Die Marke strategisch führen Unternehmenswert durch Markenwert Markenwert durch strategische Markenführung Autor Herausgeber Joachim Hippach, Dr. Michael Mandat, Dr. Björn Schultheiss Prof. Dr. Arnold Weissman Arbeitspapier zur Differenzierungsstrategie über Marken und den Markennutzen mit konkreten Handlungsempfehlungen zur strategischen Markenführung im Kontext der wertorientierten Unternehmensführung Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis 1 Marktumfeld und Zwang zur Differenzierung 1 Differenzierungsmöglichkeiten von Unternehmen 4 3 Definition des Markenbegriffs 8 4 Nutzen von Marken 11 Von der Marke zum Unternehmenswert 16 Der Managementprozess Strategische Markenführung 19 Markenführung heißt am Puls der Zeit zu sein 56 2 5 6 7 2.1 Ebene Produkt: die produktbezogenen Faktoren 2.2 Ebene Service: die produktbegleitenden Faktoren 2.3 Ebene Marke und Beziehung: die emotionalen Faktoren 4.1 Für Kunden der Marke 4.1.1 Orientierungs- und Informationsfunktion 4.1.2 Risikoreduktions- und Vertrauensfunktion 4.1.3 Symbolische und ideelle Funktion 4.2 Für Markeninhaber 4.2.1 Absatzmengensteigerung durch Präferenzbildung und Kundenbindung 4.2.2 Preispremium 4.2.3 Immunisierung 4.2.4 Wertsteigerung des Unternehmens durch Markenwert 5.1 Grundlagen 5.2 Markenbildung 6.1 Vorüberlegungen 6.2 Das System zur strategischen Markenführung 6.2.1 Schritt 1 6.2.2 Schritt 2 - Markenstrategie En 6.2.3 Schritt 3 - Markenstrategie Implementie 6.2.4 Schritt 4 - Erfolgsmessung der Markenstrategie 4 4 5 11 11 11 12 13 13 13 13 14 16 16 19 20 21 28 43 47 Literaturverzeichnis 58 Kontakt 60 Abbildungsverzeichnis Abbildung 1 Ebenen der Differenzierung 4 Abbildung 2 Aktions- und Reaktionsebenen im Markenmanagement 10 Abbildung 3 Die wertvollsten Marken der Welt 15 Abbildung 4 Einteilung von Marken (Dimensionen Bekanntheit/ Anziehungskraft) 17 Abbildung 5 Die starke Marke als Determinante des Unternehmenswertes 18 Abbildung 6 Planungszirkel des Systems zur strategischen Markenführung 20 Abbildung 7 Beispiele zur Zielkundensegmentierung 23 Abbildung 8 Differenz-Eignungsprofil zur Erfassung der Wahrnehmung der Marke 25 Abbildung 9 GAP-Analyse aus Markenimage und Markenidentität 26 Abbildung 10 Die 6 Komponenten eines vollständigen Markenleitbildes 29 Abbildung 11 Strukturansatz und Bestandteile der Markenidentität 32 Abbildung 12 Die Markenidentität von BMW 33 Abbildung 13 Die Bedürfnispole (Vgl. puls The Navigation Company) 37 Abbildung 14 Die 4 Quadranten erfolgreicher Markenarbeit 38 Abbildung 15 Die 25 Bedürfnisse im B2C-Bereich 38 Abbildung 16 Ergebnisportfolio Wichtigkeit der Bedürfnisse und Erfüllung (Puma) 39 Abbildung 17 Zusammenhang Markenidentität, Markenpositionierung und Markenimage 42 Abbildung 18 Anforderungsprofil des Markencockpits 48 Abbildung 19 Perspektiven des Markencockpits 50 Abbildung 20 Kausalbeziehungen in einem Markencockpit 52 1. Marktumfeld und Zwang zur Differenzierung Die stark differenzierten Kundenwünsche und das Bestreben der Unternehmen, jedem das Gewünschte zu liefern, haben zu einer enormen Ausweitung der verfügbaren Produkte geführt. Auf dem deutschsprachigen Endverbrauchermarkt gab es vor rund 30 Jahren zwei verschiedene Sorten Zahnseide, eine Marke für Kontaktlinsen und überhaupt keinen Anbieter für MP3-Player. Heute existieren circa 20 verschiedene Zahnseidemarken und geschätzte 28 KontaktlinsenVarianten. MP3-Player bieten inzwischen unzählige Hersteller unter mindestens 125 verschiedenen Labeln an. Zudem hat der deutschsprachige Konsument die Wahl zwischen dutzenden Milchsorten, die er über seine Frühstücksflocken gießen könnte, falls er sich davor aus den über 300 verschiedenen Marken von Frühstücksflocken für einen Anbieter entscheiden konnte. Praxisbeispiel 1: Markenpiraterie Heute gibt es kaum ein Produkt, das sich noch der geschäftstüchtigen Begierde der Raubkopierer entziehen könnte. Gewildert wird in allen Revieren: Textilien, Bekleidung und Mode, Turnschuhe und Schmuck, Taschen und Gepäck, Uhren und Kosmetik, Taschenlampen, Computer und Mobiltelefone. Selbst das weltberühmte Schweizer Offiziersmesser der Marke Victorinox ist dagegen wehrlos. Billigste Duplikate überschwemmen kaufkräftige westliche Märkte. Auch sonst gehen Markenpiraten clever mit der Zeit: So sind Videos, CDs und Computerspiele, aber auch BusinessSoftware zu milliardenschweren Verkaufsrennern avanciert. Wenn aber neuerdings selbst gefälschte Herzschrittmacher und Flugzeugteile auftauchen in den USA soll deshalb bereits ein Hubschrauber abgestürzt sein so wird die Gefahr der Markenpiraterie auch für Laien offenkundig.1 Diese Angebotsfülle und die Wahlmöglichkeiten an Produkten haben den Wettbewerb für Unternehmen um Marktanteile und um bestehende sowie potenzielle Kunden deutlich dynamisiert. Hinzu kommt eine wachsende Kaufzurückhaltung gepaart mit einer höheren Preissensibilität seitens der Konsumenten. Die Erwartungshaltung der Kunden an das Produkt und die Dienstleistung steigen dabei zusätzlich an. Hohe Qualität wird quasi zum Mindeststandard. Durch das Internet können interessierte Kunden Preis- und Produktvergleiche durchführen2, was einer bisher noch nie da gewesenen Markttransparenz gleichkommt. 1 2 Vgl. Hilzenbrecher, R. (1998) z.B. www.guenstiger.de oder www.preissuche.de 1 recht problemlos: Die Nachfrage überstieg die Produktionsmöglichkeiten und damit das Angebot. Mittlerweile sind diese Märkte jedoch zum Großteil in Die Nachfrage bleibt hinter den Produktionsmöglichkeiten, also dem Angebot, zurück. Der Unternehmer Reinhold Würth hatte zu seinen Anfängen als fliegender Händler größere Probleme mit der Beschaffung seiner Schrauben und Befestigungsbolzen, nicht mit deren Absatz. Konnten sich früher die Verkäufer aussuchen, wem sie ihre Ware anboten, liegt dieses Wahlrecht heutzutage bei den Konsumenten. Der moderne Sportler kann sein Schuhwerk heute bei Marken wie Adidas, Nike, Puma, Asics, Brooks, New Balance oder Reebok erwerben. Früher eben nur bei Adidas. Adi Dassler konnte dabei regelrecht selektieren, welche Sportmannschaft und welche Spitzenathleten er mit seinen Sportschuhen ausstatten wollte. Zur offensichtlicheren Darstellung dieses Wandels sei folgendes Beispiel aus der Unternehmerpraxis angeführt: Praxisbeispiel 2: Vom Verkäufer- zum Käufermarkt o ist zum Fahren Ettore Bugatti einst einen Kunden nach Hause, der es gewagt hatte, die nur bedingt wirksamen Trommelbremsen seines sündhaft teuren Zweisitzers aus Molsheim zu bemängeln. Ettore Bugatti konnte sich diesen Stolz leisten: Die Reichen der Welt standen Schlange, um seine handgearbeiteten Preziosen in Empfang zu nehmen für teures Geld erwarben sie launische Diven, die Mechaniker in den Wahnsinn und die Besitzer in den Ruin treiben konnten. Der Ruf des Hauses litt unter diesen Schwächen nicht im Gegenteil: Die Verkaufsgespräche mit Hatte der Interessent nicht die Manieren, die Bugatti von einem Fahrer seiner Geschöpfe erwartete, kam es eben nicht zum Verkauf.3 Lassen Sie uns einmal annehmen, dass ein Großteil der Unternehmen nicht in einem der selten gewordenen, noch wachsenden Märkte, wie der Industrie für hochwertige, handgearbeitete Sportwagen, der Pharma- oder der Biotechnikindustrie, tätig ist. So müssen wir doch folgerichtig von stagnierenden Märkten ausgehen, in welchen austauschbare Produkte und Dienstleistungen zwingend zu einer negativen Rendite führen. Wird der Nutzen einer Dienstleistung, eines Produkts oder einer mit dem Produkt verbundenen Serviceleistung vom Kunden nicht als differenziert wahrgenommen, so bleibt jedem Unternehmer nur noch die Möglichkeit, über den Preis um die Kunden zu konkurrieren. Durch einen Preisnachlass kann der Nutzen eines austauschbaren Produktes für den Kunden wieder steigen, was dessen Kaufentscheidung wiederum positiv beeinflussen könnte. Für den Unternehmer jedoch wirkt sich dieses Preiszugeständnis in erster Linie und in aller Regel negativ auf die Umsatzrendite aus und vermindert damit den geschaffenen Unternehmenswert. 3 Vgl. Lewandowski, J. (1990) 2 Praxisbeispiel 3: Harmonie durch Differenzierung Der russische Mathematiker Gause hat in diesem Zusammenhang ein äußerst bemerkenswertes Experiment durchgeführt. Einzellige Parasiten (Amöben), die in ihrer Struktur unterschiedlich sind, teilen sich im Reagenzglas ihre Nahrungsmöglichkeiten und leben auf diese Weise gut neben- und miteinander. Vollzieht man nun das gleiche Experiment mit Einzellern, die identisch in ihrer Struktur und in ihren Bedürfnissen sind, so ist die Folge verheerend: Sie beginnen nicht die Nahrung untereinander zu teilen, sondern fangen sofort an sich gegenseitig zu bekämpfen. Harmonie, 4 Lassen wir uns auf diese Analogie zwischen Unternehmen und Natur ein, so können wir daraus schließen, dass der Erfolg eines Unternehmens entscheidend durch seinen Grad an wahrgenommener Unterschiedlichkeit beeinflusst wird. Denn im Verdrängungswettbewerb der austauschbaren Leistungen ist ein ruinöser Preiswettbewerb kaum vermeidlich. Die Folge ist Vernichtung von Unternehmenswert. Betrachten wir diesen Punkt noch etwas näher, so muss man die Ebenen untersuchen, auf denen sich ein Unternehmen in den heute vorherrschenden Käufermärkten überhaupt noch differenzieren kann. 4 Vgl. Weissman, A. (2005) 3 2. Differenzierungsmöglichkeiten von Unternehmen Nach unserer Einschätzung kann für die meisten Unternehmen eine Einteilung in drei verschiedene Ebenen der Differenzierungsstrategien vorgenommen werden5: Abbildung 1 Ebenen der Differenzierung 2.1 Ebene Produkt: die produktbezogenen Faktoren Auf erster Ebene ist das Produkt selbst mit allen produktbezogenen Faktoren. Wir ordnen dieser Ebene alle harten, also materiellen Faktoren zu. Aus Kundensicht sind es technische bzw. physisch-funktionale Nutzenkomponenten wie Produktqualität, Gebrauchstauglichkeit, technische Funktionalität und technologische Überlegenheit durch Innovationsfähigkeit. Auch der Preis ist dieser Ebene zuzuordnen. Erfindungen, geschaffen durch hohe Investitionen in Forschung und Entwicklung, wie das Navigationssystem GPS, das MP3-Playersystem oder der Vogelgrippeimpfstoff zeigen: In vielen Branchen ist Differenzierung auf der Produktebene möglich. Doch ist Vorsicht geboten: Die Dynamik der Veränderung, der Wandel zum Käufermarkt, die Anpassungs- und Imitationsfähigkeit der Wettbewerber und die kürzeren Produktlebenszyklen bzw. Produktschutzperioden machen eine Differenzierungsstrategie auf reiner Produktebene zum teuren und risikoreichen Weg. Ein Weg, der nur selten von Erfolg gekrönt ist, weil er außergewöhnliche Fähigkeiten erfordert. Fazit: Eine Differenzierung auf der Ebene Produkt ist schwierig und kostspielig. 2.2 Ebene Service: die produktbegleitenden Faktoren Die zweite Ebene stellt produktbegleitende Faktoren wie Service, Dienstleistungen, Systeme und Beratung dar. Auch diese Ebene umfasst, wie die Ebene Produkt, insbesondere physischfunktionale Nutzenkomponenten aus Sicht der Kunden. So ist es heute eine Selbstverständlichkeit, dass Autohändler ihren Kunden Finanzierung, die Bereitstellung eines Ersatzwagens oder gar eine kostenlose Wagenreinigung nach dem Inspektionstermin anbieten. Die Differenzierungsstrategie auf der Serviceebene verfolgt das Ziel, 5 Vgl. Gleißner, W./Weissman, A. (2003) 4 dem Kunden einen wahrnehmbaren Zusatznutzen durch Serviceleistungen zu bieten. Die Schwierigkeit zeigt sich hier jedoch ganz augenscheinlich. Auch auf dieser Ebene herrscht Verdrängungswettbewerb. Exzellenter Service ist heute nur noch selten eine Differenzierungschance, sondern vielmehr eine notwendige Voraussetzung zum Überleben in gesättigten Märkten. Nur selten, wie im nachfolgenden Praxisbeispiel beschrieben, gelingt Unternehmen eine wahrnehmbare Differenzierung auf dieser Ebene. Praxisbeispiel 4: Differenzierung über virtuellen Service Hartmut Ketteler, Diplomingenieur bei Liebherr, muss nur ein paar Tasten drücken, schon befindet er sich im Cockpit eines Turmdrehkrans, der seinen Ausleger gerade in luftiger Höhe über einer Großbaustelle in Athen schwenkt. Natürlich nur virtuell. Doch auf seinem Display hat Ketteler alle Informationen, die auch der Kranführer in Griechenland vor sich sieht: vom Gewicht der gerade angehängten Last über den Betriebszustand von Drehund Hubwerken bis hin zur Geschwindigkeit, mit der der Wind gerade in der griechischen Hauptstadt weht. Die Stunde des Dienste versagt. Dann ist schnelle Abhilfe gefragt. Vor ihrem Terminal im Biberacher Kranwerk oder vom Laptop irgendwo auf der Welt können die Liebherr-Spezialisten umgehend Fehler euartige Service, mit dem der Marktführer bei großen Baukränen die Konkurrenz auf Distanz halten will.6 Fazit: Eine Differenzierung auf der Ebene Service ist nur über eine im ganzen Unternehmen verankerte, exzellente Kundenorientierung und außergewöhnliche Serviceideen möglich. 2.3 Ebene Marke und Beziehung: die emotionalen Faktoren Die dritte Ebene wird durch emotional und psychologisch getriebene Faktoren wie die persönliche Kundenbeziehung und die Marke abgebildet. Im gleichen Maß, in dem Produkte und Leistungen austauschbar werden, steigt der Wert der Beziehung. Das ist der Grund, warum Themen wie Unternehmen zunehmend auch kleine und mittlere Familienunternehmen in Marken investieren. Die gegenwärtige Marktsituation der empfundenen Austauschbarkeit auf den Ebenen produktbezogene und produktbegleitende Faktoren, erlauben eine Differenzierung gegenüber den Wettbewerben zum großen Teil nur noch über subjektive, symbolische Nutzenkomponenten. Die gegenwärtigen Markt- und Kundenbedürfnissentwicklungen zeigen, dass neben den Wettbewerb auf der Produkt- und Serviceebene zunehmend der Kommunikationswettbewerb treten wird. Dabei rücken das Image eines Produkts sowie die persönliche Kunden-MarkeBeziehung als wichtige Differenzierungs- und Auswahlentscheidungsmerkmale in den Mittelpunkt moderner Unternehmensführung. Dies wollen wir anhand eines weiteren Praxisbeispiels aus dem Mehrmarkenkonzern Volkswagen deutlich machen. 6 Vgl. Lamparter, D. H. (2001) 5 Die persönliche Beziehung zu Marken übernimmt für viele Konsumenten eine präferenzbildende Funktion. Praxisbeispiel 5: Differenzierung auf der Markenebene in der Automobilbranche Die Großraumlimousinen Seat Alhambra und Volkswagen Sharan, beides Marken des demzufolge baugleich. Es handelt sich im Kern um ein identisches Produkt, was die Modelle auf der Produktebene vollständig austauschbar macht. Unterschiede finden sich in der ersten Modellgeneration lediglich in marginalen Designdetails, wie beispielsweise der Markenzeichen dominiert wird. Der Volkswagen Sharan konnte im Jahr 2001 mit 28.977 Einheiten eine deutlich höhere Absatzmenge erzielen als der Seat Alhambra, von dem gerade einmal 6.814 Einheiten abgesetzt wurden. Neben dieser höheren Absatzmenge gelang es dem Volkswagen-Konzern für den Sharan zudem, ein Preispremium von 5,5% in der Basisversion gegenüber dem Alhambra im Markt durchzusetzen. Als Folge dieses Preispremium- und Absatzmengeneffektes vermochte der Seat Alhambra zu erzielen.7 Wir können daraus folgern, dass die Kunden dieses Produkt auf der Markenebene ganz und gar nicht als austauschbar empfunden haben und somit bereit waren, für ein auf der Produktebene austauschbares materielles Leistungspaket bei der Marke Volkswagen knapp 600 Millionen Euro mehr auszugeben als bei der Marke Seat. Marken scheinen somit eine ökonomisch nachweisbare Wirkung auf Auswahl- und Kaufentscheidungen zu haben. Die Marke Volkswagen bietet, bei gleichem Nutzen auf der Produktebene wie Seat, eine Art immateriellen, symbolischen Zusatznutzen, welchen die Kunden bei der Auswahlentscheidung als kaufrelevant wahrgenommen haben. Die Marke Volkswagen hat mehr Kunden zur Auswahl bewegen können und somit durch ein Preispremium und höheren Absatz zu einer erheblichen Steigerung des Umsatzes und somit einen positiven Beitrag zur Wertschöpfung des Unternehmens beigetragen. Praxisbeispiel 6: Differenzierung auf der Markenebene in der Elektronikindustrie Anfang der 90er Jahre brachten Sony, Nikon und Ricoh mit Ausnahme der Produktmarkierung und des Preises jeweils identische Camcorder auf dem Markt. Die Sony-Version wurde im Durchschnitt mit einem 10%igen Preispremium gegenüber dem Nikon-Camcorder verkauft und fand dennoch einen höheren Absatz. Obwohl die Ricoh-Geräte nochmals 8% billiger waren als das NikonPendant, war deren Marktanteil wiederum geringer als der von Nikon.8 Während ein Kunde selten eine direkte Beziehung zu einer Branche oder einem Konzern herstellen kann, gelingt es ihm sehr wohl, eine Beziehung zu einer Markenpersönlichkeit 7 8 Beispiel angelehnt an Esch, F. R. (2005) Vgl. Biehl, A. (2001) 6 aufzubauen. Wie oft haben Sie schon jemanden sagen bei IKEA in Red- bzw. Durch Differenzierung auf dieser Beziehungs- und Markenebene gelingt es manchen Unternehmen selbst in rückläufigen Märkten, die aufgrund absolut austauschbarer Produkte durch starken Verdrängungs- und Preiswettbewerb gekennzeichnet sind, neue Kunden zu gewinnen, Produkte mit Preispremium abzusetzen und somit branchenunübliche, überdurchschnittliche Renditen zu erwirtschaften. Die Firma Krombacher macht es im Biermarkt vor, die Firma betapharm im Generikamarkt. Nicht nur in der Automobilbranche finden wir das Phänomen der sich annähernden Produktqualität und der Austauschbarkeit von Produkten. Auch bei Finanzdienstleistungsprodukten, im Biermarkt und in der Telekommunikations- und Elektronikindustrie können wir sie kaum noch finden die für den Konsumenten tatsächlich wahrnehmbaren Unterschiede auf der Produkt und Serviceebene. Fazit: Die Angleichung der physisch-funktionalen Produktqualität führt dazu, dass die Verbraucher die ihnen angebotenen Erzeugnisse und Dienstleistungen zunehmend als austauschbar wahrnehmen. Eine Differenzierungsstrategie auf der immateriellen Ebene Marke und Beziehung verspricht, bei gegebenen Marktbedingungen, ein aussichtsreicher Weg aus der Falle der Austauschbarkeit zu sein und damit ein Weg aus ruinösen, Wert vernichtenden Preiskämpfen. Diesen Weg gehen bereits heute viele Unternehmen. Uns sind kaum noch bedeutende Unternehmen bekannt, welche die wachsende Bedeutung der Differenzierung über Marken ignorieren nicht einmal öffentliche Institutionen wie die Bundeswehr oder die Bundesagentur für Arbeit, welche die anziehende Wirkung einer starken Marke insbesondere zur Gewinnung neuer Mitarbeiter nutzen. 7 3. Definition des Markenbegriffs Um kaum einen Begriff der Betriebswirtschaftslehre herrscht wohl mehr Verwirrung als um den Markenbegriff. Egal wen man fragt, die Antwort fällt jedes Mal ein wenig anders aus. Ist denn jeder richtige Eigenname eine Marke? Ist jedes der über 700.000 in Deutschland rechtlich geschützten Produkte und Dienstleistungen eine Marke oder sind nur die etwa 55.000 beworbenen Produkte echte Marken? Ist Napoleon, Thomas Gottschalk, Wolfgang Joop oder doch eher Meister Proper, Dr. Oetker und PROGENIUM eine Marke? Ist die katholische Kirche eine Marke? Ist es Bayern München und Manchester United? Oder ist Deutschland eine Marke? Was eine Marke wirklich ist, bleibt dabei vage und unklar. Der Erste argumentiert mit der historischen Markierung von Produkten als Besitznachweis, wie bei den mit Brandzeichen versehenen Viehherden in Amerika (Branding), als oder als Garantieversprechen. stilisiertes Logo, als Erkennungszeichen und Gütesiegel markieren. Andere denken an Werbung, Corporate Identity, Logos und an Farben. andere Forschungs- und Berufsgruppen argumentieren mit dem sozialen Wandel unserer Gesellschaft. Es gilt zu unterscheiden zwischen juristischen, merkmalsbezogenen, kognitionsbezogenen, kommunikationswissenschaftlichen, soziologischen und psychoanalytischen Markendefinitionen. Diese Definitionen verwenden eine Vielfalt an Begrifflichkeiten wie Markenartikel, Markenname, Markenprodukt, Dachmarke, Primär- und Sekundärmarke, virtuelle Marke, fraktale Marke, Hersteller- und Handelsmarke. Die Verwirrung scheint perfekt. Die meisten Untersuchungen zur Marke unterscheiden zwischen einem gewerblichen Schutzrecht, Zunächst scheint uns eine Abgrenzung zum reinen Produkt als sinnvoll. Ein Produkt interpretieren wir im Folgenden als technischfunktionales Eigenschaftspaket, welches Sachgüter und Dienstleistungen umfassen kann.9 Auf Basis eines ganzheitlich geregelten Markenmanagementkonzepts, das weder auf juristische, Innovations-, Werbe- oder Grafikdesignaktivitäten beschränkt sein soll, definieren wir eine Marke als Nutzenpaket gegenüber anderen Nutzenpaketen, welche dieselben Basisbedürfnisse erfüllen, aus Sicht 10 Wir sehen anhand dieser Definition, dass eine Marke, ohne den Beitrag von Nutzenkomponenten aus den Ebenen Produkt und Service, keine Substanz hätte und nach unserem ganzheitlichen Markenverständnis gar nicht existieren könnte. Wie auch könnte sich eine Marke ohne materielles 9 Vgl. Brockhoff, K. (1999) In Anlehnung an Keller, K. L. (2003) und Burmann, C./Blinda, L./Nitschke, A. (2003) 10 8 Produkt und ohne echten Service von anderen Nutzenpaketen substanziell und nachhaltig differenzieren? Während die Ebenen Produkt und Service insbesondere physisch-funktionale Nutzenkomponenten verschiedenartigen emotionalen und symbolischen Nutzenkomponenten zu verstehen. Dieses Paket aus symbolischen Nutzenkomponenten enthält schutzfähige, identitätsstiftende, wieder zu erkennende und für Konsumenten leicht abzuspeichernde Zeichen wie Schriftoder Bildlogos, Eigennamen, Slogan, Musik-Jingles, Bilderwelten, Farbcodes und Herkunftsbezeichnungen etc. Diese Komponenten charakterisieren das Wesen und den Auftritt der Marke gegenüber der externen Zielgruppe. Die Nutzenkomponenten tragen in unterschiedlicher Intensität zur nachhaltigen Differenzierung und damit zur Entstehung und Stärke einer Marke bei. Unterscheiden sich sowohl die materiellen als auch die immateriellen Nutzenkomponenten stark von konkurrierenden Angeboten, so kann von einer starken und nachhaltigen Differenzierung durch die Marke ausgegangen werden. Das gesamte Nutzenpaket sendet dabei unternehmensextern wahrnehmbare Signale aus, die sich im Markenimage, welches sich in den Köpfen der externen Zielgruppe bildet, niederschlagen. Nicht die Marke hat ein Image, sondern der Konsument hat ein Image von der Marke. Das Wort Vorstellung. Nachdem der Begriff zunächst von der englischen Sprache übernommen wurde, fand er in Ermangelung eines geeigneteren Begriffs auch in die deutsche Sprache Eingang. Anfänglich beschränkte sich seine Verwendung auf die Sozialpsychologie. Heute meint man mit Image subjektive Vorstellungsbilder eines Objektes, die zumeist irrational sind, also nicht auf persönlichen Erfahrungen oder Schlussfolgerungen beruhen. Zudem hängt der Begriff eng mit emotionalen Bedürfnissen und subjektiver Wertung zusammen.11 Somit können alle langfristigen Maßnahmen zur Beeinflussung dieses Images, also die Planung, Koordination und Kontrolle dieser Maßnahmen, als Managementprozess der strategischen Markenführung bezeichnet werden. Dieser Managementprozess wird durchgeführt von der Institution, die die Marke trägt (z.B. rechtlicher Markeneigentümer, Mitarbeiter, Eigentümer oder Management) und schafft damit ein sogenanntes Selbstbild der Marke. Dieses Selbstbild bezeichnen wir als Identität der Marke. Wir unterscheiden somit zwischen einer internen Aktionsebene der Markenführung und einer externen, passiven Reaktionsebene: der Bildung des Markenimages in den Köpfen der Zielgruppe. 11 Vgl. Herbst, D. (2003) 9 Abbildung 2 Aktions- und Reaktionsebenen im Markenmanagement (Vgl. Meffert et al. 2005) Mit unserem Markenverständnis und obiger Definition lässt sich die viel zitierte nicht vereinbaren. Das Image einer Marke entsteht im Kopf der Verbraucher. Die Marke und deren Identität entstehen durch den aktiven Managementprozess zur strategischen Führung der Marke sehr wohl im Unternehmen. Mit unserer Definition können wir nun alle zuvor gestellten Fragen beantworten, ob wir es mit einer Marke zu tun haben oder nicht. 10 4. Nutzen von Marken 4.1 Für Kunden der Marke Marken verfügen über eine Vielzahl bewusster und unbewusster Nutzen für den Kunden der Marke. 4.1.1 Orientierungs- und Informationsfunktion Das Wiedererkennen eines Markenzeichens erleichtert dem Konsumenten die Orientierung in der Vielfalt der Angebote. Eine Marke schafft also Markttransparenz, da es ihr gelingt, die mannigfach angebotenen Leistungen für Abnehmer eindeutig identifizierbar zu machen und gleichzeitig von denen des Wettbewerbs zu differenzieren. Der Suchaufwand wird reduziert, was dem Bequemlichkeitsstreben der Menschen sehr entgegenkommt. Aus Sicht der Transaktionskostentheorie tragen Marken zur Verringerung der Such- und Informationskosten bei, indem sie den Such- und Informationsaufwand beim Auswahl- und Kaufprozess erheblich reduzieren. Aufgrund der Menge an angebotenen Produkten kann der Verbraucher selbst keine Qualitätsprüfung für jedes Produkt durchführen. Ein Markenprodukt kann damit in der Summe sein als ein markenloses Produkt, denn entscheidungsrelevant ist am Ende die Summe aus Preis- und Transaktionskosten.12 Marken liefern also Zusatzinformationen, die der Kunde durch Erfahrungen mit der Marke bereits abgespeichert hat. Die Erfahrungen werden geprägt durch alle Kontaktpunkte mit der Marke, also nicht nur mit dem Produkt selbst, sondern auch bei Werbe-, Telefon- und Mitarbeiterkontakten und bei der Mundpropaganda mit Freunden und Bekannten. Diese Informationen kann der Kunde beim erneuten Kontakt mit der Marke wieder abrufen. Sie beinhalten beispielsweise Hinweise über wiederkehrende und gleich bleibende Qualität eines Produkts. Dies funktioniert jedoch nur deswegen, weil gut geführte Marken ein hohes Maß an Kontinuität aufweisen. 4.1.2 Risikoreduktions- und Vertrauensfunktion Im Langzeitgedächtnis abgespeicherte und verdichtete Informationen in Form von assoziativen Marken-Mustern reduzieren das Risiko beim Kauf und wirken auf diese Weise verhaltenssteuernd und stressreduzierend. Dies geschieht insbesondere über Zeitersparnis durch Vertrauen in die Marke. Der Konsument muss nicht lange überlegen, sondern greift einfach ins Regal, weil er schon abgespeichert hat: Diese Marke ist gut (z.B. Dr. Oetker). Es spielt danach auch keine Rolle, dass er dafür ein Preispremium von bis zu 20% gegenüber einem auf der Produktebene vergleichbaren No-Name-Artikel bezahlt. Dieses Vertrauen gewähren Konsumenten auch der Botschaft der Marke. Wer Gäste erwartet, greift zum garantiert lockeren Markenreis, der gelingt immer und klebt nicht. So geht man kein Risiko ein, der Kauf gibt ein Gefühl von Sicherheit. Wenn der Reis dann doch an der Gabel festsitzt, 12 Vgl. Kaas, H. P. (1990) 11 muss man sich hat man ja.13 Marken reduzieren folglich das Risiko, eine falsche Entscheidung zu treffen. das 4.1.3 Symbolische und ideelle Funktion Marken stellen für Konsumenten regelrechte emotionale Anker dar, da beim Kauf und Konsum einer bestimmten Marke gewisse Gefühle und Images vermittelt werden. So lässt ein Zug an einer Marlboro-Zigarette bei einem mit anderen Zigarettenmarken vergleichbaren, gar austauschbaren Geschmack 14 Nicht zuletzt tragen Marken auch zur Abgrenzung und Integration bestimmter sozialer Gruppen und Klassen bei. Marken vermitteln also Wertvorstellungen, die von diesen Gruppen geteilt werden. Menschen sehnen sich nach Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen. Früher war es vielleicht eine Religionsgemeinschaft oder der Kegelverein, heute ist es die Markengruppe. Es scheint ein gutes Gefühl zu sein, zu denen zu gehören, die die Freiheit so sehr lieben, wie das eben nur Harley-Davidson-Fahrer können. Marken sprechen also eine bestimmte Zielgruppe an, definieren aber gleichzeitig die Gruppenzugehörigkeit und erlauben so ihren Konsumenten, bestimmte Illusionen zu teilen und sich genau deshalb in dieser Gruppe glücklich zu fühlen mit der Marke, versteht sich.15 Den einen hilft der Besitz einer Rolex, eines Porsche oder eines Louis-Vuitton-Täschchens, sich selbst und anderen die Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Schicht zu demonstrieren. Wir sprechen hier auch von der sogenannten Prestigefunktion der Marke. Käufer von Marken können diese auch dazu benutzen, bestehende Klassengrenzen in Frage zu stellen: Am Steuer des vielleicht buchstäblich vom Munde abgesparten Mercedes-Benz steigt man doch zumindest im Auto in eine höhere gesellschaftliche Klasse auf.16 Fazit: Die symbolische und ideelle Funktion der Marke steht für wichtige motivatorische und verhaltensrelevante Treiber. Von allen Funktionen kann ihr, aufgrund der starken Beeinflussung des Auswahl- und Kaufverhaltens der Konsumenten, die größte Bedeutung der genannten Funktionen zugeordnet werden. F./Owens, M. (2002) 13 14 Vgl. Esch, F. R. (2005) 15 16 Vgl. Riesenbeck, H./Perrey, J. ( 12 4.2 Für Markeninhaber Die Bildung einer starken Marke durch den professionellen Managementprozess der Markenführung beinhaltet eine Vielzahl an Chancen und Nutzenvorteilen für den Markeninhaber. 4.2.1 Absatzmengensteigerung durch Präferenzbildung und Kundenbindung Bereits erwähnt wurde die ökonomisch nachweisbare Wirkung von Marken auf die Auswahl- und Kaufentscheidungen der Konsumenten. Ohne die genauen Ursachen hier noch einmal genauer zu beleuchten, haben Marken eine präferenzbildende und damit absatzfördernde Wirkung. Einem professionellen Markenmanagement gelingt es, durch Profilierungsmaßnahmen, Präferenzen für das eigene Angebot zu schaffen und dieses gleichzeitig vom Angebot der Konkurrenz nachhaltig zu differenzieren. Gelingt es den Markenmanagern, durch hohe Kontinuität die Vertrauensbeziehung der Kunden zur Marke zu festigen, so werden aus Kunden Fans. Fans kommen aufgrund ihrer Zufrieden- und Verbundenheit immer wieder zur Marke zurück und erhöhen damit die Sicherheit der Absatzplanung des Unternehmens. Das Markenunternehmen erreicht eine hohe Kundenbindungsquote, steigende Absatzmengen und dadurch eine erhöhte Wertschöpfung pro Kunde. 4.2.2 Preispremium Ein Unternehmen kann mit gezielten markenpolitischen Kommunikationsmaßnahmen seinen Konsumenten den besonderen Zusatznutzen der Marke glaubhaft machen. Dies erlaubt ihm dann eine Überschreitung des gängigen Marktpreises. Amerikanische Studien haben ergeben, dass 72 Prozent der Verbraucher bereit sind, ein Premium von 20 Prozent für ihre Lieblingsmarke eines bestimmten Produkts zu zahlen.17 dass die meisten Konsumenten davon ausgehen, dass Preise ausschließlich würden. Schon 1975 warb Henke dass wir Persil billiger machen und damit 18 Markenherstellern also zugute, ein Preispremium abzuschöpfen, was ohne Marke nicht möglich wäre. Je besser es den Markenmachern gelingt, ihre Marke im Vergleich zu anderen Angeboten als wirklich einzigartig zu positionieren, desto größer wird ihr preispolitischer Spielraum. Die beschriebenen Nutzeneffekte für Konsumenten, insbesondere die symbolische und die ideelle Funktion der Marke, führen zu einer erhöhten Preisbereitschaft der Konsumenten. 4.2.3 Immunisierung Irgendwann kann er für jedes Unternehmen kommen: der Tag X mit einem Zwischenfall und den unabwendbaren Negativschlagzeilen in der Presse. Etablierte Marken sind in der Lage, akute 17 18 Vgl. Davis, D. (2000) Vgl. Schmalen, H. (1995) 13 Krisen oder Skandale abzufedern, indem sie eine sofortige Abwanderung der Käufer verhindern. Eine akute Krisensituation schlägt sich nur kurzfristig in der sinkenden Akzeptanz der Marke nieder. Die Folge ist rückläufiger Absatz von denjenigen Produkten, die mit der in die Krise geratenen Marke verbunden werden, was sich folglich in zurückgehenden Umsätzen auswirkt. Nur bei einer mittelfristigen oder dauerhaften Krise reduziert sich auch die Kundenbindung als Indikator für die Markentreue. Insgesamt werden Marken damit zum Airbag in Krisenzeiten und dienen als stabile Ressource zum erfolgreichen Weg aus der Krise. Eine Spitzenmarke wie CocaCola verkraftet einen Zwischenfall wie den Dosenskandal in Belgien im Sommer 1999 innerhalb weniger Wochen, da diese Abbuchung vom Vertrauenskonto, im Verhältnis zum aufgebauten Guthaben, relativ klein ausfällt.19 Praxisbeispiel 7: Immunisierungseffekt bei Marken -Benz AG bei einem Ausweichtest in Schweden auf sein Dach gekippt war, wurde das Unternehmen völlig Gefahr, in seinen Kernkompetenzen Qualität, Zuverlässigkeit und Sicherheit erschüttert zu werden. Die Ereignisse zeigen, wie schnell auch ein recht renommiertes Unternehmen und ein im Vorfeld hoch gelobtes Markenprodukt in eine schwierige Situation kommen können. Gleichwohl ke der Marke insgesamt erfolgreich 20 gemeistert. 4.2.4 Wertsteigerung des Unternehmens durch Markenwert Der finanzielle Wert einer Marke wird zunächst von einer Reihe von Faktoren bestimmt, wie etwa dem zusätzlich erwirtschafteten Erlös durch Preispremium und Absatzmengeneffekt, den Kosten, die die Marke und deren Führung verursachen, der psychologischen Stärke, dem Dehnungspotenzial oder auch dem markenspezifischen Risiko. Seit 2005 sind Unternehmen in der Europäischen Union verpflichtet, den Wert einer Marke, die sie erwerben, als immateriellen Vermögenswert in der Bilanz gesondert auszuweisen. Für die Ermittlung des Markenwerts gibt es derzeit mehr als 100 Methoden und die Ergebnisse der Berechnungen unterscheiden sich oft um astronomische Beträge in Milliardenhöhe. Dennoch scheint der Markt auch beim Kauf ganzer Marken bereit zu sein, das markentypische Preispremium zu bezahlen. Als der gescheiterten Airline Pan Am nichts außer ihrem Namen übrig blieb, verkaufte sich allein die Marke für 40 Millionen US-Dollar. Rolls-Royce verkaufte seinen Markennamen für 66 Millionen US-Dollar an die BMW-Group.21 Ausgelöst durch die Erkenntnis, dass Marken zum mit Abstand bedeutsamsten immateriellen Vermögenswert avanciert sind, rücken diese immer stärker in den Blickpunkt von Wissenschaft Vgl. Riesenbeck, H./Perrey, J. (2005) Vgl. Töpfer, A. (1999) 21 Vgl. Davis, S. (2000) 19 20 14 und Praxis. Doch welche Größenordnung können Markenwerte überhaupt annehmen? Eine Studie22, die den Anteil des Markenwertes am Gesamtunternehmenswert zum Untersuchungsgegenstand hatte, ergab beim Anteil der Marke eine Steigerung von 56% (1999) auf 67% (2005) am Gesamtwert des Unternehmens. Das jährlich von Interbrand durchgeführte Bedeutsamkeit des der Marke. Abbildung 3 Die Marken Google (+46%), Starbucks (+20%) und eBay (+18%) konnten im Vergleich zum Vorjahr (2005) am meisten zulegen, wobei die Marken Gap (-22%), Ford (-16%) und Kodak (-12%) das Ranking der Marken mit dem höchsten Wertverlust anführen. 22 durchgeführt 1999 und 2005 von PWC/GfK/Prof. Sattler, Markenverband. Befragt wurden 500 deutsche Großunternehmen, Frankfurt 2006. 15 5. Von der Marke zum Unternehmenswert 5.1 Grundlagen Eine Marke ist das Ergebnis des erfolgreichen Prozess aus Planung, Koordination und Kontrolle aller markenbezogener Maßnahmen definiert haben. Strategisches Oberziel der Markenführung ist die Steigerung des ökonomischen Markenwertes, welcher direkt mit dem ökonomischen Unternehmenswert korreliert. Somit steht die strategische Markenführung gänzlich im Einklang mit der grundsätzlichen Führung und Strategie eines Unternehmens, sofern diese im Kontext der wertorientierten Unternehmensführung erfolgt. Auf diesen Zusammenhang aus strategischer Unternehmensführung und strategischer Markenführung wollen wir kurz eingehen: Die wertorientierte strategische Unternehmensführung hat nach unserem Verständnis, Vermögen der Eigentümer nachhaltig zu erhöhen. Das erfordert ein langfristiges Management der Entwicklung oder Konkretisierung einer Unternehmensstrategie, welche die Erfolgspotenziale des Unternehmens gezielt weiterentwickelt, erreicht.23 Eines dieser Erfolgspotenziale kann der Aufbau, die Entwicklung und Stärkung einer Marke durch strategische Markenführung sein. Somit ist die langfristige Steigerung des Unternehmenswertes ein strategisches Oberziel der Unternehmensführung, neben welches sich die Markenführung eingliedert beziehungsweise über die Steigerung des ökonomischen Markenwertes zu diesem direkt beiträgt. 5.2 Markenbildung starke Marke lässt sich vor allem an der Relevanz für das Kaufverhalten der Konsumenten messen. Das das Unternehmen, wenn Kunden die Marke kaufen und vor allem wiederkaufen. Markeneigentümer geforderten Preispremiums. Somit kann eine starke Marke durch Markenloyalität gekennzeichnet werden, welche wiederum auf den Faktoren basiert. Es genügt folglich nicht, die Marke nur zu kennen. Der Bekanntheitsgrad ist zwar eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für die Markenstärke. Über eine 23 Vgl. Gleißner, W./Weissman, A. (2003) 16 Portfoliosystematik können Marken nach den Dimensionen Bekanntheit und Anziehungskraft in Abbildung 4 Einteilung von Marken aufgrund der Dimensionen Bekanntheit und Anziehungskraft (Vgl. Koch 2006) Im folgenden Modell wird die qualitative Markenbildung durch strategische Markenführung in einen Gesamtzusammenhang mit der wertorientierten Unternehmensführung gebracht. Basis ist ein Unternehmenswertmodell auf Gesamtebene, beschrieben durch werden die oben dargestellten drei Marken-Faktoren isoliert in einem Unternehmensbewertungsmodell betrachtet. Von Relevanz sind nur die Veränderungen dieser Markenwertdeterminanten bei Konstanz der sonstigen Einflussgrößen auf den Unternehmenswert. In diesem Modell finden sich Faktoren wieder, die direkt auf den Unternehmenswert wirken. Die Umsatzentwicklung eines Unternehmens wird entscheidend durch Kundenloyalität und Neukundengewinnung bestimmt. Die Ursachen für die Entwicklung dieser Größen können wir über das Konstrukt der - und Absatzmengeneffekt erklären. Der Markenwert an Vermögensgegenstand direkt im Unternehmenswert enthalten, da der Aufbau von Vermögensgegenständen das Ausfallrisiko eines Unternehmens durch Überschuldung vermindert. 17 Abbildung 5 Die starke Marke als Determinante des Unternehmenswertes Fazit: Starke Marken genießen eine hohe Markenloyalität und sind nachweisbar kaufverhaltensrelevant. Dazu sind jedoch ein gewisser Bekanntheitsgrad, eine positive Einstellung zur Marke und als Folge daraus die Akzeptanz eines Preispremiums notwendig. Die Ursache einer starken Marke liegt im professionellen Managementprozess der strategischen Markenführung. Gelingt es einem Unternehmen durch diesen Prozess eine starke Marke zu bilden, so beeinflusst die starke Marke durch ihre Kaufverhaltensrelevanz den Unternehmenswert über die ursprüngliche Werttreiberebene e starke Marke schafft somit nicht nur Unternehmenswert durch ihre direkte Auswirkung auf welche sich auf die Preisgestaltung und die zu erzielende Absatzmenge des Markenprodukts zurückführen lässt. schlägt sich direkt auf den Unternehmenswert durch und verbessert durch diesen immateriellen Vermögensgegenstand die Risikosituation eines Unternehmens. 18 6. Der Managementprozess Strategische Markenführung 6.1 Vorüberlegungen Erfolgreiche Unternehmen haben ein System der strategischen Markenführung im Unternehmen implementiert und verfügen so über ein Instrument, ihre Unternehmens- bzw Produktmarken systematisch aufzubauen, auszubauen, zu stärken und zu pflegen. Anzusetzen ist die Markenführung grundsätzlich auf Top-Management-Ebene oder in sogenannten Markenstrategiecentern. Praxisbeispiel 8: Das markengeführte Unternehmen Die Praxis zeigt: Starke Marken stammen immer aus Unternehmen, in denen die oberste Unternehmensführung das Management der Marke als ureigene Führungsaufgabe ansieht, diese Aufgabe ernst nimmt und die nötigen Ressourcen für die strategische und operative M Vorstandsvorsitzenden von Puma. Die Herzogenauracher schreiben die Markenerfolgsstory schlechthin, welche zeigt, dass die Umpositionierung eines Markenimages in den Köpfen der Menschen möglich ist. Zeitz hat durch eine konsequente Markenstrategie die Firma vom Positionierung als begehrtester Sport-Lifestyle-Marke der Welt. Zeitz denkt in Marken. Niemals Da Marken der zeitgemäße Schlüssel zum Unternehmenserfolg zu sein scheinen, ist in der Konsequenz das markengeführte Unternehmen nur noch logisch. Markengeführte Unternehmen räumen auch mit dem Missverständnis auf, Markenführung sei limitiert auf Werbung, Design und Kommunikation. Denn Markenführung beginnt intern in den Köpfen der Mitarbeiter, setzt sich über eine markenkonforme Unternehmenskultur, hin zum konzertierten Einsatz aller Marketinginstrumente fort, interagiert mit der Preispolitik, der Produktpolitik und der Distributionsstrategie und darf selbst die Nachkaufbetreuung sowie die Rücknahme- und Entsorgungspolitik nicht ausschließen. Das Bewusstsein um die Marke und die daraus resultierenden Konsequenzen für den Unternehmenserfolg bestimmen jede Überlegung und jede Entscheidung. Das markengeführte Unternehmen denkt, kommuniziert und handelt ganzheitlich und einheitlich: stets im Sinne der eigenen Marke. Fazit: Markenführung darf nicht rein taktisch, aus Selbstzweck oder Modewellen betrieben werden. Die Markenführung muss in die Gesamtstrategie des Unternehmens eingebettet sein und soll dabei langfristigen und nachhaltigen Erfolg gewähren. Rein oberflächliche Markenaktivitäten haben allenfalls kurzfristige Auswirkungen. Meistens sind sie gar wirkungslos oder fügen der Marke sogar Schaden zu. Unser vierstufiger Ansatz zur strategiegeleiteten Markenführung, das 19 System zur strategischen Markenführung hingegen schafft die Voraussetzungen, dass das Unternehmen im gewandelten und globalen Wettbewerb überleben und sich profilieren kann. 6.2 Das System zur strategischen Markenführung Das System zur strategischen Markenführung stellt ein logisches, in sich geschlossenes Managementprozess-System zum Aufbau sowie zur Stärkung und letztendlich klaren Differenzierung von Marken dar. Mit der zuvor beschriebenen theoretischen Grundlage zum Phänomen Marke wurde Ihnen ein erster Zugang zu dieser komplexen Materie verschafft. Um dieser Komplexität gerecht werden zu können, hat das Expertenteam von PROGENIUM einen Planungszirkel konzipiert, der je nach Aufgabenstellung individuell angepasst werden kann. Das Vorgehen gemäß unserer Systematik ermöglicht ein strukturiertes und anschauliches Unternehmer und Brand Manager, die sich schon seit geraumer Zeit mit der Führung ihrer Marke beschäftigen. Eine Gewichtung der einzelnen Phasen kann anhand der jeweiligen Bedürfnisse vorgenommen werden und nicht jeder einzelne Schritt muss zwingend wie im Folgenden beschrieben durchgeführt werden. Es geht um das Fördern eines pragmatischen, an die Situation angepassten Vorgehens, welches auf bereits Vorhandenem aufbaut. Dabei ist es ein Ziel dieses Systems, bereits frühzeitig, also schon beim Prozess der Entwicklung neuer Markeninhalte, viele Mitarbeiter des Unternehmens einzubinden. Die Markenführung selbst ist zwar auf Top-Management-Ebene anzusiedeln, doch letztlich sind es die Mitarbeiter, die als wichtigste Markenbotschafter und somit als positive Multiplikatoren für die eigene Marke fungieren. Das strategische Oberziel, die Steigerung des ökonomischen Markenwertes, soll dieses System durch eine funktions- und unternehmensübergreifende Integration aller mit der Markenführung zusammenhängenden Entscheidungen und Aktivitäten erreichen. Diese Integration wiederum dient dem Auf- und Ausbau von langfristig stabilen (Neukundengewinnung und Kundenbindung) und werthaltigen (Preispremium) Marke-Kunden-Beziehungen. Der Planungszirkel unseres Systems setzt sich aus vier Schritten zusammen, die in folgender Abbildung dargestellt sind. Abbildung 6 Planungszirkel des Systems zur strategischen Markenführung 20 6.2.1 Schritt 1 - Markenanalyse: Der erste Schritt und somit Ausgangspunkt zum Auf- und Ausbau der eigenen starken Marke beginnt mit der Aufnahme von relevanten Informationen sowie der Sichtung und Strukturierung bereits vorhandener bzw. erarbeiteter Unterlagen. Eine umfassende Analyse der Umfeldbedingungen, inklusive Wettbewerbs- und Trendanalyse sowie eine ausführliche Analyse der internen Rahmenbedingungen sind ebenfalls Bestandteil dieser Phase. Die erforderliche Informationsbeschaffung ist auf vielfältige Weise möglich; so kann neben Desk Research, qualitativer und quantitativer Marktforschung bei internen (Mitarbeiter) und externen (Kunden, Fokusgruppen, Experten, Lieferanten) Stakeholdern der Marke auch ein Trendforschungsinstitut eingesetzt werden. Gute Ergebnisse lassen sich durch eine beim eigenen Marketing angesiedelte Internet- und Zeitschriftenanalyse zur Kommunikation der Wettbewerber erzielen (Kommunikationsanalyse). Es gilt nun Antworten auf folgende Fragen zu finden: Welche Kundensegmente haben wir bereits erschlossen und welche können wir noch erschließen? Welche Nachfragetrends und Kundenbedürfnisse existieren in unserem Marktsegment? Wofür stehen wir in den Köpfen unserer Kunden und Nichtkunden? Warum entscheidet sich ein Kunde ausgerechnet für uns? Erlebt der Kunde einen einzigartigen und andersartigen Nutzen oder Vorteil, der den der Konkurrenten übertrifft? Wodurch ergeben sich die klare Einzigartigkeit und der klare Nutzenvorteil gegenüber dem Wettbewerber? Was sind unsere eigenen Stärken und Schwächen? Welche haben die Mitbewerber? Wann und wo gibt es Markenkontaktpunkte ode (Brand Touch Points) zwischen Kunden und unserer Marke? In welcher Form erleben die relevanten Kundengruppen diese Berührungspunkte? In Gruppendiskussionen, moderierten Workshops, Brainstormings und kurzfristig ausgelegten Befragungsrunden unter Führungskräften, Fokusgruppen und Mitarbeitern kann man diesen Fragen auf den Grund gehen. Kundensegmentierung Sie werden es bereits wissen: Den Kunden gibt es nicht! Die Identifikation möglichst homogener und zugleich attraktiver Zielkundensegmente für das von Ihrer Marke angebotene Leistungsspektrum bildet die Basis für die zu entwickelnde Markenstrategie. Das Management hat dabei die Aufgabe, vor der Entscheidung über Art und Ausgestaltung der eigentlichen Markenstrategie zu definieren, für welches Kundenumfeld die eigene Marke tatsächlich relevant ist. Stellen Sie sich dazu die homogene Gruppe potenzieller Kunden mit relativ ähnlichen Eigenschaften und zusammengefasst werden. Zwei Attribute führen dabei zum Ziel: Zum einen geht es darum, 21 Lifetime anderen gilt es, die bestgeeigneten Zielgruppen zu wählen (hohes Fitting aus Kundenwünschen und Markenleistung). Praxisbeispiel 9: Die Notwendigkeit von Zielkundensegmenten ument zu hören, die Frage nach Zielgruppen sei differenzierten Gesellschaften gibt es keinen Markt mehr, in dem nicht verschiedene Zielgruppen existieren seien es Bahnreisen, Briefdienstleistungen, Warenhäuser, Versicherungen oder sogar Brötchen vom Bäcker um die Ecke. Sicher, alle Männer und Frauen fahren irgendwann mal mit der Bahn oder gehen beabsichtigt oder unbeabsichtigt einmal in ein Kauf- oder Warenhaus; alle Altersklassen erhalten wöchentlich Briefe und müssen sich irgendwie versichern, und alle Leuten recht getan, ist 24 Die Bedürfnisse dieser mannigfaltig differenzierten Gesellschaft gezielt, bestmöglich individuell und vor allem profitabel zu bedienen ist ohne sauberes Segmentieren gar nicht möglich. Kommunikation funktioniert nur dann, wenn man genau weiß, an wen das Produkt eigentlich verkauft werden kann bzw. soll. Zunächst gilt es, geeignete Klassifizierungsdimensionen zu finden. auch im Markenmanagement. Der mit einem Produkt oder einer Marke verbundene und vom Kunden wahrgenommene Nutzen ist die Grundlage zur Bildung der Segmente und sollte als Dimension auf jeden Fall berücksichtigt werden. Eng mit dem Kundennutzen verbunden und daher auch zur Segmentierung geeignet sind Aspekte wie Die zweite Segmentierungsdimension scheint in der Auswahl etwas komplexer, denn Kunden variieren ihr Verhalten. Es ist oft unberechenbar und untreu, die Wünsche sind zum Teil stark differenziert, gleichzeitig vervielfältigen sich die Wahlmöglichkeiten explosionsartig. Oft entscheidet sich der Kunde erst am Point of Sale für oder gegen eine Marke. Designermode wird clever mit No-Name-Labels kombiniert, der ALDI-Parkplatz wird heutzutage mit dem Porsche und die Nutzenbetrachtung muss folglich um eine zusätzliche Perspektive ergänzt werden. Je nach Markt segmentieren. So achten Reisende vielleicht stärker auf Kosten, wenn sie privat unterwegs sind, aber bei beruflichen Reisen geht es um den Faktor Zeit. Ein genussorientierter Verbraucher verzehrt 24 Riesenbeck, H./Perrey, J. (2005), S. 100f. 22 durchaus mal eine Fertigpizza, wenn er allein und nicht in Gesellschaft oder im Restaurant speist. Aus der gezielten Kombination dieser beiden Dimensionen kristallisiert sich nun Ihre Aufgabenstellung heraus: Fassen Sie ähnliche Kunden zu Gruppen mit ähnlichen Bedürfnissen (Nutzen) zusammen und verstehen Sie den situativen Kontext der Nutzung oder des Kaufs. Praxisbeispiel 10: Zwei Zielkundensegmentierungsbeispiele Im folgenden Praxisbeispiel haben wir für einen Kunden aus der Hotel/Medizin-Branche eine nach dem soziodemografischen Kriterium Abbildung 7 Beispiele zur Zielkundensegmentierung Zur Segmentidentifizierung eröffnet sich dem Markenverantwortlichen eine Vielzahl an ausgefeilten Marktforschungsinstrumenten. Zum Verständnis der Kundenbedürfnisdimension gibt es Verfahren, die den Befragten durch Trade-off-Entscheidungen zu realistischen Antworten zwingen (z.B. Conjoint-Analysen). Für das Verständnis des situativen Kontexts bieten sich qualitative Verfahren an, wie Fokusdiskussionen, klassische Gruppendiskussionen oder auch die ethnografische Beobachtung, die den sozialen und kulturellen Background berücksichtigt und zugleich Artikulationsschwächen und Interviewereinflüsse eliminieren kann. Einen weiteren modernen Ansatz, die multioptionalen Kunden zu beschreiben, einzuordnen und besser zu verstehen, stellt der Ansatz der sozialen Milieus dar. Die individuelle Persönlichkeit des Einzelnen, seine Werte, Prägungen und Lebenseinstellungen beeinflussen heutzutage mehr denn je die Markenpräferenzen und das Kaufverhalten: Man kauft, womit man sich identifiziert. Howard Schultz, Mitbegründer der Starbucks Kette, hat schon vor vielen Jahren dazu treffend Verbraucher heißt gemeinsame Ansatz, basierend auf der Idee der sozialen Milieus, hat die Firma SIGMA entwickelt. Die so genannten SIGMA Milieus reflektieren dabei die 23 psychische Prädisposition von Konsumenten und vernetzen sie mit der Ablehnung oder Nutzung von Produkten und Marken. Durch ein ausgeklügeltes Befragungssystem zu Themenfeldern wie Urlaub/Reisen, Hobby/Sport/Freizeit, Fahrzeug/Auto, persönliche Vorsorge, Geld/Investitionen/Versicherungen, Haus/Heim, Einkaufen und zu individuellen Interessensgebieten kann eine Zuordnung der Kunden bzw. möglicher Kunden in 10 verschiedene Lebenswelten, also in SIGMA Milieus erfolgen. Dieser durchaus aufwändige Ansatz hilft Ihnen, Ihre Zielgruppe besser kennen zu lernen, zu verstehen, welche Gewohnheiten, welche Umgebungsbedingungen und vor allem welche grundsätzlichen Einstellungen, Motivationen und Bedürfnisse das individuelle Verhalten der Kunden prägen. Diese Methode stellt den Markenverantwortlichen wertvolle Informationen zur Verfügung, warum das eigene Produkt, die eigene Marke bevorzugt oder abgelehnt wird, zu welchem Lebens- und Werteleitbild die eigene Markenpositionierung passt, wo sich Chancen für Wachstum verbergen oder aus welcher Richtung der Wind der Veränderung weht.25 Bei der Wahl der geeigneten Methode zur Kundensegmentierung ist das angemessene KostenNutzen-Verhältnis entscheidend. In vielen Fällen liegen dem Unternehmen geeignete Daten zur Segmentierung bereits vor; diese bisweilen ungeahnten Datenschätze bleiben jedoch oft ungenutzt oder werden nicht systematisch erfasst und kontinuierlich ausgewertet. Differenz-Eignungs-Profil Wichtiger Bestandteil Untersuchung, wie die Marke aus Sicht der nun identifizierten Zielgruppen im Vergleich zu den relevanten Wettbewerbern wahrgenommen wird. Ein geeignetes Instrument, um die unterschiedliche Wahrnehmung zwischen Ihrer Marke und der Ihrer Hauptwettbewerber herauszuarbeiten, stellt das Differenz-Eignungs-Profil dar. Dazu gehen Sie folgendermaßen vor: 1. Definieren Sie Ihre wichtigsten Wettbewerbsmarken. 2. Bilden Sie die zentralen, das heißt kaufrelevanten bzw. imagebildenden Eigenschaften Ihrer Marke aus Sicht der Kunden ab. 3. Lassen Sie Ihre eigene Markenposition relativ zu Ihren Mitbewerbern von Kunden oder potenziellen Kunden abbilden. Die jeweilige Wettbewerbsmarke wird zunächst auf der 0-Linie positioniert. Wird Ihre Marke bezüglich der jeweiligen Eigenschaft besser, also positiver wahrgenommen als die Wettbewerbsmarke, so erfolgt die Positionierung im positiven Bereich, ansonsten im negativen Bereich. Je größer der Abstand zur 0-Linie ist, desto höher ist die vom Markt wahrgenommene Differenzierung. Eine +5 bedeutet, dass Sie einen erheblichen Wahrnehmungsvorteil gegenüber 25 Vgl. dazu im Internet: www.sigma-online.de 24 der konkurrierenden Marke haben, 0 bedeutet Austauschbarkeit und eine 5, dass Sie in diesem Faktor gegenüber der anderen Marke deutlich unterlegen sind. Abbildung 8 Differenz-Eignungsprofil zur Erfassung der Wahrnehmung der eigenen Marke im Vergleich zu Wettbewerbsmarken aus Sicht der Zielgruppen eigenen Marke gegenüber mehreren Wettbewerbsmarken in einer Matrix übersichtlich darzustellen. Ergebnis ist -außen-nach-Bild der eigenen Marke, da die Bewertung ja ausschließlich durch externe Bezugsgruppen der Marke erfolgt ist. Aus dieser Matrix lassen sich bereits erste Schlüsse für Veränderungsansätze ziehen. STEP- und SWOT-Analyse Eine STEP-Analyse26 rundet die Umfeldanalyse ab und liefert aufschlussreiche Informationen über relevante Umfeldtrends, wobei ein Schwerpunkt auf zukünftige Strategietrends der Wettbewerber gelegt werden kann. -inder Markenanalysephase. Parallel dazu gilt es, die internen Rahmenbedingungen -Out27 er eine SWOT-Analyse erfolgen, welche herausfindet, inwieweit die unternehmerischen Ressourcen, die Fähigkeiten der Organisation und die Unternehmenskultur ausreichend sind, um auf Chancen und Risiken des Umfeldes reagieren zu können, können, das Markenversprechen einzulösen. Eine weitere Möglichkeit die Stärken und Schwächen sowie Potenziale der Marke zu analysieren, Dabei werden z.B. aktuelle Verwender, ehemalige Verwender, Ablehner und zukünftige Käufer der Marke zu Vor- und Nachteilen sowie zu Verbesserungspotenzialen STEP bedeudet Social, Technological, Economical und Political Environment. Vgl. Weissman, A. (2005) SWOT bedeutet Strengths, Weaknesses, Opportunities, Threats. Zur Vorgehensweise einer SWOT-Analyse vgl. Weissman, A. (2006), S. 80ff. 26 27 25 GAP-Analyse Einen Abgleich aus Außen- und Innenperspektive leistet die so genannte GAP-Analyse. Ursprünglich ist die GAP-Analyse im Controlling anzusiedeln, doch im Rahmen der Markensituationsanalyse ist sie das geeignete Instrument, um die Lücke zwischen Markenidentität (Selbstbild aus interner Unternehmenssicht) und Markenimage (Fremdbild aus Marktsicht) aufzuzeigen, indem sie Umfeld- und Unternehmenssicht grafisch miteinander in Beziehung setzt. Damit liefert die GAP-Analyse wichtige Informationen darüber, wie hoch der Fit aus Fremd- und Selbstbild zum Zeitpunkt der Status-quo-Analyse anzunehmen ist. Die folgende Abbildung zeigt das beispielhafte Ergebnis der GAP-Situationsanalyse eines international tätigen Medienunternehmens.28 Abbildung 9 Beispielhaftes Ergebnis einer GAP-Analyse aus Markenimage und Markenidentität Die Ergebnisse der GAP-Analyse machen deutlich, dass die von den internen Top- und Markenmanagern definierte Markenidentität zum Teil ganz erheblich vom wahrgenommenen Markenimage abweicht (z.B. bei den Markenwerten Diese Informationen über identifizierte Lücken und Schwachstellen sind insbesondere für die Phase der Markenstrategie-Entwicklung von ganz entscheidender Bedeutung. Ein optimales 28 Vgl. Meffert, H./Burmann, C./Koers, M. (2005), S. 8 26 Ergebnis wäre natürlich, wenn jetzt schon Fremd- und Selbstbild der Marke eine hohe Kongruenz aufweisen würden, also das Image der Marke und die Identität der Marke annähernd gleich wären. Im Anschluss an die GAP-Analyse gilt zu klären: Warum stehen wir hier? Es wird also in gewisser Weise Ursachenforschung betrieben. Die Außensicht der Marke, also das Ist-Fremdbild, wurde aufgezeigt und die Markenverantwortlichen müssen daraus Schlüsse ziehen, warum ein bestimmtes Vorstellungsbild in den Köpfen der relevanten Zielgruppe über die Marke verankert ist und wie diese beim Nachfrager akzeptiert wird. Wie nehmen die Konsumenten die betrachtete Marke wahr? Wie werden die ausgestrahlten Signale empfangen und verarbeitet? Es gilt nun zu verstehen, was die tieferen Motive und Quellen der Abweichungen vom Ist-Selbstbild sein könnten. Nullmessung des ökonomischen Markenwertes des ökonomischen setzen die meisten Markenbewertungsverfahren eine Messung des Bekanntheitsgrades und die Erfassung der Anziehungskraft Diese Informationen sind von unschätzbarer Bedeutung im Rahmen der Analysephase und schaffen zugleich eine wertvolle Informationsgrundlage für die später folgende Entwicklungsphase Markenstrategie. Zudem hat eine Nullmessung den Reiz, dass durch jährlich wiederholte Messungen Veränderungen, die aufgrund gezielter strategischer Markenführung ausgelöst wurden, eindeutig und quantitativ seit dem Punkt Null gemessen werden können. Der finanzielle Wert einer Marke wird zunächst von einer Reihe von Faktoren bestimmt, wie etwa dem Gewicht29 der Marke, wie bereits erwähnt dem Bekanntheitsgrad und der Imagestärke.30 Außerdem spielen in vielen Bewertungsmodellen die Kosten, welche die Marke verursacht, die psychologische Stärke, das Dehnungspotential oder bspw. Das markenspezifische Risiko der Marke eine Rolle. Da für die Ermittlung des Markenwerts inzwischen mehr als 100 Methoden existieren und die Ergebnisse der Berechnungen sich oft um Beträge in Milliardenhöhe unterscheiden, soll auf die einzelnen Verfahren hier nicht näher eingegangen werden. Seit 2005 allerdings verlangen die nivellierten Regeln nach US-GAAP, dass Unternehmen den Wert einer Die Bewertungskriterien des Markengewichts sind z.B. Preis, Qualität, Bequemlichkeit des Einkaufs, Werbekommunikation, Vgl. Riesenbeck, H./Perrey, J. (2005) 30 Die Messung der Imagestärke beinhaltet Dimensionen wie z.B. Leistung, Emotion, Differenzierung und Vertrauen. 29 27 Marke, die sie entgeltlich erwerben in der Bilanz als immateriellen Vermögenswert gesondert ausweisen. Da Marken immer auch ein Preispremium rechtfertigen, schlagen wir Ihnen eine sehr pragmatische und dennoch aussagekräftige Markenbewertungsmethode vor. Besorgen Sie sich Preislisten Ihrer schärfsten Konkurrenten und vergleichen Sie diese mit Ihrer eigenen Preisstruktur. Welche Marke kann das höhere Preispremium durchsetzen? Sie werden feststellen, dass die dabei festgestellten Preisunterschiede durchaus konkrete Rückschlüsse auf den Wert Ihrer Marke zulassen. Zusammenfassung Schritt 1 Auf diese Weise kann die Analysephase abgeschlossen werden. Im Idealfall liegen den Beteiligten nun folgende Ergebnisse vor: Es wurden geeignete Zielkundensegmente identifiziert, wodurch das Verständnis von Nutzen und Verwendungssituation/Lebenswelten der Zielgruppen gefördert wird. Die Markenverantwortlichen haben ein klares Bild von der Markt- und Wettbewerbssituation und kennen die Stärken und Schwächen ihrer Marke. Sie sind in der Lage, Aussagen über die Position, die Glaubwürdigkeit und das Potenzial der analysierten Marke zu treffen. Alle Beteiligten der Analysephase haben ein Gefühl für die Situation und die Entwicklungsoptionen der eigenen Marke bekommen. Durch das Verständnis der Kundenbedürfnisse, des Konsum- und Freizeitverhaltens, der aktuellen Trends und der Strategien der Wettbewerber sollten sich für die Mitwirkenden nun Vorgaben und Möglichkeiten eröffnet haben, welche zukünftigen Positionierungsalternativen sich für ihre Marke tatsächlich anbieten. 6.2.2 Schritt 2 - Markenstrategie Entwicklung: Wichtigster Bestandteil der Markenstrategie ist das so genannte Markenleitbild. Ein Markenleitbild ist zur konsequenten Umsetzung der Markenpositionierung nahezu unerlässlich. Das Markenleitbild vermag die zentralen Elemente der Marke in einer plastischen und für alle Mitarbeiter verständlichen Darstellungsform zu vermitteln und kann damit die spezifischen Kompetenzen der Marke zum Ausdruck bringen. Es dient als Filter für nachfolgende Kommunikationsmaßnahmen und führt damit zu einer Konzentration auf das Wesentliche. 28 Während unserer zahlreichen Erfahrungen bei der Entwicklung von Markenleitbildern hat sich das 6-teilige Markenleitbild als ideal herauskristallisiert. Die Abbildung auf der nächsten Seite zeigt die Komponenten im Überblick. Abbildung 10 Die 6 Komponenten eines vollständigen Markenleitbildes Markenvision (1) Eine Marke braucht wie jedes Lebewesen eine langfristige Entwicklungsrichtung. Die Markenvision gibt einen Weg und eine strategische Marschrichtung für die nächsten fünf bis zehn Jahre vor und hat insbesondere eine Motivationsfunktion für die internen Zielgruppen. Menschen etwas woran sie glauben und wofür sie sich begeistern können. Hier greift die Markenvision. Der Sinn einer Vision liegt darin, die Mitarbeiter zu herausragenden Leistungen weiterhin motivieren und neu beflügeln zu können. Echte Visionen sind Vorstellungen von der Zukunft, die die Mitarbeiter mit Stolz erfüllen, weil sie daran glauben, an etwas Großem mitzuarbeiten, was schon in naher Zukunft wahr werden kann. Somit erfüllt die Markenvision auch eine wichtige Koordinations- und Synchronisationsfunktion, um die Markenziele zu erreichen. Damit sich die Markenverantwortlichen tatsächlich mit der Marke identifizieren, muss die Markenvision mit den persönlichen Visionen in Einklang gebracht werden. Achten Sie daher bei der Entwicklung ihrer Markenvision auf folgende Punkte: Das Team und das gesamte Unternehmen müssen sich mit der Vision ihrer Marke eindeutig identifizieren. Die Vision muss praktikabel sein, d.h. in Einzelziele der Tagesarbeit zerlegt werden können. Die Formulierung darf nicht starr und dogmatisch ausfallen, sondern muss eine schrittweise Anpassung an die Realität zulassen. 29 Die Markenvision sollte klar, prägnant, präzise, leicht verständlich und erinnerbar, motivierend und ehrgeizig, dabei aber dennoch realistisch sein. Die Vision hat nur Aussicht verwirklicht zu werden, wenn sie durch die Potenziale und Ressourcen der Marke gedeckt wird. Praxisbeispiel 11: Die Vision der Marke Weissman & Cie. on ist es, in D-A-CH-S (Deutschland, Österreich, Schweiz, Südtirol) die qualitativ führende Expertenmarke für die strategische Unternehmensentwicklung von Oft werden wir gefragt, ob die Markenvision und die Unternehmensvision ein und dasselbe sei oder ob es Sinn mache, zwei unterschiedliche Visionen zu entwickeln. Diese Frage lässt sich nicht abschließend beantworten. Für markengeführte kann es durchaus Sinn machen, nur eine Vision zu etablieren. Für Unternehmen, welche mehrere Marken führen, ist es sicherlich hilfreich, für jede Einzelmarke eine eigene Vision zu entwickeln. der übergeordneten Dachmarken- bzw. Unternehmensvision unterordnen bzw. mit dieser vereinbar bleiben, da sonst die so wichtige gesamthafte Koordinationsfunktion der Vision nicht mehr gewährleistet ist. Markenmission (2) Die Markenmission beschreibt, was ein Unternehmen zu tun hat und wie es getan werden muss, um die Markenvision wahr werden zu lassen. Sie beschreibt den Beitrag der Marke und der Mitarbeiter zum Erfolg für Kunden, oder sogar für die Gesellschaft. Die Markenmission hilft ebenfalls Kunden, Mitarbeiter und Bezugsgruppen der Marke zu motivieren und sich mit der Marke zu identifizieren. Die Markenmission beschrieben werden, die Markenvision zu implementieren, und bildet somit die Basis für die später folgende operative Umsetzung. Dabei sollte sie auf einfache Weise beschreiben, wie die Markenvision innerhalb des vorgegebenen Zeitrahmens erreicht werden kann. Der Markenclaim (Slogan) kann, muss aber nicht mit der Markenmission identisch sein. Praxisbeispiel 12: Die Mission der Marke Weissman & Cie. fast alles ab, was in unserer Gesellschaft wichtig ist. Es scheint uns deshalb eine der bedeutendsten Aufgaben, Familienunternehmen in ihrer Zukunftsfähigkeit sowie in ihrer Unternehmensentwicklung zu stärken und dabei exzellent auszurichten. Unsere Arbeit bei Weissman & Cie. dient ausschließlich der Erfüllung dieser Aufgabe sie erfordert unseren vollen Eins Diese Markenmission beschreibt eindeutig den Beit dieses Ziel erreicht werden soll, nämlich durch vollen Einsatz und mit exzellenter Leistung. 30 Markenidentität (3) Die Markenidentität ist das essentielle, wesensprägende, gar geistige Innenleben des Markenleitbildes. Sie entspricht einem klaren Filter für die Markenführung, der die unternehmerischen Aktivitäten lenkt, Freiheitsgrade der Markenpersönlichkeit definiert, aber auch klare Grenzen steckt, um eine Überdehnung und damit eine Verwässerung der Marke zu verhindern. Sie stellt die Interaktions- und Entwicklungsebene der Marke nach innen und außen dar. Für die spätere Umsetzungsphase unterstützt die Markenidentität dabei, die Marke sinnlich erlebbar zu machen. Erst seit den 90er Jahren widmet sich die betriebswirtschaftliche Forschung der Entwicklung von Ansätzen zur Erfassung der Markenidentität. So existieren inzwischen sicher ein dutzend verschiedener Ansätze.31 Getrieben wurde diese Entwicklung durch die Erkenntnis, dass die Grundlage jeder langfristigen Beziehung, also auch einer Kunden-Marke-Beziehung, das Vertrauen ist. Vertrauen wiederum kann nur durch Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit entstehen. Die Sicherheit, sich auf die Einhaltung einer Zusage verlassen zu können, lässt Vertrauen entstehen. Ein konsistentes, widerspruchsfreies und damit zuverlässiges Verhalten ist nur dann möglich, wenn eine Person ein klares Bild von sich selbst hat. Anders ausgedrückt: Eine Person muss eine Identität besitzen, damit sie von anderen als verlässlich und vertrauenswürdig anerkannt wird. Zu einem Menschen oder einer Marke ohne Identität kann kein Vertrauen aufgebaut werden. Daher hat sich der Ansatz der in der unternehmerischen Praxis in den letzten Jahren als aussichtsreichstes Instrument zur erfolgreichen Markenführung etabliert. Ebenso wie die Identität eines Menschen über viele Jahre hinweg entsteht, muss sich auch die Markenidentität über einen längeren Zeitraum entwickeln. Den Markenmanagern muss also bewusst werden, dass eine gezielte Beeinflussung der Identität ihrer Marke nur langfristig möglich ist. Durch ständigen Wechsel des Auftretens der Marke, wie z.B. durch ständigen Wechsel der Kampagnen oder Wechsel der Markentonalität über wechselnde Farben und Logos, kann keine glaubhafte und verlässliche Identität aufgebaut werden. Kontinuität und Ausdauer sind also wichtige Voraussetzungen für den Aufbau einer glaubhaften und verlässlichen Markenidentität. Im Grunde basieren fast alle Ansätze zur Beschreibung der Markenidentität auf der Idee von David A. Aaker, nach welchem die Entwicklung der Markenidentität Markenidentität hilft dabei, eine Beziehung zwischen Marke und Kunde aufzubauen, indem sie einen Wertbeitrag leistet, der einen funktionalen und emotionalen Nutzen leistet, sowie eine 32 vertrauensbildende Verbindung aus gemeinsamen Werten von Marke und Verwender 31 32 Eine gute Übersicht über die verschiedenen Ansätze gibt Esch (2005), S. 111ff. Vgl. Aaker, D. A. (1996), S.68 31 Die Markenidentität ist die treibende Kraft, die hinter allen Anstrengungen zum Aufbau der Marke steht, und sie trägt dazu bei, eine Beziehung zwischen Marke und Kunden zu schaffen, indem sie eine Wertvorstellung vermittelt oder funktionale bzw. emotionale Vorteile verspricht. Unser Ansatz zur Erfassung der Markenidentität basiert ebenfalls auf den Grundideen von Aaker. Dabei gehen wir letztlich von drei ineinander gebetteten Identitätsringen aus, die nach innen an Verdichtung bzw. nach außen an Erklärungs- und Detaillierungsgrad zunehmen. Abbildung 11 Strukturansatz und Bestandteile der Markenidentität der Marke und besteht nur aus wenigen Worten, im Idealfall sogar nur aus einem. Als Innbegriff der Kundenerfahrung mit der Marke fasst er die zentralen Markenwerte (2. Identitätsring) in einem griffigen Satz zusammen, ist also eine Markenkern wird fälschlicherweise oft mit der Aussage eines Slogans gleichgestellt. Der Unterschied ist jedoch, dass der Markenkern markt- und produktübergreifend wirkt. Ein Slogan hingegen ist immer fokussiert und weniger langfristig für bestimmte Märkte oder Produktgruppen einsetzbar. Die Markenwerte sind die zentralen, zeitlosen Elemente einer Marke, die auch bei einer Dehnung der Marke erhalten bleiben sollten. Es ist wichtig, nicht völlig abhängig von einem einzigen Markenwert zu sein, sondern gründlich ausgewählt mehrere Standbeine zu haben, die den Markenkern stützen. Sie sollten jedoch nicht mehr als maximal vier Markenwerte definieren, da Sie immer daran denken müssen, diese im Anschluss auch eindeutig in den Markt transportieren zu können. Die Markenwerte beschreiben somit die wichtigsten Charakterzüge der Markenpersönlichkeit. Den 3. Identitätsring bilden die Markenfacetten. Diese beschreiben die Markenwerte im Detail und konkretisieren damit auch den Markenkern. Die Facetten sind variabel gestaltbar und können im Zeitablauf den äußeren Umständen angepasst werden. Achten Sie darauf, dass bei einer idealtypischen Markenidentität ausschließlich Adjektive benutzt werden, also Eigenschaftsworte, die den Charakter Ihrer Markenpersönlichkeit treffend beschreiben. 32 Abbildung 12 Die Markenidentität von BMW (Vgl. Esch 2005) Zur Entwicklung der einzelnen Bestandteile der Markenidentität gibt es zahlreiche Methoden und Hilfsmittel. So arbeiten wir häufig mit Postkarten, die von den Workshopteilnehmern ausgewählt werden, um damit bestimmte Komponenten der Markenidentität zu visualisieren. Die Postkarten enthalten Motive unterschiedlichster Art, wie z.B. Tiere, Menschen, Gebäude oder Situationsmomente bis hin zu Symbolen. Auch können Adjektivkarten zum Einsatz kommen, die es erleichtern, den Markenkern verbal zu erfassen. Eine weitere Möglichkeit, den Inhalt der drei Identitätsringe zu speisen, ist die Betrachtung der Marke aus vier unterschiedlichen Perspektiven: 1. Die Marke als Produkt (Sortimentsbreite, Produktattribute, Preisstellung, Design, Präsentation am Point Of Sale, Qualität, Wertigkeit, Verwendung, 2. Die Marke als Organisation (Organisationseigenschaften wie z.B. Innovation, Zuverlässigkeit, Service-Spirit, Verhalten der Mitarbeiter, 3. Die Marke als Charakter (Persönlichkeit [z.B. authentisch, schroff, energisch], als Tier, KundenMarken-Beziehungspaar, Freund, 4. Die Marke als Symbol (Visuelles Auftreten, Metaphern, Markengeschichte, -erbe, Kommunikation, Erlebniswelten, Das Entwickeln einer Markenidentität bringt eine gewisse Tiefe und Reichhaltigkeit mit sich. Sie sollten daher nicht erwarten, diese anspruchsvolle Aufgabe innerhalb eines halbtägigen Workshops erledigt zu haben. Unsere Erfahrungen zeigen, dass zum Teil wochenlange 33 Abstimmungsprozesse notwendig sind, bis alle Mitarbeiter und Teilnehmer sich auf eine stimmige Version der Markenidentität verpflichtet haben. Doch der Aufwand und die Geduld, die Sie dabei mitbringen, lohnen sich bestimmt. Schließlich sind es Ihre Mitarbeiter, die dieser Identität Leben einhauchen werden und sie als Markenbotschafter später in den Markt transportieren werden. Beachten Sie bei der Entwicklung Ihrer Markenidentität folgende Punkte: Die Markenidentität besteht aus Markenkern, Markenwerten und Markenfacetten. Die Markenidentität beschreibt die grundsätzlichen Charaktereigenschaften der Marke, welche sie von Wettbewerbern unterscheidbar macht. Die Markenidentität ist Ausgangspunkt und Basis für alle Maßnahmen der Markenführung Die Markenidentität muss von den Mitarbeitern aktiv in das Tagesgeschäft mit einbezogen werden. Auf Basis der Markenidentität entsteht das externe Markenimage im Kopf der Verbraucher. Die Markenidentität sollte wichtige Bedürfnisse der gegenwärtigen und zukünftigen Kunden ansprechen und repräsentieren. Markenversprechen (4) Komponente vier des Markenleitbildes ist das so genannte Markenversprechen. Es adressiert die wichtigsten Kunden- & Verbrauchernutzen, sowohl auf einer emotionalen als auch auf einer rationalen Ebene. Aktuelle neurobiologische Untersuchungen bestätigen, dass über 70 Prozent aller menschlichen Entscheidungen in den für emotionale Fragestellungen zuständigen Gehirnregionen getroffen werden. Die Frage, die sich die Marke bzw. die Markenverantwortlichen 33 der Marke und die nun stellen müssen, Bedürfnisse der Kunden sollten die Basis des Markenversprechens darstellen. Beachten Sie bei der Entwicklung Ihres individuellen Markenversprechens, dass es operativ einlösbar ist Tag für Tag. Bei vielen Marken entspricht das Markenversprechen dem Claim; dies ist jedoch nicht zwingend notwendig. Praxisbeispiel 14: Markenversprechen der Hypovereinsbank und Deutschen Bank im Einlösen des Versprechens sehr schnell unglaubwürdig werden, sobald es wirklich um die Details geht. Der Slogan, welcher bei manchen Kunden bestimmte Erwartungen geweckt hat, kann schon beim Aufsuchen der nächsten Filiale eine Enttäuschung bedeuten. Das rationale, substanzielle Einlösen des emotionalen Versprechens gelingt nicht. Kernkompetenzen sind Bündel von Fähigkeiten, Prozessen, Leistungen und Ressourcen, die in dieser Kombination nur dieses Unternehmen kombinieren kann. Kompetenzen sind nicht frei käuflich und sind damit die Quelle von Wettbewerbsvorteilen. 33 34 Bank, die immerhin in zehn Jahren sechsmal ihre Programmformel wechselte. Es stellt sich die Frage, ob das, was nach außen vermittelt wird, auch tatsächlich von einer Unternehmensmarke gehalten werden kann. Mehr noch: Können sich die Mitarbeiter auch damit identifizieren oder zählen gerade diese wichtigen Markenbotschafter zu einer vernachlässigten Gruppe im Rahmen der Markenführung? Allem Anschein nach ist dem so: Geht man in eine Filiale der Deutschen Bank, ist es keine Seltenheit, dass eine alte Dame, die Geld von ihrem Konto abheben möchte, von ktronische Terminal am Eingang zu nutzen, auch wenn diese Dame dadurch überfordert wird. Ist der persönliche Kundenberater telefonisch nicht erreichbar, landet man in einem Call-Center, bei dem sich die Kompetenz der Telefonisten auf das Notieren der Adresse beschränkt. Angekündigte Rückrufe verschwinden dann oft im Nirwana. Möglicherweise würde man als Mitarbeiter der Deutschen Bank selbst keine leidenschaftliche Leistung mehr bringen, wenn so oft die Markenversprechen gewechselt wurden und man vielleicht schon wieder auf die nächste originelle Idee wartet.34 Das Markenversprechen sollte daher für Kunden hochattraktiv formuliert werden, jedoch nicht unrealistisch, nur emotional oder gar für Marke und Mitarbeiter uneinlösbar. Kundennutzen (5) Der Kundennutzen (Benefits) beschreibt wichtige Bedürfnisse der Kunden, welche durch die Marke befriedigt werden können. Beantworten Sie in diesem Schritt die rationale Frage aus der Kundenbedürfnisse, welche im Rahmen der Phase 1 (Zielkundensegmentierung) ermittelt wurden, von entscheidender Bedeutung. In diesem Kontext kann zwischen funktionalem (Produkteigenschaften) und emotionalem bzw. symbolischem, ideellem (Zugehörigkeitsgefühl, Prestige usw.) Kundennutzen unterschieden werden.35 Begründung Kundennutzen (6) übersetzt den von der Marke angebotenen Nutzen in operative Attribute. Es geht hierbei also um eine Beweisführung, warum ein Kundennutzen von der Marke tatsächlich angeboten werden kann. Diese Begründungen basieren auf kognitiven (auf Erkenntnis beruhenden) Informationen über das konkrete Leistungsangebot, welche sich über gegenständliche Eigenschaften in den Feldern Produkt, Preis, Vertrieb und Service manifestieren. Achten Sie darauf, dass die Begründung Kundennutzen jeweils direkt mit einem spezifischen Kundennutzen verlinkt ist. Sie liefern damit den Beweis für das Nutzenversprechen an den Konsumenten, machen ihm den Mehrwert begreifbar und bestärken ihn damit letztlich in seiner Kaufentscheidung. 34 Vgl. Esch, F. R. (2006), S. 20 35 35 Praxisbeispiel 15: Markenversprechen, Kundennutzen und Begründung Markenversprechen: Cephal: Partner für Ihre Gesundheit - ein Leben lang. Kundennutzen: Mit Cephalon und der Cephalon-Applikationsmütze wird Kopfschmerz schnell und wirksam bekämpft. Leistungsfähigkeit und Lebensfreude kehren zurück. der Applikationsmütze enthalten ist und somit kontinuierlich durch die Kopfhaut aufgenommen wird. Damit wirkt der Wirkstoff genau dort, wo er soll. Zusätzlich relativiert sich das innere Druckgefühl durch den Gegendruck der Applikationsmütze. Ihr Kopf wird wieder frei und Sie fühlen sich wieder leistungsfähig und gesund.36 vollständiges 6teiliges Markenleitbild entwickelt. Dieses Leitbild sollte nun ausführlich dokumentiert werden, im Idealfall nicht nur in schriftlicher, sondern auch in visualisierter Form. Markenpositionierung Auf Basis des entwickelten Markenleitbildes gilt es nun, Entscheidungen hinsichtlich der angestrebten Markenpositionierung zu treffen. Darunter versteht man die Abgrenzung der eigenen Marke von Konkurrenzmarken. Marken müssen im Bewusstsein der Zielgruppe einen im Vergleich zu Wettbewerbern geschätzten, relevanten und besonderen Platz einnehmen. Es ist daher Ihre erste Aufgabe im Rahmen dieses Schrittes, Ihre Marke aktiv zu positionieren, denn nur so bleibt Ihre Marke für Sie steuerbar. Die Herausforderung bei diesem Schritt ist das Auffinden einer von der Konkurrenz unbesetzten Positionierung, trotz ganzheitlicher Berücksichtigung aller denkbaren, von der Marke erfüllbaren Kundenbedürfnisse. Die Positionierung sollte dabei wirkungsvoll und einfach kommunizierbar sein. Ziel dieses Schrittes ist somit, sowohl eine dominierende Stellung in den Köpfen der Konsumenten zu besetzen (Ihre Markenposition ist näher an den Idealvorstellungen der Nachfrager als die der Konkurrenzangebote) als auch eine hinreichende Differenzierungsfähigkeit gegenüber Wettbewerbsmarken zu erreichen. Denken Sie daran, Positionierung heißt nicht nur zu wissen, was die eigene Marke kann, vor allem heißt es auch zu wissen, was die eigene Marke nicht kann. Oder besser: Was die eigene Marke nicht besser kann als die Anderen. Nur so können Sie eine scharfe Abgrenzung im Wust der Konkurrenzmarken erreichen. keine Option ist, denn sollte ein Unternehmen die aktive Positionierung der eigenen Marke verpassen, wird diese automatisch vom Kunden oder gar vom Wettbewerber positioniert. Wer nicht selbst positioniert, verliert den Einfluss auf seine Markenidentität und auf das daraus entstehende Markenimage. Im Folgenden sollen zwei grundsätzliche Typen der Positionierungsmethodik unterschieden werden. Zum einen können sich Markenverantwortliche so genannter Mapping36 36 bedienen. Ziel dieser Modelle ist es, grundsätzliche Kundenbedürfnisse, Wertevorstellungen oder Lebenseinstellungen von Kundengruppen in Einklang mit der eigenen Markenpositionierung zu bringen. Dies geschieht meistens grafisch in Portfoliodarstellungen bzw. so genannten Zum anderen kann die Positionierung etwas pragmatischer über bestimmte Kompetenzen, typische Eigenschaften oder Fähigkeiten des Unternehmens erfolgen. Es ist grundsätzlich möglich, beide Methoden zu kombinieren, diese einzeln zu verwenden oder auch mit weiteren, hier nicht vorgestellten Vorgehensweisen zu verknüpfen. Die Entscheidung dazu, wie Sie tatsächlich vorgehen, sollte aus unserer Sicht insbesondere auf einer pragmatischen Aufwand-zu-Nutzen Abschätzung basieren. Entwicklung der Positionierung durch Mapping-Modelle Auch hier gibt es inzwischen unzählige Modelle; ein sehr bewährtes wollen wir hier vorstellen. Das von unserem Marktforschungspartner puls entwickelte puls Brand-Management-Model basiert auf zwei theoretischen Konzepten, die gleichzeitig die beiden Achsen im Modell beschreiben. Achse 1 baut auf dem Konzept von Maslow auf und unterscheidet Grund- und Wachstumsbedürfnisse an den Enden der vertikalen Skala. Grundbedürfnisse sind dadurch gekennzeichnet, dass sie erfüllt werden können. Wachstumsbedürfnisse werden dagegen nie vollständig erfüllt. Die horizontale Achse 2 folgt der Fristigkeit der Bedürfnisse: Am einen Ende liegen stabile Wertorientierungen, am anderen Ende eher situativ gesteuerte Motive. Abbildung 13 Die Bedürfnispole (Vgl. puls The Navigation Company) Aus diesen Bedürfnispolen leiten sich vier Bedürfnisquadranten ab: Sales, Benefits, Preis und Kompetenz. 37 Abbildung 14 Die 4 Quadranten erfolgreicher Markenarbeit (Vgl. puls The Navigation Company) Durch die Abfrage bewährter Statements können nun 25 verschiedene Bedürfnisse für den B-2-CBereich abgeleitet werden. Auch auf den B-2-B Bereich ist diese Vorgehensweise problemlos übertragbar. Abbildung 15 Die 25 Bedürfnisse im B2C-Bereich (Vgl. puls The Navigation Company) Die Aufgabe der Markenmanager ist es nun, die Positionierung der Marke in Einklang mit den Bedürfnissen zu bringen. Dazu wird zunächst die Wichtigkeit der einzelnen Bedürfnisse bei der Zielgruppe abgefragt. Diese Bedürfnisse sind über die Positionierung der Marke gezielt anzusprechen, es ist also ein durch die für die abgetragen. Die folgende Abbildung zeigt ein solches Ergebnisportfolio für die Marke Puma. Es lässt sich deutlich erkennen, dass die emotionale Positionierung der Marke den Bedürfnissen der Zielgruppe sehr gut entspricht. den Bedürfnissen entsprechend erfüllt. Aufholbedarf gibt es in der besseren Erfüllung der Sehnsucht a gar 38 übererfüllt werden bzw. am Marktbedürfnis vorbei gehen. Hier wäre ein Adjustieren der Positionierung zu überdenken. Abbildung 16 Ergebnisportfolio Wichtigkeit der Bedürfnisse und Erfüllung am Beispiel Puma (Vgl. puls The Navigation Company) Positionierung über Kompetenzen und Eigenschaften des Unternehmens Bei dieser Methodik können Sie Ihre Marke über einzelne Kompetenzen, Eigenschaften oder Fähigkeiten Ihres Unternehmens positionieren, indem Sie diese Elemente während der Strategieumsetzung in der Kommunikation besonders betonen und hervorheben. Ein Beispiel hierfür ist die Herkunft Ihrer Marke. Die Markenherkunft lässt sich in die Bereiche regionale, kulturelle und institutionelle Herkunft aufteilen. Die regionale oder nationale Herkunft impliziert, dass Konsumenten diese Marken mit den Eigenschaften einer Region oder eines machen sich über ihre Positionierung die Eigenschaften und das Image der Schweiz zunutze. Genauso können Marken über ihre kulturelle Herkunft positioniert werden. Die Biermarke Gaffel kann dadurch als echte Kölner Biermarke und nicht lediglich als irgendein deutsches Bier identifiziert werden. Die regionale und kulturelle Herkunft wird also beeinflusst durch spezifische Elemente aus dem Herkunftsland oder der Herkunftsregion. Es existieren unzählige dieser Ansätze37; so finden sich Ansätze zur Positionierung über Spezialisierung (David-gegen-Goliath, Problemlösungsspezialist, über Produkte (Pionierprodukt, Feindbild- und (Sicherheits- und Erfolgsgarantie), über die Besetzung der Originalposition (wie z.B. Coca-Cola, Red-Bull, Amazon oder Nutella), über Corporate Social Responsibility (betapharm), bis hin zur Positionierung über spezielle Macharten oder Zutaten, wie es Wagner Pizza mit Steinofen 37 Einen sehr umfassenden Überblick gibt Sawtschenko, P. (2005) 39 Darüber hinaus spielt die institutionelle Herkunft eine gewichtige Rolle, denn sie sagt klar aus, wo die Marke ihren Ursprung hat. Dies resultiert dann in der Positionierung über Elemente wie Familienunternehmen prägen die Gründer ihre Marke. So haben sie durch ihre Persönlichkeit hohen Einfluss auf das Unternehmen und die Marke. Hier sei die Marke ALDI angeführt, die durch die Gründer Karl und Theo Albrecht mit den Attributen Effizienz, Einfachheit und Sparsamkeit positioniert wurde. Oder ganz einfach über die Größe, wie die Fitnesskette McFit, die schlicht und ergreifend die Ihr Unternehmen das Glück haben, wie McFit in einer bestimmten Kategorie die Nummer 1 zu sein (sei es bezüglich Größe, Schnelligkeit, Anzahl der Mitarbeiter oder Niederlassungen oder was auch immer), können wir Ihnen nur raten, Ihre Positionierung darauf abzustimmen. Die Idee dazu findet sich im großen Klassiker zur Markenfü Ein Lehrbuch der Jahre 1939 die 22 Gesetze der natürlichen Markenbildung, die zum Teil noch heute Bestand haben. as Ziel ist die Sicherung einer Monopolstellung in der Psyche der -eins- Positionierung gelingen. Wichtig ist bei allen Ansätzen, dass Sie die Positionierung Ihrer Marke an den Marktbedürfnissen, also am Wettbewerbskontext orientieren. Ein negatives Beispiel dazu sei hier angeführt. Praxisbeispiel 16: Positionierung von Yello Strom Yello wirklich jedes Kind, dass Strom gelb ist. Yello ist somit wahrscheinlich eine der bekanntesten Strommarken in Deutschland, die Differenzierung zum Wettbewerb hat diese Positionierung sicherlich sehr gut erfüllt. Doch sie erfolgte nicht im Wettbewerbskontext. Keiner der wechselbereiten Stromverbraucher konnte nachvollziehen, warum gelber Strom einen Vorteil oder höheren Nutzen gegenüber dem bisherigen Strom bieten sollte. Die Idee oder Positionierung wurde nicht auf die Marktbedürfnisse abgestimmt und machte für die Menschen keinen Sinn. Als Folge blieb Yello hinter den geplanten Kundenzahlen zurück. Markenarchitektur Als zunächst letzte Aufgabe im Rahmen dieses Schrittes, sollten erste Überlegungen zur passenden Markenarchitektur angestellt werden. Die Markenarchitektur regelt die Beziehungen zwischen einzelnen Marken, strukturiert das Leistungsangebot und klärt, auf welche Weise die Marke(n) gegenüber den Kunden auftritt. Überlegungen dazu hängen sehr stark vom relevanten Markt (B2C oder B2B), von der Anzahl der zu führenden Marken und Submarken, vom unternehmerischen Kompetenzfeld, sowie vom zu bearbeitenden Kunden- und Marktsegment ab. 40 Nicht zuletzt spielen auch hier wieder die gegebenen Wettbewerbsstrukturen eine nicht zu vernachlässigende Rolle. Wir möchten daher hier lediglich die drei grundlegenden markenarchitektonischen Optionen vorstellen. 1. Einzelmarkenarchitektur Die Einzelmarkenarchitektur sieht das Schaffen von jeweils eigenen Marken für jeweils einzelne Produkte vor. Dies ist die klassische Architektur für Markenartikler und bietet sich insbesondere an, wenn ein Unternehmen sich mit heterogenen Produkten an unterschiedliche Kundengruppen und segmente richtet. Durch die unterschiedlichen Ansprüche und Wünsche der Zielgruppen und aufgrund der Heterogenität der Produkte ergibt sich fast zwangsläufig die Notwendigkeit zur eigenständigen Positionierung der Produkte. Es gilt das Prinzip: Ein Produkt = eine Marke = eine Identität. Typische Vertreter dieser Architektur sind Ferrero mit Marken wie Rocher, duplo, Giotto, nutella, aber auch Monomarken wie 4711 Echt Kölnisch Wasser. 2. Familienmarkenarchitektur Dabei wählt ein Unternehmen eine einheitliche Marke für mehrere Produkte. Klassischerweise kommen diese Produkte aus einer ähnlichen Produktgruppe bzw. Produktlinie. Im moderneren Sinn können die Produkte auch einer Kategorie Wahl der Familienmarkenarchitektur verfolgen die Manager das Ziel, dass die angebotenen Produkte von einem bereits aufgebauten bzw. weiterentwickelten Markenimage profitieren. Typischer Vertreter ist NIVEA, das für das Pflegeprogramm von Beiersdorf steht und verschiedene Produktkategorien von der Creme (NIVEA Creme, (NIVEA Hair-care) bis hin zur Farbkosmetik (NIVEA Beauté) umfasst. 3. Dachmarkenarchitektur Die Dachmarkenarchitektur sieht das Führen aller Produkte eines Unternehmens unter einer einheitlichen Marke vor. Somit stehen das Unternehmen und seine Leistungen und Kompetenzen selbst im Mittelpunkt der Profilierungsbemühungen. Beispiele sind Unternehmen wie IBM, Siemens, die Fitnesskette McFit oder die Bank Vontobel. Zur Entscheidung für diese Architektur gilt Folgendes: Je breiter und heterogener das Produktund Dienstleistungsprogramm unter der Dachmarke ist, desto weniger spitz kann sich diese Marke im Markt platzieren. Bekanntheit, Kompetenz und Vertrauen in die Dachmarke bzw. des Unternehmens sind die wesentlichen Merkmale, die an die einzelnen Angebote transferiert werden. 41 Natürlich existieren in der Praxis jede Menge Mischformen der genannten Grundtypen. Auch ist eine scharfe Abgrenzung aufgrund von Sonderkonstellationen oft nur schwer möglich. Diese bewussten Mischformen sollten Sie jedoch nicht mit jenen verwechseln, die zufällig oder durch mangelndes Verständnis und Inkonsequenz der Markenführung entstanden sind. Zusammenfassung Schritt 2 Aus den ersten beiden Phasen des Planungszirkels werden nun die Ergebnisse zusammengeführt, um ein klares Markenstrategiepapier zu erarbeiten. Ergebnissen ausgegangen werden: Es ist ein gründliches und für alle Mitarbeiter verständliches Markenleitbild entstanden, welches Vision und Mission der Marke beinhaltet und die visualisierte Markenidentität sowie Kundennutzen und -versprechen inklusive Begründung kommuniziert. Durch die Erarbeitung und Bewertung der Positionierungsoptionen haben alle Beteiligten ihr Verständnis für die Optionen und das Potenzial der Marke weiter geschärft. Die Marke wurde auf Basis des Markenleitbildes differenziert (re-)positioniert. Alle Mitwirkenden haben sich mit Optionen zur eventuellen Markenarchitektur auseinandergesetzt. Es liegt eine ausführliche Markenstrategie vor, was die essentielle Grundvoraussetzung für Der Zusammenhang zwischen den in dieser Phase entwickelten Elementen Markenidentität sowie Markenpositionierung und dem Markenimage soll in folgender Abbildung verdeutlicht werden. Abbildung 17 Zusammenhang zwischen Markenidentität, Markenpositionierung und Markenimage (Vgl. Esch, 2005) Zum Abschluss dieser Phase noch ein Tipp: Ohne Leistung kann man keine Marke bilden! Wer also keine Spitzenleistungen anzubieten hat, wird auch keine Marke so einfach ist das. Da hilft auch kein neues Logo. Beachten Sie also während der Erstellung Ihres Markenstrategiepapiers, dass 42 erst wenn die Fähigkeiten, die Leistungen und Kompetenzen im Unternehmen wirklich substanziell vorhanden sind, um das von der Marke kommunizierte Versprechen und den in Aussicht gestellten Kundennutzen auch tatsächlich leisten zu können, Ihre Marke Substanz und Glaubwürdigkeit erhält und damit Wert. wenn sich Emotionalität und Rationalität in einem Gleichgewicht 6.2.3 Schritt 3 - Markenstrategie Implementierung: Schritt 3 des Planungszirkels konzentriert sich auf die Umsetzung der Markenstrategie in operative Maßnahmen. Ziel des Schrittes ist es, das Markenleitbild nun in für alle Bezugsgruppen der Marke wahrnehmbare Markenleistungen zu übersetzen. Jede Strategie ist bekanntlich nur so wertvoll wie ihre darauf folgende Umsetzung. Anhand von in der Analysephase gewonnenen Erkenntnissen und der während der konzeptionellen Entwicklungsphase entworfenen strategischen Soll-Situation, können auf Basis einer Soll-Ist-Abweichungsanalyse gezielt Maßnahmen entwickelt werden. Um die neue Strategie mit Leben zu füllen, muss sie zunächst ins Unternehmen getragen und an alle Mitarbeiter kommuniziert werden. Dabei geht es vor allem um Mitarbeiterinformation, -motivation und -identifikation. Das Markenleitbild soll für alle Mitarbeiter zum Selbstverständnis werden und sich tief in der Kultur des Unternehmens verankern. Ihnen steht dabei ein umfassendes Instrumentarium zur Verfügung. Neben klassischen zielgruppenspezifischen Präsentationen, Mitarbeiterzeitschriften, Intranet und Newsletter können Sie auch einen jährlichen Workshops und Schulungen durchführen. Ihrer Phantasie werden dabei kaum Grenzen gesetzt. Grundsätzlich gilt es, die präsentierten Inhalte sehr einfach und klar zu halten. Mitarbeiter der Werkssicherheit oder aus der Forschung und Entwicklung haben sich höchstwahrscheinlich bisher noch sehr wenig mit Ihrer Marke oder mit Markenführung allgemein beschäftigt und es gilt jetzt niemanden zu verwirren oder zu überfordern. Schließlich sollten Sie auch die Möglichkeit der persönlichen Ansprache nicht unterschätzen. Treten Sie als Botschafter Ihrer Marke auf und sehen Sie es als Ihre Mission an, weitere Botschafter und Mitglieder zu Ihrer Markengemeinde hinzuzugewinnen. Der größte Hebel, den Sie bei der Implementierung Ihrer Markenstrategie, also bei der Vermittlung des Mehrwertes Ihrer Marke, nutzen können, ist der Marketingmix. In wirklich jedem Unternehmen haben wir diesen Mix entdeckt und er wird in irgendeiner Form auch eingesetzt. Selbstverständlich gibt es dabei erhebliche Unterschiede, wie bewusst oder unbewusst, systematisch geplant oder aus dem Bauch heraus, mit professionell geführten Marketingteams dieses Marketinginstrument zum Einsatz kommt. Der Marketingmix gelingt durch das markenstrategiekonforme Harmonisieren der so genannten Produkt, Platzierung, Promotion, Preis und Personen. 43 Produkt Dieser Kategorie ordnen wir die gesamte Produkt-, Dienstleistungs- und Leistungspolitik an sich zu. Dazu gehören die eng mit dem Produkt in Zusammenhang stehenden Strategien und Aspekte zur Qualität, Nutzerfreundlichkeit, Gestaltung und Design (Produkt, Verpackung, Etiketten, Anmutung der Produkte und produktbegleitenden Ergänzungen, das Sortiment, der Kundendienst und alle Services. In diesem Zusammenhang gilt es auch festzulegen, welcher Innovationsgrad von Ihrer Marke erwartet wird bzw. welche Anstrengungen in Forschung und Entwicklung aufgrund der Markenstrategie gesteckt werden sollten. Dabei steht eine Marke wie 4711 Kölnisch Wasser unter einem anderen Innovationszwang als die Marke BMW. Prüfen Sie in diesem Gefüge auch, ob Ihre Produktqualität mit dem Qualitätsversprechen Ihrer Marke harmoniert. Beachten Sie, dass das Produkt grundsätzlich sehr im Vordergrund der Markenwahrnehmung steht. Vielleicht mögen Sie uns widersprechen, doch Produkte und Dienstleistungen sind letztendlich nichts anderes als Medien, durch welche die Inhalte der Markenpositionierung, der Markenidentität und das Markenversprechen für Kunden erleb- und überprüfbar werden. Ihre Produkte und Dienstleistungen müssen daher mit den Aussagen Ihrer Markenstrategie exakt abgestimmt werden. Platzierung Zu diesem Punkt zählen wir den gesamten Vertrieb und die dazu gehörige Distributionspolitik. Welche Vertriebs- und Absatzkanäle sind die richtigen? Wie selektiv soll die Marke verfügbar gemacht werden? Welche markenkonformen Entscheidungen müssen für die Logistik, die Lagerung und die angestrebten Lieferzeiten getroffen werden? Wie dicht soll das Vertriebsnetz gestaltet werden? Auch die Entwicklung von passenden Verkaufsregalen, Displays und Testsets sollte dabei mit einbezogen werden. Es sind Überlegungen anzustellen, ob eine Anpassung der Verkaufsschulungen, Händlermagazine oder eine Umstrukturierung evtl. vorhandener Call- und Servicecenter vorzunehmen ist. Promotion nicht Diese Feststellung ist Teil einer der grundlegenden Überzeugungen unseres Systems. Dabei ist nur ein Teil des gesamten Kommunikationsspektrums einer Marke. Nicht zu vergessen sind z.B. Versprechen, die ein Unternehmen oder auch die Unternehmensleitung gibt, hält oder gar bricht. 38 Durch jedes Fax, jeden Brief, jedes Telefonat, alle Werbeartikel, der Zustand und die Gestaltung Ihrer Verkaufsräume, Ihre Klingelschilder und die Zufahrt zum Lieferanteneingang oder auch die 38 Watzlawick, P. 44 Musik in der Warteschleife Ihrer Hotline kommuniziert Ihre Marke mit Ihrem Umfeld! Prüfen Sie folglich alle diese Formen der Kommunikation auf Konformität mit Ihrer Markenstrategie. Welche Art der Kommunikation passt zur Marke? Kommuniziert die Marke mehr durch PR, klassische Printwerbung oder durch Sponsoring? Wer kommt als geeigneter Sponsorpartner überhaupt in Frage? Welche Marken passen für Kooperationen? Lassen Sie sich durch Ihr Markenleitbild leiten. Sehr bewährt hat sich in diesem Zusammenhang die Schaffung von visuellen Schlüsselbildern im Kopf des Konsumenten, welche Erlebniswelten und Emotionalität für den Kunden sichtbar machen. Die Firma Beck`s Meer, Frische und Fernweh erweckt. Die Entwicklung bzw. Überprüfung der Corporate Identity mit den wichtigsten Elementen Corporate Design und Corporate Communications sind ebenfalls Bestandteil dieser Kategorie. Dazu zählen alle visuellen Ausdrucks- und Erscheinungsformen der Marke. Neben dem oben bereits erwähnten Produktdesign gilt es nun, die Gestaltung Ihrer Werbung, Ausstellungen, Geschäftsausstattung (Wort- und Bildlogo, Schriftart, Visitenkarten, Briefpapier, -Signaturen bis hin zur Architektur Ihrer Geschäftsräume auf Markenkonformität zu prüfen und anzupassen. Preis Preis steht als Kürzel für Ihre gesamte Preis- und Rabattpolitik sowie für Lieferkonditionen und die Absatzfördermittel. Auch zu berücksichtigen sind Sonderangebote, sonstige Sonderaktionen, die Auszeichnung der Preise über Etiketten, die Rechnungs- und Inkassopolitik, aber auch die Reklamationsbearbeitung. Es muss nun zu strategischen Entscheidungen kommen, die festlegen, zu welchen Konditionen die Marke für den Konsumenten verfügbar wird. Dabei kommt es selbstverständlich zu einem Wechselspiel zwischen Markenverantwortlichen und Konsumenten: Wie viel sind die Konsumenten bereit für die Marke zu zahlen? Wie soll die Marke über den Preis positioniert werden, um damit ihrer Identität und Positionierung Ausdruck zu verleihen (z.B. ausdrücklich positionierte Premiummarken)? Prüfen Sie alle Punkte auf Stimmigkeit mit Ihrem Markenleitbild. Berücksichtigen Sie dabei, dass starke Marken immer auch ein Preispremium rechtfertigen können. Dieses Preispremium stellt letztlich eines der wichtigsten Ergebnisse dieses Markenführungssystems dar. Personen Zu diesem Bereich zählen wir insbesondere die Unternehmenskultur sowie das kollektive und individuelle Handeln und Verhalten aller beteiligten Menschen. Wir betrachten dabei neben dem des Tages, der Art wie Kollegen und Mitarbeiter miteinander umgehen und reden, auch das Auftreten und die Kleidung Ihrer 45 Außendienstmitarbeiter. Wie sind das interne Informationsverhalten, das Verhältnis zur Öffentlichkeit und die Haltung der Menschen im Unternehmen zu Umweltfragen? Wir können es nur immer wiederholen: Die Mitarbeiter sind die wichtigsten Botschafter der Marke! Als Folge gilt es insbesondere für B2B Marken die Mitarbeiter markenkonform zu trainieren, um ein einheitliches Auftreten und Verhalten im Sinne der Marke zu gewährleisten. Gerade innerhalb der B2B-Kommunikation wenden sich die Markenbotschafter meist an eine relativ kleine Gruppe potenzieller Nachfrager, die in ihren Bedürfnissen und Entscheidungsfindungen sehr heterogen und individuell zu behandeln sind. Sind es in der B2CKommunikation zahlenmäßig sehr viele, Markenbotschafter weniger, aber viel engere und persönlichere Kundenkontakte zu pflegen. Dazu sollte die Marke jedem Mitarbeiter i erklärt werden. Beim Vorstand sind es eher die Zahlen und Analysen, bei den Mitarbeitern sind es die Geschichten, die vermittelt werden müssen. Eigene Markenstorys, die in abgewandelter Form in den verschiedenen Funktionsebenen erzählt werden, sind dazu bestens geeignet. So genannte mit besonderem Markenwissen ausgestattete Mitarbeiter sind dabei für die jeweilige Kommunikation zuständig. Die Begeisterung für die Marke und die Identifikation mit dieser lässt sich folglich auf die Kunden und Nutzer übertragen. Jede Möglichkeit über den Stellhebel Verhalten, die Identität und das wahrgenommene Image Ihrer Marke positiv zu beeinflussen, sollte von Ihnen daher aufgegriffen und effizient genutzt werden. Zusammenfassung Schritt 3 Für die Implementierung müssen diese Teilaspekte nun in die einzelnen Bereiche des Unternehmens heruntergebrochen werden. Dies erfolgt mittels klarer Marken- und Kommunikationsvorgaben auf Basis eines einheitlichen Marken-Handbuchs. Wichtiger Inhalt dieses Handbuchs ist das Markenleitbild selbst. Es stellt den Nukleus für alle Umsetzungsmaßnahmen dar. Bei widersprüchlichen bzw. kontroversen Maßnahmen oder Meinungen kann immer wieder auf das Markenleitbild zurückgegriffen werden, um eindeutige Klarheit und Koordination in die Umsetzungsphase zurückzubringen. Dies ist nicht nur für die externe Markenkommunikation, sondern auch für interne Abteilungen wie bspw. Die Personalentwicklung von größter Bedeutung. Die Umsetzungsphase kann im Grunde zu keinem Zeitpunkt als abgeschlossen angesehen werden. Durch eine laufende Überprüfung und sanfte Anpassung des Markenleitbildes ergeben sich immer wieder neue Aufgabenstellungen und sich weiter entwickelnde Maßnahmen für die erfolgreiche Implementierung des Markenleitbilds. 46 6.2.4 Schritt 4 - Erfolgsmessung der Markenstrategie: Für eine erfolgreiche Markenführung ist Bauchgefühl oder Intuition nicht ausreichend. Wie in den vorhergehenden Abschnitten dargestellt, ordnen sich die Ziele der strategischen Markenführung unter die unternehmerischen Oberziele. Markenentwicklung stellt daher keinen Selbstzweck dar. Starke Marken benötigen Investitionen, deren Rentabilitätskontrolle wiederum die unternehmerische Rationalität in den Mittelpunkt der Markenführung stellt. Markenverantwortliche kennen die Problematik bei der Steuerung einer Marke. Sie werden täglich mit der Herausforderung konfrontiert, zum Teil sehr kostenintensive Entscheidungen bezüglich der Markenführung zu treffen. Hierbei hilft ein so genanntes Markencockpit in erheblichem Maße. Strategische Markenführung sowie alle Aktivitäten der Markenverantwortlichen beabsichtigen ein gemeinsames Ziel: die Steigerung des Markenwertes und folglich die Unternehmenswertsteigerung. In Anbetracht der genannten Rationalität unternehmerischen Handelns benötigen Marken Kontrollsysteme, die den Erfolg oder den Misserfolg klar und deutlich sichtbar machen. Die Erfolgsmessung muss dabei über die reine Markenbewertung hinausgehen. Deshalb ist im Markenplanungszirkel nach PROGENIUM elementarer Bestandteil. Die in den vorherigen Stufen erarbeiteten strategischen (Abschnitt 6.2.2) und operativen Markenziele (Abschnitt 6.2.3) inklusive deren Investitionen und Umsetzungsmaßnahmen sollen nun in ein markenindividuelles Kennzahlensystem übersetzt und in einem Markencockpit mess- und kontrollierbar gemacht werden. Ziel ist es, Erfolgsfaktoren oder Schlüsselelemente der Marke zu identifizieren, die den Erfolg der Marke verursachen. Nur die echten und relevanten Faktoren zur Kennzahl oder Steuerungsgröße erhalten. Hieraus lässt sich ein kausales Kennzahlennetz, aufgeteilt in die Bereiche Markt/Kunde, Finanzen, Organisation/Mitarbeiter und Prozesse, entwickeln. Damit werden in Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen der Erfolg oder der Misserfolg der Markenführung transparent dargestellt und somit alle Marketingmaßnahmen ergebnisorientiert bewertet. Darüber hinaus hat der Markenverantwortliche auf einen Blick, optimalerweise auf einer einzigen Seite, einen Überblick über den Status quo seiner Markenstrategie. Aufgrund des in den vorherigen Abschnitten aufgestellten Zielsystems und der verbindlich erarbeiteten Markenführungsprozesses ist es nun möglich, mit relativ geringem Zeitaufwand ein Controllingsystem für Ihre Marke zu entwickeln. Was genau Gegenstand eines wirksamen Marken-Controllings sein sollte und wie es idealtypisch in die Unternehmensführung eingebunden wird, soll im Folgenden erläutert werden. 47 Aufbau des Markencockpits Das strategische Markenkonzept wird im Tagesgeschäft dadurch zum Leben erweckt, dass bei Ihren Mitarbeitern die zentralen Aussagen der verfolgten Markenstrategie präsent sind. Hierdurch leben, handeln und entscheiden nicht nur Ihr Markenteam, sondern alle eingebundenen Mitarbeiter im Tagesgeschäft Grundsätzlich soll das Markencockpit folgende Anforderungen erfüllen: Abbildung 18 Anforderungsprofil des Markencockpits Die vorher ausgearbeitete Markenstrategie gilt es nun nochmals auf die wichtigsten Aussagen Ihres strategischen Konzeptes zu verdichten. Sie müssen mit dem Markenteam die filtern. Die Schlüsselelemente aus der Markenstrategie sind die qualitativen strategischen Ober- und Unterziele der Marke. Das Oberziel ist dabei für alle Marken die nachhaltige Steigerung des Unternehmenswertes, die sich in den Schlüsselelementen (Kapital-)Rendite, Wachstum und Risiko widerspiegelt. Die Schlüsselelemente sind die Basis des Markencockpits. Identifikation von Schlüsselelementen Zur Identifikation dieser Faktoren gehen Sie zusammen mit Ihrem Markenteam die Markenstrategie nochmals gezielt durch. Listen Sie aus allen Phasen die wesentlichen/wichtigsten Aussagen in Schlagworten oder auch Zielen auf. Aufgrund der detaillierten Arbeit während der Schritte 1 bis 3 wird es Ihnen und Ihrer Markenmannschaft sicherlich nicht schwer fallen. Beispielhaft sind hier mögliche, allgemein gehaltene Schlüsselelemente einer Marke aufgelistet: Markenbekanntheit in der relevanten Zielgruppe Durchsetzung/Existenz der Kundennähe Markentreue des Kunden Qualität (wahrgenommen und versprochen) Verfügbarkeit der Marke Markenimage (Assoziationen der Kunden/Nichtkunden mit der Marke) 48 Innovationsfähigkeit der Marke Absatzmenge (Plan/Ist) der Marke/Kaufanteile Profitabilität der Marke Marktanteil der Marke in den relevanten Zielgruppen/sozialen Milieus Befriedigung der Kundenbedürfnisse/Erfüllung der kaufentscheidenden Faktoren Verhalten der konkurrierenden Marken Markenwert durch zugestandenes Preispremium (monetär) Markenwert in emotionaler Bewertung Rationale und emotionale Nutzenleistung Charaktereigenschaften der Marke Vertriebs- und Absatzkanäle der Marke Mitarbeiterbeitrag/Botschafter der Marke/Verhalten der Marke Erfüllung des Markenversprechen (Ist/Soll) Positionierung der Marke (Ist/Soll) Umsetzung der Kommunikationsmaßnahmen/Marketingmix Preis Erkennbarkeit und Erscheinungsform der Marke Unsere Erfahrung zeigt, dass Unternehmen häufig weit mehr als die angestrebten 20 bis 25 Schlüsselelemente einer Marke identifizieren. Gehen Sie deshalb die gefundenen Elemente in einem zweiten Schritt noch einmal durch und bewerten Sie die Faktoren hinsichtlich Wichtigkeit und Kongruenz. Zudem ist aus der Liste der möglichen Schlüsselelemente zu ersehen, dass sich einige Faktoren auf operative Markenziele beziehen, andere wiederum eher strategischer Natur sind. Das muss notwendigerweise aber so sein, da in den vorherigen Abschnitten genau diese Ziele formuliert wurden. Definition von Kennzahlen/Verantwortlichen Die Operationalisierung der Steuerungsgrößen erfolgt in einem Abstand von 1 bis 3 Monaten nach Aufbau der Perspektiven. In diesem Zeitraum sind die vorhandenen Daten soweit möglich im Unternehmen zu erheben und daraus die definierten Kennzahlen zu berechnen (IST). Zudem sind im Rahmen der Operationalisierung der jeweilige Zielwert (SOLL) der Kennzahl und die zulässigen Schwankungskorridore der Kennziffern festzulegen, in denen die Ampelfarbe zwischen Grün, Gelb bzw. Rot umschaltet. Die Hinterlegung der Kennzahlen mit einer Ampelfarbe dient zur Visualisierung. Damit können Sie die Kennzahlen, die vom anvisierten Korridor abweichen auf einen Blick erfassen und entsprechende Gegenmaßnahmen einleiten. Für jede Kennzahl wird der Erhebungszeitraum festgelegt. Der Erhebungszeitraum ist das Intervall, in dem die Kennzahl mit den aktuellen Daten berechnet wird. Er liegt, je nach Kennzahl und Aufwand zur Datenerhebung, zwischen einer Woche (z.B. Absatzkennzahlen) und zwei Jahren 49 (z.B. Erhebung des Markenimages oder der Kundenzufriedenheit). Auch wird im Rahmen der Operationalisierung ein Kennzahlenverantwortlicher festgelegt. Dieser ist dafür verantwortlich, dass die Kennzahl zum vereinbarten Termin erhoben und damit an die Geschäftsführung berichtet wird. Ebenso sind die im Rahmen der Strategieentwicklung verabschiedeten Maßnahmen jeweils einer entsprechenden Kennzahl zuzuordnen, auf die sich die Maßnahme auswirkt. Zu jeder Maßnahme werden ein Termin und ein Verantwortlicher für die Umsetzung der Maßnahme oder des entsprechenden Teilschritts festgelegt. Zuordnung zu den Perspektiven In einem nächsten Schritt ist es notwendig, die herausgearbeiteten Schlüsselelemente/Steuerungsgrößen den Perspektiven des Markencockpits zuzuordnen. In folgender Abbildung werden die Perspektiven des Markencockpits dargestellt: Abbildung 19 Perspektiven des Markencockpits Der Mitarbeiterperspektive, die auf die Mitarbeiter ausgerichtet ist, sind folgende Erfolgsfaktoren zuordenbar: Sicherung des Markenverständnisses durch ein Markenleitbild, die notwendige Beeinflussung der Kernelemente der Markensubstanz, die eigenständige personen- und sachbezogene Markenführung und die Verantwortlichkeit für die Marke. Kennzahlen hierfür wären beispielsweise die Mitarbeiterzufriedenheit, die in diesem Fall Aussagen über die emotionale Verbindung der Mitarbeiter zum Unternehmen und zur Marke ausdrückt. Eine natürliche Abgrenzung zwischen den Dimensionen Prozesse und Kunden ist die Unterscheidung in Kosten und Umsatz. So werden die Faktoren, welche maßgeblich den Umsatz beeinflussen, der Kundenseite zugeordnet und solche, die in erster Linie Kosten darstellen bzw. erklären, der Prozessperspektive zugeordnet. Zum auf der Prozessseite wieder, während die zuzuordnen ist. 50 Die Kunden- oder Marktperspektive richtet sich auf den Wettbewerb, damit man die Differenzierung durch die Markenpositionierung oder die Abstände im Preis gegenüber den Wettbewerbern darstellen und sichtbar machen kann. Weiterhin beinhaltet diese Perspektive eine Ausrichtung auf die Kunden, die die Treue zur Marke und deren Profilierung darstellen soll. Hier wird anhand von Kennzahlen wie Kundenzufriedenheit, Sympathie der Kunden gegenüber der Marke, Bekanntheit der Marke oder Vertrauen in diese wieder deutlich, ob Selbst- und Fremdbild übereinstimmen. Die distributionsgerichtete Seite sichert anhand von Kennzahlen wie Zufriedenheit der Distributeure mit dem Hersteller der Marke bzw. ob die Marke das Versprechen am Point of Sale einhält oder nicht. Umsatz, Rendite sowie Gewinn oder Absatz- / Marktanteil werden in der Finanzperspektive gemessen. Ausschlaggebend ist hierbei die Wirksamkeit der Markenstrategie. Die Kunden - / Markt- und die Unternehmensperspektive sind also die Ursache der finanziellen Resultatsperspektive. Aufbau des Kausalnetzes Die strategische Steuerung einer Marke ist anhand einer Kennzahl nicht möglich. Denn über den Erfolg oder Misserfolg einer Marke entscheiden mehrere Faktoren, die sich gegenseitig beeinflussen und miteinander in Verbindung stehen. den Phänomenen 39 Bei vielen Markenverantwortlichen gehört es zum täglichen Geschäft, zu entscheiden, ob dem Druck der Kunden nachgegeben, die Preise gesenkt und dadurch der Umsatz gesichert, oder die Preise der Marke stabil gehalten, auf ein gewisses Volumen verzichtet und dadurch die Rendite in den Vordergrund gestellt werden soll. Die Antwort ist eigentlich ganz einfach und jedem bekannt. Ein Unternehmen kann nicht nur nach Umsatz oder nur nach Rendite gesteuert werden. Denn diese Kennzahlen stehen in einem engen Zusammenhang. Sie beeinflussen sich gegenseitig und werden von vielen anderen Variablen beeinflusst. erfolgen und sich anschließend in der Entwicklung des Unternehmenswertes, der nichts anderes als den Erfolg des Unternehmens ausdrückt, widerspiegeln. Aus diesem Grund müssen die für den Erfolg des Unternehmens wichtigsten Ursache-Wirkungsbeziehungen transparent dargestellt werden. Es wird ein Beim Aufbau dieses Kausalnetzes werden die einzelnen Schlüsselelemente, also die wesentlichen Erfolgsfaktoren der Marke, in Ursache-Wirkungszusammenhänge gebracht. Insgesamt müssen dabei die identifizierten Schlüsselelemente den Markenwert respektive den Unternehmenswert maßgeblich erklären können. Dadurch wird für die Markenverantwortlichen zudem ersichtlich, welche Entscheidungen welche Auswirkungen haben. 39 Vaclav Havel, tschechischer Schriftsteller und Politiker. 51 Die oberste Kennzahl, der Unternehmenswert mit den drei primären Werttreibern Rendite, Wachstum und Risiko steht an der Spitze des Kausalnetzes. Die einzelnen Schlüsselelemente werden anschließend hinsichtlich ihrer Wirkung den primären Werttreibern zugeordnet. Da nicht alle Schlüsselelemente direkt auf die Werttreiber wirken, sondern zum Teil indirekt über andere Schlüsselelemente, entsteht ein mehrdimensionales Kausalnetz. Anhand dieser UrsacheWirkungsbeziehungen, die mit Pfeilen dargestellt werden, können die kritischen Erfolgsfaktoren identifiziert werden. Kritische Das Gesamtbild spiegelt das Zusammenspiel Ihrer in der Markenstrategie festgelegten Erfolgsfaktoren (Schlüsselelemente) in Ursache-Wirkungsketten wider. Da Sie beim Aufbau Ihres ersten Markencockpits noch keine Sicherheit hinsichtlich der UrsacheWirkungsbeziehungen zwischen den Schlüsselelementen haben, müssen Sie zwangsläufig Annahmen über diese Zusammenhänge treffen. Abbildung 20 Kausalbeziehungen in einem Markencockpit Sollte das entstandene Bild den Markenerfolg in maßgeblichen Teilen nicht erklären können, so gibt es hierfür drei Ursachen: 1. Sie haben eine lückenhafte/nicht stimmige Strategie verabschiedet. Dies beinhaltet aber die Chance einer Überarbeitung/eines Feintunings des strategischen Markenkonzepts und das Schließen der Lücken. 2. strategischen Konzepts und die Identifikation der relevanten Schlüsselelemente muss vorangetrieben werden. 3. Die Ursache-Wirkungsbeziehungen stimmen nicht. Auch wenn Annahmen betreffend der Ursache-Wirkung gemacht wurden, muss das Kausalnetz nochmals überarbeitet werden. 52 Wenn Sie Ihr Kausalnetz visuell vor sich liegen haben, verfügen Sie nun über ein Frühwarnsystem. Sie können damit Veränderungen, Tendenzen und Entwicklungen sehen, bevor sich diese auf die Marke oder die Finanzkennzahlen auswirken. Denn Ihre aktuellen Finanzkennzahlen bilden lediglich die Wirkung Ihrer Tätigkeiten in der Vergangenheit ab. Anhand eines solchen Kausalnetzes wird es dem Markenverantwortlichen möglich sein, seine Marke zu verstehen und alle Maßnahmen bezüglich der Strategie richtig zu bewerten. Es geht in diesem Schritt noch nicht darum, die Stärke der Ursache-Wirkungszusammenhänge quantitativ abzubilden. Sie sollen sich nur ein Bild darüber machen, wie die identifizierten Erfolgsfaktoren zusammenspielen (auf sich wirken) und letztlich in ihrer Gesamtheit den Markenerfolg (Unternehmenswert) erklären. Zuordnung der Maßnahmen zu den Kennzahlen Das Markencockpit macht somit die Wirksamkeit der Entscheidungen objektiver und sichert Reaktions- und Adaptionsfähigkeit der Markenverantwortlichen. Es formuliert Ziele, macht diese messbar, operationalisiert sie durch strategische Maßnahmen und beeinflusst somit das Verhalten des Markenteams und der Markenmitarbeiter. Je besser ein solches Markencockpit die Strategie der Markenführung zum Ausdruck bringt, desto stärker wird das Verhalten der gesamten Organisation in Richtung der Markenvision und Markenstrategie gelenkt. Demnach müssen nun alle Maßnahmen bezüglich der Marke den Kennzahlen zugeordnet werden. Visualisierung des Markencockpits In den vorangehenden Kapiteln wurde erläutert, welche Komponenten ein Markencockpit zur Steuerung beinhalten sollte. Wie überall im Leben gilt auch hier: Auf das Cockpit übertragen heißt das, dass Sie nur dann sinnvoll damit arbeiten können, wenn es Ihnen in einer übersichtlichen Form schnell zur Verfügung steht. Im Folgenden werden Vorschläge dargestellt, wie ein solches Steuerungssystem für Marken in der Praxis umgesetzt werden kann. Zur Visualisierung und Implementierung Ihres Markencockpits gibt es zahlreiche Möglichkeiten, die sich natürlich im Leistungsumfang sehr stark unterscheiden. Die hierfür am Markt angebotenen Software-Lösungen lassen sich in 3 Gruppen unterteilen. Kennzahlenliste Die wohl einfachste Möglichkeit, das Markencockpit zu implementieren, ist eine Kennzahlenliste, was z.B. mit Microsoft Excel realisiert werden kann. Der Vorteil hiervon ist, dass weder eine nennenswerte Investition noch Zeitaufwand für Schulungen o. ä. erforderlich sind. Dem gegenüber steht jedoch eine Reihe von Nachteilen. Eine echte Visualisierung mit einem Kausalnetz ist nicht oder nur mit sehr großem Aufwand möglich. Änderungen erfordern viel 53 Handarbeit und sind damit überaus fehleranfällig. Eine echte Struktur lässt sich nicht hinterlegen. Folglich muss immer ein Mitarbeiter zuständig für die gesamte Liste sein oder alle beteiligten Mitarbeiter erhalten automatisch Zugriff auf alle vorhandenen Daten. Fazit: Es handelt es sich zwar um eine sehr einfache, in der Praxis jedoch nicht empfehlenswerte Option. Einzellösung Als Einstieg empfiehlt sich eine so genannte Einzellösung. Diese ist nicht zu verwechseln mit den so genannten Einzelplatzlösungen. Vielmehr geht es dabei darum, dass die Software unabhängig, also ohne Schnittstellen, von bestehenden Vorsystemen arbeitet. Einige dieser Lösungen werden direkt webbasiert angeboten die Bedienung erfolgt in diesem Fall online, eine Installation von Software an den Nutzerplätzen ist damit nicht erforderlich. Die Einzellösung bildet Ihnen automatisch das Kausalnetz des Markencockpits ab und verschafft auf den ersten Blick einen guten Eindruck vom aktuellen Stand der Dinge. Mit Hilfe solcher Systeme haben Sie die Möglichkeit, jederzeit sowohl im Überblick als auch im Detail den aktuellen Stand der Kennzahlen Ihres Markencockpits inklusive Verlauf abzurufen. Jeder Mitarbeiter hat den Überblick über seine eigenen Kennzahlen, die Mitglieder der Geschäftsleitung erhalten einen Gesamtüberblick. Einziger Nachteil: Die Daten müssen von Hand eingegeben werden. Der Zeitaufwand hierfür hält sich jedoch in Grenzen, da jeder Kennzahlenverantwortliche seine Ergebnisse selbst erfasst wir sprechen also von maximal 10 Werten, die ein Mitarbeiter pro Monat eingeben muss. Die Eingabe sollte dabei nicht als lästiges Übel aufgefasst werden, sondern als Möglichkeit zur Motivation und Einflussnahme auf die Kennzahl durch den Eingebenden. Fazit: Gerade für den Einstieg eignet sich eine solche Lösung hervorragend, da sie mit wenig Aufwand schnell Ergebnisse liefert machbar. ein direkter Start der Arbeit mit dem Cockpit ist also Integriertes System Um das Problem der Erfassung per Hand bei den Einzellösungen zu beheben, bedarf es Schnittstellen zu den entsprechenden Vorsystemen, wie z.B. Warenwirtschaft, Rechnungswesen oder ERP-Systemen. Sofern sich die Software zur Abbildung Ihres Cockpits quasi nahtlos in die bestehende Umgebung einfügt, spricht man von einem integrierten System. Ein integriertes System besitzt, von der sehr schnellen Implementierung abgesehen, alle Vorteile eines Einzelsystems, ohne den Nachteil der ausschließlich manuellen Erfassung. Dieser Vorteil wirkt sich jedoch auch stark auf die Kosten eines solchen Projekts aus. Für die Implementierung eines integrierten Systems für Ihr 54 Markencockpit sollten Sie etwa 2 bis 3 Monate einplanen, je nach Größe des Unternehmens und der Komplexität der bestehenden Strukturen. Fazit: Es bietet sich an, zuerst mit einer Einzellösung zu starten, um zunächst mit der grundsätzlichen Methodik vertraut zu werden. Im Anschluss kann auf ein integriertes System umgestellt werden. Zusammenfassung Schritt 4 Der Kernnutzen eines Markencockpits lässt sich in folgende Punkte zusammenfassen. Das Markencockpit erhöht die Transparenz der Markenführung und des Unternehmens. stellt sicher, dass das Markenführungsteam die strategische Ausrichtung der Marke kennt. ist bereits während der Aufbauphase ein Motivations- und Kommunikationsinstrument, das durch seine ganzheitliche Sichtweise Ressortegoismen und Abteilungsdenken sprengen kann. hilft, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und dadurch Zeit zu sparen. befähigt, Faktoren zu identifizieren, die nicht wie angestrebt eintreffen. übersetzt die Markenstrategie in die operative Führung. leitet konkrete Maßnahmen mit strategischer Relevanz ab. ist ein Führungsinstrument, da es jeden Mitarbeiter der Markenführung aktiv in die Strategie einbindet und die zur Erreichung der Vision benötigten Kompetenzen und Ressourcen sichtbar macht. ist praxiserprobt. Eine bedeutende Zahl von Unternehmen arbeitet bereits erfolgreich mit dem Markencockpit. 55 7. Markenführung heißt am Puls der Zeit zu sein Während Marken jahrelang v.a. funktionale Vorteile repräsentierten, lassen sie sich heute im Wesentlichen durch die Identität des Wertesystems von Marke und Verwender kennzeichnen. Marken sind inzwischen komplexe Gebilde, die sich zunehmend vom ausschließlichen Produktfokus lösen. Nicht mehr die funktionalen Vorteile eines Produkts stehen im Vordergrund, sondern die Werte und die begleitende emotionale Welt, für welche die Marke steht. Marken, die heute hochat Morgen ist heute schon gestern das gilt auch für die Aktualität von Marken. Gerade in unserer sehr schnelllebigen Zeit, in der gesellschaftliche und persönliche Weiterentwicklungen immer schneller vollzogen werden, müssen sich Marken der großen Herausforderung stellen, für ihre Kunden und Fans immer aktuell und attraktiv zu bleiben. Sie müssen trotz jeder Veränderung die Menschen für sich begeistern können. Was aber tun, um Marken aktuell zu halten ohne die Markenidentität und dadurch langfristig den Konsumenten zu verlieren? Die Weiterentwicklung von Marken muss sachte, mit viel Wissen über und Verständnis für die Marke, sehr behutsam und sensibel durchgeführt werden. Marken sollten entsprechend der sich ändernden Gesellschaft und Kundenstruktur weiterentwickelt werden, ohne jemals ihre Markenidentität in Frage zu stellen. Selbstähnlichkeit bei der Markenevolution ist also gefordert. Je nach Grad der geänderten Nachfragersituation wird die Marke angepasst aufzugeben. Die Markenidentität sollte nur in Nuancen variiert werden. ohne ihre Identität Durch sensibel vorgenommene Veränderungen bleiben Marken aktuell, können Kundenerwartungen erfüllen und das Interesse der Kunden an der Marke halten. Marke sein heißt oft durchaus starr zu sein, doch immer flexibel genug, sich adäquat zum Wertewandel der Nachfrager weiterzuentwickeln. 40 Marken, die die entsprechende Anpassungsfähigkeit nicht besitzen oder bei denen in der Vergangenheit eine selbstähnliche Markenentwicklung versäumt wurde, sind heute nicht mehr auf dem Markt zu finden. Heruntergewirtschaftet verschlos unklare Positionierung gegenüber dem Wettbewerb. So oder ähnlich sind Dutzende von großen Marken in den vergangenen 30 Jahren allein in Deutschland einfach verschwunden. So starb mit der letzten vom Band gerollten Zündapp und 40 Morwind, K./Koppenhöfer, J./Nüssler, P. (2005), S. 622 56 Kreidler Florett oder dem letzten produzierten Nordmende Fernseher immer auch eine über lange Zeit aufgebaute Marke. Marken, die heute, wenn überhaupt, nur noch im Kopf der damaligen Kunden Emotionen und Sehnsüchte wecken können. Viele Topmanager scheinen den Wert von so mancher Traditionsmarke erst jetzt erkannt zu haben. Vereinzelt wird nun hektisch versucht, zu retten, was zu retten ist, denn der Aufbau eines neuen Namens kostet Zeit, eine Vision und Geld. So wurde die für tot geglaubte Marke Sinalco vom Duisburger Familienunternehmen Hövelmann jüngst mit zweistelligen Millionenbeträgen reanimiert. Inzwischen konnte die Limo mit dem roten Punkt in 2003 ein Umsatzwachstum von 20% verzeichnen. Kein Wunder, kennen doch über 80% aller Bundesbürger in West und Ost immer noch den Namen Sinalco41 und viele summen unwillkürlich Die Markenwertoptimierung bzw. -anpassung steht in vielen Unternehmen nicht unbedingt an erster Stelle. Andere Zielsetzungen scheinen von höherer Bedeutung zu sein, wie beispielsweise das Karriere-Denken einiger Markenmanager, kurzfristige Absichten zur Absatzerhöhung über Preisreduktionen, stetige nicht konsistente Veränderungen am Produkt, Preis oder Design. Im Spannungsfeld aus Aufbau einer eindeutigen Identität (Kontinuität) und der Notwendigkeit einer situativ bedingten Adaption an veränderte Rahmenbedingungen Verlust der Markenidentität bedeutet für eine Marke und deren Management eine große Herausforderung und bedarf Fingerspitzengefühl für die Marke und die jeweilige Marktsituation, Ausdauer und den Mut, Entscheidungen zu treffen. 57 Literaturverzeichnis Aaker, D. A. (1996): Building Strong Brands. Biel, A. L. (2001): Grundlagen zum Markenwertaufbau, in Esch, F.-R. (2005), Moderne Markenführung. Brandtner, A. (2004): Brandtner on Branding Die 7 Schlüssel zur Markenpositionierung. Brockhoff, K. (1999): Produktpolitik. Burmann, C./Blinda, L./Nitschke, A. (2003): Konzeptionelle Grundlagen des identitätsbasierten Markenmanagements. Allessandro, D. F./Owens, M. (2002): Was Marken unschlagbar macht Brand-Management. Davis, S. (2000): Brand Asset Management 10 goldene Regeln für exzellentes Driving Profitable Growth Through Your Brands. 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