An den Obmann des Finanzausschusses Herrn Abg. Mag. Werner Groiss Ihr Zeichen, Ihre Nachricht vom Bundessparte Bank und Versicherung Wirtschaftskammer Österreich Wiedner Hauptstraße 63 | Postfach 320 1045 Wien T +43 (0)5 90 900-DW | F +43 (0)5 90 900-272 E [email protected] W http://wko.at/bsbv Unser Zeichen, Sachbearbeiter Durchwahl Datum BSBV 99/Dr. Egger 3137 23.11.2016 Finanzmarkt-Geldwäsche-Gesetz (FM-GwG) u.a. Gesetze - Regierungsvorlage Sehr geehrter Herr Ausschussobmann! Zur Regierungsvorlage des Finanzmarkt-Geldwäsche-Gesetz (FM-GwG) und der anderen Gesetze, die mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf novelliert werden sollen, dürfen wir wie folgt Stellung nehmen: Vorweg dürfen wir anmerken, dass auch Dank konstruktiver den Gesetzwerdungsprozeß begleitender Gespräche mit dem BMF der Entwurf legistisch gelungen ist. Besonders begrüßen wir die vorgesehene Möglichkeit der Videoidentifizierung. Wir dürfen auf folgende wesentliche Anliegen hinweisen: I. ● FM-GwG Zu § 2 Z 6 lit b – Definition inländischer PEP (politisch-exponierte Personen) Die vorgesehene Definition inländischer PEP wird in der Regierungsvorlage sehr weit ausgelegt. Es sollen auf Basis des § 2 Z 6 lit b auch alle Landespolitiker (Mitglieder der Landtage und der Landesregierung sowie deren Angehörige und wirtschaftlich verbundene Personen) unter inländischen PEP zu subsumieren sein. Sämtliche Mitglieder der Landtage und der jeweiligen Landesregierungen (sowie deren Angehörige und wirtschaftlich nahestehende Personen) dem verschärften Geldwäscheregime zu unterwerfen, erscheint vor dem Hintergrund der RL-Vorgabe des Art 3 Z 9 unverhältnismäßig. In Art 3 Z 9 4. GW-RL werden föderale Einrichtungen nicht erwähnt. Lediglich in lit b findet sich ein Hinweis durch den dort angeführten, allgemeinen Begriff der „vergleichbaren Gesetzgebungsorgane“. Die Aufgaben der Gesetzgebungsorgane der österreichischen Bundesländer scheinen materiell betrachtet keinesfalls mit jenen des National- und Bundesrats vergleichbar. Die Gesetzgebungskompetenzen der Länder beschränken sich abgesehen vom Organisationsrecht -1- auf wenige öffentlich-rechtliche Materien wie beispielsweise Jagd- und Naturrecht, Jugendschutz, Bauordnung oder gewisse Sozialagenden. Der in den ErläutRV enthaltene Verweis auf § 15 Abs. 1 BVG, der als eine Art subsidiäre Generalkompetenz formuliert ist, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass im Rahmen dieser subsidiären Kompetenz ein Großteil der Kompetenzen ausdrücklich dem Bund zugewiesen ist. Hier sei auch auf die geplante RL-Umsetzung des deutschen Gesetzgebers verwiesen, wo dem Vernehmen nach auf Landesebene nur der/die Ministerpräsident(in) als PEP eingestuft werden soll (als Mitglied des deutschen Bundesrates – somit werden nur Bundespolitiker als PEP in Deutschland definiert). Selbst wenn man sich an einem Rechtsvergleich an der Umsetzung in Deutschland orientieren möchte und wider Erwarten doch auch Landespolitiker in Deutschland als PEP definiert werden (ein Umsetzungsgesetz wurde in Deutschland noch nicht veröffentlicht), müsste man bedenken, dass die Gesetzgebungskompetenz der deutschen Bundesländer deutlich größer ist als jene der österreichischen. Auch aus dem in den ErläutRV angeführten EG 32 der 4. Geldwäsche-RL ergibt sich keine ersichtliche Notwendigkeit zu der in § 2 Z 6 lit b vorgenommenen extensiven Auslegung inländischer PEP. Da die PEP-Eigenschaft ein wichtiges Element in der Risikoeinstufung ist, werden österreichische Banken - im Falle der Aufrechterhaltung der bisherigen Definition inländischer PEP- deutlich mehr Hochrisikokunden haben. Dies wird nicht nur zu entsprechenden negative Reaktionen der PEP-Kunden führen, sondern auch zu einem Wettbewerbsnachteil österreichischer Institute im Vergleich zu anderen MS der EU. Wir weisen in diesem Zusammenhang insbesondere auf die praktische Dimension und den Aufwand, der mit der geplanten Umsetzung einhergeht, hin. Allein der niederösterreichische und der oberösterreichische Landtag haben jeweils 56 Abgeordnete sowie jeweils 9 Mitglieder der Landesregierung. Darüber hinaus sind etliche Unternehmen im mehrheitlichen Landeseigentum. Daraus ergibt sich noch zusätzlich eine Reihe von Mitgliedern der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane dieser Unternehmen (zuzüglich von im Schnitt zwei bis drei nahen Angehörigen). Die mit einer PEP-Geschäftsbeziehung erhöhten Sorgfaltspflichten anlässlich der Begründung und jährlichen Überprüfung dieser Geschäftsbeziehung bedeuten erheblichen Aufwand für die Institute bei jeder einzelnen PEP. Auch die erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass sich im Kundenstand der Bank namensgleiche Personen befinden, führt zu Mehraufwand, da solche Namensübereinstimmungen logischerweise zu PEP-Treffern führen und es in der Praxis oft äußerst aufwändig ist, beispielsweise anhand der (oft erst herauszufindenden) Geburtsdaten zu prüfen, ob es sich tatsächlich um eine PEP handelt. Aus den angeführten Gründen sprechen wir uns dafür aus, dass Landespolitiker (Mitglieder der Landtage und der Landesregierung sowie deren Angehörige und wirtschaftlich verbundene Personen) nicht unter inländische PEP iSd § 2 Z 6 lit b erfasst werden. Weiteres PEP-Thema: Mitglieder der Führungsgremien politischer Parteien Die Konkretisierung von Mitgliedern der Führungsgremien politischer Parteien im Inland ist durch die Formulierung "insbesondere Mitglieder der Führungsgremien von im Nationalrat vertretenen politischen Parteien" zu weit gefasst. Durch die Verwendung des Wortes "insbesondere" kommt es zu Rechtsunsicherheit. Wir regen daher die abschließende Regelung -2- durch Streichung des Wortes "insbesondere" an bzw. regen wir weiters eine Feststellung des Finanzausschusses iS einer taxativen Klarstellung der relevanten Funktionen im Sinne unserer bisherigen Stellungnahme an, nämlich: der Vorsitzende, der Bundesgeschäftsführer oder Generalsekretär (bzw. gleichwertige Funktionen) sowie der Finanzreferent von im Nationalrat vertretenen politischen Parteien. Nicht jedes Mitglied des Bundesvorstandes einer im Nationalrat vertretenen politischen Partei (z.B. Vorsitzender der Jugendorganisation) sollte ein PEP sein. Nationalratsmandatare wären ohnedies ein PEP. ● § 2 Z 10 (Definition Geschäftsbeziehung) Im Zusammenhang mit der Begriffsbestimmung "Geschäftsbeziehung" wurde avisiert, dass dieser Begriff eingeschränkt wird, für Kreditinstitute nur auf konzessionspflichtige Bankgeschäfte gemäß § 1 Abs 1 BWG sowie für Finanzinstitute auf gewerbliche Tätigkeiten von Finanzinstituten gemäß § 1 Abs 2 BWG. Das ist nun doch nicht erfolgt, eine Klarstellung wäre hier aber wichtig. Wir ersuchen um folgende Änderung in § 2 Z 73 BWG: „jede geschäftliche, berufliche oder kommerzielle Beziehung, die in Verbindung mit den gewerblichen Tätigkeiten der diesem Bundesgesetz unterliegenden Institute und Personen unterhalten wird.“ ● § 6 Abs. 1, § 8 FM-GwG und Anlage II (Umfang der Sorgfaltspflichten) In § 6 (1) Z 3 heißt es "Bewertung und Einholung von Informationen über den Zweck...". Im Erstentwurf gab es dazu noch "Bewertung und gegebenenfalls Einholung über den Zweck...", wie es auch in Art 13 (1) c) der Richtlinie vorgesehen ist. Dieses "gegebenenfalls" ist sehr wichtig, da für viele Produkte (gerade im Bereich der vereinfachten Sorgfaltspflichten - z.B. Schulsparen, Risikoversicherung, ...) der Zweck und die Art ders Geschäfts offenkundig sind und nicht dezidiert noch einmal abgefragt werden sollten. In § 6 (1) wurde auch eine neue Z.4 aufgenommen, die zur Einholung der Mittelherkunft in jedem Fall verpflichtet. Auch hier muss jedenfalls im Bereich des niedrigen Risikos (zB Schulsparen) eine Ausnahme gelten. Sinnvoll wäre die zwingende Erhebung auf den Hochrisikobereich einzuschränken. Wir begrüßen die in § 8 (1) vorgesehene Möglichkeit, in der internen Risikoanalyse Bereiche und Produkte herauszuarbeiten, bei denen nur ein geringes Risiko von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung besteht. Anlage II zählt dazu Faktoren auf, die bei der Einstufung als potentiell geringes Risiko zu berücksichtigen sind. In Z.2 der Anlage II werden hinsichtlich potentiell risikoarmer Produkte u.a. Lebensversicherungsverträge und Rentensysteme genannt. Wir ersuchen um Aufnahme von Bausparverträgen in diesen Katalog, da auch von diesen aufgrund ihrer Ausgestaltung ein sehr geringes AML-Risiko ausgeht. Einerseits werden Bausparverträge in der Regel verhältnismäßig gering bespart, wobei zusätzlich der Gedanke des Zwecksparens im Vordergrund steht. Für prämienbegünstigte Bausparverträge kommt risikominimierend hinzu, dass eine Kundenüberprüfung durch das Finanzamt erfolgt, welches den Anspruch auf die Bausparprämie letztlich zu prüfen hat. Wir ersuchen daher dringend um die Aufnahme folgender Formulierung in Z.2 des Anhangs II vor: -3- "d) prämienbegünstigte Bausparverträge und Bausparverträge mit geringem Sparbeitrag (bis Guthaben von max. EUR 10.000)" ● § 6 Abs. 2 und 3 FM-GwG (Umfang der Sorgfaltspflichten) Im Vergleich zum Begutachtungsentwurf von August 2016 sind zwei für die Betrieblichen Vorsorgekassen äußerst wichtige Gesetzespassagen nur mehr in den Erläuterungen enthalten. In § 6 Abs. 2 FM-GwG war im Begutachtungsentwurf folgende Regelung vorgesehen: "[...] Von den Bestimmungen dieses Absatzes (Anmerkung: gemeint ist die Überprüfung der Identität einer Person durch persönliche Vorlage des amtlichen Lichtbildausweises) darf gemäß Abs. 4 (Online-Identifikation), § 8 (vereinfachte Sorgfaltspflichten), § 9 (verstärkte Sorgfaltspflichten) und § 13 (Ausführung durch Dritte) abgewichen werden." Im Hinblick auf den gängigen Geschäftsablauf (= Identifikation nahezu in allen Fällen durch den Hauptverband der Sozialversicherungsträger und die zuständigen Gebietskrankenkassen bzw. die SVA der gewerblichen Wirtschaft sichergestellt) wäre jedenfalls dieser Passus wieder in den Gesetzestext selbst aufzunehmen, sodass bei Vorliegen vereinfachter Sorgfaltspflichten gemäß § 8 FM-GwG ein Abweichen hiervon erlaubt ist. Ebenso wurde in § 6 Abs. 3 letzter Satz FM-GwG bei Immobilienverwaltern von Eigentümergemeinschaften bisher die Vorlage des Grundbuchsauszuges als Treugeberidentitätsnachweis von Miteigentümern als ausreichend normiert, was sich nun nur mehr in den Erläuterungen findet. Die Erläuterungen allein, ohne damit korrespondierende gesetzliche Regelung, gewährleisten im Hinblick auf die sonst bei Treugebern relevanten Sorgfaltsmaßstäbe und ansonsten anzuwendende verstärkte Sorgfaltspflicht nicht ausreichend Rechtssicherheit bei der Beurteilung der Frage, welche risikoadäquate Vorgangsweise nun für den spezifischen Geschäftsbereich der Betrieblichen Vorsorgekassen tatsächlich gefordert ist. Wir ersuchen daher um Klarstellung der beiden genannten Punkte im Gesetzestext selbst, idealerweise als Ergänzung zu § 8 FM-GwG. ● § 6 Abs. 4 FM-GwG (Umfang der Sorgfaltspflichten) Im Hinblick auf den in § 6 Abs 4 Z 4 enthaltenen Verweises auf „Kreditinstitute im Sinne des § 13“ ist unklar, ob dieser Verweis sich auf die in § 13 Abs 3 und 4 angeführten Kreditinstitute bezieht, wovon wir derzeit durch den bisherigen Verweis in § 40b Abs 1 Z 1 lit d auf § 40 Abs 8 BWG ausgegangen sind, oder ob damit auch auf die im Zusammenhang mit der Ausführung durch Dritte anzuwendenden Sorgfaltspflichten (siehe § 13 Abs.1 und 2) verwiesen wird. Diesbezüglich regen wir eine Klarstellung durch Konkretisierung des Verweises im § 6 Abs 4 Z 4 FM-GwG an: „ … Kreditinstitute im Sinne des § 13 Abs 3 und 4 …“). ● § 29 FM-GwG (Auskunfts- und Vorlagepflichten) Die Bestimmung sieht weiterhin eine umfassende Durchbrechung der berufsmäßigen Verschwiegenheit des Abschlussprüfers vor. Die Bestimmung, dass andere sondergesetzliche -4- Verschwiegenheitspflichten unberührt bleiben, widerspricht dem ersten Satz, da der Abschlussprüfer alles (einschließlich seiner Arbeitspapiere und Unterlagen auch zu personenbezogenen Daten von Kunden) vorlegen muss, aber weiterhin an das Bankgeheimnis gebunden ist. Andere Treuhänder (Anwälte, Steuerberater, Notare) sind aber ausgenommen. Das ist nach wie vor unbefriedigend. II. ESAEG Kritisch wird teilweise das Fehlen eines Aufteilungsschlüssels gesehen und die dadurch unbestimmte Höhe der Zahlungsverpflichtungen, da diese eine Durchsetzbarkeit der Zahlungsvorschreibungen erschweren könnte. Es ist zu erwarten, dass Mitglieder dagegen gerichtlich Einspruch erheben. Ohne zusätzliche Klarstellungen wird Rechtsunsicherheit und eine Verlagerung der Verwaltungskosten auf die - angesichts der Kurzfristigkeit weder statutarisch noch faktisch darauf vorbereiteten – Einlagensicherungsgesellschaften befürchtet. Eine Beschwerde hätte gemäß FMABG keine aufschiebende Wirkung, sodass die Sicherungseinrichtung ungeachtet der Zahlungsbereitschaft ihrer Mitgliedsinstitute die Kosten zu ersetzen hätte. Im Zuge der hoheitlichen Vorschreibungen bestehen für die Mitgliedsinstitute auch Rechte nach AVG. Bei einer Verrechnung durch die Sicherungseinrichtungen wären diese jedoch nicht anwendbar (keine Befehls- und Zwangsgewalt). Wir ersuchen um Berücksichtigung unserer Ausführungen. Mit freundlichen Grüßen Dr. Franz Rudorfer Geschäftsführer Bundessparte Bank und Versicherung -5-