UMWELT Ihr Ansprechpartner Thomas Manthey Telefon 03421 721042 [email protected] SONNABEND / SONNTAG, 27./28. AUGUST 2016 | SEITE 20 Glück am Teichgebiet Hochträchtige Blindschleiche brachte neun Junge zur Welt VON DIETER SELTER TROSSIN. Als Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Schildkröten, als Untergruppierung in der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde, und Mitglied im Naturschutzbund Deutschland interessiere ich mich neben der Vogelkunde auch für Amphibien, Reptilien und Wildfische in unserer Heimat. Für den Schutz dieser Tiere mit all den Lebensräumen setzen wir Mitglieder uns ein, sei es durch Aufklärung unter Nutzung der Medien, durch Fachgruppenarbeit, durch artgerechte Tiererhaltung oder in den Naturschutzstationen. All dies kann dazu beigetragen, Mitmenschen für ihre Umwelt zu sensibilisieren. Gerade im urbanen Bereich lässt sich auch für winzige Refugien Platz schaffen. Sei es in Hausgärten, in Gartenanlagen oder sogar auf dem Balkon. Klar, in richtig großen Gärten kann man schon für Tiere und Pflanzen naturgerechte Biotope herrichten und gestalten. Kräuterecken, Wildblumen, Steinhaufen, Reisighaufen, Totholz und Kleinteiche sind ideal geeignet für Insekten, Amphibien und Reptilen. Jeder nach seinem Prinzip, wie er es eben gern möchte. Eine uralte Echsenart Blindschleichen gehören zu den terrestrisch lebenden Echsenarten. Weltweit sollen über 3000 Echsenarten vorkommen. In Europa findet man etwa 50 Arten, fast doppelt so viel wie Schlangenarten. Ähnliche, im europäischen Raum vorkommende Spezies der Schleichen sind Scheltopusik, Spanischer Walzenskink, Erzschleiche, Gesprenkelter Schlangenskink und Maurische Netzwühle. Alle Hochträchtiges Blindschleichen-Weibchen verlässt ihr Versteck. diese Arten findet man im mediterranen Raum. Die Gemeine Blindschleiche, welche bei uns zu finden ist, ist in Europa bis auf dem hohen Norden, Irland, Südspanien und der Krim überall verbreitet. Nach Osten findet sie bis zum Ural, Kaukasus und Südwest-Asien Lebensraum. Ob Nordwestafrika besiedelt wird, ist unsicher. Für mich zählt diese Art schon zur Besonderheit in unserer Heimat. Etwas anders als die wärmeliebende Eidechsen auf trockenen Magerstandorten leben die Blindschleichen in äußerst unterschiedlichen Lebensräumen. Nachweisen konnte ich die Art schon in Nadelwäldern, in Laubmischwäldern, in strukturreichen Landschaften mit Gehölzen und Teichen, an Grabenrändern im Offenland, in Parkanlagen und Gärten mit hohem Holzanteil. Die Art ist also sehr flexibel was den Lebensraum anbetrifft. Da die Blindschleiche aber in ihrem Refugium eine relativ hohe Luftfeuchtigkeit benötigt, trifft man sie im Unterschied zur Eidechse meist nur in den Morgen- und Abendstunden an. Die Tiere sind dämmerungsaktiv. Sie erwärmen sich am Tage in ihren Verstecken und verlassen erst abends zur Nahrungssuche den Unterschlupf. Geschickt bohrt sich diese beinlose Schleiche durch verfilztes Wurzelgeflecht und abgestorbene Grassoden auf der Suche nach Würmern, Schnecken und Asseln. Nach der Winterruhe im März/April verlassen Männchen und Weibchen die Verstecke, um der Fortpflanzung nachzugehen. Nach elf bis dreizehn Wochen werden Jungtiere lebend, genauso wie bei der Waldeidechse, geboren. Diese sind nur etwa acht bis zehn Zentimeter groß. Zur Winterruhe zieht sich die Blindschleiche wieder in Erdlöcher zurück. Lebendgebärende Echse Liebe Leser, unser Wissen über die Tiere, auch meines, stammt aus der Beobachtung aus der uns umgebenden Umwelt. Wer sich dafür interessiert, Wanderungen in der Natur oder Besuche von Tiergärten nutzt sowie im eigenen Garten die Augen aufhält, kann sich sehr viel über das Zusammenspiel von Tieren und Pflanzen aneignen. Klar habe ich auch eine Vielzahl von Büchern und Schriften über das Thema. Manchmal nutze ich auch das Internet. Aber wenig. Immer wieder versuche ich, objektiv das Geschehen selbst zu erfassen. Es ist natürlich schwer, komplexe Abläufe in der freien Natur zu erfahren oder zu untersuchen. Dazu fehlt die Zeit. Außerdem sind ja fast alle Tierarten gesetzlich geschützt. Zumindest ist dies vom Gesetzgeber so festgelegt. Aber im vorigen Jahr hatte ich wieder mal bei Pflegearbeiten im Trossiner Teichgebiet Glück. Nachdem wir zur gegebenen Zeit ein Stück Wiese gemäht hatten, waren wir wenige Tage später vor Ort, um die angetrocknete Biomasse zu beseitigen. Unter einem feuchten Grasschwad fand ich eine Blindschleiche. Das Tier schien regungslos. Erst dachte ich, es sei tot. Ich brachte es in einem Eimer ins Fotos: Selter Auto. Zu Hause im Garten betrachtete ich das Tier. Die Blindschleiche war hochträchtig, also kurz vor der Jungengeburt. Ich setzte das Tier in ein Terrarium und konnte es so beobachten. Die Schleiche verbarg sich in dem eingebrachten Material aus Holzspäne und Fichtennadeln. Mehlwürmer sollten als Futter dienen. Als ich am nächsten Tag nachschaute, staunte ich nicht schlecht. Neun junge Blindschleichen waren geboren. Alle Tiere wurden noch am selben Tag in Trossin wieder freigelassen. Die Jungtiere waren nicht größer als eine Kugelschreibermine. Erfolgreiche Misch-Ehe Noch so eine riesige Raupe BEILRODE. Der Artikel von Gottfried Kohlhase über den Totenkopfschwärmer und dessen riesenhafter Raupe (erschienen am 13. August) führte bei TZ-Leser Andreas Ritter zu einem Aha-Erlebnis: Beim Schneiden der Forsythie in Beilrode machte er diese Aufnahme. Foto: Andreas Ritter Eben geborene Blindschleichen. Am Entenfang zogen eine Kanada- und eine Graugans drei Gössel auf TORGAU. Wenn ab Mitte September die nordischen Wildgänse, im Volksmund noch immer Schneegänse genannt, aus Skandinavien und Sibirien zu uns kommen, ist der Winter nicht mehr fern. In den letzten Jahrzehnten wurden es immer mehr, Saat- und Blässgänse. Zehntausende übernachten auf dem Schlafplatz Großer Teich. An- und Abflug, oft über die Große Kreisstadt, bieten monatelang immer wieder ein beeindruckendes Schauspiel. Auf dem Gewässer, das oft auch tagsüber dicht bevölkert ist, oder auf den Äsungsflächen weit ringsum, entdecken die Ornithologen, ausgerüstet mit guter Optik, gelegentlich andere Gänsearten, beispielsweise Zwerggänse, echte Schneegänse, Nonnengänse alias Weißwangengänse, auch mal eine Kurzschnabelgans oder eine Rothalsgans. Man muss zur rechten Zeit am rechten Ort sein. Erfahrung und ein Quäntchen Glück gehören dazu. So erschien ich einst am Strandbad, traf dort drei abreisebereite Leipziger Ornithologen, wahre Experten, und erkundigte mich nach Raritäten. Nichts Besonderes, lautete die Antwort. Kaum waren die Profis weg, entdeckte ich eine Rothalsgans, bei uns äußerst selten. Sie reckte zwischen vielen tausend Saat- und Blässgänsen den markanten Hals und verschwand wieder im zigfach gestaffelten Getümmel. Da ich nun den „Sitzplatz“ kannte, fand ich die Zufallsbeobachtung immer wieder. Ein andermal besuchte ich den Biberhof und gewahrte in geringer Entfernung mehrere Gänse. Zu meiner Überraschung waren zwei in unserer Region sehr seltene Kurzschnabelgänse dabei, zwar meine Erstbeobachtung, da sie aber nur wenige Meter neben Saatgänsen standen, war die Identifizierung, die ich in kilometerweiter Entfernung auf dem Teich nicht gewagt hätte, absolut sicher. Brandgänse brüten seit Jahren mancherorts in der Region. Erfreut war ich, als ich ein Paar mit elf Gösseln auf der Alten Elbe Elsnig sichtete, die alle flügge wurden. Die Nilgans, ein Neozoon, wie schon der Name verrät, ist im Kreisgebiet fast regelmäßig anzutreffen und hat zum Bei- spiel an der Elbe bei Werdau-Loßwig mit Erfolg gebrütet, ebenso auf dem Schlossteich in Trossin. Die Kanadagans, ebenfalls Neubürger, längst in Westeuropa heimisch geworden und dort sogar häufig vorhanden, wurde immer wieder mal auf dem Großen Teich beobachtet, einzeln oder als Familie. Ein Brutnachweis liegt für die Dahlener Heide vor. Ein Kuriosum ereignete sich 2016. Am Entenfang zog ein Mischpaar Kanadagans-Graugans drei Gössel auf, die auf dem Brutplatz am Tümpel neben der Brücke der B 87 über die Bahnlinie geschlüpft waren. Die Bastarde haben sich gut entwickelt. Zwei wurden flügge. Die Familie war zwar mit Graugänsen vergesellschaftet, doch später lebte sie immer etwas getrennt von denen an den Tümpeln der ehemaligen Entenfang-Anlage. Erstaunlich bleibt die Mischehe, denn das Balzverhalten der Kanadagänse ist ganz anders als das der Graugänse. Seit 1980 brüten am Großen Teich im Entenfanggebiet Graugänse. Auf der Gänsewiese zwischen Nordumfluter und Graugansfamilie am Großen Teich. Foto: Herbert Lehmann ■ ■■MAXE IST EXPERTE Jetzt ist Tomatenerntezeit H allo Nachbar! Lange haben wir da darauf warten müssen, jetzt ist sie da, die Tomatenflut. Wenn man sich überlegt, wie lange so eine Tomatenpflanze braucht bis sie erntereif ist, da verlangt sie einem Gartenfreund schon allerhand Geduld ab. Wer sie nun nicht gerade im Mai als fertige Pflanze beim Gärtner gekauft hat, weiß, wovon ich spreche. Im März werden Tomaten ausgesät, pikiert getopft, gehegt und umsorgt, bis sie Mitte Mai ins Freiland entlassen werden können. Aber auch dann ist unsere Fürsorge weiter gefragt. Müssen Tomatenpflanzen gepflanzt, angebunden und ausgegeizt werden. Dazu ist regelmäßig zu gießen und viele Tomatenpflanzen werden zusätzlich noch überdacht. Das ist natürlich eine sehr gute Maßnahme, um die Tomatenpflanzen vor der gefürchteten Kraut- und Braunfäule zu schützen. Zusätzlich kann man die Tomaten noch mit Kupferkalk Atempo besprühen. Wenn dann keine gute Tomatenernte angesagt ist, dann weiß ich auch keinen Rat mehr. Aber trotzdem mussten die meisten Gartenfreunde bis Ende Juli auf die ersten reifen Tomaten warten. Das ist von der Aussaat an eine sehr lange Zeit. Etwas eher waren jene dran, die die Sorte „Harzfeuer“ gepflanzt hatten. Es gibt aber auch sonst noch verschiedene Sorten, die nicht so anfällig gegen die Braunfäule sind. Dazu gehören auch die 2,50 Meter hohen Eiertomaten aus DDR-Zeiten, die unter Gartenfreunden gerne weitergegeben werden. Keiner weiß richtig, wie sie heißen und warum man so gut aus ihnen Samen gewinnen kann. Auf jeden Fall ist sie keine F1-Hochzüchtung. Nun reifen die Tomaten. Wir sollten die reichliche Ernte auch nutzen. Bessere Tomaten als aus dem eigenen Garten, vollreif und von der Sonne verwöhnt, kann man nicht bekommen. Wenn sie zu viel werden, hilft es, sie unter Freunden und Bekannten zu verteilen oder die Früchte zu verarbeiten. Gut ist der dran, der gleichzeitig mit dem Tomatenanbau an die Aussaat von Basilikum gedacht hat. Diese Kombination und dazu Mozzarella oder Schafskäse ist der wahre Sommergenus und kommt immer richtig gut an. Probieren sie es doch einfach mal aus. Dazu ein gutes Olivenöl, da könnte man glatt zum Vegetarier werden. Ihr Maxe Kanadagans und Graugans mit Nachwuchs am Entenfang. Foto: Udo Weisser Teich und anderswo fast ringsum halten sich im Frühjahr über 20 Brutpaare mit mindestens 70 Gösseln auf. Da die Gänse sich sowohl auf dem Wasser als auch auf verschiedenen Äsungsflächen tummeln, ist die Anzahl schwierig zu ermitteln. Graugänse haben auch auf den Bennewitzer Teichen, am Neumühlteich, am Benkenteich und anderen Gewässern erfolgreich gebrütet. Die Grauganspopulation weist eine beachtliche Erfolgsgeschichte auf. Zu verschiedenen Jahreszeiten halten sich auf dem Großen Teich unterschiedlich viele Graugänse auf, zuweilen über 500, optisch und am Geschnatter als Vorfahren der Hausgans leicht zu erkennen. Während noch vor wenigen Jahrzehnten Wildgänse nur zur Winterzeit als Gäste bei uns verweilten, sind sie nun ganzjährig vorhanden, sind sogar wieder Bestandteil unserer heimischen Avifauna geworden. So erfreulich das für die Natur-, speziell Vogelfreunde ist, soll jedoch nicht verschwiegen werden, dass sich auch Komplikationen für Landwirtschaft und Naherholung bei zu starker Konzentration von Saat-, Bläss- und Graugänsen in lokalen Bereichen ergeben, in anderen geografischen Gebieten auch mit Kanada-, Nilund Ringelgänsen. Ein gut geplanter Natur- und Vogelschutz bietet für alles Lösungen und garantiert allen Gänsearten, einheimischen und Gästen, das Leben in unserer Heimat. Herbert Lehmann