Kultur. | Montag, 15. Juli 2013 | Seite 20 Visitenkarten eines Virtuosen Musik des Schweizer Komponisten David Philip Hefti auf neuen CDs Rowling bringt heimlich Krimi auf den Markt «Harry Potter»-Autorin enttarnt Von Klaus Schweizer München, Prinzregententheater, Juni. Hier, wo einst vor steil aufsteigenden Rängen Klein-Bayreuth zelebriert werden sollte, findet die Verleihung der prestigeträchtigen Förderpreise der ­renommierten Ernst-von-Siemens-­ Musikstiftung statt. Unter den drei Auserwählten befindet sich David Philip Hefti, langjähriger Zürcher mit aktuellem Wohnsitz in Heidelberg. Der 38-Jährige weiss diese von den ­Juroren Lachenmann, Furrer, Rihm und Ruzicka mitgetragene, hoch dotierte Auszeichnung wohl zu schätzen. Nicht zuletzt ist mit ihr die Produktion einer Porträt-CD beim Label Col Legno verbunden, «auf die ich mit hervor­ ­ ragenden Ensembles fünf meiner gross besetzten Orchesterwerke einspielen kann. Das ist die beste Visitenkarte für mich als Komponisten und Dirigenten.» Die schöpferische Bilanz des eins­ tigen Schülers von Kelterborn, Halffter und Rihm darf sich sehen und – dank weiteren CD-Publikationen – vor allem hören lassen. Immerhin kann Hefti, ­obwohl nach eigenem Bekunden «eher ein Langsamschreiber», auf eine stolze Werkliste mit nahezu 50 Titeln ver­ weisen: Kammer-, Orchester- und Vokalstücke mit poetischen Überschriften, die auf bildhafte Weise musikalische Ereignisse, Prozesse oder Zustände suggerieren («Eclairs», «Klangscher­ ben», «Schattenklang»). Verlag und Agentur samt perfekter Homepage begleiten hilfreich Arbeit und Aufstieg des Komponisten. Seine Stücke erklingen inzwischen in wichtigen Konzertsälen des In- und Auslands. Namhafte Interpreten stehen – wie auch durchwegs bei den angezeigten CDs – für sorgfältig einstudierte Wiedergaben ein. Zunehmend tritt Hefti, ursprünglich aktiver Klarinettist, bei Orchestern mit klangvollem Namen auch selbst ans Dirigentenpult. Gerade bei der anspruchsvollen Werkauswahl der Porträt-CD ist nicht zu überhören, dass das praktische Umsetzen der Partituren Ohr und Fantasie des Komponisten zu­ nehmend zu schärfen, seine Horizonte zu weiten vermochte. Keine Frage: ­ Hefti beherrscht die ins­ trumentalen und vokalen Paletten traditioneller und geweiteter heutiger Timbrierungen. Vornehmlich seine aufs Orchester hin entwickelten Stücke verraten wirkungs­ sichere Raffinements, kennen sublime Stimmungen und bringen reizvolle Farbmischungen ins Spiel. Anschwellen und zerbröckeln Gleich zweimal ist die Orchester­ musik «Klangbogen» verfügbar. Dabei bietet Michael Sanderlings Aufzeichnung mit dem Luzerner Sinfonieorchester im hellhörigen Kultur- und Kongresszentrum (Neos) deutlich mehr Kontur und Kontrastschärfe als Heftis eigene Aufnahme mit der Deutschen Radiophilharmonie Saarbrücken-Kaiserslautern (Col Legno). Hier wie dort aber treten die einzelnen Phasen dieser in ständiger Bewegung und Veränderung begriffenen «Bogenform» plas- London. Seit April ist ein neues Buch von «Harry Potter»-Autorin Joanne K. Rowling auf dem englischen Markt. Doch bis jetzt wusste keiner, dass sie es geschrieben hat. Der Krimi mit dem ­Titel «The Cuckoo’s Calling» erschien unter dem Pseudonym Robert Galbraith. Dass er eigentlich aus der Feder Rowlings stammt, hat jetzt die «Sunday Times» aufgedeckt. «Ich hatte gehofft, ich könnte mein Geheimnis noch ein bisschen länger bewahren», sagt Rowling der Zeitung. «Es war so eine be­ freiende Erfahrung. Es war wundervoll, etwas ohne den ganzen Hype und die Erwartungen zu veröffentlichen, und ein pures Vergnügen, Kritiken und Feedback unter einem anderen Namen zu bekommen.» Die «Sunday Times» hat Verdacht geschöpft, weil die Redaktion der ­Meinung war, dass das Buch für einen ­Debütroman extrem ausgefeilt sei. In «The Cuckoo’s Calling» geht es um einen Kriegsveteranen, der zum Privatdetektiv wird. Zur Biografie von Robert Galbraith hatte es geheissen, er sei selber einst Soldat gewesen. Nach ­ ­Angaben der Zeitung wurden bislang 1500 Exemplare verkauft. Im September 2012 war unter grosser Medienaufmerksamkeit das ­ ­erste Buch von Rowling für Erwachsene erschienen, der sozialkritische Roman «Ein plötzlicher Todesfall». Auch Rowlings heimlicher Krimi erschien beim Verlag Little, Brown Book Group. Ein weiterer Teil soll in Planung sein. SDA Nachrichten Bushido bekommt Ärger für ein hasserfülltes Lied Sturm und Drang. Der Komponist David Philip Hefti dirigiert seine eigene Musik. Foto Felix Broede tisch hervor: lange insistierende Töne und melodische Bruchstücke nach Art eines stockenden Cantus firmus, virtuos dagegengesetztes Figurenwerk, anschwellend sich ausbreitende und verdichtende Klangflächen, schliessliches Zerbröckeln des zuvor gefestigten ­Bogenschwungs. Zweimal ist in Heftis Diskografie auch «Gegenklang» enthalten. Es ist dies eine Art Anti-Cellokonzert, das die Virtuosenallüren des traditionellen Solokonzerts umwandelt in fein verästelte Dialogmomente mit verunsichertem Ausgang. Der Zürcher Tonhalle-Solocellist Thomas Grossenbacher gestaltet seinen diffizilen Solopart einmal mit «seinem» Orchester unter dem um­ sichtig koordinierenden Chefdirigenten David Zinman (Neos), zum andern – vielleicht etwas weniger prägnant, weniger die Details ausformend – mit Hefti und dem Deutschen SymphonieOrches­ter Berlin (Col Legno). Viel Höranreiz bietet auch das a­chtminütige Ensemblestück «Eclairs» («Wetterleuchten»), mit dem sich Hefti bei der Münchner Preisverleihung ­vorstellte. Auf der Col-Legno-CD nun bringt das vom dirigierenden Komponisten straff geführte «Ensemble Modern» all jene Klangmomente zur Geltung, die sich als agile Aktionen hier in den erhellten Vordergrund spielen, dort aber als kaum vernehmliche Liegeklänge im fernen Hintergrund verharren. Trügt der Eindruck, dass sich der Jüngere bisweilen vom Duktus ungestüm drängender Boulez-Tiraden beeindrucken liess und wohl auch vom NonStop-Furioso des rihmschen Ensemblestücks «Jagden & Formen»? Als Streichquartette Nr. 1 bis Nr. 4 führt Heftis Werkkatalog vier äusserst gegensätzliche, jedoch durchwegs als Stimmungsbilder und Bildfolgen zu ­verstehende Stücke für die klassische Quartettbesetzung an. Mit der komplet- ten Werkfolge ist das vorzügliche Leipziger Streichquartett vor die Mikrofone gegangen. Jedoch erweist sich das ­konkurrierende Amati-Quartett bei den mit virtuosen Satz- und Stilwechseln hantierenden «Guggisberg-Variationen» als durchaus ebenbürtig (Neos). Vom brahmsisch kostümierten Lied­ thema («S Vreneli ab em Guggisberg») bis zum gespenstisch zerfaserten Kehraus inszeniert der erfinderische Kom­ ponist ein fesselndes Vexierspiel. Ein dankbares Kabinettstück für leistungsfähige Quartette und neugierige Hörer. David Philip Hefti: «Changements». Eclairs, Moments lucides, Changements, Gegenklang, Klangbogen. Col Legno (2013). «Orchestral Works & Chamber Music». Gegenklang, Bergwärts, Guggisberg-Variationen, Poème lunaire, Klangbogen. Neos (2012). «String Quartets». Nr. 1 Ph(r)asen, Nr. 2 Guggisberg-Variationen, Nr. 3 Mobile, Nr. 4 con fuoco. MDG (2012). Soundtrack für den gepflegten Untergang Rufus Wainwright lässt am «Stimmen»-Festival die Gefühle sprechen Von Michael Gasser Riehen. Bei seinem Auftritt 2012 in Montreux liess er sich noch von sieben Musikern begleiten. Beim «Stimmen»Festival im Riehener Wenkenpark betritt Rufus Wainwright allein die Bühne. In einem für ihn seltenen Freizeit-Look mit Hemd, Gilet und kunterbunten Bermudas, sichtlich entspannt. Als ­Erstes offeriert er «Grey Gardens», ein Stück, das bei seinen Konzerten früher für den dramatischen Schlusspunkt sorgte. Trotzdem ist Wainwright sich selbst und dem Weltschmerz treu geblieben: «This Love Affair» und «Going To A Town» klingen wie ein Soundtrack für romantisierte Niederlagen oder den ­gepflegten Untergang. Dem Musiker ist die Ergriffenheit stets gut anzusehen, übermannen ihn die Emotionen, wird sein lakonischer Gesang zunehmend ­inbrünstig und der Kopf immer weiter nach hinten geworfen. So etwa bei ­«Excursion à Venise», einer Komposi­ tion seiner Mutter, der 2010 verstorbenen Folksängerin Kate McGarrigle. Nebst überbordenden Gefühlen betont Wainwright das Familiäre. In ­ «Montauk» träumt er davon, wie seine Tochter Viva ihn und seinen Partner in der fernen Zukunft besuchen wird. In «Want» sinniert er in lang gezogenen Gesangspassagen darüber, dass er wie sein Vater – der Singer/Songwriter ­Loudon Wainwright III – sein möchte. Obschon die beiden eine schwierige Beziehung pflegen. Auch Schwester Martha und Tante Anna, beide ebenfalls im ­Musikgeschäft, finden ihre Erwähnung. Wainwright, der in einer Woche seinen 40. Geburtstag begeht, wechselt nahtlos zwischen Gitarre und Piano, zwischen Folk, Tin Pan Alley, Pop und Opernklängen. Während er auf sechs Saiten zum Schrummeln neigt und auch mal eine billig scheppernde «Hello Kitty»-Gitarre einsetzt, erweist sich sein Vortrag an den Tasten als exquisit, ­üppig und rhythmisch vertrackt. Spürbares Verlangen Zu Beginn seiner Karriere habe er kläglich versagt, erzählt der Kanadier. Weil in den 90er-Jahren Grunge angesagt war. «Ich aber war Oper, Piano, schwul.» Entsprechend habe er eifersüchtig auf die Erfolge des verstorbenen Jeff Buckley reagiert. «Ich habe ihn gehasst.» Bis ihm dieser bei einem Auftritt in New York spontan zur Seite stand. Danach war Wainwright hin und weg und stellte sich vor, er sei Orpheus, Buckley Eurydike, und schrieb «Memphis Skyline». Auch live gelingt es dem introspektiven Liebeslied, das Verlangen spürbar zu machen. Ein Highlight. Für vier Songs lässt sich Wain­wright vom Pianisten Nicola Tescari begleiten – um sich besser auf die französischen Texte konzentrieren zu können. Dennoch verpatzt er bei Serge Gainsbourgs «Je suis venu te dire que je m’en vais» den Schluss, was er mit Charme und ­einem Lächeln wegwischt. Nach rund 90 Minuten scheint der Künstler bei den Zugaben nicht mehr bei der Sache und vermurkst Textpassagen. Was den positiven Eindruck nicht schmälert. Mit Freuden würde er in den Wenkenpark und zu «Stimmen» zurückkehren, sagt ein zufriedener Wain­ wright: «Sollte es klappen, studiere ich auch ein deutsches Lied ein.» Berlin. Rapper Bushido (34) sorgt mit schwulenfeindlichen Passagen, Gewaltandrohung und Todeswünschen in einem neuen Song für Empörung. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und der FDP-­ Integrationsexperte Serkan Tören kündigten am Samstag Strafanzeigen an. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast sprach von einem «eindeutigen Aufruf zu Gewalt und Mord». Im Internet wurde das Video zu dem gemeinsam mit Rapper Shindy aufgenommenen Lied am Samstag gesperrt. SDA Aretha Franklin fällt erneut für Konzert aus Detroit. Die US-Soul-Sängerin Aretha Franklin hat ein Konzert in Detroit zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen wegen Krankheit verschoben. Die Show Ende Juli falle aus, weil sich die 71-Jährige in Behandlung begeben müsse, zitieren US-Medien Franklins Sprecher. Woran sie leidet, teilte der Sprecher nicht mit. Das Konzert hatte Franklin bereits wegen Krankheit von Juni auf Juli verschoben. Sie freut sich aber darauf, ihre Fans im nächsten Sommer zu sehen. SDA Plácido Domingo aus Spital entlassen Madrid. Der Opernstar ­Plácido Domingo (72) ist nach der Behandlung einer Lungenembolie aus einem Madrider Spital entlassen worden. Ob er im August wie geplant bei den Salzburger Festspielen auftreten kann, ist ­un­sicher. Die Auftritte des Sängers in ­Spanien im Juli sind abgesagt. SDA Horrorfilm «Dark Touch» siegt in Neuenburg Neuenburg. Das Neuchâtel International Fantastic Film Festival (Nifff) verzeichnet mit 31 000 Zuschauern einen Rekordbesuch. Den mit 10 000 Franken dotierten Hauptpreis sprach die Jury am Samstagabend der französischen Regisseurin Marina de Van für ihren moralisch gefärbten Horrorfilm «Dark Touch» zu. Der Siegerfilm wurde zusätzlich mit dem Preis für den Maddest Film sowie mit dem Jugendpreis Denis de Rougemont prämiert. SDA