Projekt: Darf man alles was man kann? Fortpflanzung – Mensch, Gentechnik, Gentherapie, Humangenomprojekt, Projekt Klonen Die grüne Gentechnik Das Klonschaf Dolly – 1997 von Ian Wilmut aus der Euterzelle eines erwachsenen Tieres „hergestellt“ – hat eine neue Ära der Gentechnik eingeläutet. Die Vermehrung gentechnisch veränderter Zellen ist schon lange gängige Praxis, die ganzer Tiere oder Pflanzen mit gewünschten Eigenschaften noch nicht üblicher Alltag. Im Hinblick auf das „therapeutische Klonen“ rückt der Gesamtkomplex jetzt immer mehr in ein anderes Blickfeld. Ziel des therapeutischen Klonens ist der Ersatz von defekten Zellen des Körpers durch entsprechende gesunde Zellen. Sie werden aus embryonalen Stammzellen gewonnen. Neuste Meldungen sprechen dafür, dass in China bereits menschliche Embryonen mit diesem Ziel geklont wurden. – Warum war Dolly eine umstrittene Sensation? – Was sind Klone? – Was sind Stammzellen? – Warum ist die Klontherapie umstritten? – Darf man menschliche Embryonen für „einen guten Zweck“ (sprich die Therapie kranker Personen) klonen? Zahlreiche Nutzpflanzen gehören bereits zu den sogenannten transgenen Pflanzen, die durch entsprechende gentechnische Eingriffe gegen bestimmte Herbizide tolerant sind, eine Kälte- oder Insektenresistenz besitzen, gewünschte Substanzen in erhöhtem Maß produzieren, verzögert reifen oder kernlose Früchte haben. Während die Gentechnik unter medizinischen Aspekten von einem Großteil der Bevölkerung akzeptiert oder toleriert wird, gibt es immer mehr Menschen, die Gentechnik im Nahrungsmittelbereich ablehnen, eine genaue Kennzeichnung der Lebensmittel und strengere Gesetze fordern. Die Suche nach Gründen kann mit einer NutzenRisiko-Abschätzung verbunden werden. Es bietet sich eine Zusammenarbeit mit den Fächern Sozialkunde /Gemeinschaftskunde oder Erdkunde an. Quelle z. B. Gentechnik – Chancen und Risiken; Buch zur Ausstellung „Gentechnik“; PalmengartenSchriftenreihe, Sonderheft 26, Frankfurt 1997 Diese Fragen können z. B. zusammen mit den Religions- oder Ethiklehrern im Rahmen eines Projekts bearbeitet werden. Traum oder Alptraum: Die Eier legende Wollmilchsau? Quellen: Natura-Aktuell Hefte, Tages- und Wochenzeitungen, http://www.LifeScience.de Gentherapie Ein 18-jähriger Amerikaner starb am 17.9.1999, als Forscher ihn von seinem Stoffwechselleiden heilen wollten. Ein bestimmtes Gen in seinen Zellen funktionierte nicht. Ihm mangelte es an einem Leberenzym, dessen korrekte Genversion mit Adenoviren in die Leberzellen eingeschleust werden sollte. Trotz dieser Krankheit kann man mit einer eiweißarmen Diät und Medikamenten alt werden. Der Mann ging dessen un­geachtet auf den Vorschlag der Forscher ein, mit ihm diese Gentherapie zu versuchen. Er starb vier Tage nach der Injektion. Die Ursachen konnten nicht genau geklärt werden. Vermutet wird aber – da die Adenoviren, die als Genfähren benutzt wurden, starke Immunreaktionen erzeugen können – eine unkontrollierte Abwehrreaktion. Nach diesem „Menschenversuch mit tödlichem Ausgang“ wurden zunächst in den USA alle ähnlichen Experimente gestoppt. Zwischen­zeitlich sind gentherapeutische Versuche aber wieder aufgenommen worden. Kritiker halten die Gentherapie vorläufig für wirkungslos und zu riskant, Befürworter sehen für verschiedene Krankheiten die Möglichkeiten, betroffenen Personen ein Leben ohne Einschränkungen zu ermöglichen. Geplant ist auch, in die Keimbahn einzugreifen. Nutzen und Risiko der Gentherapie können herausgearbeitet und in einer Podiumsdiskussion – auch mit eingeladenen Spezialisten oder zusammen mit Schülern der Oberstufe – diskutiert werden. Und wird uns das Baby dann zugeschickt, oder wie läuft das, Herr Doktor? In der Grundlagenforschung kann man mithilfe gentechnischer Verfahren Proteine, Enzyme oder Rezeptoren, die als Angriffspunkte für Medikamente dienen, in reiner Form und in großer Menge für Testversuche und zur Strukturaufklärung herstellen. Die Schüler tragen aus Schulbüchern, Internetquellen, Lexika u. a. zusammen, welche gentechnischen Methoden zur Herstellung von Medikamenten verwendet werden und gestalten damit eine Wandzeitung. 196 1997 pflanzte ein italienischer Arzt einer 59-jährigen(!) Frau eine im Reagenzglas befruchtete Eizelle ein. In amerikanischen Spermienbanken können sich Frauen in umfänglichen Katalogen einen Vater für ihre Kinder aussuchen. Alle Haar- und Hautfarben, Größen, Abstammungen und akademischen Titel bis hin zum Nobelpreisträger stehen zur Verfügung. „Wir übernehmen gerade die Kontrolle über unsere eigene Evolution.“ Gregory Stock, Biophysiker, University of California, Los Angeles 1999 „Im Labor entstandene Kinder sind stets gewünscht und werden deshalb mehr geliebt als natürlich gezeugte Kinder.“ Carl Djerassi, Chemiker, (bdw 4, 2002, S. 12) Selektion im Labor: Nach deutschem Recht ist die Präimplantationsdiagnostik nicht zulässig. Sie umfasst den genetischen Test des Embryos im Labor. Nur solche Embryonen werden in die Gebärmutter implantiert, die keine getesteten defekten Gene im Erbgut enthalten (Beispiel: wenn eine Erbkrankheit in einer Familie vermutet wird). Pränatale Diagnostik: Fahndung nach dem Gen für eine Erbkrankheit im Erbgut des ungeborenen Kindes. Erweist sich das Gen als defekt, so besteht die Möglichkeit eines Schwangerschaftsabbruchs. Schon seit vielen Jahren gehört es zur Routine, dass Neugeborene auf die Phenylketonurie getes­ tet werden. Halten betroffene Kinder eine beson­ dere Diät, so lässt sich verhindern, dass sich eine schwere geistige Behinderung einstellt. Gentechnik in der Grundlagenforschung Gentechnische Methoden sind nicht nur in der Herstellung bestimmter Medikamente wie Interferon, Insulin oder Erythropoietin von Bedeutung, sondern auch bei der Suche und Erprobung von neuen Medikamenten. Beispiel: Bisher werden 15 verschiedene Medikamente zur Behandlung von AIDS angeboten. Durch die Analyse des Erbmaterials des jeweils vorliegenden Erregers ist es möglich, bestimmte wirksame Präparate auszuwählen und in ihrer Dosierung so zu wählen, dass die Patienten möglichst wenig beeinträchtigt werden. Durch die Experimente konnte z. B. der Genotyp der Viren ermittelt werden, die bereits gegen eine bestimmte Kombinationstherapie resistent waren, jetzt aber auf ein anderes Medikament ansprachen. In vitro Fertilisation und Präimplantations- oder pränatale Diagnostik Amniozentese: Mithilfe der Fruchtwasseruntersuchung können Erbkrankheiten schon vor der Geburt nachgewiesen werden. Das Fruchtwasser enthält stets Zellen des Ungeborenen. Das Humangenomprojekt Mit den Fortschritten in der Entschlüsselung des menschlichen Erbgutes wächst die Angst, dass der „gläserne Mensch“ missbraucht wird, etwa dass Firmen bei der Einstellung ein „genetisches Gesundheitszeugnis“ verlangen könnten, um etwaige Risiken zu minimieren. Zum anderen kann für erkrankte Personen (z. B. erblicher Brustkrebs, Mukoviszidose, Veitstanz) und ihre Nachkommen eine weitergehende Aufklärung der Zusammenhänge überlebenswichtig sein. Eine gute Zusammenfassung der Grundlagenforschung findet man in folgender Broschüre: Maurer, J.: Das Humangenomprojekt, die kostenlos bezogen werden kann über http://www.dhgp.de von der Geschäftsstelle des Wissenschaftlichen Koordinierungskomitees des Deutschen Humangenomprojekts, Huebnerweg 6, 14059 Berlin Die Schüler erarbeiten mit der Broschüre die Grundlagen der Molekulargenetik und verfolgen die weitere Entwicklung des Projekts. „Und wird uns das Baby dann zugeschickt oder wie läuft das Herr Doktor“? Romane und Gedichte Zahlreiche gut recherchierte Romane zeigen zum Teil noch utopische, aber durchaus realistische Szenarien. Beispiele für ein Kooperationsprojekt mit den Deutsch-Fachlehrern könnten sein: Ken Folleth: Der dritte Zwilling Michal Cordy: Das Nazareth-Gen Michal Cordy: Mutation Aldous Huxley: Schöne neue Welt (Brave new world) oder von Erich Kästner das Gedicht „Der synthetische Mensch“ aus: Gesammelte Schriften für Erwachsene, Atrium Verlag, Zürich 1969. Letzteres kann auch im Zusammenhang mit der Problematik „Menschen nach Maß /Designerbabys“ besprochen werden. Zukunftsvisionen: Patienten mit einer Erbkrankheit wird ein intaktes Gen in die kranken Zellen ein­ geschleust (somatische Gentherapie) oder das defekte Gen wird schon im befruchteten Ei durch ein intaktes ausgetauscht und der so korrigierte Embryo wird der Mutter implantiert (Keimbahntherapie). Auch Gene, die das Risiko für Krankheiten, wie Krebs, Asthma oder Fettsucht, erhöhen, sollen ausgeschaltet werden. Denkbar ist, Gene zum Schutz vor Krankheiten wie AIDS einzubauen, vielleicht lassen sich auch Eigenschaften wie Intelligenz, Aggressivität oder Schönheit verändern. – Sind derartige Visionen schon Wirklichkeit? – Wie können Betroffene mit negativen Befunden vorgeburtlicher Diagnostik umgehen? Ansatzpunkt für eine Diskussion könnte folgendes Zitat sein: „Die Möglichkeit eines Schwangerschaftsabbruchs beim Nachweis eines schweren Erbfehlers kann in der Gesellschaft einen Druck erzeugen, nur noch gesunde Nachkommen als „normal“ zu betrachten.“ 197