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Pharmakotherapie
Rationale und rationelle Pharmakotherapie in der Praxis
Gestaltet von der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen
Jhrg. 18, Nr. 4 – Dezember 2013
Eliquis®, Pradaxa® und Xarelto®
Risikofaktoren für Blutungen beachten!
Die neuen oralen Antikoagulanzien Eliquis®, Pradaxa® und Xarelto® sind in den
letzten Jahren zur Prophylaxe thromboembolischer Ereignisse in vielen Indikationen
zugelassen worden, in denen bisher Vitamin-K-Antagonisten oder niedermolekulare Heparine angewandt wurden. Sie sind bequemer, weil ein Monitoring der
Gerinnungsparameter entfällt und gelten als sicher. Allerdings ist kein Antidot
bekannt. Jetzt warnen die Hersteller: Auch bei diesen Antikoagulanzien besteht
ein signifikantes und potenziell tödliches Blutungsrisiko.
Seite 6
Antipsychotika bei Älteren:
Wann sind sie sinnvoll und berechtigt?
Antipsychotika haben durchaus ihre Nebenwirkungen – dennoch werden sie
breit eingesetzt, insbesondere auch bei älteren Patienten. Und zwar nicht nur bei
Psychosen, auch bei Demenz und Schlafstörungen. Bei welchen Indikationen dies
sinnvoll und evidenzgesichert ist und welche Substanzen in welcher Indikation
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vorzugsweise eingesetzt werden sollten, zeigt unser Beitrag auf
Antibiotika statt Appendektomie?
Die Ergebnisse einer neuen Metaanalyse werden von den Autoren so zusammengefasst: Bei der akuten unkomplizierten Appendizitis ist die Gabe von Antibiotika
eine sichere Alternative zur Operation. Aber sind solche Ergebnisse aus einem
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stationären Umfeld auch auf die ambulante Praxis übertragbar?
Trotz Sprachbarriere
So erkennen Sie sicher
Arzneimittel-Nebenwirkungen
Gerade in Ballungsräumen behandeln Niedergelassene immer wieder Patienten,
mit denen die Kommunikation mangels entsprechener Sprachkenntnisse nicht
ganz einfach ist. Um auch hier Arzneimittelnebenwirkungen einigermaßen sicher
zu erfassen, bieten wir eine praktische Hilfe.
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b-Blocker bei Herzinsuffizienz:
Egal welcher?
Zur Behandlung der Herzinsuffizienz lässt sich jeder b-Blocker einsetzen, war kürzlich
in einer Publikation zu lesen. Stimmt das wirklich? Eine kritische Betrachtung der
zugrunde liegenden Studie lässt den Schluss zu: Wer bei den bewährten Substanzen
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Bisoprolol, Carvedilol und Metaprolol bleibt, therapiert sicherer.
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Editorial
Nr. 4 / 2013
Nutzenbewertung von Gliptinen
Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Nutzenbewertung von Arzneimitteln im Bestandsmarkt
Sehr geehrte Frau Kollegin, sehr geehrter Herr Kollege,
für bereits vor dem 1. Januar 2011 zugelassene und in Verkehr gebrachte Arzneimittel kann der Gemeinsame Bundesausschuss die Durchführung einer Nutzenbewertung beschließen. Zu diesem sogenannten Bestandsmarkt hat der G-BA
am 1. Oktober 2013 Beschlüsse zur Nutzenbewertung von Gliptinen gefasst. Die
Beschlüsse sind am gleichen Tag in Kraft getreten.
Laut Pressemitteilung des G-BA wurden die Wirkstoffe Sitagliptin, Vildagliptin
und Saxagliptin sowie entsprechende Wirkstoffkombinationen mit Metformin
bewertet. Alle genannten Präparate sind für die Behandlung des Diabetes mellitus
Typ 2 zugelassen. Für Sitagliptin und Saxagliptin wurde ein Anhaltspunkt für einen
geringen Zusatznutzen festgestellt, für Vildagliptin konnte kein Zusatznutzen
beschlossen werden.
Der geringe Zusatznutzen für Sitagliptin und Saxagliptin wird mit Daten begründet, die auf eine verringerte Häufigkeit von Unterzuckerungen bei diesen Gliptinen
im Vergleich mit den etablierten Standardtherapien aus Metformin und Sulfonylharnstoffen schließen lassen. Bei Vildagliptin hingegen waren die bewerteten
Studien nicht geeignet, einen Zusatznutzen zu zeigen.
Der GKV-Spitzenverband und die pharmazeutischen Hersteller sind innerhalb
einer Frist von sechs Monaten nach der Beschlussfassung des G-BA gehalten,
in Preisverhandlungen einen Rabatt auf den Herstellerpreis zu vereinbaren, um
im Ergebnis einen Erstattungspreis festzulegen. Einigen sich die Vertragspartner
nicht, kann eine neutrale Schiedsstelle angerufen werden. Zu beachten ist, dass
die Verordnung von Arzneimitteln ohne Zusatznutzen insgesamt oder für Teilindikationen bis zur Festlegung des Erstattungsbetrages unwirtschaftlich sein kann.
Die Beschlüsse zu den Gliptinen finden Sie sind auf den Internetseiten des G-BA.
Eine Kurzfassung der Beschlüsse haben wir in der Novemberausgabe der Zeitschrift PRO veröffentlicht.
Ihr
Burkhard John
Nr. 4 / 2013
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Editorial
2
b-Blocker bei Herzinsuffizienz: Wirklich egal, welcher?
4
Dr. med. Christian Albrecht
5
Enteropathie nach längerer Einnahme von Olmesartan
Ruhen der Zulassung für Ketocanazol 200 mg Tabletten (Nizoral ) empfohlen
5
Eliquis®, Pradaxa® und Xarelto®
Risikofaktoren für Blutungen beachten
Dr. med. Wolfgang LangHeinrich
6
Krankenhaus verlangt Verordnung von neuem Antikoagulans
Wie gehen wir mit dieser Forderung um?
Dr. med. Joachim Feßler
8
Neue Kontraindikationen für das Malariamittel Mefloquin (Lariam®)
9
®
Antipsychotika bei Älteren: Berechtigte Indikationen
Kristina Leuner, Walter E. Müller, Anne Pauly, Carolin Wolf
Inhaltsverzeichnis
10
Antibiotika statt Appendektomie?
Vorerst keine Sicherheit für ambulante Behandlung
Dr. med. Uwe Popert
18
Antibiotika bei akuter Divertikulitis
Wie mutig sind Leitlinien-Autoren?
Dr. med. Uwe Popert
19
Leitlinien – wirklich unabhängig?
Dr. med. Günter Hopf
20
Sicherer verordnen
Dr. med. Günter Hopf
Simvastatin und körperliches Training
Therapie der Herzinsuffizienz bei Älteren
Quetiapin: Herzmuskelschäden
Fluorochinolone: akutes Nierenversagen
Kochsalz und Hypertonie
21
21
21
21
21
21
Leserbriefe
22
Phenprocoumon plus Novaminsulfat: Genauso riskant wie Kombination mit NSAR?22
Bessere Meinung über Prasugrel
23
24
Levothyroxin-Präparate: Ich setze kein aut-idem-Kreuz!
Verständigungsprobleme mit fremdsprachigen Patienten
Wie Sie trotz Sprachbarrieren Nebenwirkungen erkennen
25
Tischversion der Leitlinie Multimedikation, Teil 3
31
Impressum
Verlag: XtraDoc Verlag Dr. med. Bernhard Wiedemann, Winzerstraße 9, 65207 Wiesbaden
Herausgeber und verantwortlich für die Inhalte: Kassenärztliche Vereinigung Hessen, Georg-Voigt-Straße 15,
60325 Frankfurt (www.kvhessen.de)
Redaktionsstab: Dr. med. Joachim Fessler (verantw.), Dr. med. Christian Albrecht, Petra Bendrich, Dr. med. Klaus Ehrenthal,
Dr. med. Margareta Frank-Doss, Dr. med. Jan Geldmacher, Dr. med. Harald Herholz, Klaus Hollmann, Dr. med. Günter Hopf,
Dr. med. Wolfgang LangHeinrich, Dr. med. Alexander Liesenfeld, Dr. med. Uwe Popert, Karl Matthias Roth,
Dr. med. Joachim Seffrin, Dr. med. Gert Vetter, Dr. med. Michael Viapiano, Dr. med. Jutta Witzke-Gross.
Fax Redaktion: 069 / 79502 501
Wissenschaftlicher Beirat: Prof. Dr. med. Ferdinand Gerlach, Institut für Allgemeinmedizin der Universität Frankfurt;
Prof. Dr. med. Sebastian Harder, Institut für klinische Pharmakologie der Universität Frankfurt
Die von Mitgliedern der Redaktion oder des Beirats gekennzeichneten Berichte und Kommentare sind redaktionseigene Beiträge; darin zum Ausdruck gebrachte Meinungen entsprechen
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Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in dieser Veröffentlichung berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass
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Wie alle anderen Wissenschaften sind Medizin und Pharmazie ständigen Entwicklungen unterworfen. Forschung und klinische Erfahrung erweitern unsere Erkenntnisse, insbesondere, was
Behandlung und medikamentöse Therapie anbelangt. Soweit in dieser Broschüre eine Dosierung oder eine Applikation erwähnt wird, darf der Leser zwar darauf vertrauen, dass Autor und
Herausgeber große Sorgfalt darauf verwandt haben, dass diese Angaben dem Wissensstand bei Fertigstellung der Broschüre entsprechen. Für Angaben über Dosierungsanweisungen und
Applikationsformen kann vom Herausgeber jedoch keine Gewähr übernommen werden. Jede Dosierung oder Applikation erfolgt auf eigene Gefahr des Benutzers.
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Kritische
Analyse
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Nr. 4 / 2013
b-Blocker bei Herzinsuffizienz:
Wirklich egal, welcher?
Dr. med. Christian Albrecht
Prof. M. Kochen kommt in einem Beitrag [1] zu der interessanten und provokanten
Schlußfolgerung: „Zur Behandlung der systolischen Herzinsuffizienz lässt sich jeder
ß-Blocker einsetzen“.
Wie kommt er dazu? Nun: er bezieht sich auf eine sogenannte Netzwerkanalyse
von Chatterjee [2], mit der er eben genau diese Aussage versucht zu untermauern: Durch Zusammenfassung verschiedener Studien, die die Untersuchungen zu
gleichen Substanzen (hier die verschiedenen b-Blocker Metoprolol, Carvedilol,
Bisoprolol, Nebivolol, Atenolol, Bucindolol) integrieren, um durch das Generieren
höherer Fallzahlen die statistische Sicherheit zu erhöhen.
Mal ganz abgesehen davon, dass dieses Verfahren in der Wissenschaft vor allem
wegen der jeweils unterschiedlichen Studiendesigns höchst umstritten ist, deckt
eine genauere Analyse der Chatterjee-Daten weitere Probleme auf: So basiert diese
vermeintliche Metaanalyse aller oben genannten b-Blocker nahezu ausschließlich
auf den Daten für Carvedilol, Bisoprolol und Metoprolol – Substanzen, von denen
wir ohnehin wussten, dass sie bei Herzinsuffizienz wirksam sind. Für die anderen
Substanzen liegen entweder nur Studien mit kleiner Fallzahl vor oder aber es gab
keine signifikante Verbesserung: So ist die Referenzstudie für den hierzulande
nahezu unbekannten b-Blocker Bucindolol [3] eben gerade keine Studie, die für
irgendeinen Endpunkt Signifikanz erreichte.
Die bedeutsamen Herzinsuffizienzstudien (MERIT HF [4], CIBIS [5], US-Carvedilol [6],
Copernikus [7] und Packer aus 1996 [8]) sind unter den von Chatterjee zitierten
21 Studien die einzigen, die klare Signifikanz aufweisen können – und das eben
NUR für die bekannten bei Herzinsuffizienz zugelassenen b-Blocker Metoprolol,
Carvedilol und Bisoprolol.
Für Nebivolol gibt es eine Studie bei älteren Herzinsuffizienzpatienten [9], die keine
Signifikanz für Mortalitätsreduktion und nur eine schwache Signifikanz für Rehospitalisierung nachweisen konnte: Wirklich „alle b-Blocker gleich“? Für Atenolol gibt
es gar Hinweise, dass es bei hypertensiven Patienten gegenüber der Therapie ohne
b-Blocker eine Übersterblichkeit gibt [10].
Es gibt keinen
Grund, von den
drei bewährten
Betablockern bei
Herzinsuffizienz
abzuweichen
Zusammenfassend kann
weder nach den in der Metaanalyse vorgelegten Daten,
noch nach Analyse der großen Herzinsuffizienzstudien mit den drei bekannten und bewährten Substanzen Metoprolol, Carvedilol und Bisoprolol, die
in Summe die bei weitem höchsten Patientenzahlen und beste Evidenzlage
haben,
noch nach Einschätzung des Kardiologen Prof. Karl Swedberg aus Göteborg,
der die b-Blocker in der Herzinsuffizienztherapie eingeführt hat, von einem
„Substanzklasseneffekt“ gesprochen werden.
Es gibt mithin keine Veranlassung, die Leitlinien, die die drei genannten
Substanzen favorisieren, zu verlassen.
Von der mutigen, aber unzutreffenden Behauptung von Prof. Kochen distanziert
sich denn auch der zitierte Chatterjee mit seiner Schlußfolgerung:
Nr. 4 / 2013
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„our analysis shows mortality benefit with use of b blockers in chronic heart
failure – especially for bisoprolol, carvedilol, and sustained release
metoprolol succinate – and their use should be recommended...“
Dem muss nichts hinzugefügt werden.
Interessenkonflikte: keine
Literatur:
1
Z Allg Med 2013; 89
2
BMJ 2013; 346: f55
3
J Card Fail 2003; 9 (4): 266-277
4
Fagerberg B, et al. Lancet. 1999. 353(9169):2001-7
5
Lancet 1999; 353: 9 ff.
6
N Engl J Med. 1996 May 23;334(21):1349-55
7
N. Engl. J. Med. 2001, 344, 1651
8
N. Engl. J. Med. 1996, 334, 1349
9
Eur Heart J 26 (2005)3;215-225
10 Lancet 2005, 366, 895
Arzneimittelkommission teilt mit
Enteropathie nach
längerer Einnahme von Olmesartan
Zwei Fallserien und eine Untersuchung der FDA weisen darauf hin, dass der Angiotensinrezeptorantagonist Olmesartan eine Sprue-ähnliche Enteropathie verursachen
kann, die teilweise mit schweren Durchfällen einhergeht. Im Zusammenhang mit
andern Sartanen wurden Fälle mit ähnlicher Symptomatik nicht beschrieben. Da
sich die Symptomatik erst Monate bis Jahre nach Beginn der Einnahme
manifestieren kann, wird ein Zusammenhang mit Olmesartan vermutlich
meist nicht in Erwägung gezogen. Bei Patienten, die unter einer länger bestehenden Behandlung mit Olmesartan Diarrhoen mit oder ohne Übelkeit, Erbrechen
und Gewichtsverlust entwickeln, ist als Differenzialdiagnose diese unerwünschte
Arzneimittelwirkung in Betracht zu ziehen.
Ruhen der Zulassung für Ketocanazol
200 mg Tabletten (Nizoral®) empfohlen
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) teilt in
Abstimmung mit der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) zu dem Antimykotikum Ketocanazol 200 mg Tabletten / Nizoral® mit:
Nach einer EU-weiten Bewertung des Risikos der Lebertoxizität unter Keto­
conazol bei der Behandlung von Pilzinfektionen empfiehlt die EMA das Ruhen
der Zulassung für Nizoral®-Tabletten (orale Ketoconazol-haltige Arzneimittel)
in der EU.
Es sollen keine neuen Patienten auf die Behandlung mit oralen Ketoconazolhaltigen Arzneimitteln eingestellt werden.
Patienten, die derzeit orale Ketoconazol-haltige Arzneimittel einnehmen,
sollten zeitnah von ihrem behandelnden Arzt untersucht werden, um die
Auch wenn
Olmesartan schon
jahrelang problemlos
eingenommen
wurde, kann es
doch noch zur
Nebenwirkung
kommen
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Behandlung ggf. abzubrechen und alternative Therapieoptionen in Erwägung
zu ziehen.
Topische Formulierungen von Ketoconazol (Creme, Lösung zur Anwendung
auf der Haut, Shampoo) sind von dieser Maßnahme nicht betroffen.
Die Empfehlung der EMA zum Ruhen der Zulassungen für orale Ketoconazol-haltige
Arzneimittel beruht auf einer EU-weiten Neubewertung der zur Verfügung stehenden Daten, einschließlich Sicherheitsinformationen, unter Berücksichtigung der in
der EU zur Verfügung stehenden Antimykotika-Therapien.
Die Überprüfung der Literatur sowie der Postmarketing-Daten zeigte:
auch wenn es sich bei der Lebertoxizität um einen Klasseneffekt der Azol-Antimykotika handelt, ist die Inzidenz sowie der Schweregrad dieser Toxizität unter
Anwendung von Ketoconazol höher als bei den anderen Azol-Antimykotika;
gemeldete Fälle von Lebertoxizität beinhalteten Hepatitis, Leberzirrhosen und
Leberversagen mit erforderlicher Lebertransplantation sowie tödlichem Ausgang;
unter Beachtung der empfohlenen Tagesdosis von 200 mg wirkte sich die
Lebertoxizität gewöhnlich zwischen dem ersten und sechsten Monat nach
Start der Behandlung aus, es wurden jedoch auch Fälle innerhalb des ersten
Monates der Behandlung gemeldet;
es gibt keine ausreichenden Daten, die die Wirksamkeit von Ketoconazol
unterstützen, wenn andere Behandlungen versagt haben oder nicht vertragen
werden oder Resistenz festgestellt wurde;
es konnten keine Risikominimierungsmaßnahmen (wie die Einschränkung der
Behandlungsdauer oder die Beschränkung der Verwendung bei Patienten, die
refraktär oder intolerant gegenüber alternativen Behandlungen sind und die
Beschränkung auf Ärzte, die erfahren sind bei der Behandlung von seltenen
Pilzinfektionen) identifiziert werden, um das Risiko der Lebertoxizität auf ein
akzeptables Maß zu senken.
Unter Berücksichtigung aller oben genannten Punkte konnte keine Situation erkannt werden, die es rechtfertigen würde, einen Patienten mit Pilzinfektion diesem
hohen Risiko der Hepatotoxizität von oralen Ketoconazol-haltigen Arzneimitteln
auszusetzen.
Topische Ketoconazol-haltige Formulierungen werden nur sehr wenig systemisch
absorbiert und können weiterhin wie derzeit genehmigt verwendet werden.
LH
Beiträge
der
Redaktion
Eliquis®, Pradaxa® und Xarelto®
Risikofaktoren für Blutungen beachten
Dr. med. Wolfgang LangHeinrich
In einem Informationsbrief zu Eliquis® (Apixaban), Pradaxa® (Dabigatranetixalat) und
Xarelto® (Rivaroxaban) weist die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft
auf Risikofaktoren für das Auftreten von Blutungen hin (www.akdae.de).
Die neuen oralen Antikoagulanzien Eliquis®, Pradaxa® und Xarelto® sind in den
letzen Jahren zur Prophylaxe thromboembolischer Ereignisse in vielen Indikationen
zugelassen worden, in denen bisher Vitamin-K-Antagonisten (z.B. Phenprocou-
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Seite 7
mon, Warfarin) oder niedermolekulare Heparine angewendet wurden. Im Gegensatz
zu den Vitamin-K-Antagonisten ist ein routinemäßiges Monitoring der Gerinnungshemmung nicht erforderlich. Ein spezifisches Antidot ist derzeit für keines der drei
Substanzen verfügbar.
Die Hersteller weisen in einem mit dem zuständigen Arzneimittelbehörden abgestimmten Informationsbrief darauf hin, dass Meldungen unerwünschter Arzneimittelwirkungen (UAW) aus klinischen Studien und aus der Praxis gezeigt haben, dass
auch bei den neuen oralen Antikoagulanzien ein signifikantes Risiko für
schwere Blutungsereignisse, auch mit Todesfolge, besteht. Um das Blutungsrisiko zu minimieren, müssen Ärzte das Risiko der Patienten individuell beurteilen und
die Angaben zu Dosierung (siehe untenstehende Tabelle) und Gegenanzeigen
!
Die Indikationen für Dabigatron, Rivaroxaban und Apixaban im tabellarischen Vergleich; zur Dosierung bitte unbedingt
die Angaben in der Fachinformation beachten!
Fertigarzneimittel Indikation 1
Primärprävention von
Pradaxa®
venösen thromboemDabigatran
bolischen Ereignissen
bei erwachsenen
Patienten nach elektivem chirurgischen
Hüft- oder Kniegelenksersatz.
Inhalt:
75 mg / 110 mg pro
Hartkapsel.
Indikation 2
Indikation 3
Prävention von Schlaganfall und systemischer
Embolie bei erwachsenen Patienten mit nicht valvulärem Vorhofflimmern mit einem oder mehreren
der folgenden Risikofaktoren (SPAF):
• Vorausgegangener Schlaganfall, transitorische ischämische Attacke oder systemische
Embolie
• Linksventrikuläre Ejektionsfraktion < 40%
• Symptomatische Herzinsuffizienz, ≥ New York
Heart Association (NYHA) Klasse 2
• Alter ≥ 75 Jahre
• Alter ≥ 65 Jahre einhergehend mit einer der
folgenden Erkrankungen: Diabetes mellitus,
koronare Herzerkrankung oder arterielle
Hypertonie.
Inhalt: 110 mg / 150 mg pro Hartkapsel.
Xarelto
Rivaroxaban
®
Eliquis®
Apixaban
Zur Prophylaxe venöser Thromboembolien (VTE) bei erwachsenen Patienten nach
elektiven Hüft- oder
Kniegelenksersatzoperationen.
Prophylaxe von Schlaganfällen und systemischen Embolien bei erwachsenen Patienten
mit nicht-valvulärem Vorhofflimmern und einem
oder mehreren Risikofaktoren, wie kongestiver
Herzinsuffizienz, Hypertonie, Alter ab 75 Jahren,
Diabetes mellitus, Schlaganfall oder transitorischer
ischämischer Attacke in der Anamnese.
Behandlung von
tiefen Venenthrombosen (TVT) und
Lungenembolien
(LE) sowie Prophylaxe von rezidivierenden TVT und LE
bei Erwachsenen.
Inhalt: 10 mg pro
Filmtablette.
Inhalt: 15 mg/20 mg
Inhalt: 15 mg/20 mg
pro Filmtablette
Zur Prophylaxe venöser Thromboembolien (VTE) bei erwachsenen Patienten nach
elektiven Hüft- oder
Kniegelenksersatzoperationen.
Zur Prophylaxe von Schlaganfällen und systemischen Embolien bei erwachsenen Patienten
mit nicht-valvulärem Vorhofflimmern (NVAF)
und einem oder mehreren Risikofaktoren, wie
Schlaganfall oder TIA (transitorischer ischämischer
Attacke) in der Anamnese, Alter ≥ 75 Jahren,
Hypertonie, Diabetes mellitus, symptomatische
Herzinsuffizienz (NYHA Klasse ≥ II).
Inhalt: 2,5 mg pro
Filmtablette
Inhalt: 2,5 mg / 5 mg pro Filmtablette
Quelle: Lauertaxe 01.10.2013
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sowie Warnhinweise und Vorsichtmaßnahmen beachten. Gemeinsam sind allen
neuen oralen Antikoagulanzien folgende Gegenanzeigen:
akute, klinisch relevante Blutungen,
Läsionen oder klinische Situationen, die als signifikanter Risikofaktor einer
schweren Blutung angesehen werden,
gleichzeitige Anwendung von anderen Antikoagulanzien, wie zum Beispiel
Heparinen und Vitamin-K-Antagonisten (mit wenigen Ausnahmen).
Auch eine Nierenfunktionsstörung kann eine Gegenanzeige darstellen, allerdings gelten hierbei für die drei Arzneimittel unterschiedliche Empfehlungen.
Informationen zu den spezifischen Gegenanzeigen der einzelnen Arzneimittel sind in
den Fachinformationen enthalten. Dort werden auch Hinweise zum therapeutischen
Vorgehen beim Auftreten von Blutungsereignissen gegeben.
Weitergehende Informationen finden Sie im Leitfaden der AkdÄ (Arneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft) zum Einsatz der neuen Antikoagulanzien
Dabigatran (Pradaxa®) und Rivaroxaban (Xarelto®).
LH
Krankenhaus verlangt Verordnung von neuem Antikoagulanz
Wie gehen wir mit dieser Forderung um?
Dr. med. Joachim Feßler
Im Bereich der Therapie der Antikoagulation erleben wir zur Zeit, dass eine bewährte Therapie – die
mit Marcumar, die uns mit ihren Stärken und Schwächen bestens bekannt ist – durch eine Innovation,
nämlich die neuen Antikoagulanzien verdrängt wird. Es gibt sowohl medizinische als auch organisatorische Gründe, Patienten von Marcumar auf die neuen Antikoagulanzien umzustellen. Jedenfalls
ist eine solche Umstellung mit deutlich mehr Kosten verbunden und wird bei der großen Zahl der
Patienten, die jede Hausarztpraxis mit dieser Indikation hat, zu Konflikten mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot führen.
Parallel dazu ist zu beobachten, dass die Indikation für die neuen oralen Antikoagulanzien vom
Krankenhaus und von den Facharztpraxen gestellt wird – Indikationen, die früher dem Hausarzt überlassen wurden. Er erhielt einen Arztbericht, mit dem Hinweis, eine Antikoagulation sei erforderlich
und die Auswahl war ihm überlassen.
Dies ändert sich nun. Wie gehen wir damit um? Sind doch die Empfehlungen aus wirtschaftlichen Gründen so, die neuen Antikoagulanzien nur anzusetzen, wenn eine Therapie mit Marcumar
nicht möglich ist. Das sollten auch die Krankenhäuser und spezialisierten Kollegen beherzigen, wie
beispielsweise ein Krankenhaus aus meiner Umgebung, das im Entlassungsbrief zur Indikation der
Antikoagulation zur Auswahl der Präparate eindeutig Stellung nimmt: „Aufgrund der Anamnese
mit Z.n. zweimaliger TBVT und aktuell zweiter Lungenembolie, ist eine dauerhafte Antikoagulation indiziert. Aufgrund der Unverträglichkeit von Marcumar empfehlen wie die Gabe
eines neuen oralen Antikoagulans.“
Ein solcher Hinweis auf die Unverträglichkeit vom Marcumar (transfusionspflichtiges Magenbluten
mit Intensivbehandlung) ist für uns Hausärzte sehr hilfreich, denn dann können wir den teureren
Einsatz auch wirtschaftlich begründen – sofern es zu einem Prüfverfahren kommt.
Ich appelliere daher an alle Krankenhausärzte und Fachärzte: Wenn sie diese neuen Antikoagulanzien für indiziert halten, dann sollten sie im Arztbrief auch eine Begründung dafür liefern, weshalb
Marcumar aus ihrer Sicht in diesem Falle nicht indiziert ist. Das sollten auch Sie an die Kollegen in
Krankenhäusern und Fachpraxen herantragen.
Nr. 4 / 2013
KVH • aktuell
Auch für die neuen Antikoagulanzien stellen die
Herstellerfirmen Patientenausweise zur Verfügung – hier zwei Beispiele. Die Ausweise sollte
man den Patienten auch geben, denn auch die
neuen Substanzen haben ihre Risiken.
Neue Kontraindikationen für das
Malariamittel Mefloquin (Lariam®)
In einem Rote-Hand-Brief zu Lariam® (Mefloquin) wird auf neue Kontraindikationen
sowie Risiken für neuropsychiatrische und andere schwerwiegende Nebenwirkungen
bei diesem Medikament zur Behandlung und Vorbeugung der Malaria, insbesondere
bei der gegen andere Malariamittel resistenten Plasmodium-falciparum-Malaria,
hingewiesen. So sind das Schwarzwasserfieber in der Anamnese und schwere
Leberfunktionsstörungen als neue Kontraindikation aufgenommen worden.
Mefloquin kann potentiell schwere neuropsychiatrische Störungen induzieren
(ungewöhnliches Träumen, Insomnie, Angst, Depression, Halluzinationen, Psychose,
Suizid, suizidale Gedanken und selbstgefährdendes Verhalten).
Es soll zur Chemoprophylaxe und als „Stand-By“ Notfallbehandlung nicht angewendet werden bei Patienten mit aktiven oder anamnestischen psychiatrischen
Störungen. Aufgrund der langen Halbwertszeit können Nebenwirkungen mehrere
Monate nach Absetzen des Arzneimittels auftreten und mehrere Monate andauern.
Bei Anzeichen neuropsychiatrischer Reaktionen soll Mefloquin umgehend abgesetzt
und durch ein alternatives Arzneimittel ersetzt werden.
LH
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KVH • aktuell
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Der
Gastbeitrag
Nr. 4 / 2013
Antipsychotika bei Älteren:
Berechtigte Indikationen
Kristina Leuner, Walter E. Müller, Anne Pauly, Carolin Wolf
Nachdruck mit freundlicher Genehmiung von
Redaktion und Autoren
aus Pharmazeutische
Zeitung
Ausgabe 29/2013
Trotz ihrer Nebenwirkungen und Interaktionen werden Antipsychotika vielfach
auch bei älteren Patienten eingesetzt. In welchen Indikationsbereichen sind diese
Psychopharmaka sinnvoll? Ein kritischer Überblick.
Wichtige typische Indikationen für Antipsychotika bei Senioren sind psychopathologische Symptome der Demenz, Schizophrenie, bipolare Störung, Schlafstörungen
oder als Augmentation (Wirkungsverstärkung) bei einer unipolaren depressiven
Erkrankung. Einen Überblick über berechtigte und nicht empfohlene Indikationen
zeigt die Tabelle 1.
Je nach Indikationsgebiet kommen verschiedene Klassen von Antipsychotika zum
Einsatz. Die sogenannten klassischen Antipsychotika (first generation antipsychotics
FGA) werden nach der Wirkstärke in nieder-, mittel- und hochpotente Stoffe eingeteilt. Die niederpotenten Stoffe wirken erst in sehr hoher Dosierung antipsychotisch,
werden aber wegen ihrer H1- und 5HT2-Rezeptorblockade gerne als gut verträgliche
Schlafmittel bei älteren Patienten verordnet (Tabelle 2). Die neueren »atypischen«
Antipsychotika (second generation antipsychotics, SGA) haben ein günstigeres
Nebenwirkungsprofil in Bezug auf extrapyramidal-motorische Störungen. Dadurch
sind die mittel- und hochpotenten klassischen Antipsychotika eher in den Hintergrund getreten [1,2].
Psychopathologische Symptome bei Demenz
In Deutschland leiden etwa 1,2 bis 1,5 Millionen Menschen an einer Demenz. 90
Prozent von ihnen entwickeln im Lauf von fünf Jahren psychopathologische
Tabelle 1: Indikationsgebiete für Antipsychotika; nach (20)
Berechtigte Indikationen,
explizit empfohlen
Schizophrenie
Manie mit Psychosen
agitiertes Verhalten bei
Demenz mit Psychosen
wahnhafte Depression
Parkinson-Psychose
Berechtigte Indikationen,
eingeschränkt empfohlen
Delirium
Manie ohne Psychosen
agitiertes Verhalten bei Demenz
ohne Psychosen
therapieresistente Depression
Nicht empfohlene
Indikationen
Panikstörung
Generalisierte Angststörung
Hypochondrie
Depression ohne Psychose und Angst
Reizbarkeit und Feindseligkeit
neuropathischer Schmerz
Tabelle 2: Einteilung der Antipsychotika
Antipsychotikum
Klassische Antipsychotika (first generation
antipsychotics, FGA)
niederpotent
mittelpotent
hochpotent
Atypika (second generation antipsychotics, SGA)
Arzneistoffe
Melperon, Pipamperon, Levomepromazin, Thioridazin
Perazin
Haloperidol, Flupentixol, Fluphenazin
Amisulprid, Aripiprazol, Clozapin, Olanzapin, Quetiapin, Risperidon,
Ziprasidon
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Symptome. Je nach Studie schwanken die Häufigkeitsangaben für einzelne Symptome:
Wahn (3 bis 54 Prozent),
Halluzinationen (1 bis 39 Prozent),
Depression (8 bis 74 Prozent),
Ängstlichkeit (7 bis 69 Prozent),
Apathie (17 bis 84 Prozent),
Aggressivität und Agitation (48 bis 82 Prozent),
körperliche Aggressionen (11 bis 44 Prozent) [3, 4].
International wird das Syndrom als »Behavioural and Psychological Symptoms
of Dementia (BPSD)« zusammengefasst. Die Behandlung ist schwierig – und der
Leidensdruck von Patient, Bezugs- und Pflegepersonen sehr hoch. Symptome wie
Wahn und Halluzinationen rufen bei den Patienten Angst, Besorgnis oder Wut
hervor.
Dagegen werden Apathie, Aggressivität, übertriebene motorische Aktivität oder
Desinteresse eher von Angehörigen oder Pflegenden als belastend eingestuft. Daher fragen nicht nur die Patienten selbst, sondern sehr häufig auch die pflegenden
Angehörigen oder das Pflegepersonal nach einer adäquaten Medikation.
Wichtig ist es zu analysieren, ob der Patient durch die Symptome beeinträchtigt
ist. Ständiges Umherlaufen, stereotype Bewegungen oder immer gleiche Fragen sind
noch nicht behandlungsbedürftig. Anders einzustufen sind körperliche Aggressivität
oder vom Patienten als belastend empfundene Halluzinationen.
Atypische Antipsychotika sind aufgrund des geringeren Risikos für extrapyramidalmotorische Symptome (EPS) die am häufigsten verordneten Arzneistoffe bei
BPSD. Ihre Anwendung wurde durch eine Warnung der FDA 2005 eingeschränkt
[5]. In 17 randomisierten klinischen Studien zeigte sich ein erhöhtes Mortalitätsrisiko um den Faktor 1,6 bis 1,7 im Vergleich zu Placebo [6]. Auch für klassische
Antipsychotika wurde eine erhöhte Mortalität im Vergleich zu Placebo, aber auch
zu Atypika nachgewiesen [7, 8, 9]. Kardiovaskuläre Erkrankungen (Herzversagen,
plötzlicher Tod) und Infektionen, vor allem Pneumonien, gelten als Hauptursachen
für die beschriebenen Todesfälle.
Moderate Effektstärke
Für Risperidon, Olanzapin und Quetiapin wurde in mehreren klinischen Studien eine
signifikante Wirksamkeit bei aggressivem Verhalten und Agitation nachgewiesen
[10]. Risperidon reduzierte zudem, jedoch weniger deutlich, Psychosen. Signifikant
wirksam bei Agitation und Aggression war in drei klinischen Studien auch Aripiprazol. Eine ausreichende Wirksamkeit der anderen Atypika konnte nicht gezeigt
werden [11]. Unter den klassischen Antipsychotika gibt es nur für Haloperidol
einzelne Studien; Signifikanz wurde nur in der Subskala Aggression erreicht [12].
Die Wirkung der Antipsychotika bei Apathie bei Demenzkranken ist nur gering.
Ebenso ist die Studienlage für die Symptome ständiges Wandern, stereotype Bewegungsabläufe oder Schreien unzureichend [4].
Die Symptome besserten sich bei Patienten, die mit Antipsychotika behandelt
wurden, um 48 bis 65 Prozent, bei mit Placebo behandelten Patienten um 30 bis
48 Prozent. Das heißt: Die Effektstärke der genannten Antipsychotika war mit
einem mittleren Behandlungseffekt von 18 Prozent und einer Number needed
to treat (NNT) von 5 bis 14 insgesamt gering [13]. Dagegen ist die Rate zerebrovaskulärer Ereignisse und von EPS im Gegensatz zu Placebo deutlich erhöht. Man
muss jedoch kritisch anmerken, dass in den relevanten Studien als Endpunkte
meist globale Symptom-Rating-Scales verwendet wurden, die nur bedingt klinisch
relevante Ergebnisse liefern, da sie keine Rückschlüsse auf einzelne Symptome
zulassen [14].
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Mögliche Alternativen bei BPSD
Zunächst sind immer nicht-pharmakologische Maßnahmen zu bevorzugen. Die hohen
Placebo-Responseraten in den Studien legen nahe, dass Demenzpatienten von einer
erhöhten Aufmerksamkeit profitieren. Auch eine adäquate Schulung der Angehörigen
kann erfolgreich sein. Man sollte hinterfragen, welche Faktoren das störende Verhalten
aufrecht erhalten. Gibt es Konstellationen, bei denen dieses nicht auftritt? Faktoren
wie schlechte Beleuchtung, räumliche Beengtheit, Harnverhalt, Schmerzen oder lang
schwelende Partnerkonflikte sind dabei zu berücksichtigen. Psychosoziale Interventionen erfordern einen hohen zeitlichen und personellen Aufwand, der oft nicht geleistet
werden kann. Auch reagieren die Patienten hierauf häufig ablehnend [15].
Empfehlungen zum Umgang mit Patienten mit BPSD
Suche nach psychosozialen oder somatisch-pharmakologischen Erkrankungen
(Delir, agitierte Depression, Schmerz, Pruritus) als Auslöser der BPSD
soweit möglich nicht-pharmakologische Maßnahmen ausschöpfen und pharmakologische Alternativen erwägen
Auswahl des Antipsychotikums nach Komorbidität und Nebenwirkungsprofil,
anticholinerge Nebenwirkungen möglichst vermeiden
Zielsymptome definieren, um die Therapie kontrollieren zu können
Aufklärung der Patienten und Betreuer über erhöhte Mortalität (kardiovaskuläre Risiken) und eventuellen Off-Label-Use
niedrig dosiert beginnen, langsam aufdosieren
zu Therapiebeginn Kontrolle von Blutdruck, Kalium und Cholesterol sowie
EKG; nach 12 Wochen gleiches Prozedere und anschließend jährlich Blutdruck, Kalium
bei nicht einsetzender Wirkung Medikation für fünf bis sieben Tage beibehalten
regelmäßige Absetzversuche nach Stabilisierung einer Akutsituation oder bei
Fortschreiten der Demenz (mindestens alle drei Monate)
Nach [14]
Bei Unruhe und
herausforderndem
Verhalten erleichtern
Antipsychotika
durchaus dem
Patienten das Leben
– und nicht nur den
Pflegern.
Vor dem Einsatz eines Antipsychotikums wird die Gabe von AcetylcholinesteraseHemmern empfohlen, da diese neben dem positiven Einfluss auf kognitive Funktionen auch nicht-kognitive Störungen leicht verbessern [16]. Jedoch gibt es auch
Studien, die keinen Benefit zeigten.
Kleine Studien mit Citalopram und Carbamazepin brachten ebenfalls leichte,
aber signifikante Erfolge [17,18]. Andere Antidepressiva und Stimmungsstabilisierer
zeigten keine Wirkung.
Kritische Bewertung
Trotz aller Diskussionen über das unzureichende Nutzen-Risiko-Verhältnis sind Antipsychotika bei anhaltendem, herausforderndem Verhalten, das den Patienten und
vor allem die Pflegenden belastet, aufgrund fehlender Alternativen hilfreich und
oft die einzige Wahl. Hierbei geht es oft nicht um das bloße »Ruhig stellen« eines
Patienten. Vielmehr erleichtert die Medikation den Umgang des Pflegepersonals
und der Angehörigen mit dem Patienten und verbessert dessen Lebensqualität.
Das einzige zugelassene atypische Antipsychotikum bei schwerer chronischer
Aggressivität und psychotischen Symptomen bei Alzheimer-Demenz ist das SGA
Risperidon (Tabelle 2). Die Anwendung ist auf höchstens sechs Wochen bei anhaltender Aggression in einer Dosierung von 1 bis 2 mg täglich beschränkt (Tabelle
3). Andere Atypika werden off label verwendet.
Fast alle der oft schlechter verträglichen klassischen Antipsychotika sind entweder
bei Demenz oder zur Anwendung bei »organischen« Psychosen oder psychomotorischen Erregungszuständen zugelassen. Dies sollte nicht dazu führen, klassische
Antipsychotika bei BPSD bevorzugt zu verordnen, da die Indikationen durch
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Studien kaum belegt sind [3]. Wichtige Empfehlungen, die alle großen Fachgesellschaften ähnlich formulieren, sollten eingehalten werden [14,19].
Wissenschaftler konnten nachweisen, dass das Absetzen von Antipsychotika
nach höchstens sechs Monaten die neuropsychiatrischen Symptome nicht
verschlechterte, aber das Mortalitätsrisiko senkte [39]. Nur bei anfänglich
schweren Symptomen (Neuropsychiatric Inventory (NPI)-Score ≥ 15) kann die Beendigung der Therapie zum Wiederauftreten oder zur Verschlechterung der BPSD
führen. Die Gruppe weist darauf hin, dass bei fortbestehendem herausfordernden
Verhalten, fehlenden Alternativen und negativen Konsequenzen nach Absetzen
Atypika weiter verordnet werden sollen [11].
Neben Risperidon ist Melperon zur Behandlung von Verwirrtheit und zur Dämpfung von psychomotorischer Unruhe und Erregungszuständen in einer Dosierung
von 50 bis 150 mg/d als Langzeittherapie zugelassen. Melperon gehört neben Pipamperon und Prothipendyl zu den niederpotenten Antipsychotika, die in Deutschland häufig in der Geriatrie eingesetzt werden. Die klinische Datenlage zur erhöhten
Mortalität und anderen unerwünschten Wirkungen (UAW) ist sehr eingeschränkt,
da diese Substanzen in den USA nicht verwendet werden.
Schizophrenie bei Älteren
Das klassische Einsatzgebiet der Antipsychotika ist die Therapie der Schizophrenie.
Die ersten Plus- oder Minussymptome treten meist im ersten Lebensdrittel auf. Da
die Krankheit aber häufig chronisch verläuft, werden die Patienten auch immer
älter. Zwischen 0,1 und 1 Prozent der über 65-jährigen leiden an Schizophrenie.
Für die Behandlung dieser Patientengruppe gibt es keine evidenzbasierten Richtlinien. Die Therapieentscheidungen werden oft nach individuellen Erfahrungen und
Therapiegewohnheiten getroffen [14, 20]. Auch bei geriatrischen Patienten stellen
Antipsychotika die wichtigste Säule der Behandlung dar; es gibt weder medikamentöse Alternativen noch wirksame psychotherapeutische Maßnahmen [3]. Wenn ein
Patient seit Jahrzehnten erfolgreich mit einem potenten klassischen Antipsychotikum
behandelt wird und dieses gut verträgt, sollte es beibehalten werden. Ansonsten
ist die Rückfallgefahr sehr hoch.
Risperidon wird empfohlen
Mittel der Wahl sind die atypischen Antipsychotika, wobei die klassischen Substanzen wie Haloperidol auch wirksam sind, nur ein ungünstigeres Nebenwirkungsprofil
haben [21]. Die Expert Consensus Panel Guideline der American Psychiatric Association (APA, 2004) empfiehlt Risperidon als erste Wahl in einer Tagesdosis von 1,25
bis 3,5 mg (Tabelle 3). Risperidon ist die am besten untersuchte Substanz bei
Tabelle 3: Dosierungsempfehlung der American Psychiatric Association (APA, 2007) und des Expert Consensus
Panels für den Einsatz von Antipsychotika bei Demenzpatienten im Vergleich zur Behandlung der Schizophrenie [20]
Arzneistoff
Clozapin
Einsatz bei Demenzpatienten
Startdosis (mg/d) Zieldosis (mg/d)
0,25 bis 1
1,5 bis 2
12,5
75 bis 100
Olanzapin (2. Wahl)
1,25 bis 5
10
Quetiapin* (2. Wahl)
12,5 bis 50
200 bis 300
Aripiprazol (2. Wahl)
5
15
Haloperidol (3. Wahl)
0,25 bis 0,5
2
Risperidon (1. Wahl)
* signifikante Wirksamkeit bei Demenzpatienten nicht nachgewiesen
Einsatz bei Schizophrenie
Dosis (mg/d)
1,25 bis 3,5
keine generelle Empfehlung,
Startdosis niedriger
7,5 bis 15
100 bis 300
15 bis 30
keine generelle Empfehlung,
Startdosis niedriger
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Bei der Demenz
immer den
Auslassversuch im
Auge behalten –
er schadet nicht,
manchmal nützt er
sogar.
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älteren schizophrenen Patienten und erreichte in klinischen Studien eine Verbesserung der Symptome um etwa 20 Prozent. Für Menschen mit Schluckbeschwerden,
Vergesslichkeit und einer schlechten Adhärenz – was häufig zu Rückfällen führt –
sind Depotformulierungen vorteilhaft.
Als Substanzen der zweiten Wahl empfiehlt das Expert Panel Olanzapin, Quetiapin
und Aripiprazol (Tabelle 3) [20]. In einer Vergleichsstudie wurden Risperidon und
Olanzapin hinsichtlich Wirkung und Nebenwirkung als gleichwertig angesehen
[22]. Für Quetiapin gibt es nur wenige Nachweise. Die Substanz scheint wirksam
zu sein, wenig EPS zu induzieren, aber sedierend zu wirken [3,23]. Für Ziprasidon,
Amisulprid und Aripiprazol liegen keine Daten für Ältere vor.
Für alle Substanzen gilt, dass geringere Dosen als für junge schizophrene Erwachsene, aber höhere als für BPSD-Patienten nötig sind [24].
Für Paliperidon, den aktiven Metaboliten von Risperidon, zeigte eine Studie Symptomverbesserungen, aber auch kardiovaskuläre Nebenwirkungen. Die Dosierung
sollte auf etwa 25 bis 50 Prozent der Erwachsenendosis reduziert werden [14, 25].
Einsatz bei Patienten mit Delir
Ein Delir ist definiert als akute organische Psychose mit qualitativer Bewusstseinsstörung. Bewusstseinstrübungen, Störungen von Aufmerksamkeit, Orientierung und
Wahrnehmung sowie affektive und vegetative Symptome treten in charakteristisch
fluktuierendem Verlauf auf [26].
Das Delirsyndrom ist eine häufige Komplikation nach schweren Erkrankungen wie
Schlaganfall und Infektionen, nach Operationen oder bei Demenz. Es manifestiert
sich bei circa 30 Prozent der über 65-Jährigen. Ein Drittel erleidet als Begleitsymptom
eine Psychose, mit 12 Prozent die dritthäufigste Ursache für eine Psychose im Alter
[3, 27]. In 10 bis 30 Prozent der Fälle bleibt das Delir unentdeckt [14]. Es birgt ein
hohes Risiko für langfristige Einschränkungen, was eine schnelle Identifikation und
Beseitigung der auslösenden Faktoren (Polypharmazie, Psychopharmaka, prolongierte Narkosen) oder eine zeitnahe Behandlung erfordert.
Allgemein gültige Leitlinien zur Behandlung des Delirs gibt es in Deutschland
nicht. 11 bis 30 Prozent der Delirien sind medikamentös induziert [28], zum Beispiel
durch trizyklische Antidepressiva (anticholinerges Syndrom) oder Dopaminagonisten
(Dopaminüberschuss-Syndrom). Dann ist ein Absetzen oder eine Dosisreduktion
notwendig [26].
Antipsychotika gelten als Mittel der Wahl zur Behandlung, wenn die potenziellen
Ursachen nicht beseitigt werden können. Daten liegen vor für Risperidon, Olanzapin,
Quetiapin und Haloperidol (Tabelle 4).
SGA wie Olanzapin und Risperidon zeigen in einem Cochrane-Review einen leichten,
aber nicht signifikanten Wirkungsvorteil im Vergleich zu Haloperidol [29]. Angesichts
der erhöhten EPS-Gefahr unter Haloperidol sollten atypische Antipsychotika bevorzugt
werden. Die Studienlage ist aber insgesamt unbefriedigend. Sind höhere Dosierungen
nötig, gilt Risperidon als Mittel der Wahl [14]. Olanzapin- und Risperidon-Schmelztabletten erleichtern den Einsatz beim deliranten Patienten [27]. Im klinischen Alltag wird
Haloperidol wegen fehlender anticholinerger Nebenwirkungen, schnellem Anfluten
und guter Steuerbarkeit der Applikation jedoch meist bevorzugt [3]. Die wirksame
Dosis sollte für zwei bis drei Tage beibehalten werden. Die Anwendung von Antipsychotika mit anticholinergen Nebenwirkungen muss unbedingt vermieden werden.
Schlafstörungen im Alter
Ein Drittel der Älteren leidet an Ein- oder Durchschlafstörungen (30). Die Ursachen
reichen von der altersbedingten Veränderung der zirkadianen Rhythmik über medikamentös induzierte Schlafstörungen bis zum veränderten Tag-Nacht-Rhythmus
bei Demenz oder Parkinson-Erkrankung und Schlaferkrankungen wie Restless-LegsSyndrom [31].
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Die Behandlung sollte sich immer nach der Ursache richten. Leitliniengerecht stehen an erster Stelle – neben der Therapie von Grunderkrankungen wie Depression,
Demenz und Atemwegserkrankungen – nichtpharmakologische Maßnahmen wie
die Förderung der Schlafhygiene [32]. Medikamentös werden neben Benzodiazepinen und den etwas günstigeren Z-Substanzen häufig sedierende Antidepressiva,
vor allem bei Schlafstörungen im Rahmen einer Depression, und niederpotente
Antipsychotika wie Melperon, Pipamperon und Prothipendyl eingesetzt.
Auch bei diesem Indikationsgebiet sollten Nutzen und Risiken der Medikation
abgewogen und die Substanz sehr genau aufgrund der anderen Erkrankungen
und der weiteren Medikation des Patienten ausgesucht werden. Ein weiterer zu
beachtender Faktor ist der körperliche Zustand des Patienten.
Kurzporträt: Melperon und Co.
Melperon, Pipamperon und Prothipendyl gehören zu den niederpotenten klassischen
Antipsychotika, die aufgrund ihrer geringen D2-Rezeptor-Blockade erst in sehr hoher
Dosis antipsychotisch wirken. Daher werden sie bei Psychosen nicht eingesetzt. Durch
5-HT2-Rezeptor-Blockade wirken sie aber schon in geringer Dosis beruhigend und
schlafinduzierend [1]. Die Substanzen zeichnen sich durch fehlende anticholinerge
Eigenschaften, wenig EPS und gute Verträglichkeit aus [33]. Klinische Studien zum
Einsatz bei nicht-psychiatrisch bedingten Schlafstörungen liegen nicht vor.
In der Gerontopsychiatrie wird Melperon explizit bei Schlafstörungen und psychomotorischer Unruhe empfohlen. Es ist für Patienten über 65 Jahre zugelassen
[1]. Die Dosierung liegt zur Schlafinduktion bei 25 bis 100 mg, bei BPSD im Rahmen
einer Demenz zur Langzeittherapie bei 50 bis 150 mg/d. Selten kann es zu QTc-ZeitVerlängerungen und Blutbildschäden kommen. In einer klinischen Studie wurden
ab einer Dosis über 240 mg klinisch relevante QTc-Verlängerungen nachgewiesen
[34]. Diese Menge übersteigt jedoch die in der Gerontopsychiatrie verwendete Dosierung deutlich. Hinzu kommt ein relatives hohes Interaktionspotenzial (CYP2D6Hemmung) und eine nicht-lineare Pharmakokinetik, sodass überproportional hohe
Plasmaspiegel auftreten können [33].
Pipamperon hat eine deutlich längere Halbwertszeit als Melperon (17 bis 22 h im
Vergleich zu 6 bis 8 h), was zu Überhangsymptomen am nächsten Morgen führen
kann. Davon abgesehen wird auch Pipamperon unter EKG-Kontrollen bei geringem
Risiko für QTc-Verlängerung zur Sedierung bei psychomotorischer Erregung empfohlen. In der Geriatrie soll als Initialdosis die Hälfte der normalen Anfangsdosis
gegeben werden.
Der Einsatz von Prothipendyl wird weniger empfohlen, da Melperon und Pipamperon besser verträglich sind. Prothipendyl zeigt ein deutlicheres Risiko für
QTc-Zeit-Verlängerung und vor allem inital orthostatische Kreislaufstörungen [1].
Atypische Antipsychotika wurden bei Schlafstörungen bisher kaum untersucht,
werden aber in der Praxis häufig in niedriger Dosierung eingesetzt [31]. In einer
Studie konnten 25 mg Quetiapin subjektive und objektive Schlafparameter bei
Tabelle 4: Dosierungsempfehlungen für ältere Patienten mit Delir; modifiziert nach (20, 2 6)
Substanz
Risperidon
Dosierung (mg/d)
1 bis 2 x 0,25 bis 1
Quetiapin
1 bis 2 x 25 bis 150
Olanzapin
1 x 2,5 bis 5
Haloperidol
2 bis 4 x 0,5 bis 1 mg peroral,
Peak-Effekt nach 4 bis 6 Stunden,
1 x 0,5 bis 1,0 mg i. m., Peakeffekt
nach 20 bis 40 Minuten
Kommentar
Off-Label-Use, erhöhte kardiovaskuläre Mortalität
dito
dito
zugelassen, vorteilhaft bei
unklarer Delirursache oder
unklaren Vorerkrankungen
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Praxis-Tipp
Bei der medi­
kamentösen
Behandlung
von Schlaf­
störungen bei
Älteren immer
die Sturzge­
fahr im Auge
behalten!
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Patienten mit primärer Insomnie verbessern [35]. Daten für alte Patienten liegen nicht
vor. In der Praxis werden häufig Mirtazapin 7,5 bis 15 mg oder Agomelatin 25 bis 50
mg zur Verbesserung des Schlafes, gerade auch bei depressiven Patienten eingesetzt.
Antipsychotika bei affektiven Störungen
Etwa 20 Prozent aller Psychosen im Alter treten im Rahmen einer schweren depressiven Episode auf. Vor allem Frauen sind betroffen [27]. Bei Depressionen mit
psychotischen Symptomen sollten immer ein Antidepressivum und ein Antipsychotikum kombiniert werden. Die Monotherapie mit einem Antidepressivum ist nicht
empfehlenswert.
Erste Wahl ist Risperidon, gefolgt von Olanzapin und Quetiapin (Tabelle 5). In
einer kleinen Studie mit 24 Patienten konnte Aripiprazol (2,5 bis 15 mg) die Depression bei guter Verträglichkeit signifikant verbessern [36]. Für Ziprasidon liegen
keine Daten vor. Die Elektrokrampftherapie bietet eine gute Alternative, wenn die
medikamentöse Therapie keine Erfolge erzielt.
Der Stellenwert der Antipsychotika bei bipolaren Störungen älterer Patienten ist nur
unzureichend mit Daten belegt. Insgesamt sind 0,4 Prozent der älteren Bevölkerung
betroffen [3]. Tritt eine Manie erstmals im höheren Alter auf, spielt die bipolare Störung als Ursache eine untergeordnete Rolle. Differenzialdiagnostisch ist eher an eine
beginnende Frontalhirndemenz oder eine medikamenteninduzierte Manie zu denken
[21]. Bei Manien mit psychotischem Erleben im Rahmen einer bipolaren Störung
werden Risperidon oder Olanzapin in Kombination mit einem Stimmungsstabilisierer
wie Valproinsäure ausdrücklich empfohlen [20]. Manien ohne psychotisches Erleben
und depressive Episoden im Rahmen einer bipolaren Störung sollen möglichst mit
einem Stimmungsstabilisierer in Monotherapie behandelt werden.
Zugelassen zur Rezidivprophylaxe manischer Episoden sind Quetiapin (Zulassung
auch zur Vorbeugung depressiver Episoden), Olanzapin und Aripiprazol, wobei deren
Wirksamkeit und Verträglichkeit bei älteren Patienten nicht nachgewiesen wurde.
Neben Valproinsäure und Lamotrigin (hauptsächlich zur Vorbeugung depressiver
Episoden) wird nur Olanzapin als Mittel der ersten Wahl empfohlen [37].
Zusammenfassung
Trotz der Warnungen vor Antipsychotika bei älteren Patienten gibt es Indikationen,
bei denen diese für den Krankheitsverlauf essenziell sind, zum Beispiel bei Schizophrenie. Hier muss besonderes Augenmerk auf die Mobilität sowie kardiovaskuläre
Risikofaktoren der Patienten gelegt werden. Ein »fitter« alter Mensch hat sicher ein
deutlich geringeres Risiko, unter der Therapie mit Antipsychotika eine Pneumonie
zu entwickeln, als ein immobiler Patient. Weiterhin wichtig ist die Therapiedauer.
Wenn ein Patient seit Jahrzehnten ein Antipsychotikum einnimmt, ist das Risiko
für schwere kardio- und zerebrovaskuläre Ereignisse nur eingeschränkt vorhanden.
Die QTc-Zeit-Verlängerung kann aber auch nach einigen Monaten oder Jahren der
Therapie auftreten.
Bei psychopathologischen Symptomen im Rahmen einer Demenz muss genau
zwischen den Vor- und Nachteilen der Medikation abgewogen werden. Nicht jedes
Symptom, zum Beispiel ständiges Herumwandern oder sich wiederholende
Tabelle 5: Dosierungsempfehlungen bei Patienten mit Depression oder mit Manie,
jeweils mit psychotischen Symptomen; nach (20)
Arzneistoff
Risperidon (1. Wahl)
Olanzapin
Quetiapin (2. Wahl)
Dosierung (mg)
bei Depression
0,75 bis 2,25
5 bis 10 (2. Wahl)
50 bis 200
Dosierung (mg) bei Manie
1,25 bis 3
5 bis 15 (1. Wahl)
50 bis 250
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gleiche Fragen, ist behandlungsbedürftig. Jedoch können Antipsychotika bei erhöhter Aggressivität der Patienten sinnvoll sein, wenn sie in einen Therapieplan
eingebettet sind, der auch nichtmedikamentöse Angebote einschließt.
Beitrag leicht gekürzt aus: Pharmazeutische Zeitung Ausgabe 29/2013 (http://www.pharmazeutische-zeitung.de)
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Für Sie
gelesen
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Antibiotika statt Appendektomie?
Vorerst keine Sicherheit für ambulante
Behandlung
Dr. med. Uwe Popert
Fragestellung: Sicherheit und Effektivität von Antibiotika bei der akuten
unkomplizierten Appendizitis.
Methode: In einer Metaanalyse [1] wurden nach einer systematischen Literaturrecherche die Ergebnisse von vier randomisierten kontrollierten Studien [2,3,4,5]
mit insgesamt 900 Patienten zusammengefasst (470 primär Antibiotikagabe, 430
primäre Appendektomie). Die Diagnose wurde jeweils durch Anamnese, klinische
Untersuchung und erhöhte Entzündungsparameter gestellt. In einer Studie erfolgte
eine Bestätigung der Diagnose durch eine zusätzliche Ultraschalluntersuchung, in
zwei weiteren Studien durch eine Computertomografie des Abdomens.
Ergebnisse: im Vergleich zur Operation führte eine primäre Antibiotikabehandlung
zu 31% weniger direkten Komplikationen wie Perforation, Gangrän, Peritonitis oder
Wundinfektion (primärer Studienendpunkt; 95% KI 0,54-0,89). Bei den sekundären
Endpunkten (Heilungsrate, stationäre Behandlungsdauer, Rezidive) zeigten sich
keine signifikanten Unterschiede. In der Antibiotikagruppe wurden 65 (20%) der
Patienten bei Befundverschlechterung sekundär appendektomiert.
Resultate: Die Autoren folgern aus den Ergebnissen, dass bei einer akuten unkomplizierten Appendizitis die primäre Gabe von Antibiotika als eine sichere und effektive
Alternative zur Operation erwogen werden sollte.
Diskussion: Mehrere Metaanalysen der wenigen vorhandenen RCTs kommen zu
vergleichbaren Ergebnissen. Allerdings wurden alle Studien ausschließlich im stationären Bereich durchgeführt; die Antibiotikagabe erfolgte dementsprechend fast
ausschließlich intravenös über mehrere Tage. In der einzigen Studie (5) mit oraler
Antibiotika-Gabe (3-4 x 1g Amoxicillin plus Clavulansäure/Tag) wurde als wichtiges
Ein- bzw. Ausschlusskriterium das Ergebnis der Computertomografie verwendet.
Eine deutsche Leitlinie der AWMF zu diesem Thema liegt derzeit nicht vor, internationale Leitlinien [6,7] geben unterschiedliche Empfehlungen.
Bedeutung
für
unsere
Praxis
Leider lassen sich diese ermunternden Ergebnisse aus methodischen Gründen nicht
direkt auf die Praxis übertragen, denn eine mehrtägige intravenöse Behandlung ist
in der Regel ambulant genau so wenig umsetzbar wie ein zeitnahes Abdomen-CT.
Aber es kann ja nicht schaden, befreundete chirurgisch tätige Kollegen auf diese
Studien hinzuweisen.
Auch erscheint die Hoffnung nicht abwegig, dass Patienten mit leichten Beschwerden bei fehlender peritonitischer Reizung durch eine orale Antibiotikagabe
stationäre Aufenthalte bzw. Operationen vermeiden könnten. Wie man so schön
sagt: weitere Studien sind sinnvoll.
Interessenkonflikte: keine
Literatur:
1 Varadhan KK, Neal KR, Lobo DN. Safety and efficacy of antibiotics compared with appendicectomy for
treatment of uncomplicated acute appendicitis: meta-analysis of randomised controlled trials. BMJ. 2012 Apr
5;344:e2156. doi: 10.1136/bmj.e2156 .
2 Hansson J, Korner U, Khorram-Manesh A, Solberg A, Lundholm K. Randomized clinical trial of antibiotic
therapy versus appendicectomy as primary treatment of acute appendicitis in unselected patients. Br J
Surg2009;96:473-81
3 Styrud J, Eriksson S, Nilsson I, Ahlberg G, Haapaniemi S, Neovius G, et al. Appendectomy versus antibiotic treatment in acute appendicitis. a prospective multicenter randomized controlled trial. World J Surg2006;30:1033-7
4 Eriksson S, Granstrom L. Randomized controlled trial of appendicectomy versus antibiotic therapy for acute
appendicitis. Br J Surg1995;82:166-9
Nr. 4 / 2013
5
6
7
KVH • aktuell
Seite 19
Vons C, Barry C, Maitre S, Pautrat K, Leconte M, Costaglioli B, et al. Amoxicillin plus clavulanic acid versus
appendicectomy for treatment of acute uncomplicated appendicitis: an open-label, non-inferiority, randomised
controlled trial. Lancet2011;377:1573-9.
Wilms IM, de Hoog DE, de Visser DC, Janzing HM. Appendectomy versus antibiotic treatment for acute appendicitis. Cochrane Database Syst Rev2011;11:CD008359
Sartelli M, Viale P, Catena F, et al. 2013 WSES guidelines for management of intra-abdominal infections. World
J Emerg Surg. 2013 Jan 8;8(1):3. doi: 10.1186/1749-7922-8-3
Antibiotika bei akuter Divertikulitis
Wie mutig sind Leitlinien-Autoren?
Für Sie
gelesen
Dr. med. Uwe Popert
Fragestellung: Helfen Antibiotika bei akuter Divertikulitis?
Methode: in einer multizentrischen, nicht verblindeten, randomisierten Studie [1]
erhielten 314 von 623 Patienten mit Divertikulitis-typischer Anamnese und Klinik,
erhöhten Entzündungswerten und CT-Befunden Antibiotika. .Diese wurden zunächst
intravenös und danach oral verabreicht, insgesamt mindestens 7 Tage. Verwendet
wurde i.v. eine Kombination von Cefuroxim oder Cefotaxim mit Metronidazol,
Carbapenem oder Piperazillin-Tazobactom; als Tabletten gab es Ciprofloxazin oder
Cefadroxil in Kombination mit Metronidazol. Alle anderen Patienten bekamen primär
keine Antibiotika (Ein- und Ausschlusskriterien siehe untenstehenden Kasten).
Resultate: Rezidive mit erneuter stationärer Behandlung (primärer Endpunkt)
waren gleich häufig (16%), ebenso die mittlere Krankenhaus-Verweildauer, die
Komplikationsrate und der Anteil der erfolgten Sigmaresektionen innerhalb von
zwölf Monaten nach Indexbehandlung.
Diskussion: Jeder dritte über 60-jährige erleidet mindestens einmal eine akute Divertikulitis. Die übliche Therapieempfehlung besteht in der Gabe von Antibiotika, obwohl
mehrere systematische Reviews dafür keine Studien-Belege finden konnten [2,3,4]. In
zwei neueren Studien konnte gezeigt werden, dass die orale Gabe genauso wirksam
(oder unwirksam) ist wie eine kürzere oder längere intravenöse Anwendung [5,6].
Ein- und Ausschlusskriterien der Divertikulitis-Studie
Einschlusskriterien:
Erwachsene über18 Jahre
Akute Schmerzen im unteren Abdomen mit Druchschmerzhaftigkeit
Temperatur ≥ 38°C bei Aufnahme oder während der letzten 12 Stunden
Erhöhte Leukozyten und CRP oder zumindest erhöhte Leukozyten bei kurzer Vorgeschichte
Nachweis der Divertikulitis im CT
Einverständniserklärung
Ausschlusskriterien:
Im CT Hinweise für komplizierte Divertikulitis mit Abszess, Fistel oder freier Luft im Abdomen
oder Becken
Im CT Hinweise auf andere Erkrankung
Laufende immunsuppressive Behandlung
Schwangerschaft
Laufende Antibiotikabehandlung
Hohes Fieber, schlechter Allgemeinzustand, Peritonitis oder Sepsis
KVH • aktuell
Seite 20
Bedeutung
für
unsere
Praxis
Nr. 4 / 2013
Evidenzbasiertes Nichtstun
Hier gibt es Argumente für und gegen eine antibiotische Behandlung. Auf der einen
Seite stehen u.a. ein Cochrane-Review [4] und eine aktuelle internationale Leitlinie
(die nur mit Expertenkonsens argumentieren können), auf der anderen Seite die
deutlichen und unwiderlegten Ergebnisse einer guten multizentrischen Studie.
Offensichtlich erscheint es attraktiver, eine pathophysiologisch sinnvoll erscheinende, aber unbewiesene Intervention weiterzutragen, als evidenzbasiert nichts
zu tun und so Nebenwirkungen zu vermeiden. Es bleibt abzuwarten, wie sich die
für Ende 2013 avisierte AWMF-Leitlinie zur akuten Divertikulitis positionieren wird.
Einstweilen kann man würfeln – oder die Patienten fragen.
Interessenkonflikte: keine
Literatur:
1
Chabok A, Påhlman L, Hjern F, Haapaniemi S, Smedh K; AVOD Study Group. Randomized clinical trial of antibiotics
in acute uncomplicated diverticulitis. Br J Surg. 2012 Apr;99(4):532-9. doi: 10.1002/bjs.8688 . Epub 2012 Jan 30.
2
de Korte N, Unlü C, Boermeester MA, et al. Use of antibiotics in uncomplicated diverticulitis. Br J Surg. 2011
Jun;98(6):761-7. doi: 10.1002/bjs.7376 . Epub 2011 Jan 6.
3
Sartelli M, Viale P, Catena F, et al. 2013 WSES guidelines for management of intra-abdominal infections. World
J Emerg Surg. 2013 Jan 8;8(1):3. doi: 10.1186/1749-7922-8-3
4
Shabanzadeh DM, Wille-Jørgensen P.Antibiotics for uncomplicated diverticulitis. Cochrane Database Syst Rev.
2012 Nov 14;11:CD009092. doi: 10.1002/14651858.CD009092.pub2 .
5
Schug-Pass C, Geers P, Hügel O, et al.. Prospective randomized trial comparing short-term antibiotic therapy versus standard therapy for acute uncomplicated sigmoid diverticulitis. Int J Colorectal Dis. 2010
Jun;25(6):751-9. doi: 10.1007/s00384-010-089
6
Ribas Y, Bombardó J, Aguilar F, et al. Prospective randomized clinical trial assessing the efficacy of a short
course of intravenously administered amoxicillin plus clavulanic acid followed by oral antibiotic in patients with
uncomplicated acute diverticulitis. Int J Colorectal Dis. 2010 Nov;25(11):1363-70. doi: 10.1007/s00384-0100967-9 . Epub 2010 Jun 5.
Leitlinien – wirklich unabhängig?
Dr. med. Günter Hopf
Leitlinien sollen in dem immer komplexer werdenden Gebiet der Therapie, vor allem der Arzneimitteltherapie, eine Entscheidungshilfe bieten. Neutrale Leitlinien sind angesichts der Vielzahl von Publikationen mit unklaren Interessenskonflikten unentbehrlich. Sie sind im Gegensatz zu institutionellen
Richtlinien jedoch nicht rechtsverbindlich, können es jedoch werden, wenn sie dem medizinischen
Standard entsprechen.
In einem Kommentar zu den Möglichkeiten und Grenzen von Leitlinien werden Bewertungspunkte für die Qualität einer Leitlinie (nach AGREE, Appraisal of Guidelines for Research & Evaluation)
diskutiert, u.a.:
klar definierter Geltungsbereich und Zweck
multidisziplinäre Zusammensetzung (z.B. Mitarbeit von Hausärzten, Statistikern)
Anwendbarkeit (z.B. bei Multimorbidität)
redaktionelle Unabhängigkeit.
So genügt es nicht, pauschale Angaben zu Interessenskonflikten anzugeben. Hier müssen einzelne
mögliche Konflikte detailliert aufgezählt werden. Vor allem die jeweiligen Vorsitzenden einer Leitliniengruppe müssen frei sein von diesen Konflikten, und Experten mit diesen Konflikten dürfen nur
eine Minderheit in der Gruppe darstellen.
Medizinisches Wissen verändert sich im Zeitverlauf: eine Leitlinie sollte daher nicht älter als drei Jahre
sein und immer wieder aktualisiert werden, eventuell auch nur mit aktuellem Datum, um deutlich zu
machen, dass sich inhaltlich (noch) nichts geändert hat.
Vor allem: eigenes Abwägen bei einer individuellen Verordnung schadet nicht!
Quelle: Arzneimittelbrief 2013; 47(3): 24DB01-02
Nr. 4 / 2013
KVH • aktuell
Simvastatin und körperliches Training
Körperliches Training ist für kardiovaskuläre Risikopatienten eine anerkannte therapeutische Maßnahme, wenn der Patient genügend motiviert ist. In einem Kommentar zu einer neuen Studie wird eine mögliche Interaktion zwischen der Gabe
von Simvastatin und dem Trainingseffekt vermutet. 40 mg/d Simvastatin machten
den Trainingseffekt (kardiorepiratorische Fitness und Erhöhung des Mitochondriengehaltes in der Skelettmuskulatur) über 12 Wochen im Vergleich zur Placebogabe
zunichte. Das Studienergebnis muss noch überprüft werden, könnte jedoch plausibel sein: Statine können zu strukturellen und funktionellen Veränderungen der
Skelettmuskulatur führen (bis hin zur Rhabdomyolyse).
Quelle: Pharm. Ztg. 2013; 158 (21): 22
Therapie der Herzinsuffizienz bei Älteren
Diuretika, ACE-Hemmer, Angiotensinrezeptorblocker, Betablocker und auch Digitalis zählen Leitlinien-gerecht zur medikamentösen Therapie einer Herzinsuffizienz.
Nach einer zusammenfassenden Publikation leiden sehr viele alte Patienten an einer
Herzinsuffizienz mit erhaltener Pumpfunktion (sog. diastolische Herzinsuffizienz),
bei der nach heutiger Datenlage ACE-Hemmer, Angiotensinrezeptorblocker und
Betablocker kaum oder gar nicht wirken. Schleifendiuretika und Thiazide sind auch
bei alten Patienten symptomatisch wirksam. Auch Aldosteronrezeptorantagonisten
wie Spironolacton (Aldactone®, Generika) oder Eplerenon (Inspra®) führen allgemein
zu einer Prognoseverbesserung.
Quelle: Dt. Med. Wschr. 2013; 138: 700-02
Quetiapin: Herzmuskelschäden
Nach einer Empfehlung einer Arzneimittel-kritischen medizinischen Zeitschrift sollte
bei Auftreten einer Dyspnoe oder anderer Zeichen eines Herzmuskelschadens unter
der Therapie des Neuroleptikums Quetiapin (Seroquel®) die Therapie abgebrochen
und ein EKG geschrieben werden. Von den chemisch verwandten atypischen Neuroleptika Clozapin und Olanzapin sind Kardiomyopathien und Myokarditiden bis
hin zu Todesfällen bereits bekannt.
Quelle: Prescr. Internat. 2013; 22:184
Fluorochinolone: akutes Nierenversagen
Nach einer kanadischen Fall-Kontroll-Studie können Fluorochinolone bei Männern
zwischen 40 und 85 Jahren auch nach kurzzeitiger Therapie ein akutes Nierenversagen auslösen. Das Risiko war circa zweifach erhöht, wobei unter Ciprofloxacin
(Ciprobay®, Generika) das höchste Risiko bestand (RR 2,76, 95%-KI 2,03-3,76). In
Kombination mit einem ACE-Hemmer oder Angiotensin-Rezeptorblocker verdoppelte
sich das Risiko. Bei Patienten mit vorgeschädigten Nieren (wahrscheinlich auch bei
Frauen, obwohl diese Studie nur Männer erfasste) sollte diese UAW bei der Wahl eines
Antibiotikums eine Rolle spielen, auch wenn diese UAW selten aufzutreten erscheint.
Quelle: CMAJ 2013; doi:10.1503/cmaj 121730
Kochsalz und Hypertonie
Nach einem neuen Review führt eine Kochsalzrestriktion doch mit hoher Evidenz zu
einer Blutdrucksenkung, ebenso wie eine vermehrte diätetische Kaliumaufnahme
(z.B. viel Obst) bei Hypertonie den Blutdruck senkt.
Quelle: Dt. med. Wschr. 2013; 138: 1152
Seite 21
Sicherer
verordnen
Dr. med.
Günter Hopf
Seite 22
Briefe an die
Redaktion
KVH • aktuell
Nr. 4 / 2013
Phenprocoumon plus Novaminsulfat
Genauso riskant
wie Kombination mit NSAR?
Zu unserem Beitrag „Das Schmerzmittel-Dilemma“ in KVH aktuell
3/2013, Seite 22.
Kollege Seffrin empfiehlt bei Phenprocoumon eher Novaminsulfon oder Opioide
(statt NSAR, da kontraindiziert). Novaminsulfon ist aber auch ein NSAR, wenn man
sich die Wechselwirkungsanalyse beim MMI Pharmindex Prüfprogramm anschaut.
Ich habe mit der wissenschaftlichen Abteilung von Sanofi (Novalgin®) telefoniert und auch der Kollege dort rechnet Novalgin® den NSAR zu, ebenso wie im
MMI Pharm­index Prüfprogramm angegeben. Jedoch meinte er, dass (ihm) keine
derartigen negativen Wechselwirkungen bekannt seien. Ausschließen könne man
die ausgedruckten Wechselwirkungen aber nicht völlig (und das könne ggf. ein
juristisches Problem sein).
Ich weiß, dass die Kombination von Phenprocoumon und Novaminsulfon verbreitet ist, aber ist sie auch tatsächlich und juristisch völlig sicher?
Dr. med. D. Wettig
Wiesbaden
Anmerkung des Autors: Herzlichen Dank für Ihre Nachfrage, sodass ich noch auf
wichtige Fakten eingehen kann.
Zunächst einmal würde ich Novaminsulfon, u.a. auch Metamizol oder Dipyron
genannt, nicht zu den klassischen NSAR im engeren Sinne zählen. Es ist auch
kein Opioid, weshalb es auch als Nichtopioid-Analgetikum bezeichnet wurde.
Das kann man dann natürlich auch als NSAR bezeichnen, je nach Blickwinkel.
Da es irgendwie dazwischen liegt, würde ich Novaminsulfon als eigene Klasse
ansehen, vor allem weil es ein nichtsaures Pyrazolderivat ist und mit dieser schon
grundlegenden chemischen Eigenschaft im Gegensatz zu den sauren, klassischen
NSAR steht. Auch gibt es Hinweise auf eine zentral wirkende schmerzmindernde
Wirkung.
Entscheidend ist aus meiner Sicht, dass Novaminsulfon offensichtlich nicht
die typischen, gefährlichen und eben häufigen NSAR-Nebenwirkungen auf
den Magendarmtrakt hat. Dies heißt nicht, dass Novaminsulfon oder Opioide
wie z.B. Tilidin unter oraler Antikoagulation problemlos verwendet werden können:
Interaktionen mit z.B. Phenprocoumon sind trotzdem zu beachten, da im Einzelfall
mit nicht berechenbarer Wirkverstärkung der Antikoagulation zu rechnen ist. Dies
fordert also, dass nach Therapiebeginn mit jedem Schmerzmittel der Effekt auf die
Antikoagulation kontrolliert werden sollte.
Zu den juristischen Implikationen muss ich die Antwort schuldig bleiben. Sachlich
ist die simultane Behandlung mit NSAR unter oraler Antikoagulation zulässig (es
gibt genügend Studien, die dies unter verschiedenen Fragestellungen untersucht
haben), die Vorsicht lässt aber raten, auf eine solche Kombination außerhalb von
Studienbedingungen zu verzichten. Schließlich dürfte es kaum etwas geben, das
juristisch völlig sicher ist. Wenn irgendetwas geschieht, wird zu oft ein Schuldiger
gesucht, häufig auch gerne der Arzt.
Nicht zuletzt muss ich darauf hinweisen, dass es sich hier um meine persönlichen
Einschätzungen handelt, die kaum als justiziabel gelten können.
Ich hoffe, dass Ihre Fragen damit beantwortet sind.
Dr. med. Joachim Seffrin
Weiterstadt
Nr. 4 / 2013
KVH • aktuell
Bessere Meinung über Prasugrel
Zum Editorial „Neu, teuer = unwirtschaftlich, oder bewährt, preisgünstig = wirtschaftlich?“ in KVH Aktuell Nr.2/2013.
Als langjährig auch interventionell tätiger Kardiologe gehört die Behandlung des
akuten Koronarsyndroms zu meinem beruflichen Alltag, und ich habe mich in den
letzten Jahren fast zwangsläufig intensiv mit dem Thema Thrombozytenhemmung
beschäftigt. Mit großem Interesse habe ich deshalb auch Ihr Editorial zu diesem
Thema gelesen.
Mir ist bewusst, dass ein Editorial kurz, prägnant und gelegentlich pointiert zu
sein hat. Dabei können allerdings die diskutierten Inhalte für den Leser teilweise
irreführend erscheinen. So schreiben Sie zum Vergleich einer Prasugrel- mit einer
Clopidogreltherapie: „Benefit und Schaden halten sich die Waage. Der Patient hat
von der Therapie mit Prasugrel keinen erkennbaren Nutzen.“
Tatsächlich wurde in der Zulassungsstudie TRITON TIMI 38 eine Reduktion des
primären Endpunktes (Kardiovaskulärer Tod, Myokardinfarkt, Schlaganfall) von 781
auf 643 Ereignisse (von 12,1% auf 9,9%) zugunsten von Prasugrel erreicht. Dem
gegenüber stand eine Erhöhung der Zahl (nicht Bypass-OP-assoziierter) schwerer
Blutungen von 111(1,8%) auf 146 (2,4%) unter Prasugrel. Nach Abzug der vermehrt aufgetretenen schweren Blutungen von den verhinderten Ereignissen ergibt
sich ein (statistisch signifikanter) klinischer Nettonutzen von 103 verhinderten Ereignissen zu Gunsten von Prasugrel. Damit hat der Patient einen erkennbaren Nutzen
von einer Therapie mit Prasugrel. Sicher gibt es Kritikpunkte an der TRITON Studie,
wie die vergleichsweise späte Gabe des Clopidogrels bei Patienten mit NSTEMI oder
die 300 mg loading dose von Clopidogrel gegenüber 600 mg heute. Demgegenüber
könnte man bei der PLATO-Studie mit Ticagrelor kritisieren, dass mit 28% nahezu
jeder Dritte konservativ medikamentös behandelt wurde, was wiederum nicht der
Behandlungsrealität in Deutschland entspricht. Es spricht auch einiges dafür, dass
die Kohorte der konservativ behandelten Patienten das positive Gesamtergebnis der
Studie maßgeblich beeinflusst hat. So liegt die Mortalitätsrate in der ClopidogrelGruppe in PLATO mit 5,9% fast doppelt so hoch wie in TRITON mit 3,2%. Daten
für die Patienten in PLATO, die ausschließlich interventionell behandelt wurden, sind
nicht veröffentlicht. Bei PLATO war übrigens in der Subgruppe der nahezu 2000
nordamerikanischen Patienten Clopidogrel signifikant besser als Ticagrelor. Dies
wurde nach zusätzlichen Analysen, auch durch die amerikanische Zulassungsbehörde FDA, damit erklärt, dass die höhere Aspirindosis von 325 mg, die in Nordamerika
üblich ist, möglicherweise eine Wirkabschwächung von Ticagrelor verursacht.
Außerdem schreiben Sie: „Ticagrelor hat nach der frühen Nutzenbewertung durch
das AMNOG bei 80% seiner zugelassenen Indikationen als Thrombozytenaggregationshemmer einen beträchtlichen Zusatznutzen gegenüber Clopidogrel und
Prasugrel“. Dies suggeriert, dass ein beträchtlicher Zusatznutzen auch gegenüber
Prasugrel festgestellt wurde. Tatsächlich wurde in dem Prüfverfahren das Ticagrelor
nur in einer von vier Indikationen, nämlich „Myokardinfarkt mit ST-Strecken-Hebung
(STEMI), perkutane Koronarintervention“ mit der zweckmäßigen Vergleichstherapie
Prasugrel verglichen. Hier fand sich kein Zusatznutzen für Ticagrelor. Nur für die
Patienten mit TIA oder ischämischem Schlaganfall (Kontraindikation für Prasugrel)
und Patienten ≥ 75 Jahre alt (Warnhinweis für Prasugrel), die nach individueller
Nutzen-Risiko-Abwägung nicht für eine Therapie mit Prasugrel in Frage kommen,
wurde ein nicht quantifizierbarer Zusatznutzen attestiert (G-BA Beschluss zu Ticagrelor 2011).
Die Frage der Wirtschaftlichkeit von Prasugrel wurde vom Bundesministerium für
Gesundheit in einem Therapiehinweis, veröffentlicht im Bundes-Anzeiger. Nr. 137
(S. 3108) vom 10.09.2010, geregelt. Demnach gilt die Verordnung von Prasugrel
bei Patienten mit erhöhtem Risiko für kardiovaskuläre Mortalität und ohne
Seite 23
Briefe an die
Redaktion
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Briefe an die
Redaktion
KVH • aktuell
Nr. 4 / 2013
erhöhtes Blutungsrisiko bis zu zwölf Monaten als wirtschaftlich. Übrigens liegt
der Apothekenverkaufspreis, also der Preis, mit dem das Arzneimittel-Budget des
verordnenden Kassenarztes belastet wird, für Prasugrel bei 2,88 € Tagestherapiekosten und für Ticagrelor bei 3,34 €. Der Herstellerabgabepreis liegt für Prasugrel
bei 1,84 € und für Ticagrelor bei 2,00 €.
Somit stellen sowohl Prasugrel als auch Ticagrelor einen relevanten medizinischen
Fortschritt gegenüber Clopidogrel dar. Einen direkten Vergleich Ticagrelor versus
Prasugrel im Rahmen einer klinischen Studie gibt es nicht. Man kann die jeweilige
Substanz nur im Hinblick auf die jeweils durchgeführte Zulassungsstudie beurteilen. Eine gewisse Hilfe können die Leitlinien der amerikanischen und europäischen
kardiologischen Gesellschaften zur Therapie des akuten Koronarsyndroms geben.
Dort haben sowohl Ticagrelor und Prasugrel eine Klasse Ib Empfehlung*. Diese
Leitlinien empfehlen weiterhin, dass die neuen Substanzen bevorzugt eingesetzt
werden sollten. Clopidogrel wird nur noch bei Patienten empfohlen, bei denen
weder Prasugrel noch Ticagrelor indiziert sind.
Es würde mich freuen, wenn ich einen substanziellen Beitrag zur diskutierten
Thematik leisten konnte.
Prof. Dr. med. Bernhard R. Winkelmann
Arzt für Innere Medizin und Kardiologie
ClinPhenomics GmbH&Co KG
Studienzentrum Frankfurt
* Ib bedeutet eine Evidenz aufgrund mindestens einer ausreichend großen, methodisch hochwertigen randomisierten, kontrollierten Studie. Eine Ia Evidenz basiert auf der Analyse mehrerer solcher großer Studien in der
jeweiligen Indikation.
Zusatznutzen nur bei Subgruppe attestiert
Anmerkung des Autors: Da der Zusatznutzen von Prasugrel lediglich für eine
kleine Subgruppe (Patienten mit erhöhtem Risiko für kardiovaskulare Mortalität
und ohne erhöhtes Blutungsrisiko bei Verordnungsdauer bis zu zwölf Monaten)
attestiert wurde, gilt für die Verordnung bei allen anderen Patienten nach wie vor
das Wirtschaftlichkeitsgebot. Somit sind bei der Verordnung die Preise für ASS,
Clopidogrel, Ticagrelor und Prasugrel zu vergleichen.
Dr. med. Wolfgang LangHeinrich
Levothyroxin-Präparate
Ich setze kein aut-idem-Kreuz!
Zum Gastbeitrag „Zum Austausch von Levothyroxin-Präparaten“
aus dem Arznei-Telegramm in KVH aktuell 3/2013, Seite 4.
Auch wenn ich das Arznei-Telegramm wegen seiner scharfen Analysen, seiner
Unabhängigkeit und vieler anderer Gründe außerordentlich schätze, kann ich den
Schlussfolgerungen des Artikels nur zum Teil folgen. Einerseits stellen die Autoren
fest, dass die Datenlage bezüglich der Bioäquivalenz der T4-Präparate dürftig ist,
andererseits raten sie dazu, das Kreuzchen auf dem Rezept zu machen.
Die Argumente für diese Empfehlungen sind mir nicht schlüssig. Ich beobachte seit
vielen Jahren auch bei scheinbar therapietreuen Patienten, die unverändert das
Nr. 4 / 2013
KVH • aktuell
gleiche Präparat einnehmen, dass die TSH-Werte recht häufig teils sogar deutliche
Schwankungen zeigen. Ich vermute, dass ich mit dieser Beobachtung nicht alleine
stehe. Wenn ich mich richtig entsinne, werden etwa 50% aller verschriebenen Medikamente von unseren Patienten nicht eingenommen. Die Zahl der ausgestellten
Wiederholungsrezepte für Schilddrüsenpräparate lässt vermuten, dass es hier nicht
so krass sein dürfte. So muss ich davon ausgehen, dass Noncompliance wesentlich
stärkere Auswirkungen auf die Laborergebnisse zeitigt als ein Präparatewechsel.
Schon das Vergessen einer einzelnen 100 mcg-Dosis dürfte mehr Einfluss ausüben,
als ein Produktwechsel.
Ich gehe fest davon aus, dass ich mit einem Präparatewechsel meinen Patientinnen und Patienten keinen Schaden zufüge. Ich werde mich hüten, das Kreuzchen
zu setzen, wenn ich bedenke, welch unerfreuliche Erfahrungen wir Vertragsärzte
ständig mit den Krankenkassen bezüglich Regressanträgen machen müssen. Dies
gilt besonders auch im Hinblick auf die Inhalte der Regressanträge. Bei der großen
Zahl der Patienten, die Schilddrüsenpräparate benötigen, käme ein Regress wegen
regelmäßigem aut-idem-Kreuz einem nennenswerten finanziellen Schaden für uns
niedergelassene Ärzte gleich, auch wenn der einzelne Betrag je Rezept gering sein
mag. Abgesehen von den finanziellen Risiken stellt ein Regressantrag der Krankenkassen für den Vertragsarzt, der sich dagegen wehren möchte, eine erhebliche
Belastung dar.
Dr. med. Joachim Seffrin
Arzt für Allgemeinmedizin
Weiterstadt
Verständigungsprobleme mit fremdsprachige Patienten
Wie Sie trotz Sprachbarrieren
Nebenwirkungen erkennen
Vor allem die Kollegen in den Ballungsräumen haben oft genug Patienten, die weder
Deutsch noch Englisch beherrschen. Dann wird es problematisch: Wenn Doktor und
Patient allein per Zeichensprache kommunizieren, steigt die Gefahr einer falschen
oder unzureichenden Behandlung. Seine ursprünglichen Symptome kann der Patient
vielleicht noch einigermaßen klar machen und die Untersuchung hilft dann noch
weiter, aber spätestens wenn es um die Erfassung von Nebenwirkungen der medikamentösen Behandlung geht, wird es ziemlich schwierig. Einen kleinen Beitrag
zur Gefahrenreduktion wollen wir deswegen in diesem Heft liefern: Wir haben die
Fragen nach Symptomen, wie sie insbesondere bei einer medikamentösen Behandlung auftreten können, auf den folgenden Seiten in mehrere Sprachen übersetzt.
Lassen Sie den Patienten auf dem jeweiligen Blatt die Symptome in seiner Sprache
ankreuzen, die Übersetzung ins Deutsche ergibt sich danach praktisch automatisch.
So sollte es möglich sein, Neben- und Wechselwirkungen zuverlässig zu erfassen.
Die Fragenblätter stammen aus der Leitlinie Multimedikation, erstellt von der Leitliniengruppe Hessen und Zusammenarbeit mit der DEGAM.
Seite 25
Patient:
Geb. Datum:
Anmerkung:
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Patient:
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Tischversion
Multimedikation
Relevante Medikamenteninteraktionen (Fortsetzung)
Wirkstoff 1
Wirkstoff 2 (neu)
Effekte
Glukokortikoide
NSAR
Risiko Blutung im
Magen-Darm-Trakt
SSRIs
NSAR
Theophyllin
Gyrasehemmstoffe (alle), Konzentrationsanstieg von
Erythromycin,
Theophyllin
Clarithromycin,
Fluvoxamin
Nitrate, PENT, Molsidomin unbehandelbare, ggf. letale
Hypotonie
PDE-Hemmer
für erektile Dysfunktion
Terfenadin,
Loratadin etc.
Dabigatran
Rivaroxaban,
Apixaban
Trizyklische
Antidepressiva
Fentanyl
Blutung im
Magen-Darm-Trakt
Makrolidantibiotika
Ketoconazol, Ciclosporin
A, Itraconazol oder
Tacrolimus
Azol-Antimykotika wie
z. B. Ketoconazol,
Itraconazol und
Proteasehemmer wie z. B.
Ritonavir
Anticholinerge
Spasmolytika (z. B.
Oxybutynin)
SSRI (Citalopram,
Fluoxetin, Fluvoxamin,
paroxetin, Sertralin)
SNRI (Venlafaxin)
MAO-Hemmer
(Moclobemid, Selegilin)
Literatur:
Was tun?
1. Vermeiden
2. wenn NSAR unumgänglich, PPI
dazu
1. Vermeiden
2. wenn NSAR unumgänglich, PPI
dazu
1. Vermeiden
2. wenn unumgänglich, Toxizitätszeichen beachten und ggf.
Spiegelkontrolle am 3. Tag
Kontraindiziert
QTc-Verlängerung
(Terfenadin),
Wirkverstärkung/Konzentrationsanstieg (Loratadin)
Blutungsrisiko, Verstärkung
der Wirkung
Terfenadin generell nicht
bei Multimedikation
Blutungsrisiko, Verstärkung
der Wirkung
Kontraindiziert
Potenzierung anticholinerger
Effekte (Mundtrockenheit,
Schwindel, Verwirrtheit)
1. Erkennen
2. Vermeiden
3. wenn unumgänglich,
auf Symtome achten
1. Kombination vermeiden
2. Symptome beachten
3. Bei Verdacht auf Serotoninsyndrom eines der Medikamente
absetzen.
Serotonin-Syndrom:
Bewusstseinsänderung,
Tachykardie, instabiler Blutdruck, Hyperthermie, neuromuskuläre Veränderungen,
gastrointestinale Symptome
(Übelkeit., Erbrechen);
potenziell lebensgefährlich!
Cascorbi I. Drug interactions – principles, examples, and
clinical consequences. Dtsch Arztebl Int 2012; 109 (33-34):
546-556
Haefeli WE. Polypharmazie. Curriculum. Schweiz Med
Forum 2011;11(47): 847-852
Kontraindiziert
Hinweis:
Die Leitlinie wurde von der Hausärztlichen Leitliniengruppe Hessen gemeinsam mit der DEGAM erstellt.
Korrespondenzadresse
Ausführliche Leitlinie im Internet
Hausärztliche Leitlinie
PMV forschungsgruppe
Fax: 0221-478-6766
Email: [email protected]
http:\\www.pmvforschungsgruppe.de
www.pmvforschungsgruppe.de
> publikationen > leitlinien
www.leitlinien.de/mdb/downloads/lghessen/
multimedikation-lang.pdf
»Multimedikation«
Hier Interaktionen
Tischversion 1.0 April 2013
XtraDoc Verlag Dr. Wiedemann, Winzerstraße 9, 65207 Wiesbaden
PVSt Deutsche Post AG,
Entgelt bezahlt,
68689
Hausärztliche
HausärztlicheLeitlinie
Leitlinie
Multimedikation
Multimedikation
PH863453V
Tischversion:
Tischversion:Interaktionen
Interaktionen
Interaktionen
Folgende Strategien zur Vermeidung von Interaktionen
Interaktionen
Folgende Strategien zur Vermeidung von Interaktionen
Mit der Zahl der Wirkstoffe steigen die Interaktionsstehen zur Verfügung:
Mit der Zahl der Wirkstoffe steigen die Interaktionsstehen zur Verfügung:
Für bestimmte Schlüsselindikationen einen intermöglichkeiten exponentiell. Manche interaktionsträchFür bestimmte
Schlüsselindikationen
einen intermöglichkeiten
exponentiell.
Manche
interaktionsträchaktionsärmeren
Partner
einsetzen, z. B. Pantopratige Kombinationen sind mitunter klinisch nicht zu verPartner
einsetzen, z. B.
Pantopratige Kombinationen
sind mitunterTabelle
klinischzusammennicht zu verzol aktionsärmeren
als PPI, Pravastatin
als CSE-Hemmer,
Azithromeiden.
Bei den in nachstehender
zol
als
PPI,
Pravastatin
als
CSE-Hemmer,
Azithromeiden.
Bei
den
in
nachstehender
Tabelle
zusammenmycin als Makrolid,
gestellten Wirkstoffen/-stoffgruppen besteht jedoch
mycin
als Makrolid,
gestellten
jedoch
einen
Wirkstoff,
wenn möglich pausieren (z. B.
eine
klinischWirkstoffen/-stoffgruppen
relevante und auch durchbesteht
epidemioloeinen
Wirkstoff,
wenn
möglich pausieren (z. B.
eine
klinisch
relevante
und
auch
durch
epidemioloStatine während einer
Antibiotikagabe),
gische Studien belegte Interaktionsgefahr. ElektroniStatine während
einer
gische
Studien belegte
Interaktionsgefahr.
ElektroniDosisanpassung
(sollte
als Antibiotikagabe),
Strategie ultima ratio
sche
Interaktionsprüfer
sollten
die klinische Relevanz
Dosisanpassung
(sollte
sche
Interaktionsprüfer
sollten
die
klinische
Relevanz
sein, da nicht gut steuerbar).als Strategie ultima ratio
der Interaktion und Hinweise zum Medikationssein, da nicht gut steuerbar).
der Interaktion
und Hinweise zum Medikationsmanagement
enthalten.
management enthalten.
Ausgewählte relevante Medikamenteninteraktionen (s. auch Cascorbi 2012)
Wirkstoff 1 relevante
Wirkstoff
2 (neu)
Effekte (s. auch Cascorbi 2012)
Was tun?
Ausgewählte
Medikamenteninteraktionen
ACE-Hemmer/
NSAR/Coxibe
(z. B.
Wirkabschwächung
des
1. Vermeiden
Wirkstoff 1
Wirkstoff 2 (neu)
Effekte
Was tun?
AT1
Blocker
Diclofenac,
Ibuprofen
etc.)
ACE-Hemmers
(z.
B.
Risi2.
(Selbst)Kontrolle
ACE-Hemmer/
NSAR/Coxibe (z. B.
Wirkabschwächung des
1. Vermeiden z. B. RR und
ko
einer
akuten
DekompenGewicht
AT1 Blocker
Diclofenac, Ibuprofen etc.) ACE-Hemmers (z. B. Risi- 2. (Selbst)Kontrolle z. B. RR und
sation),
zusätzliche
Nieren- 3. WahlGewicht
eines anderen Analgetikums
ko einer
akuten Dekompenfunktionseinschränkung
sation), zusätzliche Nieren- 3. Wahl eines anderen Analgetikums
1. Vermeiden
Diuretika
NSAR/Coxibe (z. B.
Wirkabschwächung
des
funktionseinschränkung
2. (Selbst)Kontrolle z. B. RR und
Diclofenac, Ibuprofen etc.) Diuretikums (z. B. Risiko
Diuretika
NSAR/Coxibe (z. B.
Wirkabschwächung des
1. Vermeiden
Gewicht
einer akuten DekompenDiclofenac, Ibuprofen etc.) Diuretikums (z. B. Risiko
2. (Selbst)Kontrolle z. B. RR und
sation)
3. Wahl eines anderen Analgetikums
einer akuten DekompenGewicht
CSE-Hemmer
Makrolidantibiotika (außer gegenseitige Wirkver1. CSE-Hemmer während
sation)
3. Wahl eines anderen Analgetikums
(Pravastatin und Azithromycin), Amiodaron stärkung, Risiko
Antibiotika pausieren
CSE-Hemmer
Makrolidantibiotika (außer gegenseitige Wirkver1. CSE-Hemmer während
Fluvastatin
Fluconazol, Fibrate,
Rhabdomyolyse
2. Vermeiden
(Pravastatin und Azithromycin), Amiodaron stärkung, Risiko
Antibiotika pausieren
haben wenig
Verapamil
3. Bei Notwendigkeit zu gemeinFluvastatin
Fluconazol,
Fibrate,
Rhabdomyolyse
2.
Vermeiden
relevante
samer Gabe zu Pravastatin
haben
wenig
Verapamil
3. Bei Notwendigkeit zu gemeinInteraktionen)
wechseln
relevante
samer Gabe zu Pravastatin
Phenprocoumon z. B. TMP, Cotrimoxazol, Blutungsrisiko, Verstärkung 1. Vermeiden
Interaktionen)
wechseln
Metronidazol, Doxycyclin, oder Abschwächung der
2. Generell:
wenn ein neues MediPhenprocoumon Amoxicilin/Clavulansäure
z. B. TMP, Cotrimoxazol, Wirkung
Blutungsrisiko, Verstärkung kament
1. Vermeiden
dauerhaft zu PhenproMetronidazol,Rifampicin,
Doxycyclin, oder Abschwächung der
2. Generell:
wenn
eininitial
neues
NSAR/Coxibe,
coumon
gegeben
wird,
(14MediAmoxicilin/Clavulansäure
Wirkung
kament
dauerhaft
zu
PhenproPhenylbutazon,
Tage) INR engmaschig kontrol
NSAR/Coxibe,
Rifampicin,
coumon
gegeben
initial (14
Amiodaron,
Allopurinol,
lieren
(wenigstens
alle wird,
7 Tage),
Makrolidantibiotika
vice Tage)
versa INR engmaschig kontrol
Phenylbutazon, (alle!),
Ginseng,
Ginkgo
Amiodaron,
Allopurinol,
lieren (wenigstens alle 7 Tage),
Kontraindiziert
Betablocker
Verapamil,
Diltiazem (alle!),kann zu AV-Block
Makrolidantibiotika
vice versa
III. Grades führen
Ginseng, Ginkgo



Betablocker
Verapamil, Diltiazem



kann zu AV-Block
III. Grades führen
Kontraindiziert
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