Einfluss N-terminaler Peptide des Glykoproteins E2 von GB-Virus C auf die HIV-Replikation Der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg zur Erlangung des Doktorgrades Dr. rer. nat. vorgelegt von Yvonne Ködel aus Worms Als Dissertation genehmigt von der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Tag der mündlichen Prüfung: 29. Juli 2011 Vorsitzender der Promotionskommision: Prof. Dr. Rainer Fink Erstberichterstatterin: Prof. Dr. Jutta Eichler Zweitberichterstatter: Prof. Dr. Bernhard Fleckenstein Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis A. Zusammenfassung ............................................................................................................... 5 B. Einleitung ............................................................................................................................. 7 1. Entdeckung des GB-Virus C (GBV-C).............................................................................. 7 2. Klinik und Prävalenz von GBV-C ..................................................................................... 7 3. Taxonomie der Flaviviridae............................................................................................... 8 4. Interferenz von GBV-C mit dem Humanen Immundefizienzvirus (HIV) ....................... 10 5. Aufbau und Genomstruktur von GBV-C ......................................................................... 10 6. Zelltropismus von GBV-C ............................................................................................... 11 7. Die Strukturproteine von GBV-C .................................................................................... 12 8. HIV-Entry-Mechanismus ................................................................................................. 13 9. Virale Glykoproteine und Membranfusion ...................................................................... 15 10. Pseudotypisierte HIV-Reporterviren.............................................................................. 16 C. Ziel der Arbeit ................................................................................................................... 18 D. Material .............................................................................................................................. 19 1. Zellen und Zelllinien ........................................................................................................ 19 2. Bakterienstämme .............................................................................................................. 19 3. Virusstämme und Pseudotypen ........................................................................................ 19 4. Expressionsplasmide ........................................................................................................ 20 5. Antikörper ........................................................................................................................ 21 6. Reagenzien ....................................................................................................................... 21 7. Kits ................................................................................................................................... 22 8. Medien für Bakterienkulturen .......................................................................................... 22 9. Medien für Zellkulturen ................................................................................................... 22 10. Puffer und Lösungen ...................................................................................................... 23 11. Peptide............................................................................................................................ 25 12. Verbrauchsmittel ............................................................................................................ 27 E. Methoden............................................................................................................................ 28 1. Zellkultur.......................................................................................................................... 28 2. Transfektionsverfahren..................................................................................................... 28 3. Pseudotypisierung von HIV-Reporterpartikeln................................................................ 29 4. Virusanzucht..................................................................................................................... 30 Inhaltsverzeichnis 5. Isolierung von Lymphozyten aus peripherem Blut .......................................................... 30 6. Inkubation mit rekombinantem Glykoprotein.................................................................. 31 7. Replikationsversuche mit HIV-Reporterviren ................................................................. 31 8. Replikationsversuche mit HIV-Wildtypstämmen ............................................................ 33 9. Bestimmung der Peptid-Aktivität..................................................................................... 33 10. Immunoblotting.............................................................................................................. 33 11. Affinitätschromatographie ............................................................................................. 35 12. Hämolyse-Test ............................................................................................................... 35 13. Proliferations-Assay ....................................................................................................... 36 F. Ergebnisse........................................................................................................................... 37 1. Die inhibitorische Wirkung des GBV-C-Glykoproteins E2 auf die HIV-Replikation .... 37 2. Inititale Suche nach HIV-inhibitorischen Domänen durch Peptidscanning..................... 40 3. Eingrenzung der HIV-inhibitorischen Domäne und Identifizierung der wirksamsten E2-Peptide ............................................................................................................................ 46 4. Aktivität unterschiedlich modifizierter E2-Peptide.......................................................... 49 5. Inhibitorische Potenz der E2-Peptide auf verschiedenen Stämmen von Immundefizienviren ............................................................................................................. 51 6. Angriffspunkte der E2-Peptide im HIV-Replikationszyklus ........................................... 56 7. Zielstrukturen der E2-Peptide .......................................................................................... 57 G. Diskussion .......................................................................................................................... 61 1. N-terminale Peptide des GBV-C Glykoproteins E2 hemmen die HIV-Replikation........ 61 2. HIV-Isolate unterscheiden sich in ihrer E2-Reaktivität ................................................... 63 3. E2-Peptide hemmen den HIV-Entry durch Interaktion mit dem Viruspartikel ............... 68 H. Anhang ............................................................................................................................... 71 1. Vektorkarten..................................................................................................................... 71 2. Abkürzungsverzeichnis .................................................................................................... 74 I. Literaturverzeichnis ........................................................................................................... 77 A - Zusammenfassung A - Zusammenfassung Das nicht-humanpathogene GB-Virus C (GBV-C), ein Mitglied der Flaviviridae, ist in Individuen mit parenteralen oder sexuellen Risikofaktoren weit verbreitet. Bei HIV-Patienten korreliert eine persistierende GBV-C-Virämie mit einer erhöhten Überlebensrate und einer verlangsamten Progression zu AIDS. In früheren Studien wurde gezeigt, dass das E2Glykoprotein von GBV-C die Replikation von HIV-1 hemmen kann, indem es den Eintritt des Virus in die Zelle (Entry) beeinflusst. In der vorliegenden Arbeit sollte untersucht werden, welche Region(en) in E2 diese antivirale Aktivität vermittelt. Dazu wurden überlappende, von E2 abgeleitete Peptide entwickelt und in Replikationsversuchen mit HIV auf ihre inhibitorische Wirkung untersucht. Dabei wurde eine Region im N-Terminus von E2 identifiziert, die eine effiziente Inhibition der HIV-Replikation vermittelt. Diese inhibitorische Domäne konnte auf die Aminosäuren 29 bis 72 des E2-Proteins eingegrenzt werden. In diesem Bereich konnten zwei Peptide identifiziert werden, die äußerst potent die HIVReplikation unterdrücken können: P4-7 (AS 37 bis 56) und P6-2 (AS 45 bis 64). Experimente mit modifizierten Varianten dieser Peptide zeigten, dass die Veränderung der linearen Peptidsequenz zu einer Erniedrigung der antiviralen Aktivität führte. Der Austausch der Cysteinreste in den Peptiden gegen Serinreste führte zu einem nahezu kompletten Verlust der HIV-inhibitorischen Wirkung bei getesteten Peptidendkonzentrationen bis 100 µM. In weiteren Experimenten zur HIV-inhibitorischen Potenz der E2-Peptide zeigten die Peptide P6-2 (AS 45 bis 64) und P4762 (AS 37 bis 64) die stärkste antivirale Aktivität. In Replikationsversuchen auf einer HIV-Reporterzelllinie (TZM-bl) erreichten diese Peptide mit diversen HIV-Primärisolaten von Subtyp A bis H IC50-Werte im niedrigen mikromolaren Bereich zwischen 0,1 und 2 µM. Es zeigte sich jedoch, dass die verschiedenen HIVPrimärisolate unterschiedlich sensitiv für E2-Peptide sind. Während die Replikation einiger Stämme äußerst effizient hemmbar war, zeigten andere Stämme nur eine sehr schwache oder keine Reaktivität. Die Sensitivität für E2-Peptide konnte jedoch nicht klar mit dem Korezeptortropismus oder HIV-Subtyp in Korrelation gebracht werden. Untersuchungen mit pseudotypisierten HIV-Reporterpartikeln ergaben, dass die Sensitivität der HIV-Isolate durch das gp120/gp41-Hüllprotein bestimmt wird. Dabei wurden Viren verwendet, die mit Hüllproteinen des X4-tropen HIV-Stamms HxB2 bzw. des R5-tropen HIV-Stamms ADA (beide Subtyp B) pseudotypisiert waren. Weiterhin wurden HIV-Partikel untersucht, die das heterologe G-Hüllprotein des Vesikulären Stomatitis-Virus tragen, welche über einen HIVunabhängigen Weg durch Endozytose in die Wirtszelle eindringen. Mit diesen verschieden 5 A - Zusammenfassung pseudotypisierten HIV-Partikeln konnte der Einfluss von E2-Peptiden auf frühe Replikationsschritte gezielt untersucht werden. Dafür wurden jeweils HIV-suszeptible Zellen bzw. pseudotypisierte HIV-Reporterpartikel mit E2-Peptiden inkubiert und überschüssige Reagenzien anschließend durch intensive Waschschritte entfernt. Dabei konnte gezeigt werden, dass die von E2 abgeleiteten Peptide spezifisch Virusbindung und/oder Membranfusion durch direkte Interaktion mit dem Viruspartikel beeinflussen. In HämolyseTests wurde außerdem gezeigt, dass E2-Peptide die HIV-vermittelte Lyse von Erythrozyten hemmen können. Somit wurde ein neuer Mechanismus der viralen Interferenz zwischen GBV-C und HIV-1 aufgedeckt. Dabei werden die frühen Schritte der HIV-Infektion gezielt durch Interaktion des GBV-C-Glykoproteins E2 mit HIV-Partikeln unterdrückt. 6 B - Einleitung B - Einleitung 1. Entdeckung des GB-Virus C (GBV-C) Das GB-Virus C (GBV-C) wurde Mitte der 1990er Jahr von zwei verschiedenen Gruppen unabhängig voneinander identifiziert. Nach der Entdeckung des Hepatitis C-Virus (HCV) konnten viele Hepatitiden keinem Virus zugeordnet werden. Etwa 10-20% der Patienten mit Non-A,Non-B-Hepatitis schienen nicht mit HCV infiziert zu sein und man suchte daher einen Hepatitisauslöser, der keiner dieser drei Virusgenera zuzuschreiben war. (Simons et al. 1995, Linnen et al. 1996). Dank verbesserter Untersuchungsmethoden konnten schließlich neue Hepatitisviren entdeckt werden. Im Zuge dessen identifizierte die Firma Genelabs ein zu HCV verwandtes Virus aus einem Patienten mit Non-A-E-Hepatitis und nannten diesen Erreger Hepatitis G-Virus G (HGV) (Simons et al. 1995). In den Forschungslaboratorien von Abbott wurden gleichzeitig zwei Viren in Seidenäffchen identifiziert, die zuvor mit Serum eines Non-A,Non-B-Hepatitis-Patienten beimpft worden waren. Sie entwickelten daraufhin eine fulminante Hepatitis. Diese identifizierten Viren zeigten eine große Homologie zu HCV und wurden in Bezug auf die Initialen den Patienten (G.B.) als GB-Virus A und B (GBV-A, GBV-B) benannt (Schaluder et al. 1995). GBV-A und GBV-B wurden jedoch nicht im Menschen gefunden. Die Verwendung von degenerierten Primern ermöglichte es, ein eng verwandtes Virus im Menschen zu identifizieren, welches sie GBV-C nannten (Simons et al. 1995). Spätere Sequenzanalysen zeigten, dass HGV und GBV-C zwei Isolate desselben Virus sind (Leary et al. 1996, Alter 1996). 2. Klinik und Prävalenz von GBV-C Trotz zahlreicher Studien, die sich mit der Assoziation von GBV-C mit akuter oder chronischer Hepatitis beschäftigten, konnte kein kausaler Zusammenhang zwischen einer GBV-C-Infektion und Hepatitis hergestellt werden (Alter et al. 1997, Stapleton 2003). Aufgrund dessen wird GBV-C als nicht-humanpathogenes Virus angesehen. GBV-C ist wie HCV weltweit verbreitet und kann im Menschen persistieren (Lefrere et al. 1997). Eine GBV-C-Infektion kommt häufig vor: in Industrienationen tragen etwa 1-5% der gesunden Blutspender GBV-C-Viren im Blut. In Entwicklungsländern ist die Prävalenz der GBV-CInfektion entsprechend höher (Abb. 1.). Wiederum signifikant erhöht ist die Prävalenz in Individuen, die bereits eine sexuell oder über Blut übertragbare Infektion tragen: bei HCVInfizierten liegt die GBV-C-Prävalenz bei ca. 20-30%, bei HIV-Infizierten bei 30-40% (Mohr and Stapleton 2009). 7 B - Einleitung Eine akute GBV-C-Virämie wird durch Detektion von viraler RNA im Serum oder Plasma mittels RT-PCR bestimmt, während eine frühere Infektion durch Anwesenheit von GBV-C E2-Antikörpern nachgewiesen wird. E2-Antikörper haben neutralisierende Wirkung und die Fähigkeit, eine existierende GBV-C-Infektion zu eliminieren. Der Verlust der Virämie korreliert zeitlich mit dem Auftreten von E2-Antikörpern. Es wird daher angenommen, dass ca. 75% der GBV-C-Infektionen in Immunkompetenten innerhalb von zwei Jahren durch E2Antikörper neutralisiert werden (Alter et al. 1997, Mohr and Stapleton 2009). Dies gilt jedoch nicht für Patienten mit geschwächtem Immunsystem. Während beispielsweise bei gesunden Blutspendern das Verhältnis E2-Antikörper:Virämie 6:1 beträgt, liegt dieses Verhältnis bei HIV-Patienten nur bei 2:1 (Williams et al. 2004). Außerdem ist die GBV-C-Infektion verglichen mit einer HCV-Infektion weniger persistent. Die Zahl der virämischen HCVPatienten ist viermal höher als die Zahl der Patienten mit HCV-Antikörpern (Antikörper:Viramie-Verhältnis 1:4) (Mohr and Stapleton 2009, Alter 1997) Abbildung 1: GBV-C-Prävalenzraten in verschiedenen Regionen der Welt. Die GBV-C-Virämie wurde in gesunden Blutspendern mittels RT-PCR bestimmt. Die Prävalenz für GBV-C-RNA liegt zwischen 0,5 und 5% in Industrienationen, verglichen mit 5 bis 18,9% in Entwicklungsländern. * Karibik (West-Indische Inseln). (Mohr and Stapleton 2009) 3. Taxonomie der Flaviviridae Ausgehend von Nukleotidsequenz und Genomorganisation wurde GBV-C in die Familie der Flaviviridae eingeordnet. Diese Virusfamilie unterteilt sich in drei Genera: Flavi-, Pesti- und Hepaciviren (Abb. 2). GBV wird offiziell keinem dieser Genera zugeordnet. Aktuell wird die Zuordnung von GBV-A, GBV-C und dem neu identifizierten GBV-D (Epstein et al. 2010) zu einem eigenen Genus vorgeschlagen: den Pegiviren. Dieser Name soll die persistente Infektion der GB-Viren widerspiegeln (Pe) sowie die Verwandtschaft zu ‚GB’-Agenzien und dem Hepatitis G-Virus (G). GBV-B induziert als einziges GB-Virus tatsächlich Hepatitis in 8 B - Einleitung Neuweltaffen und wird als GB-Virus den Hepaciviren zugeordnet. Alle anderen GB-Viren sollen nach ihrem Wirtsspektrum benannt werden. GBV-C würde dann als Humanes Pegivirus (HPgV) bezeichnet werden. Die Vorschläge zur Klassifizierung dieser Viren wird dem International Commitee on Taxonomy of Viruses (ICTV) zur Begutachtung vorgelegt (Stapleton et al. 2010). Abbildung 2: Phylogenetischer Stammbaum der Flaviviridae. Phylogenetische Verwandtschaft der RNA-Polymerasesequenz verschiedener Flaviviridae. Es sind drei Genera der Flaviviren (Flavi-, Hepaci- und Pestivrien) sowie die unklassifizierten GB-Viren (unassigned) dargestellt. Der Stammbaum zeigt sechs repräsentative Vertreter der Hepatitis C-Viren (HCV), fünf GBV-C-Isolate, eine GBV-C-Variante aus Schimpansen (troglodyte) und vier GBV-A-Genotypen. Weitere Vetreter der Flavivirirdae: BVDV (Bovines Virusdiarrhoe-Virus), YFV (Gelbfiebervirus), TBEV (Tick-Borne Enzephalitis-Virus), DV (Dengue-Virus) und JEV (Japanisches Enzephalitits-Virus). (Mohr and Stapleton 2009) Phylogenetische Analysen haben gezeigt, dass GBV-C in mehrere Genotypen untergliedert werden kann. Die geografische Verteilung der Genotypen weist auf eine lange evolutionäre Geschichte hin. Es zeigten sich Parallelen zu frühgeschichtlichen Völkerwanderungen ausgehend von Afrika auf andere Kontinente. Der Genotyp 1 ist hauptsächlich in Afrika zu finden. Genotyp 2 ist vorwiegend in Europa und Nordamerika vertreten. In Nordasien und Ureinwohnern Südamerikas ist meist der Genotyp 3 zu finden, während Genotyp 4 in Südasien vorherrscht (Smith et al. 1997, Naito and Abe 2001). Eine Analyse der E2-Genregion verschiedener Isolate aus Südafrika deutet auf die Existenz eines Genotyps 5 hin (Tucker and Smuts 2000, Sathar et al. 1999, Muerhoff et al. 2005). Eine japanische Studie berichtet außerdem von einer Unterteilung des Genotyps 1 in fünf Subtypen (1a-e) sowie des Genotyps 2 in zwei Subtypen (2a und 2b) (Liu et al. 2003). Neuere Analysen deuten darüber hinaus auf die Existenz eines sechsten Genotyps hin (Muerhoff et al. 2006). 9 B - Einleitung 4. Interferenz von GBV-C mit dem Humanen Immundefizienzvirus (HIV) Aufgrund vergleichbarer Übertragungswege wurde der Einfluss von GBV-C auf eine bestehende HIV-Infektion in einer Reihe epidemiologischer Studien untersucht. Dabei zeigte sich, dass eine bestehende GBV-C-Koinfektion bei HIV-Patienten mit einer höheren Überlebenswahrscheinlichkeit assoziiert ist (Toyoda et al. 1998, Heringlake et al. 1998, Devereux et al. 1998, Lefrere et al. 1999, Yeo et al. 2000, Xiang et al. 2001, Tillmann et al. 2001, Williams et al. 2004). Es konnte außerdem gezeigt werden, dass der HIV-supprimierende Effekt bei solchen Patienten am stärksten ausgeprägt ist, die eine persistierende GBV-C-Virämie aufweisen. Aber auch die Eliminierung der GBV-C-Infektion durch Bildung von E2-Antikörpern ist im Vergleich zu HIV-positiven Patienten, die nie mit GBV-C in Kontakt gekommen sind, mit einer deutlich verlangsamten Progression zu AIDS assoziiert (Williams et al. 2004, Tillmann et al. 2001). Im Gegensatz dazu scheint die Eliminierung einer GBV-C-Virämie ohne Bildung neutralisierender E2-Antikörper mit einem rascheren Verlauf der HIV-Infektion und einer schnelleren Progression zu AIDS zu korrelieren (Williams et al. 2004, Björkman et al. 2003, Van der Bij et al. 2005). 5. Aufbau und Genomstruktur von GBV-C Die Morphologie von GBV-C ist bisher wenig untersucht. Infektiöse Partikel anderer Flaviviridae besitzen sphärische Kapside mit einem Durchmesser von 40–50 nm. Das Kapsid wird vom viralen C-Protein gebildet. Die Existenz des entsprechenden kodierenden Bereichs konnte bei GBV-C noch nicht eindeutig geklärt werden. Er wird jedoch am 5’-Ende in der nichttranslatierten Region (NTR) vermutet. Das Kapsid ist außerdem von einer Hüllmembran umgeben, in die virale Strukturproteine eingelagert sind. Das Genom besteht aus einer einzelsträngigen RNA mit Plusstrangorientierung von etwa 9,4 kb Länge, die am 5’- und 3’-Ende von nicht-kodierenden Bereichen (NTR) flankiert wird (Abb. 3). Im 5’-NTR befindet sich eine internal ribosomal entry site (IRES), an der die Translation von Polyproteinen initiiert wird. Im Gegensatz zu HCV besitzt der 3’-NTR von GBV-C keinen poly(A)- oder poly(U)-Schwanz (Xiang et al. 2000). Translation und Proteinprozessierung von HCV sind experimentell belegt. Aussagen zur Prozessierung von GBV-C beruhen größtenteils auf Voraussagen, denen Sequenzvergleiche mit HCV zugrunde liegen. So wird angenommen, dass das GBV-C-Polyprotein durch zelluläre und virale Proteasen posttranslational prozessiert wird. Im 5’-Bereich sind die Glykoproteine E1 und E2 kodiert, die als Heterodimere in die Hülle des Viruspartikels eingelagert werden. Diese werden ebenso wie p5.6 vermutlich analog zu HCV durch zelluläre Signalpeptidasen prozessiert (Leary et al. 1996). Von p5.6 10 B - Einleitung Nichtstruktur‐Gene Struktur‐Gene p5.6 C‐Protein? E1 TM 5‘ NTR E2 TM NS2 NS3 NS4A NS4B NS5A NS5B 3‘ NTR (+)ssRNA 25 198 40 aa 1 aa 340 Abbildung 3: Genomorganisation von GBV-C. Die Abbildung zeigt den offenen Leserahmen von GBV-C, der am 5‘- und 3‘-Ende von nichttranslatierten Regionen (NTR) flankiert wird. E1 und E2 bilden als Heterodimere die Hüllproteine des Viruspartikels. P5.6 scheint ein Ionenkanal zu sein. Daran schließen sich die Nicht-Strukturproteine an: NS2 (Thiolprotease), NS3 (Protease und Helikase), NS4A und NS4B (Proteasekofaktoren), NS5A (interferonsensitiver Bereich) und NS5B (RNA-abhängige RNA-Polymerase). Die Existenz des kodierenden Bereichs für das C-protein konnte noch nicht eindeutig geklärt werden. Glycosylierungsstellen in E2. wird angenommen, dass es wie p7 von HCV einen Ionenkanal bildet (Penin et al. 2004, Griffin et al. 2003). Im 3’-Bereich der viralen RNA befinden sich die Nicht-Strukturproteine (NS) NS2, NS3, NS4A und B sowie NS5A und B. NS2, NS3 und NS4A besitzen Proteaseaktivität und sind für die Prozessierung der NS-Proteine verantwortlich (Belyaev et al. 1998). NS3 fungiert außerdem als Helikase und NTPase (Leary et al. 1996). NS4A und B sind Kofaktoren der Protease und an der Replikation beteiligt. Bei NS5A handelt es sich um ein Regulatorprotein, das wahrscheinlich die Umschaltung zwischen Replikation und Translation reguliert. Zusätzlich vermittelt NS5A Interferonresistenz und ist an der Unterdrückung von HIV-1 beteiligt (Prof. Thomas Pietschmann, persönliche Mitteilung, Chang et al. 2007, Xiang et al. 2006). NS5B stellt die virale RNA-abhängige RNAPolymerase dar. 6. Zelltropismus von GBV-C Ursprünglich wurde angenommen, dass GBV-C, vergleichbar mit HCV, in der Leber repliziert. Es wurde berichtet, dass Negativstrang-RNA von GBV-C in Lebergewebe nachgewiesen werden konnte, was auf eine aktive Replikation des Virus hindeutete (Madejon et al. 1997, Saito et al. 1997). Der Vergleich der RNA-Mengen von HCV und GBV-C in der Leber zeigte jedoch, dass HCV vorwiegend im Lebergewebe zu finden ist, während GBV-CTranskripte in großer Zahl im Serum zu finden waren. Aufgrund eines Leber:SerumVerhältnisses von GBV-C-RNA von <1 geht man davon aus, dass es sich bei der im Lebergewebe detektierten RNA um Serumkontaminationen handelte (Pessoa et al. 1998). 11 B - Einleitung Weiterhin war es Laskus et al. nicht möglich, Negativstrang-RNA von GBV-C in der Leber nachzuweisen (Laskus et al. 1997). Hinzu kommt, dass die GBV-C-RNA-Menge im Serum nach Lebertransplantation stagniert, obwohl HCV-RNA in diesem Fall in aller Regel in geringeren Mengen nachzuweisen ist (Mohr and Stapleton 2009). Dies spricht für eine GBV-C-Replikation außerhalb von Lebergeweben. Tatsächlich repliziert GBV-C in Lymphozyten. GBV-C-RNA konnte in T- und B-Lymphozyten, die GBV-C-positiven Patienten entnommen wurden, nachgewiesen und produziert werden (George et al. 2006, Mellor et al. 1998). GBV-C-RNA ist sowohl in CD4+ als auch CD8+ T-Lymphozyten nachweisbar, humane periphere mononukleäre Blutzellen (peripheral blood mononuclear cells, PBMC) sind das Standard-Zellkultursystem zur in vitro-Anzucht von GBV-C. Das Virus wird daher als lymphotrop angesehen. Fraglich ist jedoch, warum Negativstrang-RNA in manchen Fällen kaum oder garnicht in den PBMC von Infizierten nachgewiesen werden kann (Mellor et al. 1998). Es konnten aber RNA-Transkripte im Knochenmark und der Milz nachgewiesen werden (Laskus et al. 1998). Dies spricht für eine lymphozytoide Vorläuferzelle als Primärort der GBV-C-Replikation. Vergleichbar zu anderen lymphotropen Viren wird auch GBV-C über Blut, vertikal und sexuell übertragen (Stapleton 2003). 7. Die Strukturproteine von GBV-C Die Strukturproteine E1 und E2 werden durch zelluläre Signalpeptidasen von dem Polyprotein abgespalten. Die Proteine werden in das Endoplasmatische Reticulum (ER) transportiert und dort glykosyliert. Bei E1 und E2 handelt es sich um Typ-ITransmembranproteine mit einer Transmembrandomäne (Mohr and Stapleton 2009). E1 ist ohne Glykosylierung schätzungsweise 20,7 kDa, E2 circa 41,8 kDa groß. Beide Proteine sind N-glycosyliert: E1 besitzt eine, E2 drei Glykosylierungsstellen. Beide Proteine werden als Heterodimere in die Hüllmembran des Viruspartikels eingebaut. E2 ist außerdem an der Zellbindung beteiligt, zelluläre Rezeptoren konnten bis heute jedoch noch nicht eindeutig identifiziert werden (Nattermann et al. 2004, Kaufman et al. 2007). Unsere Gruppe konnte zeigen, dass das Glykoprotein E2 maßgeblich an der Hemmung der HIV-Replikation beteiligt ist. Das E2-Protein beeinflusst frühe Replikationsschritte wie Zellbindung und/oder den Eintritt des Virus in die Zelle (Entry). Der inhibitorische Effekt ist dosisabhängig. In PBMC, die mit GBV-C-RNA transfiziert wurden, die sowohl für E2 als auch E1, NS2 und NS3 kodiert, wird die Sekretion von löslichen Faktoren wie RANTES, MIP-1α und MIP-1β induziert. Diese Chemokine sind natürliche Liganden des HIVKorezeptors CCR5, welcher in dieser Studie herunterreguliert wurde. Auch die Inkubation 12 B - Einleitung von PBMC mit E2 vor Infektion führte zu einer Hemmung der HIV-Replikation (Jung et al. 2005, Jung et al. 2007). 2005 wurde in biophysikalischen Analysen ein von E2 abgeleitetes Peptid identifiziert, bei dem es sich vermutlich um das Fusionspeptid von E2 handelt (Larios et al. 2005). Dieses Peptid bildet eine helikale Struktur aus, die leicht in Membranen eindringen und diese destabilisieren kann (Mazzini et al. 2007). Die Gruppe von Haro und Mitarbeitern konnte außerdem im Modellsystem zeigen, dass das Peptid E2(269-286) mit dem Fusionspeptid (FP) von HIV-1 gp41 interagiert und die durch gp41-FP vermittelte Destabilisierung von Modellvesikeln hemmt (Herrera et al. 2009). Neueste Ergebnisse dieser Gruppe zeigen, dass eine Reihe von E2-Peptiden die HIV-Replikation in vitro hemmen kann (Herrera et al. 2010). 8. HIV-Entry-Mechanismus Der Eintritt von HIV in Wirtszellen ist ein komplexer Prozess aus mehreren verschiedenen Schritten: die Anlagerung an Zellen gefolgt von CD4-Bindung, die Bindung an Korezeptoren und anschließende Membranfusion. Die initiale Interaktion zwischen HIV und Wirtszellen kommt durch unspezifische Wechselwirkungen zwischen positiv geladenen Domänen des HIV-Hüllproteins gp120 und negativ geladenen Proteoglycanen der Zellmembran oder durch spezifische Wechselwirkungen mit lectin-bindenen Proteinen auf der Zelloberfläche (z.B. DC-SIGN) zustande (Mondor et al. 1998, Moulard et al. 2000, Tilton and Doms 2010, Pohlmann et al. 2001). Diese Faktoren sind nicht essentiell für eine erfolgreiche Infektion, erhöhen aber deren Effektivität (Tilton and Doms 2010, Geijtenbeek et al. 2000). Der Primärrezeptor für HIV ist CD4, ein Vertreter der Immunglobulin-Superfamilie. Die Interaktion von HIV mit CD4 wird über konservierte Strukturen auf gp120 vermittelt (Kwong et al. 1998). Nach Bindung an CD4 durchläuft gp120 etliche Konformationsänderungen. Zunächst wird eine Reihe von ß-Faltblattstrukturen umgefaltet und es kommt zur Bildung einer viersträngigen ß-Faltblatt-Minidomäne, das sogenannte bridging sheet (Kwong et al. 1998, Tilton and Doms 2010, Chen et al. 2005). Anschließend falten sich die variablen Regionen von gp120 (V1/V2- und V3-Schleife) um und werden somit exponiert. Außerdem werden bridging sheet und V3-Schleife in Richtung der Zellmembran ausgerichtet, wodurch sie mit dem Korezeptor interagieren können (Huang et al. 2005, Trkola et al. 1996, Wu et al. 1996). Die primären Korezeptoren für HIV-1 sind die Chemokinrezeptoren CCR5 und CXCR4. Diese Proteine besitzen sieben Transmembranhelices, einen extrazellulären N-Terminus und drei extrazelluläre Schleifen (extracellular loops, ECL), die eine Tasche ausbilden. In CCR5 interagieren diese räumlich getrennten Domänen mit bestimmten 13 B - Einleitung Regionen von gp120: der N-Terminus des Chemokinrezeptors bindet das bridging sheet und die V3-Schleife, die zweite extrazelluläre Schleife von CCR5 interagiert mit der Spitze der V3-Region (zusammengefasst in Tilton and Doms 2010). Die Bindung von gp120 an CXCR4 verläuft in ähnlicher Weise. Die V3-Schleife von X4-tropen Viren scheint jedoch stärker positiv geladen zu sein (Fouchier et al. 1992, Tilton and Doms 2010). Die Bindung an den Korezeptor führt zu weiteren Konformationsänderungen, die zur Freilegung und Insertion des gp41-Fusionspeptids (gp41-FP) in die Zellmembran führen. Nach Eindringen des gp41-FP in die Membran kommt es zu Umformungen in den heptad-repeat-Regionen HR1 und HR2 von gp41, die zur Bildung des six-helix-bundles führen. Dabei bilden die drei HR1-Domänen eine innere coiled-coil-Struktur, um die sich die drei HR2-Domänen winden (Chan et al. 1997, Weissenhorn et al. 1997). Diese Umlagerungen bringen die Transmembrandomäne von gp41 in direkte Nähe des gp41-FP in der Zellmembran. Dadurch werden Virus- und Zellmembran in Kontakt gebracht, so dass sich eine Fusionspore ausbilden kann, die dann den Eintritt des HIV-Kapsids in die Wirtszelle ermöglicht. Neuere Studien weisen außerdem darauf hin, dass Endozytose von Viruspartikeln für die volle Fusion mitverantwortlich ist (Miyauchi et al. 2009). Abbildung 4: Schematische Darstellung des Eintritts von HIV in die Wirtszelle. Das gp120 von HIV interagiert mit dem zellulären Rezeptor CD4, was zu diversen Konformationsänderungen führt. Dadurch werden die variablen Schleifen des gp120 umgelagert und können so mit den Korezeptoren CXCR4 bzw. CCR5 in Verbindung treten. Durch weitere Strukturänderungen wird so das Fusionspeptid von gp41 freigelegt, welches so in die Zellmembran eindringen kann. Es kommt dadurch zu Umlagerungen im gp41, der Ausbildung des six-helix-bundles. Dadurch werden Virus- und Zellmembran in direkte räumliche Nähe gebracht, was die Ausbildung einer Fusionspore und den Eintritt des HIV-Kapsids in die Wirtszelle ermöglicht. Quelle: http://www.microbiologybytes.com/blog/2006/08/ 14 B - Einleitung 9. Virale Glykoproteine und Membranfusion Die Glykoproteine umhüllter Viren können mit der Wirtszellmembran interagieren und diese destabilisieren, um so den Eintritt des Viruskapsids in die Zelle zu ermöglichen. Obwohl virale Glykoproteine sehr unterschiedliche Strukturen besitzen, wirken sie doch über vergleichbare Mechanismen. Abhängig von der Virusfamilie findet die Fusion entweder an der Plasmamembran statt, wo durch Rezeptorbindung verschiedene Konformationsänderungen in den Proteinen ausgelöst werden, oder in Endosomen, wenn Viren über Endozytose aufgenommen werden. Diese Umstrukturierungen führen zur Freilegung von hydrophoben Peptiden oder Strukturen (sog. Fusionspeptiden), die mit einer oder beiden Membranen interagieren und sie destabilisieren können. Dies geschieht über Bildung einer stabilen Haarnadelstruktur, die Transmembrandomänen und Fusionspeptide in räumliche Nähe bringen und so Wechselwirkungen zwischen den Membranen ermöglichen (Weissenhorn et al. 2007). Man unterscheidet drei Klassen viraler Fusionsproteine. Klasse IFusionsproteine sind durch trimere Haarnadelstrukturen und eine zentrale, helikale coiledcoil-Struktur gekennzeichnet. Zu dieser Gruppe der Klasse I-Fusionsproteine gehört z.B. das HIV-1 gp41. Das E-Protein von Denguevirus 2 und 3 ist ein Vertreter der Klasse IIFusionsproteine. Sie bestehen aus trimeren Haarnadel- und ß-Faltblattstrukturen (Harrison 2005, Kielian and Rey 2006, Stiasny and Heinz 2006). Klasse III-Fusionsproteine bilden ebenfalls trimere Haarnadelstrukturen aus. Sie vereinen zudem Charakteristika von Klasse Iund II-Fusionsproteinen, indem sie sowohl α-helikale als auch ß-Faltblattstrukturen beinhalten (Roche et al. 2006, Heldwein et al. 2006). Ein gut untersuchter Vertreter der Klasse III-Fusionsproteine ist das G-Protein des Vesikulären Stomatitis-Virus. Trotz struktureller Unterschiede verlaufen einige Schritte der glykoproteinvermittelten Fusion ähnlich. Durch die Aktivierung während der Rezeptorbindung oder durch die Ansäuerung in Endosomen wird das Fusionspeptid freigelegt, was zur initialen Interaktion mit der Zielmembran führt. Anschließende Umfaltungen führen zur Bildung einer Post-FusionProteinstruktur, bei der äußere Bereiche über den inneren Kern gestülpt werden. So werden die Membranen gegeneinander ausgerichtet. In einem weiteren Rückfaltungsprozess von membrannahen und Transmembranregionen werden die Membranen zusammengebracht und verschmelzen miteinander, was nun die anschließende Einschleusung der viralen Kapside in die Wirtszelle ermöglicht (Wharton et al. 1995, Gibbons et al. 2003). 15 B - Einleitung 10. Pseudotypisierte HIV-Reporterviren Pseudotypisierte HIV-Partikel ermöglichen die Untersuchung der HIV-Replikation auf einer Vielzahl von HIV-suszeptiblen Zellen. Sie sind insbesondere ein adäquates Mittel, um Einflüsse auf frühe Replikationsschritte zu untersuchen, da unterschiedliche HIVHüllproteine eingebaut werden können. Zusätzlich kann man den HIV-spezifischen Eintritt in die Zelle umgehen, indem man die HIV-Partikel mit heterologen Hüllproteinen anderer umhüllter Virustypen pseudotypisiert. Des Weiteren enthalten HIV-Reporterpartikel ein Reportergen, dessen Expression in Zellkultur leicht quantifizierbar ist. Die in dieser Arbeit verwendeten Reporterviren enthalten ein Luciferasegen. Das transfizierte HIV-Genom enthält das Luciferase-Reportergen, aber keine intakte Information für das env-Hüllprotein. Ein für das entsprechende Hüllprotein kodierendes Expressionsplasmid wird zusätzlich transfiziert. Nach Infektion einer Wirtszelle mit den durch Kotransfektion produzierten HIV- Abbildung 5: Schematische Darstellung des HIV-Replikationszyklus mit Angriffspunkten für antiretrovirale Substanzen. 1 Bindungsinhibitoren; 2 Fusionsinhibitoren; 3 Reverse-Transkriptase-Inhibitoren; 4 Integrase-Inhibitoren; 5 und 6 Proteaseinhibitoren; 7 Maturationsinhibitoren. Quelle:http://www.aidsfinder.org/main/TWBA/afc2r.htm 16 B - Einleitung Reporterpartikeln wird dann über Reverse Transkription (RT), Transkription und Translation eine funktionelle Luciferase gebildet, deren Aktivität in Zelllysaten über die Umsetzung von Luciferin mittels Luciferaseassay ermittelt werden kann. Abbildung 5 zeigt eine schematische Darstellung des HIV-Replikationszyklus mit Angriffspunkten für unterschiedliche antiretrovirale Substanzen. Verschieden pseudotypisierte HIV-Reporterpartikel unterscheiden sich lediglich in ihrem Hüllprotein. Somit verlaufen nur frühe Replikationsschritte (Bindung, Fusion und Uncoating) unterschiedlich. Die späteren Replikationsschritte wie RT, Integration, Transkription und schließlich Translation sind identisch. Unterschiede im Verlauf des Replikationszyklus bis zu dieser Stufe können mit der Quantifizierung der Luciferaseaktivität erfasst werden. Die letzten Replikationsschritte (Zusammenbau und Ausknospung neuer Viren) verlaufen ebenfalls bei allen Reporterpartikeln gleich, werden jedoch durch die Quantifizierung des Reporters nicht mehr erfasst. Bei der Ausknospung der neu entstehenden Viren wird nur die HIV-RNA ohne Information für Hüllproteine verpackt. Die Information für Hüllproteine enthält kein Verpackungssignal und wird demzufolge nicht in die Virionen eingeschleust. Daher besitzen neu produzierte Viren keine virusspezifischen Hüllproteine und sind somit nicht infektiös. Es wird so tatsächlich nur ein Replikationszyklus im Reporterassay quantifiziert. 17 C – Ziel der Arbeit C - Ziel der Arbeit In Vorarbeiten unserer Arbeitsgruppe war gezeigt worden, dass das GBV-C-Glykoprotein E2 eine Hemmung der HIV-Replikation vermittelt. In der vorliegenden Arbeit sollte untersucht werden, welcher Bereich des E2-Proteins für die beobachtete HIV-Inhibition verantwortlich ist. Für diese Zwecke wurden überlappende Peptide herangezogen, welche die Aminosäuresequenz des GBV-C E2-Proteins widerspiegeln. Diese Peptide sollten in Bezug auf ihre HIV-inhibitorische Aktivität untersucht werden. Zum einen wurde die inhibitorische Wirkung der Peptide in Replikationsversuchen mit pseudotypisierten HIV-Reporterviren auf lymphoiden Zelllinien ermittelt, zum anderen der HIV-inhibitorische Effekt ausgewählter E2-Peptide mit HIV-Wildtypviren bestätigt. Dies diente dem Zweck, den Mechanismus auszuklären, über den E2-Peptide die HIV-Replikation hemmen. Hierfür wurden weitere Replikationsversuche mit HIV-Reporterviren, die mit verschiedenen Hüllproteinen pseudotypisiert waren, durchgeführt. So sollte der Einfluss von E2-Peptiden auf frühe Replikationsschritte wie die Bindung von HIV an die Wirtszelle oder Fusion von Virus- und Zellmembran untersucht werden. 18 D - Material D - Material 1. Zellen und Zelllinien PBMC periphere mononukleäre Blutzellen, aus EDTA-Blut oder buffy coats, über Ficoll-Gradienten isoliert 488-CBL cord blood lymphocytes, Zellen aus Nabelschnurblut, über FicollGradienten isoliert; wurden mit Herpesvirus saimiri-Cosmid 488 immortalisiert 293T humane Nierenepithelzellen, enthalten virale Adeno- und SV40-DNASequenzen (ATCC CRL-11268™) TZM-bl HeLa-Derivat (Cervixkarzinomzellen), exprimieren stabil hohe Mengen an CD4, CXCR4 und CCR5, enthalten außerdem Reportergene (Luciferase, ß-Galactosidase) unter Kontrolle des HIV-LTR (NIH AIDS Research & Reference Reagent Program, Cat. No. 8129) CEMx174-M7-R5 174xCEM-Derivat (Fusionsprodukt der humanen B-Zelllinie 721.174 und der humanen T-Zelllinie CEM), exprimieren CD4, CXCR4 und CCR5, enthalten außerdem das Gen des Grünfluoreszierenden Proteins (GFP) und ein Luciferasegen unter Kontrolle des HIV-LTR (Nationales Referenzzentrum für Retroviren, Erlangen) 2. Bakterienstämme DH5α™ Genotyp F- φ80lacZ∆M15 ∆(lacZYA-argF) U169 recA1 endA1 hsdR17 (rk-, mk+) phoA supE44 λ- thi-1 gyrA96 relA1 (Invitrogen Cat. No. 18258-012) 3. Virusstämme und Pseudotypen NL4-3 HIV-1-Laborstamm, X4-trop, Subtyp B SF33 HIV-1-Laborstamm, X4-trop, Subtyp B, chemokinresistent YU-2 HIV-1-Laborstamm, R5-trop, Subtyp B JRCSF klinisches HIV-1-Isolat, R5-trop, Subtyp B 92UG029 klinisches HIV-1-Isolat aus Ruanda, X4-trop, Subtyp A 92TH026 klinisches HIV-1-Isolat aus Thailand, R5-trop, Subtyp B 92BR025 klinisches HIV-1-Isolat aus Brasilien, R5-trop, Subtyp C 92UG024 klinisches HIV-1-Isolat aus Uganda, X4-trop, Subtyp D3 19 D - Material 93BR029 klinisches HIV-1-Isolat aus Brasilien, R5-trop, Subtyp F1 93BR020 klinisches HIV-1-Isolat aus Brasilien, X4-trop, Subtyp F2 RU570 /ARP173 klinisches HIV-1-Isolat aus Russland, R5-trop, Subtyp G V1557 klinisches HIV-1-Isolat, dualtrop, Subtyp H SIVmac239 SIV-Stamm aus Rhesusaffen SIVmac251 SIV-Stamm aus Rhesusaffen HIV-2mir HIV-2-Isolat HIVppHxB2 pseudotypisiertes Virus mit NL4-3-Kapsid und X4-tropem HxB2Hüllprotein (env), enthält Luciferase als Reportergen HIVppADA pseudotypisiertes Virus mit NL4-3-Kapsid und R5-tropem ADA env, enthält Luciferase als Reportergen HIVppVSV pseudotypisiertes Virus mit NL4-3-Kapsid und heterologem G-Hüllprotein des Vesikulären Stomatitis-Virus, enthält Luciferase als Reportergen 4. Expressionsplasmide pNL4-3.Luc.R-E- pUC19-Vektor mit kloniertem NL4-3-Genom, enthält eine Luciferase im nef-Leserahmen sowie zwei frameshifts im envbzw. vpr-Leserahmen (NIH AIDS Research & Reference Reagent Program Cat. No. 3418) pHxB2-env HIV gp160-Fragment von HxB2gpt kloniert in pSV7d, kein Verpackungssignal pADA env kodiert für das gp160 des HIV-Isolats ADA, kein Verpackungssignal pHEF-VSV-G kodiert für das G-Protein des Vesikulären Stomatitis-Virus, kein Verpackungssignal pCEP4-E2(340)-Fc Iowa Expressionsplasmid pCEP4 (Invitrogen) mit CMV-Promotor, EBNA-1-Antigen, kassette, Ampicillin- zusätzlich murines und Hygromycinresistenz- Ig kappa-chain V-J2-C Signalpeptid, IgG1-Fc-Teil mit C-terminalem myc-Epitop und 6xHis-Tag, enthält verkürzte E2-Sequenz des Iowa-Isolats AF121950 (AS 1 bis 340) 20 D - Material 5. Antikörper Polyclonal Rabbit Anti-Human IgG/HRP 1:1000, Code-Nr. P0214, DakoCytomation, Eching 6. Reagenzien 2% Bisacrylamid Gel B Carl Roth, Karlsruhe 30% Rotiphorese Gel 30 Carl Roth, Karlsruhe Ampuwa Fresenius Kabi AG, Bad Homburg ATP Carl Roth, Karlsruhe Bacto Yeast Extract BD, Heidelberg BES Invitrogen, Darmstadt CaCl2 Merck, Darmstadt Centricon Ultracel YM-10 Millipore, Schwalbach Complete mini Proteaseinhibitor Roche, Mannheim DCTA Sigma-Aldrich, München DMSO Carl Roth, Karlsruhe DTT Carl Roth, Karlsruhe EDTA Carl Roth, Karlsruhe Ethanol Carl Roth, Karlsruhe Essigsäure Merck, Darmstadt FKS (Fötales Kälberserum) PAA Laboratories GmbH, Pasching, Österreich Glycerol Carl Roth, Karlsruhe Glycin Carl Roth, Karlsruhe HCl Carl Roth, Karlsruhe HiTrap rProtein A FF Säulen GE Healthcare, München Isopropanol Merck, Darmstadt Luciferin PJK GmbH, Kleinblittersdorf Luminol Sigma-Aldrich, München Magermilchpulver Saliter, Günzburg MgCl2 Merck, Darmstadt MgSO4 Merck, Darmstadt NaCl Merck, Darmstadt Na2HPO4 Merck, Darmstadt PageRuler Prestained Protein Ladder Fermentas, St. Leon-Rot 21 D - Material Panserin-401 Pan Biotech, Aidenbach para-Hydroxycoumarinsäure Sigma-Aldrich, München PonceauS Carl Roth, Karlsruhe PVDF-Membran Millipore, Schwalbach SDS Carl Roth, Karlsruhe TEMED Carl Roth, Karlsruhe Tris Carl Roth, Karlsruhe Triton X-100 Sigma-Aldrich, München Trypton BD, Heidelberg Tween 20 Sigma-Aldrich, München 7. Kits Qiagen Plasmid Maxi Kit Qiagen, Hilden EndoFree Plasmid Maxi Kit Qiagen, Hilden PureLink™ HiPure Plasmid Maxiprep Kit Invitrogen, Darmstadt 8. Medien für Bakterienkulturen LB-Medium 10 g Bacto Trypton 5 g Bacto Yeast Extract 5 g NaCl ad 1l H2O (Ampuwa) pH 7,2 gegebenenfalls Zugabe von 100 mg Ampicillin oder 30 mg Kanamycin 9. Medien für Zellkulturen 293T/ TZM-bl DMEM (Dulbecco’s Modified Eagle Medium) 10 % Fötales Kälberserum (FKS) 350 mg/l Glutamin 100 mg/l Gentamycin 22 D - Material CEMx174-M7-R5 50% Panserin-401 40% RPMI-1640 10 % FKS 350 mg/l Glutamin 100 mg/l Gentamycin PBMC/488-CBL 50% Panserin-401 40% RPMI-1640 10 % FKS 350 mg/l Glutamin 100 mg/l Gentamycin Zur Stimulierung für mind. 2 Tage nach Isolierung 10U/ml IL2 und 10μg/ml PHA zugeben. Einfriermedium FKS 10% DMSO Essentielle Aminosäuren, Antibiotika und FKS wurden vor Gebrauch zugegeben. DMEM und RPMI-1640 wurden im hauseigenen Medienlabor hergestellt. 10. Puffer und Lösungen PBSo phosphate buffered saline: physiologischer Phosphatpuffer 137 mM NaCl 2,68 mM KCl 7,3 mM Na2HPO4 1,47 mM KH2PO4 23 D - Material 2xBBS BES-buffered saline 50 mM BES (N,N-Bis-(2-hydroxyethyl)-2-aminoethansulfonsäure) 280 mM NaCl 1,5 mM Na2HPO4 ad 1l H20 auf pH 6,95 einstellen 0,45 µM sterilfiltrieren Aliquots bei -20 °C lagern 2x Lysispuffer 62,5 ml 100 mM Tris pH 7,8 (mit H3PO4 einstellen) 500 µl 1M DTT 0,1732 g DCTA (1,2-Diaminocyclohexantetraacetat) 2,5 ml Triton X-100 25 ml Glycerol ad 125 ml H20 in Aliquots bei -20°C lagern Luciferasepuffer 9,3 ml H2O 1,2 ml 0,1M KPO4-Puffer 180 µl 1M MgSO4 1,2 ml 0,1M rATP 120 µl 25 mM Luciferin 5x Auftragspuffer: 1g SDS 1,5 ml 5% Beta-Mercaptoethanol 5,0 ml 10% Glycerin 0,5 ml 1 mM EDTA 15 µl 3% BPB-Lösung 3,125 ml 62,5 mM Tris-HCl pH 6,8 ad 10 ml H2O bidest 24 D - Material 10x Laufpuffer (1L): 30,2 g Tris (25mM Tris) 188 g Glycin (25mM Glycin) 10 g SDS (0,1% SDS) ad 1 L H2O bidest 10x Transferpuffer (1L): 58,2 g Tris (48mM Tris) 29,3 g Glycin (39 mM Glycin) ad 1L H2O bidest PonceauS (500 ml): 0,5 g Ponceau S (0,1 % PonceauS) 100 ml Essigsäure (5% Essigsäure) 400 ml H2O bidest ECL-Lösung A: 200 ml 1,2 M Tris-HCl pH 8,6 50 mg Luminol (Sigma, A4685) 62 µl 30 % H2O2 ECL-Lösung B: 11 mg para-Hydroxycoumarinsäure (Sigma C9008) in 10 ml DMSO 11. Peptide Die Peptide (s.Tab.1) wurden von EMC Microcollections (Tübingen) synthetisiert. Für initiale Screenings wurden unaufgereinigte Rohpeptide verwendet (Reinheitsgrad ca. 6070%), für die Bestimmung der IC50-Werte HPLC-aufgereinigte Peptide (Reinheit > 90%). Die Peptide wurden in 75% DMSO/H20 gelöst, Peptidstocks mit einer Konzentration von 25 µg/µl in Aliquots bei -80°C gelagert. Für Experimente wurden die Peptidstocks entsprechend der Verwendung in Medium mit Complete mini-Proteaseinhibitoren (Roche, Mannheim) verdünnt. 25 D - Material Peptidnr. P1 P2 P3 P4 P5 P6 P7 P8 P9 P10 P11 P12 P13 P14 P15 P16 P17 P18 P19 P20 P21 P22 P23 P24 P25 P26 P27 P28 P29 P30 P31 P32 P33 P4-1 P4-2 P4-3 P4-4 P4-5 P4-6 P4-7 P4-8 P6-1 P6-2 P6-3 P6-4 P6-5 P6-6 P6-7 P6-8 P4-7-NH2 P4-7s P4-7scr P6-2-NH2 P6-2s P6-2scr P4762 Position AS 1-20 11-30 21-40 31-50 41-60 51-70 61-80 71-90 81-100 91-110 101-120 111-130 121-140 131-150 141-160 151-170 161-180 171-190 181-200 191-210 201-220 211-230 221-240 231-250 241-260 251-270 261-280 271-290 281-300 291-310 301-320 311-330 321-340 23-42 25-44 27-46 29-48 33-52 35-54 37-56 39-58 43-62 45-64 47-66 49-68 53-72 55-74 57-76 59-78 37-56 37-56 37-56 45-64 45-64 45-64 37-64 Sequenz Ac-GAPASVLGSRPFDYGLKWQS Ac-PFDYGLKWQSCSCRANGSRI Ac-CSCRANGSRIPTGERVWDRG Ac-PTGERVWDRGNVTLLCDCPN Ac-NVTLLCDCPNGPWVWVPAFC Ac-GPWVWVPAFCQAVGWGDPIT Ac-QAVGWGDPITHWSHGQNQWP Ac-HWSHGQNQWPLSCPQYVYGS Ac-LSCPQYVYGSVSVTCVWGSV Ac-VSVTCVWGSVSWFASTGGRD Ac-SWFASTGGRDSKIDVWSLVP Ac-SKIDVWSLVPVGSASCTIAA Ac-VGSASCTIAALGSSDRDTVV Ac-LGSSDRDTVVELSEWGVPCV Ac-ELSEWGVPCVTCILDRRPAS Ac-TCILDRRPASCGTCVRDCWP Ac-CGTCVRDCWPETGSVRFPFH Ac-ETGSVRFPFHRCGTGPRLTK Ac-RCGTGPRLTKDLEAVPFVNR Ac-DLEAVPFVNRTTPFTIRGPL Ac-TTPFTIRGPLGNQGRGNPVR Ac-GNQGRGNPVRSPLGFGSYTM Ac-SPLGFGSYTMTKIRDSLHLV Ac-TKIRDSLHLVKCPTPAIEPP Ac-KCPTPAIEPPTGTFGFFPGV Ac-TGTFGFFPGVPPINNCMPLG Ac-PPINNCMPLGTEVSEALGGA Ac-TEVSEALGGAGLTGGFYEPL Ac-GLTGGFYEPLVRRCSELMGR Ac-VRRCSELMGRRNPVCPGYAW Ac-RNPVCPGYAWLSSGRPDGFI Ac-LSSGRPDGFIHVQGHLQEVD Ac-HVQGHLQEVDAGNFIPPPRW Ac-CRANGSRIPTGERVWDRGNV Ac-ANGSRIPTGERVWDRGNVTL Ac-GSRIPTGERVWDRGNVTLLC Ac-RIPTGERVWDRGNVTLLCDC Ac-GERVWDRGNVTLLCDCPNGP Ac-RVWDRGNVTLLCDCPNGPWV Ac-WDRGNVTLLCDCPNGPWVWV Ac-RGNVTLLCDCPNGPWVWVPA Ac-TLLCDCPNGPWVWVPAFCQA Ac-LCDCPNGPWVWVPAFCQAVG Ac-DCPNGPWVWVPAFCQAVGWG Ac-PNGPWVWVPAFCQAVGWGDP Ac-WVWVPAFCQAVGWGDPITHW Ac-WVPAFCQAVGWGDPITHWSH Ac-PAFCQAVGWGDPITHWSHGQ Ac-FCQAVGWGDPITHWSHGQNQ Ac-WDRGNVTLLCDCPNGPWVWV-NH2 Ac-WDRGNVTLLSDSPNGPWVWV Ac-LNWGTPDWDVRNCVGVLWCP Ac-LCDCPNGPWVWVPAFCQAVG-NH2 Ac-LSDSPNGPWVWVPAFSQAVG Ac-PLCVNCWPQVCGDFPWGAVA Ac-WDRGNVTLLCDCPNGPWVWVPAFCQAVG Tabelle 1: Verwendete Peptide, deren Sequenz und Position im E2-Protein 26 D - Material 12. Verbrauchsmaterial 0,2 ml-Reaktionsgefäße PeQLab, Erlangen 0,65 ml-Reaktiongefäße Sarstedt, Nümbrecht 1,5 ml-Reaktionsgefäße Sarstedt, Nümbrecht 2 ml-Reaktionsgefäße Sarstedt, Nümbrecht 15 ml-Röhrchen Sarstedt, Nümbrecht 50 ml-Röhrchen Sarstedt, Nümbrecht FACS-Röhrchen Sarstedt, Nümbrecht Spritzenvorsatzfilter (0,22 µm/0,45 µm) Sarstedt, Nümbrecht Zellkulturflaschen Sarstedt, Nümbrecht Zellkulturplatten Sarstedt, Nümbrecht Pipettenspitzen Sarstedt, Nümbrecht 27 E - Methoden E - Methoden 1. Zellkultur Eukaryonte Zellen wurden in 75cm2-Zellkulturflaschen bei 37°C, 7% CO2 und 80% Luftfeuchtigkeit kultiviert. Adhärent wachsende Zellen wurden nach Ausbildung eines ca. 90% konfluenten Zellrasens gesplittet (ca. alle 2-3 Tage). Dazu wurde das alte Medium abgezogen und die Zellen zweimal mit 3 ml Trypsin/EDTA abgespült, in 5 ml Trypsinlösung für 5 min im Brutschrank inkubiert und schließlich mit weiteren 5 ml frischen Mediums vom Boden der Flasche abgespült und in ein 15 ml-Röhrchen gegeben. Suspensionszellen wurden bei Erreichen einer bestimmten Zelldichte gesplittet (ca. zweimal wöchentlich). Dazu wurde die Zellsuspension in ein 50 ml-Röhrchen überführt. Nach Zentrifugation (300xg, 5 min) wurde das Zellsediment in 10 ml frischem Medium aufgenommen, auf frische Zellkulturflaschen verteilt und mit ca. 20 ml des entsprechenden Mediums aufgefüllt. Die Zellen wurden dabei in folgenden Verhältnissen auf neue Zellkulturflaschen verteilt: 293T 1:15, TZM-bl 1:20, CEMx174-M7-R5 1:5, PBMC und CBL bei Bedarf 1:2 bis 1:4. 2. Transfektionsverfahren Zur Transfektion von 293T-Zellen mittels Calciumphosphatmethode wurden am Vortag 1,5x106 Zellen in 25cm2-Zellkulturflaschen ausgesät. Zum Zeitpunkt der Transfektion sollte der Zellrasen ca. 50-70% konfluent sein. Pro Ansatz wurden 10 µg DNA und 25 µl 2,5M CaCl2 zusammenpipettiert und mit bi-H20 auf 250 µl Endvolumen aufgefüllt. In einem sterilen FACS-Röhrchen wurden 250 µl 2xHEBS vorgelegt. Unter Vortexen wurde die DNAVerdünnung in den HEBS-Puffer getropft und für 30s weiter geschüttelt. Der Ansatz wurde dann zu den Zellen gegeben. Kurz vor Transfektion wurde das alte Medium durch 5 ml frisches Medium ersetzt. Ca. 16h nach Transfektion wurde das Transfektionsmedium entfernt und durch 10 ml Vollmedium ersetzt. Zur Produktion von stabilen Zelllinien wurden die Zellen auf entsprechendes Selektionsmedium umgesetzt. Je nach Bedarf wurden die Zellen, wie unter Punkt 1 beschrieben, behandelt bzw. zur Aufreinigung von rekombinantem Protein expandiert. Die Zellkulturüberstände wurden dazu geerntet, durch 0,22 µm- Spritzenvorsatzfilter sterilfiltriert, und für mind. 1h entgast. Die Aufreinigung wurde, wie unter Punkt 11 beschrieben, durchgeführt. 28 E - Methoden 3. Pseudotypisierung von HIV-Reporterpartikeln Zur Produktion von HIV-Reporterviren wurden 293T-Zellen mit pNL4-3.Luc.R-E- und Expressionsplasmiden, die für homologe bzw. heterologe Hüllproteine kodieren, kotransfiziert. Dazu wurden am Vortag der Transfektion 293T-Zellen ca. 1:10 in 75cm2Zellkulturflaschen ausgesät, so dass der Zellrasen am Tag der Transfektion ca. 60-80% konfluent war. Direkt vor Zugabe der Transfektionsansätze wurde das alte Medium von den Zellen abgezogen und durch 10 ml frisch angesetztes Medium ersetzt. In sterilen FACSRöhrchen wurden pro Ansatz 500 µl 2xBBS-Puffer vorgelegt. Außerdem wurden entsprechende Volumen der Expressionsplasmide mit bi-H2O in einem Gesamtvolumen von 400 µl verdünnt. Die Plasmide wurden mit Qiagen-Maxi™-Säulen (Qiagen, Hilden) nach Angaben des Herstellers aufgereinigt. Tabelle 2 zeigt die eingesetzten DNA-Mengen der entsprechenden Expressionsplasmide. Kurz vor Transfektion wurden 100 µl 2,5M CaCl2 zur DNA-Verdünnung pipettiert und dieser Ansatz unter Vortexen zum vorgelegten 2xBBS getropft. Nach ca. 30s Vortexen wurde der Reaktionsansatz zu den Zellen gegeben. Ein Mediumwechsel wurde 24h nach Transfektion durchgeführt. Dazu wurde das Transfektionsmedium entfernt und 10 ml frisches Vollmedium zugegeben. Weitere 24h später wurden die infektiösen Überstände geerntet. Dafür wurde der Zellkulturüberstand durch 0,22 µm-Spritzenvorsatzfilter sterilfiltriert, um mögliche Verunreinigungen durch Zellmaterial zu entfernen. Die Überstände wurden aliquotiert und bei -80°C gelagert. Größe einzusetzende pmol einzusetzende µg pNL4-3.Luc.R-E- 14824 bp 1 10 pHxB2 env 5326 bp 10 35 pADA env 3500 bp 3 6,9 pHEF-VSV-G env 5471 bp 3 10,8 Plasmid Tabelle 2: Verwendete Expressionsplasmide. Es sind die Größen der verwendeten Plasmide, die eingesetze Menge in pmol und die entsprechende Menge in µg angegeben. Die Umrechnungen wurden unter http://www.promega.com/biomath/ durchgeführt. 29 E - Methoden 4. Virusanzucht Klinische HIV-Isolate, Laborstämme sowie SIV- oder HIV-2-Varianten wurden auf CEMx174-M7-R7 oder PBMC angezogen. Dazu wurden Zellen in 25cm2-Zellkulturflaschen ausgesät und mit infektiösen Überständen der entsprechenden Virusstämme infiziert. Mit X4-tropen Stämmen infizierte Zellkulturen, die Syncytien ausbilden, wurden auf Bildung eines cytopatischen Effekts (CPE) untersucht. Zeigte sich ein moderater Effekt, wurden die Kulturen auf 75cm2-Zellkulturflaschen mit frischen Zellen expandiert. Dies war nach ca. 4-7 Tagen der Fall. Die Überstände wurden geerntet, wenn sich ein starker CPE ausgebildet hatte (ca. weitere 5 Tage später). Dazu wurde die Zellsuspension 5 min bei 300xg zentrifugiert und der Überstand durch 0,22 µm-Spritzenvorsatzfilter sterilfiltriert. Die so gewonnenen zellfreien Überstände wurden aliquotiert und bei -80°C eingefroren. R5-trope Stämme bilden keine Syncytien, die Infektion lässt sich daher schwer anhand des CPE beurteilen. Die Virusanzuchten wurden in der Regel nach ca. 7 Tagen expandiert und nach weiteren 5 Tagen Inkubation geerntet. Die infektiösen Überstände wurden, wie oben beschrieben, behandelt. 5. Isolierung von Lymphozyten aus peripherem Blut PBMC wurden aus EDTA-Blut oder buffy coats gesunder Blutspender über Ficoll-Gradient aufgereinigt. Dazu wurde das Blut 1:2 mit PBS in 50 ml-Röhrchen verdünnt. In weitere 50 ml-Röhrchen wurden 20 ml Ficoll-Lösung vorgelegt, mit 25 ml verdünntem Blut überschichtet und anschließend bei 3200 rpm bei RT für 20 min ohne Bremse zentrifugiert. In ein weiteres 50 ml-Röhrchen wurden 40 ml RPMI-1640 vorgelegt. Nach Zentrifugation wurde die hell erscheinende Leukozytenbande mit der Pipette vorsichtig abgezogen und die Zellen in das bereitgestellte Medium gegeben. Die Zellen wurden für 5 min bei RT bei 300xg zentrifugiert und zweimal mit 50 ml PBS gewaschen. Die Zellen wurden anschließend in Vollmedium resuspendiert. Eine Probe der Zellen wurde mit Tryptophanblau versetzt und in der Zählkammer ausgezählt. Nach Berechnung der Gesamtzellzahl wurde die Zelldichte auf 1 bis 1,5x106 Zellen/ml eingestellt. Die PBMC wurden vor Verwendung zwei Tage mit 10U/ml IL2 und 10μg/ml PHA stimuliert. 30 E - Methoden 6. Inkubation mit rekombinantem Glykoprotein Pro Ansatz wurden 5x105 PBMC oder 488-CBL verwendet. Die benötigte Zellmenge wurde ausgezählt und das entsprechende Volumen der Zellsuspension in ein 50 ml-Röhrchen gegeben. Die Zellen wurden mit 50 ml RPMI-Medium gewaschen und für 10 min bei 1500 rpm zentrifugiert. Der Überstand wurde verworfen und die Zellen in RPMI-1640 (Zelldichte 5x106/ml) resuspendiert. Pro 106 Zellen wurde 1 µg IgG zugegeben und für 1h bei 37°C im Brutschrank inkubiert, um freie Fc-Rezeptoren auf der Zelloberfläche abzusättigen. Die Zellen wurden anschließend mit 50 ml PBS gewaschen und bei 1500 rpm für 10 min zentrifugiert. Der Überstand wurde verworfen, die Zellen in PBS (Zelldichte 4x107/ml) resuspendiert und in 2 ml-Reaktionsgefäße überführt. Es wurden 40 pmol E2/106 Zellen (entspricht 3,8 µg) bzw. 20 pmol Fc/106 Zellen (entspricht 1,6 µg) zugegeben und bei 4°C bei 600 rpm im Thermoschüttler für 45 min inkubiert. Die Zellen wurden anschließend zweimal mit 2 ml PBS gewaschen und für 10 min bei 1500 rpm zentrifugiert. Der Überstand wurde verworfen. Die Zellen wurden in 100 µl Medium pro Ansatz resuspendiert, in Rundboden-96Loch-Platten ausgesät und für 36h bei 37°C im Brutschrank inkubiert. Die inkubierten Zellen wurden dann mit pseudotypisierten HIV-Reporterpartikeln in einem Gesamtvolumen von 200 µl infiziert. Drei Tage nach Infektion wurden die Überstände abgezogen und die Zellen in je 50 µl Lysispuffer pro Ansatz lysiert. Die Lysate wurden in weiße 96-Loch-Platten überführt. Zur Bestimmung der HIV-Replikation wurde die Luciferaseaktivität in den Zelllysaten gemessen. Die Luciferase katalysiert die Oxidation von Luciferin. Bei dieser Reaktion wird Licht freigesetzt, das im Luminometer als Biolumineszenz gemessen werden kann. Pro Loch wurden dafür 100 µl Luciferinpuffer zugegeben. Nach einem zeitlichen Versatz von 2,05s wurde für 1s die Biolumineszenz im Orion II Microplate Luminometer (Berthold Detection Systems, Pforzheim) gemessen. Die Hemmung der HIV-Replikation in inkubierten Zellen wurde anschließend aus den relative light units per second (RLU/s) dieser Zellen im Verhältnis zu unbehandelten Zellen berechnet. 7. Replikationsversuche mit HIV-Reporterviren Pseudotypisierte HIV-Reporterviren wurden durch Kotransfektion von 293T-Zellen mit pNL4-3.Luc.R-E- und Expressionsplasmiden, die für homologe bzw. heterologe Hüllproteine kodieren, produziert (s. Punkt 3). Diese Viren sind nur für einen Replikationszyklus infektiös, da die Partikel keine Information für das env-Hüllprotein tragen. Das Prinzip dieses Experiments ist in Abb. 6 dargestellt. 5x104 CEMx-M7-R5-Zellen wurden in Rundboden-96Loch-Platten ausgesät und pro Ansatz 5 µM der jeweiligen Peptide (Endkonzentration) 31 E - Methoden zugegeben. Anschließend wurden die Zellen mit pseudotypisierten HIV-Reporterviren infiziert. Drei Tage nach Infektion wurden die Zellen bei 300xg für 5 min zentrifugiert, das Medium abgezogen und die Zellen in 50 µl Lysispuffer lysiert und die Lysate in weiße 96Loch-Platten überführt. Zur Bestimmung der HIV-Replikation wurde die Luciferaseaktivität in den Zelllysaten, wie unter Punkt 6 beschrieben, gemessen. Die Hemmung der HIVReplikation in Zellen nach Zugabe von Peptid wurde anschließend aus den relative light units per second (RLU/s) dieser Zellen im Verhältnis zu unbehandelten Zellen berechnet. Transfektion von 293T mit pNL4-3.Luc.R-E- und homologen bzw. heterologen envs luc LTR LTR vpr Í env Í LTR LTR und Ψ HXB2 env Ψ ADA env Ψ VSV-G env Pseudotypisierte Reporterviren Infektion von CEMx174-M7-R5 Messung der Luciferase-Aktivität in Zelllysaten Abbildung 6: Schematische Darstellung des Replikationsversuchs mit pseudotypisierten HIVReporterpartikeln. 293T-Zellen werden mit pNL4-3.Luc.R-E- und homologen bzw. heterologen envs kotransfiziert. pNL4-3.Luc.R-E- kodiert für das HIV-Virion, besitzt jedoch einen frameshift im env- und revLeserahmen. Außerdem ist ein Luciferasegen im nef-Leserahmen eingefügt. Die Expressionsplasmide für die env-Hüllproteine besitzen kein Verpackungssignal Ψ und werden daher nicht im Viruspartikel verpackt. Diese Partikel sind mangels Hülle nicht mehr infektiös, man spricht daher von einem single-round of infection-Reporterassay. Die HIV-Replikation lässt sich anschließend anhand der Luciferaseaktivität in Zelllysaten bestimmen. 32 E - Methoden 8. Replikationsversuche mit HIV-Wildtypstämmen 1x104 TZM-bl-Zellen wurden am Vortag der Infektion in Flachboden-96-Loch-Platten ausgesät. Kurz vor Infektion wurden Endkonzentrationen von 10 µM je Peptid pro Loch zugegeben und die Zellen anschließend mit infektiösen Überständen von klinischen HIVIsolaten, Laborstämmen bzw. SIV-/HIV-2-Varianten infiziert. Drei Tage nach Infektion wurde das Medium von den Zellen abgezogen und die Zellen in je 50 µl Lysispuffer pro Loch lysiert. Anschließend wurde die Luciferaseaktivität in den Lysaten, wie unter Punkt 6 beschrieben, bestimmt. 9. Bestimmung der Peptid-Aktivität 1x104 TZM-bl-Zellen wurden am Vortag der Infektion in Flachboden-96-Loch-Platten ausgesät. Kurz vor Infektion wurden absteigende Peptidendkonzentrationen zugegeben. Startkonzentration war je nach Versuchsansatz 200 µM bzw. 100 µM je Peptid, die in 1:5Verdünnungsschritten weiter verdünnt wurden. Die Zellen wurden anschließend mit infektiösen Überständen von klinischen HIV-Isolaten, Laborstämmen bzw. SIV-/HIV-2Varianten infiziert. Drei Tage nach Infektion wurde das Medium von den Zellen abgezogen und diese in je 50 µl Lysispuffer pro Loch lysiert. Anschließend wurde die Luciferaseaktivität in den Lysaten bestimmt. IC50-Werte wurden aus den erhaltenen Titrationskurven mit SigmaPlot 11 berechnet. 10. Immunoblotting Zunächst wurde eine SDS-Polyacrylamid-Gelelektrophorese durchgeführt. Dazu wurden diskontinuierliche Polyacrylamidgele (PAA-Gele) verwendet. Die Porengröße des Gels richtete sich nach der Größe des zu untersuchenden Proteins. Für die Versuche dieser Arbeit wurden in aller Regel 10%ige PAA-Gele verwendet. Zunächst wurde ein Trenngel entsprechender Konzentration gegossen und mit Isopropanol überschichtet. Nach Polymerisation des Trenngels wurde das Isopropanol entfernt und das Sammelgel gegossen. Die fertigen Gele wurden in die entsprechende Elektrophoresekammer (Biorad, München) gesetzt und die Kammer mit 1x Laufpuffer aufgefüllt. Als Proteinstandard wurden 5 µl des PageRuler Prestained Protein Ladder (Fermentas, St. Leon-Rot) aufgetragen. Die zu untersuchenden Proben wurden mit 5x Auftragspuffer versetzt, für 5 min bei 95°C denaturiert und ebenfalls auf das Gel aufgetragen. Der Gellauf wurde bei 120V für ca. 1,5h durchgeführt. Anschließend wurden die Proteine vom Gel auf eine PVDF-Membran transferiert. Dazu wurden zunächst zwei Whatmanpapiere zuerst in Methanol und dann in 1x Transferpuffer 33 E - Methoden äquilibriert und in die Semi-Dry-Blottingapparatur (Biorad, München) gelegt. Anschließend wurden PVDF-Membran und Gel ebenfalls in Methanol und Transferpuffer äquilibriert und auf die Whatmanpapiere gelegt. Abschließend wurden zwei weitere Whatmanpapiere aufgelegt und mit Transferpuffer durchtränkt. Etwaige Luftblasen wurde mit einem 15 mlRöhrchen herausgerollt. Der Proteintransfer wurde für 1h bei 10V durchgeführt. Zur Kontrolle des Proteintransfers wurde die Membran mit einer 0,1% PonceauS-Lösung inkubiert, welche die Proteine auf der Membran reversibel anfärbt. So wurde auch der Proteinstandard auf der Membran sichtbar gemacht und mit einem Stift markiert. Die Membran wurde anschließend in H2O wieder entfärbt und mit 5% Milchpulver in PBSo für 1h bei RT oder bei 4°C über Nacht blockiert. Anschließend wurde der Blot mit einer 1:1000Verdünnung eines anti-human IgG/HRP-Antikörpers (DakoCytomation, Eching) in PBSo für 1h bei RT inkubiert. Nach Inkubation wurde der Blot dreimal für 5 min mit PBSo gewaschen. Für die Entwicklungslösung wurden 5 ml der ECL-Lösung A mit 2 µl H2O2 und 50 µl der ECL-Lösung B gemischt. Die Lösung wurde auf den Blot gegeben und die Reaktion mit einer CCD-Kamera detektiert. Trenngel (ausreichend für 2 Minigele): 30% Rotiphorese Gel 30 2% Bisacrylamid Gel B 2 M Tris/HCl pH 8,8 10% SDS H2O bidest. TEMED 10% APS 8% 2,72 ml 655 µl 1,85 ml 100 µl 4,71ml 15 µl 90 µl 10% 3,4 ml 655 µl 1,85 ml 100 µl 4,1 ml 15 µl 90 µl Sammelgel (5%): 850 µl 350 µl 620 µl 38 µl 3,15 ml 10 µl 25 µl 30% Rotiphorese Gel 30 2% Bisacrylamid Gel B 1M Tris/HCl pH 6,8 10% SDS H2O bidest. TEMED 10% APS 34 12% 4,1 ml 655 µl 1,85 ml 100 µl 3,33 ml 15 µl 90 µl 15% 5,55 ml 655 µl 1,85 ml 100 µl 2,6 ml 15 µl 90 µl E - Methoden 11. Affinitätschromatographie Zur Aufreinigung von rekombinantem E2 wurden HiTrap rProteinA FF-Säulen verwendet, die an eine Peristaltikpumpe (Heidolph, Schwabach) angeschlossen wurden. Vor Beginn der Aufreinigung wurden alle Schläuche mit Desinfektionsmittel abgesprüht und zuerst mit PBSo bei einer Flussrate von 5 ml/min und anschließend mit 70% Ethanol (5ml/min) für einige Minuten durchgespült. Dann wurde das System mit Bindungspuffer (20 mM Natriumphosphatpuffer pH7) gespült. Die Säule und entsprechende Adapter wurden desinfiziert und die Flussrate der Pumpe auf 1 ml/min herabgesetzt. Die Säule wurde mit Bindungspuffer gefüllt, luftblasenfrei angeschlossen und für 10 min gespült. Anschließend wurde die Pumpe angehalten und der entgaste Zellkulturüberstand (vgl. Punkt 2) angehängt. Dabei wurde darauf geachtet, dass sich keine Luftblasen im Schlauch befinden. Befanden sich Luftblasen im System, wurde die Säule entfernt, bis die Luftblasen durch Pumpen aus dem Schlauch gedrückt wurden, und wieder luftblasenfrei angeschlossen. Der komplette Zellkulturüberstand wurde mit einer Flussrate von 1 ml/min auf die Säule geladen. Die Säule wurde danach für 10 min mit Bindungspuffer gewaschen. In der Zwischenzeit wurden für die Elution zehn 1,5 ml-Reaktionsgefäße vorbereitet und 200 µl 1M Tris pH9 mit Complete miniProteaseinhibitor vorgelegt. Es wurden Fraktionen von je 1 ml gesammelt. Zunächst wurde 0,1M Zitronensäure pH5 angehängt. Sobald der Elutionspuffer das Ende der Säule erreicht hatte, wurden zwei Fraktionen mit diesem pH-Wert eluiert, danach zu 0,1M Zitronensäure pH3 als Elutionspuffer gewechselt und die restlichen Fraktionen eluiert. Von jeder Fraktion wurden 15 µl zur Analyse im Western Blot abgenommen und alle Proben bei -20°C eingefroren. Die Säule wurde zunächst für 10 min mit Bindungspuffer und anschließend für 5 min mit 20% Ethanol gespült. Die Säule wurde anschließend mit 20% Ethanol gefüllt, verschlossen und in einem 15 ml-Röhrchen gefüllt mit 20% Ethanol bei 4°C gelagert. Die Schläuche der Pumpe wurden nach Abschluss der Aufreinigung geleert. 12. Hämolyse-Test Zur Gewinnung von Erythrozyten wurde Vollblut für 10 min bei 1000xg zentrifugiert. Der Überstand wurde verworfen und die Zellen dreimal mit PBS gewaschen. Anschließend wurden die Erythrozyten 1:10 in PBS verdünnt. Die so gewonnenen Erythrozyten wurden bis zu vier Wochen nach Isolierung verwendet und bei 4°C gelagert. Vor Verwendung wurden bereits lysierte Zellen bei Bedarf zentrifugiert (10 min bei 1000xg). Pro Ansatz wurden 100 µM gp41-FP (AVGIGALFLGAAGSTMGARS-NH2) in Rundboden-96-Loch-Platten pipettiert und 100 µM bzw. 10 µM der zu untersuchenden Peptide zugegeben. Die Reaktion 35 E - Methoden wurde in 100 µl PBS durchgeführt. Die Peptide wurden 1h bei 37°C inkubiert. Anschließend wurden 10 µl der Erythrozytensuspension zugegeben und für eine weitere Stunde bei 37°C inkubiert. Die Zellen wurden danach für 5 min bei 1000xg zentrifugiert und die Überstände in frische Flachboden-96-Loch-Platten überführt. Die Absorption des freigesetzten Hämoglobins wurde bei 405nm gemessen. Die Hemmung der durch gp41-FP vermittelten Hämolyse durch E2-Peptide wurde in Bezug auf mock-behandelte Zellen berechnet. 13. Proliferations-Assay Um zu überprüfen, ob Peptide oder verwendete Lösungsmittel (75% DMSO) zelltoxisch auf CEMx174-M7-R5-Zellen wirken, wurde ein Proliferations-Assay durchgeführt. Dazu wurde das CellTiter 96® AQueous One Solution Cell Proliferation Assay-Kit (Promega, Mannheim) verwendet. Es wurden 5x104 Zellen in Rundboden-96-Loch-Platten ausgesät und 10 µM je Peptid (Endkonzentration) bzw. die entsprechende Menge DMSO zugegeben. Die Zellen wurden nun drei Tage im Brutschrank bei 37°C inkubiert. Anschließend wurden pro Ansatz 20 µl der CellTiter 96® AQueous One Solution-Reagenz zugegeben und für 2h bei 37°C inkubiert. Anschließend wurde die Absorption bei 490nm in einem ELISA-Reader gemessen. Die Proliferation der behandelten Zellen wurde im Verhältnis zu unbehandelten Zellen berechnet. 36 F - Ergebnisse F - Ergebnisse 1. Die inhibitorische Wirkung des GBV-C-Glykoproteins E2 auf die HIV-Replikation In früheren Arbeiten unserer Gruppe wurde gezeigt, dass das Glykoprotein E2 von GBV-C die HIV-Replikation inhibiert. Sowohl die Expression von E2 in Zellen als auch die Inkubation von Zellen mit rekombinantem E2 vermittelte hierbei eine Hemmung der HIVReplikation (Jung et al. 2005, Jung et al. 2007). Für diese Arbeiten wurde eine verkürzte Form von E2 verwendet (Iowa-Isolat, GenBank Nr. AF121950), bei der die Transmembrandomäne durch die humane IgG1-Fc-Domäne und einen myc/His-Tag ersetzt wurde (E2(340)-Fc). Zusätzlich wurde N-terminal das IgG-Signalpeptid angehängt. Das Anhängen des Signalpeptids ermöglicht die Produktion von rekombinantem Protein in eukaryonten Zellen und die anschließende Sekretion des Proteins. Die Fc-Domäne stabilisiert das rekombinante Protein, ermöglicht eine erleichterte Aufreinigung aus Zellkulturüberständen mittels ProteinA-Säulen und den Nachweis von Protein mit humanen IgGAntikörpern (AK). Der myc/His-Tag kann ebenfalls zur Aufreinigung des Proteins mittels Nickel-Chelat-Säulen und zum Nachweis mit myc- bzw. His-spezifischen Antikörpern verwendet werden. Zur Etablierung von stabilen Zelllinien, welche das rekombinante E2-Protein exprimieren und sezernieren, besitzt der Expressionsvektor für das GBV-C E2-Konstrukt (pCEP4-E2(340)-Fc) eine Hygromycin-Resistenzkassette. Um weitere Untersuchungen zur E2-vermittelten HIV-Suppression durchführen zu können, wurde rekombinantes E2(340)-Fc exprimiert und aufgereinigt. Dafür wurden 293T-Zellen mit pCEP4-E2(340)-Fc mittels Calciumphosphatmethode transfiziert und mit Hygromycin auf stabile E2-Expression selektiert. Stabil transfizierte Zellen wurden dann zur Proteinaufreinigung expandiert. Die sterilfiltrierten und entgasten Zellkulturüberstände wurden zur Aufreinigung auf HiTrap rProteinA FF-Säulen geladen. Rekombinantes E2 wurde mit 0,1M Zitronensäure in einem Gradienten von pH5 bis pH3 eluiert. Es wurden in der Regel zehn Fraktionen gesammelt und die Eluate anschließend im Western Blot auf ihren spezifischen E2-Gehalt getestet. Um den Reinheitsgrad der Aufreinigung abzuschätzen, wurde die Membran vor Antikörperinkubation mit PonceauS gefärbt. Dabei zeigten sich keine weiteren Proteinbanden, was für einen hohen Reinheitsgrad der E2(340)-Fc-Eluate spricht (Daten nicht gezeigt). Als Antikörper zum Nachweis von rekombinantem E2 wurde ein HRPgekoppelter anti-human IgG-Antikörper verwendet, welcher den humanen Fc-Teil des Proteins erkennt. Gebundene Antikörper 37 wurden durch eine HRP-katalysierte F - Ergebnisse Abbildung 7: Western Blot einer E2-Aufreinigung. + Positivkontrolle E2(340)-Fc Iowa 1 µg ; - Negativkontrolle 293T Zellkulturüberstand, 1-10 E2-Fraktionen 1-10. Gellauf 1,5h bei 100V, Blotting 1h bei 10V, 10s Belichtungszeit. Chemilumineszenzreaktion sichtbar gemacht, die mit einer CCD-Kamera detektiert wurde. Abbildung 7 zeigt den exemplarischen Nachweis einer erfolgreichen E2-Aufreinigung. Rekombinantes E2(340)-Fc hat eine Größe von ca. 75 kDa. Als Positivkontrolle wurde in diesem Versuch E2(340)-Fc einer früheren Aufreinigung mitgeführt. Hier ist eine zweite Bande bei ca. 140 kDa zu erkennen, welche vermutlich von E2-Dimeren stammt. Als Negativkontrolle wurden Zellkulturüberstände von untransfizierten 293T-Zellen verwendet. Hier ist keine Bande zu erkennen. In den Spuren der Eluat-Fraktionen 7 und 8 sind starke Banden auf der Höhe von 75 kDa zu erkennen. Diese beiden Fraktionen wurden vereinigt und in einen physiologischen Puffer (PBSo) umgepuffert. Bei diesem Schritt ist die Proteinausbeute oftmals gering. Daher wurde das Ergebnis nach Umpuffern nochmals im Western Blot getestet. Somit können auch etwaige Degradationen des aufgereinigten Proteins ausgeschlossen werden. Der Western Blot wurde wie oben beschrieben durchgeführt. In der Positivkontrolle ist eine Bande bei 75 kDa und 140 kDa zu erkennen, wobei die höhere Bande vermutlich E2-Dimere repräsentiert (Abb. 8). In der Spur der Negativkontrolle ist keine Bande sichtbar. Außerdem ist eine sehr deutliche E2-Bande bei 75 kDa ohne Nebenbanden erkennbar. Dies spricht für eine hohe Proteinausbeute von guter Qualität. Abschließend wurde die Proteinkonzentration mit Roti Nanoquant nach Anleitung des Herstellers bestimmt. 38 F - Ergebnisse Abbildung 8: Western Blot einer E2-Aufreinigung nach Ummpuffern. + Positivkontrolle E2(340)-Fc Iowa 1 µg , - Negativkontrolle 293T-Zellkulturüberstand, E2 E2(340)-Fc Iowa 5 µl Probe Gellauf 1,5h bei 100V, Blotting 1h bei 10V, 10s Belichtungszeit. Im Weiteren sollte nun die HIV-inhibitorische Aktivität des rekombinanten E2-Proteins untersucht werden. Für diesen Versuch wurden CEMx174-M7-R5-Zellen bzw. cord blood lymphocytes (488-CBL, Lymphozyten aus Nabelschnurblut, welche mit Herpesvirus saimiriCosmiden immortalisiert wurden) zunächst mit humanem IgG für eine Stunde vorinkubiert, um unspezifische Reaktionen von rekombinantem E2(340)-Fc mit Fc-Rezeptoren auf der Zelloberfläche zu verhindern. Anschließend wurden die Zellen intensiv gewaschen und mit äquimolaren Mengen von E2(340)-Fc (4 µg/106 Zellen) oder der Fc-Negativkontrolle (2 µg/106 Zellen) für eine Stunde bei 4°C inkubiert. Die Zellen wurden anschließend gewaschen, in RPMI-Vollmedium resuspendiert und in Rundboden-96-Loch-Platten ausgesät, um 36h später mit verschiedenen HIV-Reporterpartikeln infiziert zu werden. Es wurden Partikel verwendet, die mit X4- bzw. R5-tropen HIV-Hüllproteinen (HxB2 env bzw. ADA env) oder dem heterologen G-Hüllprotein des Vesikulären Stomatitis-Virus (VSV) pseudotypisiert waren. Drei Tage nach Infektion wurde die Aktivität des Luciferase-Reporters in Zelllysaten bestimmt und so das Maß der HIV-Replikation quantifiziert. Anschließend wurde die Hemmung der HIV-Replikation in E2(340)-Fc-inkubierten bzw. in Fc-inkubierten Zellen im Verhältnis zu mock-inkubierten (PBSo-inkubierten) Zellen berechnet. Die Ergebnisse sind in Abbildung 9 dargestellt. Die Inkubation mit rekombinantem E2(340)-Fc führt zu einer deutlichen Reduktion der HIV-Replikation sowohl in CEMx174-M7-R5-Zellen als auch in 488-CBL. Die Inkubation mit Fc allein beeinflusst die Replikation nicht. Auch die Replikation von VSV-G-pseudotypisierten HIV-Partikeln wird durch E2(340)-Fc nicht beeinflusst. 39 F - Ergebnisse 488-CBL CEMx174-M7-R5 100% HIV‐Inhibition HIV‐Inhibition 60% 40% 20% 0% 80% 60% 40% 20% 0% HXB2 env ADA env E2(340)-Fc Iowa VSV env HXB2 env Fc ADA env E2(340)-Fc Iowa VSV env Fc Abbildung 9: Rekombinantes E2 hemmt die HIV-Replikation in CEMx174-M7-R5 und 488-CBL. Zellen wurden mit rekombinantem E2(340)-Fc bzw. Fc alleine inkubiert und mit pseudotypisierten HIVReporterpartikeln infiziert. Die Replikationsrate wurde durch Messung der Luciferaseaktivität in Zellysaten bestimmt und in Bezug auf PBSo-inkubierte Zellen (mock) berechnet. Der Versuch wurde in Dreifachansätzen durchgeführt. 2. Initiale Suche nach HIV-inhibitorischen Domänen durch Peptidscanning Im Weiteren sollte nun der Bereich in E2 eingegrenzt werden, der für den inhibitorischen Effekt verantwortlich ist. Dafür wurden Peptide entworfen, welche den E2-Anteil des zuvor verwendeten E2(340)-Fc-Fusionsproteins widerspiegeln. Die Transmembranregion des E2Proteins wurde hier nicht berücksichtigt, da diese Domäne auch im HIV-inhibitorischen E3(340)-Fc nicht enthalten ist. Es wurden Peptide konzipiert, die jeweils 20 Aminosäuren (AS) lang sind und in 10 AS überlappen (Abb. 10, Tab. 3). Alle Peptide sind N-acetyliert, um einen schnellen Abbau in Zellkultur zu vermeiden. Außerdem wurden den verwendeten Peptidverdünnungen Proteaseinhibitoren zugesetzt, um Degradation zu verhindern. Zunächst sollte untersucht werden, ob sich der inhibitorische Effekt von E2 auch mit davon abgeleiteten Peptiden reproduzieren lässt. Hierzu wurden 5x104 CEMx174-M7-R5-Zellen mit Peptiden in einer Endkonzentration von 10 µM für 1h bei 4°C inkubiert und anschließend in Rundboden-96-Loch-Platten ausgesät. Die vorinkubierten Zellen wurden dann mit pseudotypisierten HIV-Reporterpartikeln, die das X4-trope Hüllprotein des Laborstammes HxB2 tragen (HIVppHxB2), infiziert. Die Zellen wurden drei Tage nach Infektion lysiert und die Replikationseffizienz durch Bestimmung der Luciferaseaktivität in Zelllysaten ermittelt. 40 F - Ergebnisse GBV-C E2 aa 1 P1 P3 P2 P5 P4 P7 P6 P9 P8 P11 P10 P13 P12 P15 P14 P17 P16 P19 P18 P21 aa 340 P20 P23 P22 P25 P24 P27 P26 P29 P28 P31 Abbildung 10: Schematische Darstellung der von E2 abgeleiteten Peptide. Peptidnr. P1 P2 P3 P4 P5 P6 P7 P8 P9 P10 P11 P12 P13 P14 P15 P16 P17 P18 P19 P20 P21 P22 P23 P24 P25 P26 P27 P28 P29 P30 P31 P32 P33 Position AS 1-20 11-30 21-40 31-50 41-60 51-70 61-80 71-90 81-100 91-110 101-120 111-130 121-140 131-150 141-160 151-170 161-180 171-190 181-200 191-210 201-220 211-230 221-240 231-250 241-260 251-270 261-280 271-290 281-300 291-310 301-320 311-330 321-340 Sequenz Ac-GAPASVLGSRPFDYGLKWQS Ac-PFDYGLKWQSCSCRANGSRI Ac-CSCRANGSRIPTGERVWDRG Ac-PTGERVWDRGNVTLLCDCPN Ac-NVTLLCDCPNGPWVWVPAFC Ac-GPWVWVPAFCQAVGWGDPIT Ac-QAVGWGDPITHWSHGQNQWP Ac-HWSHGQNQWPLSCPQYVYGS Ac-LSCPQYVYGSVSVTCVWGSV Ac-VSVTCVWGSVSWFASTGGRD Ac-SWFASTGGRDSKIDVWSLVP Ac-SKIDVWSLVPVGSASCTIAA Ac-VGSASCTIAALGSSDRDTVV Ac-LGSSDRDTVVELSEWGVPCV Ac-ELSEWGVPCVTCILDRRPAS Ac-TCILDRRPASCGTCVRDCWP Ac-CGTCVRDCWPETGSVRFPFH Ac-ETGSVRFPFHRCGTGPRLTK Ac-RCGTGPRLTKDLEAVPFVNR Ac-DLEAVPFVNRTTPFTIRGPL Ac-TTPFTIRGPLGNQGRGNPVR Ac-GNQGRGNPVRSPLGFGSYTM Ac-SPLGFGSYTMTKIRDSLHLV Ac-TKIRDSLHLVKCPTPAIEPP Ac-KCPTPAIEPPTGTFGFFPGV Ac-TGTFGFFPGVPPINNCMPLG Ac-PPINNCMPLGTEVSEALGGA Ac-TEVSEALGGAGLTGGFYEPL Ac-GLTGGFYEPLVRRCSELMGR Ac-VRRCSELMGRRNPVCPGYAW Ac-RNPVCPGYAWLSSGRPDGFI Ac-LSSGRPDGFIHVQGHLQEVD Ac-HVQGHLQEVDAGNFIPPPRW Tabelle 3: Sequenzen der verwendeten Peptide und deren Postion im E2-Protein 41 P30 P33 P32 F - Ergebnisse Die Hemmung der HIV-Replikation durch Behandlung mit E2-Peptiden wurde in Bezug auf unbehandelte Zellen berechnet. Die Ergebnisse des initialen Peptidscannings sind in Abb. 11 dargestellt. Es zeigt sich, dass eine große Zahl von Peptiden einen schwachen inhibitorischen Effekt auf die HIVReplikation hat, die Peptide 4 und 6 aber reproduzierbar eine deutliche HIV-Hemmung von über 60 bis 90% verursachen. Die Peptide P4 und P6 repräsentieren einen Bereich im N-Terminus von E2 von AS 31 bis 70. HIV-Inhibition 100% 80% 60% 40% P1 P2 P3 P4 P5 P6 P7 P8 P9 P10 P11 P12 P13 P14 P15 P16 P17 P18 P19 P20 P21 P22 P23 P24 P25 P26 P27 P28 P29 P30 P31 P32 P33 20% HIVppHxB2 aa 31 Peptid P4 Peptid P6 aa 70 PTGERVWDRGNVTLLCDCPNGPWVWVPAFCQAVGWGDPIT Peptid P5 Abbildung 11: Initiales Peptidscanning - Zellinkubation. CEMx174-M7-R5-Zellen wurden mit 10 µM je Peptid für 1h bei 4°C inkubiert und anschließend mit HIVppHxB2 infiziert. Die Replikationseffizienz wurde drei Tage nach Infektion durch Messung der Luciferaseaktivität in Zelllysaten nachgewiesen. Das Diagramm zeigt Durchschnittswerte von drei bis fünf Einzelversuchen, die jeweils in Dreifachansätzen durchgeführt wurden. Der Bereich in E2, der die hemmenden Peptide P4 und P6 umfasst, ist unterhalb des Diagramms dargestellt. 42 F - Ergebnisse Als nächstes sollte untersucht werden, inwieweit Modifikationen im Inkubationsprotokoll die Ergebnisse beeinflussen können. Deshalb wurde in diesem Versuch getestet, ob die Vorinkubation von HIV-Partikeln mit E2-Peptiden zu anderen Ergebnissen führt. Dafür wurden HxB2-pseudotypisierte (HIVppHxB2) HIV-Reporterpartikel mit einer End- konzentration von 5 µM je Peptid für 1h bei 4°C bzw. 37°C inkubiert. Pro Ansatz wurden 5x104 CEMx174-M7-R5-Zellen in Rundboden-96-Loch-Platten ausgesät und diese mit den vorinkubierten Viren infiziert. Entsprechend den Vorversuchen wurde auch hier die Replikationseffizienz drei Tage nach Infektion über Messung der Luciferaseaktivität in Zelllysaten ermittelt und die HIV-Inhibition im Verhältnis zur Replikation in Zellen berechnet, die mit mock-inkubierten Viren infiziert waren. Die Ergebnisse sind in Abb. 12 dargestellt. Virusinkubation 4°C 100% HIV-Inhibition 80% 60% 40% P28 P29 P30 P31 P32 P33 P29 P30 P31 P32 P33 P24 P27 P23 P24 P25 P28 P22 P23 P27 P21 P22 P25 P26 P20 P21 P19 P18 P19 P20 P17 P16 P15 P14 P13 P12 P11 P9 P10 P8 P7 P6 P4 P5 P3 P2 P1 20% HIVppHxB2 Virusinkubation 37°C 100% HIV-Inhibition 80% 60% 40% P26 P18 P17 P16 P14 P15 P13 P12 P11 P9 P10 P8 P7 P5 P6 P4 P3 P2 P1 20% HIVppHxB2 Abbildung 12: Initiales Peptidscanning - Virusinkubation. HIV-Pseudotypen wurden mit einer Endkonzentration von 5 µM je Peptid für 1h bei 4°C bzw. 37°C inkubiert und 5x104 CEMx174-M7-R5-Zellen mit den vorinkubierten Viren infiziert. Die Replikationseffizienz wurde drei Tage nach Infektion über Messung der Luciferaseaktivität in Zelllysaten ermittelt und die HIV-Inhibition im Verhältnis zur Replikation in Zellen berechnet, die mit mock-inkubierten HIV-Pseudotypen infiziert waren. Die Versuche wurden in Triplikaten durchgeführt, das Diagramm zeigt die Mittelwerte von drei unabhängigen Versuchen. 43 F - Ergebnisse Auch in diesen Versuchsansätzen vermitteln die Peptide P4 und P6 eine starke und spezifische Hemmung der HIV-Replikation. Interessanterweise ist bei Inkubation der HIVPartikel bei 4°C ein tendenziell erhöhtes Auftreten unspezifischer Effekte zu beobachten. Hier zeigen fast alle Peptide einen zumindest schwachen inhibitorischen Effekt mit relativ großen Standardabweichungen. Die Ergebnisse bei Inkubation der HIV-Partikel mit Peptiden unter physiologischen Bedingungen bei 37°C sind etwas eindeutiger. Auch hier treten im mittleren Bereich von E2 vereinzelt Peptide mit moderater HIV-inhibitorischer Aktivität auf, die Abweichung der Einzelwerte fällt im Vergleich zur 4°C-Inkubation jedoch etwas geringer aus. Im Allgemeinen spiegelt dieser Versuch die Ergebnisse aus den Experimenten mit peptidvorinkubierten Zellen wider. Im folgenden Experiment wurden Peptide und Viruspartikel gleichzeitig zu den Zellen gegeben, ohne dass eine längere Inkubationszeit eingehalten wurde. Auch hier wurden 5x104 CEMx174-M7-R5-Zellen in Rundboden-96-Loch-Platten ausgesät. Anschließend wurden Endkonzentrationen von 5 µM je Peptid und HIV-Reporterpartikel (HIVppHxB2) zugegeben. Drei Tage nach Infektion wurden die infizierten Zellen lysiert und die Luciferasaktivität in den Zelllysaten mittels Luciferaseassay bestimmt. Die Hemmung der HIV-Replikation wurde als Verhältnis der Luciferaseaktivität in peptid- und lösungsmittelinkubierten (mockinkubierten) Zellen berechnet. Die erhaltenen Werte sind in Abbildung 13 dargestellt. Auch hier zeigt sich, dass die stärkste HIV-Inhibition von den Peptiden 4 und 6 ausgeht. 100% HIV-Inhibition 80% 60% 40% P33 P32 P31 P30 P29 P28 P27 P26 P25 P24 P23 P22 P21 P20 P19 P18 P17 P16 P15 P14 P13 P12 P11 P9 P10 P8 P7 P6 P5 P4 P3 P2 P1 20% HIVppHxB2 Abbildung 13: Initiales Peptidscanning – direkte Infektion. CEMx174-M7-R5-Zellen wurden mit HIVppHxB2 infiziert. Peptide wurden direkt vor Infektion in einer Endkonzentration von je 5 µM zugegeben. Die Replikationseffizienz wurde drei Tage nach Infektion durch Messung der Luciferaseaktivität in Zelllysaten nachgewiesen. Das Diagramm zeigt Durchschnittswerte von drei bis sechs Einzelversuchen, die jeweils in Dreifachansätzen durchgeführt wurden. 44 F - Ergebnisse Die meisten verwendeten Peptide sind mit einem Anteil an hydrophoben AS-Resten von >50% stark hydrophop. Sie sind daher unlöslich in wässrigen Lösungsmitteln und Puffern. Als Lösungsmittel für hydrophobe Peptide wird im Allgemeinen DMSO verwendet, das jedoch aufgrund seiner Zytotoxizität in Zellkulturexperimenten kritisch sein kann. Auch wenn einige der Peptide durchaus in wässrigen Puffern lösbar sind, sollte für die Experimente ein einheitliches Lösungsmittel verwendet werden. Die Peptide wurden daher in 75% DMSO/H20 gelöst. Um zytotoxische Effekte von DMSO in den verwendeten Konzentrationen auszuschließen, wurde ein Proliferations-Assay durchgeführt. Peptide gelten im Allgemeinen als nicht toxisch. Sie wurden in diesem Versuch jedoch zusätzlich einzeln untersucht, um eine Beeinflussung der Zellproliferation auszuschließen. Zur Untersuchung der Proliferation wurde das CellTiter 96® AQueous One Solution Cell Proliferation Assay-Kit (Promega, Mannheim) verwendet. Diese Methode erlaubt die kolorimetrische Bestimmung der Zahl lebender Zellen. Metabolisch aktive Zellen produzieren durch Dehydrogenasen NADPH und NADH. Diese Koenzyme reduzieren die MTSTetrazolium-Komponente des Assay-Reagenz, es entsteht das lösliche Formazan. Dieser Farbstoff kann photometrisch bei 490 nm nachgewiesen und daraus die Zahl der metabolisch aktiven Zellen abgeleitet werden. Es wurden 5x104 CEMx174-M7-R5-Zellen in Rundboden96-Loch-Platten ausgesät und Endkonzentrationen von 10 µM des jeweiligen Peptids bzw. die entsprechende Menge DMSO zugegeben. Die Zellen wurden nun drei Tage im Brutschrank inkubiert. Anschließend wurden pro Ansatz 20 µl der CellTiter 96® AQueous One Solution120% Proliferation 100% 80% 60% P33 P32 P31 P30 P29 P28 P27 P26 P25 P24 P23 P22 P21 P20 P19 P18 P17 P16 P15 P14 P13 P12 P11 P9 P10 P8 P7 P6 P5 P4 P3 P2 P1 Mock 0,1% DMSO 40% Abbildung 14: Proliferations-Assay. CEMx174-M7-R5-Zellen wurden mit 5 µM je Peptid (Endkonzentration) bzw. einer entsprechenden Konzentration DMSO für drei Tage inkubiert. Anschließend wurde die Proliferation der Zellen mit dem CellTiter 96® AQueous One Solution Cell Proliferation Assay-Kit nach Angaben des Herstellers bestimmt und die Proliferationsrate in Bezug auf mock-inkubierte Zellen berechnet. Jeder Einzelversuch wurde in Triplikaten durchgeführt, die Abbildung zeigt Mittelwerte von zwei unabhängigen Versuchen. 45 F - Ergebnisse Reagenz zugegeben und für 2h bei 37°C inkubiert. Danach wurde die Absorption bei 490nm in einem ELISA-Reader gemessen. Die Proliferation der behandelten Zellen wurde im Verhältnis zu unbehandelten Zellen berechnet. Die Ergebnisse sind in Abbildung 14 dargestellt. DMSO sowie die verwendeten Peptide (mit Ausnahme des Peptids P32) beeinflussen die Proliferation der Zellen in den verwendeten Konzentrationen nicht maßgeblich. Die Hemmung der Proliferation durch P32 erscheint jedoch nicht relevant, da dieses Peptid in keinem Versuchsansatz eine signifikante HIV-Hemmung induzierte und nicht in weiterführende Versuche einbezogen wurde. 3. Eingrenzung der HIV-inhibitorischen Domäne und Identifizierung der wirksamsten E2-Peptide Nachdem in den vorangegangen Untersuchungen die E2-Peptide P4 und P6 als potente HIVInhibitoren bestimmt werden konnten, sollte im Folgenden der inhibitorische Bereich in E2 weiter eingegrenzt und die wirksamsten Peptide identifiziert werden. P4 und P6 repräsentieren die Aminosäuren 31 bis 70 des E2-Proteins. Für dieses Vorhaben wurden nun 20mer Peptide entworfen, die in 18 Aminosäuren überlappen und den Bereich in E2 von Aminosäure 23 bis 78 abdecken (Tab. 4). Für dieses Experiment wurden 5x104 CEMx174M7-R5-Zellen mit HIVppHxB2 infiziert. Die Peptide wurden direkt vor Infektion in einer Endkonzentration von 5 µM zugegeben. Die Replikationseffizienz wurde drei Tage nach Infektion über Messung der Luciferaseaktivität in Zelllysaten gemessen und die HIVInhibition im Verhältnis zu mock-behandelten Zellen berechnet. Peptidnr. P4-1 P4-2 P4-3 P4-4 P4 P4-5 P4-6 P4-7 P4-8 P5 P6-1 P6-2 P6-3 P6-4 P6 P6-5 P6-6 P6-7 P6-8 Position AS 23-42 25-44 27-46 29-48 31-50 33-52 35-54 37-56 39-58 41-60 43-62 45-64 47-66 49-68 51-70 53-72 55-74 57-76 59-78 Sequenz Ac-CRANGSRIPTGERVWDRGNV Ac-ANGSRIPTGERVWDRGNVTL Ac-GSRIPTGERVWDRGNVTLLC Ac-RIPTGERVWDRGNVTLLCDC Ac-PTGERVWDRGNVTLLCDCPN Ac-GERVWDRGNVTLLCDCPNGP Ac-RVWDRGNVTLLCDCPNGPWV Ac-WDRGNVTLLCDCPNGPWVWV Ac-RGNVTLLCDCPNGPWVWVPA Ac-NVTLLCDCPNGPWVWVPAFC Ac-TLLCDCPNGPWVWVPAFCQA Ac-LCDCPNGPWVWVPAFCQAVG Ac-DCPNGPWVWVPAFCQAVGWG Ac-PNGPWVWVPAFCQAVGWGDP Ac-GPWVWVPAFCQAVGWGDPIT Ac-WVWVPAFCQAVGWGDPITHW Ac-WVPAFCQAVGWGDPITHWSH Ac-PAFCQAVGWGDPITHWSHGQ Ac-FCQAVGWGDPITHWSHGQNQ Tabelle 4: Sequenzen und Position der verwendeten Peptide 46 F - Ergebnisse HIV-Inhibition 20% 40% 60% 80% 100% P4-1 P4-2 P4-3 P4-4 P4 P4-5 P4-6 P4-7 P4-8 P5 P6-1 P6-2 P6-3 P6-4 P6 P6-5 P6-6 P6-7 P6-8 HIVppHxB2 Peptid P4 Peptid P6 CSCRANGSRIPTGERVWDRGNVTLLCDCPNGPWVWVPAFCQAVGWGDPITHWSHGQNQWP Peptid P3 Peptid P5 aa 21 Peptid P7 aa 80 Abbildung 15: Eingrenzung des inhibitorischen Bereichs in E2. CEMx174-M7-R5-Zellen wurden nach Zugabe von E2-Peptiden (5 µM Endkonzentration) mit HIVppHxB2 infiziert. Die Replikationseffizienz wurde drei Tage nach Infektion über Messung der Luciferaseaktivität in Zelllysaten ermittelt und die HIV-Inhibition im Verhältnis zu mock-inkubierten Zellen berechnet. Die Versuche wurden in Triplikaten durchgeführt, das Diagramm zeigt die Mittelwerte von drei unabhängigen Versuchen. In diesem Feinscreening konnte der inhibitorische Bereich in E2 zwischen AS 29 bis 72 (P4-4 bis P6-5) bestätigt werden. Wie in Abbildung 15 zu sehen, hemmen die Peptide P4-4, P4, P4-7, P4-8 und P6-1 bis P6-5 die HIV-Replikation zu mindestens 50%. Die durch P4-5, P4-6 und P5 vermittelte Inhibition ist etwas schwächer mit Inhibitionsraten von ca. 35%. Die Peptide P4-7 und P6-1 bis P6 vermitteln in diesen Versuchen die stärkste HIV-Hemmung. Diese Peptide unterdrücken die HIV-Replikation in den verwendeten Endkonzentrationen von 5 µM fast komplett (ca. 95% Inhibition). Für weiterführende Experimente wurden diese Peptide, die vermutlich den Kernbereich der HIV-inhibitorischen Region repräsentieren, zur Bestimmung der mittleren inhibitorischen Konzentration (half maximal inhibitory concentration, IC50) herangezogen, um die Potenz dieser Peptide zu bestimmen. Diese 47 F - Ergebnisse Titrationen wurden mit klinischen HIV-1-Isolaten durchgeführt, um gleichzeitig die Wirksamkeit der Peptide auf Wildtyp-HIV zu untersuchen. Es wurden die Isolate 92UG024 (X4-trop, Subtyp D3) und RU570 (R5-trop, Subtyp G) verwendet. Als suszeptible Zelllinie wurden TZM-bl-Zellen verwendet. Diese HeLa-Derivate exprimieren den HIV-Rezeptor CD4 sowie die Korezeptoren CXCR4 und CCR5 auf ihrer Oberfläche. Sie enthalten außerdem ein Luciferasegen unter Kontrolle des HIV-LTR, was die Detektion infizierter Zellen mittels Luciferaseassay erlaubt. Für diese Experimente wurden 1x104 TZM-bl-Zellen am Vortag der Infektion in Flachboden-96-Loch-Platten ausgesät. Die Peptide wurden direkt vor Infektion in einer Endkonzentration von 200 µM zugegeben und in einer Verdünnungsreihe jeweils 1:5 weiter verdünnt. Die Zellen wurden mit den HIV-Isolaten 92UG024 und RU570 infiziert und die Replikationseffizienz drei Tage nach Infektion über Luciferaseassay bestimmt. Die Hemmung der HIV-Replikation wurde im Verhältnis zu unbehandelten Zellen berechnet und die IC50-Werte aus den erhaltenen Titrationskurven mit SigmaPlot11 berechnet. Die Ergebnisse sind in Abbildung 16 dargestellt und die IC50-Werte tabellarisch aufgelistet. Es ist zu sehen, dass alle getesteten Peptide die HIV-Replikation der beiden verwendeten HIVIsolate effizient hemmen können. Als besonders potent zeigen sich die Peptide P4-7, P6-1 und P6-2 mit IC50-Werten zwischen 1,3 und 3,3 µM. Diese Peptide repräsentieren den Bereich von AS 37 bis 64 in E2. Diese Region stellt vermutlich eine Kerndomäne der E2-vermittelten HIV-Inhibition dar. RU570 (R5, clade G) 92UG024 (X4, clade D3) 100% P4 P4-7 P6-1 P6-2 P6-3 P6-4 P6 75% 50% 25% 0% 0,01 0,1 IC50 1 10 100 1000 HIV-Replikation HIV-Replikation 100% 50% 25% 0% 0,01 µM P4 P4-7 P6-1 P6-2 P6-3 P6-4 P6 75% 0,1 1 10 100 1000 µM P4 P4-7 P6-1 P6-2 P6-3 P6-4 P6 92UG024 15,07 2,95 2,36 3,33 4,00 11,88 16,80 RU570 18,28 2,66 1,29 1,32 2,00 8,04 3,57 Abbildung 16: Titration der E2-Peptide und Bestimmung der IC50 –Werte. TZM-bl-Zellen wurden mit den klinischen HIV-Isolaten 92UG024 und RU570 infiziert. E2-Peptide wurden direkt vor Infektion in unterschiedlichen Konzentrationen zugegeben. Die Replikationseffizienz wurde drei Tage nach Infektion über Messung der Luciferaseaktivität in Zelllysaten bestimmt. Konzentrationen und IC50 –Werte sind in µM angegeben, die Werte der potentesten Peptide sind fett gedruckt. Die Versuche wurden in Triplikaten durchgeführt, die Diagramme zeigen Mittelwerte aus drei unabhängigen Experimenten. 48 F - Ergebnisse 4. Aktivität unterschiedlich modifizierter E2-Peptide In diesen Versuchen sollte die Spezifität des beobachteten HIV-inhibitorischen Effektes der E2-Peptide untersucht werden. Es sollte analysiert werden, in welcher Weise sich Modifikationen auf die antivirale Aktivität der Peptide auswirken. Die inhibitorische Potenz eines Peptids kann durch Anhängen von Acetyl- oder Amidgruppen sowie durch Veränderung der linearen AS-Sequenz drastisch reduziert werden. Außerdem befinden sich in der inhibitorischen Kerndomäne des E2-Proteins Cysteinreste, die auf intra- und/oder intermolekulare Disulfidbrücken schließen lassen. Aus diesem Grund wurden verschiedene, modifizierte Peptidvarianten untersucht: Peptide mit zusätzlicher Amidgruppe am C-Terminus (P6-2-NH2), Peptide mit zufällig angeordneter AS-Sequenz (scrambledVarianten, P4-7scr und P6-2scr) und Peptide, in denen die Cysteinreste gegen Serinreste ausgetauscht wurden (P4-7s, P6-2s). In Replikationsversuchen auf TZM-bl-Zellen wurde die HIV-inhibitorische Aktivität der Peptide untersucht. In der ersten Versuchsreihe wurden das Peptid P6-2 und seine modifizierten Varianten P6-2-NH2, P6-2s und P6-2scr getestet. Am Vortag der Infektion wurden 1x104 TZM-blZellen in Flachboden-96-Loch-Platten ausgesät. Die Peptide wurden direkt vor Infektion in einer Endkonzentration von 200 µM zugegeben und in einer Verdünnungsreihe jeweils 1:5 weiter verdünnt. Die Zellen wurden mit den HIV-Isolaten 92UG024 und RU570 infiziert und die Replikationseffizienz drei Tage nach Infektion über Luciferaseassay bestimmt. Die Hemmung der HIV-Replikation in peptidinkubierten Zellen wurde im Verhältnis zur Replikation in unbehandelten Zellen berechnet. Die Titrationskurven sind in Abbildung 17 dargestellt. Peptidnr. P4-7s P4-7scr P6-2s P6-2scr P6-2-NH2 Position AS 37-56 37-56 45-64 45-64 45-64 Sequenz Ac-WDRGNVTLLSDSPNGPWVWV Ac-LNWGTPDWDVRNCVGVLWCP Ac-LSDSPNGPWVWVPAFSQAVG Ac-PLCVNCWPQVCGDFPWGAVA Ac-LCDCPNGPWVWVPAFCQAVG-NH2 Tabelle 5: Sequenzen der verwendeten Peptide und deren Position im E2-Protein. 49 F - Ergebnisse RU570 (R5, clade G) 92UG024 (X4, clade D3) 100% HIV-Replikation HIV-Replikation 100% 75% 50% 25% 0% 0,01 0,1 P6-2 1 P6-2-NH2 10 P6-2s 100 1000 µM 75% 50% 25% 0% 0,01 P6-2scr 0,1 P6-2 1 P6-2-NH2 10 P6-2s 100 1000 µM P6-2scr Abbildung 17: Titrationskurven modifizierter E2-Peptide. TZM-bl-Zellen wurden mit den klinischen HIV-Isolaten 92UG024 (X4) und RU570 (R5) infiziert. E2-Peptide wurden direkt vor Infektion in unterschiedlichen Konzentrationen zugegeben. Die Replikationseffizienz wurde drei Tage nach Infektion über Messung der Luciferaseaktivität in Zelllysaten bestimmt. Konzentrationen sind in µM angegeben. Die Versuche wurden in Triplikaten durchgeführt, die Diagramme zeigen Mittelwerte aus mindestens zwei unabhängigen Experimenten. Beim Betrachten der Titrationskurven bei 50% HIV-Inhibition wird deutlich, dass die antivirale Aktivität des Peptids P6-2 durch unterschiedliche Modifikationen deutlich reduziert wird. Durch das Anhängen der Amidgruppe wird die Aktivität des Peptids um 1 bis 2 logStufen verringert. P6-2-NH2 kann jedoch wie das Ursprungspeptid die Replikation von HIV in hohen Konzentrationen komplett unterdrücken. Die Peptide P6-2s und P6-2scr setzen die Aktivität ebenfalls um 1 bis 2 Größenordnungen im Vergleich zum Ursprungspeptid herab. Der Verlust der Aktivität im Vergleich zum Ursprungspeptid ist hier jedoch deutlicher, da selbst hohe Peptidkonzentrationen bis 200 µM die HIV-Replikation nicht vollständig unterdrücken können. In einem weiteren Experiment wurden zusätzlich zwei HIV-Laborstämme (NL4-3, YU-2) untersucht. Wie oben beschrieben, wurden am Vortag der Infektion 1x104 TZM-bl-Zellen in 96-Loch-Platten ausgesät. Die Peptide wurden direkt vor Infektion in einer Endkonzentration von 100 µM zugegeben und in einer Verdünnungsreihe jeweils 1:5 weiter verdünnt. Die Zellen wurden mit den HIV-Isolaten infiziert und die Replikationseffizienz, wie im Vorangegangenen beschrieben, bestimmt. Die IC50-Werte wurden aus den Titrationskurven berechnet und sind in Tabelle 6 aufgelistet. Dabei ist deutlich zu erkennen, dass die Werte der Varianten mit Cysteinaustauschen bzw. die scr-Varianten allgemein höher sind als die der ursprünglichen Peptide. Die IC50-Werte der Peptide mit Cysteinaustauschen sind um mindestens den Faktor 20 höher als beim Ursprungspeptid. Bei den beiden getesteten HIVLaborstämmen NL4-3 und YU-2 konnte 50 selbst mit der höchsten eingesetzten F - Ergebnisse IC50-Wert (µM) Peptid 92UG024 RU570 NL4-3 YU-2 P4-7 2,9 3,3 3,0 5,2 P6-2 2,7 2,7 2,3 2,4 P4-7s 66,3 63,1 >100 >100 P6-2s 66,6 90,4 >100 >100 P4-7scr 4,4 10,0 >100 86,5 P6-2scr 4,5 8,3 >100 23,5 Tabelle 6: IC50–Werte unterschiedlich modifizierter E2-Peptide im Vergleich. Peptidkonzentration von 100 µM keine maßgebliche Hemmung der HIV-Replikation erzielt werden. Der Austausch von Cysteinresten gegen Serine setzt die inhihitorische Potenz dieser E2-Peptide somit drastisch herab. Ein ähnlicher Effekt ist auch bei den scr-Peptidvarianten zu beobachten, bei denen die Aminosäuren zufällig angeordnet wurden. Der Unterschied zwischen scr-Variante und Ursprungspeptid ist hier zumindest für NL4-3 und YU-2 deutlich. Auf den Primärisolaten 92UG024 und RU570 unterscheiden sich die IC50-Werte jedoch nur um den Faktor 2 bis 3. Der Unterschied zwischen Ursprungspeptid und scr-Variante ist weniger deutlich als bei Peptiden mit Cysteinaustauschen. Zusammenfassend spielen sowohl die lineare Sequenz als auch die Anwesenheit von Cysteinresten in den inhibitorischen E2-Peptiden eine wichtige Rolle in der peptidvermittelten Hemmung der HIV-Replikation. 5. Inhibitorische Potenz der E2-Peptide auf verschiedenen Stämmen von Immundefizienzviren In den vorangegangen Versuchen konnte gezeigt werden, dass der Bereich von AS 37 bis 64 die Kerndomäne darstellt, die für die GBV-C E2-vermittelte HIV-Inhibition verantwortlich ist. In weiteren Infektionsversuchen sollte nun die inhibitorische Breite der E2-Peptide ermittelt werden. Dazu wurden zunächst diverse primäre HIV- (SF33, 92UG024, 93BR029, RU570, HIV-2mir) und SIV-Isolate (SIVmac239, SIVmac251) mit einer definierten Peptidkonzentration (Endkonzentration 10 µM) in Bezug auf ihre Hemmbarkeit durch E2-Peptide getestet. Dazu wurden 1x104 TZM-bl-Zellen am Vortag der Infektion in Flachboden-96-Loch-Platten ausgesät. Direkt vor Infektion wurden die Peptide P4 und P6 in einer Endkonzentration von 10 µM zugegeben und die Zellen mit den entsprechenden 51 F - Ergebnisse 100% HIV-Inhibition 80% P4 60% P6 40% 20% SF33 92UG024 93BR029 X4-trop RU570 SIVmac239 R5-trop SIVmac251 HIV-2 SIV / HIV-2 Abbildung 18: Inhibitorische Breite der E2-Peptide. TZM-bl-Zellen wurden mit verschiedenen HIV-/SIV-Subtypen infiziert und Peptide in einer festen Endkonzentration von 10 µM direkt vor Infektion zugegeben. Die Replikationseffizienz wurde drei Tage nach Infektion gemessen und die HIV-Hemmung im Verhältnis zu mock-inkubierten Zellen berechnet. Das Diagramm zeigt Mittelwerte von drei unabhängigen Versuchen. Virusstämmen infiziert. Drei Tage nach Infektion wurde die Replikationsrate, wie bereits beschrieben, gemessen und die HIV-Inhibition berechnet (Abb. 18). Man sieht, dass beide X4-tropen HIV-Stämme durch die Peptide P4 und P6 gehemmt werden, wobei P6 eine stärkere HIV-Inhibition vermittelt. Von den untersuchten R5-tropen HIV-Stämmen konnte 93BR029 von keinem der beiden Peptide inhibiert werden. Das ebenfalls R5-trope HIV-Isolat RU570 konnte jedoch äußerst effizient von P4 und P6 gehemmt werden. Die Replikation der verwendeten SIV-Stämme bzw. von HIV-2mir wurde durch Zugabe von E2-Peptiden in der getesteten Konzentration nicht beeinflusst. In weiterführenden Experimenten wurde eine größere Gruppe von HIV-Subtypen auf ihre Sensitivität für E2-Peptide untersucht. Darüber hinaus wurden die IC50-Werte ausgewählter Peptide auf diesen HIV-Stämmen bestimmt, um deren antivirale Potenz zu ermitteln. Für diese Titrationen wurden die Peptide P4-7, P6-2 und P5, welches zwischen P4-7 und P6-2 liegt, herangezogen. Außerdem wurde ein längeres Peptid entworfen, das den kompletten inhibitorischen Kernbereich in E2 von AS 37 und 64 umfasst. Zusätzlich wurden Titrationen mit P28 durchgeführt. Dieses Peptid entspricht einem Bereich, von dem berichtet wurde, dass es mit dem gp41-Fusionspeptid (gp41-FP) interagiert. Diese Beobachtung impliziert, dass es sich hier ebenfalls um ein HIV-inhibitorisches Peptid handeln müsste (Herrera et al. 2009). Jedoch zeigte dieses Peptid in den vorangegangenen Untersuchungen in 52 F - Ergebnisse Endkonzentrationen von 5-10 µM keine antivirale Wirkung. In diesem Teil der Arbeit sollte noch einmal untersucht werden, ob möglicherweise mit höheren Peptidkonzentrationen bzw. mit anderen HIV-Stämmen ein inhibitorischer Effekt zu beobachten ist. Für die Bestimmung der Potenz (IC50) wurden HPLC-gereinigte Peptide mit einer Reinheit von >90% verwendet. Als Positivkontrolle für die Titrationen diente VIR-576, ein Derivat des virus-inhibitory peptide (VIRIP). VIRIP ist ein 20mer-Peptid, welches ursprünglich aus humanen Hämofiltraten isoliert wurde. Dieses Peptid entspricht der C-proximalen Region des SerinProteaseinhibitors α1-Antitrypsin und hemmt effizient und spezifisch die HIV-1-Replikation durch Bindung an das gp41-Fusionspeptid (gp41-FP) (Munch et al. 2007). VIR-576 wurde uns freundlicherweise von Jan Münch als Referenzprobe zur Verfügung gestellt. Für diese Versuche wurden 1x104 TZM-bl-Zellen am Vortag der Infektion in Flachboden-96Loch-Platten ausgesät. Die Peptide wurden direkt vor Infektion in einer Endkonzentration von 100 µM zugegeben und in einer Verdünnungsreihe jeweils 1:5 weiter verdünnt. Das Experiment wurde, wie bereits beschrieben, über Messung der Luciferaseaktivtät drei Tage nach Infektion ausgewertet. Aus den erhaltenen Titrationskurven (Beispiele in Abb. 19) wurden die entsprechenden IC50-Werte mit SigmaPlot 11 berechnet. Die IC50-Werte konnten bei einigen Experimenten nicht akkurat berechnet werden, da die erhaltenen Titrationskurven nicht vollständig sigmoidal sind. SigmaPlot 11 berechnet in diesem Fall angenäherte Werte, die in Tabelle 7 zusammengefasst sind. Die Daten lassen deutliche Unterschiede zwischen verschiedenen HIV-Stämmen in Bezug auf ihre Sensitivität für E2-Peptide erkennen. Sowohl E2-Peptide als auch VIR-576 zeigen bei den verwendeten Konzentrationen von maximal 100 µM keine antivirale Aktivität auf SIVmac251 und HIV-2mir. Des Weiteren wurde eine Reihe verschiedener HIV-1-Laborstämme und klinischer Isolate untersucht, die unterschiedliche HIV-Subtypen von A bis H repräsentierten. Von diesen 13 getesteten Virusstämmen sind jedoch nur neun sensitiv für E2-Peptide. Die nichtsensitiven HIV-1Stämme (92TH026, 92BR025, 92UG035, 93BR029) werden bei Konzentration bis 100 µM nicht maßgeblich gehemmt. Diese Isolate sind alle R5-trop und gehören den Subtypen B, C, D und F an. Der Subtyp selbst gibt jedoch keinen Aufschluss darüber, ob ein Virusstamm sensitiv für E2-Peptide ist, da andere Vertreter der Subtypen B, D und F durchaus hemmbar sind. Von Subtyp C wurde nur ein Vertreter getestet. Legt man den Korezeptor-Tropismus zugrunde, lässt sich beobachten, dass alle X4-tropen Stämme durch E2-Peptide gehemmt werden, auch wenn das Isolat 92BR020 nur teilweise reaktiv ist. In der Gruppe der R5- und 53 F - Ergebnisse RU570 (R5, clade G) 92UG024 (X4, clade D3) 100% HIV-Replikation HIV-Replikation 100% 75% 50% 25% 0% 0,001 VIR-576 0,01 0,1 P4-7 1 P5 10 P6-2 75% 50% 25% 0% 0,001 100 µM P4762 VIR-576 0,01 P4-7 NL4-3 (X4, clade B) HIV-Replikation HIV-Replikation 75% 50% 25% 0% VIR-576 0,01 0,1 P4-7 1 P5 10 P6-2 100 µM P4762 P6-2 75% 50% 25% 0% 0,001 P4762 VIR-576 0,01 0,1 P4-7 1 P5 10 P6-2 100 µM P4762 JRCSF (R5, clade B) 93BR020 (X4, clade F2) 100% HIV-Replikation HIV-Replikation P5 10 100% 100 µM 100% 75% 50% 25% 0% 75% 50% 25% 0% 0,001 0,01 P4-7 0,1 1 P5 10 P6-2 100 µM 0,001 P4762 0,01 P4-7 HIV-Replikation 50% 25% 0% VIR-576 0,01 P4-7 0,1 P5 1 10 P6-2 100 µM P4762 HIV-2 75% 0,001 0,1 P5 SIVmac251 100% HIV-Replikation 1 YU-2 (R5, clade B) 100% 0,001 0,1 1 10 P6-2 100% 75% 50% 25% 0% 0,001 100 µM P4762 VIR-576 0,01 P4-7 0,1 P5 1 10 P6-2 100 µM P4762 Abbildung 19: Titrationskurven verschiedener Stämme von Immundefizienzviren. TZM-bl-Zellen wurden mit diversen HIV-Stämmen, SIV bzw. HIV-2 infiziert. E2-Peptide wurden direkt vor Infektion in absteigenden Konzentrationen zugegeben und die Replikationsstärke drei Tage nach Infektion gemessen. Die Replikationsrate wurde in Bezug auf unbehandelte Zellen berechnet und gegen die entsprechende Peptidkonzentration aufgetragen. Die Graphen zeigen Mittelwerte aus mindestens drei unabhängigen Versuchen, die jeweils in Triplikaten durchgeführt wurden. 54 F - Ergebnisse dualtropen HIV-Stämme waren nur vier der acht getesteten Isolate mindestens schwach sensitiv. Die anderen vier Isolate konnten auch mit einer maximalen Peptidkonzentration von 100 µM nicht gehemmt werden. Somit lässt sich ausgehend vom Korezeptor-Tropismus oder HIV-Subtyp keine sichere Aussage über die Sensitivität von HIV-Stämmen gegenüber E2Peptiden treffen. Die antivirale Potenz der Peptide schwankt stark zwischen getesteten Isolaten und ist somit stammabhängig. Als wirksamste E2-Peptide haben sich das 20mer P6-2 (AS 45 bis 64) und das 28mer P4762 (AS 37 bis 64) herauskristallisiert. Für diese lag der IC50-Wert zwischen <0,1 µM und ca. 2 µM für suszeptible HIV-Isolate und war somit mit der antiviralen Potenz der Referenzprobe VIR-576 vergleichbar. Bei P4762 ist im Vergleich zu den kürzeren Peptiden P4-7 und P6-2 keine signifikant erhöhte Wirksamkeit zu beobachten. Synergistische Effekte sind daher auszuschließen. Im Gegensatz dazu wurde auch in diesen Versuchsansätzen keine inhibierende Aktivität von P28 beobachtet, von dem beschrieben wurde, dass es mit dem gp41-FP interagieren soll (Herrera et al. 2009). Auch bei der maximal eingesetzten Peptidmenge von 100 µM konnte hier keine signifikante Beeinflussung der HIV-Replikation nachgewiesen werden. Peptid HIV-Stamm Tropismus Subtyp VIR-576 P4-7 P5 P6-2 P4762 P28 92UG029 X4 A n.d. 0,76 5,05 1,44 0,85 n.d. NL4-3 X4 B 0,11 3,01 5,72 2,30 1,03 > 100 SF33 X4 B n.d. 10,21 3,84 0,96 1,92 n.d. YU-2 R5 B 0,55 5,21 7,30 2,39 1,97 > 100 JRCSF R5 B n.d. 98,68 85,08 > 100 > 100 n.d. 92TH026 R5 B n.d. > 100 > 100 > 100 > 100 n.d. 92BR025 R5 C n.d. > 100 > 100 > 100 > 100 n.d. 92UG035 R5 D2 n.d. > 100 > 100 > 100 > 100 n.d. 92UG024 X4 D3 0,31 0,33 0,71 0,08 0,13 > 100 93BR029 R5 F1 n.d. > 100 > 100 > 100 > 100 n.d. 92BR020 X4 F2 n.d. > 100 94,35 > 100 20,78 n.d. RU570 R5 G 21,82 0,74 1,96 0,58 0,09 > 100 V1557 X4/R5 H n.d. 72,23 80,54 > 100 > 100 n.d. SIVmac251 > 100 > 100 > 100 > 100 > 100 n.d. HIV-2 > 100 > 100 > 100 > 100 > 100 n.d. Tabelle 7: IC50­Werte der E2­Peptide. Die Werte sind in µM angegeben. n.d.: nicht durchgeführt. 55 F - Ergebnisse 6. Angriffspunkte der E2-Peptide im HIV-Replikationszyklus Replikationsversuche mit pseudotypisierten HIV-Partikeln sind ein adäquates Mittel, um Einflüsse auf frühe Replikationsschritte zu untersuchen. Die verwendeten pseudotypisierten Viren bestehen aus einem NL4-3-Kapsid mit unterschiedlichen Hüllproteinen (vgl. Abb. 6). Diese verschieden pseudotypisierten HIV-Reporterpartikel unterscheiden sich lediglich in ihrem Hüllprotein, welches einem HIV-Ursprung entstammen, aber auch von anderen umhüllten Viren abgeleitet werden kann. Die pseudotypisierten Viren können so über verschiedene Mechanismen in die Zielzelle eindringen. Somit verlaufen nur frühe Replikationsschritte (Bindung, Fusion und Uncoating) unterschiedlich. In diesem Versuch sollte untersucht werden, ob die Behandlung mit E2-Peptiden diese frühen Replikationsschritte beeinflusst. Es wurden Reporterpartikel verwendet, die mit X4- bzw. R5-tropen HIV-Hüllproteinen (HxB2 env bzw. ADA env, beide Subtyp B) oder dem heterologen G-Hüllprotein des Vesikulären Stomatitis-Virus (VSV) pseudotypisiert waren. Während HIV-pseudotypisierte Viren über Bindung an den Rezeptor CD4 und den Korezeptor CXCR4 bzw. CCR5 und anschließender Membranfusion in die Wirtszelle gelangen, geschieht dies bei VSV-G-pseudotypisierten Partikeln über andere ubiquitäre Rezeptoren und anschließende Endozytose. So kann unterschieden werden, ob E2-Peptide die 100% HIV-Inhibition 80% P4 P6 60% 40% 20% HIVppHxB2 (X4) HIVppADA (R5) HIVppVSV Abbildung 20: E2-Peptide interferieren mit frühen HIV-Replikationsschritten. CEMx174-M7-R5 wurden mit HIV-Pseudotypen infiziert. Peptide wurden direkt vor Infektion in einer Endkonzentration von je 5 µM zugegeben. Die Replikationseffizienz wurde drei Tage nach Infektion durch Messung der Luciferaseaktivität in Zelllysaten nachgewiesen. Das Diagramm zeigt Durchschnittswerte von drei Einzelversuchen, die jeweils in Dreifachansätzen durchgeführt wurden. 56 F - Ergebnisse HIV-spezifische Bindung und/oder Fusion beeinflussen (Abb. 5 Punkt 1 und 2) oder mit späteren Replikationsschritten interferieren. Für diese Untersuchungen wurden direkt vor Infektion mit HIV-Reporterviren (HIVppHxB2, HIVppADA und HIVppVSV) 5 µM der jeweiligen Peptide (Endkonzentration) zu CEMx174-M7-R5-Zellen zugegeben. Die Replikationseffizienz wurde entsprechend der vorangegangenen Versuche über Messung der Luciferaseaktivität ermittelt und die HIV-Inhibition im Verhältnis zu mock-inkubierten (PBSo-inkubierten) Zellen berechnet. Die Ergebnisse sind in Abbildung 20 dargestellt. Die Replikation von HIVppHxB2 wird durch Zugabe von E2-Peptiden deutlich gehemmt, nicht jedoch die Replikation von HIVppADA und VSV-G-pseudotypisierten HIV-Partikeln. Daraus lässt sich schließen, dass E2-Peptide frühe Replikationsschritte (Entry) beeinflussen, da sich die verwendeten Pseudotypen lediglich in ihren Hüllproteinen unterscheiden. Bei der Beeinflussung von Post-Entry-Schritten durch E2-Peptide könnten mit dem verwendeten Testsystem keine Unterschiede in der Replikation detektiert werden. Da HxB2- und ADApseudotypisierte HIV-Partikel unterschiedlich sensitiv sind, lassen diese Versuche die Vermutung zu, dass das HIV-Hüllprotein die Sensitivität für E2-Peptide bestimmt. Daraus ergibt sich die Frage, ob von E2 abgeleitete Peptide direkt mit Komponenten der Virushülle wie gp120 und/oder gp41 interagieren. 7. Zielstrukturen der E2-Peptide Im Weiteren sollte eingegrenzt werden, an welche Zielstrukturen E2-Peptide binden können. Dazu sollte zunächst überprüft werden, ob E2-Peptide an zelluläre Zielstrukturen binden können. Hierzu wurden 5x104 CEMx174-M7-R5-Zellen mit Endkonzentrationen von 5 µM je Peptid für 1h bei 4°C in 100 µl Medium inkubiert und anschließend mit PBSo gewaschen, um ungebundene Peptide zu entfernen. Als Kontrolle wurde der Fusionsinhibitor AMD-3100 (100 µM Endkonzentration) verwendet, welcher als small molecule antagonist den zellulären CXCR4-Korezeptor bindet und somit die Infektion X4-troper HIV-Partikel verhindern kann. Die Zellen wurden in Medium resuspendiert, in Rundboden-96-Loch-Platten ausgesät und anschließend mit HxB2-pseudotypisierten HIV-Partikeln infiziert. Die Replikationseffizienz wurde drei Tage nach Infektion über Messung der Luciferaseaktivität ermittelt und die HIVInhibition im Verhältnis zu mock-inkubierten (PBSo-inkubierten) Zellen berechnet. Die Ergebnisse sind in Abbildung 21 dargestellt. Im Gegensatz zu AMD-3100 können unter diesen Versuchsbedingungen P4 als auch P6 keine HIV-Hemmung vermitteln. Demzufolge ist unwahrscheinlich, dass sich die Zielstruktur der Peptide P4 und P6 auf der Zelloberfläche befindet. AMD-3100 bindet an CXCR4 57 und blockiert die Bindung F - Ergebnisse HIV-Inhibition 100% 80% 60% 40% 20% 0% P4 P6 AMD-3100 HIVppHxB2 Abbildung 21: E2-Peptide binden nicht an Zellen. CEMx174-M7-R5-Zellen wurden mit den Peptiden P4 und P6 bzw. entsprechenden Kontrollen für 1h bei 4°C inkubiert und anschließend intensiv mit PBSo gewaschen. Die Zellen wurden mir HxB2-Pseudotypen infiziert. Die Replikationseffizienz wurde drei Tage nach Infektion über Messung der Luciferaseaktivität in Zelllysaten ermittelt und die HIV-Inhibition im Verhältnis zu mock-inkubierten Zellen berechnet. Die Versuche wurden in Triplikaten durchgeführt, das Diagramm zeigt die Mittelwerte von drei unabhängigen Versuchen. X4-troper HIV-Pseudotypen an die Zellen. Bei Verwendung dieses Inhibitors bleibt der HIVinhibitorische Effekt nach Waschen der Zellen erwartungsgemäß erhalten, bei peptidinkubierten Zellen jedoch nicht. In weiteren Versuchen sollte nun die mögliche Bindung von E2-Peptiden an HIV-Partikel untersucht werden. Dazu wurden HxB2-pseudotypisierte HIV-Reporterpartikel in 100 µl Medium mit Endkonzentrationen von 5 µM der Peptide P4 und P6 für 1h bei 37°C inkubiert und anschließend mit Medium gewaschen, um ungebundene Peptide zu entfernen. Dazu wurde das 1,5 ml-Reaktionsgefäß mit Medium aufgefüllt. Nach Zentrifugation bei 15.000 rpm für 30 min wurde der Überstand verworfen. Anschließend wurden noch einmal 1,5 ml Medium zugeben und ein weiteres Mal zentrifugiert. Der Überstand wurde verworfen und die pelletierten Viren in 100 µl Medium je Ansatz resuspendiert. 5x104 CEMx174-M7-R5-Zellen wurden in Rundboden-96-Loch-Platten ausgesät und mit den vorinkubierten Viren infiziert. Die Replikationsrate wurde, wie oben beschrieben, bestimmt und die Hemmung der HIVReplikation in Bezug auf Zellen berechnet, die mit mock-inkubierten Viren infiziert waren. Abbildung 22 zeigt die Ergebnisse dieser Versuche. Die Hemmung der Replikation von 58 F - Ergebnisse HIV-Inhibition 100% 80% 60% 40% 20% 0% P4 P6 T-20 HIVppHxB2 Abbildung 22: E2-Peptide interagieren mit HIV-Partikeln. HIVppHxB2 wurden mit den Peptiden P4 und P6 sowie entsprechenden Kontrollen für 1h bei 37°C inkubiert und anschließend intensiv mit Medium gewaschen. CEMx174-M7-R5-Zellen wurden mit vorinkubierten HxB2Pseudotypen infiziert. Die Replikationseffizienz wurde drei Tage nach Infektion über Messung der Luciferaseaktivität in Zelllysaten ermittelt und die HIV-Inhibition im Verhältnis zu mock-inkubierten Zellen berechnet. Die Versuche wurden in Triplikaten durchgeführt, das Diagramm zeigt die Mittelwerte von zwei unabhängigen Versuchen. HIVppHxB2 bleibt auch nach Waschen der Viren erhalten. Der Fusionsinhibitor T-20 bindet an gp41, vermittelt in diesem Versuchsansatz jedoch keine Inhibition. T-20 bindet an eine transitorische Form des gp41, welche sich erst nach Virusbindung an den zellulären Rezeptor bildet. Diese Beobachtung spricht für eine direkte Interaktion zwischen E2-Peptiden und HIV-Partikel. Im Weiteren sollte im Hämolyse-Test untersucht werden, ob E2-Peptide mit dem Fusionspeptid des HIV-1 gp41-Proteins (gp41-FP, AVGIGALFLGAAGSTMGARS-NH2) interagieren. Fusionspeptide sind hydrophobe Bereiche im Protein, die helikale Strukturen ausbilden, welche leicht in Membranen eindringen und diese destabilisieren können. Sie ermöglichen dadurch das Einschleusen des Viruskapsids in die Wirtszelle. Das gp41-FP allein ist in der Lage, in diesem Testsystem die Erythrozytenmembran aufzulösen. Durch Lyse der Membran wird Hämoglobin freigesetzt, die Menge des freien Hämoglobins kann photometrisch bestimmt werden. Sollten E2-Peptide mit dem gp41-FP interagieren, müsste dies als Hemmung der gp41-vermittelten Lyse von Erythrozyten zu beobachten sein. Dazu wurden Erythrozyten mit gp41-FP allein bzw. zusammen mit verschiedenen E2-Peptiden 59 F - Ergebnisse 100% Hämolyse 80% 60% 40% 20% 0% gp41-FP P1 VIR-576 100 µM gp41-FP + 100 µM Peptid P4-7 P6-2 100 µM gp41-FP + 10 µM Peptid Abbildung 23: E2-Peptide hemmen die gp41-FP-vermittelte Hämolyse. Erythrozyten wurden mit gp41-FP und E2-Peptiden bzw. VIR-576 für 1h bei 37°C inkubiert. Die Absorption des freigesetzten Hämoglobins wurde bei 405nm gemessen. Die Hämolyserate wurde in Bezug auf Erythrozyten berechnet, die nur mit gp41-FP inkubiert waren, berechnet. Die Versuche wurden in Duplikaten durchgeführt, das Diagramm zeigt die Mittelwerte von zwei unabhängigen Versuchen. inkubiert. Das Peptid P1 diente als Negativkontrolle, da es in vorangegangenen Tests keine antivirale Aktivität zeigte. Als Positivkontrolle wurde VIR-576 verwendet, welches nachweislich mit dem gp41-FP interagiert (Munch et al. 2007). Die zu untersuchenden Peptide wurden in Endkonzentration von 100 µM und 10 µM eingesetzt, das gp41-FP in Endkonzentrationen von 100 µM. Erythrozyten wurden zusammen mit den entsprechenden Peptiden für 1h bei 37°C inkubiert. Anschließend wurde die Absorption des freigesetzten Hämoglobins photometrisch bei 405nm gemessen und die Hämolyserate in peptidinkubierten Erythrozyten in Relation zu Erythrozyten berechnet, die nur mit gp41-FP inkubiert waren. Die Ergebnisse sind in Abbildung 23 dargestellt. Das Peptid P1 inhibiert die gp41-FP-vermittelte Lyse der Erythrozyten nicht. VIR-576 interagiert mit dem gp41-FP und hemmt die Destabilisierung der Erythrozytenmembran. Der Effekt ist dosisabhängig. Die Peptide P4-7 und P6-2 unterdrücken ebenfalls effizient die Lyse der Erythrozyten. Diese Ergebnisse implizieren, dass die HIV-inhibitorischen E2-Peptide mit dem gp41-FP interagieren. 60 G - Diskussion G - Diskussion 1. N-terminale Peptide des GBV-C Glykoproteins E2 hemmen die HIV-Replikation Epidemiologische Studien haben gezeigt, dass eine GBV-C-Infektion einen positiven Effekt auf Krankheitsverlauf und Überlebensdauer von koinfizierten HIV-Patienten vermittelt (Xiang et al. 2001, Tillmann et al. 2001, Williams et al. 2004). Unsere Arbeitsgruppe konnte in früheren Arbeiten zeigen, dass das GBV-C-Glykoprotein E2 eine wichtige Rolle in der Interferenz mit HIV spielt und die Replikation von HIV hemmen kann. Sowohl die Expression von E2 in Zellen als auch die Inkubation von Zellen mit rekombinantem E2 vermittelte hierbei eine Hemmung der HIV-Replikation (Jung et al. 2005, Jung et al. 2007). Für diese Arbeiten wurde eine verkürzte Form von E2 (E2(340)-Fc) verwendet, bei der die Transmembrandomäne durch die humane IgG1-Fc-Domäne ersetzt wurde. Diese Verkürzung sowie das Anhängen des Fc-Fragments ermöglichen die Produktion und Sekretion von rekombinantem Protein von eukaryonten Zellen. Zu Beginn sollten in einführenden Experimenten zu dieser Arbeit die bereits bekannten Daten reproduziert werden. Dazu musste zunächst rekombinantes E2 in Zellen produziert und aus Zellkulturüberständen aufgereinigt werden. Dabei traten Schwankungen in Proteinausbeute und Qualität des rekombinanten E2(340)-Fc auf, was sich auch in den Versuchsergebnissen widerspiegelte. So konnte nicht mit jeder E2-Charge der HIV-inhibitorische Effekt von E2 beobachtet werden, mit qualitativ guten Aufreinigungen waren die Ergebnisse aus den Vorarbeiten jedoch reproduzierbar. Nach den einführenden Experimenten sollten im Weiteren mögliche HIV-inhibitorische Domänen in E2 identifiziert werden. Dazu wurden Peptide herangezogen, die den Bereich in E2 von AS 1 bis 340 repräsentieren. Dies entspricht der verkürzten E2-Variante, die in den vorangegangen Versuchen verwendet wurde. Bei den Peptiden handelte es sich um 20mere, die in 10 AS überlappen. Dabei stellte sich zunächst die Frage, ob sich auch mit Peptiden, die jeweils nur einen kleinen Ausschnitt von E2 repräsentieren, eine Hemmung der HIVReplikation erzielen lässt. In initialen Screening-Experimenten konnten jedoch die Peptide P4 und P6 als potente HIV-Inhibitoren identifiziert werden. Diese Peptide repräsentieren den N-terminalen Bereich in E2 von AS 31 bis 70. Dieser Bereich wurde in einem weiterführenden Peptidscanning genauer untersucht. Dazu wurden 20mer-Peptide in Auftrag gegeben, die in 18 AS überlappen und den Bereich von AS 23 bis 78 abdecken. Durch diese feinere Rasterung sollten die HIV-inhibitorische Domäne in E2 weiter eingegrenzt und die wirksamsten Peptide identifiziert werden. In Replikationsversuchen mit HIV-Pseudotypen auf CEMx174-M7-R5-Zellen mit einer definierten Peptidendkonzentration von 5 µM konnte 61 G - Diskussion gezeigt werden, dass Peptide des Bereichs von AS 29 bis 72 äußerst effizient die Replikation von HIV hemmen können und diese Region somit eine inhibitorische Domäne in E2 repräsentiert. In weiterführenden Titrationsversuchen mit Wildtypviren auf TZM-bl-Zellen zeigten die Peptide P4-7 (AS 37 bis 56), P6-1 (AS 43 bis 62) und P6-2 (AS 45 bis 64) die größte HIV-inhibitorische Potenz mit IC50-Werten zwischen 1,3 und 3,3 µM für die Stämme 92UG024 und RU570. Der Bereich in E2 von AS 37 bis 64 bildet somit eine inhibitorische Kerndomäne. Im Weiteren sollte die Spezifität des beobachteten HIV-inhibitorischen Effekts der E2-Peptide untersucht werden. Es wurde analysiert, in welcher Weise sich Modifikationen der Peptide P4-7 und P6-2 auf deren antivirale Aktivität auswirken. Die inhibitorische Potenz eines Peptids kann durch Anhängen von Acetyl- oder Amidgruppen sowie durch Veränderung der linearen AS-Sequenz drastisch reduziert werden. Außerdem befinden sich in der inhibitorischen Kerndomäne des E2-Proteins Cysteinreste, die auf intra- und/oder intermolekulare Disulfidbrücken schließen lassen. Es zeigte sich, dass die inhibitorische Potenz der Peptide durch verschiedene Modifikationen um mindestens 1 bis 2 log-Stufen herabgesetzt wurde. Bei Peptiden mit veränderter AS-Sequenz bzw. mit Cystein-zu-SerinAustauschen war der Effekt besonders drastisch. Hier ging die inhibitorische Aktivität der Peptide durch Modifikation fast komplett verloren, selbst hohe Peptidkonzentrationen konnten die HIV-Replikation hier nicht vollständig unterdrücken. Die IC50-Werte der scr-Varianten auf den HIV-Stämmen 92UG024, RU570 und YU-2 unterscheiden sich im Vergleich zum Ursprungspeptid jedoch weniger stark als bei Peptiden mit Cysteinaustauschen. In den scr-Peptiden ist die lineare Sequenz im Vergleich zum Ursprungspeptid verändert. Die Cysteinreste sind jedoch vorhanden und intra- oder intermolekulare Wechselwirkungen durch Disulfidbrückenbildung möglich. Dabei ist eine Zyklisierung der Peptide durch intramolekulare Disulfidbrücken, als auch dimere oder oligomere Peptide durch intermolekulare Disulfidbrücken sehr wahrscheinlich. Cysteine bilden in aller Regel auch ohne Zugabe von Oxidationsmittel Disulfidbrücken aus. Daher sind Cysteinreste im Protein vorwiegend in Disulfidbrücken eingebunden. Freie Reste sind selten und meist sterisch abgeschirmt oder befinden sich in einem reduzierenden Milieu. Cysteine tragen durch Disulfidbrückenbildung hauptsächlich zur Stabilisierung der Proteinstruktur bei. So stabilisiert zum Beispiel das Einfügen von Cysteinresten in den helikalen Bereich der gp41-Ektodomäne das labile gp160-Hüllprotein. Die Bildung von Disulfidbrücken führt darüber hinaus zur Stabilisierung von Env-Trimeren (Farzan et al. 1998). In gp41 sind zwei Cysteinreste zu finden, die bei retroviralen Transmembran-Hüllproteinen konserviert sind. 62 G - Diskussion Diese sind an der Bildung von intramolekularen Disulfidbrücken beteiligt. Darüber hinaus spielt die Protein-Disulfid-Isomerase (PDI) auf der Oberfläche von Zellen eine wichtige Rolle beim HIV-Entry. Die Inhibition der PDI blockiert die Fusion von HIV mit der Wirtszelle. Dies legt nahe, dass Redoxreaktionen im HIV-Hüllprotein für den Eintritt von HIV in die Zelle essentiell sind (Fenouillet et al. 2001, Barbouche et al. 2003, Yuan et al. 2005). Die stabilisierende Funktion von Disulfidbrücken erklärt die Aktivität der Peptide mit Cysteinresten jedoch nicht ausreichend, da die Disulfidbrücken im Peptid vermutlich nicht mit denen im Protein identisch sind. Es ist vielmehr denkbar, dass durch Zyklisierung bzw. Oligomerisierung der Peptide deren bindende Konformation begünstigt wird und diese dadurch besser an entsprechende Zielstrukturen binden können als lineare SerinPeptidvarianten. Zusammengefasst deuten diese Beobachtungen darauf hin, dass Cysteinreste für die Vermittlung der HIV-Inhibition essentiell sind, da der Austausch der Cysteine gegen Serinreste die Aktivität der E2-Peptide aufhebt. 2. HIV-Isolate unterscheiden sich in ihrer E2-Reaktivität In weiteren Versuchen wurde die inhibitorische Breite der E2-Peptide auf unterschiedlichen Stämmen von Immundefizienzviren getestet. In diesen Experimenten wurden die Peptide P4-7, P5 und P6-2 sowie das längere Peptid P4762, welches den kompletten inhibitorischen Kernbereich in E2 von AS 37 bis 64 umfasst, untersucht. Die stärkste Inhibition in Replikationsversuchen auf TZM-bl-Zellen vermittelten die Peptide P4-7, P6-2 sowie das längere Peptid P4762. Abhängig vom HIV-Isolat lagen die IC50-Werte für die Peptide P6-2 und P4762 zwischen 0,1 und 2 µM, für das Peptid P4-7 bei 0,3 bis 10 µM. Das längere Peptid P4762 zeigte keine deutlich stärkere Wirksamkeit als die kürzeren Peptide P4-7 und P6-2. Synergistische Effekte sind daher auszuschließen. Die Potenz der E2-Peptide ist mit der Potenz von VIR-576 vergleichbar, ein um zwei Größenordnungen potenteres Derivat von VIRIP (Munch et al. 2007). Die Potenz der E2-Peptide reicht jedoch nicht an die Aktivität des Fusionsinhibitors T-20 (Fuzeon®/Enfuvirtide®) oder dessen Derivat T-1249 heran (Gulick 2003). In der vorliegenden Arbeit wurden Peptide im Bereich von AS 29 bis 72 des E2-Proteins identifiziert, die äußerst effizient die HIV-Replikation unterdrücken können. In einer 2010 veröffentlichten Arbeit wurde von Herrera und Mitarbeiter derselbe N-terminale Bereich in E2 als eine inhibitorische Domäne identifiziert (Herrera et al. 2010). Es wurden Peptide untersucht, die das komplette E2-Protein umfassen. Dabei konnten unter anderem drei HIVinhibitorische Peptide identifiziert werden, die den E2-Bereich von AS 31 bis 75 umfassen. 63 G - Diskussion Dieser Bereich ist praktisch identisch mit der HIV-inhibitorischen Domäne der vorliegenden Doktorarbeit. Obwohl in Replikationsstudien beider Arbeiten TZM-bl-Zellen verwendet wurden, waren die N-terminalen Peptide der spanischen Gruppe weniger potent als P4-7, P6-2 und P4762. Ein Grund dafür könnte sein, dass sich die Peptide von unterschiedlichen E2Isolaten ableiten und sich somit in einzelnen Aminosäuren unterscheiden. Weiterhin wurden verschiedene HIV-Isolate verwendet. Von Herrera et al. wurden noch weitere HIVinhibitorischen Peptide identifiziert, deren antivirale Aktivität in der vorliegenden Arbeit jedoch nicht nachgewiesen werden konnte. Das Peptid P124 (AS370-387) wurde in unserer Studie nicht untersucht, da Peptide eingesetzt wurden, die das GBV-C E2-Protein ohne Transmembrandomäne (AS 1 bis 340) repräsentieren. Außerdem wurden in unseren Screenings nur therapeutisch relevante Peptidkonzentrationen von 5 bis 10 µM getestet, wohingegen Herrera et al. mit erheblich höheren Konzentrationen von bis zu 500 µM gearbeitet haben. Dazu schreiben die Autoren, dass alle 124 getesteten E2-Peptide eine schwache inhibitorische Aktivität bei diesen hohen Konzentrationen aufweisen. Dies spricht für eine unspezifische Aktivität der E2-Peptide bei hohen Konzentrationen. Die großen Unterschiede in den eingesetzten Peptidkonzentrationen sind vermutlich auch der Grund, weshalb in unserer Studie nur der N-terminale Bereich als Region mit HIV-inhibitorischer Aktivität identifiziert werden konnte. Interessant ist außerdem, dass Herrera et al. 2009 ein Peptid E2(269-286) beschrieben haben, welches nachweislich mit dem gp41-FP interagiert (Herrera et al. 2010). Sowohl dieses Peptid als auch der gesamte untersuchte Bereich dieser früheren Studie (AS259-287) zeigten in der neusten Arbeit keine Interaktion mit gp41 und keine inhibitorische Wirkung (Herrera et al. 2009, Herrera et al. 2010). Die antivirale Aktivität der E2-Peptide scheint sich auf HIV-1-Isolate zu beschränken. Die Replikation von HIV-2mir, SIVmac239 und SIVmac251 wurde durch Behandlung mit E2-Peptiden auch in hohen Endkonzentrationen von bis zu 100 µM nicht beeinflusst. Es wurden jedoch nur zwei SIV-Isolate und ein HIV-2-Isolat untersucht. Es ist bei dieser geringen Zahl an getesteten Virusstämmen nicht auszuschließen, dass andere Vertreter dieser Immundefizienzviren durch E2-Peptide hemmbar sind. Zumindest die untersuchten Isolate wurden durch die eingesetzten Peptidkonzentrationen nicht maßgeblich beeinflusst. Es ist bekannt, dass der kinetische Prozess der Fusion bei HIV-2 schneller abläuft als bei HIV-1 (Gallo et al. 2006). Das Zeitfenster für die Bindung von Entry-Inhibitoren wie AMD-3100 und C34 ist dadurch verkürzt und HIV-2 somit weniger sensitiv für diese Substanzen. Ein ähnlicher Mechanismus ist auch für SIV denkbar und könnte erklären, weshalb HIV-2 und SIV bei der Behandlung mit E2-Peptiden nicht reaktiv sind. 64 G - Diskussion Aber auch einige der getesteten HIV-1-Isolate der Subtypen A bis H waren bei Behandlung mit E2-Peptiden nur schwach bzw. nicht reaktiv. Die Sensitivität der verschiedenen HIVStämme ist jedoch nicht klar abhängig vom Korezeptorgebrauch oder vom HIV-Subtyp. Im Allgemeinen waren X4-trope Virusstämme allerdings reaktiver in Bezug auf ihre Hemmbarkeit durch E2-Peptide als R5-trope HIV-Stämme, was bereits von Herrera et al. beobachtet wurde (Herrera et al. 2010). Diese Beobachtungen stehen jedoch im Gegensatz zu früheren Untersuchungen unserer Arbeitsgruppe. In Koinfektionsversuchen mit HIV-1 und GBV-C konnte eine größere Bandbreite von HIV-Isolaten gehemmt werden (Jung et al. 2005). Dies lässt darauf schließen, dass der N-terminale Bereich von E2 nur einen Teil der gesamten Interferenz von GBV-C im Allgemeinen und E2 im Speziellen mit HIV-1 bedingt. Eine mögliche Erklärung ist die Annahme, dass mehrere Bereiche in E2 und nicht nur der N-terminale Bereich zwischen AS 29 und 72 für den vollen inhibitorischen Effekt auf die HIV-1-Replikation benötigt werden. Diese Vermutung wird von Daten von Herrera et al. unterstützt, die mehrere Bereiche in E2 identifizieren konnten, die über Interaktion mit dem gp41-Fusionspeptid die Replikation von HIV-1 in vitro hemmen konnten (Herrera et al. 2010). In dieser Studie wurden Berechnungen in Bezug auf die Hydrophilie von E2-Peptiden und deren Zugänglichkeit im Protein durchgeführt. Die Ergebnisse deuten auf hydrophile Regionen im Bereich der inhibitorischen Peptide hin. Diese Domänen befinden sich nach Computervoraussagen an der Oberfläche des E2-Proteins. Sie wären somit leicht zugänglich und würden Wechselwirkungen Wasserstoffbrückenbindungen und mit anderen Molekülen erlauben. Van-der-Waals-Wechselwirkungen Hier sind wahrscheinlich, welche in Modellsystemen zwischen E2-Peptiden und gp41-FP nachgewiesen werden konnten (Herrera et al. 2010). Durch das Zusammenspiel von mehreren Bereichen in E2 könnte so die volle inhibitorische Aktivität erzielt werden. Einzelne Peptide sind daher möglicherweise in ihrer HIV-inhibitorischen Wirkung limitiert. Eine weitere Erklärung für die größere inhibitorische Breite von GBV-C im Vergleich zu den von E2 abgeleiteten Peptiden könnte sein, dass die Interferenz von GBV-C mit HIV durch mehrere verschiedene Mechanismen vermittelt wird. Dafür sprechen frühere Studien, in denen gezeigt werden konnte, dass eine GBV-C-Infektion die Ausschüttung von HIV-inhibitorischen Chemokinen in primären Lymphozyten induziert und die Expression von GBV-C NS5A die Empfänglichkeit von lymphoiden Zellen gegenüber einer HIV-Infektion herabsetzt (Jung et al. 2005, Xiang et al. 2004, Xiang et al. 2006). In Replikationsversuchen dieser Arbeit auf TZM-bl-Zellen wurde das chemokinresistente HIV-Isolat SF33 untersucht. Dieser HIV- 65 G - Diskussion Stamm wurde durch Zugabe der Peptide P4 und P6 gehemmt. Diese Beobachtung spricht gegen eine Induktion von HIV-inhibitorischen Chemokinen durch diese E2-Peptide. Darüber hinaus ist denkbar, dass unterschiedliche Rezeptor- oder Korezeptor-Spezifitäten den dynamischen Prozess des Eintritts von HIV in die Wirtszelle beeinflussen können, was wiederum die Sensitivität gegenüber E2-Peptiden beeinträchtigen kann. Dieser Effekt wurde bereits für andere Entry-Inhibitoren beschrieben. Der Fusionsinhibitor T-20 ist ein 36merPeptid, das sich von der heptad-repeat-Region 2 (HR2) des HIV-1 gp41 ableitet. Es kann nach Virusbindung an den CD4-Rezeptor an eine Zielsequenz in der HR1 binden und behindert so weitere Konformationsänderungen, die letztendlich zur Fusion von viraler und zellulärer Membran führen. Es ist bekannt, dass es große Unterschiede in der Sensitivität verschiedener HIV-Isolate für T-20 gibt. Diese sind durch unterschiedliche Affinitäten zum Korezeptor bedingt. Hüllproteine mit hoher Affinität zum Korezeptor sind weniger reaktiv auf T-20 als schwach-affine Hüllproteine. Es wird angenommen, dass eine starke Bindung des Hüllproteins an den Korezeptor die Bildung des six-helix-bundles beschleunigt und somit das Zeitfenster für die Bindung von T-20 an gp41 verkürzt. Der Austausch von X4-tropen gegen R5-trope V3-Schleifen in gp120 führt zu einer verringerten Sensitivität für T-20 (Derdeyn et al. 2001, Reeves et al. 2002). Diese Tatsache liefert einen Erklärungsansatz für die geringere Sensitivität von R5-tropen HIV-Stämmen in unseren Versuchen. Darüber hinaus wird angenommen, dass auch Regionen in gp41, die nicht direkt an der Fusion beteiligt sind, die Kinetik des Fusionsprozesses beeinflussen. Diese für die Fusion verantwortlichen Domänen in gp41 sind konserviert. Unterschiede in der C-helikalen Region von gp41 scheinen die Stabilität des six-helix-bundles zu beeinflussen (Gallo et al. 2006, Gallo et al. 2004, Gustchina et al. 2005). Auch der cytoplasmatische Teil von gp41 kann die Fusion beeinflussen. Sowohl bei HIV-1 als auch bei SIV und HIV-2 kann diese Region mit unterschiedlichen Oberflächenmolekülen der Wirtszelle interagieren (Wyss et al. 2005, Wyss et al. 2001, Kim et al. 2002, Tencza et al. 1995, Zhang et al. 1999, Evans et al. 2002). Weiterhin sind drei alpha-helikale Domänen beschrieben, die in HIV-1 hochkonserviert sind. Diese können mit der Plasmamembran der Zielzelle interagieren, diese destabilisieren, die Permeabilität für Ionen verändern und zum Zelltod führen (Miller et al. 1993, Kliger and Shai 1997, Comardelle et al. 1997, Gallo et al. 2006). All diese Faktoren beeinflussen über verschiedene Wege die Fusionskinetik von HIV mit der Wirtszelle. Der KorezeptorTropismus ist somit nur ein kleiner Faktor im komplexen HIV-Entry-Prozess. Durch diese Vielzahl an möglichen Faktoren, die die Wechselwirkungen zwischen Virus und Zelle 66 G - Diskussion beeinflussen, sind auch Schwankungen in der Sensitivität von verschiedenen HIV-Stämmen gegenüber antiviralen Substanzen wie T-20 oder den GBV-C E2-Peptiden zu erklären. Es wird darüber hinaus deutlich, dass auch die Zusammensetzung der Wirtszellmembran einen Einfluss auf die Fusionskinetik hat. In Bezug auf die Reaktivität von T-20 ist beschrieben, dass die Korezeptordichte auf der Wirtszelle die Sensitivität beeinflusst. Eine hohe Korezeptordichte führt zu einer schnellen Membranfusion und verringerter T-20Reaktivität. Bei geringer Korezeptorzahl ist das Gegenteil zu beobachten (Reeves et al. 2002). Die Expression von CD4, CCR5 und CXCR4 ist in TZM-bl-Zellen sehr hoch und somit nur bedingt auf die in vivo-Situation übertragbar. Durch die hohe Korezeptordichte ist es wahrscheinlich, dass das Zeitfenster für den Angriff von E2-Peptiden sehr kurz ist. Dies würde erklären, weshalb in diesem Testsystem viele HIV-Isolate nicht reaktiv waren. Neueste Daten unserer Gruppe weisen darauf hin, dass es Unterschiede in der Reaktivität auf unterschiedlichen Zelltypen gibt. Es zeigte sich eine große Übereinstimmung der Ergebnisse auf TZM-bl-Zellen mit den Ergebnissen auf CEMx174-Zellen. Die Reaktivität der HIVIsolate auf die E2-Behandlung war hier weitestgehend identisch. Im Vergleich von TZM-blZellen mit PBMC waren jedoch Unterschiede sichtbar. Einige nicht-reaktive Isolate waren auf PBMC durch E2-Peptide hemmbar (Koedel et al. 2011, in press, Holger Wend, unveröffentlichte Daten). Die Aktivität von E2-Peptiden scheint wie bei T-20 ebenfalls mit der Korezeptordichte zu korrelieren. Bei der Knospung (budding) von Retroviren erhalten diese eine Lipidhülle, die sich von der Plasmamembran der Wirtszelle ableitet. Darin sind hauptsächlich zelluläre Lipide sowie virale und zelluläre Oberflächenproteine enthalten (Cantin et al. 2005, Schon et al. 2006, Ott 2008). Daher spiegelt die Zusammensetzung der Virushülle in Teilen ihren zellulären Ursprung wider. Somit können sich abhängig von der Ursprungszelle Unterschiede in der Infektiosität als auch in der Hemmbarkeit durch E2-Peptide zwischen verschiedenen Viruspräparationen ergeben. Die Unterschiede zwischen den Ursprungszellen der Virusstocks erklären die Unterschiede in der Reaktivität verschiedener HIV-Stämme auf die Behandlung mit E2-Peptiden jedoch nicht ausreichend. Sowohl sensitive als auch nicht-sensitive HIV-1Stämme wurden sowohl auf PBMC als auch auf CEMx174-M7-R5-Zellen produziert. Zwischen den Viren verschiedenen Ursprungs konnten jedoch keine Unterschiede in ihrer Sensitivität gegenüber E2-Peptiden beobachtet werden. Außerdem wurden sowohl reaktive als auch nicht-reaktive pseudotypisierte HIV-1-Reporterviren identifiziert, die ausschließlich in 293T-Zellen produziert wurden. Diese Reporterviren unterscheiden sich nur im enthaltenen gp120/gp41. Daraus lässt sich schließen, dass die unterschiedliche Reaktivität der Viren allein 67 G - Diskussion durch das HIV-1-Hüllprotein bestimmt wird. Um dieser Vermutung weiter nachzugehen, wurden die Aminosäuresequenzen der Hüllproteine aller getesteten HIV-1-Isolate unter Verwendung der CLUSTALW Software (version 1.83; Swiss Institute of Bioinformatics, Switzerland [http://www.ch.embnet.org/software/CLUSTALW.html]) verglichen. Dabei konnten jedoch weder Mutationen noch Aminosäuremotive in gp120 bzw. gp41 identifiziert werden, die die unterschiedliche Sensitivität der HIV-Isolate erklären könnte (Daten nicht gezeigt). Strukturelle Unterschiede zwischen verschiedenen gp120/gp41-Varianten, welche die Sensitivität gegenüber E2 möglicherweise beeinflussen, können jedoch nicht ausgeschlossen werden. 3. E2-Peptide hemmen den HIV-Entry durch Interaktion mit dem Viruspartikel In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass GBV-C E2-Peptide frühe Schritte des HIVReplikationszyklus wie Bindung an den CD4-Rezeptor sowie die Korezeptoren CXCR4 und CCR5 oder Fusion zwischen viraler und zellulärer Membran beeinflussen. Diese frühen Replikationsschritte werden ausschließlich durch die Interaktion von E2-Peptiden mit dem HIV-1-Partikel beeinflusst. Eine direkte Interaktion mit der Wirtszelle, wie sie für diverse small-molecule-Rezeptorantagonisten beschrieben ist (Tilton and Doms 2010), kann ausgeschlossen werden, da eine Vorinkubation von HIV-suszeptiblen Zellen mit Peptiden und anschließenden Waschschritten zur Entfernung von ungebundenen Reagenzien zu einem Verlust der antiretroviralen Aktivität führte. Herrera et al. beschreiben in ihrer Studie entsprechende Ergebnisse. Die Inkubation von TZM-bl-Zellen mit E2-Peptiden vor Zugabe von Viruspartikeln konnte die Infektion mit HIV nicht verhindern (Herrera et al. 2010). In der vorliegenden Arbeit konnte die inhibitorische Wirkung jedoch weiterhin beobachtet werden, wenn HIV-Partikel mit E2-Peptiden vorinkubiert und anschließend intensiv gewaschen wurden. Diese Ergebnisse wurden innerhalb der Arbeitsgruppe von Kristin Eißmann in einem weiteren Versuchsansatz mittels Virus-Zell-Fusionsassay nach Cavrois et al. bestätigt (Cavrois et al. 2002, Koedel et al. 2011, in press). Da GBV-C im Blut in hohen Titern von 107 bis 108 Kopien pro Milliliter vorkommt, kann das E2-Protein auf der Oberfläche von GBV-C leicht mit HIV-Partikeln in koinfizierten Patienten in Kontakt treten (Jung et al. 2005, Tillmann et al. 2001). Die direkte Interaktion von E2 mit dem HIV-Partikel ist somit auch in vivo möglich. Bisher konnte in dieser Arbeit jedoch noch nicht abschließend geklärt werden, worauf die Interaktion der E2-Peptide mit dem HIV-Partikel beruht. Zum einen könnten Peptide direkt an Strukturen des Virions binden und den Entry-Prozess somit sterisch behindern, zum anderen könnten die Peptide das Virus durch direkten Kontakt irreversibel 68 G - Diskussion verändern. Letzteres wurde bereits für eine lösliche Form des CD4 (sCD4) und dessen Derivate beschrieben (Arthos et al. 2002, Schon et al. 2006). In Hämolyse-Tests konnte allerdings gezeigt werden, dass E2-Peptide die gp41-vermittelte Lyse von Erythrozyten hemmt. Herrera et al. konnten ebenfalls eine Interaktion diverser E2-Peptide mit gp41 nachweisen (Herrera et al. 2010). Somit ist anzunehmen, dass gp41 ein Interaktionspartner für inhibitorische E2-Peptide ist. Im Viruspartikel selbst ist das gp41 jedoch nicht frei zugänglich. Erst durch eine Vielzahl von Konformationsänderungen im gp120 nach Rezeptor- und Korezeptorbindung wird das gp41-FP freigelegt und so eine Interaktion mit der Wirtszellmembran ermöglicht (zusammengefasst in Tilton and Doms 2010). In der vorliegenden Arbeit wurden jedoch Wechselwirkungen von E2-Peptiden mit freien Viruspartikeln nachgewiesen, obwohl das gp41 in diesem Fall noch durch gp120 abgeschirmt ist. Ein Erklärungsansatz dazu liefern die HIV-neutralisierenden Antikörper 2F5 und 4E10. Diese Antikörper binden ebenfalls an Epitope in gp41, die schwer zugängig sind. In Untersuchungen mit Modellvesikeln, die die Zusammensetzung viraler bzw. zellulärer Membranen widerspiegeln, wurde gezeigt, dass beide Antikörper an Membranen binden. Diese Bindung ist sehr stark und nahezu irreversibel. Die Antikörper können so an Zielmembranen binden und nach Umfaltung des HIV-Hüllproteins mit dem freigelegten gp41 interagieren (Veiga et al. 2009). Ein ähnlicher Mechanismus ist auch für den Fusionsinhibitor T-20 denkbar. Dieses Peptid beinhaltet ein Tryptophan-Motiv (WNWF), welches eine lipidbindende Domäne repräsentiert (Liu et al. 2007). Über dieses Motiv kann sich T-20 an Lipide der Zellmembran anlagern und so nach Konformationsänderung in Folge von Rezeptor- und Korezeptorbindung an gp41 binden. Die E2-Peptide P4-7, P6-2 und P4762 beinhalten ebenfalls ein Tryptophan-Motiv (WVWV). Es ist daher denkbar, dass sich diese Peptide ebenfalls an Lipide anlagern und so unspezifisch an freie HIV-Partikel binden können. Nach Umfaltung des gp120 können diese mit gp41 interagieren. Im Rahmen dieser Arbeit wurden von GBV-C E2 abgeleitete Peptide identifiziert, die den HIV-Entry effektiv hemmen können. Diese Peptide reihen sich somit in die Gruppe der Peptid-Fusionsinhibitoren wie T-20 und VIR-576 ein und könnten als neues Therapeutikum in der Behandlung von HIV-Patienten verwendet werden, deren Therapie aufgrund der Entwicklung verschiedener Resistenzen versagt. T-20 war der erste Fusionsinhibitor, der für die Anwendung im Menschen 2003 zugelassen wurde. Eine erste Studie mit VIR-576 im Patienten verlief ebenfalls erfolgreich. In bisher unbehandelten Patienten konnte die Viruslast mit der höchsten Dosis von 5g/Tag um 95% reduziert werden. Die CD4-Zellzahl blieb unverändert. Nebenwirkungen konnten während dieser 10-tägigen Monotherapie nicht 69 G - Diskussion beobachtet werden (Forssmann et al. 2010). Ein Vorteil dieser Substanzklasse ist die relativ gute Verträglichkeit. Bisher konnten keine Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten oder Kreuzresistenzen festgestellt werden. Diese Peptid-Fusionsinhibitoren werden jedoch im Magen-Darm-Trakt schnell abgebaut und können somit nicht oral verabreicht werden. T-20 muss zweimal täglich subkutan injiziert werden, was die Anwendung für den Patienten erschwert. Trotzdem kann diese Substanzklasse als Salvage-Therapie in Patienten eingesetzt werden, die aufgrund bisheriger Behandlung Resistenzen gegen andere Substanzklassen entwickelt haben. Die neu identifizierten E2-Peptide könnten in der Zukunft ebenfalls Einzug in die HIV-Therapie finden. 70 H - Anhang H – Anhang 1. Vektorkarten pNL4-3.Luc.R-ENIH AIDS Research & Reference Reagent Program, Catalog Number 3418 71 H - Anhang pHXB2 env NIH AIDS Research & Reference Reagent Program, Catalog Number 1069 pHEF-VSVG NIH AIDS Research & Reference Reagent Program, Catalog Number 4693 72 H - Anhang pCEP4-Fc pCEP4-E2(340)-Fc 73 H - Anhang 2. Abkürzungsverzeichnis µl Microliter µM Micromolar A Alanin Abb. Abbildung AK Antikörper APS Ammoniumpersulfat AS Aminosäure(n) ATP Adenosintriphosphat BBS BES-buffered saline BES N,N-Bis-(2-hydroxyethyl)-2-amino-ethansulfonsäure BPB Bromphenolblau bzw. beziehungsweise C Cystein ca. circa CBL cord blood lymphocytes, Lymphozyten aus Nabelschnurblut CCD Charge-Coupled Device CPE cytopathischer Effekt D Asparaginsäure DC-SIGN Dendritic Cell-Specific Intercellular adhesion molecule-3-Grabbing Nonintegrin DCTA 1,2-Diaminocyclohexantetraacetat DMEM Dulbecco’s Modified Eagle Medium DMSO Dimethylsulfoxid DTT Dithiothreitol E Glutaminsäure ECL Elektrochemilumineszenz EDTA Ethylendiamintetraessigsäure env envelope, virales Hüllprotein ER Endoplasmatisches Reticulum F Phenylalanin Fc fragment constant FKS Fötales Kälberserum 74 H - Anhang FP Fusionspeptid G Glycin g Gramm GBV GB-Virus GFP Grün-Fluoreszierendes Protein H Histidin h Stunde HCV Hepatitis C-Virus HEBS HEPES-buffered saline HEPES 2-(4-(2-Hydroxyethyl)- 1-piperazinyl)-ethansulfonsäure HGV Hepatitis G-Virus HIV humanes Immundefizienzvirus HPLC high performance/pressure liquid chromatography, Hochleistungsflüssigkeitschromatographie HRP horseradish peroxidase, Merrettich-Peroxidase I Isoleucin IC50 half-maximal inhibitory concentration, mittlere inhibitorische Konzentration IgG Immunglobulin G K Lysin kb Kilobasen(paare) kDa Kilodalton L Leucin l Liter M Molar M Methionin mg Milligramm min Minute mind. mindestens mM Millimolar N Asparagin nm Nanometer NTR Nicht-translatierte Region P Prolin PAA Polyacrylamid 75 H - Anhang PBMC peripheral blood mononuclear cells, periphere mononukleäre Blutzellen PBS phosphate-buffered saline, physiologischer Phosphatpuffer pmol Picomol PVDF Polyvinylidenfluorid Q Glutamin R Arginin RLU/s relative light unites per second RNA ribonucleic acid, Ribonukleinsäure rpm revolutions per minute RPMI Zellkulturmedium des Roswell Park Memorial Institute RT Reverse Transkription RT-PCR Reverse Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion s Sekunde S Serin s. siehe s.o. siehe oben scr scrambled, hier: zufällig angeordnete AS-Sequenz SDS Sodium Dodecyl Sulphate, Natriumlaurylsulfat SIV Simian Immunodeficiency Virus, Affen-Immundefizienzvirus T Threonin Tab. Tabelle TEMED Tetramethylethylendiamin TM Transmembrandomäne V Valin V Volt vgl. vergleiche VIRIP virus-inhibitory peptide VSV Vesikuläres Stomatits Virus W Tryptophan WT Wildtyp Y Tyrosin z.B. zum Beispiel 76 I - Literaturverzeichnis I – Literaturverzeichnis Alter, H. J. 1996. The cloning and clinical implications of HGV and HGBV-C. N. Engl. J. Med. 334:1536-1537. Alter, H. J. 1997. G-pers creepers, where'd you get those papers? A reassessment of the literature on the hepatitis G virus. Transfusion 37:569-572. Alter, H. J., Y. Nakatsuji, J. Melpolder, J. Wages, R. Wesley, J. W. Shih, and J. P. Kim. 1997. The incidence of transfusion-associated hepatitis G virus infection and its relation to liver disease. N. Engl. J. Med. 336:747-754. Arthos, J., C. Cicala, T. D. Steenbeke, T. W. Chun, C. C. Dela, D. B. Hanback, P. Khazanie, D. Nam, P. Schuck, S. M. Selig, D. Van Ryk, M. A. Chaikin, and A. S. Fauci. 2002. 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Außerdem gilt mein Dank Herrn Prof. Dr. Michael Mach für seine freundschaftliche Unterstützung in den vergangenen Jahren. Nicht zu vergessen sind an dieser Stelle natürlich alle Menschen, mit denen ich im Laboralltag zu tun hatte. Allen voran danke ich Kristin Eißmann und Holger Wend, die das Leben im Labor um einiges erleichtert haben, für die gute Zusammenarbeit. Ein ganz dickes Dankeschön geht an ‚Bine’ Wittmann und Dr. Hauke Walter, die mir stundenlange Pipettieraktionen im S3-Labor durch amüsante und anregende Unterhaltungen versüßt haben. Weiterhin Dank an Marek Mössl für Analysen, Berechnungen und ungezählte Kannen Kaffee mit dem Rest der Eichlers. Mein besonderer Dank gilt natürlich meinen Freunden und meiner Familie. Ich danke besonders Volker Bergemann für viele offene und hilfreiche Gespräche, wenn mal wieder Land unter war. Dr. Wolfgang Ruhland danke ich für seine Unterstützung in allen Lebenslagen, Asyl in München und für entspannte Tage im Schnee. Der größte Dank gilt jedoch den beiden Menschen, die mich immer unterstützt haben: Mama und Martin. Ich danke euch von Herzen für euer unerschütterliches Vertrauen in mich und meine Fähigkeiten. Danke, dass ihr immer für mich da seid. Ohne euch hätte ich es nicht geschafft! 86