CME-FORTBILDUNG P P M MEDIC Ablation bei Vorhofflimmern L’ablation dans la fibrillation auriculaire Wann und für wen? Quand et pour qui? Thomas Schefer, Richard Kobza, Luzern ―― Die drei grundlegenden Therapiepfeiler bei Patienten mit ­Vorhof­flimmern sind die Reduktion des Hirnschlagrisikos, die Prävention einer Tachy­ kardiomyopathie sowie die Verbesserung der Lebensqualität durch eine Symptomminderung. ―― Die Katheterablation des Vorhofflimmerns ist gegenüber der antiarrhyth­ mischen Therapie bezüglich Rhythmuskontrolle und Lebensqualität überlegen [1,2]. ―― Aktuelle Guidelines lassen relativ viel Spielraum in der Indikations­ stellung zur Pulmonalvenenisolation. Die besten Erfolgsaussichten ­verzeichnen Patienten ohne strukturelle Herzkrankheit mit sympto­ma­ tischem paroxysmalem oder weniger als über einem Jahr persistieren­ dem Vorhofflimmern. Je früher im Krankheitsverlauf die Behandlung ­erfolgt, umso höher sind die Erfolgsraten der Katheterablation. ―― Dank der grossen technologischen Fortschritte sind die Komplikations­ raten in erfahrenen Zentren sehr tief, sodass von einem sehr sicheren Verfahren gesprochen werden darf. ―― Les trois piliers fondamentaux du traitement des patients atteints de ­fibrillation auriculaire sont la réduction du risque d’accident vasculaire cérébral, la prévention d’une tachycardiomyopathie ainsi que l’amélio­ ration de la qualité de vie par une diminution des symptômes. ―― L’ablation par cathéter de la fibrillation auriculaire est supérieure au traitement antiarythmique du point de vue du contrôle du rythme et de la qualité de vie [1,2]. ―― Les recommandations actuelles laissent une marge relativement éten­ due dans la pose de l’indication pour une isolation des veines pulmo­ naires. Les meilleures perspectives de succès sont pour les patients exempts de cardiopathie structurelle avec une fibrillation auriculaire ­paroxystique symptomatique ou persistante depuis moins d’un an. Plus le traitement intervient tôt dans le déroulement de la maladie, plus le taux de réussite de l’ablation par cathéter est élevé. ―― Grâce aux importants progrès technologiques, les taux de complications dans les centres expérimentés sont très faibles, ce qui fait qu’on peut parler d’un procédé très sûr. Credits auf Einloggen, Fragen beantworten und direkt zum Zertifikat gelangen 2 ■■ Mit einer Prävalenz von 1,5–2% gehört das Vorhofflimmern zur häufigsten Herzrhythmusstörung im klinischen Alltag. Im Alter steigt die Prävalenz an. Bei 80-Jährigen sind über 8% betroffen [3,4], Männer etwas häufiger als Frauen. Idiopathisches Vorhofflimmern, welches nicht mit einer strukturellen Kardio­ pathie assoziiert ist, wird mit einer Prävalenz von bis zu 30% angegeben [5]. Je nach Dauer unterteilt man Vorhofflimmern in paroxysmales (≤48 Stunden), persistierendes (>7 Tage), lang andauernd persistierendes (>1 Jahr) und permanentes Vorhofflimmern. Bei Letzterem wird die Rhythmusstörung akzeptiert und keine Rhythmuskontrolle mehr angestrebt. Ähnlich wie beim NYHAScore wird die Arrhythmielast einem Symptomscore (EHRA I–IV) zugeteilt. Die Mortalität von Patienten mit Vorhofflimmern ist bei Männern etwa um den Faktor 1,5 und bei Frauen um 1,9 erhöht. Dies ergaben Analysen aus der Framingham-Studie. Einerseits besteht ein erhöhtes Herzinsuffizienzrisiko mit einem dreifach erhöhten Risiko für eine kardiale Dekompensation, andererseits zeigt sich ein fünffach erhöhtes Risiko für einen zerebrovaskulären Insult oder eine systemische Embolie. Anhand des CHA2DS2-VASc-Scores kann das Stroke-Risiko individuell und etwas genauer abgeschätzt werden. Behandlungsoptionen und Indikation zur Rhythmuskontrolle Unter Berücksichtigung der Risikostratifizierung mittels CHA2DS2-VASc-Score sollte bei allen Patienten mit ≥1 Punkt unabhängig von der Subtypisierung des Vorhofflimmerns und auch bei einer Rhythmuskontrolle eine orale Antikoagulation (OAK) mit Marcoumar® oder bei nicht-valvulärem Vorhofflimmern (Abb. 1) mit einem der neuen Antikoagulanzien (sog. direkte orale Antikoagulanzien [DOAK], z.B. Rivaroxaban, Dabigatran, Apixaban, Edoxaban) etabliert werden. Zur Symptomminderung und Vermeidung einer Tachykardiomyopathie (bei anhaltenden Frequenzen >120 bpm) sollte zudem eine Frequenzkontrolle angestrebt werden. Bisherige Studien haben bezüglich Senkung der Morbidität und Mortalität keine Unterschiede im Vergleich Frequenzkontrolle vs. Rhythmuskontrolle gezeigt [6]. Falls die medikamentöse Therapie nicht zum Erfolg führt, ist die AVKnotenablation mit permanenter Pacemakereinlage CME-FORTBILDUNG CARDIOVASC 2015; Vol. 14, Nr. 5 Abb. 1: Subtypisierung von Vorhofflimmern nach ESC-Guidelines Vorhofflimmern Valvuläre Herzkrankheit ja nein Mitralstenose Klappenprothese ja Valvuläres VHF Nicht-valvuläres VHF nein Nicht-valvuläres VHF, aber andere Klappenerkrankung Valvuläres VHF: bei rheumatischen Klappenvitien (mehrheitlich Mitralstenose) oder bei Herzklappenprothesen. Nach ACC /AHA/ HRS Guidelines (2014) zählen biologische Klappenprothesen und die Mitralklappenrekonstruktion zu prädisponierenden Klappen­ erkrankungen für ein valvuläres VHF. hämodynamischer Instabilität kann diese auch mittels Elektrokonversion (EKV) erzielt werden. Wird eine rhythmisierende Behandlung gegenüber einer Frequenzkontrolle bevorzugt, sollte diese möglichst zeitnah zur Diagnosestellung initiiert werden, da ein Erhalt des Sinusrhythmus mit zunehmender Dauer des Vorhofflimmerns schwieriger wird [7,8]. Indikationen zur Pulmonalvenenisolation sind symptomatisches Vorhofflimmern trotz antiarrhythmischer Therapie, symptomatisches Vorhofflimmern und der Wunsch des Patienten, keine Antiarrhythmika einnehmen zu müssen, sowie symptomatisches Vorhofflimmern in Kombination mit Kontraindikationen für Antiarrhythmika (Abb. 2). Daten, die eine Verhinderung kardioembolischer Ereignisse durch eine Katheterablation zeigen, fehlen zurzeit noch. Der Wunsch, die OAK zu stoppen, ist daher gemäss aktueller Stu­dien­lage keine Indikation für eine Pulmonalvenen­isola­tion, da die OAK auch nach erfolgreicher Abla­tion abhängig vom CHA2DS2VASc-Score weitergeführt werden muss. Pulmonalvenenisolation eine mögliche Option für eine Frequenzkontrolle, vor allem bei vorhandenen Komorbiditäten. Die Rhythmuskontrolle hat beim paroxysmalen und persistierenden Vorhofflimmern einen massgeblichen Stellenwert, insbesondere bei symptomatischen Patienten trotz strikter Frequenzkontrolle. Dabei können zwei grundlegende Verfahren angewendet werden: die medikamentöse Dauertherapie mit Antiarrhythmika und der invasive Approach mittels Ablationsverfahren. In der Akutsituation mit Seit Ende der 90er Jahre ist bekannt, dass über 90% der ektopen Foci (sog. Trigger) für die Entstehung eines Vorhofflimmerns im Bereich der Pulmonalvenen lokalisiert sind. Initial wurde versucht, diese aktiven Foci durch direkte lokale Ablation zu eliminieren. Dies führte aber nicht selten zu Pulmonalvenenstenosen. Heute ist bekannt, dass eine Isolation der Venen in der Einmündungsregion in den linken Vorhof (Antrum) ausreicht und schonender ist. Auf dem Boden dieser Erkenntnisse hat sich die Pulmonalvenenisolation als invasive Therapiestrategie durch erfolgrei- Abb. 2: Algorithmus nach ESC-Guidelines für die Patientenselektion zur medikamentösen antiarrhythmischen Therapie und/oder Pulmonalvenenisolation Transthorakale Echokardiografie Keine relevante strukturelle Herzkrankheit Paroxysmales VHF Strukturelle Herzkrankheit ja Persistierendes VHF Tachykardiomyopathie Patientenwunsch Pulmonalvenenisolation Herzinsuffizienz nein nein Flecainid, Propafenon, Dronedaron Patientenwunsch Amiodaron ja Amiodaron Patientenwunsch Pulmonalvenenisolation Strukturelle Herzkrankheit: Koronare Herzerkrankung, linksventrikuläre Hypertrophie, Dysfunktion oder Dilatation 3 P P M MEDIC Abbildungen: Till Ramstein (STUDIO, Basel) CME-FORTBILDUNG Abb. 5: Kryoballonkatheter, welcher über die Femoral­ vene durch eine transseptale Schleuse in die jeweilige Pulmonalvene (hier die linke obere Pulmonalvene) positioniert wird. che Weiterentwicklung verschiedener Ablations- und Mappingtechniken mit konsekutiver Verbesserung bezüglich Effektivität und Sicherheit in den vergangenen 10–15 Jahren etabliert. In der Regel treten die Patienten am Tag vor der Untersuchung in das Spital ein. Gleichentags erfolgt eine transösophageale Echokardiografie und falls nötig ein Computertomogramm oder ein MRI des Herzens. Diese Bilder können eine dreidimensionale Rekonstruktion des linken Vorhofes erleichtern. Unter Analgosedation (eine Vollnarkose ist nicht zwingend nötig) werden über einen venösen Zugang in der Leiste mehrere Katheter via V. cava inferior in den rechten Vorhof eingeführt und schliesslich über eine transseptale Punktion im linken Vorhof platziert (Abb. 3). Mit diesen Kathetern erfolgt eine dreidimensionale Rekonstruktion des Ablationsgebiets, das sog. 3D-Mapping (Abb. 4). Nebst röntgenbasierten Methoden mit Einsatz von reinen Mappingkathetern zur Darstellung der Verbindung zwischen Pulmonalvenen und linkem Vorhof sind sog. «elektroanatomische Mappingverfahren», die sich eines dreidimensio­na­ len und nicht primär röntgenbasierten Systems bedienen, in das Verfahren integriert worden. Eine Bildintegration von CT- und MRI-basierter, rekonstruierter linksatrialer Anatomie ist hierbei möglich. Anschliessend wird die Ablation durchgeführt. Dabei erfolgt eine zirkumferentielle Punkt-zu-Punkt-Ablation paarweise um die ipsilateralen Pulmonalvenenostien durch Radiofrequenzenergie, einem hochfrequenten Wechselstrom («wide area circumferential radiofrequency catheter ablation», WACA) (Abb. 4). Alternativ erfolgt die Isolation durch Vereisung, die sog. Kryoballonablation (Abb. 5). Ebenfalls zur Anwendung kommen neuartige, zirkuläre und multipolare Ablationskatheter. Zunehmend finden auch Laserprozeduren, welche ebenfalls über einen Ballon-unterstützten Katheter durchgeführt werden, Verbreitung. Die mögliche Asymmetrie und Grössenvariabilität der Pulmonalveneneinmündungen sowie deren Anatomievariationen können jedoch das One-Size-Fits-AllDesign der Ballon-unterstützenden Ablationskatheter erschweren. Am weitesten verbreitet ist weiterhin die Radiofrequenz-Ablation. Mit einem zirkulären Mappingkatheter wird die erzielte elektrische Isolation kontrolliert. Die Isolation aller vier Pulmonalvenen ist das fundamentale Prinzip und das primäre Ziel des Eingriffs, da sonst Rezidive von Vorhofflimmern auftreten können und so zum Versagen der Therapie führen. Abbildung: Kobza Abb. 3: Illustration der Katheterablationstechnik. Die ­Katheter wurden über die Femoralvene via transseptale Punktion im linken Vorhof im Bereich der Lungenveneneinmündungsstellen platziert. Abb. 4: Dreidimensionale, elektroanatomische Rekonstruktion des linken Vorhofs mit Ansicht des linken Vorhofs von hinten mit den zirkumferentiellen Ablationslinien (rot) um die ipsilateralen Pulmonalvenen. LOPV = linke obere Pulmonalvene; LUPV = linke untere Pulmonalvene; ROPV = rechte obere Pulmonalvene; RUPV = rechte untere Pulmonalvene 4 CME-FORTBILDUNG CARDIOVASC 2015; Vol. 14, Nr. 5 Tab. 1: Komplikationsraten der Pulmonalvenen­ isolation Danksagung: Ein grosses Dankeschön gebührt Till Ramstein (STUDIO, Basel) für die Anfertigung der Abbildungen 3 und 5. Total1–5% Major –– Perikardtamponade0,5–2% –– TIA/Stroke<1% –– Ösophagusfistel <0,1% –– Pulmonalstenose<1% Minor –– peripher vaskuläre Komplikationen <2% Inzidenz aufgrund der Datenlage und gemäss klinischer E ­ rfahrung geschätzt Die Intervention dauert in der Regel 90 –180 Mi­nuten. Nach Entfernung aller Katheter wird ein Druck­verband angelegt. Meist können die Patienten am Folgetag wieder entlassen werden. Die OAK wird periinterventionell nicht abgesetzt, da diese Strategie mit weniger Komplikationen assoziiert ist [9]. Postinterventionell wird die OAK für mindestens drei Monate (aufgrund der Narbenbildung im Bereich der Ablation) weitergeführt und danach nach dem individuellen Risiko gemäss CHA2DS2-VAScScore angepasst. Erfolg der Behandlung Eine optimale Methode als Goldstandard zur Diagnostik von allfälligen Rezidiven von Vorhofflimmern hat sich bisher nicht etabliert. Je nach Zentrum finden postinterventionell in unterschiedlichen Intervallen Langzeit-EKG-Kontrollen (24 Stunden bis 7 Tage) statt, meist nach drei, sechs und zwölf Monaten und danach jährlich. Der Erfolg ist massgeblich von der Erfahrung des durchführenden Zentrums abhängig. Innerhalb der ersten drei Monate werden z.T. noch Herzrhythmus­ störungen (atriale Extrasystolen und Vorhofflimmern) beobachtet, welche nicht als Rezidiv zu werten sind («blanking period»). Besteht danach ein durchgehender Sinusrhythmus, ist die Prozedur als erfolgreich zu bezeichnen. Die Erfolgsrate liegt bei Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern ohne strukturelle Herzerkrankung bei 80 –90%, wobei bei 20 – 30% eine Wiederholung der Prozedur notwendig wird. Bei persistierendem Vorhofflimmern oder dem Vorliegen einer strukturellen Herzerkrankung beträgt die Erfolgsrate 60–70%. Damit hat die Ablations­therapie einen sehr hohen Stellenwert erlangt, da selbst das wirksamste Antiarrhythmikum Amiodaron langfristig einen Rhythmuserhalt von ca. 40–50% erzielt. In erfahrenen Zentren ist diese Behandlung sehr sicher und mit wenigen Komplikationen assoziiert. Zu den gefährlichsten Komplikationen gehören thromboembolische Ereignisse (TIA, Stroke), Perikard­tampo­ nade, Pulmonalvenenstenose oder ösophagoatriale Fisteln. Häufiger können Komplikationen im Bereich der Einstichstelle wie Nachblutungen, Hämatome oder Gefässverletzungen auftreten (Tab. 1). Dr. med. Thomas Schefer Herzzentrum Luzern Luzerner Kantonsspital 6000 Luzern 16 [email protected] PD Dr. med. Richard Kobza Chefarzt Kardiologie Herzzentrum Luzern Luzerner Kantonsspital 6000 Luzern 16 [email protected] Literatur: 1. Cosedis Nielsen J, et al.: Radiofrequency Ablation as Initial Therapy in Paroxysmal Atrial Fibrillation. N Engl J Med 2012; 367(17): 1587–1595. 2. Wazni OM, et al.: Radiofrequency ablation vs antiarrhythmic drugs as firstline treatment of symptomatic atrial fibrillation: A randomized trial. JAMA 2005; 293: 2634–2640. 3. Feinberg WM, et al.: Prevalence, age distribution, and gender of patients with atrial fibrillation. Analysis and implications. Arch Intern Med 1995; 155: 469–473. 4. Heeringa J, et al.: Prevalence, incidence and lifetime risk of atrial fibrillation: the Rotterdam study. Eur Heart J 2006; 27: 949–953. 5. Sankaranarayanan R, et al.: Comparison of Atrial Fibrillation in the Young versus That in the Elderly: A Review. Cardiol Res Pract 2013; 2013: 976976. 6. 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