Struktur und Funktion einer pflanzlichen Adenosin-5`

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Zusammenfassung
Bei der assimilatorischen Sulfatreduktion der höheren Pflanzen war die sulfitbildende Reaktion
aufgrund fehlender molekularer Daten zu einer Adenosin-5´-phosphosulfat (APS)Sulfotransferase oder einer 3´-Phosphoadenosin-5´-phosphosulfat (PAPS)-Reduktase bislang
uneindeutig. Das Genprodukt einer in diesem Zusammenhang isolierten cDNA par aus
Catharanthus roseus (Uhrig, 1996) gab trotz Homologien zu mikrobiellen PAPS-Reduktasen
Hinweise auf eine Sulfitbildung aus APS. In der vorliegenden Arbeit wurde das
par-Genprodukt strukturell und funktionell untersucht, um zur Klärung der Reaktionsfolge der
pflanzlichen Sulfatassimilation beizutragen.
Das 464 Aminosäuren umfassende par-Genprodukt kann strukturell in ein N-terminales
Transitpeptid, eine PAPS-Reduktase-homologe Core-Domäne und eine C-terminale Extension
mit Übereinstimmungen zur Thioredoxin-ähnlichen Domäne der Proteindisulfid-Isomerase
(PDI) unterteilt werden.
Die Funktion des Transitpeptids wurde durch den Import des in vitro translatierten Proteins in
intakte Chloroplasten untersucht. Es konnte gezeigt werden, daß das Translationsprodukt in
die Chloroplasten importiert und hier zum maturen Protein prozessiert werden kann.
Das um das Transitpeptid deletierte par-Genprodukt wurde als Fusion mit einem HistidinDekapeptid in Escherichia coli exprimiert (Par∆1), gereinigt und biochemisch charakterisiert.
Anhand der steady state Analyse des rekombinanten Proteins kann das par-Genprodukt als
pflanzliche APS-Reduktase beschrieben werden, die die Glutathion (GSH)-abhängige
Reduktion von APS zu freiem Sulfit und AMP katalysiert [Km(APS) = 2,5 µM, Km(GSH) =
3 mM, Vmax = 2,6 U mg-1]. Die Übereinstimmungen in den biochemischen Eigenschaften dieser
APS-Reduktase und der seit langem beschriebenen APS-Sulfotransferase sprechen dafür, daß
es sich um die gleichen Enzyme handelt. Da im Chloroplasten GSH-Konzentrationen von
3 - 10 mM vorliegen, kann GSH in vivo als Elektronendonor einer APS-Reduktion im
Plastiden fungieren. Aufgrund der thermodynamischen und kinetischen Voraussetzungen der
APS-Synthese sowie der effizienten APS-Phosphorylierung durch die APS-Kinase ist die
Reduktion von APS in diesem Zellkompartiment mit der Effizienz der rekombinanten
APS-Reduktase (8,4 x 105 [M s]-1) in vivo jedoch noch unklar.
Die Mutagenese des Cystein317 im konservierten Motiv ECGLH der APS-Reduktase bewirkte
die vollständige Inaktivierung des Enzyms. Dieses Cystein ist wahrscheinlich funktionell an der
Katalyse der APS-Reduktion beteiligt. Da die rekombinante APS-Reduktase keine
prosthetischen Gruppen enthält, ist in Analogie zur PAPS-Reduktase aus E. coli eine
Beteiligung dieser Aminosäure an einer elektronentransferierenden Struktur zu vermuten.
Die Untersuchungen zur Funktion der Core-Domäne des Enzyms (Par∆2) zeigten, daß die
Deletion der Thioredoxin-ähnlichen PDI-Domäne zum Aktivitätsverlust führte. Die
APS-Reduktase-Aktivität konnte durch exogenes Thioredoxin (Trx) wiederhergestellt werden.
Die Affinität der Core-Domäne zum APS blieb dabei unverändert. Diese Befunde lassen darauf
schließen, daß in der APS-Reduktase die Umsetzung von APS in der Core-Domäne erfolgt,
und die C-terminale Extension als intramolekularer, redoxaktiver Cofaktor an der Elektronenübertragung vom GSH auf APS beteiligt ist. Die Oxidoreduktase-Aktivität der APS-Reduktase
klassifiziert diese Cofaktor-Domäne mit dem Aminosäuremotiv APWCRFC als Mitglied der
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Thioredoxin-Superfamilie. Die vorhergesagte Sekundär- und Tertiärstruktur der Core-Domäne
zeigt eine große Ähnlichkeit zur PAPS-Reduktase aus E. coli. Anhand der Übereinstimmungen
zur Nukleotidbindenische im bakteriellen Enzym kann eine ähnliche Substratbindung postuliert
werden. Die Aminosäure Glutamin220 wurde im 3D-Modell der Core-Domäne als Ursache
struktureller Unterschiede zur PAPS-Reduktase identifiziert. Die Mutagenese dieses Restes
zeigte jedoch keinen Einfluß auf die ausschließliche Substratspezifität für APS. Anhand der
in vitro Daten kann die APS-Reduktase entsprechend ihrer strukturellen Gliederung funktionell
in eine Reduktase- und eine Cofaktor-Domäne unterteilt werden. Die Reduktase-Funktion der
Core-Domäne in vitro konnte durch die funktionelle Komplementation Cystein-auxotropher
Mutanten von Escherichia coli und Saccharomyces cerevisiae in vivo nicht bestätigt werden.
Zur Klärung offener Fragen zu der Funktion, der suborganellen Verteilung und der
physiologischen Relevanz der APS-Reduktase in vivo wurden transgene Tabakpflanzen
erzeugt, die das Protein aus C. roseus überexprimieren.
Hierzu wurden binäre Plasmidkonstrukte erstellt, die den Agrobakterien-vermittelten Transfer
der genetischen Information für die APS-Reduktase ins Tabakgenom ermöglichten. Die
Expressionskassetten in der T-DNA dieser Plasmide konnten unter der Kontrolle des
35S-Promotors des Blumenkohlmosaikvirus (35S-CaMV) eine Überexpression der
APS-Reduktase als Oligo-Histidin-Fusion und deren Lokalisation im Tabakchloroplasten- oder
cytosol bewirken. Nach der Regeneration der selektionierten Kalli und der daraus gebildeten
Pflanzen wurde mit Hilfe der PCR die Integration der T-DNA ins Pflanzengenom verifiziert.
Durch die relative RT-PCR konnten Transformanden mit erhöhtem mRNA-Gehalt für die
transgene APS-Reduktase identifiziert werden. Das Genprodukt wurde immunologisch und
enzymatisch nur in solchen Überproduzierern detektiert, in denen durch die vorhandene
Transitsequenz eine Lokalisation im Chloroplasten möglich war (ET1-Transformanden). In
diesen Überproduzierern konnte durch unabhängige Antikörper (α:APS-Reduktase
Immunglobuline und monoklonale Penta-His IgGs) erstmalig die APS-Reduktase in
Pflanzenmaterial nachgewiesen werden. Die immunpositive Proteinmenge der (His)6-APSReduktase war dabei mit einer im Vergleich zum Wildtyp bis zu 16fach erhöhten
APS-Reduktase-Aktivität korrelierbar und beweist die erfolgreiche Überexpression des
transgenen Proteins in Nicotiana tabacum.
Die ersten Analysen der Reinigung der transgenen (His)6-APS-Reduktase durch Metallaffinitätschromatographie lassen auf Unterschiede des Pflanzenproduktes zum bakteriell
exprimierten Protein schließen. Anhand der apparenten Größe in der SDS-PAGE können
posttranslationale Modifikationen der Polypeptidkette angenommen werden. Bei der Reinigung
war ein Aktivitätsverlust von 95 % zu verzeichnen, der durch ein Herauslösen eines Cofaktors
im Pflanzenprodukt bedingt sein könnte. Durch die Überexpression in planta sind die
Voraussetzungen zur Charakterisierung dieses Pflanzenproduktes geschaffen. Die in vitro
Daten zum bakteriell exprimierten Protein sprechen aber heute bereits für eine direkte
Beteiligung der APS-Reduktase an der assimilatorischen Sulfatreduktion der höheren Pflanzen.
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