Die TZ-Umweltseite vom 27. August 2016

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SONNABEND / SONNTAG, 27./28. AUGUST 2016 | SEITE 20
Glück am Teichgebiet
Hochträchtige Blindschleiche brachte neun Junge zur Welt
VON DIETER SELTER
TROSSIN. Als Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Schildkröten, als Untergruppierung in der
Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde, und Mitglied
im Naturschutzbund
Deutschland interessiere ich mich neben der Vogelkunde
auch für Amphibien, Reptilien und Wildfische in unserer Heimat. Für den Schutz
dieser Tiere mit all den Lebensräumen
setzen wir Mitglieder uns ein, sei es durch
Aufklärung unter Nutzung der Medien,
durch Fachgruppenarbeit, durch artgerechte Tiererhaltung oder in den Naturschutzstationen. All dies kann dazu beigetragen, Mitmenschen für ihre Umwelt
zu sensibilisieren.
Gerade im urbanen Bereich lässt sich
auch für winzige Refugien Platz schaffen.
Sei es in Hausgärten, in Gartenanlagen
oder sogar auf dem Balkon. Klar, in richtig großen Gärten kann man schon für
Tiere und Pflanzen naturgerechte Biotope herrichten und gestalten. Kräuterecken, Wildblumen, Steinhaufen, Reisighaufen, Totholz und Kleinteiche sind ideal geeignet für Insekten, Amphibien und
Reptilen. Jeder nach seinem Prinzip, wie
er es eben gern möchte.
Eine uralte Echsenart
Blindschleichen gehören zu den terrestrisch lebenden Echsenarten. Weltweit sollen über 3000 Echsenarten vorkommen.
In Europa findet man etwa 50 Arten, fast
doppelt so viel wie Schlangenarten. Ähnliche, im europäischen Raum vorkommende Spezies der Schleichen sind
Scheltopusik, Spanischer Walzenskink,
Erzschleiche, Gesprenkelter Schlangenskink und Maurische Netzwühle. Alle
Hochträchtiges
Blindschleichen-Weibchen
verlässt ihr Versteck.
diese Arten findet man im
mediterranen Raum. Die
Gemeine Blindschleiche,
welche bei uns zu finden ist,
ist in Europa bis auf dem hohen
Norden, Irland, Südspanien und
der Krim überall verbreitet. Nach
Osten findet sie bis zum Ural, Kaukasus und Südwest-Asien Lebensraum. Ob Nordwestafrika besiedelt
wird, ist unsicher. Für mich zählt diese
Art schon zur Besonderheit in unserer
Heimat. Etwas anders als die wärmeliebende Eidechsen auf trockenen Magerstandorten leben die Blindschleichen in
äußerst unterschiedlichen Lebensräumen.
Nachweisen konnte ich die Art schon in
Nadelwäldern, in Laubmischwäldern, in
strukturreichen Landschaften mit Gehölzen und Teichen, an Grabenrändern im
Offenland, in Parkanlagen und Gärten
mit hohem Holzanteil. Die Art ist also sehr
flexibel was den Lebensraum anbetrifft.
Da die Blindschleiche aber in ihrem Refugium eine relativ hohe Luftfeuchtigkeit
benötigt, trifft man sie im Unterschied zur
Eidechse meist nur in den Morgen- und
Abendstunden an. Die Tiere sind dämmerungsaktiv. Sie erwärmen sich am Tage
in ihren Verstecken und verlassen erst
abends zur Nahrungssuche den Unterschlupf. Geschickt bohrt sich diese beinlose Schleiche durch verfilztes Wurzelgeflecht und abgestorbene Grassoden auf
der Suche nach Würmern, Schnecken
und Asseln. Nach der Winterruhe im
März/April verlassen Männchen und
Weibchen die Verstecke, um der Fortpflanzung nachzugehen. Nach elf bis
dreizehn Wochen werden Jungtiere lebend, genauso wie bei der Waldeidechse, geboren. Diese sind nur etwa acht bis
zehn Zentimeter groß. Zur Winterruhe
zieht sich die Blindschleiche wieder in
Erdlöcher zurück.
Lebendgebärende Echse
Liebe Leser, unser Wissen
über die Tiere, auch meines,
stammt aus der Beobachtung aus der uns umgebenden Umwelt. Wer
sich dafür interessiert, Wanderungen
in der Natur oder Besuche
von Tiergärten nutzt sowie im eigenen
Garten die Augen aufhält, kann sich sehr
viel über das Zusammenspiel von Tieren
und Pflanzen aneignen. Klar habe ich
auch eine Vielzahl von Büchern und
Schriften über das Thema. Manchmal nutze ich auch das Internet. Aber wenig. Immer wieder versuche ich, objektiv das Geschehen selbst zu erfassen. Es ist natürlich
schwer, komplexe Abläufe in der freien
Natur zu erfahren oder zu untersuchen.
Dazu fehlt die Zeit. Außerdem sind ja fast
alle Tierarten gesetzlich geschützt. Zumindest ist dies vom Gesetzgeber so festgelegt. Aber im vorigen Jahr hatte ich
wieder mal bei Pflegearbeiten im Trossiner Teichgebiet Glück. Nachdem wir zur
gegebenen Zeit ein Stück Wiese gemäht
hatten, waren wir wenige Tage später vor
Ort, um die angetrocknete Biomasse zu
beseitigen. Unter einem feuchten Grasschwad fand ich eine Blindschleiche. Das
Tier schien regungslos. Erst dachte ich, es
sei tot. Ich brachte es in einem Eimer ins
Fotos: Selter
Auto. Zu Hause im Garten betrachtete ich
das Tier. Die Blindschleiche war hochträchtig, also kurz vor der Jungengeburt.
Ich setzte das Tier in ein Terrarium und
konnte es so beobachten. Die Schleiche
verbarg sich in dem eingebrachten Material aus Holzspäne und Fichtennadeln.
Mehlwürmer sollten als Futter dienen. Als
ich am nächsten Tag nachschaute, staunte ich nicht schlecht. Neun junge Blindschleichen waren geboren. Alle Tiere wurden noch am selben Tag in Trossin wieder
freigelassen. Die Jungtiere waren nicht
größer als eine Kugelschreibermine.
Erfolgreiche Misch-Ehe
Noch so eine riesige Raupe
BEILRODE. Der Artikel von
Gottfried Kohlhase über den
Totenkopfschwärmer und dessen
riesenhafter Raupe (erschienen am
13. August) führte bei TZ-Leser
Andreas Ritter zu einem Aha-Erlebnis: Beim Schneiden der
Forsythie in Beilrode machte er
diese Aufnahme.
Foto: Andreas Ritter
Eben geborene Blindschleichen.
Am Entenfang zogen eine Kanada- und eine Graugans drei Gössel auf
TORGAU. Wenn ab Mitte September die
nordischen Wildgänse, im Volksmund
noch immer Schneegänse genannt, aus
Skandinavien und Sibirien zu uns kommen, ist der Winter nicht mehr fern. In den
letzten Jahrzehnten wurden es immer
mehr, Saat- und Blässgänse. Zehntausende übernachten auf dem Schlafplatz Großer Teich. An- und Abflug, oft über die
Große Kreisstadt, bieten monatelang immer wieder ein beeindruckendes Schauspiel. Auf dem Gewässer, das oft auch
tagsüber dicht bevölkert ist, oder auf den
Äsungsflächen weit ringsum, entdecken
die Ornithologen, ausgerüstet mit guter
Optik, gelegentlich andere Gänsearten,
beispielsweise Zwerggänse, echte
Schneegänse, Nonnengänse alias Weißwangengänse, auch mal eine Kurzschnabelgans oder eine Rothalsgans.
Man muss zur rechten Zeit am rechten Ort
sein. Erfahrung und ein Quäntchen Glück
gehören dazu. So erschien ich einst am
Strandbad, traf dort drei abreisebereite
Leipziger Ornithologen, wahre Experten,
und erkundigte mich nach Raritäten.
Nichts Besonderes, lautete die Antwort.
Kaum waren die Profis weg, entdeckte
ich eine Rothalsgans, bei uns äußerst selten. Sie reckte zwischen vielen tausend
Saat- und Blässgänsen den markanten
Hals und verschwand wieder im zigfach
gestaffelten Getümmel. Da ich nun den
„Sitzplatz“ kannte, fand ich die Zufallsbeobachtung immer wieder.
Ein andermal besuchte ich den Biberhof
und gewahrte in geringer Entfernung
mehrere Gänse. Zu meiner Überraschung
waren zwei in unserer Region sehr seltene Kurzschnabelgänse dabei, zwar meine Erstbeobachtung, da sie aber nur wenige Meter neben Saatgänsen standen,
war die Identifizierung, die ich in kilometerweiter Entfernung auf dem Teich nicht
gewagt hätte, absolut sicher.
Brandgänse brüten seit Jahren mancherorts in der Region. Erfreut war ich, als ich
ein Paar mit elf Gösseln auf der Alten
Elbe Elsnig sichtete, die alle flügge wurden. Die Nilgans, ein Neozoon, wie schon
der Name verrät, ist im Kreisgebiet fast
regelmäßig anzutreffen und hat zum Bei-
spiel an der Elbe bei Werdau-Loßwig mit
Erfolg gebrütet, ebenso auf dem Schlossteich in Trossin. Die Kanadagans, ebenfalls Neubürger, längst in Westeuropa heimisch geworden und dort sogar häufig
vorhanden, wurde immer wieder mal auf
dem Großen Teich beobachtet, einzeln
oder als Familie. Ein Brutnachweis liegt
für die Dahlener Heide vor. Ein Kuriosum
ereignete sich 2016. Am Entenfang zog
ein Mischpaar Kanadagans-Graugans
drei Gössel auf, die auf dem Brutplatz am
Tümpel neben der Brücke der B 87 über
die Bahnlinie geschlüpft waren. Die Bastarde haben sich gut entwickelt. Zwei
wurden flügge. Die Familie war zwar mit
Graugänsen vergesellschaftet, doch später lebte sie immer etwas getrennt von denen an den Tümpeln der ehemaligen Entenfang-Anlage. Erstaunlich bleibt die
Mischehe, denn das Balzverhalten der
Kanadagänse ist ganz anders als das der
Graugänse.
Seit 1980 brüten am Großen Teich im Entenfanggebiet Graugänse. Auf der Gänsewiese zwischen Nordumfluter und
Graugansfamilie am Großen Teich.
Foto: Herbert Lehmann
■ ■■MAXE IST EXPERTE
Jetzt ist Tomatenerntezeit
H
allo Nachbar! Lange haben wir da
darauf warten müssen, jetzt ist sie da,
die Tomatenflut. Wenn man sich überlegt, wie lange so eine Tomatenpflanze
braucht bis sie erntereif ist, da verlangt
sie einem Gartenfreund schon allerhand
Geduld ab. Wer sie nun nicht gerade im
Mai als fertige Pflanze beim Gärtner gekauft hat, weiß, wovon ich spreche. Im
März werden Tomaten ausgesät, pikiert
getopft, gehegt und umsorgt, bis sie Mitte Mai ins Freiland entlassen werden
können. Aber auch dann ist unsere Fürsorge weiter gefragt. Müssen Tomatenpflanzen gepflanzt, angebunden und
ausgegeizt werden. Dazu ist regelmäßig
zu gießen und viele Tomatenpflanzen
werden zusätzlich noch überdacht. Das
ist natürlich eine sehr gute Maßnahme,
um die Tomatenpflanzen vor der gefürchteten Kraut- und Braunfäule zu
schützen. Zusätzlich kann man die Tomaten noch mit Kupferkalk Atempo besprühen. Wenn dann keine gute Tomatenernte angesagt ist, dann weiß ich
auch keinen Rat mehr. Aber trotzdem
mussten die meisten Gartenfreunde bis
Ende Juli auf die ersten reifen Tomaten
warten. Das ist von der Aussaat an eine
sehr lange Zeit. Etwas
eher waren jene dran,
die die Sorte „Harzfeuer“ gepflanzt
hatten. Es gibt aber auch sonst noch verschiedene Sorten, die nicht so anfällig
gegen die Braunfäule sind. Dazu gehören auch die 2,50 Meter hohen Eiertomaten aus DDR-Zeiten, die unter Gartenfreunden gerne weitergegeben werden. Keiner weiß richtig, wie sie heißen
und warum man so gut aus ihnen Samen
gewinnen kann. Auf jeden Fall ist sie
keine F1-Hochzüchtung. Nun reifen die
Tomaten. Wir sollten die reichliche Ernte auch nutzen. Bessere Tomaten als aus
dem eigenen Garten, vollreif und von
der Sonne verwöhnt, kann man nicht
bekommen. Wenn sie zu viel werden,
hilft es, sie unter Freunden und Bekannten zu verteilen oder die Früchte zu verarbeiten. Gut ist der dran, der gleichzeitig mit dem Tomatenanbau an die Aussaat von Basilikum gedacht hat. Diese
Kombination und dazu Mozzarella oder
Schafskäse ist der wahre Sommergenus
und kommt immer richtig gut an. Probieren sie es doch einfach mal aus. Dazu
ein gutes Olivenöl, da könnte man glatt
zum Vegetarier werden.
Ihr Maxe
Kanadagans und Graugans mit Nachwuchs am Entenfang.
Foto: Udo Weisser
Teich und anderswo fast ringsum halten
sich im Frühjahr über 20 Brutpaare mit
mindestens 70 Gösseln auf. Da die Gänse sich sowohl auf dem Wasser als auch
auf verschiedenen Äsungsflächen tummeln, ist die Anzahl schwierig zu ermitteln. Graugänse haben auch auf den Bennewitzer Teichen, am Neumühlteich, am
Benkenteich und anderen Gewässern erfolgreich gebrütet. Die Grauganspopulation weist eine beachtliche Erfolgsgeschichte auf. Zu verschiedenen Jahreszeiten halten sich auf dem Großen Teich unterschiedlich viele Graugänse auf,
zuweilen über 500, optisch und am Geschnatter als Vorfahren der Hausgans
leicht zu erkennen.
Während noch vor wenigen Jahrzehnten
Wildgänse nur zur Winterzeit als Gäste bei
uns verweilten, sind sie nun ganzjährig
vorhanden, sind sogar wieder Bestandteil
unserer heimischen Avifauna geworden.
So erfreulich das für die Natur-, speziell
Vogelfreunde ist, soll jedoch nicht verschwiegen werden, dass sich auch Komplikationen für Landwirtschaft und Naherholung bei zu starker Konzentration von
Saat-, Bläss- und Graugänsen in lokalen
Bereichen ergeben, in anderen geografischen Gebieten auch mit Kanada-, Nilund Ringelgänsen. Ein gut geplanter Natur- und Vogelschutz bietet für alles Lösungen und garantiert allen Gänsearten,
einheimischen und Gästen, das Leben in
unserer Heimat.
Herbert Lehmann
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