examenskurs-vertragsrecht-kaufrecht-faelle - Bitter

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Prof. Dr. Georg Bitter
Frühjahrssemester 2008
Examenskurs Allgemeines Vertragsrecht
Kaufrecht
– Schemata und Fälle –
A. Prüfungsschemata
I. Anspruch auf Nacherfüllung – §§ 437 Nr. 1, 434, 439 BGB
1. Wirksamer Kaufvertrag
2. Sachmangel
a) Sachmangel i.S.v. § 434 I BGB = Differenz von Ist- und Sollbeschaffenheit
aa) Bei einer Vereinbarung über die Beschaffenheit: Die Sache hat nicht die vertraglich von
den Parteien vorausgesetzten Eigenschaften (§ 434 I 1 BGB)
bb) Bei Fehlen einer Beschaffenheitsvereinbarung:
aaa) Die Sache eignet sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung
(§ 434 I 2 Nr. 1 BGB)
bbb) Die Sache eignet sich nicht für die gewöhnliche Verwendung oder hat nicht die übliche Beschaffenheit (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB)
Î Berücksichtigung von Werbeaussagen des Verkäufers und Herstellers
(§ 434 I 3 BGB)
b) Sachmangel i.S.v. § 434 II BGB = fehlerhafte Montage bzw. Montageanleitung
c) Sachmangel i.S.v. § 434 III BGB = Aliud-Lieferung bzw. Minderlieferung
3. Zur Zeit des Gefahrübergangs (§§ 446, 447, 474 II BGB)
4. Kein Ausschluss der Gewährleistung durch:
a) Kenntnis des Käufers von dem Mangel (§ 442 BGB)
b) Wirksame Freizeichnung, d.h. Ausschluss oder Einschränkung der Gewährleistung
Die Freizeichnung ist unzulässig:
- bei Arglist oder Garantie (§ 444 BGB)
- beim Verbrauchsgüterkauf (§ 475 BGB)
- nach AGB-Recht (§ 309 Nr. 8 b BGB)
c) Rügeversäumnis gemäß § 377 HGB
5. Ausschluss des Nacherfüllungsrechts
a) Unmöglichkeit der Nacherfüllung (§ 275 BGB)
Î getrennt für Nachbesserung und Nachlieferung zu prüfen
b) Verweigerung der Nacherfüllung durch den Verkäufer gemäß § 439 III BGB
6. Keine Verjährung (§ 438 BGB)
7. Rechtsfolge: Anspruch auf Nachbesserung und/oder Nachlieferung
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II. Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises nach
Rücktritt – §§ 437 Nr. 2, 434, 323 I Alt. 2, 346 ff. BGB
Minderung – §§ 437 Nr. 2, 434, 441, 346 I, 347 I BGB
1. Wirksamer Kaufvertrag
2. Sachmangel (s.o. I. 2.)
3. Zur Zeit des Gefahrübergangs (§§ 446, 447, 474 II BGB)
4. Nachfristsetzung und erfolgloser Ablauf der Nachfrist (§ 323 I BGB)
Î Das Erfordernis der Nachfristsetzung ergibt sich für die Minderung aus dem Wortlaut des
§ 441 BGB: „Statt zurückzutreten ...“
Die Nachfristsetzung ist entbehrlich:
a) in den Fällen des § 323 II BGB (ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung; Fixgeschäft; besondere Umstände, die ein “Überspringen” der Nacherfüllung rechtfertigen)
b) bei Unmöglichkeit der Nacherfüllung (§ 326 V BGB)
Î Beide Arten der Nacherfüllung (Nachbesserung und Nachlieferung) müssen unmöglich
sein
c) in den Fällen des § 440 BGB
aa) Verweigerung jeglicher Nacherfüllung (Nachbesserung und Ersatzlieferung) durch den
Verkäufer gemäß § 439 III BGB
Î Der Verkäufer muss das Verweigerungsrecht tatsächlich ausüben
bb) Fehlschlagen der Nacherfüllung
Î Die zwei Versuche i.S.v. § 440 S. 2 BGB werden zeitlich begrenzt durch die angemessene Frist i.S.v. § 323 I BGB
cc) Unzumutbarkeit der Nacherfüllung für den Käufer
d) beim Rückgriff des Unternehmers in der Veräußerungskette (§ 478 I BGB)
5. Kein Ausschluss der Gewährleistung (s.o. I. 4.)
6. Keine „Verjährung“ (§§ 438, 218 BGB)
7. Kein Ausschluss des Rücktritts wegen unerheblicher Pflichtverletzung (§ 323 V 2 BGB)
Î Die Möglichkeit der Minderung bleibt bestehen (§ 441 I 2 BGB)
8. Erklärung des Rücktritts (§ 349 BGB) bzw. der Minderung (§ 441 I 1 BGB) – Gestaltungsrecht
9. Rechtsfolge: Anspruch auf (anteilige) Rückzahlung des Kaufpreises
a) Berechnung der Minderung gemäß § 441 III BGB
b) Bei Rücktritt sind ggf. Zug-um-Zug die empfangene Kaufsache zurückzugewähren und daraus
gezogene Nutzungen herauszugeben (§§ 348, 320 BGB).
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III. Anspruch auf Schadensersatz wegen Pflichtverletzung – §§ 437 Nr. 3, 434, 280 I 1 BGB
1. Wirksames Schuldverhältnis (hier Kaufvertrag)
2. Pflichtverletzung
Î Lieferung einer mangelhaften Sache (s.o. I. 2.)
3. Keine Entlastung hinsichtlich des Vertretenmüssens (§ 280 I 2 i.V.m. § 276 BGB)
4. Kein Ausschluss der Gewährleistung durch:
a) Kenntnis des Käufers von dem Mangel (§ 442 BGB)
b) Wirksame Freizeichnung, d.h. Ausschluss oder Einschränkung der Gewährleistung
Die Freizeichnung ist unzulässig
-
bei Arglist oder Garantie (§ 444 BGB)
-
nach AGB-Recht (§§ 307 - 309 BGB)
Î die generelle Beschränkung der Freizeichnung beim Verbrauchsgüterkauf gilt gemäß § 475
III BGB nicht für den Anspruch auf Schadensersatz
c) Rügeversäumnis gemäß § 377 HGB
5. Keine Verjährung (§ 438 BGB)
6. Rechtsfolge: Schadensersatz
Ersatzfähiger Schaden: Schäden, die durch eine Nacherfüllung nicht mehr beseitigt werden können (insbesondere schon eingetretene Mangelfolgeschäden)
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IV. Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung – §§ 437 Nr. 3, 280 I 1, III, 281 I 1 BGB
1. Wirksames Schuldverhältnis (hier Kaufvertrag)
2. Pflichtverletzung
Î Lieferung einer mangelhaften Sache (s.o. I. 2.)
3. Keine Entlastung hinsichtlich des Vertretenmüssens (§ 280 I 2 i.V.m. § 276 BGB)
4. Nachfristsetzung und erfolgloser Ablauf der Nachfrist (§ 281 I 1 BGB)
Die Nachfristsetzung ist entbehrlich
a) in den Fällen des § 281 II BGB (ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung; besondere
Umstände, die ein “Überspringen” der Nacherfüllung rechtfertigen)
b) bei Unmöglichkeit der Nacherfüllung (§ 283 S. 1 BGB)
Î Beide Arten der Nacherfüllung (Nachbesserung und Nachlieferung) müssen nachträglich
unmöglich geworden sein Ö AGL dann §§ 437 Nr. 3, 280 I 1, III, 283 BGB
Î Bei anfänglicher Unmöglichkeit sachmängelfreier Lieferung gilt § 311a BGB
c) in den Fällen des § 440 BGB (s.o. II. 4. c)
d) beim Rückgriff des Unternehmers in der Veräußerungskette (§ 478 I BGB)
5. Kein Ausschluss der Gewährleistung (s.o. III. 4.)
6. Keine Verjährung (§ 438 BGB)
7. Rechtsfolge: Schadensersatz
a) Ersatzfähiger Schaden: Mangelschaden und Mangelfolgeschaden
b) Schadensberechnung: „kleiner“ oder „großer“ Schadensersatz
Beachte: Ausschluss des „Schadensersatzes statt der ganzen Leistung“ (= „großer“ Schadensersatz) bei unerheblicher Pflichtverletzung (§ 281 I 3 BGB)
c) Verlust des Anspruchs auf die Leistung (§ 281 IV BGB)
V. Anspruch auf Aufwendungsersatz – §§ 437 Nr. 3, 284 BGB
1. Voraussetzungen s.o. IV. 1. - 6.
2. Rechtsfolge: Aufwendungsersatz
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B. Fälle
Fall 1 – Falscher Jahrgang. Weinliebhaber Walter (W) kauft in der Weinhandlung des Inhabers (I)
eine Flasche Rotwein des Jahrgangs 1985 zum Preis von 100 Euro. Über dieses „Schnäppchen“ ist
W sehr entzückt, da er denselben Wein in einem anderen Laden zum Preis von 130 Euro gesehen
hatte, was auch dem Marktpreis entspricht. Zu Hause angekommen muss W jedoch beim ersten
Glas feststellen, dass es sich nicht um einen Rotwein Jahrgang 1985, sondern um dieselbe Sorte
Rotwein Jahrgang 2005 handelt. Grund hierfür ist ein Fehler bei der Etikettierung gewesen. Der
marktübliche Preis des Weins Jahrgang 2005 liegt bei 20 Euro. W möchte den „billigen Fusel“ auf
keinen Fall behalten und geht noch am selben Tag zu I, um eine neue Flasche Rotwein Jahrgang
1985 zu verlangen. Zu Recht?
Abwandlung: Welche Möglichkeiten stehen W zu, wenn I sich endgültig weigert, ihm eine Flasche
des Jahrgangs 1985 zu besorgen? Welche Möglichkeit würden Sie ihm als Anwalt empfehlen?
Fall 2 – Stereoanlage. Student S sah im Schaufenster des Elektrohändlers E seine Traumstereoanlage zum erstaunlich günstigen Preis von 1.500 €. Auf der Anlage befand sich ein Schild: „Preisknüller: Ausstellungsstück – absolut neuwertig“. S wurde sich schnell mit E über den Kauf des Gerätes einig. E, der für seinen besonders guten Service bekannt war, vereinbarte mit S, dass diesem
die Stereoanlage am 14.2.2007 nachmittags in die Wohnung geliefert und dort von einem Mitarbeiter des E installiert werde. Entsprechend bat E seinen Angestellten A, die Stereoanlage am
14.2.2007 an S auszuliefern. Bei seiner Nachmittagstour vergaß jedoch A aus Nachlässigkeit die
Lieferung. Als E am Nachmittag des 15.2.2007 die Anlage an S nunmehr selbst ausliefern will,
kommt es zu einem von E unverschuldeten Unfall, bei dem der Lieferwagen des E schwer beschädigt und die in dem Wagen befindlichen Geräte kräftig durchgeschüttelt werden. E lässt den Lieferwagen abschleppen und die darin befindlichen Geräte in seinen Laden bringen. Er prüft die für S
bestimmte Stereoanlage sehr gründlich durch und kann keine Fehlfunktion feststellen. Daher lässt
er sie am 16.2.2007 an S ausliefern. Bereits nach 14 Tagen fällt allerdings die Endstufe des Verstärkers aus, weil sie offenbar doch während des Verkehrsunfalls Schaden genommen hatte. S ist darüber nicht sehr erfreut und verlangt von E die Lieferung einer anderen vergleichbaren Stereoanlage
des gleichen Typs. Einen solchen Anspruch hält E jedoch nicht für gegeben, da er dem S nun einmal das einzige vorhandene Ausstellungsstück verkauft habe und ein der Traumstereoanlage entsprechendes, nicht für Ausstellungszwecke verwendetes Neugerät für ihn im Einkauf schon 1.750 €,
im Verkauf sogar 2.200 € kosten würde. E ist der Ansicht, dass S allenfalls eine Reparatur durch
Austausch der Endstufe verlangen könne.
Bitte prüfen Sie gutachtlich alle ernsthaft in Betracht kommenden Ansprüche des S gegen E. (zum
Nachlieferungsanspruch beim Stückkauf im Fall mangelhafter Lieferung siehe BGHZ 168, 64 =
NJW 2006, 2839; Bitter, ZIP 2007, 1881; Tiedtke/Schmitt, JuS 2005, 583; zur Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllung siehe Bitter/Meidt, ZIP 2001, 2114)
Hinweis: Bei der Lösung ist davon auszugehen, dass die Stereoanlage als (mangelfreies) Ausstellungsstück einen objektiven Marktwert von 1.600 € hatte und dass sich die Material- und Lohnkosten für den Austausch der Endstufe auf 300 € belaufen. Bei einem anderen Händler müsste S für das
entsprechende Neugerät ebenfalls den von E genannten Verkaufspreis von 2.200 € zahlen.
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Abwandlung 1: Wie ist der Fall zu beurteilen, wenn die Stereoanlage bei dem Verkehrsunfall nicht
nur beschädigt, sondern irreparabel zerstört worden ist und E dem S deshalb mitteilt, er sehe sich
zur Lieferung außerstande? Kann S in diesem Fall von E die Lieferung einer anderen Stereoanlage
des gleichen Typs und/oder Schadensersatz in Höhe des Differenzbetrags von 700 € verlangen, um
sich die Anlage bei einem anderen Händler für 2.200 € zu besorgen? (zum Nachlieferungsanspruch
beim Stückkauf im Fall des Untergangs der Sache siehe Bitter, ZIP 2007, 1881 und Balthasar/Bolten, ZGS 2004, 411 einerseits, Fest, ZGS 2005, 18 und Gruber, JZ 2005, 707 andererseits)
Abwandlung 2: Wie Abwandlung 1, jedoch handelte es sich bei dem Ausstellungsstück um das letzte Gerät dieses Typs (Auslaufmodell). Eine vergleichbare Stereoanlage ist auch als Neugerät weder
von E noch von einem anderen Händler beschaffbar.
Hinweis: Der vorstehene Fall wurde im WS 2005/2006 als Hausarbeit in der Übung im Zivilrecht
für Fortgeschrittene gestellt.
Fall 3 – Partnerschaftsvermittlung. Die P-GmbH betreibt eine Partnerschaftsvermittlung im Internet. Alleingesellschafter und Geschäftsführer ist P. Da sich das Geschäft guten Zulaufs bei der
Internet-Kundschaft erfreut, benötigt die P-GmbH neue, deutlich leistungsfähigere Server. C, ein
dem P bekannter größerer Computerhändler, bietet dem P für sein Unternehmen zwei Spezialserver
S-1000 für jeweils 6.000 Euro an. Die Server sollen parallel laufen, damit notfalls beim Ausfall
eines Servers die Partnerschaftsvermittlung im Internet nicht zum Stillstand kommt. C verpflichtet
sich in dem Kaufvertrag vom 7.12.2005 zu einem 24-Stunden-Gewährleistungsservice, sagt also zu,
bei Mängeln der Geräte innerhalb von 24 Stunden für eine Nacherfüllung (Reparatur oder Austausch) zu sorgen. Da die P-GmbH sicher gehen will, bei möglichen Gewährleistungsfällen einen
zahlungskräftigen Schuldner zu haben, verlangt sie von C, einen Bürgen beizubringen. C spricht
den ihm bekannten Apotheker A an, ob er zu einer Bürgschaftsübernahme bereit sei. Daraufhin
schickt A der P-GmbH auf einem Briefbogen seiner Apotheke ein Telefax mit folgendem Inhalt:
„Hiermit übernehme ich Ihnen gegenüber zeitlich unbefristet für sämtliche Gewährleistungsansprüche aus dem Kaufvertrag zwischen Ihnen und C vom 7.12.2005 die persönliche Bürgschaft bis zur
Höhe von 50.000 Euro.“ Das Telefax wird bei der P-GmbH zu den Akten genommen.
Nachdem die Server ans Netz gegangen sind, funktioniert zunächst alles ganz prächtig. Im März
2006 gibt allerdings die Festplatte eines der Server eigenartige Geräusche von sich. Der von P herbeigerufene Mitarbeiter des C prüft das Gerät, stellt eine Fehlkonstruktion der Festplatte fest und
tauscht diese aus. Am 6.6.2006 zeigt sich auch bei der Festplatte des anderen Servers derselbe Defekt. P bittet seine Mitarbeiterin M, bei C einen Austausch zu veranlassen. Da M aus Versehen
mehrfach die falsche Telefonnummer wählt und niemand ans Telefon geht, teilt Sie dem P mit, bei
C sei derzeit niemand erreichbar. Daraufhin lässt P noch am 6.6.2006 die hochwertige Festplatte
durch einen anderen Computerhändler zum Preis von 1.000 Euro austauschen.
Als die P-GmbH von C mit Brief vom 7.6.2006 die 1.000 Euro erstattet verlangt, meint C, dazu
nicht verpflichtet zu sein, zumal ihn ein Austausch durch seinen eigenen Service allenfalls 500 Euro
gekostet hätte.
Frage 1: Kann die P-GmbH von C und/oder A 1.000 Euro oder zumindest 500 Euro erstattet verlangen? (vgl. zur Selbstvornahme der Mängelbeseitigung durch den Käufer BGHZ 162, 219 = NJW
2005, 1348; Tonner/Wiese, BB 2005, 903 ff.; siehe zum Mietrecht jüngst BGH v. 16.1.2008 – VIII
ZR 222/06, WuM 2008, 147)
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Abwandlung 1:
M wählt am 6.6.2006 die richtige Telefonnummer und verlangt von C einen Austausch der Festplatte binnen 24 Stunden. Aufgrund eines Versehens im Betrieb des C wird kein Servicetechniker zur
P-GmbH geschickt. Da die P-GmbH nicht länger zuwarten will, lässt sie am 8.6.2006 die Festplatte
durch einen anderen Computerhändler austauschen.
Frage 2: Wie wäre Frage 1 nunmehr zu beantworten?
Abwandlung 2:
Am 6.6.2006 zeigt sich kein Defekt der Festplatte, sondern die zentrale Steuerungseinheit des zweiten Servers fällt aus. Der herbeigerufene Servicetechniker des C stellt fest, dass der Ausfall auf einer Überhitzung beruht, die ihrerseits Folge der zu geringen Kühlleistung eines bei C aus Versehen
in diesen Server eingebauten zu kleinen Ventilators ist. Da der Server nicht reparabel sei, bietet der
Techniker einen Austausch des Gerätes an. Allerdings müsse die P-GmbH im Gegenzug für die
Nutzung des Computers während des halben Jahres eine Nutzungsentschädigung i.H.v. 1.000 Euro
zahlen. Derartige Server hätten eine gewöhnliche Nutzungsdauer von drei Jahren, weshalb auf das
halbe Jahr anteilig 1.000 Euro des Kaufpreises von 6.000 Euro entfielen. Die P-GmbH anerkennt
zwar die Nutzungsdauer von drei Jahren, meint aber, die 1.000 Euro dennoch nicht zahlen zu müssen, weil sie durch das Neugerät nichts gewinne. In 2 ½ Jahren würden beide Server durch Geräte
des dann aktuellen Standards ausgetauscht.
Frage 3: Kann die P-GmbH auch ohne Zahlung von 1.000 Euro von C Austausch des Servers verlangen? (zum Nutzungsersatz bei Neulieferung BGH NJW 2006, 3200 = ZIP 2006, 1867 [Vorlage
an den EuGH]; Gsell, NJW 2003, 1969; dies., JuS 2006, 203)
Hinweis: Der vorstehende Fall wurde im Sommersemester 2006 als Klausur in der Übung im Zivilrecht für Fortgeschrittene gestellt.
Fall 4 – Geländewagen. Nach einem unfallbedingten Totalschaden an seinem Auto begibt sich K
am 21. November 2005 zu dem Gebrauchtwagenhändler V, um sich dort ein neues Auto zu kaufen.
Das Geschäft des V hatte K ausgewählt, weil er gehört hatte, dass dieser besonders günstig sei. Tatsächlich findet K auch schnell einen Geländewagen, der ihm wegen der starken Motorisierung sofort zusagt. Mit dem Geländewagen will er vor allem in seiner Freizeit Touren durch Wald und
Wiesen, Kiesgruben u.s.w. machen, während er zur Arbeit eigentlich auch mit dem Zweitwagen der
Familie, einem VW Polo, fahren könnte.
V merkt bald, dass der K sich auf den ersten Blick in das Auto verliebt hat, wittert ein gutes Geschäft und bietet ihm daher das Auto für 9.900 € zum Kauf an. Er selbst hatte den Wagen von seinem Kunden C in Zahlung genommen und dabei mit C vereinbart, den Wagen in dessen Namen
unter Ausschluss der Gewährleistung zu verkaufen. Dem C garantierte V für diesen „Kommissionsverkauf“ einen Mindestverkaufspreis von 9.500 € und rechnete diesen Betrag vorab auf dessen
Neuwagenkauf an. Der tatsächliche Marktwert des Wagens liegt allerdings nur bei 5.500 €.
Angesichts schlechter Erfahrungen mit einigen Gewährleistungsfällen bei Ausfall der Fahrzeugelektronik bei anderen Automarken möchte V möglichst keinerlei Haftung für den Zustand des
Fahrzeugs übernehmen. Er weist den K daher darauf hin, dass angesichts des Alters des Wagens
durchaus Schäden an der Fahrzeugelektronik vorhanden sein könnten und er insoweit für nichts
garantieren könne. Deshalb sei der Wagen auch so günstig zu haben. Konkreten Anlass anzuneh-
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men, dass auch bei der an K verkauften Automarke Elektronikschäden wahrscheinlich seien, hatte
V dabei nicht.
K inspiziert daraufhin den Wagen und kommt zu dem Schluss, dass dieser für sein Alter ziemlich
gut in Schuss sei. Funktionsbeeinträchtigungen stellt er auch bei der anschließenden Probefahrt
nicht fest. Da er von dem Fahrzeug wirklich begeistert ist und sich mit dem Kauf eines Geländewagens einen Kindheitstraum erfüllen möchte, außerdem der V im Kaufgespräch noch einmal 900 €
im Preis nachlässt, werden sich V und K schnell bei einem Kaufpreis von 9.000 € einig.
Kurz darauf legt V bei der Vertragsunterzeichnung ein Vertragsformular vor, aus dem sich ergibt,
dass V im Namen von C einen privaten Kaufvertrag über das Kraftfahrzeug abschließen will und
das Kraftfahrzeug unter Ausschluss der Sachmängelhaftung von C verkauft werden soll. Voller
Vorfreude auf sein neues Auto ist es K eigentlich ziemlich egal, wer ihm das Auto nun verkauft und
auch bezüglich etwaiger Schäden an dem Fahrzeug macht er sich nach seiner Inspektion keine Gedanken mehr. Zudem teilt V dem K mit, dass er ihm neben dem Vertrag auch eine separate Gebrauchtwagengarantie des Herstellers MWB AG anbieten könne. Das beruhigt K nun endgültig und
er unterzeichnet den Kaufvertrag sowie auch die Garantievereinbarung mit dem Hersteller MWB
AG. Diese gewährt ihm 3 Jahre Garantie auf die wesentlichen Bestandteile des Fahrzeugs mit Hinweis auf die beigelegten Garantiebedingungen.
Auch nach einigen Wochen und 2.000 gefahrenen Kilometern ist K noch sehr zufrieden mit seinem
Wagen und glaubt, ein gutes Geschäft gemacht zu haben. Allein die schiere Größe des Wagens bereitet ihm beim Rangieren immer wieder Probleme. Er beschließt daher, sich den Luxus einer Parkhilfe zu gönnen, die er für 1.000 € in sein Fahrzeug einbauen lässt.
Fünf Monate und 8.000 km (die geschätzte restliche Fahrleistung des Fahrzeugs lag zum Zeitpunkt
des Kaufs bei 80.000 km) nach dem Kauf ist K gerade auf der Autobahn nahe der Heimat unterwegs, als der Wagen liegen bleibt und abgeschleppt werden muss. In der nächsten Werkstatt wird
ein Defekt in der Elektronik des Wagens festgestellt. Außerdem weist der Werkstattmeister den K
darauf hin, dass die Karosserie starke Korrosionsschäden aufweise, die von außen so nicht erkennbar seien und der Wagen einer Generalüberholung bedürfe. Die Kosten für die Beseitigung des Elektronikschadens schätzt er auf 700 €, die Generalüberholung der Karosserie würde 1.000 € kosten.
Empört wendet sich K an V und fordert die sofortige Reparatur des Wagens und die Beseitigung
aller Mängel. V teilt K mit, dass dieser den Wagen von C erworben habe und im Übrigen jede Haftung ausgeschlossen worden sei. Er betrachte den Verkauf daher für sich als erledigt.
Auch die MWB AG weigert sich unter Hinweis auf die Garantiebestimmungen, für die Reparatur
des Wagens aufzukommen, da nach den Garantiebedingungen eine Haftung für Elektronik- und
Korrosionsschäden ausgeschlossen sei.
K fragt sich, welche Ansprüche er gegen V geltend machen kann. Einerseits möchte er wissen, ob V
zur Reparatur oder vielleicht sogar zur Lieferung eines vergleichbaren, aber mangelfreien Gebrauchtwagens verpflichtet ist. Da die Reparatur ca. 3 Tage in Anspruch nehmen wird (1 Tag für
die Beseitigung des Elektronikschadens, 2 Tage für die Beseitigung der Korrosionsschäden), will K
auch wissen, ob er sich für diese Zeit einen Ersatzwagen gleicher Art für 150 Euro am Tag auf Kosten des V anmieten kann oder ob er alternativ auch ohne Anmietung eines Ersatzfahrzeugs eine
Nutzungsausfallentschädigung nach den Tabellen von Sanden/Danner (heute vertrieben von der
EurotaxSchwacke GmbH) verlangen kann. Für sein Modell sind dort eine Nutzungsausfallentschädigung von 60 Euro pro Tag und Vorhaltekosten von 20 Euro pro Tag ausgewiesen. Weiter möchte
K wissen, ob und wie er sich alternativ auch ganz von dem Kaufvertrag über das Auto lösen kann.
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Dabei interessiert es ihn, ob V nach Rückgabe des Wagens eine Entschädigung für die zwischenzeitliche Nutzung durch K verlangen kann und ob V im Gegenzug die Kosten für die von K eingebaute Parkhilfe zu erstatten hat.
Abwandlung: K hat nach Feststellung des Schadens nur bei der MWB AG unter Bezugnahme auf
die geschlossene Garantievereinbarung eine Behebung des Schadens gefordert. Nach der Ablehnung der Garantieansprüche durch die MWB AG beauftragte er sofort, ohne überhaupt mit V zu
sprechen, seine Hauswerkstatt mit der Beseitigung des Elektronikschadens und der Karosserieschäden, um den Wagen so schnell wie möglich wieder nutzen zu können.
Kann er von V die Kosten der Reparatur von 700 € + 1.000 € = 1.700 € ersetzt verlangen, wenn
davon auszugehen ist, dass V selbst bei einer Reparatur in seiner Werkstatt nur 50 % dieses Betrages hätte aufwenden müssen?
Zur Vorbereitung sei hingewiesen auf: BGH NJW 2005, 1039, 1040; BGH ZIP 2007, 235 (Agenturgeschäft und § 475 I 2 BGB); OLG Oldenburg, DAR 2004, 92 = OLGR Oldenburg 2004, 91 und
Stölting, ZGS 2004, 96 (negative Beschaffenheitsvereinbarungen und § 475 I 2 BGB); BGHZ 159,
215 = NJW 2004, 2299, BGH NJW 2005, 3490, 3492; 2006, 1195; 2007, 2621 (Beweislastumkehr
gemäß § 476 BGB); BGHZ 168, 64 = NJW 2006, 2839; Tiedtke/Schmitt, JuS 2005, 583 (Nachlieferungsanspruch beim Stückkauf); BGHZ 98, 212 = NJW 1987, 50 (Großer Senat) und Bitter, AcP
205 (2005), 743 (Nutzungsausfall); BGH NJW 2005, 2848 (Aufwendungsersatz und Rücktritt);
BGHZ 162, 219 = NJW 2005, 1348 und Tonner/Wiese, BB 2005, 903 (Selbstvornahme der Mangelbeseitigung durch den Käufer).
Hinweis: Der vorstehende Fall wurde im Sommersemester 2006 im Examensklausurenkurs der Universität Mannheim als Übungsfall gestellt.
Fall 5 – Drucker mit Defekt. Herr Werner (W) betreibt seit einigen Jahren unter dem Namen
„Werbal e.Kfm.“ eine im Handelsregister Mannheim eingetragene Werbeagentur. Ende August
2003 kam er auf einer Party mit Herrn Huber (H) ins Gespräch, der seit vielen Jahren in Heidelberg
ein Spezialgeschäft für industrielle Drucktechnik betreibt. Dieses früher unter dem Namen „Huber
Drucktechnik e.Kfm.“ betriebene Geschäft hatte H kurz zuvor, im Juni 2003, in die „Huber Drucktechnik GmbH“ eingebracht, deren Geschäftsführer er nunmehr ist. Auf der Party übergab H dem
W jedoch eine Visitenkarte, auf der sich noch der alte Geschäftsname „Huber Drucktechnik
e.Kfm.“ ohne den Zusatz GmbH fand, weil er an diesem Abend die neuen Visitenkarten nicht dabei
hatte.
In dem Partygespräch interessierte sich W für das Angebot des H an hochwertigen DIN-A2Farbdruckern, da er ein neues Gerät für seine Werbeagentur benötigte. H bot ihm das Gerät F-3000
zum Preis von 8.000 € an. Da W diesen Preis als günstig einschätzte, besiegelten sie den Kaufvertrag sogleich per Handschlag. Der Drucker sollte am 10. September 2003 an W geliefert und von W
in zwei Raten am 1.10.2003 und 1.1.2004 bezahlt werden. Nachdem das Gerät pünktlich geliefert
war und W die erste Rate gezahlt hatte, zeigte das Druckbild des F-3000 gegen Ende 2003 in der
Mitte des Blattes unschöne schwarze Längsstreifen auf diversen Ausdrucken. W behielt im Hinblick auf die Mängel die zweite Kaufpreisrate erst einmal ein. Nach anfänglicher Beseitigung der
Mängel durch Reparatur der H-GmbH zeigten sich diese noch einmal im März 2004, wurden dann
erneut durch Reparatur behoben und seither lief das Gerät zunächst fehlerfrei. Über die Reparaturen
vergaß W allerdings die Zahlung der zweiten Rate.
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In der Buchhaltung der H-GmbH fielen die Außenstände des W erst wieder auf, als dieser im August 2005 erneut zwei hochwertige Drucker bestellte. Die schriftlichen Bestellungen des W vom
30.8.2005 waren ausdrücklich an die H-GmbH gerichtet, weil W zwischenzeitlich bemerkt hatte,
dass H sein Geschäft als GmbH betreibt. Der eine neu bestellte Drucker F-3001 zum Preis von
8.500 € war das Nachfolgemodell des F-3000, der andere Drucker SW-2000 zum Preis von 3.000 €
war für Drucke in schwarz/weiß bestimmt. Beide Geräte sollten nach der vertraglichen Vereinbarung zwischen W und der H-GmbH am 15.9.2005 geliefert und am 1.10.2005 bezahlt werden. Da es
beim Hersteller des Druckers SW-2000 einen Lieferengpass gab, konnte die H-GmbH am
15.9.2005 nur den Drucker F-3001 liefern. Da in diesen Tagen in der Werbeagentur des W große
Hektik herrschte, ließ W das Gerät zunächst einmal unverpackt im Druckraum der Agentur stehen.
Allerdings setzte er noch rasch ein Schreiben an die H-GmbH auf, in dem er die Lieferung des Druckers SW-2000 bis spätestens zum 1.10.2005 verlangte. Nach Ablauf der Frist werde er sich nach
einem Alternativangebot umschauen.
H seinerseits drängte den Hersteller zu rascher Lieferung, hatte damit aber bis zum 1. Oktober keinen Erfolg. Am 3.10.2005 schickte W der H-GmbH ein Telefax, in dem es heißt: „Wir hatten Sie
bereits mit Schreiben vom 15.9.2005 zur Lieferung des Druckers SW-2000 aufgefordert. Da wir
dringend auf das Gerät angewiesen sind, bitten wir nunmehr um rasche Lieferung.“ H rief daraufhin
noch einmal beim Hersteller an und konnte erreichen, dass ihm der Drucker SW-2000 am 7.10.2005
geliefert wurde. Noch ehe H den W anrufen konnte, um ihm die freudige Nachricht vom Eingang
des Druckers zu überbringen, ging jedoch bei der H-GmbH am selben Tag (7.10.2005) ein Telefax
des W ein, in dem dieser die Bestellung des SW-2000 „stornierte“. Damit aber nicht genug: W forderte zugleich Rücknahme der beiden anderen Drucker F-3000 und F-3001 und Rückzahlung der
seinerzeit für den F-3000 gezahlten ersten Kaufpreisrate i.H.v. 4.000 €. Am 6.10.2005 sei nämlich
bei dem Drucker F-3000 erneut der schon damals aufgetretene Defekt (schwarze Längsstreifen)
offenkundig geworden, woraufhin W am 6.10.2005 den F-3001 in Betrieb genommen habe. Dabei
habe sich gezeigt, dass der gelieferte F-3001 denselben Fehler aufweist.
H will all dies nicht gelten lassen: Den Auftrag für den SW-2000 könne W schon deshalb nicht
stornieren, weil er am 3.10.2005 noch eine rasche Lieferung gefordert habe. Für den F-3000 sei die
Garantie zwischenzeitlich abgelaufen und hinsichtlich des F-3001 habe sich W zu spät gemeldet. H
möchte daher umgekehrt, dass W den SW-2000 abnimmt und bezahlt, den Kaufpreis für den F3001 entrichtet und für den F-3000 die noch ausstehende zweite Kaufpreisrate bezahlt.
Fallfragen:
1. Kann W von der H-GmbH und/oder von H persönlich Rückzahlung der ersten Kaufpreisrate für
den F-3000 i.H.v. 4.000 € oder zumindest erneute Reparatur des Gerätes verlangen?
2. Können die H-GmbH und/oder H persönlich von W Zahlung der zweiten Kaufpreisrate für den
F-3000 i.H.v. 4.000 € verlangen?
3. Kann die H-GmbH von W Bezahlung und Abnahme des Druckers SW-2000 verlangen?
4. Kann die H-GmbH von W Bezahlung des Druckers F-3001 verlangen?
Abwandlung: Der erneute Defekt (schwarze Längsstreifen) an dem Drucker F-3000 tritt nicht erst
am 6.10.2005 auf, sondern bereits am 6.9.2005. W möchte an diesem Tag wissen, ob er von der HGmbH und/oder von H persönlich Rückzahlung der ersten Kaufpreisrate für den F-3000 i.H.v.
4.000 € oder zumindest erneute Reparatur des Gerätes verlangen kann.
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Zur Vorbereitung sei hingewiesen auf: Karsten Schmidt, Handelsrecht, 5. Aufl., 1999, S. 120 ff.
(zum unternehmensbezogenen Rechtsgeschäft); OLG Celle NJW 2005, 2094 f. und BGH NJW
2006, 1198 (zum Rücktritt nach erneutem Leistungsverlangen); BGH NJW 1996, 2645 und OLG
Naumburg, NJW-RR 1997, 1324, 1325 (zur Rechtsscheinshaftung).
Hinweis: Der vorstehende Fall wurde im Wintersemester 2005/2006 in der Übung im Zivilrecht für
Fortgeschrittene als Klausur gestellt.
Fall 6 – Der defekte LCD-Fernseher. Nach einigen Monaten in seiner neuen Heimat beschließt B
im Oktober 2007, seine Wohnung mit einem modernen TV-Gerät aufzuwerten. Im VENUSElektronik-Abholmarkt (V) entschließt er sich zum Kauf eines hochwertigen LCD-FlachbildschirmFernsehers des Herstellers H zum Preis von 1.999 Euro. Den Fernseher nimmt B sogleich mit nach
Hause.
Aufgrund eines produktionsbedingten Mangels fällt der Bildschirm des Fernsehers bereits nach
wenigen Wochen aus. B ist sehr verärgert und teilt V den Ausfall des Bildschirms telefonisch mit.
Anhand der Beschreibung des Bildschirmausfalls durch B erkennt der hierfür zuständige und fachkundige Mitarbeiter M, dass eine Reparatur des Geräts wahrscheinlich nicht möglich sein wird und
schlägt den Austausch des Fernsehers vor. Hiermit ist B einverstanden.
Als nach einigen Tagen das neue Gerät im Abholmarkt des V eintrifft, benachrichtigt M den B darüber, dass er das neue Gerät abholen und das alte zur Entsorgung mitbringen könne. B ist empört
und verlangt die Lieferung des Geräts zu sich nach Hause. Seinerzeit habe er den 31 kg schweren
und sperrigen Fernseher (Maße: 115,8 x 11,7 x 75,2 cm) mühevoll in seine Dachgeschosswohnung
getragen. Der Mitarbeiter des V lehnt die Lieferung mit dem Hinweis „Wir sind ein Abholmarkt“
ab. B ist weiterhin der Meinung, V müsse das neue TV-Gerät nicht nur liefern, sondern auch an
Stelle des alten an die Wand montieren. Schließlich habe ihn die fachgerechte Montage des Fernsehers durch einen Handwerker 150 Euro gekostet. Außerdem sei das alte Gerät von V abzumontieren
und zu entsorgen. Der Mitarbeiter des V wendet ein, mit dem Austausch des TV-Geräts habe V
schon mehr als genug getan, für die Mangelhaftigkeit könne V schließlich nichts. Wie ist die
Rechtslage?
Zur Vorbereitung sei hingewiesen auf: OLG München NJW 2006, 449; OLG Köln NJW-RR 2006,
677; OLG Karlsruhe ZGS 2004, 432; AG Menden NJW 2004, 2171; Lorenz ZGS 2004, 408 ff.;
Thürmann NJW 2006, 3457 ff.; Glöckner, JZ 2007, 652, 657 f.
C. Neuere Rechtsprechung zum Kaufrecht
BGH v. 2.6.2004 – VIII ZR 329/03, BGHZ 159, 215 = NJW 2004, 2299
Macht der Käufer Rechte gemäß § 437 BGB geltend, nachdem er die Kaufsache entgegengenommen hat,
trifft ihn die Darlegungs- und Beweislast für die einen Sachmangel begründenden Tatsachen. § 476 BGB
enthält insoweit für den Verbrauchsgüterkauf keine Beweislastumkehr. Die Bestimmung setzt einen binnen
sechs Monaten seit Gefahrenübergang aufgetretenen Sachmangel voraus und begründet eine lediglich in
zeitlicher Hinsicht wirkende Vermutung, daß dieser Mangel bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorlag.
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BGH v. 22.11.2004 – VIII ZR 21/04, NJW 2005, 283 = ZIP 2005, 216
Die Anwendung der Beweislastumkehr gemäß § 476 BGB wird nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil der
Verbraucher die gekaufte Sache – hier: ein Teichbecken – durch einen Dritten hat einbauen lassen.
BGH v. 26.1.2005 – VIII ZR 175/04, NJW 2005, 1039
Agenturgeschäfte sind im Gebrauchtwagenhandel mit Verbrauchern nicht generell, sondern nur dann als
Umgehungsgeschäfte anzusehen, wenn bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise der Gebrauchtwagenhändler
als der Verkäufer des Fahrzeugs anzusehen ist. Entscheidende Bedeutung kommt hierbei der Frage zu, ob der
Händler oder der als Verkäufer in Erscheinung tretende Fahrzeugeigentümer das wirtschaftliche Risiko des
Verkaufs zu tragen hat.
BGH v. 23.2.2005 – VIII ZR 100/04, BGHZ 162, 219 = NJW 2005, 1348
Sowohl das Recht des Käufers, gemäß §§ 437 Nr. 2, 441 BGB den Kaufpreis zu mindern, als auch der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gemäß §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB setzen – wenn nicht einer
der gesetzlich geregelten Ausnahmetatbestände eingreift – voraus, daß der Käufer dem Verkäufer erfolglos
eine angemessene Frist zur Nacherfüllung bestimmt hat.
Beseitigt der Käufer den Mangel selbst, ohne dem Verkäufer zuvor eine erforderliche Frist zur Nacherfüllung gesetzt zu haben, kann er auch nicht gemäß § 326 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 BGB (analog) die Anrechung
der vom Verkäufer ersparten Aufwendungen für die Mangelbeseitigung auf den Kaufpreis verlangen oder
den bereits gezahlten Kaufpreis in dieser Höhe zurückfordern.
BGH v. 6.7.2005 – VIII ZR 136/04, NJW 2005, 3205 = WM 2005, 1895
Enthält ein zwischen Privatpersonen geschlossener Kaufvertrag über ein gebrauchtes Kraftfahrzeug einen
formularmäßigen Ausschluß jeder Gewährleistung, wird dieser durch den handschriftlichen Zusatz "gekauft
wie gesehen" nicht eingeschränkt (Bestätigung von BGH, Urteil vom 24. April 1996 – VIII ZR 114/95, NJW
1996, 2025 ).
BGH v. 20.7.2005 – VIII ZR 275/04, NJW 2005, 2848
1. Der Käufer einer mangelhaften Sache hat auch dann gemäß § 284 BGB Anspruch auf Ersatz vergeblicher
Aufwendungen, wenn er wegen des Mangels vom Kaufvertrag zurücktritt. Der Anspruch ist nicht gemäß
§ 347 Abs. 2 BGB auf den Ersatz notwendiger Verwendungen oder solcher Aufwendungen beschränkt,
durch die der Verkäufer bereichert wird.
2. § 284 BGB erfaßt auch Aufwendungen für kommerzielle Zwecke.
3. Aufwendungen des Käufers auf eine gekaufte Sache, die sich später als mangelhaft erweist, sind in der
Regel vergeblich, wenn der Käufer die Kaufsache wegen ihrer Mangelhaftigkeit zurückgibt oder sie jedenfalls nicht bestimmungsgemäß nutzen kann und deshalb auch die Aufwendungen nutzlos sind.
4. Kosten, die dem Käufer eines Kraftfahrzeugs für dessen Überführung und Zulassung entstehen, sind Aufwendungen im Sinne des § 284 BGB. Wird der Kauf wegen Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs rückabgewickelt, nachdem der Käufer das Fahrzeug zeitweise genutzt hat, so mindert sich der Anspruch auf Ersatz auch
dieser Aufwendungen entsprechend der Nutzungsdauer oder der Laufleistung des Fahrzeugs.
BGH v. 14.9.2005 – VIII ZR 363/04, NJW 2005, 3490
1. Ein Sachmangel der Kaufsache kann sich dem Käufer auch dann erst nach Gefahrübergang "zeigen",
wenn er ihn im Falle einer eingehenden Untersuchung schon bei der Übergabe hätte entdecken können.
2. Die Vermutung, dass ein Sachmangel bereits bei Gefahrübergang vorgelegen hat, ist nicht schon dann mit
der Art des Mangels unvereinbar, wenn der Mangel typischerweise jederzeit auftreten kann und deshalb keinen hinreichend sicheren Rückschluss darauf zulässt, dass er schon bei Gefahrübergang vorhanden war.
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3. Die Vermutung, dass ein Sachmangel bereits bei Gefahrübergang vorgelegen hat, kann auch für äußere
Beschädigungen der Kaufsache wie etwa einen Karosserieschaden eines verkauften Kraftfahrzeugs eingreifen. Sie ist jedoch dann mit der Art des Mangels unvereinbar, wenn es sich um äußerliche Beschädigungen
handelt, die auch dem fachlich nicht versierten Käufer auffallen müssen.
BGH v. 7.12.2005 – VIII ZR 126/05, ZIP 2006, 525
1. Auch beim Kauf oder Tausch eines Reitpferdes kommt ein Anspruch des Käufers auf Schadensersatz statt
der Leistung wegen eines behebbaren Mangels des Pferdes grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn der
Erwerber dem Veräußerer zuvor erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat (im Anschluss an BGH, Urteil vom 22. Juni 2005, VIII ZR 1/05, ZGS 2005, 433).
2. Scheitert ein Anspruch des Käufers auf Schadensersatz statt der Leistung wegen eines Mangels daran, dass
der Verkäufer die Verletzung der Pflicht zur Verschaffung einer mangelfreien Sache nicht zu vertreten hat,
so kann der Käufer die Kosten, die ihm dadurch entstanden sind, dass er den Mangel selbst beseitigt hat,
auch dann nicht nach § 326 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 BGB in Höhe der ersparten Aufwendungen des Verkäufers
zur Mangelbeseitigung ersetzt verlangen, wenn es ihm aus besonderen Gründen nicht zuzumuten war, dem
Verkäufer zuvor Gelegenheit zur Nacherfüllung zu geben (im Anschluss an Senatsurteil vom 23. Februar
2005, VIII ZR 100/04, NJW 2005, 1348 = BGHZ 162, 219).
BGH v. 21.12.2005 – VIII ZR 49/05, NJW 2006, 1195 = WM 2006, 1355
1. Dass der Käufer eines Gebrauchtwagens nicht weiß, ob ein binnen sechs Monaten nach der Übergabe
durch den Verkäufer aufgetretener Defekt des Fahrzeugs auf einen Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1
Satz 1 BGB zurückzuführen ist, entlastet ihn nicht von der Obliegenheit, dem Verkäufer Gelegenheit zur
Nacherfüllung zu geben, bevor er das Fahrzeug selbst reparieren lässt und wegen des Mangels die Minderung erklären oder einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung geltend machen kann.
2. § 439 Abs. 3 BGB gewährt dem Verkäufer eine Einrede gegenüber der vom Käufer beanspruchten Art der
Nacherfüllung, die der Verkäufer ausüben kann, aber nicht muss. Der Käufer kann deshalb nicht wegen unverhältnismäßiger Kosten der Nacherfüllung sogleich die Minderung erklären, ohne dem Verkäufer Gelegenheit zur Nacherfüllung gegeben zu haben.
BGH v. 20.1.2006 – V ZR 124/05, BGH NJW 2006, 1198 = WM 2006, 1534 = ZGS 2006, 149
Ein einmal begründetes Rücktrittsrecht nach § 323 Abs. 1 BGB geht nicht dadurch unter, dass der Gläubiger
zunächst weiterhin Erfüllung verlangt.
BGH v. 24.3.2006 – V ZR 173/05, BGHZ 167, 19 = NJW 2006, 1960 = ZIP 2006, 904
Eine den Rücktritt und die Geltendmachung von Schadensersatz statt der ganzen Leistung ausschließende
unerhebliche Pflichtverletzung ist beim Kaufvertrag in der Regel zu verneinen, wenn der Verkäufer über das
Vorhandensein eines Mangels arglistig getäuscht hat.
BGH v. 29.3.2006 – VIII ZR 173/05, BGHZ 167, 40 = NJW 2006, 2250
1. Beim Verbrauchsgüterkauf (§ 474 BGB) setzt das Vorliegen eines Gewerbes und damit die Unternehmerstellung des Verkäufers nicht voraus, dass dieser mit seiner Geschäftstätigkeit die Absicht verfolgt, Gewinn
zu erzielen.
2. Die Vermutung des § 476 BGB ist grundsätzlich auch auf den Tierkauf anzuwenden. Sie kann jedoch
wegen der Art des Mangels bei bestimmten Tierkrankheiten ausgeschlossen sein; bei einer saisonal sichtbaren Allergie – hier: Sommerekzem eines Pferdes – ist dies nicht der Fall.
3. Zur Widerlegung der Vermutung des § 476 BGB bei einer Tierkrankheit.
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BGH v. 7.6.2006 – VIII ZR 209/05, BGHZ 168, 64 = NJW 2006, 2839
1. Zur Frage der arglistigen Täuschung bei einem Gebrauchtwagenkauf durch Zusicherung der Unfallfreiheit
des Fahrzeugs "ins Blaue hinein".
2. Die Nacherfüllung durch Lieferung einer anderen, mangelfreien Sache ist auch beim Stückkauf nicht von
vorneherein wegen Unmöglichkeit ausgeschlossen. Möglich ist die Ersatzlieferung nach der Vorstellung der
Parteien dann, wenn die Kaufsache im Falle ihrer Mangelhaftigkeit durch eine gleichartige und gleichwertige
ersetzt werden kann. Beim Kauf eines Gebrauchtwagens liegt es in der Regel nahe, dies zu verneinen, wenn
dem Kaufentschluss eine persönliche Besichtigung des Fahrzeugs vorangegangen ist.
BGH v. 16.8.2006 – VIII ZR 200/05, NJW 2006, 3200 = ZIP 2006, 1867
Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wird folgende Frage zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts gemäß Art. 234 EG zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Sind die Bestimmungen des Art. 3 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 oder des Art. 3 Abs. 3
Satz 3 der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter dahin auszulegen, dass
sie einer nationalen gesetzlichen Regelung entgegenstehen, die besagt, dass der Verkäufer im Falle der Herstellung des vertragsgemäßen Zustandes des Verbrauchsgutes durch Ersatzlieferung von dem Verbraucher
Wertersatz für die Nutzung des zunächst gelieferten vertragswidrigen Verbrauchsgutes verlangen kann?
BGH v. 22.11.2006 – VIII ZR 72/06, ZIP 2007, 235
1. Einem Gebrauchtwagen, der bei Gefahrübergang auf den Käufer betriebsfähig und verkehrssicher ist, fehlt
nicht deswegen die vereinbarte Beschaffenheit "fahrbereit", weil der Motor wegen eines fortschreitenden
Schadens nach einer Fahrtstrecke von höchsten 2.000 km ausgetauscht werden muss.
2. Mit der Angabe in einem Gebrauchtwagenkaufvertrag, dass das Fahrzeug "fahrbereit" ist, übernimmt der
Verkäufer nicht ohne weiteres die Gewähr im Sinne einer Haltbarkeitsgarantie (§ 443 BGB) dafür, dass das
Fahrzeug auch noch nach Gefahrübergang über einen längeren Zeitraum oder über eine längere Strecke fahrbereit bleibt (im Anschluss an BGH, Urt. v. 21. April 1993, VIII ZR 113/92, BGHZ 122, 256).
3. Schiebt beim Verkauf einer beweglichen Sache an einen Verbraucher der Verkäufer, der Unternehmer ist,
einen Verbraucher als Verkäufer vor, um die Sache unter Ausschluss der Haftung für Mängel zu verkaufen,
so richten sich Mängelrechte des Käufers nach § 475 Abs. 1 Satz 2 BGB wegen Umgehung der Bestimmungen über den Verbrauchsgüterkauf gegen den Unternehmer und nicht gegen den als Verkäufer vorgeschobenen Verbraucher (im Anschluss an Senatsurteil vom 26. Januar 2005 – VIII ZR 175/04, NJW 2005, 1039).
BGH v. 29.11.2006 – VIII ZR 92/06, BGHZ 170, 86 = NJW 2007, 694 = ZIP 2007, 583
1. Mit der Übernahme der Garantie für die Beschaffenheit einer Sache im Sinne des § 444 Alt. 2 BGB durch
den Verkäufer ist – ebenso wie mit der Übernahme einer Garantie im Sinne des § 276 Abs. 1 BGB – zumindest auch die Zusicherung einer Eigenschaft der Sache nach früherem Recht (§ 459 Abs. 2 BGB a.F.) gemeint. Die Übernahme einer Garantie setzt daher – wie früher die Zusicherung einer Eigenschaft – voraus,
dass der Verkäufer in vertragsmäßig bindender Weise die Gewähr für das Vorhandensein der vereinbarten
Beschaffenheit der Kaufsache übernimmt und damit seine Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle Folgen des
Fehlens dieser Beschaffenheit einzustehen.
2. Die Frage, ob Angaben des Verkäufers zur Laufleistung eines gebrauchten Kraftfahrzeugs lediglich als
Beschaffenheitsangabe (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB) oder aber als Beschaffenheitsgarantie (§ 444 Alt. 2 BGB)
zu werten sind, ist unter Berücksichtigung der beim Abschluss eines Kaufvertrages über ein Gebrauchtfahrzeug typischerweise gegebenen Interessenlage zu beantworten. Beim Privatkauf eines Gebrauchtfahrzeugs
ist die Angabe der Laufleistung in der Regel lediglich als Beschaffenheitsangabe und nicht als Beschaffenheitsgarantie zu verstehen. Von einer stillschweigenden Garantieübernahme kann beim Privatverkauf eines
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Gebrauchtfahrzeugs nur dann ausnahmsweise auszugehen sein, wenn über die Angabe der Laufleistung hinaus besondere Umstände vorliegen, die bei dem Käufer die berechtigte Erwartung wecken, der Verkäufer
wolle für die Laufleistung des Fahrzeugs einstehen. Alleine die Besonderheiten des Kaufs über das Internet
mittels eines von eBay zur Verfügung gestellten Bietverfahrens rechtfertigen diese Annahme nicht
3. Sind in einem Kaufvertrag zugleich eine bestimmte Beschaffenheit der Kaufsache und ein pauschaler
Ausschluss der Sachmängelhaftung vereinbart, ist dies regelmäßig dahin auszulegen, dass der Haftungsausschluss nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB), sondern nur für
solche Mängel gelten soll, die darin bestehen, dass die Sache sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB) bzw. sich nicht für die gewöhnliche Verwendung
eignet und keine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach
der Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB).
BGH v. 11.7.2007 – VIII ZR 110/06, NJW 2007, 2619 = WM 2007, 2024
1. Die Vermutung des § 476 BGB ist nicht dann mit der Art des Mangels unvereinbar, wenn der Mangel,
falls er schon bei Gefahrübergang vorgelegen hat, für den Verkäufer ebenso wie für den Käufer nicht erkennbar war. Sie setzt nicht voraus, dass der Verkäufer in Bezug auf den betreffenden Mangel bessere Erkenntnismöglichkeiten hat als der Käufer.
2. Der Käufer, der sich auf die ihm günstige Beweislastumkehr gemäß § 476 BGB beruft, muss im Streitfall
darlegen und beweisen, dass die für die Anwendung dieser Vorschrift erforderlichen Voraussetzungen eines
Verbrauchsgüterkaufs nach § 474 BGB erfüllt sind, er insbesondere beim Abschluss des Kaufvertrages als
Verbraucher im Sinne des § 13 BGB gehandelt hat.
BGH v. 18.7.2007 – VIII ZR 259/06, NJW 2007, 2621 = ZIP 2007, 1610
Zeigt sich bei einem gebrauchten Kraftfahrzeug, das ein Verbraucher von einem Unternehmer gekauft hat,
innerhalb von sechs Monaten nach der Übergabe an den Käufer ein Mangel (hier: defekte Zylinderkopfdichtung, gerissene Ventilstege) und können die dafür als ursächlich in Frage kommenden Umstände (Überhitzung des Motors infolge zu geringen Kühlmittelstands oder Überbeanspruchung) auf einen Fahr- oder Bedienungsfehler des Käufers zurückzuführen, ebenso gut aber auch bereits vor der Übergabe des Fahrzeugs an
den Käufer eingetreten sein, so begründet § 476 BGB die Vermutung, dass der Mangel bereits bei Gefahrübergang vorhanden war.
BGH v. 10.10.2007 – VIII ZR 330/06, NJW 2008, 53 = ZIP 2008, 121
1. Auch beim Kauf eines gebrauchten Kraftfahrzeugs kann der Käufer, wenn keine besonderen Umstände
vorliegen, im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB erwarten, dass das Fahrzeug keinen Unfall erlitten
hat, bei dem es zu mehr als "Bagatellschäden" gekommen ist.
2. Zur Abgrenzung zwischen einem "Bagatellschaden" und einem Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1
Satz 2 Nr. 2 BGB.
3. Ein Fahrzeug, das einen Unfall erlitten hat, bei dem es zu mehr als "Bagatellschäden" gekommen ist, ist
auch dann nicht frei von Sachmängeln im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB, wenn es nach dem Unfall fachgerecht repariert worden ist.
BGH v. 17.10.2007 – VIII ZR 251/06, NJW 2008, 214 = ZIP 2008, 606
Eine Klausel in einem vom Garantiegeber formularmäßig verwendeten Gebrauchtwagengarantievertrag, die
für den Fall, dass der Garantienehmer die vom Fahrzeughersteller vorgeschriebenen oder empfohlenen Wartungs-, Inspektions- und Pflegearbeiten nicht durchführen lässt, die Leistungspflicht des Garantiegebers unabhängig von der Ursächlichkeit für den eingetretenen Schaden ausschließt, ist wegen unangemessener Be-
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nachteiligung des Kunden unwirksam (im Anschluss an BGH, Urt. v. 24. April 1991 – VIII ZR 180/90,
NJW-RR 1991, 1013).
BGH v. 28.11.2007 – VIII ZR 16/07, ZIP 2008, 319
1. Durch den Rücktritt vom Kaufvertrag wird ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung auch insoweit nicht ausgeschlossen, als es um den Ersatz eines Nutzungsausfallschadens geht, der dadurch entstanden
ist, dass dem Käufer infolge des Mangels der Kaufsache deren Nutzung entgeht; dies gilt auch für einen infolge der Rückgabe der mangelhaften Sache entstandenen Nutzungsausfall.
2. Bei der Feststellung, ob dem Käufer durch die (aufgrund des Rücktritts erfolgte) Rückgabe der mangelhaften Sache ein Vermögensschaden wegen Nutzungsausfalls entstanden ist, sind die vermögensmäßigen Folgen des Rücktritts nach den allgemeinen Regeln zu berücksichtigen.
BGH v. 9.1.2008 – VIII ZR 210/06, ZIP 2008, 460
Der Käufer ist im Regelfall berechtigt, den Kaufpreis sofort – ohne vorherige Fristsetzung zur Nacherfüllung – zu mindern, wenn der Verkäufer ihm einen Mangel bei Abschluss des Kaufvertrages arglistig verschwiegen hat (Bestätigung von BGH NJW 2007, 835). In einem solchen Fall ist die für die Beseitigung
eines Mangels erforderliche Vertrauensgrundlage in der Regel auch dann beschädigt, wenn die Mangelbeseitigung durch einen vom Verkäufer zu beauftragenden Dritten vorzunehmen ist.
BGH v. 23.1.2008 – VIII ZR 246/06, ZIP 2008, 458
Ein unberechtigtes Mangelbeseitigungsverlangen des Käufers nach § 439 Abs. 1 BGB stellt eine zum Schadensersatz verpflichtende schuldhafte Vertragsverletzung dar, wenn der Käufer erkannt oder fahrlässig nicht
erkannt hat, dass ein Mangel der Kaufsache nicht vorliegt, sondern die Ursache für das Symptom, hinter dem
er einen Mangel vermutet, in seinem eigenen Verantwortungsbereich liegt.
BGH v. 20.2.2008 – VIII ZR 334/06
Zur Rückabwicklung eines Kfz-Kaufs mit Inzahlungnahme (Pressemitteilung des BGH; Veröffentlichung in den Fachzeitschriften erfolgt demnächst)
BGH v. 12.3.2008 – VIII ZR 253/05
Zur Sachmängelhaftung beim Verkauf eines Unfallfahrzeugs (Pressemitteilung des BGH; Veröffentlichung in den Fachzeitschriften erfolgt demnächst)
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