Eine Zusammenfassung von Sabrina Gantenbein GS212

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Eine Zusammenfassung von Sabrina Gantenbein
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Der Imperialismus: eine neue Wende der Weltpolitik
Der Imperialismus beruhte auf einer Reihe von Ursachen und Voraussetzungen:
Wirtschaftliche Ursachen
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Grosse Depression 1873, Angst um weiteres wirtschaftliches Wachstum
Schutzzollpolitik lässt die Märkte enger werden
Ausweichmöglichkeit war Ausdehnung auf entfernte Kolonien
Siedlungs- und Bevölkerungspolitik
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Bevölkerungsdruck im eigenen Land wird verringert
Neue Märkte und Landwirtschaftsgebiete in Übersee durch Auswanderer aus dem
eigenen Land
Nationalismus
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Imperialismus war auf politischer Ebene die logische Fortsetzung des Nationalismus.
Grosse Nationalstaaten sind gefestigt und neue Herausforderungen werden gesucht.
Jenseits der Meere sollte die Nation ihre zukünftige Grösse erhalten.
Kulturelles Sendungsbewusstsein
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Jede Nation hoffte durch die imperialistische Politik ihre Zivilisation, ihre Sprache und
manchmal auch ihre Religion weltweit zu verbreiten.
Sozialdarwinismus
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Fester Glaube an die Überlegenheit der „weissen Rasse“ über andere Völker der Welt.
Überlegene Rasse setzt sich im Kampf um das Dasein gegen die unterlegenen durch
Übertragung der darwinistischen Lehre auf die menschliche Gesellschaft
Strategische Erwägungen
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Besitz in Übersee militärisch absichern
Gebiete abrunden und Stützpunkte erwerben
Technische Voraussetzungen
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Keine technischen Schwierigkeiten mehr (Nachrichtenübermittlung, Transportwesen,
Medizin und Waffentechnik)
Europäische Kolonialisten überwanden Entfernungen, Tropenkrankheiten und brachen
den Widerstand der unterworfenen Völker.
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Sabrina Gantenbein
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Der Aufbau der Imperien
2.1 Die Anfänge des britischen Weltreichs
Am Anfang des 19. Jahrhunderts war Grossbritannien die einzige Macht, die ein
Kolonialreich besass. Die alten Kolonialmächte Spanien, Portugal und die Niederlande
hielten nur noch bescheidene Überbleibsel. Die Siege Grossbritanniens zur See über
Napoleon I. hatten das französische Kolonialreich vollständig zertrümmert und der britischen
Flotte die uneingeschränkte Herrschaft über die Weltmeere gebracht.
Die Briten nutzten ihre unangefochtene Stellung dazu in Kanada, Südafrika, Australien und
Neuseeland die Einheimischen zu verdrängen und das Land zu erschliessen, besiedeln und
eine Verwaltung aufzubauen. Sie dehnten ausserdem ihr Einflussgebiet in Indien, Birma und
Malaysia aus. 1877 nimmt die englische Königin den Titel „Empress of India“ an. Den
Seeweg von Europa zu den Kolonien sicherten die Briten mit zahlreichen Stützpunkten.
2.2 Frankreich: die Wiederentstehung der „Grande Nation“
Für Frankreich war der Verlust der Kolonien ein herber Rückschlag. Eine Reihe von
Wirtschaftszweigen erlitten Einbussen. Noch bedeutender jedoch war der Niedergang von
Grösse und Macht. Die Nation, die sich unter Napoleon der Weltherrschaft nahe gewähnt
hatte, empfand es als bedrückend, sich auf das begrenzte Land zwischen Ärmelkanal und
Mittelmeer, zwischen Atlantik und Rhein beschränkt zu sehen.
Die französischen Herrscher versuchten darum, Frankreich wieder in altem Glanze erstehen
zu lassen. Bezeichnenderweise erfolgten die wichtigsten Erwerbungen in Zeiten
innenpolitischer Krisen.
• 1830 (Julirevolution) besetzen französische Truppen Algier, 1847 nach Kämpfen
Unterwerfung von ganz Algerien
• weitere Stützpunkte in Westafrika, südliche Fortsetzung des Mutterlandes im
nordwestlichen Drittel Afrikas
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•
Bau des Suezkanals in den Jahren 1959-69 unter Napoleon III. Der Kanal führte auf
ägyptischem Gebiet vom Mittelmeer zum Roten Meer und verkürzte den Seeweg von
Europa nach Asien. Der Kanal führte zu neuer Macht und Prestige und die
Mittelmeerhäfen wurden wieder an den Haupthandelsweg angeschlossen.
• 1867 setzen sie sich auch in Indochina fest zu einer Zeit, wo Napoleons Regime schon
beträchtlich wankte und dringend aussenpolitische Erfolge brauchte
Bis anhin waren die Franzosen den britischen Kolonialinteressen nicht in die Quere
gekommen, dies änderte sich aber mit Ägypten. Es war für den Seeweg nach Indien
strategisch wichtig. Mit dem Erwerb der Mehrheit der Suezkanal-Aktien durch Benjamin
Disraeli im Jahre 1875 konnte GB aber den Einfluss in Ägypten entscheiden stärken.
2.3 Russland: Der Drang zum warmen Meer
Die Ausdehnung Russlands spielte sich gleich wie in Amerika ausschliesslich auf dem
Landweg ab. Das Reich, das so zwischen 1550 und 1850 wuchs, umfasste fast die gesamte
Landmasse des nördlichen Asiens. Es hatte jedoch nur an ganz wenigen Stellen Zugang zu
einem Meer, das ganzjährig eisfrei blieb. Sie waren dann auch Binnenmeere, die leicht von
feindlichen Grossmächten für russische Schiffe abgesperrt werden konnten. Sichere Häfen
an den offenen Weltmeeren erschienen dem Zaren deshalb Voraussetzung dafür, in der
grossen Weltpolitik mitspielen zu können.
• Bis zum ersten Weltkrieg unterwarf das Zarenreich die Länder südlich des Kaukasus und
Innerasiens. Eine Vielzahl von Völkern kam unter russische Herrschaft.
• Der Durchbruch zum Indischen Ozean gelang ihnen jedoch nicht, weil sie da auf britische
Interessen stiessen. So wurde der britisch-russische Interessengegensatz im Orient und
in Asien im 19. Jahrhundert zu einer Konstanten der Weltpolitik.
• Mehr Erfolg hatten sie beim Vorstoss zum Japanischen Meer. Der russische Zar zwang
China zur Abtretung des Gebietes am Unterlauf des Amur sowie des Küstenabschnitts
von der Armurmündung bis zur Grenze Koreas.
2.4 Deutschland: der Einstieg in die Kolonialpolitik unter Bismarck
Der Erwerb von Kolonialreich lag für Deutschland für lange Zeit ausserhalb des Denkbaren.
Diese Ausgangslage änderte sich nach der Reichsgründung nur langsam. Als das Reich aber
gefestigt war begann es begleitend zur wirtschaftlichen Expansion im Zeichen des
Freihandels den deutschen Handel in Übersee zu unterstützen.
Ein wichtiges Hindernis für die eigentliche Kolonialherrschaft war der Reichskanzler Bismarck
selbst. Er wollte vermeiden, dass sich Deutschland wegen kolonialer Interessengegensätze
die Feindschaft anderer europäischer Grossmächte einhandelte. Ausserdem betrachtete er
Kolonien als unnötigen Luxus.
Diese Politik wurde jedoch 1884/85 aufgegeben. In kürzester Zeit sicherte sich Deutschland
eine Reihe sogenannter Schutzgebiete in Afrika sowie einige Inseln im Pazifik. Dazu
gehörten die heutigen Länder Kamerun, Namibia, Tansania und Togo. Es gab drei wichtige
Gründe für den Richtungswechsel:
• Das deutsche Reich befand sich in einer aussenpolitisch günstigen Lage. Alle
Grossmächte ausser Frankreich suchten die Freundschaft Deutschlands.
• Der Druck der deutschen Öffentlichkeit zugunsten einer imperialistischen Politik wuchs.
• Allmählich schlossen sich dir Tore für den Freihandel, denn die noch nicht kolonisierten
Gebiete wurden besetzt.
Das neue deutsche Kolonialreich nahm sich im Vergleich zum britischen oder auch zum
französischen Imperium bescheiden aus.
In den neunziger Jahren wurde die imperialistische Politik Deutschlands von Willheil II geführt
(wilhelminische Weltpolitik). Es gab kaum Landgewinn doch trug sie entscheidend zur
Verschärfung der kolonialen Gegensätze zwischen den Grossmächten bei.
2.5 Japan: Politik nach westlichem Muster
In der Zeit der grossen Entdeckungen war Japan eine Feudalgesellschaft unter der formellen
Herrschaft der Kaiser und der tatsächlichen Herrschaft der Schogune. Aus Furcht vor
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fremden Einflüssen schlossen diese das Inselreich gegen aussen ab, bis es 1854 zur
Öffnung für ausländische Handelinteressen gezwungen wurde. Dabei drohte Japan
kolonisiert zu werden. Das Land erneuerte sich jedoch mit den Meiji-Reformen nach
westlichem Vorbild und industrialisierte sich aus eigener Kraft.
Folgende wichtige Voraussetzungen bildeten die Grundlage für diese erstaunliche
Entwicklung:
• Die gute Erschliessbarkeit des Inselreiches auf dem Seeweg
• Eine ertragreiche Landwirtschaft und Fischerei als sichere wirtschaftliche Grundlage der
japanischen Gesellschaft
• Ein seit Jahrhunderten überliefertes, hoch stehendes Handwerk
• Ein guter Bildungsstand der Bevölkerung, vor allem verbreitete technische Fähigkeiten
sowie ein geringes Analphabetentum
Die für die Industrie benötigten Rohstoffe wie Kohle versuchte sich Japan durch den Erwerb
von Kolonien in Ostasien zu sichern. Damit wurde es zur einzigen Kolonialmacht ausserhalb
des europäischen Kulturkreises.
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Imperialismus und weltpolitische Konflikte 1870-1890
3.1 Erste Zusammenstösse und Konferenzen: Bismarck als Schiedsrichter
Mit dem Premierminister Benjamin Disraeli ging Grossbritannien in eine offene
Imperialismuspolitik über. Disraeli forderte offen die Wiederherstellung und den Ausbau des
britischen Weltreiches und gewann rasch Anhänger in der Öffentlichkeit. Das Ziel des neuen
britischen Imperialismus lag in Afrika, dafür gab es drei wesentliche Gründe
• Das Innere dieses Kontinents war den Europäern kaum bekannt. In den Köpfen der
Europäer setzte sich die Vorstellung fest, Afrika sei ein herrenloser Kontinent.
• Afrika versprach eine reiche Ausbeute an Bodenschätzen (Diamanten). Ausserdem
besassen sie seit längerem die Kapkolonie wobei Kapstadt ein wichtiger Stützpunkt auf
dem Seeweg nach Indien bildete.
• Der Suezkanal war eröffnet worden. Für Grossbritannien erlangte deshalb Ägypten eine
entscheidende strategische Bedeutung.
Gleich nach dem Amtsantritt von Disraeli 1874 folgten Taten:
• Gründung Kronkolonie Goldküste, das spätere Ghana
• 1875 gelingt Disraeli ein Überraschungsstreich. Er erwirbt die Mehrheit der SuezkanalAktien, womit GB die strategische Kontrolle darüber erhält.
• Durch den Erwerb von Zypern verstärkten sie den Einfluss im östlichen Mittelmeer
Frankreich sah seinen Einfluss im Mittelmeerraum gefährdet, sie gingen deshalb zum offenen
Imperialismus über:
• Protektoratsvertrag über Tunis
Den Erwerb der Schutzrechte über Tunis verärgerte die Italiener. Sie sahen in Tunesien –
ähnlich wie die Franzosen in Algerien –die vermeintlich natürlich Fortsetzung des eigenen
Staatsgebiets jenseits des Mittelmeers. Es wurde das italienische Begehren nach
Kolonialbesitz geweckt.
Das Ausgreifen der europäischen Mächte weckte wiederum den Widerstand der Muslime.
Vor allem in Ägypten, einem Land mit einer langen Geschichte und stolzen Tradition,
entstand eine antikolonialistische, nationalistische Bewegung. Es kam zu Aufständen gegen
die Europäer, die die Sicherheit des Suezkanals gefährdeten. Grossbritannien entschloss
sich deshalb militärisch einzugreifen.
William Ewart Gladstone, der neue Premier der Briten, beabsichtigte aber keine dauerhafte
Besetzung von Ägypten und rechnete mit einem zeitlich beschränkten Truppeneinsatz. Der
britische Militäreinsatz löste jedoch einen weiteren moslemischen Aufstand aus, diesmal im
Sudan. Mohammed Achmed rief dort zum Heiligen Krieg gegen das von den Briten
abhängige Ägypten auf. Darum sahen sich die Briten gezwungen ihre Anwesenheit am Nil zu
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verlängern und Ägypten als Protektorat seinem Empire einzuverleiben – sehr zum Missfallen
der Franzosen.
Dieses Beispiel zeigt deutlich, wie die Krisen in den kolonialisierten Ländern selbst zum
Imperialismus einheizten.
Abb. S. 22
Das Deutsche Reich hielt sich aus dem Gerangel um Nordafrika heraus. Es kam allmählich in
die Rolle des Schiedsrichters in kolonialen Fragen. In der Frage, wem das riesige
Kongobecken zufallen sollte, bot Bismarck seine Vermittlerdienste an. Es gelang ihm im
Winter 1884/85 alle Kolonialmächte zur Kongo-Konferenz nach Berlin zu rufen. Es wurden
zwei wichtige Übereinkünfte erzielt:
• Das Kongobecken wurde dem belgischen König Leopold II. zugesprochen, der das
Gebiet faktisch als Privatbesitz verwaltete. Indirekt kam Belgien auf diese Weise zu
einem Kolonialbesitz, der das kleine Mutterland um das Achtzigfache übertraf. Frankreich
war damit sehr zufrieden, kam das Kongobecken doch in das Einflussgebiet der
französischen Kultur.
• Im Weiteren wurde ganz Zentralafrika also auch der Kongo zu einer Freihandelszone
erklärt. Diese Lösung kam wiederum der Handelsmacht Grossbritannien entgegen.
Die britische und französische Befriedigung drückte sich darin aus, dass beide Mächte nun
auch dem Deutschen Reich Kolonien in Afrika zugestanden.
3.2 Die Ausgangslage nach der Berliner Kongo-Konferenz
Bis zur Berliner Kongo-Konferenz zeichneten sich erste Konflikte ab, die jedoch noch keine
bedrohlichen Formen annahmen. Noch gab es genügend räumliche Ausweichmöglichkeiten.
Eine leichte Beute für die imperialistischen Mächte war neben dem Innern Afrikas vor allem
die Randgebiete Chinas und des osmanischen Reiches. Die innere Schwäche dieser beiden
alten Reiche verhinderte einen wirksamen Widerstand gegen die Europäer.
In den achtziger Jahren zeichneten sich auch die Gegnerschaften und Bündnisse ab, die bei
der weiteren Aufteilung der Welt wirksam wurden. Noch immer gab es drei grosse
imperialistische Mächte: Grossbritannien, Russland und Frankreich. Wobei sich Frankreich
und Russland nicht in die Quere kamen. Das förderte eine Zusammenspannen wobei sich
die Briten in der „Splendid Isolation“ übten. Sie fühlten sich stark genug um gegen diese
Bündnisse alleine dazustehen.
Als Bismarck sich von der politischen Bühne verabschiedete pokerte eine vierte Macht um
das knapper werdende Land.
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3.3 Die grossen Schauplätze des Imperialismus
Die Unterwerfung ganzer Kontinente war der Ausdruck einer immer krasseren Zweiteilung
der Welt in starke und schwache, in wirtschaftliche entwickelte und weniger entwickelte
Länder.
3.3.1 Indien: das schönste Juwel der britischen Krone
Indien, zudem auch neben dem heutigen Indien auch Pakistan und Bangladesch gehörte,
war der Kern des britischen Kolonialreiches.
Seit er Gründung der „Ostindischen Handelskompanie“ war Indien grossenteils besetzt und
für britische Wirtschaftsinteressen erschlossen. Noch aber unterstand der Subkontinent nicht
unmittelbar der staatlichen Herrschaft Grossbritannien. Indien bildete in der ersten Hälfte des
19. Jahrhunderts vor allem einen Bestandteil des weltumspannenden britischen
Wirtschaftsraumes. Danach begannen die britischen Verwalter, Indien politisch und kulturell
auf England auszurichten. Sie gaben christlichen Missionsgesellschaften freie Hand bei
ihrem Wirken, gestalteten das Bildungssystem nach britischem Muster um und bekämpften
alte indische Sitten. Gleichzeitig bauten die Briten eine moderne Infrastruktur auf.
Die zunehmende Verwestlichung Indiens löste zusammen mit der fortwährenden
Expansionspolitik der Briten 1857 einen grossen Aufstand aus. Der Aufstand konnte nur
mühsam unterdrückt werden und die Aufrührer wurden grausam bestraft. Dies führte zu einer
Änderung der Indien-Politik.
Die „Ostindische Handelskompanie“ wurde aufgelöst und Indien 1858 als Kolonie direkt der
britischen Krone unterstellt. Ein englischer Vizekönig übernahm in Kalkutta die
Regierungsgeschäfte. Die zerrütteten Verhältnisse im kolonisierten Gebiet erzwangen also
den Übergang zu seiner politischen Beherrschung.
Die britische Verwaltung schuf eine völlig neue Form der Kolonialherrschaft. Hier hatte es nie
eine dauerhafte europäische Besiedlung gegeben. Die verschwindend kleine britische
Minderheit in Indien entwickelte keinen Bezug zur indischen Gesellschaft. Als über alle
Massen bevorzugte Oberschicht lebte sie völlig abgeschirmt vom indischen Alltag. Diese
Lebensweise nährte einen Überlegenheitsdünkel der Europäer. Die Bewunderung wich einer
Geringschätzung der Fremdartigen. Die Asiaten galten zunehmend als träge, hinterhältig und
korrupt.
Entsprechend gewährten die Briten den Indern keinerlei Mitbestimmung in der Verwaltung
des Landes. Die Kolonie wurde ausschliesslich von einer kleinen Gruppe von Vertretern des
Mutterlandes regiert. 1877 wurde Indien zum Kaiserreich erklärt und Königin Viktoria
erhielt den Titel „Empress of India“.
3.3.2 Die Aufteilung Afrikas
Die Kolonialmächte gingen mit dem Ziel nach Afrika, grossräumige Kolonialreiche zu
erwerben und spielten im „scramble of Africa“. Auch zweitrangige Kolonialmächte wie
Spanien, Portugal, Italien oder Belgien erhielten ihren Anteil.
Die Europäer gingen davon aus, dass Afrika ein herrenloses Land sei. Sie setzen darum die
Grenzen ihrer Kolonialgebiete willkürlich mit dem Massstab. Die kulturellen Gemeinschaften
und gesellschaftlichen Strukturen, die es in Afrika natürlich gab, wurden durch die koloniale
Grenzziehung zerschnitten.
Grossbritannien
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Den grössten Gebietsanteil sicherte sich auch in Afrika Grossbritannien.
Zuerst setzten sie sich an der westafrikanischen Goldküste fest und wenig später folgte
Nigeria.
Unter dem Schlagwort „from the Cape to Cairo“ besetzte Grossbritannien in den achtziger
Jahren das Betschwanaland (Botswana), Rhodesien (Sambia und Simbabwe), Kenia und
Uganda.
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Frankreich
• Grosse Teile Westafrikas, der Sahara sowie das nördliche Kongobecken und
Madagaskar
• Kolonialreich von Dakar im Westen bis Djibouti im Osten
• Diese Raumvorstellung Frankreichs durchschnitt sich im Sudan mit jener
Grossbritanniens.
Deutschland
•
•
Nach der Berliner Kongo-Konferenz erwarb Deutschland die Schutzgebiete
Südwestafrika (Namibia), Togo, Kamerun, Tansania, Ruanda und Burundi
Die deutsche Stossrichtung stand der britischen Nord-Südverbindung entgegen
Italien
•
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Besetzte Eritrea und weite Teile Somalias, später Libyen
Wollten auch Äthiopien unterwerfen um Eritrea und Somalia miteinander zu verbinden
Belgien
•
Faktisch war das ganze Kongobecken dem belgischen König Leopold II zugesprochen
der es aber stark in Misswirtschaft führte. Der belgische Staat musste den Kongo darum
übernehmen.
Portugal und Spanien
• Portugal behielt seine alten Kolonien Guinea-Bissau, Angola und Moçambique
• Spanien behielt seine kleine Kolonie Rio Muni mit vorgelagerten Inseln in Zentralafrika
Die Zusammenstellung enthält zwei wesentliche Zusammenstösse zwischen den
Kolonialmächten. Erstens kreuzte sich die französische West-Ost-Raumidee mit der
britischen „Cape to Cairo“-Linie. Zweitens standen der Nord-Südverbindung der Briten auch
die deutschen Interessen entgegen.
Der deutsch-britische Interessengegensatz konnte 1890 im Helgoland-Sansibar-Vertrag
frühzeitig beigelegt werden. Das Deutsche Reich tauschte die Insel Sansibar vor der Küste
Ostafrikas gegen die britisch besetzte Insel Helgoland. Mit dem Vertrag verzichteten beide
Mächte auf eine durchgehende Landverbindung in Afrika.
Der britisch-französische Gegensatz im Sudan verlief in der Faschodakrise 1898 weniger
glimpflich. Dabei kam es beinahe zu einem bewaffneten Konflikt, weil die Franzosen sich
weigerten das Gebiet am Nil zu räumen, auch aus Prestige und nationalistischen Gründen.
Schliesslic h gab die Linksregierung in Paris nach, weil die Franzosen die Deutschen nicht
noch einmal als Schiedsrichter sehen wollten. Ausserdem hatte das Gebiet am Weissen Nil
keine besondere wirtschaftliche Bedeutung. Die Bewältigung der Faschodakrise führte zur
Entspannung zwischen Frankreich und England, die bisher in scharfer Konkurrenz gestanden
hatten. Sie bildete ausserdem den Abschluss der Aufteilung von Afrika.
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3.3.3 China: Politik der offenen Tür
China, das Reich der Mitte, sah sich nicht weniger als Europa als Mittelpunkt der Welt an. Es
gab zwei Unterschiede zwischen der Kolonie Indien und China. Erstens nahmen in China im
Gegensatz zum britisch beherrschten Indien eine Vielzahl von Kolonialmächten Einfluss.
Zweitens kam das ostasiatische Kaiserreich nie ganz unter eine direkte Kolonialherrschaft.
Vielmehr bestanden dort halbkoloniale Verhältnisse.
Der Vergleich zwischen China und Japan: Japan schaffte es aus eigener Kraft, sich zu
modernisieren, den Anschluss an die westliche Kultur zu finden und damit eine
Kolonialisierung zu verhindern. In China dagegen waren die Bremskräfte des eigenen
Herrschaftssystems zu stark, als dass sich das Reich aus eigenem Antrieb hätte erneuern
können.
Die chinesischen Herrscher fühlten sich den Europäern überlegen. Im „Ersten Opiumkrieg“
1840-1842 kam jedoch ein böses Erwachen. Die Briten erzwangen den freien Handel für
europäische Kaufleute in China. Die imperialistischen Mächte erwarben ausserdem
Niederlassungen in China, zum Beispiel Grossbritannien Hongkong, Russland Gebiete im
Norden und Japan Taiwan. Der handlungsunfähige Kaiserhof musste den Ausländern freie
Hand bei der Ausbeutung des Landes lassen.
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Die Mandschu-Kaiser erwiesen sich als unfähig, angemessen auf die eintretenden
Verhältnisse zu reagieren. Korruption und Geldnot lähmten die Regierungsgeschäfte;
Aufstände erschütterten das Reich.
Das chinesische Kaiserreich war nunmehr eine tote Larve, die von fremdem Getier bewohnt
wurde. Die fremden Mächte erzwangen zusammen die Errichtung von Gesandtschaften in
Peking, die volle Bewegungsfreiheit für christliche Missionare sowie die Erlaubnis, auf eigene
Rechnung Eisenbahnen und Bergwerke zu errichten und zu betreiben.
Die Mächte passten sehr gut auf, dass sich niemand ein zu grosses Stück vom Kuchen
abschnitt. Vorallem die Amerikaner drängten auf eine „Politik der offenen Tür“. Im JangtseAbkommen 1901 vereinbarten die imperialistischen Mächte den freien Handel auf den
Flüssen und an der Küste Chinas, wobei sich Russland und Japan der Übereinkunft nicht
anschlossen. Sie wollten weiteren Gebieterwerb.
Dies hatte verheerende soziale Auswirkungen. Die Einfuhr von Industrieerzeugnissen
verdrängte das einheimische Handwerk, und der Handel gelangte in die Hände der
Europäer. Die Lebensbedingungen der Chinesen verschlechterten sich dramatisch, bei
gleichzeitig stark wachsender Bevölkerung.
Die sozialen Spannungen, aber auch die unsägliche Demütigung des einst so stolzen Chinas
erzeugten einen revolutionären Druck. Die Aufstände richteten sich zunächst gegen die
kaiserliche Regierung, später jedoch zunehmend den „fremden Teufeln“. Im Boxeraufstand
wurden europäische Niederlassungen gestürmt und zum Christentum bekehrte Chinesen
getötet.
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3.3.4 Amerika: die Hegemonialmacht und ihr Hinterland
Die Vereinigten Staaten nahmen nicht nur immer mehr Einfluss auf die Wirtschaft Süd- und
Mittelamerikas, sondern bestimmten auch das politische Schicksal der Kontinents. Die
Länder wurde zu blossen Zudienern für die Bedürfnisse eines einzigen Staates abgewertet,
sie wurden zum Hinterland der USA.
Mit der Monroe-Doktrin 1823 verwahrten sich die USA gegen den Zugriff der europäischen
Mächte auf den amerikanischen Kontinent. Vordergründig um deren Unabhängigkeit zu
schützen, jedoch wollten sie ihr Revier von Eindringlingen frei halten. Später kauften sie dem
russischen Zaren Alaska ab.
Durch die „Manifest Destiny“ meinten die USA, es sei vom Schicksal bestimmt, den
amerikanischen Doppelkontinent in Besitz zu nehmen. Auf dieser Grundlage wurde die
ehemalige Kolonie nun selbst zur Kolonialmacht.
Es ergaben sich zwei logische Zielrichtungen:
• Der Aufstieg zur Hegemonialmacht auf dem amerikanischen Doppelkontinent führte zu
einer Ausrichtung nach Süden. Der karibische Raum und Lateinamerika rückten in das
Blickfeld der amerikanischen Expansionspolitik.
• Ausserdem wollten sie den neu erschlossenen Gebieten an der Westküste zu einem
Aufschwung verhelfen indem sie den wirtschaftlichen Zugang zu Asien öffneten. Japan
und China lagen für die USA im Westen.
Die Nordamerikaner übten faktisch die Hoheit über Währung und die Staatsfinanzen aus
(Dollarimperialismus). Ausserdem verhinderten sie jegliche Anstrengungen, sich zu
grösseren staatlichen Einheiten zusammenzuschliessen. Je kleiner und uneiniger die
lateinamerikanischen Staaten untereinander waren, desto einfacher waren sie von aussen zu
lenken. Sie führten sämtliche Anstrengungen mit moralischen Begründungen und drohten mit
militärischer Intervention. Die USA konnte sich diese indirekte Herrschaft aus drei Gründen
leisten:
• Dank der Monroe-Doktrin standen die USA in keinem Wettbewerb mit anderen Mächten.
• Nationales Selbstbewusstsein der USA brauchte kein Kolonialreich.
• In Südamerika traten die USA bereits auf koloniale Strukturen, welche die Spanier und
Portugiesen hinerlassen hatten. Es gab keine traditionellen Widerstand in der
Gesellschaft.
Der Sieg gegen Spanien 1898 und die Besetzung Kubas leitet in Mittelamerika eine offen
imperialistische Politik ein, zu deren Mitteln Protektorate und Militärinterventionen gehörten.
Im Pazifikraum erwarben die USA 1867 von Russland Alaska, 1898 von Spanien die
Philippinen und ferner Hawaii. Das erlaubte es ihnen, ihren Einfluss in China geltend zu
machen. Der Panamá-Kanal zwischen Pazifik und Atlantik rundete den amerikanischen
Einflussbereich ab.
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Die Rückwirkungen des Imperialismus auf Europa
Der imperialistische Wettlauf führte zu scharfen Gegensätzen zwischen den europäischen
Mächten und belastet allmählich das Klima in Europa erheblich. Der Schlusspunkt und
gleichzeitig der Höhepunkt dieser Entwicklung war der Erste Weltkrieg, der 1914 in Europa
ausbrach. Eine Schlüsselrolle bei dieser Entwicklung spielte das Deutsche Reich und Kaiser
Wilhelm II.
4.1 Deutschland: „Die Zukunft liegt auf dem Meere“
Die Aussenpolitik des jungen Deutschland wurde zunächst von Bismarck stark beeinflusst.
Als aber Kaiser Wilhelm II, der 1888 auf den Thron gekommen war, änderte sich dies, er
entliess seinen Kanzler 1890.
Während Bismarck unter Kaiser Wilhelm I. darauf bedacht gewesen war, die übrigen
europäischen Grossmächte nicht gegen Deutschland aufzubringen, strebte Wilhelm II. für
sein Reich Weltgeltung um jeden Preis an.
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Unter Bismarck hatte sich die Feindschaft zu Frankreich und die Freundschaft zu ÖsterreichUngarn ungefähr die Waage gehalten. Es gab ein konfliktfreies Verhältnis zu Grossbritannien
und nicht ganz verbindliche Bündnisverträge mit Russland. Um Weltpolitik zu betreiben war
nach der Meinung Wilhelm II. jedoch ein fester Bündnispartner nötig. Man konnte sich jedoch
von Anfang an nicht zwischen Russland und Grossbritannien entscheiden und schlussendlich
machte man sich beide zum Feind.
1887 hatte sich Bismarck die Freundschaft zu Russland erkauft, indem er mit ihnen einen
Rückversicherungsvertrag abschloss. Dessen Inhalt billigte die Expansionsaussichten
Russlands, die jedoch Österreich-Ungarn in die Quere kam. Der Vertrag war deshalb
geheim. Wilhelm II. weigerte sich dann im Jahre 1890 diesen Vertrag zu erneuern, was zum
Sturz Bismarcks führte.
Die Abkehr von Russland hatte seinen Grund. Wilhelm II. hatte im Sinne das innerlich
geschwächte Osmanische Reich zu besetzen, denn es galt als Angelpunkt zwischen den drei
Kontinenten Europa, Asien und Afrika.
Der deutsche Imperialismus zielte nun also auf das Osmanische Reich. Deutschland ging
dabei sehr geschickt vor. Man vermied es, Teile des Osmanischen Reiches zu besetzen.
Deutschland hoffte, den Sultan mit der Zeit völlig von seiner Unterstützung abhängig zu
machen und so politisch zu beherrschen. Das Osmanische Reich wäre als Marionettenstaat
faktisch zu einem deutschen Protektorat geworden.
Dies ging den Interessen Russland völlig zuwider. Der Preis für die Abkehr Deutschlands war
hoch. Russland verbündete sich 1892 mit Frankreich.
In der Folge versuchte Deutschland Grossbritannien zu übertrumpfen. Das Land, das sich
noch immer in „Splendid Isolation“ übte, wäre mit Deutschland nur ein Bündnis eingegangen,
wäre Deutschland als Bittsteller aufgetreten. Das wollten diese auf ihrem Weg zur Weltmacht
aber auf keinen Fall. Darin liegt der Kern jener Politik, die man als „neuen Kurs“ bezeichnet.
Die Annäherung durch die deutsch-britische Zusammenarbeit im Helgoland-Sansibar-Vertrag
1890 hielt nicht lange an. Den Hintergrund dazu bildete das Misstrauen gegenüber deutscher
Weltpolitik, das ganz allgemein bestand, unabhängig davon, welche Schritte nun die
deutsche Politik unternehmen würde.
Das Misstrauen wurde bei den Briten durch das deutsche Engagement im Osmanischen
Reich noch verstärkt. Obwohl der Kaiser die Briten vor den Kopf stiess (Krüger-Telegramm),
prüften die Engländer während der Faschodakrise die Möglichkeiten eines Bündnisses zu
Deutschland, damit sie schlussendlich nicht vor einem ihnen verfeindetem Block stehen
würden. Deutschland weigerte sich jedoch und so kam kein Bündnis zu Stande. Dafür söhnte
sich Grossbritannien nach Faschoda allmählich mit Frankreich aus und näherte sich damit
der russisch-französischen Allianz.
Auch die deutsche Flottenpolitik stand den Briten entgegen. Als Insel musste Grossbritannien
im Kriegsfall zu seiner Versorgung mit Lebensmitteln und Rohstoffen die Seewege freihalten
können. Aus diesem Grund hielten sich die Briten eine Kriegsflotte, die jede andere
Seestreitkraft um ein Mehrfaches an Grösse und Schlagkraft übertraf.
Auch das deutsche Reich betrachtete die Kriegsflotte als Rückgrat seiner imperialistischen
Machtpolitik. Ab 1898 begann das Reich zur See aufzurüsten. Die Briten fühlten sich bald
bedroht. Vor allem, weil auch die USA, Japan und Russland ihre Flotten ebenso rasch oder
sogar rascher aufrüsteten als Deutschland.
Deutschland wurde um die Jahrhundertwende von einem richtigen Schiffsfimmel
heimgesucht. Die politischen Entscheidungsträger versuchten mit allen Mitteln dem Volk
einzuhämmern, dass es ohne starke Kriegsflotte dem Untergang geweiht sei.
Durch die aggressive Flottenpropaganda in Deutschland fand in der stärksten Seemacht der
Welt, in Grossbritannien, ihr Feindbild. Die deutsche Führung machte sich ohne Not und
mehr durch ihre verbale Protzerei als durch ihr Handeln Grossbritannien zum Feind. Man
erklärte sich dies so: Durch den raschen gesellschaftlichen Wandel in Deutschland, durch die
Modernisierung und vor allem durch den politischen Erfolg der Sozialdemokratie führten sich
die konservativen Führungsschichten in ihrem Selbstverständnis bedroht. Das Prestige der
stolzen Schlachtschiffe glich den schleichenden Verlust an gesellschaftlichem Gewicht aus.
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4.2 Die Brennpunkte imperialistischer Interessengegensätze um 1900
Konflikt zwischen Japan und China um die Vorherrschaft in Korea 1894
Der Konflikt weitete sich 1894 zum Krieg zwischen beiden Ländern aus. Die Japaner gingen
als Sieger davon und holten sich eine Reiche Beute. Diese wurde ihnen jedoch sofort durch
Deutschland, Russland und Frankreich streitig gemacht. Die Japaner ladeten den Chinesen
darum eine noch höhere Strafe auf. China war ruiniert und wurde von Japan ausgenommen.
Dies führte zum Konflikt zwischen Japan und Russland und wiederum zum Krieg aus dem
Japan als Sieger hervorging.
Faschodakrise im Sudan zwischen Grossbritannien und Frankreich 1898
Es kam zum offenen Konflikt um den Besitz des oberen Niltales. Der Rückzug der Franzosen
ebnete aber den Weg zum Ausgleich. Das Verhältnis entspannte sich soweit, dass man von
einer „Entente cordiale“ sprach. Die Entente richtete sich zunehmend gegen das
wilhelminische Deutschland.
Spanisch-amerikanischer Krieg in Kuba 1898
Als die Vereinigten Staaten danach ihre Beute in Besitz nahmen, kam es zu Reibereien mit
Deutschland, das gerne einen Teil der ehemals spanischen Kolonie Philippinen übernommen
hätte.
Indirekter deutscher Zugriff auf das Osmanische Reich
Von Russland aus drohte Deutschland der Wachmann am Bosporus zu werden. Das
versperrte ihren Drang zum warmen Meer. Ferner wurde Deutschland wegen seiner Politik
im Nahen Osten von Österreich-Ungarn abhängig, das die Brücke zum Balkan bildete. Es
war jedoch eine wacklige Stütze, denn die Nationalitätenkonflikte im Innern drohten es zu
zerreissen.
Die Briten wiederum hätten das Osmanische Reich am liebsten aufgeteilt, was Deutschland
aber vehement zurück wies.
Burenkrieg 1899 im Süden Afrikas
Die Siedler, vor allem Niederländer und deutsche und französische Protestanten, nannten
sich Buren und hatten im Süden Afrikas zwei unabhängige Staaten gegründet. Diese
Burenstaaten kamen jedoch der britischen Strategie in den Weg. Es kam zu Krieg. Die Briten
brauchten drei Jahre um die Buren zu besiegen und gingen dabei mit grosser Grausamkeit
gegen die burische Bevölkerung vor. Die britische Kriegsführung stiess in Europa auf
Abscheu, denn es war der erste Krieg, den man gegen weisse Siedler geführt hatte.
Deutschland machte keinen Hehl aus seiner Anteilnahme an der burischen Sache. Es kam
deshalb zur Verstimmung zwischen Grossbritannien und Deutschland.
Keiner dieser Konflikte mit einer Ausnahme führte zum Krieg. Es kam jedoch zu starren
Feindbildern. Diese begannen in den Köpfen zu wirken und schufen jene aggressivnationalistische Stimmung, die schliesslich 1914 in den Ersten Weltkrieg mündete.
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Die Europäisierung der Welt
Zum ersten Mal in der Geschichte hatte eine einzige Kultur die ganze Menschheit
unterworfen.
Im Allgemeinen erfolgte die Europäisierung unter Druck, Zwang und nackter Gewalt. In
Gebieten, welche die Europäer als Siedlungsraum in Besitz nahmen, wurde die
Urbevölkerung weitgehend verdrängt. In Nordamerika, Australien, Argentinien und
Neuseeland raubten die weissen Siedler den alteingesessenen Bewohnern ihre Jagdgründe
oder Äcker und damit ihre Lebensgrundlage. Aus Europa brachten sie den Alkohol und neue
Infektionskrankheiten mir. Beides raffte ganze Volkstämme dahin.
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5.1 Indien: „Die Last des weissen Mannes“?
Indien wurde im 19. Jahrhundert wirtschaftlich in das britische Empire und damit in den
Weltmarkt eingegliedert. Als Teil des britischen Wirtschaftsraums waren dem indischen
Subkontinent im Wesentlichen drei Aufgaben zugeteilt:
• Indien musste der Kolonialmacht Grossbritannien tropische Rohstoffe und Nahrungsmittel
liefern. Dazu gehörten Bauwolle, Farbstoffe, Gewürze, Tee und Reis.
• Das Land sollte diese Rohstoffe auch auf dem Weltmarkt ausserhalb des Britischen
Empire verkaufen und auf diese Weise Geld einbringen.
• Funktion eines sicheren Absatzmarktes für die britischen Erzeugnisse.
Grossbritannien musste grosse Investitionen in ihrer Kolonie tätigen. So wurde der Anbau der
tropischen Landwirtschaftserzeugnisse durch den Bau von Bewässerungsanlagen gefördert.
Besonders wichtig war es auch, das Innere des Subkontinents für die Güterbeförderung zu
erschliessen. Man begann darum mit dem Bau eines Eisenbahnnetzes in Indien. Das war mit
ein Grund, warum die Briten Indien unter ihrer direkten Herrschaft wissen wollten. Das
Eisenbahnnetz diente in erster Linie dazu, die Ausfuhr von Kolonialgütern zu erleichtern. Die
Hauptlinien liefen auf die wichtigsten Exporthäfen zu. Direkte Verbindungen zwischen den
Städten im Landesinnern fehlten dagegen zum Teil. Selbst die Einzelteile wurden nicht in
Indien, sondern in Grossbritannien hergestellt.
Auch im Bereich der Textilindustrie kam Indien in die Abhängigkeit Grossbritanniens, obwohl
das asiatische Land einst für seine Stoffe berühmt gewesen war. Im 19. Jahrhundert
verdrängten in Indien britische Erzeugnisse die handgefertigten einheimischen Textilien. Die
Briten zeigten keinerlei Interesse in Indien eine Industrialisierung in Gang zu bringen.
Die Briten modernisierten das Land und gliederten es in die Weltwirtschaft ein. Für diesen
Anschluss mussten die Inder aber einen Wucherpreis zahlen. Alle Aufwendungen der Briten
in Indien mussten von den Indern und deren Steuern bezahlt werden. Indien glich zudem den
ganzen Fehlbetrag des Empires aus.
5.2 Afrika: „Handel, Christentum und Zivilisation“
Afrika blieb dem weissen Mann lange Zeit verschlossen. Allein schon die Landschaftsgestalt,
das Klima, Krankheiten bewirkten dies. Das Bild vom „schwarzen Kontinent“ setzte sich in
den Köpfen der Europäer fest.
Der Sklavenhandel funktionierte zu dieser Zeit jedoch schon sehr gut. Die afrikanischen
Herrscher tauschten Menschen gegen Fertigwaren aus Europa, sei es Werkzeuge und bunte
Tücher, sei es gegen Waffen, mit denen sie die Sklaven jagen konnten.
Im 19. Jahrhundert verboten die europäischen Mächte den Sklavenhandel. Nach der
Niederlage der sklavenhaltenden Südstaaten im amerikanischen Sezessionskrieg um 1865
versiegte das Geschäft mit versklavten Menschen.
Dies benötigte nun eine stärkere Kontrolle der afrikanischen Gebiete. Die europäischen
Kaufleute forderten den Schutz ihrer Heimatstaaten an. Neu dazu kam Fortschritte in den
Bereichen der Medizin und der Waffentechnik. Früher hatte die Malaria die Menschen dahin
raffen lassen, das Chinin liess Malaria jedoch hemmen. Auch die Erfindung des
Maschinengewehrs stärkte die Kolonisatoren wesentlich.
Die afrikanische Bevölkerung war nun der Willkür der Kolonisatoren ausgesetzt. Die
Steuereintreibung glich einem organisierten Raubzug und nicht besser stand es mit der
Rechtssprechung. Das afrikanische Rechtssystem wurde weitgehend zerschlagen.
Die Menschen wurden ausserdem zur Zwangsarbeit gezwungen, was von den Afrikanern
meist noch drückender empfunden wurde als die Steuerlast und die fremde
Rechtssprechung.
Es bildeten sich zwei Formen aus, wie eine Kolonie regiert werden konnte:
Indirekte Herrschaft
Die indirekte Herrschaft wurde weitgehend von den Briten ausgeübt. Sie ging davon aus,
dass eine wirksame Kolonialverwaltung nicht auf die Hilfe einheimischer Kräfte verzichten
konnte. Die suchten darum die Zusammenarbeit mit afrikanischen Stammesfürsten.
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Die indirekte Herrschaft schuf nur ganz wenig Berührungspunkte zwischen dem
europäischen Beamtentum und der einheimischen Bevölkerung. In der Regel gab es in den
Kolonien nur einen kleinen Apparat weisser Beamter. Mit diesem System konnten die Briten
mit einem kleinen Personalbestand riesige Gebiete regieren.
Diese Methode löste bei der einheimischen Bevölkerung weniger Widerstand aus, als die
direkte Unterwerfung.
Direkte Herrschaft
Die Machtzentrale in Paris wollte in Afrika nichts dem Zufall überlassen und selbst den
kleinsten Verwaltungsvorgang genau geregelt wissen. So machten die französischen
Kolonialbeamten aus den lokalen afrikanischen Herrschern Vollzugsorgane der Verwaltung.
Befugnisse der Rechtssprechung standen ihm zwar nicht zu, er erhielt aber für die
Steuereintreibung eine Art Gehalt. Die französische Herrschaft war auf Assimilation
ausgerichtet. Die Afrikaner sollten die französische Sprache und Kultur übernehmen und
allmählich zu Franzosen erzogen werden.
In jedem Fall griffen die Europäer massiv in die gesellschaftlichen, kulturellen und
wirtschaftlichen Verhältnisse Afrikas ein. Zur Auflösung der althergebrachten politischen und
rechtlichen Ordnung, zur Zerstörung traditioneller Wirtschaftsstrukturen trat die willkürliche
Grenzziehung der imperialistischen Mächte. Alle diese Umstände bildeten ein gewaltiges
Hindernis für die zukünftige Entwicklung der afrikanischen Gesellschaften.
Ein weiteres Element war die christliche Mission, die die Menschen Afrikas zum Christentum
bekehren wollte. Sie federten den schockartigen Umbruch, den die koloniale Eroberung mit
sich brachte, damit ab, dass die den Afrikanern europäische Kulturtechniken beibrachten.
Dazu gehörten Lesen, Schreiben, Hygiene, Hauswirtschaft sowie landwirtschaftliches und
handwerkliches Fachwissen.
5.3 Australien: der ökologische Imperialismus
Beim Imperialismus gilt es auch ökologische Gesichtspunkte zu betrachten. Besonders
einschneidende Veränderungen löste der ökologische Imperialismus in Gebieten in Insellage
aus, die eine ganz eigene Flora und Fauna aufwiesen. In Australien zum Beispiel brachten
die landwirtschaftliche Nutzung sowie eingeführte Tiere und Pflanzen das Ökosystem aus
dem Gleichgewicht. Zugleich wurde die Urbevölkerung Opfer eingeschleppter Seuchen.
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Imperialismustheorien
Hobson: die ökonomische Imperialismustheorie
Hobson schloss aufgrund umfangreichen Zahlenmaterials auf einen direkten Zusammenhang
zwischen der Ausdehnung des britischen Empires nach 1879 und dem raschen Wachstum
der britischen Investitionen in Übersee. Daraus leitete er folgende Theorie ab: Weil die
Märkte in den Industriestaaten gesättigt seien, suchten Kapitalbesitzer nach neuen
Investitionsmöglichkeiten. Sie nutzten ihren Einfluss auf die Politik um den Staat zu einer
imperialistischen Politik zu bewegen.
Die stete Verbesserung der Produktionsmethoden und die zunehmende Konzentration des
Kapitals in wenigen Händen verstärkten nach Hobson diesen Mechanismus. Der Staat soll
für viel Geld irgendein fernes, unerschlossenes Land erwerben, das die Kapital- und
Warenüberschüsse seiner Industrie aufnehmen kann. Der beschriebene Mechanismus führt
zu einem eigentlichen Wettlauf um die Gebiete, die noch von keiner Macht besetzt sind. Der
Imperialismus führt notwendigerweise zu einem Krieg zwischen den Grossmächten.
Weber: eine soziologisch-politische Imperialismustheorie
Der Imperialismus beruhte nach Weber auf den machtpolitischen und gesellschaftlichen
Ansprüchen bestimmter Schichten. Die Führungsschicht der Industriestaaten konnte sich
dank der imperialistischen Politik bereichern, denn hatte es grössere Gewinnmöglichkeiten.
Das stärkte und sicherte ihre vorherrschende Stellung in der Politik und der Gesellschaft der
imperialistischen Staaten.
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Die Führungsschicht wurde in ihren Anliegen vom Mittelstand und vom Bildungsbürgertum
unterstützt, denn die kolonialen Imperien boten neue Möglichkeiten für die Karieren der
mittelständischen Jugend in der Armee und in der Verwaltung.
Lenin: die marxistisch-leninistische Imperialismustheorie
Lenin deutete den Imperialismus als letztes Aufbäumen des Kapitalismus. Er behauptete:
„Der Imperialismus ist das höchste Stadium des Kapitalismus“. Da die Bourgeoisie
gewissermassen mit den Gewinnen aus den Kolonien die eigene Arbeiterschaft kaufen
konnte, ermöglichte dies dem Kapitalismus seinen unvermeidlichen Untergang nochmals
hinauszuschieben.
Der Klassenkampf verlagert sich ausserdem auf eine internationale Ebene in der es eine
neue Form von Klassengegensätzen gibt. Nämlich die der ausbeutenden und der
ausgebeuteten Länder.
Lenin sagte einen grossen Krieg zwischen den imperialistischen Mächten voraus. Dieser
Krieg werde den Kapitalismus verschlingen und den Weg frei machen für eine Weltrevolution.
Diese gehe aus dem Bündnis zwischen den ausgebeuteten Kolonien und der Arbeiterschaft
in den Industriestaaten hervor.
John Gallagher und Ronald Robinson: informaler und formaler Imperialismus
Die beiden Geschichtswissenschaftler unterschieden am Beispiel der britischen
Kolonialherrschaft unter einem informalen und einem formalen Imperialismus.
Zunächst habe ein „informal Empire“ bestanden. Zu diesem gehörten alle Gebiete, in denen
die Briten eine wirtschaftliche Vorherrschaft erlangt hatten. Ein Beispiel dafür wäre Indien,
das den britischen Wirtschaftsinteressen unterworfen war, lange bevor es formal zu
Kronkolonie gehörte.
Sie definierten den Imperialismus als Übergang vom informal Empire zum formal Empire. Mit
formal Empire bezeichneten sie alle Kolonialgebiete, die durch staatliche Machtmittel
beherrscht wurden. Der wirtschaftlichen Durchdringung folgte also die politische
Unterwerfung.
Schumpeter: die soziologisch-strukturelle Imperialismustheorie
Schumpeter vertrat die Ansicht, dass Imperialismus und wirtschaftliche Expansion zwei
grundverschiedene Dinge und nicht zwei Seiten einer Medaille waren. Der Imperialismus sei
gewissermassen eine Störung des Kapitalismus.
Die natürliche Form des Kapitalismus sei nach Schumpeter der Freihandel. Jedoch seien die
Oberschicht vom Drang zum Krieg und zur Expansion besessen gewesen und hätten
deshalb eine imperialistische Politik durchgesetzt. Somit sei der Imperialismus eine Folge
davon, dass politische und gesellschaftliche Strukturen aus der Zeit der Industrialisierung
weiter bestanden.
Wehler: Konjunkturkrisen und Sozialimperialismus
Wehler deutet den Imperialismus als das Ergebnis der regelmässigen Wirtschaftskrisen in
den europäischen Industriestaaten. Als eigentlicher Auslöser war die Grosse Depression von
1873 gedacht. Damals sei „ideologischer Konsensus“ darüber entstanden, dass der eigenen
Wirtschaft mit allen Mitteln neue Absatzmärkte geschaffen werden müssten, um weiteren
Wachstum zu gewährleisten.
Der Imperialismus habe nach Wehler nicht nur die Aufgabe, die Schwankungen der
wirtschaftlichen Entwicklung aufzufangen, sondern diene ausserdem dazu die bestehende
Gesellschaftsstruktur zu erhalten. Es konnte eine innenpolitische Stabilität erreicht werden,
indem die herrschende Gesellschaftsordnung gegen aussen gestärkt wurde. Sie strebten
danach, ihre führende Stellung in der sich wandelnden Industriegesellschaft zu erhalten.
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