt."(KSA 7, 462), überträgt. Oder auch zur Entladung bringt. Denn wenn Nietzsches Metapher auch noch nicht so bedingungslos informationstheoretisch funktionieren kann wie diejenige Lacans, so entspricht sie doch den aktuellen technischen Standards ihrer Zeit. Und in dieser Hinsicht war Nietzsche, wie sich im Kontext der Psychotechnik bereits gezeigt hat, stets auf der Höhe. 1881 lässt er sich von Peter Gast Robert Julius Mayers Mechanik der Wärme nach Genua schicken. "Die Spuren der Mayer-Lektüre durchziehen die nachgelassenen Fragmente vom Frühjahr bis zum Dezember 1881."39 Nietzsche liest die Schriftensammlung weniger auf die Resonanzen des verkannten Entdeckers des Ersten Thermodynamischen Hauptsatzes hin, sondern konzentriert sich auf Mayers späten Text Über Auslösung40. Nietzsche destilliert damit diejenigen Anteile des Buches, die der im Energieerhaltungssatz implizierten Proportionalität von Ursache und Wirkung bereits massiven inneren Widerstand entgegensetzen."Es giebt für uns nicht Ursache und Wirkung, sondern nur Folgen (‘Auslösungen’) NB." (KSA 9, 472) "Man schließt aus großen Kraft-Auslösungen auf große Ursachen. Falsch!" (KSA 9, 492) Nietzsche liest nicht die 1842 erschienenen Bemerkungen über die Kräfte der unbelebten Natur, in denen Mayer aus schiffsärztlicher Tropenerfahrung heraus causa aequat effectum: eine Ursache ruft eine bestimmte Wirkung hervor, diese ist wiederum Ursache für eine andere Wirkung, ohne dass es je endet und versiegt, also die Religion von Thermodynamik I deduziert, sondern er liest den Text desjenigen, den man nach einer Depersonalisationserfahrung, die ihn in die geschlossene Psychiatrie geführt hat, logisch legitim als den zweiten Mayer bezeichnen kann41. Die Nervenklinik (ganz sicher mit integriertem Psycholabor) ist der Ort, an dem sich Mayer mit seinem ersten Selbst und seiner ersten Theorie überwirft und stattdessen eine Vgl. Siegert (2003): S. xxx. Zu Nietzsches Mayer Rezeption vgl. auch Bauer (1984): S. 218. Vgl. Mayer (1978b). 41 Während seines Dienstes als Schiffsarzt in den Tropen stellte Mayer Beobachtungen an, denen zufolge das venöse Blut der Matrosen eine hellere Färbung aufweist als im mitteleuropäischen Klima. Mayer führte dies darauf zurück, dass Oxydationsprozesse im Organismus in tropischen Gefilden verlangsamt ablaufen, weil ein Teil der vom Körper benötigten Wärme von der Umwelt bereitgestellt wird. Diese Beobachtung gibt den ersten Anstoss zur Formulierung des Energieerhaltungssatzes. Causa aequat effectum, so die Zauberformel des Ersten Thermodynamischen Hauptsatzes: Eine Ursache induziert eine bestimmte Wirkung, und diese ist wiederum Ursache für eine andere Wirkung. Diese Wirkungskräfte erachtet er als quantitativ unzerstörbare und qualitativ mutative Objekte. Der Erste Thermodynamische Hauptsatzes relativiert alle Gegenstände oder Erscheinungen innerhalb der äusseren Wirklichkeit dahingehend, dass er sie nur als unterschiedliche Materialisationsformen und Transformationsstufen einer universalen Energie betrachtet. (Vgl. Mayer (1978a): S. 33ff; vgl. Serres (1995) S. 44f.) Mayers Arbeiten werden zunächst von der physikalischen Wissenschaft herabgewürdigt oder ignoriert. Erst nachträglich hat Tyndall 1862 in einem Vortrag an der Royal Institution Mayer als den eigentlichen Entdecker des Energieerhaltungssatzes rehabilitiert, ohne dadurch dem mittlerweile internierten Mayer noch Recht verschaffen zu können gegenüber dem bis heute als Begründer von Thermodynamik I verehrten Hermann von Helmholtz, der fünf Jahre nach Mayer und zwei Jahre nach Joules Messungen, nämlich 1847 in Über die Erhaltung der Kraft zu seinem Auditorium spricht: "Kräfte sind Ursachen; mithin findet auf dieselben volle Anwendung der Grundsatz: causa aequat effectum. Ursachen sind (quantitativ) unzerstörliche und (qualitativ) wandelbare Objekte." (Helmholtz (1882) S. 12f). Mayer hingegen spricht, mittlerweile wiegesagt in der Nervenklinik, zu seinen Psychiatern nur noch in manischem, aber hellsichtigen Stil von 'Auslösungen'. Zum Energieerhaltungssatz vgl. Simonyi (1990): S. 366-369 und Kassung (2001): S. 132-172 (speziell zu Mayer S. 150172). 39 40 9 medienapriorisch durch das Telegraphenrelais fundierte Logik der "Auslösung" ausruft42, die die gesamte quietistische Ontologie von Ursache-und-Wirkung subvertiert. "Derselbe Mayer, dem die Tropen die Wahrheit schenkten, die Helmholtz zum Propheten einer universalen Disziplin Physik machte, die auf der metaphysischen Gleichung Ursache = Kraft = Gesetz beruhte, schrieb 35 Jahre später also einen Text, der das Grundprinzip einer nicht dem Ursache-Wirkungs-Prinzip unterstehenden Physik abhandelte." 43 Die Beispiele, die Mayer für sein Prinzip der Auslösung vorbringt: der elektrische Funke als Auslöser der Knallgasexplosion und der Schuss lassen sehr nach Art einer physiologischen Ästhetik in die Erfahrung eintreten, mit welchem Impetus das Relaisprinzip in dem durch den Transzendentalversicherungskonzern Kausalität und die Ethik der Konserve regulierten Welthaushalt von Thermodynamik I eintraf 44. Eine solche Detonation, ausgelöst durch eine minimale Signalenergie, die in kein Ursache-Wirkung-Verhältnis hinsichtlich der von ihr erzielten Resultate (gegenständlich betrachtet: Transzendentalpuschel und Konservendosen fliegen durch die Luft) mehr zu bringen ist, musste natürlich Nietzsches Leidenschaft entfachen. Ganz davon abgesehen, dass sich Mayers in der Nervenheilanstalt ereignende Metanoia von der Energieerhaltung zur Auslösung perfekt mit Nietzsches genealogischer Methode konjugieren lässt, findet Mayers späte Theorie in vieler Hinsicht Eingang in die physiologische Ästhetik. So stellt Nietzsche klar, dass Kants und Schopenhauers "Erkenntniß a priori" im Zeitalter der Auslösung inkommensurabel werden wird mit metaphysischen Glaubenssätzen, unter die auch der "Glauben an Ursache und Wirkung" subsumiert werden muss, und darum neu angebunden und verbunden werden müssen mit dem "Gefühl des Willens" (KSA 9, 661f). Dieser Wille muss jedoch streng demarkiert werden von dem mit einem autonomen und einheitlichen Bewusstsein verknüpften Voluntarismus des Idealismus. Vielmehr handelt es sich um einen sich physiologisch realisierenden und unbewussten Willen, der einer das Bewusstsein unterlaufenden Nerven(-technik) folgt, so wie sie im Experimentaldispositiv an der Tagesordnung ist. So macht beispielsweise Helmholtz am Galvanometer, dem Gerät zur Messung von Nervenlaufzeiten in animalischen Muskelfasern, eine Art Freudsche Erfahrung des Unbewussten zweiter Art.45 Uneinholbar entzieht sich die Geschwindigkeit der Laufzeit des Signals im Nerven der bewussten Wahrnehmung, womit cartesische Seinsgewissheit und Seinstransparenz, jede Möglichkeit eines selbstreferentiellen Denkaktes, in die Unmöglichkeit fallen: "Der Mechanismus des Geschehens und der hundertfältigen feinen Arbeit, die Operationalität des unbewussten Willens, bleibt dem Bewusstsein verschlossen."46 Analog dazu setzt Nietzsche den medienapriorisch durch das Relais- oder Auslösungsprinzip bestimmten und an den Tetanisiermaschinen der Psycholabors trainierten Willen auf direkten Konfrontationskurs zu allen Waren Dampfmaschinen, Homöostaten und Transformatoren die paradigmatischen Gestelle der Thermodynamik, so ist das Telegraphenrelais das typische Modul der Nachrichtentechnik. Das Telegraphenrelais markiert einen Paradigmenwechsel, den Umbruch vom Schlusskapitel der Ontologie zum Anfangskapitel der Operationalität. Die Thermodynamik bildete das letzte wissenschaftlich-ontologische Konzept aus, das ein substantielles Substrat der Dinge, eine universale Substanz, eine Materie supponierte. Dann aber führte die beginnende Nachrichten- und Kommunikationstechnik, in erster Linie die Telegraphie, das Telegraphenrelais ein. Das Relais brachte den bahnbrechenden Schritt in die Epoche der Information, sofern sich mit ihm das ursprüngliche Signal übertragen liess, aber nicht in Form derselben ursprünglichen Energie. Technisch basiert das Telegraphenrelais auf dem Prinzip der Induktionsspule, des Mediums des Wechselstroms, der Signale fortpflanzt und übertragt. Was jedoch das Telegraphenrelais gegenüber der einfachen Induktionsspule auszeichnet, ist die Tatsache, dass die Ansprechschwelle des Relaisankers, der vom Magnetfeld, das das ankommende Signal induziert, angezogen wird und dadurch den Ortsstromkreis schliesst, fast bis auf Null reduziert werden kann. Damit war es möglich geworden, ein und dasselbe ursprüngliche Signal über weite Strecken fortzupflanzen, dies jedoch in Form des Relais’ mittels eines Minimums an Übertragungsenergie. Die Differenzierung zwischen Signal und Energie, deren technisch-apriorische Möglichkeitsbedingung das Relais darstellt, läuft auf eine Demontage der auf Proportionalität basierenden Dampfmaschine, auf eine Demontage der von dieser Dampfmaschine motorisierten Wirklichkeit hinaus. Der Dampfmaschinenweltmotor wird abgelöst durch eine äusserst subtile elektrische und kurz darauf elektronische Apparatur, die nicht länger substantielle, sondern die immateriellen und virtuellen Welten der Informatik generiert. Zum Telegraphenrelais und den durch dieses bedingten Paradigmenwechsel vgl. Siegert (2003): S. 369-382. Vgl. auch Horwitz (1929), Beck (1967): S. 131-177 und Wiener (1963): S. XXX. 43 Siegert (1993): S. XXX. 44 Zu Ethik ond Ontologie dieses Haushalts vgl Siegert (2003) S. 371: "Die Natur ist ein Nullsummenspiel, Gott ein Buchhalter. Alles was irgendwo gewonnen wird, geht anderswo verloren, alles was irgendwo verloren geht, wird anderswo gewonnen. Im Gesamtsystem aller Irgend- und Anderswos geht nichts verloren und wird auch nichts gewonnen." Vgl. Wiener (1963) S. 74: "Die Erhaltung und die Abnahme der Energie sind die herrschenden Grundsätze des Tages, und das Objekt der Begierde ist eine glorifizierte Wärmemaschine, die irgendeinen brennbaren Stoff verbraucht anstatt des Glykogens der menschlichen Muskeln." Vgl. auch Vogl (2002): S. 47ff. (xxx überprüfen) 45 Helmholtz (1883) Bd. II S. 873. 46 Ebd. 42 10 durch die Eudämonie des Ursache-Wirkung-Prinzips mechanisierten Gedankenkreisen von Transzendentalphilosophie bis Thermodynamik I. Aus dem Blickwinkel der physiologischen Ästhetik, aus dem Blickwinkel nietzscheanischen Perspektivismus muss das Prinzip Ursache-und-Wirkung relativiert werden als ein Phantasma, das das einheitliche leibseelische Subjektkonzept unterstützt. Und eine Ausserkraftsetzung des Ursache-Wirkung-Prinzips konterkariert dieses Konzept nach Art einer Freudschen Dezentrierung des Subjekts und ersetzt es durch das Konzept eines unbewussten Willens, der sich als ein Körper-Medium erweist, in dem Nervenimpulse metaphorisch Laute, Klänge, Farben, Formen, Bilder und Aromen zwischen Niewiederkehr, leichenblauem Anathema und the sleep of reason, weiter "Bäume, Farben, Schnee und Blumen" und dann womöglich ein leichtlebiges Silberatom, eine ferne Schönheit im Anonyme-Park-Avenue-Lady-Stil, rauschende Feste, verbotene Früchte und ein ungewisses Etwas, diskrete Irrfahrten, Hurst-Rauschen, Melancholie im Brutkasten und eine Neurose auf Krustentier-Brandale mit Ingwer übertragen. Hatte Nietzsche sich, wie oben erläutert, bereits 1873, die Verhältnisse von Reizen, Dingen, Bildern und Worten als metaphorische Übersetzungsleistungen konzipierend, auf einem zur Rückkehr nicht mehr geeigneten Weg vom Denk- und Zeichenprinzip der Repräsentation entfernt 47, so wird die Opposition 1880 nach der Mayer-Lektüre absolut: Die Verhältnisse von Wort, Vorstellungsbild, Wille und Handlung werden nun explizit als Signalkette beschrieben. 48 1880, nachdem die 1873 begonnene physiologische Erkenntniskritik zu einer physiologischen Willenskritik eskaliert ist, wird das Zeichenmodell der Repräsentation endgültig und mit Hammerdynamik vernichtet. Unmissverständlich macht Nietzsche klar, "daß ein Wort oft ein Signal ist, keine Ursache, zur Bewegung". (KSA 9, 289f) Die dionysos-dithyrambischen Bewegungen und Tänze des Philosophen werden nicht länger bedingt, fundiert und notfalls aufgefangen durch metaphysische Ursachen, sondern sie werden durch Signale ausgelöst wie die katatonischen Triller, Tremolos und Zitterpartien der an den Apparaten des Psycholabors hängenden Versuchspatienten. Ein kleines PS am Ende dieses Kapitels. Nietzsche hat nicht nur den späten Wahnsinns-Mayer genau studiert, sondern mindestens ebensoviel Zeit und Leidenschaft in die Lektüre von Charles Féré investiert, der Assistent Charcots und spätere Leiter der anatomischen Pathologie an der Clinique des maladies du système nerveux. Im Jahr 1887 erscheint Férés Sensation et mouvement, in dem er Faradays Induktion im Diskurs der experimentellen Psychologie und Psychiatrie installiert und das Phänomen induction psycho-motrice einführt49, das in exakter Korrelation steht mit Nietzsches antirepräsentativischer Theorie des Zeichens als physiologisch wirkendes, impulsauslösendes Signal. Am deutlichsten ist der Niederschlag der Spuren, die sich Féré lesend in Nietzsche eingeschrieben haben, in seiner späten Restitution der mit der Geburt der Tragödie versäumten ästhetischen Theorie sichtbar: Das frühere Konzept der Ansteckung wird nun – konsequent induktionselektrisch und psychophysiologisch - in das Konzept der Induktion verwandelt.50 6. Medien Die Belege liessen sich erweitern, die Quadrille zwischen den Diskursen amplifizieren – aber die Richtung ist klar, die Übertragung hat stattgefunden, die physiologische Ästhetik hat durch das tetanische Bibbern und Beben am Ruhmkorff und all die anderen paroxysmalen oder sonstwie abenteuerlichen Nerven-Geschehnisse an all den anderen Experimentiergeräten des Psycholabors zumindest an Schwung und Rückenwind gewonnen, was den Widerruf "jener gänzlich irrthümlichen Scheidung von 'Geist' und 'Körper' [...], die, besonders seit Plato, wie ein Fluch auf der Philosophie liegt", angeht. Es ist oben bereits ausführlich abgelichtet worden: In der Psychophysik wird die Seele zur Nervenaktivität und der Körper an Kymographen, Pneumographen, Galvanometer, Tachistoskope, Schlitteninduktorien, Stromschneider und Ruhmkorffsche Wechselstromgeneratoren angeschlossen. Die Seelen von Fröschen und Menschen bestehen nicht in der Tiefe ihres Was, sondern in der diskreten Waslosigkeit von Frequenzen und Oszillationen, eskalierend im Frenesie, Tetanus oder den Insignien einer Kultur, die Nietzsche mit folgenden Worten beschreibt: "In der Nachbarschaft des Wahnsinns. — Die Summe der Empfindungen, Kenntnisse, Erfahrungen, also die ganze Last der Cultur, ist so gross geworden, dass eine Ueberreizung der Nerven- und Denkkräfte die allgemeine Gefahr ist, ja dass die cultivirten Classen der europäischen Länder durchweg neurotisch 47 In dieser vor der Mayer-Rezeption situierten Phase erodiert Nietzsche Kausalität und Repräsentation mit Hilfe von Johann Julius Baumanns Assoziationsbegriffs, der sich als Äquivalent zur Auslösung betrachten lässt. Vgl. Siegert (2003): S. xxx. 48 Vgl. Siegert: S. xxx: 49 Féré (1900): S. 13. 50 Vgl. KSA 13, 296-298 und 409f; vgl. auch Siegert (2003): S. xxx 11 sind und fast jede ihrer grösseren Familien in einem Gliede dem Irrsinn nahe gerückt ist." (KSA 2, 204) Laborgeräte, Körper und ihre physiologischen Schnittstellen werden verbunden zu Medien51, das alte beseelte Körperbild wird suspendiert zugunsten der Entwürfe und anthropologischen Modelle einer neuen - operationalen – Ontologie, die nicht auf der Dualität zweier statischer Entitäten, Seele und Körper, Subjekt und Objekt, res cogitans und res extensa basiert, sondern Seele und Körper als ein und denselben, physiologisch verifizierbaren Vorgang, als ein Prozessieren von Nervenreizen begreift, das, jede bewusste Wahrnehmung unterlaufend, imaginäre Bedeutungseffekte wie klassische Cogitos und "Bäume, Farben, Schnee und Blumen" überträgt. Im Experimentaldispositiv wird die Vorzeichnung und mehr noch: die technische Vorschrift darauf hin gegeben, wie in Nietzsches physiologischer Ästhetik klassische Bewusstseinsleistungen der Repräsentation in neurophysiologisch implementierte, also mediale Übertragungsprozesse verwandelt werden: "Was ist ein Wort? Die Abbildung eines Nervenreizes in Lauten." (KSA 1, 879) So weit ist die Verbindung installiert, aber ist das Subjekt Nietzsches, gezeichnet durch "die grösste und unheimlichste Erkrankung [...], von welcher die Menschheit bis heute nicht genesen ist, das Leiden des Menschen am Menschen, an sich" (KSA 5, 324), darum schon gleichzusetzen mit den faradaysierten und nervlich stroboskopierten Objekten, die Helmholtz & Co in ihren distanziertkühlen Forscherblick nehmen? Je nach Krisenzustand der Kreatur, die da grad am Galvanometer, Stromschneider oder Ruhmkorff hängt, wäre eine Assoziation im Stile Nietzsches sicherlich lagerecht: "Hier ist Krankheit, es ist kein Zweifel, die furchtbarste Krankheit, die bis jetzt im Menschen gewüthet hat: — und wer es noch zu hören vermag (aber man hat heute nicht mehr die Ohren dafür! — ) wie in dieser Nacht von Marter und Widersinn der Schrei Liebe, der Schrei des sehnsüchtigsten Entzückens, der Erlösung in der Liebe geklungen hat, der wendet sich ab, von einem unbesieglichen Grausen erfasst… Im Menschen ist so viel Entsetzliches!… Die Erde war zu lange schon ein Irrenhaus!…"(KSA 5, 333) Aber das hätten sich Helmholtz & Co und ihre Nachfahren, die Neurologen und Internisten des 20. und 21. Jahrhunderts, unmöglich erlauben dürfen. Es ist eine allgemein anerkannte Tatsache, dass kein Mediziner forschen und praktizieren könnte, wenn er seine Augen und Ohren nicht für genau das verschlossen hätte, was Nietzsches ganzes Schreiben beherrscht und interpungiert: Schmerz und Erleiden, wenn er nicht am toten Objekt arbeiten würde. Erst aus philosophischer Perspektive wird diese einfach und nüchtern zu konstatierende Tatsache zum Problem, zeigt sie doch einerseits die Grenzen von Nietzsches diskursiver Instruktion durch die Psychophysik auf und erfordert andererseits eine in bezug auf die experimentelle Physiologie aktualisierte Wiederaufnahme der Leib-Seele-Problematik bzw. der Supposition eines einheitlichen Subjekts. Was den ersten Punkt betrifft, so verweist Nietzsche selbst auf die Differenz, die das Subjekt der physiologischen Ästhetik, das von Krankheit und Schmerz erlösende und produktive Funktion macht, indem es seinen Zustand in Zeichen überträgt, von den psychophysisch konfigurierten Wesen trennt: "Es steht uns Philosophen nicht frei, zwischen Seele und Leib zu trennen, wie das Volk trennt. Wir sind keine denkenden Frösche, keine Objektivir- und Registrir-Apparate mit kalt gestellten Eingeweiden – wir müssen beständig unsre Gedanken aus unsrem Schmerz gebären und mütterlich ihnen Alles mitgeben, was wir von Blut, Herz, Feuer, Lust, Leidenschaft, Qual, Gewissen, Schicksal, Verhängniss in uns haben. Leben – das heisst für uns Alles, was wir sind, beständig in Licht und Flamme verwandeln auch Alles, was uns trifft, wir k ö n ne n gar nicht anders." (KSA 3, 350) Nicht dass ein Frosch keine Seele bzw. Nerven hätte, im Gegenteil, würde Du-Bois Reymond protestieren. Aber erstens ist es fragwürdig, ob die ganze existenziale Dimension beim Frosch ebenso dramatisch ausfällt wie beim Menschen – "Blut, Herz, Feuer, Lust, Leidenschaft, Qual, Gewissen, Schicksal, Verhängniss". Und zweitens, gewichtiger, ist der Frosch im Gegensatz zum menschlichen Subjekt nicht durch die janusköpfige Gabe, Fluch und Destination zugleich, ausgezeichnet, zum Medium seines eigenen Schmerzes zu werden, seinen eigenen Schmerz zu übertragen als "Licht und Flamme" und zu transfigurieren in ein schockfarbenes Kammerflimmern und dunkle Wellengänge, Seraphina in Chantilly-Spitze und Downtown-Diven, Belle de Jour einsam auf den novembergrauen Promenaden von Deauville, Philipp Marlowe einsam in Edward Hoppers Nachtbar und Popeye im L’Étoile über gerösteten Entenherzen mit Kaviarkartöffelchen, Paten und Päpste, wütende Venus, La donna è mobile und Küsse aus Perugia, Metastasen in der Königsstadt Ubud auf Bali und mit Blaulicht durch nichtgaußsche Berge die es niemals gab. Kurz und mit 51 Vgl. Holl (2002): S. 176. 12 Nietzsche: in "Poesie"52. Transfiguration als Spiel mit dem zur Übertragung des Dass befreiten Signifikanten als der äusserste Gegensatz zur Petrifizierung des Signifikanten zwecks Repräsentation der vom Cogito administrierten Bestände des Was. Und selbst wenn, und damit ist der zweite Punkt: das leibgeistige Einheitssubjekt angesprochen, Helmholtz & Co keine Frösche, sondern menschliche Versuchspatienten an ihren "Objektivir- und Registrir-Apparaten" auf deren Nervenreaktionen hin beobachten und untersuchen, dann haben sie es nicht mit Subjekten, sondern mit Objekten zu tun, anders und genauer formuliert: sie erzeugen im Akt der Beobachtung und Untersuchung selbst ein Objekt. In dem Moment aber fällt die materialistische Psychiatrie zurück in die Denkmatrix der idealistischen Philosophie. Denn auch wenn als Grund und Integrationszentrum des Wesens jetzt nicht mehr die Seele, sondern der Leib vorausgesetzt wird, so wird doch weiterhin mit der Hypothese eines einheitlichen, mit sich identischen Wesens gearbeitet. Die nächsthöhere Potenzebene, die, wie oben formuliert, bezüglich der Leib-Seele-Problematik in der Experimentalphysiologie erreicht wird, stellt also keine tatsächliche Transzendierung des Einheitsdenkens dar. Vielmehr hat nur eine Inversion stattgefunden: Anstelle der Seele hypostasiert nun der Leib ein holistisch-einheitssicherndes Element. Damit bleibt der Psychophysiker, auch wenn die Positionen jetzt umgekehrt sind, wenn jetzt der Leib die Seele bestimmt, letztlich dem alten dualen Schema von res cogitans und res extensa, Subjekt und Objekt verhaftet. Denn um dieses Objekt als ein Subjekt anerkennen zu können (um es mit Lacan zu sagen) oder um die generativen Transfigurationsleistungen, die es, den vom Stromschneider zugefügten Schmerz kommunizierend, erbringt, empfangen zu können (um es mit Nietzsche zu sagen), hätte er die beiden Pole, Subjekt und Objekt, von einer dualen in eine dialektische Beziehung überführen müssen. Damit aber hätte er – er hat es nicht getan, denn er ist Mediziner und nicht Philosoph, Physiologe und nicht ästhetischer Physiologe – die Einheit zerbrechen, das Subjekt dezentrieren oder anders und einfach die letzte medienapriorische Konsequenz aus dem Gerät, an dem er tätig ist, dem elektrischen Auslösungsgerät, ziehen müssen. Das betrifft vielleicht sogar Helmholtz insbesondere, Helmholtz mehr als das Co namens Ludwig, Wundt, Münsterberg, Charcot, Bechterev und all die anderen, denn als Begründer von Thermodynamik I, der letzten klassischen, auf einem zuverlässig bleibenden Sein beruhenden Ontologie, und weiter als derjenige Physio-Unternehmer, der das Kantische Apriori in den empirischen Raum zu importieren suchte53, war Helmholtz in gewisser Weise vorbelastet, aus dem Zerbrechen des Ursache-Wirkung-Prinzips nicht derartig radikale Konsequenzen ziehen zu können wie der Philosoph des dionysischen Willens: "Die Sätze 'keine Wirkung ohne Ursache', 'jede Wirkung wieder Ursache' erscheinen als Verallgemeinerungen viel engerer Sätze: 'wo gewirkt wird, da ist gewollt worden' 'es kann nur auf wollende Wesen gewirkt werden' 'es giebt nie ein reines folgenloses Erleiden einer Wirkung, sondern alles Erleiden ist eine Erregung des Willens'." (KSA 9, 662) Im oben entfalteten Kontext der letzten, rückstandlos sauberen Bereinigung vom repräsentationslogischen Vgl. KSA 7, 491: "Das Nachahmen ist darin der Gegensatz des Erkennens, daß das Erkennen eben keine Übertragung gelten lassen will, sondern ohne Metapher den Eindruck festhalten will und ohne Consequenzen. Zu diesem Behufe wird er petrificirt: der Eindruck durch Begriffe eingefangen und abgegränzt, dann getödtet, gehäutet und als Begriff mumisirt und aufbewahrt. Nun aber giebt es keine 'eigentlichen' Ausdrücke und kein eigentliches Erkennen ohne Metapher. Aber die Täuschung darüber besteht, d.h. der Glaube an eine Wahrheit des Sinneneindrucks. Die gewöhnlichsten Metaphern, die usuellen, gelten jetzt als Wahrheiten und als Maaß für die seltneren. An sich herrscht hier nur der Unterschied zwischen Gewöhnung und Neuheit, Häufigkeit und Seltenheit. [...] Nun aber ist das Seltene und Ungewöhnliche das Reizvollere — die Lüge wird als Reiz empfunden. Poesie." 53 Hermann von Helmholtz hatte sich nicht nur durch abschlussreiche physiologische, mathematische und physikalische Untersuchungen meritiert, sondern sich auch im Zuge einer intentensiven Kant-Lektüre über die Grenzen des positivistivischen Formkreises hinausbegeben. Sich derart als Philosoph und Wissenschaftler in die Tradition des Neukantianismus stellend bestand sein Anliegen jedoch gerade nicht in einer Abgrenzung des empirischen vom philosophischen Bereichs, so wie es ja noch in Kants Sinne gewesen wäre, sondern vielmehr in einer produktiven Verbindung, präziser noch: einer Integration oder Importation Kantischer transzendentalphilosophischer Theoreme in die positive physikalisch-physiologische Naturwissenschaft. Tatsächlich galt Helmholtz, zumindest in naturwissenschaftlichen Kreisen, als einer der ersten und führenden Neukantianisten (Schlick (1921) S. 197.); seine neukantianisch modellierte Erkenntnistheorie - in die sich zugleich evolutionistische und Poincarés Gedanken vorwegnehmende Aspekte einmengen – lokalisiert das Kantische Apriori nicht mehr in einer transzendentalen Sphäre, sondern lässt es als eine fortlaufende Erfahrung und Restitution von Erfahrung in einem sinnesphysiologischen oder motorischen und von den entsprechenden Messapparaturen gesicherten Bereich operieren – auf diese Weise vollzieht Kants der Vollendung entgegenstrebende Vernunft ihre Bahn in einem somit zunehmend erschlossenen experimentalwissenschaftlichpositivistischen Raum. Ausführlich vgl. Tyradellis (2003) S. 34-42 und Bitsch (2008): S. 255-262. Vgl. auch Helmholtz (1878) S. 147-195. 52 13 Logozentrismus und unter Bezug auf die trans- und intersubjektive physiologische Kraft des Willens exekutiert Nietzsche eine Destruktion der Einheit der Person und der ihr komplementären Einheit des Objekts, für die Helmholtz die entsprechenden Nerven, nämlich rauschbereit und fallsüchtig dem Zerfall des principii individuationi entgegen, dann doch nicht hätte mitbringen können. Über weite Strecken, das hat sich bis zu diesem Punkt gezeigt, folgt Nietzsche Denken und Diskurs des Experimentaldispositivs. Es hat sich gezeigt in der Deklination klassischer Philosophenprobleme in Termen von Gesundheit und Krankheit; in der Relativierung der gesamten Urteilslogik dahingehend, dass "uns organische Wesen [...] ursprünglich Nichts an jedem Dinge [interessirt], als sein Verhältniss zu uns in Bezug auf Lust und Schmerz"(KSA 2, 40); in der Adapation Wundtscher LustUnlust- und Entspannung-Anspannungsreihen am Grund aller höherwertigen oder tiefgründigeren geistig-emotionalen Tätigkeiten; in der Dekonstruktion der Repräsentationslogik in signaltechnischen Auslösungs- und Entladungsbegriffen. [Das Psycholabor ist vernehmlich vorhanden in Nietzsches weit verstreuten Ausführungen zur physiologischen Ästhetik; in der Diagnose, dass ehemals der Moral unterstellte Probleme nun in den Bereich der Medizin fallen54; in Formulierungen, die den Eindruck erwecken, Nietzsche sei persönlicher Zeuge von Wundts Erforschung synästhetischer Phänomene gewesen: "Jede Perception erzielt eine vielfache Nachahmung des Reizes, doch mit Übertragung auf verschiedene Gebiete. Reiz empfunden übertragen auf verwandte Nerven dort, in Übertragung, wiederholt usw. Es findet ein Übersetzen des einen Sinneseindrucks in den andern statt: manche sehen etwas oder schmecken etwas bei bestimmten Tönen. Dies ein ganz allgemeines Phänomen."(KSA 7, 490); in der Überzeugung, dass "der künstlerische Prozeß [...] physiologisch absolut bestimmt und nothwendig [ist]" (KSA 7, 446) bis hin zu dem Willen, den Nietzsche wie die Männer am Schlitteninduktorium nervenphysiologisch definiert.] Aber da bricht auch der Weg ab, denn menschliche Medien, also Medien ihres eigenen Schmerzes – "hinterdrein ist es die Wunde selbst, die ihn zwingt, zu leben…" (KSA 5, 367) – unterscheiden sich von den Objekten oder Objektivierungsopfern an den Tetanisiermaschinen darin, dass sie in den Übertragungen, mit denen sie diese für ihr Sein konstitutive Wunde in Bildern und Tönen kommunizieren, erhört werden. Das vermögen Experimentalphysiologen, die nur neuronale Frequenzereignisse registrieren, nicht mehr zu leisten, und so muss ihnen der Faktor des aufgrund der Befähigung und schicksalhaft auferlegten Aufgabe zur Transfiguration existentiell an den Schmerz gebundenen Subjekts, das Nietzsche mit einem Schmetterling vergleicht, notwendigerweise entgehen: "Diess Alles einzusehen, kann tiefe Schmerzen machen, aber darnach giebt es einen Trost: solche Schmerzen sind Geburtswehen. Der Schmetterling will seine Hülle durchbrechen, er zerrt an ihr, er zerreisst sie: da blendet und verwirrt ihn das unbekannte Licht, das Reich der Freiheit. In solchen Menschen, welche jener Traurigkeit fähig sind wie wenige werden es sein! — wird der erste Versuch gemacht, ob die Menschheit aus einer moralischen sich in eine weise Menschheit umwandeln könne." (KSA 2, 106) Entgehen muss Ihnen damit auch das, was Nietzsche noch jenseits des in Nervenreizen prozessierenden und Metaphern zwischen Schneewittchen im Walhalla, Elbenforschern auf Island und Sterbebegleitern auf dem Walk of Fame stimulierenden Willens situiert, jener "Urschmerz und Urwiderspruch [...] als unersättlich Gier zum Dasein und ewiges Sichwidersprechen in der Form der Zeit, also als Werden", jene unbenennbare Zone, wo "jeder Augenblick [...] den vorhergehenden frißt, jede Geburt [...] der Tod unzähliger Wesen [ist], Zeugen Leben und Morden [...] eins [ist]" (KSA 1, 769'). Denn das, dieses reine Dass der Flamme von Ecce Homo hat den positivistischen Denkradius des Experimentaldispositivs weit weit hinter sich gelassen. Im Zusammenhang seines Zerwürfnisses mit Wagner und seiner veränderten kritischen Haltung gegenüber Schopenhauer restituiert Nietzsche das in seinem frühen Text Dionysische Weltanschauung von 1870 als "Vernichtung der Individuatio" (KSA 1, 577) beschriebene Konzept des Dionysischen dahingehend, dass er es aufgrund seiner Unmittelbarkeit und Unübertragbarkeit vom Willen abgrenzt. Gegen Schopenhauer identifiziert er den Willen nicht mehr mit jenem letzten unbenennbaren und uneinholbaren X des Urschmerzes selbst, sondern differenziert das Verhältnis vielmehr dahingehend, dass der Wille "nichts als die allgemeinste Erscheinungsform eines uns übrigens gänzlich Unentzifferbaren" (KSA 7, 361) sei. Sich neurophysiologisch realisierende Erscheinungsform, Vgl. KSA 7, 749: "Wer die antike Moral kennt, wird sich wundern, wie viel damals moralisch genommen wurde, was jetzt medicinisch behandelt wird, wie viele Störungen der Seele, des Kopfes damals dem philosophen, jetzt dem Arzt zur Heilung übergeben werden, wie besonders die Nerven und ihre Beruhigung jetzt durch Alkalien oder Narkotika bedacht werden." 54 14 mag man hinzufügen, auch wenn diese sich als unbewusst subjektive Kraft der Transfiguration den "Objektivir- und Registrir-Apparaten" bereits entzieht, so wie erst recht "jene Kraft [...], die unter der Form des 'Willens' eine Visionswelt aus sich erzeugt" (KSA 7, 365), alle Versuche der Aufzeichnung, Messung und Objektivierung rettlos zum Scheitern verurteilt. Ein Anschluss an den Stromschneider, ein Anruf durch das vom Ruhmkorff ausgehende primordiale Signal machen – so wie Trauma und Seinsklüftung in der Psychoanalyse - sicher die Voraussetzungen, dass das Sein bei Nietzsche nicht mehr wie ein seraphischer Geist in ewig sanften Winden schaukelt, sondern als eine real-physische Substanz gedacht wird, die Übertragungs- und Konfigurationsprozesse implementiert. Aber das reine und operationale und als Urschmerz erfahrene Dass dieses mediatisierten Seins können so wenig wie das trotz und in diesem Schmerz sich entzündende Begehren zur Übertragung des Unübertragbaren, zur metaphorischen Erzeugung dessen, was auf immer unergründbar bleiben wird, von den Maschinen erfasst, von Helmholtz & Co als Washeit säkularisiert, objektiviert werden. Das Movens zur "Transfiguration" als das "Nicht anders Können [...] als seinen Zustand jedes Mal in die geistigste Form und Ferne umzusetzen"(KSA 3, 349) ist – bis auf weiteres – neurophysiologisch oder neurochemisch – nicht aufzulösen. Bleiben nur, usque ad finem (aber wann wird das je sein?) "Bäume, Farben, Schnee und Blumen", dann vielleicht Filles Fatales in schwarzen Netzstrümpfen, Ätomchen im Kommissar Maigret-Trenchcoat, ein unsichtbares Tier in der U 8, Risse und Frakturen und Spiel mir das Lied vom Tod, mag sein Eluards Briefe, Kafkas Briefe, Nervenzittern mit Avocadocreme im Wan-Tan-Tütchen, die eigene Rakete und auf und davon. Albertini (1997): Tamara Albertini: Marsilio Ficino. München 1997. Angenendt (2001): Arnold Angenendt: Das Frühmittelalter. Die abendländische Christenheit von 400 bis 900. Stuttgart 2001. S. 239–243. Arnold (1980): Alfred Arnold, Wilhelm Wundt. Sein philosophisches System. Berlin 1980. 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