Die gesellschaftspolitische Dimension der Ethik in der Pflege Inhalt Suchen 5 z 04 01 Hilfe Treffer Ethik im Pflegemanagement: Orientierung an Werten und Normen 5 z 04 Olivia Dibelius inhaltsuÈberblick Im bundesdeutschen Pflegemanagement sind ethische Fragestellungen noch ¹Neulandª. Im Zusammenhang mit der Modernisierung des Gesundheitssektors und den damit verbundenen Problemen kommt jedoch der Ethik gerade auch in diesem Berufsfeld die Funktion eines unverzichtbaren Korrektivs zu. Dieser Beitrag diskutiert am Beispiel typischer Dilemma-Situationen der Pflege und des Pflegemanagements die Relevanz ethischer Werte und Normen fuÈr die Entscheidungsfindung. Die Auseinandersetzung mit pflegerischen Werten und Normen soll dabei insbesondere auf der Grundlage der Verantwortungsethik gefuÈhrt werden. Weiterhin moÈchte der Text die Frage nach der Funktion der Ethik im Pflegemanagement aufgreifen, d. h. ob sie als ¹FuÈhrungsinstrumentª oder als ¹kritischer Diskursª fungieren soll? Die gesellschaftspolitische Dimension der Ethik in der Pflege 5 z 04 | 01 Die aktuelle Befindlichkeit von PflegemanagerInnen im Krankenhausbetrieb laÈût sich treffend mit einer kurzen Øuûerung einer Pflegedirektorin kennzeichnen: ¹Pflegemanagement ist ein alltaÈglicher Spagat zwischen Markt und pflegerischen Grundwerten.ª Der sich hier widerspiegelnde Konflikt zwischen zweckrational-oÈkonomischen ZwaÈngen und humanistischen Werten scheint bestimmend fuÈr die alltaÈgliche Pflegepraxis zu sein. Vor allem bezieht sich dies auch ± wie allgemein bekannt ist ± auf die Verteilung der im Gesundheitswesen stets knappen 1 Der Spagat zwischen Markt und pflegerischen Grundwerten 5 z 04 02 Von der Notwendigkeit eines pflegeethischen Diskurses Inhalt Schleichende Deprofessionalisierung der Pflege Suchen Treffer Hilfe Ressourcen. Fast taÈglich ist in der Presse von Krankenhausschlieûungen und StrukturveraÈnderungen im Gesundheitswesen zu lesen. Der Ûberlebenskampf, der in den verschiedenen Einrichtungen von den Pflegedienstleitungen und dem Pflegepersonal durchzustehen ist, geht angesichts drohender Arbeitsplatzverluste mit tiefer Verunsicherung und OhnmachtsgefuÈhlen der Betroffenen einher. Der Verteilungskampf wird daher nicht zuletzt auf dem RuÈcken und zu Lasten der Pflegenden und Patienten ausgefuÈhrt. Im Zuge der Umstrukturierungsmaûnahmen der Krankenhauslandschaft haÈufen sich die Anzeichen einer schleichenden Deprofessionalisierung der Pflege. Die RationalisierungszwaÈnge werden dazu genutzt, um die bestehende Kooperation von Pflegeleitung, Ørzten und Verwaltung zugunsten einer einseitigen aÈrztlichen Gesamtleitung zu veraÈndern. Auch hier scheint die Profession Pflege in die MuÈhlsteine von Markt- und Machtinteressen zu geraten, die einer gerechten Verteilungsethik widersprechen. Angesichts dieser gesellschaftlichspolitischen Situation mit ihren nicht ausbleibenden Einflussen auf das Pflegemanagement, stellt sich nun die Frage nach der Notwendigkeit einer Ethik in der Pflege und im Pflegemanagement. 5 z 04 | 02 Von der Notwendigkeit eines pflegeethischen Diskurses Andere LaÈnder sind weiter Im internationalen Vergleich liegt die Pflegewissenschaft und Pflegeforschung in der Bundesrepublik eher auf den hinteren RaÈngen. Auch im Hinblick auf Publikationen zu pflegeethischen Fragestellungen haben die angelsaÈchsischen LaÈnder als auch LaÈnder wie Finnland oder die Niederlande ein sehr viel breiteres Angebot vorzuweisen. 2 Von der Notwendigkeit eines pflegeethischen Diskurses Inhalt Suchen 5 z 04 02 Hilfe Treffer Ethik in der Pflege sollte nicht zuletzt auch unter Professionalisierungsaspekten vorangetrieben werden. FuÈr die berufliche Alltagspraxis in den Kliniken und in anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens kann Ethik von hoher Handlungsrelevanz sein. Es wurde bereits auf das Problem der gerechten Verteilung von Ressourcen bei knapper werdenden Mitteln hingewiesen. Weiter ist hier die intensive Technisierung der Pflege anzufuÈhren, die eine ethische Debatte zwingend notwendig macht. Man denke dabei nur an die aktuellen Auseinandersetzungen uÈber die Bioethik, die aktive Sterbehilfe, Organtransplantation oder den Hirntod. Ebenfalls im Trend der Technisierung liegt die EinfuÈhrung der modernen Elektronik (EDV, Internet) auf den Stationen. Der Umgang mit den EDV-gestuÈtzten Daten der PatientInnen und Kunden bedarf neben den noch nicht zufriedenstellend geloÈsten Problemen des Datenschutzes auch ethischer Standards. Beruflich Pflegende sind also tagtaÈglich mit komplexen Situationen konfrontiert, die ihnen keine leichten Entscheidungen abverlangen. Dabei sind sie immer wieder mit typischen pflegerischen Dilemmas konfrontiert, mit denen sie sich auseinanderzusetzen haben. Die klassischen Dilemmas in der Pflege Unter moralischen Dilemmas werden Situationen verstanden, in denen die Wahl zwischen zwei EntscheidungsmoÈglichkeiten besteht, die beide gleichermaûen ungenuÈgend oder fragwuÈrdig sind. GroÈninger ist der Auffassung, daû Pflegende in der Regel zwischen zwei sich widersprechende Welten oder RationalitaÈten eingebunden sind: in eine buÈrokratisch orientierte Aufbau- und Ablauforganisation und in die Vorstellung von Pflege als charismatische Begegnung 3 Der Trend der Technisierung Konflikt zwischen zweckrationalem und charismatischem Handeln 5 z 04 03 Die Ethik als wissenschaftliche Disziplin Inhalt Suchen Treffer Hilfe (GroÈninger 1998 S. 139). Am folgenden Beispiel kann dies nachvollzogen werden: ¹In der Praxis der Supervision fallen also die UnberuÈhrbarkeit und hohe Orientierung an Wirtschaftlichkeit auf der einen Seite und die Verlassenheits- und VersagensgefuÈhle auf der anderen Seite auf. Institutionen sind polarisiert in einen (zweck-)rationalen Teil, der zumeist buÈrokratisch organisiert ist und den Maûgaben von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit folgt, und einen expressiven Teil, die GefuÈhlsarbeit, die bewohner- und patientennahe Arbeit, die Pflegeª (GroÈninger 1998 S. 122). Der hier treffend beschriebene Konflikt zwischen zweckrationalem und charismatischem Handeln ist allen Pflegenden und PflegemanagerInnen aus ihrer Berufspraxis bekannt. Diesem SpannungsgefuÈge ist jede einzelne Person wie auch die Institution als Ganzes ausgesetzt. Es bringt zwangslaÈufig viele Konflikte mit sich wie gleichermaûen das Arbeitsklima darunter leidet und es einer Identifikation mit der Einrichtung entgegensteht. Nun stellt sich die Frage nach einer Definition der Ethik und welche Funktion ihr zukommt. 5 z 04 | 03 Die Ethik als wissenschaftliche Disziplin Ethos als Summe von Wertvorstellungen Die Wissenschaft der Ethik ist in Mode gekommen. Jedoch nicht jede Lebensanschauung verdient den Namen Ethik: ¹Als wissenschaftliche Disziplin laÈût sich Ethik definieren als systematische Reflexion uÈber das menschliche Handeln und Verhalten im Hinblick auf die Frage: Was sollen wir tun?ª (StaÈdtler-Mach 1999 S. 4). Menschliche Handlungen basieren dabei auf dem sog. Ethos, der als Summe der erworbenen und selbst entwickelten Wertvorstellungen gesehen wird. Wertvorstellungen koÈnnen sowohl bewuût als auch unbewuût sein und werden durch Regeln, Gesetze und Normen beeinfluût (StaÈdtler-Mach 1999 S. 4). 4 Die Verantwortungsethik im Kontext der Pflege Inhalt Suchen 5 z 04 04 Hilfe Treffer Arndt (1996 S. 16) differenziert zwischen Ethik und Moral: Unter Ethik versteht sie die wissenschaftliche Betrachtung moralischer und sittlicher Fragen. Dahingegen bezieht sich Moral auf den Handlungsaspekt der Sittlichkeit. Hinter dem Wort ¹Moralª verbirgt sich haÈufig schon ein Urteil. Der Begriff ¹Ethikª soll genau diese Einengung in der Betrachtungsweise und Argumentation aufheben. In der Literatur und im alltaÈglichen Sprachgebrauch werden diese Begrifflichkeiten aber meist synonym benutzt. Die Geschichte der Ethik hat sehr unterschiedliche Denkschulen hervorgebracht, die entweder mehr in der Religion oder der Philosophie verankert sind. Von herausragender Bedeutung sind dabei die Positionen der Gesinnungs- und Verantwortungsethik (Dannowski et al. 1993). Die letztere ist eine Denkschule, die nach wie vor hohe AktualitaÈt fuÈr sich beanspruchen kann. In der Pflegeliteratur wird vor allem auf sie zuruÈckgegriffen, weshalb sie im Zentrum der weiteren Betrachtungen stehen soll. Die Verantwortungsethik im Kontext der Pflege Unterscheidung von Ethik und Moral Gesinnungs- und Verantwortungsethik 5 z 04 | 04 Verantwortung wird je nach philosophischer Denkrichtung sehr unterschiedlich definiert. Hier sollen vergleichend die Verantwortungsethiken nach Singer (1984) und Jonas (1984) im Hinblick auf einen moÈglichen Transfer in die Pflege herangezogen werden (dazu auch Schwerdt 1998). Singer, der sich zum Utilitarismus und speziell zum PraÈferenzutilitarismus bekennt, beurteilt eine Handlung nur nach ihren Folgen und nicht nach ihren zugrunde liegenden Werten und Normen. Auch der individuelle Kontext spielt bei seiner Betrachtungsweise keine Rolle. Er lehnt demzufolge die moralische Grenzziehung zwi5 Utilitaristische Ethik 5 z 04 04 Die Verantwortungsethik im Kontext der Pflege Inhalt Verantwortungsethik Suchen Treffer Hilfe schen Menschen und anderen Lebewesen (Tieren) als willkuÈrlich ab und fordert die Gleichheit der Interessen aller Lebewesen. Einen moralischen Anspruch genieût dabei nur das Lebewesen, das ¹die FaÈhigkeit zu leiden und sich freuenª (Singer 1984 S. 72) besitzt. Aus solchen kruden Vorstellungen folgert er, daû etwa bestimmten Personengruppen wie Behinderte oder Wachkomapatienten das Lebensrecht abgesprochen werden koÈnne. Singer ist mit seinen Thesen zur Euthanasie in der Bundesrepublik sehr umstritten und stoÈût hier uÈberwiegend auf Ablehnung. Kritiker einer solchen utilitaristischen Ethik betonen dagegen die gemeinschaftliche Bedeutung von Ziel, Motivation, Folgen und UmstaÈnden des menschlichen Handelns fuÈr eine Ethik der Pflege. Jonas (1984) fragt im Gegensatz zu Singer nach den Werten und Normen, die zur Erreichung von Zielen eingesetzt werden. Er geht von der IntegritaÈt und unbedingten Wahrung der WuÈrde allen menschlichen Lebens aus und wendet sich gegen ein reduktionistisches Menschenbild. Er begreift den Menschen als denkendes und moralisches Subjekt und als leibseelische Ganzheit. Vertreter der Verantwortungsethik nach Jonas sind einer personalistischen Tradition verpflichtet und sehen die Person als einzig guÈltigen Maûstab bei der Beurteilung des menschlichen Handelns. Dabei sollen alle Dimensionen eines Menschen (koÈrperlich, psychisch, sozial und seelisch) BeruÈcksichtigung finden. Das VerantwortungsverstaÈndnis nach Jonas steht in Ûbereinstimmung mit dem in dem ICN-Kodex von 1973 (Arend 1996) verankerten Menschenbild der Pflege (vgl. Abschnitt 6) und erscheint somit geeignet fuÈr eine Ûbertragung auf den pflegerischen Kontext. Den folgenden AusfuÈhrungen wird dieses VerstaÈndnis von Verantwortung zugrunde gelegt. 6 Ethische Entscheidungen im Kontext des Pflegemanagements Inhalt Suchen 5 z 04 05 Hilfe Treffer Nun soll ganz grundsaÈtzlich der Frage nachgegangen werden, wie schwierige Entscheidungsfindungsprozesse angesichts der knapper werdenden Ressourcen bewaÈltigt werden koÈnnen. In diesem Zusammenhang ist etwa an den in vielen HaÈusern anzutreffenden Personalmangel zu denken und an die ¹gefaÈhrliche Pflegeª, die oft unvermeidlich daraus folgert. StufenplaÈne koÈnnen in solchen schwierigen Situationen sehr hilfreich sein, in denen es gilt eine Entscheidung zu treffen. Anhand eines Fallbeispiels aus dem aktuellen Klinikalltag mag dies veranschaulicht werden. Ethische Entscheidungen im Kontext des Pflegemanagements: StufenplaÈne als methodisches Hilfsmittel ± ein Fallbeispiel 5 z 04 | 05 z Dieses Fallbeispiel wurde 1999 in einer Berliner Klinik erhoben: Die Pflegebereichsleiterin Frau KuÈhn soll innerhalb von 3 Monaten den Abbau von 20 Stellen vornehmen, da die Klinikleitung eine mangelnde Auslastung in der Station fuÈr Geburtshilfe konstatiert hatte. Sie steht vor der Alternative, das Pflegepersonal zu entlassen oder sie auf andere Stationen umverteilen zu muÈssen. Obwohl Frau KuÈhn unter groûem Zeitdruck steht, kommt ihr jedoch die Freiheit zu, fuÈr ihre MitarbeiterInnen eine optimale LoÈsung des Problems zu finden. StufenplaÈne koÈnnen den Entscheidungsprozeû strukturieren. In der US-amerikanischen Literatur liegen StufenplaÈne zur Entscheidungsfindung bei ethischen Problemen sehr im Trend (Thompson u. Thompson 1985; Tschudin 7 Fallbeispiel 5 z 04 05 Ethische Entscheidungen im Kontext des Pflegemanagements Inhalt Analyse moralischer Entscheidungsprozesse Suchen Treffer Hilfe 1988). Dabei wird das Wissen uÈber und das Bewuûtsein von ethischen Werten und Normen vorausgesetzt. Allerdings ist an dieser Stelle vor einer simplen und unkritischen Ûbernahme solcher StufenplaÈnen zu warnen. Sie sind nicht im Sinne von einfachen Rezepten einzusetzen, sondern sollen einer persoÈnlichen und berufsbezogenen Auseinandersetzung foÈrderlich sein. Hier soll das analytische Modell von v. d. Hoven und Tenwolde (1988) zur Anwendung kommen, das sich nicht wie andere Modelle (z. B. Tschudin 1988) an den Pflegeprozeû (Strukturmodelle) anlehnt, sondern eine Analyse folgender moralischer Entscheidungsprozesse vornimmt (nach Arend 1998 S. 63). Phasen der Entscheidungsfindung Die Situation beschreiben z Sich einen Ûberblick verschaffen z Erga È nzende Informationen sammeln z Perso È nliche und berufliche Werte und Interessen benennen z Werte und Interessen von Schlu È sselpersonen benennen z Moralische Prinzipien, Werte und Normen benennen z Konflikte benennen z Feststellen, wer die Verantwortung u È bernimmt z Alternativen und ihre Konsequenzen zusammenstellen z Sich fu È r ein bestimmtes Handeln entscheiden und es ausfuÈhren z Ergebnisse bewerten z 8 Ethische Entscheidungen im Kontext des Pflegemanagements Inhalt Suchen 5 z 04 05 Hilfe Treffer Dieses Modell auf unser Fallbeispiel angewendet, laÈût folgendes Szenarium moÈglich erscheinen. Die Situation beschreiben. Frau KuÈhn steht unter hohem Handlungsdruck von Seiten der Klinikleitung und dem TraÈger. Sie riskiert ihr berufliches Ansehen gegenuÈber ihren Vorgesetzten, falls sie diese Aufgabe nicht zu deren Zufriedenheit loÈst. Gleichfalls erwarten ihre MitarbeiterInnen von ihr, daû sie deren Interesse fair und gerecht vertritt. Handlungsdruck Sich einen Ûberblick verschaffen. Sie informiert sich bei anderen Kliniken, die schon mit aÈhnlichen Situationen konfrontiert worden sind, wie sie natuÈrlich auch die Fachliteratur zu Rate zieht. Information ErgaÈnzende Informationen sammeln. Bei einer der naÈchsten Besprechungen der hausinternen Pflegebereichsleitungen spricht sie das Problem an und bittet um UnterstuÈtzung. Sie erhaÈlt detaillierte Informationen uÈber unbesetzte ArbeitsplaÈtze, um einen Stellenspiegel anlegen zu koÈnnen. Auûerdem klaÈrt sie mit Hilfe der Mitarbeitervertretung und der Pflegegewerkschaft die arbeitsrechtliche Situation der betroffenen MitarbeiterInnen. PersoÈnliche und berufliche Werte und Interessen benennen. Sie moÈchte moÈglichst keine KuÈndigung aussprechen, da es sich um PflegekraÈfte handelt, die der Klinik seit vielen Jahren verbunden sind. Frau KuÈhn bewertet die anstehenden Entlassungen als verheerend fuÈr die Berufsgruppe und moÈchte diese gerne verhindern. Sie fuÈhlt sich einem solidarischen Handeln innerhalb der Berufsgruppe verpflichtet. Hinzu kommt, daû sie mit den betroffenen MitarbeiterInnen stets gut zusammengearbeitet hat. 9 KuÈndigungen vermeiden 5 z 04 05 Ethische Entscheidungen im Kontext des Pflegemanagements Inhalt Suchen Treffer Hilfe Partizipatives Modell Werte und Interessen von SchluÈsselpersonen benennen. Da Frau KuÈhn bei ihrer Leitung von einem partizipativen und nicht von einem hierarchischen Modell ausgeht, fuÈhrt sie InformationsgespraÈche mit den MitarbeiterInnen, die ihr AufschluÈsse uÈber deren berufliche und private Situation geben. ¹Fairneûª Moralische Prinzipien, Werte und Normen benennen. Frau KuÈhn haÈlt an der Idee der ¹Fairneûª auch in Krisensituationen fest. Sie empfindet die anstehenden KuÈndigungen der Mitarbeiterinnen als ungerecht und willkuÈrlich. Widerstand Konflikte benennen. Nicht alle der betroffenen MitarbeiterInnen sind bereit, einer Versetzung zuzustimmen, die eine vorhergehende Weiterbildung zur Voraussetzung haben. Ebenso gibt es Widerstand von Seiten derjenigen Pflegenden, die eine ganze Stelle innehaben; sie wollen sich nicht durch ein ¹Job-Splittingª ihre Arbeitszeiten reduzieren lassen, da sie um finanzielle Einbuûen fuÈrchten. Verantwortung Feststellen, wer die Verantwortung uÈbernimmt. Da Frau KuÈhn dem mittleren Management zugehoÈrt, ist ihr zwar die ¹mitarbeiterfreundlicheª Umstrukturierung dieser Rationalisierungsmaûnahme zugeteilt worden, fuÈr die aber insbesondere das Direktorium in der Verantwortung steht. LoÈsungsmoÈglichkeiten Alternativen und ihre Konsequenzen zusammenstellen. Folgende Alternativen zur LoÈsung der ihr aufgetragenen Aufgaben bieten sich an: Schaffung von Teilzeitstellen; Umbesetzung von Stellen mit berufsbegleitender Weiterbildung; Kooperation mit anderen Kliniken, die uÈber freie 10 Ethische Werte und Normen in der Pflegewissenschaft Inhalt Suchen 5 z 04 06 Hilfe Treffer Stellen verfuÈgen; Schaffung von neuen Stellen durch Sponsoring. Wird eine moÈglichst von beiden Seiten akzeptierte LoÈsung herbeigefuÈhrt, traÈgt dies zur Zufriedenheit und damit zur GewaÈhrleistung einer qualifizierten Pflege bei. Sich fuÈr ein bestimmtes Handeln entscheiden und es ausfuÈhren. Nach den GespraÈchen konnte eine differenzierte Beurteilung und eine darauf basierende Entscheidung fuÈr die MitarbeiterInnen vorgelegt werden. Entscheidung Ergebnisse bewerten. In dem vorliegenden Fallbeispiel war der Groûteil der betroffenen MitarbeiterInnen mit den Umstrukturierungsmaûnahmen zufrieden gewesen, nur eine KuÈndigung muûte ausgesprochen werden. DaruÈber hinaus ist das Engagement von Frau KuÈhn von Seiten der Mitarbeiterschaft honoriert worden. Auch das Pflegepersonal ist sich untereinander durch diese nicht leicht zu bewaÈltigende Situation naÈher zusammengekommen. Frau KuÈhn war mit dem Ergebnis sehr zufrieden, denn sie war in der gluÈcklichen Lage, die sie leitenden Werte wie ¹SolidaritaÈtª, ¹Gerechtigkeitª und ¹Achtung der Mitarbeiterschaftª nicht aufgeben zu muÈssen. Ergebnis Der Stufenplan sieht uÈbrigens bei einem nicht zufriedenstellenden Ergebnis vor, daû der Entscheidungsfindungsprozeû noch einmal durchlaufen werden kann oder daû bestimmte Phasen gesondert zu einer fundierteren Beurteilung herausgenommen werden koÈnnen. Wiederholung der Stufen Ethische Werte und Normen in der Pflegewissenschaft 5 z 04 | 06 Welche verschiedenen Werte und Normen gibt es in der Pflege, die maûgeblich zur Entscheidungsfindung heran- Kontroverse Diskussion 11 5 z 04 06 Ethische Werte und Normen in der Pflegewissenschaft Inhalt Suchen Treffer Hilfe gezogen werden koÈnnen? Ausgehend von der Pflegewissenschaft in der USA sind ethische Werte und Normen in Theorien eingegangen. Diese sind stets sehr kontrovers diskutiert worden. Ganzheitliches und einheitliches Paradigma GrundbeduÈrfnistheorien Pflegetheorien: Der Paradigmawechsel in der Pflegewissenschaft In der nordamerikanischen Literatur finden sich verschiedene Systematisierungen von Pflegetheorien, die wie etwa Meleis (1991) eine Dreiteilung in BeduÈrfnis-, Interaktionsund Pflegeergebnistheorien vornehmen. Solche Systematisierungen erfuhren wiederholt wegen ihrer Uneindeutigkeit Kritik. Eine neue Unterteilung der Pflegetheorien hat Parse (1987) vorgenommen. Nach Parse gibt es in der Pflege zwei unterschiedliche Paradigmen, denen sie die Pflegetheorien zuordnet. Der Begriff Paradigma wird von ihr definiert als ¹Weltbild uÈber ein PhaÈnomen, das fuÈr eine Disziplin von Interesse istª (Parse 1987 S. 2). Parse unterscheidet zwischen einem ganzheitlichen (man-environment totaliy) und einem einheitlichen (similtaniety) Paradigma. Der Begriff ¹einheitlichª ist hier im Sinne von Rogers (1995) ± eine ¹Einheit bildenª ± gemeint. Die Grundannahmen des ganzheitlichen Paradigmas gehen auf ein bio-medizinisches KoÈrperbild zuruÈck. Am Beispiel der GrundbeduÈrfnistheorien (Henderson 1966, Orem 1996) kann dies sehr anschaulich zum Ausdruck gebracht werden. Darin wird der Pflegeprozeû als Hierarchie der PatientenbeduÈrfnisse beschrieben, auf die die pflegerische Intervention sich konzentriert. Diesen Theorien liegt eine Definition von Gesundheit zugrunde, nach der Gesundheit als optimale Anpassung des Organismus an seine Umwelt verstanden wird. Dabei wird vor 12 Ethische Werte und Normen in der Pflegewissenschaft Inhalt Suchen 5 z 04 06 Hilfe Treffer allem auf die Naturwissenschaften abgehoben. Pflege wird als einseitig somatische Ausrichtung gesehen, wohingegen die psycho-sozialen Kategorien nur unzureichend BeruÈcksichtigung finden. Das SelbstverstaÈndnis der Pflegenden orientiert sich an einem Expertentum im Sinne von FuÈhren, Erziehen und UnterstuÈtzen (Orem 1996), was allerdings aus heutiger Sicht sehr umstritten ist. Diese erste Gruppe von Pflegetheorien sind sehr normativ. Sie sind auf Werte wie ¹Funktionierenª, ¹Anpassungª und ¹Gehorchenª ausgerichtet und basieren auf einer utilitaristischen Ethik. Die Pflegehandlung wird primaÈr am Erfolg (Wiederherstellung der Gesundheit und optimale Anpassung) und weniger an dem Prozeû (subjektive Wohlbefinden des zu Pflegenden) gemessen. Parse (1992) spricht in diesem Zusammenhang kritisch von einem ¹TotalitaÈts-Paradigmaª. Die neueren Pflegetheorien (Benner u. Wrubel 1997; Rogers 1995; Parse 1992; Watson 1996) koÈnnen dem einheitlichen Paradigma zugeordnet werden. Der Mensch wird hier im Sinne eines ¹offenes Systemsª verstanden. Er befindet sich in einem dauernden Interaktionsprozeû mit seiner Umwelt und kann nur in seiner ¹Einheitª und nicht durch seine Einzelteile verstanden werden. Die ¹feindlicheª GegenuÈberstellung von Mensch und Umwelt, wie es bei dem ganzheitlichen Paradigma noch anzutreffen ist, wird nun zugunsten einer harmonischen Dynamik von Mensch und Umwelt aufgehoben. Gesundheit ist kein Zustand, sondern wird als Prozeû gedeutet. Dieser Ansatz steht u. a. in der Tradition des Existentialismus, der PhaÈnomenologie und der Systemtheorie. Im Gegensatz zu den Theorien, die dem ganzheitlichen Paradigma zuzuordnen sind, wird die Rolle der Pflegenden nicht ex13 Gesundheit als Zustand Gesundheit als Prozeû 5 z 04 06 Ethische Werte und Normen in der Pflegewissenschaft Inhalt Wechsel von der Krankheits- zur Gesundheitspflege Suchen Treffer Hilfe pertokratisch definiert, sondern Interaktion und Kommunikation sind im Sinne einer ¹Begegnungª zwischen Pflegeperson und zu Pflegendem von zentraler Bedeutung. So kann festgehalten werden, daû die Pflege, die in der Begegnung geschieht, nicht in erster Linie auf ein aÈuûeres Ziel wie die Wiederherstellung der koÈrperlichen und seelischen Gesundheit gerichtet ist. Sie traÈgt ihren Sinn vielmehr in der Begegnung mit der anderen Person, daher kann hier auch von einer Ethik der Kommunikation gesprochen werden. Vor dem Hintergrund auch der demographischen Entwicklung und dem damit einhergehenden Wandel von der Akut- zur Langzeitpflege ist dieser ¹Paradigmawechselª (Remmers 1997) zukunftsweisend. Bei dem sich damit vollziehenden Wechsel von der Krankheits- zur Gesundheitspflege steht die Autonomie des Patientens im Mittelpunkt. Die Berufskodizes Berufskodizes spiegeln den Idealfall des pflegerischen Handelns und haben pflegerische Werte und Normen zum Gegenstand. Ein Berufskodex laÈût sich folgendermaûen definieren. z« Ein ... Berufskodex zaÈhlt die Ziele und Werte auf, die als wichtig fuÈr eine verantwortungsbewuûte AusuÈbung des Berufs gelten und an die Pflegende sich halten muÈssen... Sie dienen nicht nur als Richtschnur fuÈr das pflegerische Handeln, sondern rufen auch Erwartungen bei Auûenstehenden oder anderen Beteiligten, z. B. Ørzten und Patienten, hervor (Arend 1998 S. 49). 14 Ethische Werte und Normen in der Pflegewissenschaft Inhalt Suchen 5 z 04 06 Hilfe Treffer Weltweit sind sowohl von internationalen als auch nationalen Berufsorganisationen verschiedene Berufskodizes vorgelegt worden. In diesem Kontext soll auf den bekanntesten internationalen Kodex des International Council of Nourses ICN von 1973 (zitiert nach Arndt 1996 S. 71±74) Bezug genommen werden. Dieser hat in der Bundesrepublik in die Berufsordnung fuÈr Pflegeberufe Eingang gefunden (Berufsordnung 1998). Darin wird auf die einzelnen Ebenen der Pflege (Patient, Beruf, Gesellschaft, Mitarbeiterschaft, Arbeitsbedingungen) eingegangen. Die ethische Verantwortung der Pflegenden beinhaltet folgendende Aufgabengebiete: z Gesundheit zu fo È rdern; z Krankheit zu verhu È ten; z Gesundheit wiederherzustellen; z Leiden zu lindern. Berufsordnung fuÈr Pflegeberufe Die Grundregeln des ICN weisen explizit keine eindeutige theoretische Ausrichtung auf. In der Tendenz lehnen sie sich jedoch an utilitaristische Werte an, insofern als einseitig die Wiederherstellung der Gesundheit in den Vordergrund geruÈckt wird. Aus heutiger Sicht muÈûten die vier Verantwortungsbereiche eine Erweiterung und Konkretisierung erfahren, um fuÈr den aktuellen pflegerischen Kontext handlungsleitend zu sein. Die in dem ICN-Kodex aufgelisteten Aufgaben der Pflege lassen bei dem darin aufscheinenden RollenverstaÈndnis der beruflich Pflegenden manche Frage offen, wie auch dieses Zitat belegt: ¹Die Krankenschwester uÈbt ihre berufliche TaÈtigkeit zum Wohle des einzelnen, der Familie und der Gemeinschaft aus; sie koordiniert ihre Dienstleistungen mit jenen verwandten Gruppenª (Arend 1996 S. 71). Offen bleibt naÈmlich, wie dieses ¹Wohlª des Patienten definiert wird. Ist RollenverstaÈndnis mit Fragezeichen 15 5 z 04 06 Ethische Werte und Normen in der Pflegewissenschaft Inhalt Das ¹FuÈrspracheModellª Deutscher Berufsverbands fuÈr Sozialarbeit, SozialpaÈdagogik und HeilpaÈdagogik Es fehlt die Reflexion uÈber moralische Probleme Suchen Treffer Hilfe hier ausschlieûlich die Meinung der Pflegeexperten ausschlaggebend oder wird auch der Patient bzw. Kunde in den Pflegeprozeû miteinbezogen? Vor dem Hintergrund des erwaÈhnten Paradigmawechsels, der mit einem Werte- und Rollenwandel fuÈr die beruflich Pflegenden verbunden ist, waÈre eine Aktualisierung des ICN-Kodex dringend geboten. Als richtungsweisend ist in diesem Zusammenhang auf das ¹FuÈrspracheModellª von Fry (1995 S. 41) zu verweisen. Dort ist die Rolle der Pflegenden durch das Prinzip der FuÈrsprache im Sinne der neuen Aufgaben der Pflegenden verankert: Die Patientenrechte zu schuÈtzen und die Werte und die Entscheidungen des Patienten zu respektieren. Ebenso sind die berufsethischen Prinzipien des Deutschen Berufsverbands fuÈr Sozialarbeit, SozialpaÈdagogik und HeilpaÈdagogik e. V. zu nennen, der den Klientenbezug beispielhaft formuliert hat: z« Verhelfen Sie KlientInnen ± Einzelnen, Gruppen, Gemeinwesen oder der Gesellschaft ± zur Selbstverwirklichung und zur bestmoÈglichen Entwicklung eigener FaÈhigkeiten, innerhalb der Grenzen, die durch Beachtung gleicher Rechte der anderen gesetzt sind. Die Dienstleistung soll den/die Klienten/in befaÈhigen, die professionelle Beziehung zu verstehen und sie so zu nutzen, daû die eigenen berechtigten Anliegen und Interessen unterstuÈtzt werden (Deutscher Berufsverband 1999 S. 10). GrundsaÈtzlich ist aber auf die Gefahr negativer Begleiterscheinungen der Verrechtlichung von Berufskodizes hinzuweisen, wie wir dies bereits in Groûbritannien und den 16 Ethik im Pflegemanagement als ¹FuÈhrungsinstrumentª oder als kritischer Diskurs? Inhalt Suchen 5 z 04 07 Hilfe Treffer Niederlanden beobachten konnten (Arend 1998 S. 49±50). Bei der Verrechtlichung bleibt eine wesentliche Aufgabe der Kodizes auf der Strecke, naÈmlich Leitfaden zur Reflexion uÈber moralische Probleme zu sein und damit zur Entscheidungsfindung beizutragen. Der Interpretationsspielraum von Berufskodizes geht in diesem Falle verloren und Berufskodizes tragen dann nur noch zur normativen Einhaltung von pflegerischen Standards bei. Weiterhin sind die ICN-Kodizes mit ihrem hohen Abstraktionsgrad nur unzureichend fuÈr die Anforderungen des Pflegealltags geeignet. Daher sind Konkretisierung auf nationaler Ebene sinnvoll, so z. B. bei dem aktuellen Problemfeld einer ¹aktiven Sterbehilfeª oder bei der Pflege mit komatoÈsen Patienten. Schlieûlich ist hier noch anzumerken, daû eine Ûberarbeitung der ICN-Kodizes noch aussteht, die den spezifischen Kontext der Bundesrepublik beruÈcksichtigt. Ethik im Pflegemanagement als ¹FuÈhrungsinstrumentª oder als kritischer Diskurs? Hoher Abstraktionsgrad 5 z 04 | 07 Nachdem die Bedeutung der Kodizes fuÈr das pflegerische Handeln eroÈrtert wurde, soll hier die ganz grundsaÈtzliche Frage aufgeworfen werden, ob Ethik als ein ¹FuÈhrungsinstrumentª verstanden werden kann? Bei StaÈdtler-Mach (1999 S. 6±9) finden wir dazu folgende Stellungnahme: z« Ethik als FuÈhrungsinstrument ermoÈglicht der Pfle- gedienstleitung und jeder Leitung in Einrichtungen des Gesundheitswesens, die Einrichtung in den grundlegenden Fragen von Menschenbild und bei den ethischen Konzepten in gleicher Weise zu fuÈhren wie Management-Konzepte oder gesetzliche Vorschriften. 17 5 z 04 07 Ethik im Pflegemanagement als ¹FuÈhrungsinstrumentª oder als kritischer Diskurs? Inhalt ¹Instrumentalisierungª der Ethik Aufgabe einer kritischen ¹Gegensteuerungª Konstruktive ¹Streitkulturª Forderung nach einer gelebten Organisationskultur Suchen Treffer Hilfe Die hier postulierte ¹Instrumentalisierungª und ¹Verrechtlichungª von Ethik widerspricht dem orginaÈren Charakter eines ethischen ¹Diskursesª. Der ethische Diskurs sollte eben nicht primaÈr normativ gekennzeichnet sein, sondern kritisch und reflexiv. Auch im Sinne der oben aufgefuÈhrten Verantwortungsethik nach Jonas muû dem Einzelnen ein Freiraum zur persoÈnlichen GewissenspruÈfung eingeraÈumt werden, bevor er sich bewuût zur Ûbernahme von Verantwortung entscheidet. Hinzu kommt, daû im Zeitalter von Konsumphilosophien und einer ausgepraÈgten Markteuphorie die Nichtzweckgebundenheit der Ethik von existentieller Bedeutung fuÈr die Pflegeberufe ist. Ethik hat somit die Aufgabe einer kritischen ¹Gegensteuerungª; insofern verbietet es sich, sie einer einseitigen Instrumentalisierung und Verrechtlichung unterzuordnen. DaruÈber hinaus kann ein ethischer Diskurs im Pflegemanagement ein Bindeglied zwischen disparaten Wertvorstellungen und Normen innerhalb einer Institution sein. Diese ¹integrativeª Kraft gilt es im Sinne einer konstruktiven ¹Streitkulturª zu nutzen, um unbewuûte Werte und Normen bewuût zu machen. In den letzten Jahren ist man in den Kliniken und Einrichtungen des Gesundheitswesens dazu uÈbergegangen, einer bewuûten Werteorientierung ein groÈûeres Gewicht einzuraÈumen. Forderungen nach ¹weichenª Organisationsstrukturen und nach einer gelebten Organisationskultur finden immer staÈrker GehoÈr. SchroÈck (1997) weist auf das gaÈngige MiûverstaÈndnis hin, Organisationen als rein rationales Gebilde aufzufassen. Das Gegenteil ist der Fall: ¹In Organisationen tobt das Lebenª stellen KuÈpper und Ortmann fest (zitiert nach SchroÈck 1997 S. 399). 18 Zusammenfassung Inhalt Suchen 5 z 04 08 Hilfe Treffer Der ZweckrationalitaÈt der Einrichtungen steht das ¹Irrationaleª der Subjekte gegenuÈber. Dieser ¹IrrationalitaÈtª oder auch verdeckten EmotionalitaÈt der Individuen einen groÈûeren Raum zu geben und sie als bedeutsam fuÈr die Kultur der Einrichtung zu erkennen, gehoÈrt mit zu den grundlegenden Aufgaben des Managements. Es ist GroÈninger (1998 S. 136) zuzustimmen, die von einem ¹aseptischen Dramaª der Einrichtungen im Gesundheitswesen spricht und die Reflexion von Ritualen in den Institutionen fordert. Demnach gehoÈrt es mit zu den Aufgaben des Pflegemanagements, die ethischen Fragen nach dem Menschenbild in einer Einrichtung konsequent zu stellen (z. B. die Bedeutung der Emotionen fuÈr das menschliche Handeln). Eine Untersuchung von McDaniel (1995) belegt sehr eindruÈcklich die Bedeutung einer auf ethischen Werten basierenden Organisationskultur fuÈr die Berufsgruppe der Pflegenden. Sie bestaÈtigt einen signifikant positiven Zusammenhang zwischen Arbeitszufriedenheit und Organisationskultur. Auûerdem bestaÈtigt McDaniel, daû eine auf einem Wertekonsens basierende Organisationskultur die Grundvoraussetzung fuÈr die Organisationsentwicklung im Sinne eines QualitaÈtsmanagements darstellt. Die Entwicklung eines Leitbildes und die konsequente Umsetzung eines QualitaÈtsverstaÈndnisses sind wichtige Schritte in dieser Richtung. FuÈr die Zukunft ist es unabdingbar, daû ethische Konzepte den FuÈhrungsaufgaben zugrunde liegen, wie man dies bereits in den angelsaÈchsischen LaÈndern praktiziert. Zusammenfassung Weniger ZweckrationalitaÈt, mehr verdeckte EmotionalitaÈt Ethische Konzepte als Bestandteil der FuÈhrung 5 z 04 | 08 So kann hier resuÈmiert werden, daû Pflegende sich haÈufig in Dilemma-Situation befinden, in denen die Gefahr 19 Das Dilemma der Pflegenden 5 z 04 08 Zusammenfassung Inhalt Ethik als kritscher, reflexiver und integrativer Diskurs Suchen Treffer Hilfe einer Untergrabung der pflegeethischen Leitlinien besteht. In diesem Sinne wurde hier die Diskussion um Werte und Normen in der Pflege gefuÈhrt, die zur bewuûten Entscheidungsfindung und zur Ûbernahme von Verantwortung beitragen koÈnnen. Anhand der zwei Paradigmen nach Parse sollte am Gegenstand der Pflegetheorien deutlich gemacht werden, daû die ethischen Werte und Normen in der Pflege in den letzten Jahrzehnten einem grundlegenden Wandel unterworfen gewesen sind. Die Krankheitspflege hat sich zu einer Gesundheitspflege entwickelt. Dieser Wandel geht mit einem veraÈnderten Gesundheits- und RollenverstaÈndnis der beruflich Pflegenden einher, der Abstand nimmt von einer obsolet gewordenen Bevormundung des Patienten. Weiterhin wurde der Verantwortungsbegriff am Beispiel der Philosophie nach Singer und nach Jonas kritisch beleuchtet. Dabei lieû sich feststellen, daû nur der Verantwortungsbegriff nach Jonas eine Relevanz fuÈr sich beanspruchen kann, da gerade im Zeitalter der knapper werdenden Ressourcen eine Pflegeethik den Schutz des einzelnen Menschen gewaÈhrleisten muû. Ein als methodisches Hilfsmittel gedachter Stufenplan zur Entscheidungsfindung in Dilemma-Situationen wurde vorgestellt, um den ¹Freiraumª der handelnden Person im Sinne der Verantwortungsethik exemplarisch aufzuzeigen. Auch die ICN-Kodizes von 1972 wurden als ein Beitrag zur Meinungs- und Entscheidungsfindung und nicht als normatives Regelwerk gesehen. Generell wird hier Ethik im Pflegemanagement nicht als ¹FuÈhrungsinstrumentª im normativen Sinne gesehen, sondern als kritischer, reflexiver und integrativer Diskurs. Die potentielle MoÈglichkeit eines positiven Einflusses des Pflegemanagements auf die gesamte Einrichtung konnte 20 Zusammenfassung Inhalt Suchen 5 z 04 08 Hilfe Treffer am Beispiel der Organisationskultur belegt werden. Das Pflegemanagement kann wesentlich zu einer lebendigen Organisationskultur beitragen, in dem ethische Fragestellungen beruÈcksichtigt werden (EroÈrterung des Menschenbilds, der Umgang mit der Macht oder die Reflexion der Kommunikationskultur. Es bleibt abschlieûend noch darauf zu verweisen, daû die bundesrepublikanische Pflegeforschung dem Gegenstand der Ethik bisher nicht die gebuÈhrende Aufmerksamkeit geschenkt hat. Notwendig waÈre es, ethische Konzepte als Grundlage fuÈr das Pflegemanagement zu entwikkeln. Ethische Werte und Normen sollten auch in der direkten Pflege in den Pflegestandards staÈrker einflieûen. Gleichfalls sollte Ethik als Wissenschaft ihren Niederschlag in den Curricula der Grund-, Fort-, Weiterbildung und der PflegestudiengaÈnge Eingang halten. Literatur Arend A vd (1998) Pflegeethik. Ullstein Medical, Wiesbaden Arend A vd, Gastmans C (1996) Ethik fuÈr Pflegende. Huber, Bern Arndt M (1996) Ethik denken ± MaûstaÈbe zum Handeln in der Pflege. Thieme, Stuttgart Benner P, Wrubel J (1997) Pflege, Streû und BewaÈltigung. Gelebte Erfahrung von Gesundheit und Krankheit. Huber, Bern GoÈttingen Berufsordnung fuÈr Altenpflegerinnen und Altenpfleger, Kinderkrankenschwestern und Kinderkrankenpfleger, Krankenschwestern und Krankenpfleger (1998) 4. Ûberarb. DBFK (Hrsg) Eschborn Dannowski HW, Pickerodt I, Worl J (1993) Sachwissen Ethik. 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