J8· Ra, Heft9 September 1962 Vortragsvorberichte V. Klingmüller und Viktoria Klingmüller, Mannheim und Heidelberg: Normale und pathologische Säure muster im menschlichen Harn. Der Harn enthält einen wechselnden Anteil an Kohlensäure, mit dem die Niere im Verhältnis zur Lunge nur einen geringen Beitrag zur Säuren-Basen.Regulation leisten kann. Vor allem muß aber die Niere alle diejenigen fixen, d. h. nichtflüchtigen Säuren ausscheiden, die nicht im Stoffwechsel abgebaut werden oder die nicht über den 'Darm und die Haut ausgeschieden werden. So kommen im Harn außer den starken Säuren eine große Anzahl schwacher Säuren vor; besonders wichtig ist das sekundäre Phosphat, dann aber auch organische Säuren, wie die Aminosäuren oder alle aus dem Zitronen· säurezyklus bekannten sauren Metabolite. Ihre genaue Einzelanalyse hat gerade in der letzten Zeit besondere Fortschritte gemacht. Der dazu erforderliche analytische Aufwand und Zeitverlust ist aber oft zu groß . Darum wird hier ein einfacberer Weg beschritten, denn in de;r Beschreibung einer Stoffwechsellage oder in der klinischen Diagnostik genü gen oft summarische Analysen; das wird an einer großen Zahl von potentiometrischen Harntitrationen gezeigt. Sie gestatten es, die bevorzugte Ausscheidung besonderer Säuregruppen zu erfassen und E 291 J. Koch und L. Jaenicke, Physiologisch-Chemisches Institut der Universität Köln: Untersuchungen zum Mechanismus der Carboligase-Reaktion. Ein· neuer "aktiver" Formaldehyd. Ein auf Oxalsäure wachsendes Bakterium der Gattung Pseudomonas braucht für den Abbau des Oxalats neben Coenzym A als weiteren Cofaktor Thiamin-pyrophosphat (TPP), Die zunächst über Oxalyl-CoA entst.e hende Glyoxylsäure [Koch und .Taennicke, Alm. 652, 129 (1962)] wird in der Carboligase-Reaktion zu Tartronaldehydsäure (CHO ' CHOH . COOH) umgewandelt [Krakow und Berkulis, B. B. A. 21, 593 (1956)], die nach Reduktion zu Glycerinsäure in den Energiestoffwechsel eingeführt wird [H. L. Kornberg, B . .T. 81, 273 (1961)]. Das als ) Intermediärprodukt mögliche Hydroxylmethyl-TPP- wurde synthetisiert und seine Struktur bewiesen. Extrakte aus Pseudomonas sp. bilden aus HC-markiertem Hydroxymethyl-TPP und Glyoxylsäure Tartronaldehydsäure, deren spezifische Aktivität derjenigen des eingesetzten HydroxylmethylTPP entspricht. Somit .ist der Mechanismus der Carboligase-Reaktion als eine Acetoin-Kondensation anzusehen, bei der erst nach Decarboxylierung eines Moleküls Glv()v"loö .. -- ' . .:J - U'~~~a lrl Ahvrl _Rl'llr1h"tück 3iert :c Gemeinsame Tagung der Deutschen Gesellschaft für Physiologische Chemie ~ und der Österreichischen Biochemischen Gesellschaft V. Klingmüller (Vortragender), H. BerIet, H. von Bernuth, W. Ruge und G. Ruge-Jeske, Zentrallaboratorium der städtischen Krankenanstalten Mannheim : Bestimmung der Glutaminsäure in biologischem Material, mit Glutamatdehydrogenase und Säulenchromatographie. Die 'direkten klassischen Methoden der Glutaminsäurebestimmung, insbesondere das als Salz in gesättigter HCI schwerlösliche Hydrochlorid', ergaben maximal nur etwa eine Ausbeute von 80%; bei dieser diffizilen Prozedur konnte das isolierte Produkt noch bis zu 5% Verunreinigungen enthalten, ohne daß ' diese Verunreinigungen in der Elementaranalyse, optischer Rotation und so weiter in Erscheinung treten. Von den modernen Möglichkeiten schienen sich die Säulenchromatographie oder die indirekte enzymatische Analyse mit Dehydrogenase als besonders vorteilhaft anzubieten, um eine optimale Schnellmethode für große Analysenzahlen auszuarbeiten. Allerdings ist die analytische Säulenchromatographie allein zu aufwendig, wenn Glutaminsäure r ein lmd quantitativ erhalten werden soli; die alleinige enzymatische Bestimmung im optischen Test ist aber in biologischem Material zu störanfällig. Bei der Bestimmung der freien Glutaminsäure im unbearbeiteten Harn treten Ausbeuteverluste bis zu 40% auf. Wir haben gefunden, daß die Kombination beider Methoden am besten ist: erstens eine vereinfachte säulenchromatographische Fraktionierung ohne Fraktionssammler über Dowex 50 X 8, 200 bis 400 mesh, mit einer Säule von 15 X 0,9 cm, entsprechend zirka 9 ml Dowex; Substanzen, die die Enzymreaktion beim optischen Test hemmen, werdEm durch einen geeigneten Pufferverlauf eliminiert. Die Fraktion der sauren Amino· säuren, in der die Glutaminsäure enthalten ist, wird in zirka 6 bis 8 ml Eluat durch Wechsel des Puffer-pHs aus der Säule ausgewaschen. Zweitens der optische Test mit einem zirka 30fach molaren Überschuß an DPN+ und Hydrazinsulfat. Acetylpyridin·DPN+ ist nicht erforderlich. Es lassen sich 1,0 bis 1000 nMol Glutaminsäure in 1 bis 2 ml Harn zu 98% bis 102 % bestimmen oder zugesetzte Glutaminsäure wiederfinden. Ähnliche Ergebnisse wurden mit glutamathaitigen Hydrolysaten und Würzen erhalten. = CHO· CHOH· COOH + TPP. Bei der Carboligase-Reaktion tritt also der Formaldehyd selbst als nucleophiler Partner auf,. während er bei den bisher bekannten Aktivierungen an Tetrahydrofolsäure nucleophile Partner erfordert. R. Krauze*, E. Broda (Vortragender). G. Kellner und J. Frimmcl, Institut für Physikalische Chemie und Histologisch-embryologisches Institut der Universität Wien: Untersuchungen über die Synthese von Proteinen durch Zellen in Kultur. Mit Hilfe eines für diesen Zweck entwickelten Gaszählrohres können einfache und sehr empfindliche Serienbestimmungen von ~adiokohlenstoff durchgeführt werden. Die Methode wurde auf die Untersuchung der autonomen Bildung individueller Proteine durch Zellen in Kultur angewendet. Die Zellen (menschliche HeLaTumorzellen oder Mesenchymzellen embryonaler Hühner) werden mit radioaktiver Alninosäure inkubiert, die Gesamtheit der löslichen Proteine wird durch mtrafil~ration unter Druck abgeschieden, diese Mischlmg wird durch Fällungen oder Elektrophorese in Komponenten aufgetrennt und die Radioaktivität der Fraktionen mit dem Gaszählrohr geprüft. Aktivität einer Fraktion zeigt, daß die Zellen Aminosäuren in die Proteine dieser Fraktion eingebaut, also diese Proteine synthetisiert haben. Die endgültige IdentifizierUng der Proteine erfolgt durch Radioimmunochemie, d. h. es wird nach Zusatz von Antiserum gegen das nachzuweisende Protein zu der Lösung der Fraktion festgestellt, ob der Radiokohlenstoff sich in dem Niederschlag befindet. Die Bildung von Milcrogramniengen ist noch ohne Schwierigkeit festzustellen. Mannigfache Kontrollversuche wurden an gestellt, um Stönmgen durch Adsorption, unspezifische Anlagerung von Aminosäuren u. dgl. auszuschalten. Unter anderem wurde auch mit A . Budzynsld (Mh. Chem., im Druck) durch Dinitrophenylierung und Hydrazinolyse gezeigt, daß der endständig gebundene Anteil der markierten Aminosäure (Leucin) minimal ist. * Beurlaubt von der Vakzin- und Serumanstalt, Ministerium für Gesundheitswesen, Warszawa, Polen. 292 Osterreichische Chemiker-Zeitung Vortragsvorberichte Im R efer at wird über die neuesten Ergebnisse dieser Untersuch1.mgen, und zwar auch über die Beeinflussung der Proteinbild1.mg durch ionisierende Strahlen, berichtet. polymerase ergeben sich keine Unterschiede zwischen den auf unterschiedliche Weise gewonnenen DNS Proben. G. Kreil, Institut für Biochemie der Universität Wien: Über die Artspezifität VOll Cytochrom c: Vergleich der Aminosäuresequenz von Pferde- und Thunfisch-Cyto chrom-co Cytochrom c ist infolge seiner leichten Isolierbarkeit, seines niederen Molgewichtes und seines nahezu ubiquitären Vorkommens ein besonders günstiges Studienobjekt für Untersuchungen über die Artspezifität der Proteinstruktur. Die nun zur Gänze aufgeklärte Aminosäuresequenz des Pferde-CytochToms-c [E . Margoliash , E . L. Smith, G_ Kreil 1.md H . Tuppy, Nature 192, 1124 (1961)] bildet hierfür eine günstige Ausgangsbasis. Beim Vergleich der Struktur des Thunfisch-Cytochroms-c mit der des Pferde-Cytochroms -c wurde bisher an elf Stellen der Polypeptidkette ein Austausch einzelner Aminosäurereste gefunden; sieben weitere Unterschiede konp.ten wahrscheinlich gemacht werden. Besonders interessant ist d er Ersatz eines Histidinrest es' im PferdeCytochrom-c (NI'. 33) durch Tryptophan im ThunfischCytochrom. In beiden Proteinen wurde ein acetyliertes Glycin in N-terminaler Position gefunden. H. Kromphardt, Institut für vegetative Physiologie der Universität Frankfurt am Main: Die Aufnahme von Taurin in Ehrlich-Ascitestumorzellen. Asciteszellen nehmen aerob 3sS-Taurin während 2 Stunden mit annähernd konstanter Geschwindigkeit auf. Dabei wird die Radioaktivität im Zellwasser auf ein Vielfaches der Außenkonzentration angereichert. Papierchromatographisch verhält sich die aus den Zellen mit gesättigter wäßriger Pikrinsäure ' extrahierbare Radioaktivität wie reines Taurin. D er Rückstand enthält weniger als 1 % der Zellaktivität. B ei Variation der Taurinkonzentration im Medium läßt sich der Influx durch Addition einer Sättigungskurve (KM = 0,2 mM, V m = 0,3 ",Mjg ,min) Ulld einer linearen Funktion der Außenkonzentration beschreiben. (X-Aminosäuren hemmen nur geringfügig, ß -Alanin dagegen stärker und kompetitiv . H+-Ionen hemmen sofort und reversibel, aber nicht kompetitiv. Die pH-Abhängigkeit des Transportes entspricht der Dissoziationskurve einer sauren Gruppe mit einem pK von 6. Vorbeladung der Zellen mit Taurin oder ß-Alanin verändert die Auf;nahme des markierten Taurins nicht. Von der Zelle aufgenommenes 3sS-Taurin wird sehr langsam, bei Anwesenheit von Taurin oder ß -Alanin im Außenmedium etwas schneller abgegeben. Vorbehandlung mit Dinitrophenol hemmt den Influx. Es wird versucht, diese Bef1.mde mit Hilfe eines aktiven CarrierMechanismus zu erklären. (Die Arbeit wurde von der National Science Foundation, Grant Nr. NSF G, 19812, unterstützt.) A. Kreiling, W. Ludwig und G. Pfleiderer, Institut für Biochemie im Institut für Organische Chemie der Universität Frankfurt am Main: Über die Pantothensäuresynthetase aus Escherichia coli. Eine zusätzliche Reinigung der PSase aus E . coli wurde mit Hilfe der Säulenchromatographie mit CMCellulose und DEAE -Sephadex errelcht. Mit diesem hochgereinigten Enzym wurde eine Reihe allgemeiner Eigenschaften der PSase geprüft, wie Stabilität, Säureempfindlichkeit, Umsatzzahl und Molekulargewicht. Die elektrophoretischen Untersuchungen lassen auf eine Heterogenität des Enzyms schließen. Hemmversuche mit hohen Harnstoff- und Guanidinkonzentrationen zeigten, daß das Substrat Pantoylsäure sowie Pantoylsäure + ATP einen gewissen Schutz vor der D enaturierung bieten. VolU::ommen inaktivierte PSase läßt sich durch Verdünnen des Harnstoff-EnzymInkubationsgemisch es wieder bis zu 50% r eaktivieren. Die Denaturierung beträgt beim Guanidininkubationsgemisch ·25%. Die Kinetik der Denaturierung wurde aufgenommen. { Zur Aufklärung des aktiven Zentrums wurde die PSase mit gruppenspezifischen Hemmstoffen inkubiert. Eine Inaktivierung wurde vor allem b ei Reagentien be obachtet, die am Tyrosin, Tryptophan oder Histidin einerseits und am Lysin andrerseits angreifen. I. Kröger und H. Kröger, Physiologisch-Chemisches Institut d er Universität Freiburg ·im Breisgau : Eine einfache Methode zur Isolierung von Desoxyribonucleinsäure aus Bakterien. Bei der Fraktionierung eines Bakterien-Extraktes mit Ammoniumsulfat bleibt der größte Teil der DNS in dem Überstand nach der 80 %igen Sättigung. Das Protein und die RNS sind im Sediment. Nachdem das Ammoniumsulfat durch Dialyse geg€ln citrathaltiges Wasser aus dem Überstand entfernt wird, kann die DNS mit Alkohol gefällt werden. Auf diese Weise kann eine DNS gewonnen werden, die - ohne Anwendung von RNase - frei von RNS ist. Die Sedimentationskonstante und die Viskosität dieser DNS sind etwas geringer als von der DNS, die durch die Desoxycholat-Methode isoliert wurde. Bei einem Vergleich der Transformation von Streptomycin-Resistenz bei Pneumokokken und der Starterwirkung für RNS- C. Klltzbach und L. Jaenicke, Physiologisctt-Chemisches Institut der Universität Köln: Phosphol'ylierte l\lodelle der Tetmhydl'ofolsäure. N,N' -Diaryläthylendiamine tragen die Wirkgruppe der Tetrahydrofolsäure, des Coenzyms des Cl"Stoffe wechsels (vgl. J aenicke, Ciba-Study group on the mechanism of action of water soluble vitamins, London, 1961). Es gelang nun auch, unsymmetrisch aryl-substituierende Verbindungen dieses Typs darzustellen. Diese sind bessere Modelle der Tetrahydrofolsäure als die früher verwendeten, da die beiden N -Atome verschieden basisch sind. Die Verbindungen stehen daher dem natürlichen Cofaktor näher . . Um die Formiat-Aktivierungsreaktion. der Tetrahydrofolat-Formylase besser zu verstehen (Jaenicke, a. a. 0.), werden symmetrische und unsymmetrische Diaryläthylendiamine phosphoryliert. Man erhält dabei sehr glatt cyclische Diamidphosphate. Diese Verbindungen geben bei H ydrolyse in Gegenwart von Formiat unter milden Bedingungen N-Monoformyl-Derivate nach / ® ", "" H+ Ar'N / N·Ar - - - - + HCOO. CH 2 • CH 2 • CHO H ->- Ar' N N · Ar . CH 2 • CH 2 + H 3P0 4• • Die Ausbeute liegt über 50%. An den unsymmetrischen Diaryläthylendiamin-Modellen konnte die Orientierung dieser Formolyse-Reaktion untersucht werden. Durch diese Beobachtungen wird der aus enzymatischen Studien an der Taubenleber-FOl'mylase abgeieitete Mechanismus erhärtet. I