Universität Regensburg WS 2010/2011 Institut für Physikalische und Theoretische Chemie (IPTC) PD Dr. S.A. Baeurle, Dr. H.-J. Wittmann, M. Hammer Klausur Physikalische Chemie I, für Studierende der Biochemie, Biologie und des Lehramtes (3. Sem) 19.2.2011, 10:00-12:00 1.Aufgabe: (15 Punkte) Phasendiagramme sind Auftragungen mittels derer bei gegebenen Druck und Temperatur der Aggregatzustand einer Substanz oder eines Substanzgemisches bestimmt werden kann. a) Skizzieren Sie ein Phasendiagramm von reinem Benzol und reinem Wasser. Tragen Sie hierbei alle markanten Punkte ein. Wie erklären sich die Unterschiede in der Schmelzdruckkurve ? Geben Sie eine kurze physikalische Begründung. b) Skizzieren Sie das Phasendiagramm von reinem Wasser und eines Salzwasser-Gemisches in einer einzigen graphischen Auftragung. Wie verändert sich der Gefrierpunkt, Siedepunkt und Dampfdruck bei Zumischung des Salzes zum Wasser ? Erklären Sie anhand der Auftragung. c) Was besagt die Gibbs'sche Phasenregel für eine Reinkomponente ? Erläutern Sie anhand der Formel. 2.Aufgabe: (15 Punkte) a) Leiten Sie für die Zersetzungsreaktion von Ozon nach der Bruttogleichung: 2O3 (g) 3O2 (g) und unter der Annahme, dass atomarer Sauerstoff als reaktives Zwischenprodukt vorliegt, das Geschwindigkeitsgesetz für die Gesamtreaktion auf Basis des folgenden Mechanismus her: k1 Teilreaktion 1: O3 O2 + O k-1 Teilreaktion 2: O2 + O O3 k2 Teilreaktion 3: O3 + O 2 O2 Berücksichtigen Sie hierbei, dass ein quasistationärer Zustand für das reaktive Zwischenprodukt angenommen werden kann und dass die Teilreaktion 3 für die Gesamtreaktion geschwindigkeitsbestimmend ist. b) Was ergibt sich für die Konzentration des Zwischenprodukts unter der Annahme, dass die Teilreaktion 2 viel schneller ist als die Teilreaktion 3 ? c) Prüfen Sie ob der mit Hilfe von 2b) bestimmte Ausdruck für das Geschwindigkeitsgesetz der Gesamtreaktion im Einklang mit dem experimentell bestimmten Geschwindigkeitsgesetz ist: ν = k [O3]2/[O2] 3. Aufgabe: (25 Punkte) Die Carboanhydrase ist ein Enzym, das im menschlichen Stoffwechsel eine wichtige Rolle spielt. Es katalysiert die Hydratisierung von CO2 zu Hydrogencarbonat-Ionen in roten Blutzellen, entsprechend folgender Reaktion: CO2 (g) + H2O (l) HCO3- (aq) + H+ (aq) Für die Reaktion wurden bei pH=7.1 und einer Enzym-Gesamtkonzentration von 2.3 nmol dm -3 folgende Messwerte für die Produktbildungsgeschwindigkeit νP als Funktion der CO2Konzentration erhalten: CO2-Konzentration [mmol dm-3] 1.25 1.67 2.5 5 20 Produkbildungsgeschwindigkeit [mmol dm-3 s-1] 2.78*10-2 3.57*10-2 5*10-2 8.33*10-2 1.67*10-1 Die Carboanhydrase besitzt ein Molekulargewicht von ungefähr 30000 Dalton. a) Geben Sie ein typisches Reaktionsschema für eine Reaktion, die der Michaelis-MentenKinetik gehorcht, an und formulieren Sie die dazugehörigen differentiellen Zeitgesetze für alle Reaktionsteilnehmer. Erläutern Sie, welche Näherung zur Lösung des Gleichungssystems notwendig ist und unter welchen Bedingungen sie verwendet werden kann. b) Leiten Sie mit Hilfe der Zeitgesetze aus Teilaufgabe 3a) einen Ausdruck für die Konzentration des Zwischenproduktes und die Produktbildungsgeschwindigkeit her. c) Prüfen Sie anhand einer geeigneten Auftragung, ob obige Enzymreaktion der MichaelisMenten-Kinetik gehorcht. Wenn dies der Fall ist, bestimmen Sie für diese Enzymreaktion aus der Auftragung die Michaelis-Konstante und den Maximal-Wert der Produktbildungsgeschwindigkeit. d) Welche Wechselzahl hat das Enzym unter den angegebenen Bedingungen, wenn man davon ausgeht, dass es nur ein aktives Zentrum besitzt ? e) Wieso wird die Michaelis-Konstante auch als Halbsättigungskonzentration bezeichnet ? 4. Aufgabe: (15 Punkte) Das thermodynamische Gleichgewicht von Prozessen unter isobar-isothermen Bedingungen wird durch die Gibbs'sche Energie geeignet beschrieben. a) Warum ? Begründen Sie Ihre Antwort mathematisch. Verwenden Sie hierzu den 1. Hauptsatz der Thermodynamik für geschlossene Systeme, sowie die Definition der Gibbs'schen Energie G=H-TS und der Enthalpie H=U+pV. b) Betrachten Sie nun ein System, wo eine flüssige Phase eines Reinstoffes im Gleichgewicht mit seiner Dampfphase steht. Welche Beziehung gilt für die chemische Potentiale dieses Systems und warum ? Begründen Sie unter Verwendung der Bedingung aus 4a) für das thermodynamische Gleichgewicht eines solchen Prozesses und der 4. Gibbs'schen Fundamental-Gleichung in differentieller Form. 5. Aufgabe: (15 Punkte) Der Adsorptionsprozess von Molekülen an Katalysator-Oberflächen kann im einfachsten Fall durch die von Irving Langmuir im Jahre 1916 veröffentlichte Langmuir-Isotherme beschrieben werden. a) Geben Sie die Gleichung für die Langmuir-Isotherme in Abhängigkeit des Partialdrucks an und tragen Sie deren charakteristische Größen in ein schematisches Diagramm ein. Erläutern Sie die physikalische Bedeutung der aufgetragenen Größen. b) Wie verhält sich diese Gleichung im Grenzfall kleiner bzw. großer Partialdrücke ? c) Geben Sie ein typisches Reaktionsschema für eine Katalyse-Reaktion, welche nach dem Langmuir-Hinshelwood-Mechanismus abläuft, an. 6. Aufgabe: (15 Punkte) Betrachten Sie das folgende Dissoziationsgleichgewicht der Essigsäure, welche in Wasser nur teilweise dissoziiert vorliegt: HAc (aq) H+ (aq) + Ac- (aq) a) Formulieren Sie die Dissoziationskonstante Ka bzgl. der Aktivitäten dieser Reaktion und geben Sie ihre Abhängigkeit von den Konzentrationen der einzelnen Reaktionsteilnehmer an. b) Leiten Sie einen Ausdruck für die Dissoziationskonstante Ka für den Fall, dass eine ideale Lösung vorliegt her. Wie kann man näherungsweise ein ideale Lösung herstellen ? c) Nehmen Sie nun an, dass näherungsweise eine ideale Lösung vorliegt und dass nur der Bruchteil α an HAc-Molekülen in Lösung dissoziiert ist. Geben Sie ein Ausdruck für die Dissoziationskonstante in Bezug auf die Gesamtkonzentration an HAc-Molekülen cHAc an. d) Berücksichtigen Sie schliesslich, dass der Dissoziationsgrad über α = Λm/Λm0 mit Λm als die molare Leitfähigkeit und Λm0 als die molare Grenzleitfähigkeit bei unendlicher Verdünnung definiert werden kann. Geben Sie unter Verwendung dieser Beziehung einen Ausdruck für die Abhängigkeit der Dissoziationskonstanten von der molaren Leitfähigkeit an. Wie nennt sich dieses Gesetz ? Konstanten: Gaskonstante R=8.31441 J K-1 mol-1 , Avogadro-Konstante NA=6.02205*1023 mol-1, Boltzmann-Konstante kB=1.38066*10-23 J K-1, mu=1.66056*10-27 kg, 1 Dalton = 1,6601*10-27 kg Hinweis: 1. Wiederholungsklausur PC1, Sa 19.3.2011, 10:00-12:00, H43+H44