KAPITEL 7 KAPITEL 7: AUSSENWIRTSCHAFTSBEZIEHUNGEN Gliederung 7.1 Zahlungsbilanz 7.2 Handel und Handelshemmnisse 7.3 Bestimmung von Wechselkursen 7.1 Zahlungsbilanz In der Zahlungsbilanz werden die monetären Werte aller wirtschaftlichen Transaktionen erfasst, die während eines Jahres zwischen Inländern und Ausländern stattfinden. Die Zahlungsbilanz bringt somit die wirtschaftlichen Auslandsverflechtungen der (inländischen) Wirtschaftssubjekte eines Landes zum Ausdruck. Die Zahlungsbilanz ist keine Bilanz im wörtlichen Sinne, denn sie erfasst keine Bestandsgrössen, wie es in einer Bilanz normalerweise geschieht, sondern Flussgrössen. In der Zahlungsbilanz werden die ökonomischen Transaktionen zwischen In- und Ausland während einer Periode (Jahr) erfasst. Die Zahlungsbilanz umfasst mehrere Teilbilanzen: Abb. 7.1: Zahlungsbilanz und Teilbilanzen 1. Ertragsbilanz (EB) (a) Waren (b) Dienstleistungen (c) Arbeits- und Kapitaleinkommen (d) Laufende Übertragungen 2. Vermögensübertragungsbilanz (VB) 3. Kapitalverkehrsbilanz (KB) (a) Direktinvestitionen (b) Portfolioinvestitionen (c) Übrige Investitionen (d) Währungsreserven 4. Restposten (RP) Abb. 7.1: Zahlungsbilanz und Teilbilanzen. Die Summe der Salden aus Ertragsbilanz (EB), Vermögensübertragungsbilanz (VB), Kapitalverkehrsbilanzsaldo (KB) und Restposten (RP) ist formal immer ausgeglichen, da die Transaktionen mit Hilfe der doppelten Buchhaltung erfasst werden: Saldo EB + Saldo VB + Saldo KB + Saldo RP = 0. (Vgl. Exkurs S. 6) Die beiden wichtigsten Unterbilanzen sind die Ertragsbilanz und die Kapitalverkehrsbilanz. Die anderen Unterbilanzen, die Vermögensübertragungsbilanz und der Restposten, spielen eine eher untergeordnete Rolle bei der Beurteilung wirtschaftlicher Verflechtungen zwischen Inland und Ausland. Betrachten wir nun die Teilbilanzen und die zugehörigen Transaktionen genauer, um den Aufbau der Zahlungsbilanz besser zu verstehen. In den Teilbilanzen werden jeweils Zahlungseingänge bzw. Zahlungsausgänge eines Landes in der Landeswährung verzeichnet. Jede Transaktion wird doppelt verbucht, in einer Bilanz als Zahlungseingang und in einer Bilanz als Zahlungsausgang. 1 AUSSENWIRTSCHAFTSBEZIEHUNGEN 1. Ertragsbilanz Abb. 7.2: Ertragsbilanz Ertragsbilanz Handelsbilanz Verkauf von inländischen Waren an Ausländer Zahlungseingänge Zahlungsausgänge Warenexporte Warenimporte Kauf von ausländischen Waren durch Inländer Dienstleistungsbilanz Einnahmen aus der Inanspruchnahme inländischer Dienstleistungen durch Ausländer Zahlungseingänge Zahlungsausgänge Dienstleistungsexporte Dienstleistungsimporte Ausgaben für die Inanspruchnahme ausländischer Dienstleistungen durch Inländer Faktoreinkommensbilanz Einnahmen für Inländer durch Arbeits- und Kapitaleinkommen von Ausländern Zahlungseingänge Zahlungsausgänge Arbeits- und Kapitaleinkommen Arbeits- und Kapitaleinkommen Ausgaben für Inländer durch Arbeits- und Kapitaleinkommen von Ausländern Bilanz der laufenden Übertragungen Einnahmen aus unentgeltlichen Leistungen für Inländer (Privatpersonen, Staat, internationale Organisationen) von Ausländern Zahlungseingänge Zahlungsausgänge Übertragungen aus dem Ausland Übertragungen an das Ausland Transaktionen führen zu Devisenzufluss- bzw. Ausländer brauchen Inlandswährung Ausgaben für unentgeltliche Leistungen von Inländern (Privatpersonen, Staat, internationale Organisationen) für Ausländer Transaktionen führen zu Devisenabfluss- bzw. Ausländer erhalten Inlandswährung Abb. 7.2: Die Ertragsbilanz. Beispiele für Transaktionen der einzelnen Teilbilanzen in der Ertragsbilanz: (a) Handelsbilanz • Export: Verkauf von Schweizer Schokolade an einen Amerikaner Import: Kauf eines Jeep (USA) durch einen Schweizer (b) Dienstleistungsbilanz • Export: Besuch eines Schweizer Restaurants (Hotel) durch einen Franzosen • Import: Besuch eines Freizeitparks in den USA durch einen Schweizer (c) Faktoreinkommensbilanz • Einnahmen: Schweizer erhält Zinsen für einen amerikanischen Bond • Ausgaben: Deutscher Pendler erhält seinen Arbeitslohn (d) Bilanz der laufenden Übertragungen • Einnahmen: Auslandsschweizer überweist monatlich 500 CHF an seine Mutter in der Schweiz • Ausgaben: Schweizer Staat zahlt den jährlichen UNO-Mitgliedsbeitrag 2 KAPITEL 7 Ertragsbilanz der Schweiz Tabelle 7.1: Ertragsbilanz der Schweiz Werte in Milliarden Franken, zu laufenden Preisen (Menge • aktueller Marktpreis) 2004 2005p 146,3 -137,0 -2,6 6,7 157,0 -149,1 -4,9 3,0 38,3 -12,0 26,3 42,4 -12,9 29,6 89,8 -54,8 34,9 127,5 -81,2 46,4 -7,4 -11,3 60,5 67,7 Waren Spezialhandel Einnahmen Spezialhandel Ausgaben Sonstiger Warenverkehr Saldo Dienste Einnahmen Ausgaben Saldo Arbeits- und Kapitaleinkommen Einnahmen Ausgaben Saldo Laufende Übertragungen Saldo Ertragsbilanz, Saldo p = provisorisch Tabelle 7.1: Ertragsbilanz der Schweiz. Quelle: SNB, Zahlungsbilanz der Schweiz 2005, S. 34 2. Vermögensübertragungsbilanz In der Vermögensübertragungsbilanz werden alle einmaligen, nicht laufenden Vermögensübertragungen zwischen In- und Ausländern erfasst. Laufende Vermögensübertragungen werden demgegenüber in der Ertragsbilanz (Bilanz der laufenden Übertragungen) erfasst. Beispiele für Transaktionen in der Vermögensübertragungsbilanz: • • Einnahmen: Luxemburger verschenkt sein Chalet im Tessin an einen Schweizer. Ausgaben: Schweizer Staat liefert humanitäre Hilfeleistungen in Krisengebiete. Vermögensübertragungsbilanz der Schweiz Tabelle 7.2: Vermögensübertragungsbilanz der Schweiz Werte in Milliarden Franken, zu laufenden Preisen (Menge • aktueller Marktpreis) Vermögensübertragungsbilanz Saldo 2004 2005p -1,8 -1,0 p = provisorisch Tabelle 7.2: Vermögensübertragungsbilanz Zahlungsbilanz der Schweiz 2005, S. 34 der Schweiz. Quelle: SNB, 3 AUSSENWIRTSCHAFTSBEZIEHUNGEN 3. Kapitalverkehrsbilanz Abb. 7.3: Kapitalverkehrsbilanz Kapitalverkehrsbilanz Direktinvestitionen Kauf von längerfristgen inländischen Vermögen durch Ausländer Zahlungseingänge Ausländische Direktinvestitionen in der Schweiz Zahlungsausgänge Schweizerische Direktinvestitionen im Ausland Kauf von längerfristigen ausländischen Vermögen durch Inländer Portfolioinvestitionen Zahlungseingänge Kauf von kurz- und mittelfristigen inländischen Vermögen durch Ausländer Ausländische Portfolioinvestitionen in der Schweiz Zahlungsausgänge Schweizerische Portfolioinvestitionen im Ausland Kauf von kurz- und mittelfristigen ausländischen Vermögen durch Inländer Übrige Investitionen; Kreditverkehr Kauf von sonstigen inländischen Vermögen durch Ausländer, Kredite aus dem Ausland, Erhöhung der Verbindlichkeiten gegenüber dem Ausland Zahlungseingänge Zahlungsausgänge Schweizerische Ausländische Investitionen Investitionen im Ausland in der Schweiz Kauf von sonstigen ausländischen Vermögen durch Inländer, Kredite an das Ausland, Erhöhung der Forderungen gegenüber dem Ausland Währungsreserven Zahlungseingänge Zahlungsausgänge Abnahme der Devisen in der Schweiz Zunahme der Devisen in der Schweiz Devisenzufluss: Inländer erhalten Devisen (Devisenangebot) bzw. Ausländer brauchen Inlandswährung Devisenabfluss: Inländer brauchen Devisen (Devisennachfrage) bzw. Ausländer erhalten Inlandswährung Abb. 7.3: Kapitalverkehrsbilanz. Beispiele für Transaktionen der einzelnen Teilbilanzen in der Kapitalverkehrsbilanz: a) Direktinvestitionen • Schweizer Unternehmen baut eine Fabrik in den USA • Deutsches Unternehmen übernimmt die Aktienmehrheit eines Schweizer Unternehmens b) Portfolioinvestitionen • Schweizer Privatperson kauft eine Aktie von Microsoft • Amerikaner kauft eine Obligation von einem Schweizer Unternehmen c) Übrige Investitionen, Kreditverkehr • Schweizer Bank gewährt einem deutschen Unternehmen einen Kredit • Der Deutsche Staat baut eine neue Botschaft in der Schweiz d) Währungsreserven • In den Währungsreserven sind ausschliesslich Goldgeschäfte für Währungsoperationen mit Zentralbanken zu verbuchen. • Über solche Transaktionen der Zentralbank werden die Devisenflüsse ausgeglichen 4 KAPITEL 7 Tabelle 7.3: Kapitalverkehrsbilanz der Schweiz Kapitalverkehrsbilanz der Schweiz Werte in Milliarden Franken, zu laufenden Preisen Direktinvestitionen Kapitalexport Kapitalimport Saldo Portfolioinvestitionen Kapitalexport Kapitalimport Saldo Übrige Investitionen, Kreditverkehr Saldo Währungsreserven Saldo Kapitalverkehrsbilanz, Saldo 2004 2005p -32,4 1,6 -30,8 -65,5 18,4 -47,1 -53,3 3,6 -49,7 -66,3 7,2 -59,2 12,1 -2,2 -1,8 22,0 -70,1 -86,4 p = provisorisch; Differenzen bei Nachkommastellen ergeben sich aus der Rundung. Tabelle 7.3: Kapitalverkehrsbilanz der Schweiz. Quelle: SNB, Zahlungsbilanz der Schweiz 2005, S. 34f. 4. Restposten In diesem Posten spiegeln sich vor allem statistische Fehler, wie Erfassungs-, Schätz- und Messprobleme beim Erstellen der Zahlungsbilanz wider. Anstelle von Restposten spricht man auch vom „Saldo der nicht erfassten Transaktionen und statistischen Fehler“. Tabelle 7.4: Restposten der Schweiz Restposten der Schweiz Werte in Millarden Franken, zu laufenden Preisen Restposten, Saldo 2004 2005p 11,3 19,7 p = provisorisch Tabelle 7.4: Restposten der Schweiz. Quelle: SNB, Zahlungsbilanz der Schweiz 2005, S. 35 5. Saldenzusammenhang in der Zahlungsbilanz Salden der einzelnen Teilbilanzen der Zahlungsbilanz der Schweiz Werte in Millarden Franken, zu laufenden Preisen Ertragsbilanz Vermögensübertragungsbilanz Kapitalverkehrsbilanz Restposten Saldensumme 2004 2005p 60,5 -1,7 -70,1 11,3 67,7 -1,0 -86,4 19,7 0 0 Tabelle 7.5: Saldenzusammenhang p = provisorisch Tabelle 7.5: Saldenzusammenhang in der Zahlungsbilanz. Quelle: SNB, Zahlungsbilanz der Schweiz 2005, S. 34f. 5 AUSSENWIRTSCHAFTSBEZIEHUNGEN EXKURS: Die doppelte Buchhaltung und die Zahlungsbilanz Transaktionen werden in der Zahlungsbilanz mit Hilfe der dopppelten Buchhaltung erfasst. Dies bedeutet, dass jede Transaktion doppelt verbucht wird. Weil jede Transaktion in je einer Teilbilanz auf der linken und in je einer Teilbilanz auf der rechten Seite auftaucht, muss die Summe aller linken Seiten aller Teilbilanzen der Zahlungsbilanz der Summe aller rechten Seiten aller Teilbilanzen der Zahlungsbilanz entsprechen. Zu jeder Transaktion in der Ertragsbilanz (“Leistungstransaktion”) erfolgt eine Gegenbuchung i.d.R. in der Kapitalverkehrsbilanz (“Finanztransaktion”), z.B. wenn Exporte kreditiert werden oder Importe aus Devisenbeständen von Geschäftsbanken bezahlt werden. Beispiele: 1. Eine Uhr wird auf Kredit nach Frankreich exportiert. (3'000 Fr.). Dies erscheint auf der linken Seite der Handelsbilanz und z.B. auf der rechten Seite der Bilanz der übrigen Investitionen und Kredite (Kapitalverkehrsbilanz) als Zunahme der Forderungen aus dem Ausland. 2. Ein Schweizer kauft sich bei seiner Bank (im Beispiel: Geschäftsbank) niederländische Aktien im Wert von 10'000 Franken. Dies erscheint auf der rechten Seite der Bilanz der Portfolioinvestitionen sowie nach Saldierung auf dem Konto “Devisenbestände der Geschäftsbank(en)” auf der linken Seite der Bilanz der Währungsreserven. In der Praxis wird hier noch ein Geschäftsbankkonto “eingeschaltet” auf dem alle DevisenTausch-Transaktionen verbucht werden, so dass lediglich der Saldo dieser Transaktionen in der Bilanz der Währungsreserven verbucht wird. 3. Ein Deutscher Tourist verbringt seinen Ski-Urlaub in der Schweiz (5'000 Fr.). Dies erscheint auf der linken Seite der Dienstleistungs-Bilanz und auf der rechten Seite der Währungsreserven als Zunahme der Devisen. Auch hier wird in der Praxis eine Saldierung des Devisenumtauschs auf einem Geschäftsbankkonto als Zwischenschritt vorgenommen. Bemerkung: Transaktionen zwei und drei tangieren die Devisenbestände der Geschäftsbank(en) und werden dort saldiert. Nach Verrechnung der Devisenbestände der Geschäftsbank(en) und der Nationalbank haben sich die Währungsreserven um 5'000 Fr. verringert. Die Zahlungsbilanz insgesamt ergibt sich dann wie folgt: 6 KAPITEL 7 Handelsbilanz 3'000 Dienstleistungsbilanz 5'000 Bilanz der Portfolioinvestitionen 10'000 Bilanz der übrigen Investitionen 3'000 Bilanz der Währungsreserven 10'000 5'000 Der Gesamtsaldo der Zahlungsbilanz, bestehend aus allen Teilbilanz-Salden ist null. Literaturhinweis: Meier, Ruth und Reich, Utz-Peter (2001): Von Gütern und Geld, Kreisläufen und Konten. Bern / Stuttgart / Wien: Paul Haupt. 7 AUSSENWIRTSCHAFTSBEZIEHUNGEN 7.2 Handel und Handelshemmnisse In diesem Unterkapitel soll nun gezeigt werden, warum Handel betrieben wird und welches die Konsequenzen für die Wohlfahrt der am Handel beteiligten Volkswirtschaften sind. Gründe für Handel: Die Gründe für Handel, d.h. für den Austausch von Gütern, bestehen in unterschiedlichen Verfügbarkeiten von Gütern oder in Preisunterschieden. Besonders wichtig sind dabei Preisunterschiede und die hinter ihnen stehenden Ursachen. 1. unterschiedliche Verfügbarkeiten (z.B. Bananen aus Mittelamerika) klimatisch bedingt, natürliche 2. Preisunterschiede Güter werden gehandelt, weil sie in verschiedenen Ländern unterschiedlich teuer sind. Ursachen: a) Produktionskostenunterschiede Ausstattung mit Produktionsfaktoren unterschiedlich Abb. 7.4: Gründe für Handel b) Präferenzunterschiede Produktivität der Produktionsfaktoren unterschiedlich Abb. 7.4: Gründe für Handel. (Quelle: eigene Darstellung) Folgen von Handel: Erinnern wir uns an die Transformationskurve und die gesellschaftlichen Indifferenzkurven aus Kapitel 1.3 (vgl. Abb. 7.5). Die Transformationskurve (Produktionsmöglichkeitenkurve) gibt die Mengen der Güter X1 und X2 (Outputs) an, die in einer Gesellschaft bei gegebenen Ressourcen (Inputs) und gegebener Produktivität der Produktionsfaktoren maximal hergestellt werden können. Die gesellschaftlichen Indifferenzkurven stellen alle Outputkombinationen dar, zwischen denen eine Gesellschaft indifferent ist. Je weiter eine Indifferenzkurve vom Ursprung entfernt ist, desto höher ist das jeweilige Nutzenniveau der Indifferenzkurve. Das Wohlfahrtsmaximum wird durch einen Punkt auf der Transformationskurve charakterisiert, der dort liegt, wo die am weitesten oben liegende Indifferenzkurve gerade noch einen Berührungspunkt (Tangentialpunkt) mit der Transformationskurve hat. In Abb. 7.5 erreicht die Gesellschaft ihr Wohlfahrtsmaximum bei Autarkie (ohne Handel) bei der Outputkombination A (x1A,x2A). Die Steigung der Transformationskurve in A entspricht dem realen Preisverhältnis der beiden Güter. 8 Folgen von Handel KAPITEL 7 Abb. 7.5: Das Wohlfahrtsmaximum bei Autarkie Abb. 7.5: Das Wohlfahrtsmaximum bei Autarkie. Die Transformationskurve gibt die Outputkombinationen an, die bei gegebenen Ressourcen und gegebener Produktivität der Produktionsfaktoren maximal hergestellt werden können. Die gesellschaftlichen Indifferenzkurven geben die Güterkombinationen an, zwischen denen die Gesellschaft indifferent ist. Je weiter eine Indifferenzkurve vom Ursprung entfernt ist, desto höher ist das jeweilige Nutzenniveau der Gesellschaft. Die Tangente durch Punkt A gibt das reale Preisverhältnis bei Autarkie an. Betrachten wir nun die Aufnahme von Handel (siehe Abb. 7.6). Die gesellschaftlichen Indifferenzkurven und die Transformationskurve bleiben unverändert. Das reale Preisverhältnis der beiden Güter (oder Gütergruppen) ist bei Handel jedoch durch den Weltmarkt vorgegeben und in der Regel verschieden vom Preisverhältnis bei Autarkie. Angenommen, die Tangente (Preisverhältnis) an die Transformationskurve sei bei Welthandel flacher als das Autarkie-Preisverhältnis. X1 ist also auf dem Weltmarkt billiger, X2 teurer als im Inland. Das Wohlfahrtsmaximum der Gesellschaft ist nun ein anderes. Es gibt einen Produktionspunkt B und einen Verbrauchs- bzw. Konsumpunkt (Punkt C), welche nicht identisch sind. Auffallend ist, dass der Konsumpunkt (Punkt C), der nun das Wohlfahrtsmaximum bezeichnet, auf einer höher gelegenen Indifferenzkurve liegt als bei Autarkie, wobei das auf dem Weltmarkt billigere Gut X1 importiert und das auf dem Weltmarkt teurere Gut X2 exportiert wird. Der Produktionspunkt (Punkt B) liegt per Definition weiterhin auf der Transfomationskurve. Fazit: Die Aufnahme von Handel ist vorteilhaft, weil ein höheres Wohlfahrtsniveau erreicht werden kann. 9 AUSSENWIRTSCHAFTSBEZIEHUNGEN Gut 2 (X2) Abb. 7.6: Wohlfahrtsmaximum bei Handel Produktionspunkt Handel Wohlfahrtsmaximum Autarkie X2B X2A B Export von X2 A C X2C Import von X1 X1B X1A Konsumpunkt Handel X1C 1 2 Gut 1 (X1) Abb. 7.6: Das Wohlfahrtsmaximum bei Handel. Das Preisverhältnis (p1/p2) zwischen den Gütern (oder Gütergruppen) X1 und X2 ist bei Welthandel kleiner als bei Autarkie (Tangente 2), wobei das Preisverhältnis bei Handel durch den Weltmarkt vorgegeben ist. Das Preisverhältnis bei Welthandel wird als Tangente an die Transformationskurve dargestellt. Der Berührungspunkt von Tangente 2 und Transformationskurve ist der Produktionspunkt der Volkswirtschaft (Punkt B). Der Berührungspunkt von Tangente 2 und der höchst gelegenen Indifferenzkurve ist der Konsumpunkt der Gesellschaft (Punkt C). Die Indifferenzkurve bei Handel liegt höher als die Indifferenzkurve bei Autarkie. In diesem Modell stellt die Volkswirtschaft die Menge x2B von Gut X2 und die Menge x1B von Gut X2 her. Das Land exportiert, und zwar die Menge (x2B – x2C ) von Gut X2; und importiert die Menge (x1C – x1B) von Gut X1. Vorteilhaftigkeit von Handel (Austausch, Arbeitsteilung) aus der Perspektive der „komparativen Kostenvorteile“: Zur Erklärung des internationalen Handels wird oft das Argument der „komparativen Kostenvorteile“ genannt. Das Theorem der komparativen Kostenvorteile ist eng mit dem Namen des britischen Ökonomen David Ricardo (1772-1823) verbunden. Das Theorem besagt in seinem Kern, dass es für ein Land vorteilhaft ist, nicht alle Güter, die von Inländern nachgefragt werden, selbst herzustellen. Das Land sollte sich vielmehr auf die Produktion jener Güter spezialisieren, die es zu den relativ günstigsten Bedingungen, verglichen mit anderen Ländern, produzieren kann. Ein einfaches Beispiel soll diesen Zusammenhang verdeutlichen (Vgl. Wagner, N./Kaiser, M: Ökonomie der Entwicklungsländer, 3. Aufl.; Fischer, Jena – 2002, S. 96-101): Zwei Länder seien in der Lage, je zwei gleiche Güter herzustellen. In unserem Fall nehmen wir die Länder Indien und Deutschland und die Güter Maschinen und Textilien. Mit den vorhandenen Ressourcen können in Deutschland 200 Einheiten Maschinen oder 120 Einheiten Textilien hergestellt werden; Indien dagegen kann 100 Einheiten Maschinen oder 90 Einheiten Textilien herstellen. Deutschland ist in der Produktion der Güter Maschinen und Textilien gegenüber Indien überlegen und besitzt bei beiden Gütern absolute Kostenvorteile (vgl. Tabelle 7.6). 10 Komparative Kostenvorteile KAPITEL 7 Der absolute Kostenvorteil für Deutschland gegenüber Indien ist bei der Produktion von Textilien am geringsten (200/100 > 120/90), dagegen ist der absolute Kostenvorteil bei der Produktion von Maschinen am grössten. Indien besitzt deshalb einen komparativen Kostenvorteil in der Produktion von Textilien und Deutschland in der Produktion von Maschinen. Versuchen wir diesen Zusammenhang in Zahlen zu verdeutlichen. Tabelle 7.6: Autarkie (Produktionsmöglichkeiten) Deutschland Indien Maschinen 200 100 Textilien 120 90 absolute Kostenvorteile für Deutschland Tab. 7.6: Autarkie (Produktionsmöglichkeiten) Um einen Vergleich der komparativen Kosten zu ermöglichen, ist es wichtig, die relativen Preise zu kennen. Die relativen Preise ergeben sich, indem man die Produktionsmengen von Maschinen und Textilien ins Verhältnis setzt. Hierdurch erhält man gleichzeitig die Verzichtskosten (Opportunitätskosten) für die Produktion der einzelnen Güter. Tabelle 7.7: Autarkie (Preisverhältnisse) Deutschland Indien Maschinen Textilien 200 120 100 90 Preis von T PT M/T = 200/120 = 1,7 M M/T = 100/90 = 1,1 M Preis von M PM T/M = 120/200 = 0,6 T T/M = 90/100 = 0,9 T Tabelle 7.7 gibt an, wie hoch die relativen Preise der Güter in den jeweiligen Ländern im Falle der Autarkie sind. Die Preise der Güter werden in Mengeneinheiten des jeweils anderen Gutes ausgedrückt. Im Modell wird angenommen, dass Deutschland und Indien nur Maschinen und Textilien produzieren und tauschen. Das Tauschverhältnis hängt somit vom Verhältnis der Produktivitäten bzw. den jeweiligen Opportunitätskosten für die Produktion der Güter ab. So ist der Preis (bzw. Opportunitätskosten) für eine Einheit Maschine in Deutschland 0,6 Einheiten Textilien, für eine Einheit Textilien 1,7 Einheiten Maschinen. Durch die Aufnahme von Handel können sich beide Länder besserstellen, denn die Maschinen sind in Deutschland relativ billiger, und die Textilien sind in Indien relativ billiger. Das Preisverhältnis bei Handel muss zwischen den jeweiligen Güterpreisen der Länder liegen, d.h. der „Weltmarktpreis“ muss für Maschinen zwischen 0,6 T und 0,9 T bzw. für Textilien zwischen 1,1 M und 1,7 M liegen. Bei vollkommener Spezialisierung der Länder auf die Produktion desjenigen Gutes, für das sie komparative Vorteile haben, würde die Einkommensposition beider Länder verbessert werden. Welches Preisverhältnis sich bei Handel genau einstellt, hängt davon ab, wie gross der Handel ist. Es muss gelten: PT T = PM M. Nehmen wir an, der „Weltmarktpreis“ für Maschinen sei 0,75 T (PM = 0,75 T) und für Textilien 1,33 M (PT = 1,33 M). Indien erhält für eine Einheit T auf dem Weltmarkt nun 1,33 Einheiten Maschinen, anstatt 1,1 Einheiten; Deutschland erhält für eine Einheit M auf dem Weltmarkt nun 0,75 Einheiten Textilien, anstatt 0,6 Einheiten. Die Einkommenssituation beider Länder verbessert sich also. Ausserdem: Die Konsummöglichkeiten der Inländer vergrössern sich dadurch, dass die Mengen der produzierten Güter grösser ist als im Falle der Autarkie. Die Überlegungen von Ricardo sind im übrigen auch als generelles Argument für die Vorteilhaftigkeit der Arbeitsteilung zu verstehen. Handel bzw. Tausch gibt uns die Möglichkeit, uns auf das zu spezialisieren, was wir – verglichen mit anderen – am besten können. Als Ergebnis der Spezialisierung und des Handels kann jeder ohne Mehrarbeit mehr konsumieren als im Falle der 11 Tab. 7.7: Autarkie (Preisverhältnisse) AUSSENWIRTSCHAFTSBEZIEHUNGEN Autarkie. Man kann Güter zu einem niedrigeren Preis erwerben als zu den eigenen Opportunitätskosten. Bemerkung: Die bisherigen Überlegungen machen die Vorteilhaftigkeit des Handels aus statischer Perspektive deutlich. Aus dynamischer Sicht ist Handel dann vorteilhaft, wenn die Produktionsmöglichkeiten-Kurve nach aussen verschoben wird. Derartige Effekte sind etwa als Folge von Verbesserungen von Humankapital und Technologie bei zunehmender Spezialisierung möglich (Stichwort: endogene Wachstumstheorie; s. Kapitel 5.3). Handel kann diese Effekte verstärken. Es kann dann gelingen, durch die Aufnahme von Aussenhandel nicht nur einen einmaligen Sprung im Sozialprodukt bzw. in der Wohlfahrt eines Landes zu erreichen, sondern einen dauerhaften Wachstumsanstieg (vgl. Abb. 7.7). Sozialprodukt Sozialprodukt SP SP t0 Zeit t t0 Zeit t a) b) Abb. 7.7: Sozialproduktssteigerung durch Handel. Wenn Handel aufgenommen wird, kann das SP einmalig steigen (vgl. Abb. (a)) oder die Wachstumsrate kann sich zusätzlich erhöhen (vgl. Abb. (b)). Weiter ist zu beachten, dass sich im Zuge solcher Verschiebungen auch die komparativen Kostenvorteile zwischen verschiedenen Ländern verändern können. So erwarb beispielsweise Indien im letzten Jahrzehnt soviel Kompetenz bei Informatikdienstleistungen, dass dieses Land nun komparative Vorteile in diesem Bereich verglichen etwa mit einem Land wie der Schweiz besitzt. Im Hinblick auf positive Wohlfahrtseffekte ist es wünschenswert, dass sich die Handelstrukturen an diese geänderten Vorteilsstrukturen anpassen. Dies bedeutet allerdings, dass in den Ländern, die komparative Vorteile verlieren, entsprechende Vorteile für andere Güter oder Dienstleistungen erreicht werden sollten. Eine solche Umstrukturierung der heimischen Wirtschaft ist mit Zeitbedarf und Transaktionskosten verbunden. Häufig wird sie von “kurzsichtigen” Lobbygruppen bekämpft, die den vorübergehenden Anstieg der Arbeitslosigkeit beklagen. Das Abwandern von Produktionen ins Ausland aufgrund veränderter komparativer Kostenvorteile wird daher häufig durch den Aufbau von Handelshemmnissen behindert (vgl. den folgenden Abschnitt). 12 KAPITEL 7 Handelshemmnisse Der freie Austausch von Waren zwischen Ländern wird oft durch Handelshemmnisse behindert. Diese Hemmnisse lassen sich in tarifäre und nicht-tarifäre gliedern: Abb. 7.8: Handelshemmnisse Handelshemmnisse tarifäre nicht-tarifäre • Importrestriktionen • technische Vorschriften z.B. Zölle Abb. 7.8: Handelshemmnisse Um die Motivation von Ländern zur Einführung von Handelshemmnissen zu verstehen, betrachten wir den Inlandsmarkt für ein Gut X (Abb. 7.9). Der Inlandsgleichgewichtspreis p* sei höher als der Weltmarktpreis pWelt für das Gut X. Bei Aufnahme von Handel gilt der tiefere Weltmarktpreis und es entsteht für dieses Gut im Inland ein Nachfrageüberhang, der durch Import aus dem Ausland kompensiert wird. Die angebotene Menge der inländischen Produzenten (x1A) ist geringer, die nachgefragte Menge (x1N) ist höher als im Fall der Autarkie (x*). Die Produzenten von Gut X wären im Fall der Autarkie besser gestellt. Ausserdem wäre die Beschäftigungszahl in diesem Sektor bei Autarkie höher. Bei geringer Mobilität der Arbeitskräfte zwischen den Produktionssektoren (geographisch oder durch Qualifikation bedingt) kann die Aufnahme von Handel für das Land vorübergehend negative gesamtwirtschaftliche Folgen haben, etwa einen Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Arbeitslosenquote. Dies ist eine zentrale Motivation für die Einführung von Handelshemmnissen, wie etwa die Einführung von Importzöllen. Preis p Inlandsmarkt für Gut X Marktangebot inländischer Produzenten p* pWelt + z pWelt Import bei Zoll Marktnachfrage inländischer Konsumenten Import von Gut X Menge X x2N x1N x1A x2A x* Abb. 7.9: Importzoll. Punkt A ist der Inlandsgleichgewichtspreis für das Gut X im Fall der Autarkie. Bei der Aufnahme von Handel gelten im Inland die Weltmarktpreise. Der Weltmarktpreis (pWelt) für das Gut X sei geringer als der Inlandsgleichgewichtspreis. Es kommt daher zu Importen: der Nachfrageüberhang im Inland beim tieferen Preis pWelt wird durch den Import von Gut X (Angebot des Auslandes) kompensiert. Die inländischen Produzenten produzieren hierbei die Menge x1A und die inländische Konsumenten fragen die Menge x1N nach. Durch die Einführung von Zöllen erhöht 13 AUSSENWIRTSCHAFTSBEZIEHUNGEN sich der Inlandspreis auf pWelt + z (z = Zoll) und die im Inland hergestellte Menge des Gutes X auf x2A, die nachgefragte Menge geht jedoch zurück auf x2N. Die Einführung von Zöllen ist durch das Bestreben der Regierungen motiviert, einheimische Industrien (Beschäftigung) zu schützen. Abb. 7.9 zeigt, dass als Folge von Importzollen (z) die Inlandsnachfrage zurückgeht und das Inlandsangebot steigt. Zölle haben jedoch Wohlfahrtsverluste zur Folge, da die Wohlfahrtsvorteile des freien Handels nicht (voll) zum Tragen kommen. Das GATT (General Agreement on Tariffs and Trade) bzw. die WTO (World Trade Organization) versuchen das Bestreben der Länder, Zölle zu erheben durch multilaterale Regelungen, Kontrollen und Sanktionen einzudämmen. Die WTO ist eine internationale Organisation, die sich zum Ziel gesetzt hat, Handelshemmnisse abzubauen und den freien Handel zu fördern, um die Wohlfahrt der Menschen in den Mitgliedsländer zu verbessern. Es gibt aber immer noch viele Handelshemmnisse in der Welt, wobei besonders einzelne Länder bzw. Ländergruppen, insbesondere die Entwicklungsländer diskriminiert werden. Im Herbst 2003 sollten während der Dauha-Runde neue Zollsenkungen zwischen den 147 WTO-Staaten verabredet werden. Es handelte sich dabei um die 9. Zollsenkungsrunde seit 1947. Die Runde scheiterte jedoch, unter anderem deswegen, weil die Entwicklungsländer einen Abbau der Agrarsubventionen in Industrieländern forderten, die Industrieländer hier jedoch kaum Zugeständnisse machten. Im Sommer 2004 wurde die Runde wieder aufgegriffen und scheiterte am 25 Juli 2006 in Genf, da sich die Verhandlungspartner nicht über die Liberalisierung des Agrarhandels einig wurden. 7.3 Bestimmung von Wechselkursen Nominaler Wechselkurs Definition: Der nominale Wechselkurs ist das Verhältnis, zu dem die Währung eines Landes gegen die Währung eines anderen Landes getauscht werden kann. 14 Definition: Nominaler Wechselkurs KAPITEL 7 Zwei Formen der Darstellung: 1. Preisnotierung: (Devisenkurs) Wie viele inländische Geldeinheiten (z.B. CHF) entsprechen einer ausländischen Geldeinheit? Preisnotierung Gegeben 1 US$ → Wie viele CHF muss man hierfür bezahlen? Die Preisnotierung wird immer in der inländischen Währung ausgedrückt. Der Wechselkurs (Preisnotierung) ist der Preis (ausgedrückt in inländischen Geldeinheiten) für eine Einheit ausländischer Währung. Die Preisnotierung ist üblich in der Schweiz und in Deutschland. Beispiel: 1.1929 CHF = 1 US$ (5.12.2006) 2. Mengennotierung: Wie viele ausländische Geldeinheiten (z.B. US$) (Aussenwert) entsprechen einer inländischen Geldeinheit? Mengennotierung Gegeben 1 CHF → Wie viele US$ bekommt man hierfür? Die Mengennotierung wird immer in der ausländischen Währung ausgedrückt. Der Wechselkurs (Mengennotierung) ist der Preis (ausgedrückt in ausländischen Geldeinheiten) für eine Einheit inländischer Währung. Die Mengennotierung ist in angelsächsischen Ländern üblich (auch EURO). Beispiel: 0.8383 US$ = 1 CHF (5.12.2006) Zwischen beiden Formen der Notierung besteht folgender Zusammenhang: Auf-/Abwertung: Preisnotierung = 1 . Mengennotierung Aufwertung der inländischen Währung (Anstieg des Wertes) Eine Aufwertung des Schweizer Franken (CHF) bedeutet, dass man weniger Schweizer Franken benötigt, um eine Einheit einer ausländischen Währung zu kaufen. Eine Aufwertung des Schweizer Franken bedeutet gleichzeitig auch, dass die ausländische Währung abgewertet wird. Preisnotierung: Wechselkurs sinkt → z.B. „nur“ noch 1 CHF für 1 US$ Mengennotierung: Wechselkurs steigt → z.B. 1 US$ für 1 CHF Abwertung der inländischen Währung (Rückgang des Wertes) Eine Abwertung des Schweizer Franken (CHF) bedeutet, dass man mehr Schweizer Franken benötigt, um eine Einheit ausländischer Währung zu kaufen. Eine Abwertung des Schweizer Franken bedeutet gleichzeitig auch, dass die ausländische Währung aufgewertet wird. Preisnotierung: Wechselkurs steigt → z.B. 2 CHF für 1 US$ Mengennotierung: Wechselkurs sinkt → 0.5 US$ für 1 CHF 15 Aufwertung Abwertung AUSSENWIRTSCHAFTSBEZIEHUNGEN Bestimmung des nominalen Wechselkurses Wechselkurs e (Preisnotierung) Devisenangebot (z.B. durch den Export von Gütern und Import von Kapital) gleichgewichtiger Wechselkurs e* (z.B. 1.60 CHF/US$) A Devisennachfrage (z.B. durch Importe von Gütern und Export von Kapital) Devisen (z.B. US$) gleichgewichtige Devisenmenge d* Abb. 7.10.: Bestimmung des nominalen Wechselkurses. Der nominale Wechselkurs wird auf dem Devisenmarkt bestimmt. Der Wechselkurs wird in der Regel durch die Devisennachfrage und das Devisenangebot bestimmt (vgl. Abb. 7.10). Dabei kommt ein Devisenangebot vor allem aufgrund von Güterexporten und Kapitalimporten zustande. Bei gegebenen Export- bzw. Importmengen ist das Devisenangebot (z.B. das $-Angebot) um so grösser, je höher dieser Wechselkurs (in Preisnotierung) ist. Je höher dieser Wechselkurs ist, desto mehr $ werden nämlich etwa benötigt, um ein Exportgut mit unverändertem Preis in Schweizer Franken zu bezahlen. Die Devisennachfrage ergibt sich vor allem aufgrund von Güterimporten und Kapitalexporten. Je höher der Wechselkurs (in Preisnotierung) ist, desto kleiner ist bei sonst unveränderten Grössen die Devisennachfrage (z.B. die $Nachfrage). Für ein importiertes Gut mit gegebenem $-Preis etwa müssen nämlich bei höherem Devisenkurs nur weniger $ verwendet bzw. nachgefragt werden. Der gleichgewichtige Wechselkurs liegt dort, wo Devisenangebot- und nachfragemengen übereinstimmen. Wenn der Wechselkurs steigt, wird die inländische Währung abgewertet bzw. die ausländische Währung aufgewertet. Wenn der Wechselkurs sinkt, wird die inländische Währung aufgewertet bzw. die ausländische Währung abgewertet. Zu einer Veränderung des gleichwertigen Wechselkurses kommt es – abgesehen von einer bewussten Wechselkursveränderung durch die Zentralbank eines Landes -, wenn sich die Devisenangebots- oder – nachfragekurve verschieben. So kann es beispielsweise als Folge einer Sozialproduktssteigerung in einem anderen Land zu zusätzlichen Güterimporten kommen, wodurch die Devisennachfragekurve ansteigt. Eine Verschiebung der Devisennachfragekurve nach oben führt zu einem höheren gleichgewichtigen Wechselkurs, was mit einer Abwertung des Schweizer Franken bzw. mit einer Aufwertung des US-$ gleichbedeutend ist. 16 Abb. 7.10: Bestimmung des nominalen Wechselkurses KAPITEL 7 Realer Wechselkurs Definition: Der reale Wechselkurs ist das Verhältnis, zu dem Waren und Dienstleistungen eines Landes gegen Waren und Dienstleistungen eines anderen Landes getauscht werden können. Der reale Wechselkurs kann auf zwei Arten ausgedrückt werden: in Einheiten des heimischen Produkts pro Einheit des ausländischen Produkts oder umgekehrt. Der reale und der nominale Wechselkurs stehen in folgender Beziehung: Realer Wechselkurs = nominaler Wechselkurs ausländischer Preis × (Preisnotierung) [CHF/$] eines Warenkorbs A [$] inländischer Preis eines Warenkorbs A [CHF] Der reale Wechselkurs bestimmt die Export- und Importmöglichkeiten eines Landes. Die Preise der Warenkörbe werden als Preisindizes berechnet (vgl. Kap. 8.2 zu Inflation). Der reale Wechselkurs ist dimensionslos und bringt Kaufkraftunterschiede zwischen je zwei Ländern zum Ausdruck. Literatur Mankiw, N. G. (2004): + Grundzüge der Volkswirtschaftslehre, Stuttgart, S. 691-693, 51-66 Frey, R. L. (2002): + Wirtschaft, Staat und Wohlfahrt, 11. überarbeitete Auflage, Basel - Frankfurt / M., S. 79-81 Kleinewefers, H./Pfister, R./Gruber, W. (1993): Die schweizerische Volkswirtschaft, 4. vollständig neu bearbeitete Auflage, Frauenfeld, S. 362-380 Beispiel – komparative Vorteile: Wagner, N./Kaiser, M: Ökonomie der Entwicklungsländer, 3. Aufl.; Fischer, Jena – 2002, S. 96-101 + Empfohlen 17 Definition: Realer Wechselkurs