Auftragsstudien von Pharmaunternehmen Laut dem Mediziner Klaus Lieb gefähr­ den Auftragsstudien durch die Pharma­ industrie die Objektivität und Neutra­ lität der Forschung (»Mein Essen bezah­ le ich selbst!«, Juni 2013, S. 36). Martin Diefenbach, Edewecht: Die Hypothese ist plakativ und in dieser Form falsch. Keine Forschung ist unabhängig, es sei denn, sie kommt ohne Forscher, Geld und Geräte aus. Fließt weniger Geld aus der Industrie, wird weniger geforscht und nicht über andere Themen. Woher die Gelder stammen, bestimmt die Richtung der Forschung, kann aber die Ergebnisse nicht beeinflussen. Lediglich die Interpretation mag wohlwollend formuliert werden. Deshalb gibt es in jeder wissenschaftlichen Publikation neben der »Diskussion« auch »Material und Methoden« und »Ergebnisse«. Zu Ihren drei Punkten. Erstens: Die Aussage, Themen beziehungsweise Forschung, für die kein Geld vorhanden ist, finden nicht statt, ist banal und keine manipulative Beeinflussung der Forschung. Dass andere Themen dadurch Chefredakteur: Prof. Dr. phil. Dipl.-Phys. Carsten Könneker M. A. (v.i.S.d.P.) Redaktionsleiter: Dr. Hartwig Hanser (Monatshefte), Dr. Gerhard Trageser (Sonderhefte) Redaktion: Mike Beckers, Thilo Körkel, Dr. Klaus-Dieter Linsmeier, Dr. Christoph Pöppe (Online-Koordinator), Dr. Frank Schubert, Dr. Adelheid Stahnke, Antje Findeklee (Bild des Monats); E-Mail: [email protected] Ständiger Mitarbeiter: Dr. Michael Springer Editor-at-Large: Dr. rer. nat. habil. Reinhard Breuer Art Direction: Karsten Kramarczik Layout: Anne Angowski, Sibylle Franz, Oliver Gabriel, Anke Heinzelmann, Claus Schäfer, Natalie Schäfer Schlussredaktion: Christina Meyberg (Ltg.), Sigrid Spies, Katharina Werle Bildredaktion: Alice Krüßmann (Ltg.), Anke Lingg, Gabriela Rabe Referentin des Chefredakteurs: Kirsten Baumbusch Redaktionsassistenz: Erika Eschwei Redaktionsanschrift: Postfach 10 48 40, 69038 Heidelberg, Tel. 06221 9126-711, Fax 06221 9126-729 Verlag: Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 48 40, 69038 Heidelberg; Hausanschrift: Slevogtstraße 3 – 5, 69126 Heidelberg, Tel. 06221 9126-600, Fax -751; Amtsgericht Mannheim, HRB 338114 Verlagsleiter: Richard Zinken Geschäftsleitung: Markus Bossle, Thomas Bleck Herstellung: Natalie Schäfer, Tel. 06221 9126-733 Marketing: Annette Baumbusch (Ltg.), Tel. 06221 9126-741, E-Mail: [email protected] Einzelverkauf: Anke Walter (Ltg.), Tel. 06221 9126-744 Übersetzer: An diesem Heft wirkten mit: Dr. Markus Fischer, Dr. Andrea Pastor-Zacharias, Translations Engineering. Leser- und Bestellservice: Helga Emmerich, Sabine Häusser, Ute Park, Tel. 06221 9126-743, E-Mail: [email protected] 6 vernachlässigt oder Kapazitäten gebunden werden, stimmt nicht, denn ein Forscher kann sich frei entscheiden, wie er seinen Lebensunterhalt bestreitet. Zweitens: Nicht die Pharmaindustrie bestimmt die Forschungsmethoden. Das Ziel einer Arzneimittelprüfung ist der Nachweis der Überlegenheit gegenüber dem Placebo und nicht des eigenen Produkts gegenüber dem des Konkurrenten. Die Studien werden im Arzneimittelgesetz §§40-42b (AMG) geregelt. Jede davon in Deutschland wird nach Good Clinical Practice durchgeführt und muss vor Beginn geplant und durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Me­dizinprodukte/Paul-Ehrlich-Institut und eine Ethikkommis­sion genehmigt werden. Schon vor dem Start ist die ­Methodik im Prüfplan eindeutig festgelegt. Von jeder heute laufenden Studie muss das Ergebnis der zuständigen Bundesoberbehörde zur Eingabe in die all­ gemein verfügbare Datenbank nach §67a Absatz 2 AMG zur Verfügung gestellt werden. Damit hat sich auch Ihr dritter Punkt erledigt, denn die Daten sind inzwischen öffentlich. Ein negatives Studienergebnis bedeutet, dass der Arzneistoff nicht bes- Vertrieb und Abonnementverwaltung: Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH, ­ c/o ZENIT Pressevertrieb GmbH, Postfach 81 06 80, 70523 Stuttgart, Tel. 0711 7252-192, Fax 0711 7252-366, E-Mail: [email protected], Vertretungsberechtigter: Uwe Bronn Die Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH ist Kooperationspartner des Nationalen Instituts für Wissenschaftskommunikation gGmbH (NaWik). Das NaWik ist ein Institut der Klaus Tschira Stiftung gGmbH und des Karlsruher Instituts für Technologie. Wissenschaftlicher Direktor des NaWik ist Spektrum-Chefredakteur Dr. Carsten Könneker. 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So wie Sie es schildern, kommt der falsche Eindruck auf, dass nicht publizierte Studien eine ­negative oder keine Wirkung belegen ­würden. gänglichmachung, ist ohne die vorherige schriftliche Einwilligung des Verlags unzulässig. Jegliche unautorisierte Nutzung des Werks berechtigt den Verlag zum Schadensersatz gegen den oder die jeweiligen Nutzer. Bei jeder autorisierten (oder gesetzlich gestatteten) Nutzung des Werks ist die folgende Quellenangabe an branchenüblicher Stelle vorzunehmen: © 2013 (Autor), Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH, Heidelberg. Jegliche Nutzung ohne die Quellenangabe in der vorstehenden Form berechtigt die Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH zum Schadensersatz gegen den oder die jeweiligen Nutzer. Wir haben uns bemüht, sämtliche Rechteinhaber von Ab­bildungen zu ermitteln. Sollte dem Verlag gegenüber der Nachweis der Rechtsinhaberschaft geführt werden, wird das branchenübliche Honorar nachträglich gezahlt. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte und Bücher übernimmt die Redaktion keine Haftung; sie behält sich vor, Leserbriefe zu kürzen. ISSN 0170-2971 SCIENTIFIC AMERICAN 75 Varick Street, New York, NY 10013-1917 Editor in Chief: Mariette DiChristina, President: Steven Inchcoombe, Vice President, Operations and Administration: Frances Newburg, Vice President, Finance, and Business Development: Michael Florek, Managing Director, Consumer Marketing: Christian Dorbandt, Vice President and Publisher: Bruce Brandfon Erhältlich im Zeitschriften- und Bahnhofs­ buchhandel und beim Pressefachhändler mit diesem Zeichen. SPEKTRUM DER WISSENSCHAFT · august 2013 Antwort des Autors Klaus Lieb: Dass »keine Forschung unabhängig ist«, dem stimme ich zu. Im Leserbrief kommt aber der Eindruck auf, alle (pharmafinanzierte) Forschung laufe nach klaren Regeln, unabhängig und frei. Das ist oft nicht der Fall. Mir geht es nicht um plakative Pauschalurteile, sondern um eine Sensibilisierung für wissenschaftlich nachgewiesene Einflüsse: Industrie und Forscher können sehr wohl die Methodik und damit auch die Ergebnisse von Studien zu ihren Gunsten beeinflussen, interes­ sen­geleitete Forschungsthemenplatzierung kann sehr wohl zur Vernachlässigung von Forschung mit Patientennutzen führen, und nicht publizierte Studien sind deutlich häufiger Studien mit negativem Ergebnis. Das heißt weder, dass jede Pharmastudie schlecht ist, noch, dass alle Forscher manipulieren. Es heißt nur, dass Interessenkonflikte Forschung beeinflussen können und wir dafür verstärkte Aufmerksamkeit brauchen. Evolution versus Erfindungen In Afrika gab es schon vor dem Homo sapiens die ersten kreativen Menschen, berichtete Heather Pringle (»Die Geburt der Kreativität«, Juni 2013, S. 22) Peter Kosek, Gütersloh: Da hat nicht einer vor vielleicht 200 000 Jahren mal ein bisschen angefangen, Feuer zu machen und diese Anfangsfertigkeit weitergegeben, sondern er machte richtiges Feuer, stellte fest, wie das ging und wozu man es brauchte – und machte danach immer wieder Feuer. Eine Erfindung von heute auf morgen. Das ist der Unterschied zwischen Evolution und Erfindung: Das eine braucht Weile, das andere kann durch den »Sperrklinkeneffekt« (SdW 6/2013, S. 28) mit einem Heureka gleichsam vom Himmel fallen, will heißen »geboren« werden. Somit ist die »Geburt der Kreativität« auf Grund der möglichen Plötzlichkeit, mit der etwas geschieht, durchaus als sinnvolle Bezeichnung anzusehen. www.spektrum.de Sauerstoffkonzentration als Triebfeder Die Biologen William Martin, Nick Lane und Valérie Schmitt erläuterten, wie höher entwickelte Zellen entstanden. (»Der Schritt zum komplexen Leben«, Juli 2013, S. 40) Dietrich H. Nies, Halle: Zwei Anmerkungen seien mir als Mikrobiologen ­erlaubt: Erstens sind Bacteria und Ar­ chaea, eigenständige »Superkingdoms« neben dem der Eukaryota, nicht zu »tumb«, um komplexe intrazelluläre Strukturen zu bewältigen (siehe Endosporenbildung), sie folgen nur einer ­anderen grundsätzlichen Evolutions­ strategie, die auf möglichst schnelles Wachstum ausgerichtet ist. Die Geschwindigkeit hängt aber ab vom Verhältnis der Energieaufnahmeleistung, proportional zur Oberfläche, zur Wachstumsarbeit, proportional zu Masse und Volumen. Nach unten wird die Effizienzsteigerung durch Verkleinerung begrenzt durch die Notwendigkeit, bei sich ändernden Umweltbedingungen ausreichend viele Gene parallel zu aktivieren. Diese Grenzen definieren die Größe einzelner Bakterienarten. Der Evolutionsdruck der schnell wachsenden Bakterien auf die auf Überdauerung ausgerichteten Eukaryoten könnte diese zur Individualisierung gezwungen haben, also zur Sexualität mit dem ganzen Meiose- und Paarungsaufwand. Zweitens konnten frühe Eukaryoten, die den Sauerstoff zu ihren Endosymbionten schaffen mussten, nur dann mit Bakterien, die direkten Zugriff haben, konkurrieren, nachdem die Sauerstoffkonzentration ausreichend hoch geworden war. Dies setzte die »Erfindung« der oxygenen Fotosynthese durch die Zyanobakterien sowie die Akkumulation dieser eigentlich hochgif­ tigen Substanz in der Umwelt voraus, und war erst möglich nach der ersten großen Oxygenierung der Erde vor etwa 2,4 Milliarden Jahren. Es könnte ­jedoch sein, dass Bakterien fressende Ureukaryoten sich schon vorher ein Bakterium zur Sauerstoffentgiftung versklavt hatten. Eukaryoten sind mit folgen sie uns im internet www.spektrum.de/facebook www.spektrum.de/youtube www.spektrum.de/googleplus www.spektrum.de/twitter großer Sicherheit Produkt einer »Hochzeit« von Bakterien mit Archaeen. Ob allerdings der Mitochondrienvorläufer der erste Partner war oder ob dieses Alphaproteobakterium bereits in das Produkt einer früheren Hochzeit einwanderte, sozusagen als »flotter Dreier«, ist noch offen. Weiterhin musste später der Sauerstoff auch effektiv zu den Zellen eines Vielzellers transportiert werden, was wiederum eine höhere Sauerstoffkonzentration erforderte und damit vermutlich erst nach der zweiten großen Oxygenierung vor rund 800 Millionen Jahren möglich war. Die steigende Sauerstoffkonzentration und die Nutzung dieses Gifts zur Energiekonservierung durch versklavte Bakterien könnte damit in der Tat die Triebfeder der Evolution von Komplexität auf unserem Planeten gewesen sein. B r i e f e a n d i e r e da k t i o n … sind willkommen! Schreiben Sie uns auf www.spektrum.de/leserbriefe oder schreiben Sie mit Ihrer kompletten Adresse an: Spektrum der Wissenschaft Leserbriefe Sigrid Spies Postfach 10 48 40 69038 Heidelberg E-Mail: [email protected] Die vollständigen Leserbriefe und Antworten der Autoren finden Sie ebenfalls unter: www.spektrum.de/leserbriefe 7