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Bagdadbahn
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Die Bagdadbahn ist eine 2.400 Kilometer lange (3.205 km mit Nebenstrecken in Syrien und dem Irak), in den Jahren 1903 bis 1940 errichtete
Eisenbahnstrecke von Istanbul in der Türkei nach Bagdad im Irak.
Inhaltsverzeichnis
1 Streckenverlauf
2 Vorgeschichte
3 Geschichte der Bagdadbahn
3.1 Baubeginn und Allgemeines zum Bau
3.2 Erster Weltkrieg
3.3 Baustopp nach dem Ersten Weltkrieg
3.4 Vollendung und Verlängerung
3.5 Jüngere Entwicklungen
3.6 Trivia
4 Siehe auch
5 Literatur
6 Weblinks
Streckenverlauf
Die Strecke führt von Istanbul über Konya, Adana, Aleppo und Mosul bis Bagdad und nach einer Erweiterung bis nach Basra am Persischen Golf.
Vorgeschichte
Am 8. Oktober 1888 schloss ein deutsches Konsortium, die Deutsch-Anatolische Eisenbahngesellschaft, unter Führung der Deutschen Bank mit dem
Osmanischen Reich einen Vertrag zum Bau und Betrieb der Anatolischen Bahn, der Vorläuferin der Bagdadbahn. Vom prachtvollen, im Jahre 1905 von
der Philipp Holzmann AG erbauten Bahnhof Haidar Pascha auf der asiatischen Seite Konstantinopels und von Izmit aus, entstanden zwei Strecken nach
Ankara (eröffnet am 31. Dezember 1892) und Konya (eröffnet am 29. Juli 1896).
Geschichte der Bagdadbahn
Im 19. Jahrhundert schrumpfte das Osmanische Reich immer mehr und dessen Hauptstadt Konstantinopel rückte an den äußersten Rand des
Staatsgebietes. "Der kranke Mann am Bosporus", wie Sultan Abdul Hamid II. damals genannt wurde, hoffte mittels eines leistungsfähigen
Transportsystems, das das Reich bis zum Persischen Golf für den Güter- und Warenverkehr erschließen sollte, das politische und wirtschaftliche Ende
seines Vielvölkerstaates verhindern zu können. Den Bau sollte einer der zukünftig engsten Verbündeten, das Deutschen Reich unter Kaiser Wilhelm II.,
übernehmen.
Am 16. Januar 1902 unterzeichnete wiederum die Deutsche Bank eine Konzession zum Bau und Betrieb der Bagdadbahn, die die Anatolische Bahn von
Konya bis nach Bagdad verlängern und damit das Osmanische Reich in Südausdehnung weiter verkehrsmäßig erschließen sollte.
Wilhelm II. erhoffte sich durch das Projekt als wichtigste Landverbindung zwischen Europa und dem Persischen Golf einen weiteren Einflussgewinn im
geschwächten Osmanischen Reich, das im Zuge damaliger Kolonialpolitik schon länger ins Zentrum deutscher Interessen gerückt war. Das Deutsche Reich
wollte in Vorderasien expandieren. Zudem sollte der entdeckte Ölreichtum Mesopotamiens durch eine Direktverbindung Deutschlands mit der Golfregion
wirtschaftlich genutzt werden, denn eine direkte Eisenbahnverbindung zwischen Berlin und Konstantinopel existierte bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts.
Weiterhin sollten neue Absatzmärkte für deutsche Produkte erschlossen und am Persischen Golf ein Stützpunkt für die deutsche Handels- und Kriegsflotte
errichtet werden.
Baubeginn und Allgemeines zum Bau
Am 13. April 1903 wurde unter deutscher Führung, die Bagdader Eisenbahngesellschaft gegründet. Am 27. Juli 1903 begannen die für zehn Jahre
angesetzten Bauarbeiten an der Strecke. Die 2.400 Kilometer lange Bagdadbahn und die angebundene Hedschasbahn nach Medina, die vor allem für Pilger
errichtet wurde, sollten unter maßgeblicher Beteiligung deutscher Firmen - vor allem des Baukonzerns Philipp Holzmann AG und der Deutschen Bank
unter ihrem damaligen Direktor Georg von Siemens als Finanzier - entstehen. Georg von Siemens wollte sich ursprünglich nicht an der Finanzierung
beteiligen, da ein wirtschaftlicher Betrieb nicht gesichert schien. Die Deutsche Bank durch eine vom Osmanischen Reich gewährte Einnahmegarantie wurde
jedoch von dem Geschäft überzeugt. Ferner setzte Wilhelm II. die Bank unter Druck, indem er mit dem Entzug inländischer Aufträge drohte. Letztendlich
wurde das Projekt zum großen Teil durch die Ausgabe türkischer Staatsanleihen finanziert, die die Deutsche Bank vertrieb. Holzmann übernahm neben den
Streckenarbeiten auch den Bau vieler Bahnstationen und vor allem großer Bahnhöfe. Die Schienen lieferte die Friedrich Krupp AG und die
Dampflokokomotiven stammten von den Firmen Borsig, Cail, Hanomag, Henschel und Maffei.
Am Bau der Strecke waren zeitweise über 35.000 Arbeiter unter oft extremen und gefährlichen Arbeitsbedingungen beschäftigt. Erhebliche Schwierigkeiten
bereiteten vor allem die häufig wechselnden Geländeverhältnisse, die die deutschen Bauingenieure wie Heinrich August Meissner, immer wieder vor große
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08.07.2005 21:38:09
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Herausforderungen stellten. Die Durchquerung des Taurus in Anatolien ist die größte Leistung des Bahnbaus. Die Strecke führt 64 Kilometer durch das
Gebirge und erreicht eine maximale Höhe von 1.478 Metern. Neben 44 Tunneln auf 20 Kilometern Länge, die durch den Fels gesprengt werden mussten,
waren unzählige Brücken und Viadukte, darunter das bekannte Giaurdere-Viadukt, zu errichten.
Da die Strecke in großen Teilen durch unberührte Natur und wissenschaftlich unerforschtes Gebiet führte, wurden während des Baus bedeutende
archäologische, botanische und zoologische Entdeckungen gemacht.
Am 13. und 14. Dezember 1912 wurden die ersten 200 Kilometer der Bagdadbahn dem Betrieb übergeben. Am 15. Dezember 1912 fuhr der erste
planmäßige Zug auf der Strecke.
Über Bagdad und Kuwait hinaus geführt, hätte die Linie zum schnellsten und wirtschaftlichsten Verkehrsweg zwischen Europa und Indien werden können.
Doch die Bahn geriet in den Brennpunkt der Orientpolitik der damaligen europäischen Großmächte Großbritannien, Frankreich und Russland. Durch das
Projekt sahen diese ihren Einfluss im strategisch wichtigen Nahen Osten bedroht. Vor allem Großbritannien beargwohnte die Bagdadbahn, stand dieser als
Verkehrsweg doch in direkter Konkurrenz zum Sueskanal. Wohl auch deshalb ging das Vereinigte Königreich auf mehrere deutsche Angebote, in das
Projekt einzusteigen, nicht ein. Eine weitere Bedrohung für britische Interessen war die geplante Errichtung eines Militärstützpunktes am Persischen Golf.
Russland stellte sich vor allem gegen die Bagdadbahn, weil es zu dieser Zeit selbst eigene Eisenbahnprojekte in Persien vorantrieb. Deutschlands
Provokation durch die Intensivierung der politischen, wirtschaftlichen und militärischen Beziehungen mit dem Osmanischen Reich führte im Nachhinein zu
einer Annäherung der drei Mächte und war einer der vielen Gründe, die zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs im August 1914 führten.
Erster Weltkrieg
Finanzielle und politische Schwierigkeiten sowie technische Probleme - insbesondere beim Tunnelbau durch das Taurusgebirge - hatten den Baufortschritt
vor dem Ersten Weltkrieg immer wieder erheblich verzögert. Mit dem Kriegseintritt des Osmanischen Reiches an der Seite der Deutschlands und der
zentralen Mächte wurden die Bauarbeiten insbesondere wegen militärstrategischen Gesichtspunkten vorangetrieben.
Die Bahn spielte vor allem deshalb eine kriegswichtige Rolle, weil das Deutsch Reich sich mit ihrer Hilfe unabhängig von Ölimporten aus den USA machen
wollte. Im Falle einer Seeblockade hätte der Ausfall der Öllieferungen kriegsentscheidend sein können. Bereits 1911 sichererte sich die Deutsche Bank als
Führer des Betreiberkonsortiums vom Osmanischen Reich das Recht, Öl- und Mineralvorkommen in einem Streifen von 20 Kilometer Breite um die
Bahnstrecke abbauen zu können.
Die deutsch-osmanische Allianz benutzte die bereits fertig gestellten Abschnitte, es waren im Jahre 1914 erst 1.094 Kilometer, während des Krieges zur
logistischen Unterstützung. Transportiert wurden vor allem Truppen und Waffen.
Die Bagdadbahn spielte beim Völkermord an den christlichen Armeniern eine nicht zu unterschätzende Rolle . Bereits vor dem Ersten Weltkrieg stellte der
Osmanische Staat unzählige Armenier zu Arbeitseinsätzen beim Eisenbahnbau ab. Mit dem Beginn des Ersten Weltkrieges wurde die Zwangsarbeit
ausgeweitet. Mehrere zehntausend Armenier starben beim Bau der Strecke. Ab Oktober 1915 diente die Bahn mit deutscher Unterstützung auch als
Transportmittel für die systematische Deportation der Armenier aus ihren Siedlungsgebieten in Richtung syrische Wüste.
Baustopp nach dem Ersten Weltkrieg
1918 war die Strecke zwischen Istanbul und Nusaybin (heute im Südosten der Türkei nahe der syrischen Grenze) und zwischen Bagdad und Samarra auf
einer Länge von etwa 2.000 Kilometern fertiggestellt . Die Trassen sollten sich ursprünglich in Nusaybin treffen und dort verbunden werden. Teile des
Schienennetzes waren allerdings im Krieg bereits wieder zerstört worden.
Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde die die politische Landkarte neu geordnet. Das Osmanische Reich verschwand und Mustafa Kemal rief am
29. Oktober 1923 die Republik Türkei aus. Die Bagdadbahn, deren Linienführung durch das ehemalige Osmanische Reich sich nun über drei neue
Einzelstaaten (Türkei, Syrien und Irak) erstreckte, blieb vor allem vor diesem Hintergrund zunächst unvollendet. Bis nach Bagdad waren noch etwa 485
Kilometer Strecke fertigzustellen, von der bereits 135 Kilometer Schiene gelegt waren.
Vollendung und Verlängerung
Erst im Jahre 1936 begannen Syrien und der Irak die Lücken zu schließen. Am 17. Juli 1940 war die Eisenbahnstrecke fertig gestellt. 52 Jahre nach
Erteilung der Konzession erreicht der erste "Taurus-Express" von Istanbul auf direktem Wege, diesmal ohne deutsche Beteiligung, den Zielbahnhof
Bagdad.
Später wurde die Strecke bis zur südirakischen Hafenstadt Basra verlängert. Die Bagdadbahn verband somit den Bosporus mit dem Persischen Golf. Durch
die angespannten politischen Beziehungen der Anrainerstaaten Türkei, Syrien und Irak kam es nur äußerst selten zu einem durchgängigen und regelmäßigen
Bahnverkehr auf der Strecke. Hinzu kam, dass die strategische und wirtschaftliche Bedeutung der einstmals so wichtigen Eisenbahnlinie schon wenige
Jahrzehnte nach der Fertigstellung durch die Zunahme modernerer Verkehrsmittel wie Automobil und Flugzeug schnell wieder abzunehmen begann.
Jüngere Entwicklungen
Heute sind nur noch Teile der Strecke in einem befahrbaren Zustand. Die weitgehend im Originalzustand erhaltenen Bahnhöfe sowie einige immer noch in
Betrieb befindliche Dampfloks locken Eisenbahnfreunde aus der ganzen Welt an. 2002 wurde in einem Abkommen der türkischen und der irakischen
Eisenbahn die Wiederaufnahme der Direktverbindung von Istanbul nach Bagdad beschlossen. Doch der Dritte Golfkrieg verhindert bis jetzt eine
Umsetzung dieses Planes.
Trivia
Die wohl berühmteste Passagierin auf der Strecke der Bagdadbahn war Agatha Christie. Sie fuhr in den Jahren 1928 und 1930 mit dem Orient-Express
nach Bagdad. Damals gab es noch keine durchgängige Zugverbindung und für einige Streckenabschnitte mussten die Passagiere auf Busse umsteigen.
Siehe auch
Hedschasbahn
http://de.wikipedia.org/wiki/Bagdadbahn
08.07.2005 21:38:09
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darin:
Benno Bickel: Mit Agatha Christie durch die Schluchten des Taurus. Die Bagdadbahn im Spiegel der Literatur und des Reiseberichts, S.
120-124.
Benno Bickel: Zeittafel Bagdadbahn, S. 160-162.
Peter Heigl: Schotter für die Wüste. Die Bagdadbahn und ihre deutschen Bauingenieure , Nürnberg 2004. (ISBN 3-00-014268-1)
Jürgen Lodemann: Mit der Bagdadbahn durch unbekannte Türkei. Tagebuch einer preiswerten Reise, Eggingen 1990. (ISBN 3-92-501662-7)
Weblinks
Trains of Turkey - Geschichte der Bagdadbahn (engl.) (http://www.trainsofturkey.com/hist_baghdad.htm)
Die Bagdadbahn (Artikel vom Journalistenbüro Köln und der "Zeit") (http://www.bagdadbahn.de/)
Historische Gesellschaft der Deutschen Bank e. V.: Bagdadbahn und Deutsche Bank (http://www.bankgeschichte.de/04_04.html)
Telepolis - Krystian Woznicki: Bagdad-Connection (http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/konf/18489/1.html)
Studien von Zeitfragen - F. William Engdahl: Mit der Bahn von Berlin nach Bagdad, Auszug aus: Mit der Ölwaffe zur Weltmacht - Der Weg zur
Neuen Weltordnung (http://jahrbuch2003.studien-von-zeitfragen.net/Weltmacht/Bagdadbahn/bagdadbahn.html)
Das Parlament vom 26.04.2004- Jürgen Lodemann: Erinnerungen an die wilhelminische "Verbreitung deutschen Wesens" (http://das-parlament.de/
2004/18/Thema/009.html)
Deutsch-Arabische Gesellschaft - Gerd Höhler: Von der neuen Bagdad-Bahn verspricht sich Ankara eine Belebung der Wirtschaftsbeziehungen zu
Irak (http://www.d-a-g.de/bagdadbahn.htm)
Von "http://de.wikipedia.org/wiki/Bagdadbahn"
Einordnung: Bahnstrecke
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