3 Vektorräume und Analytische Geometrie

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3 Vektorräume und Analytische
Geometrie
Vektorräume sind in gewisser Weise Verallgemeinerungen der Zahlenmengen. So gibt
es in einem Vektorraum eine Addition mit Eigenschaften analog der für die reellen Zahlen. Außerdem kann man Vektoren durch die Multiplikation mit reellen Zahlen stauchen
oder dehnen. Eine Multiplikation mit den von den reellen Zahlen gewohnten Eigenschaften gibt es jedoch im allgemeinen nicht. Daher werden verschiedene Arten von ErsatzMultiplikationen (Vektoren mit Zahlen oder Vektoren mit Vektoren) betrachtet.
Vektoren erlauben vielfältige innermathematische Anwendungen wie in der Geometrie oder
Analysis, sowie auch außermathematische Anwendungen z.B. in der Mechanik. Je nach
Anwendung haben sie unterschiedliche Formen.
3.1 Elementare Theorie der Vektorräume
Hier betrachten wir die gemeinsamen Eigenschaften, d.h., abstrakte Vektorräume. Wir werden sehen, daß die uns interessierenden Vektorräume mit Hilfe von Vektorräumen reeller
n-Tupel beschrieben werden können. Daher beschäftigen wir uns auch vorrangig mit diesen
speziellen Vektorräumen.
3.1.1 Vektorraum Rn von reellen n-Tupeln
Sei n ∈ N>0 . Wir betrachten die Menge
Rn := Xni=1 R = |R × ·{z
· · × R} = {(x1 , . . . , xn ) : xi ∈ R}
n−mal
der reellen n-Tupel.
In Rn definiert man die Addition von Elementen x = (x1 , . . . , xn ), y = (y1 , . . . , yn ) und die
Multiplikation mit einem Skalar (reeller Zahl) λ ∈ R durch
x + y := (x1 + y1 , . . . , xn + yn ) und
λ · x := (λ x1 , . . . , λ xn ) .
35
3 Vektorräume und Analytische Geometrie
Insbesondere werden wir die Räume R2 und R3 der Paare bzw. Tripel reeller Zahlen betrachten zur Beschreibung von Punkten in der Ebene oder im (drei-dimensionalen) Raum.
Algebraische Eigenschaften: Seien
0 := (0, . . . , 0)
(Null) ,
−x := (−x1 , . . . , −xn )
(entgegengesetztes Element) ,
dann gelten (für x, y, z ∈ Rn ,λ , µ ∈ R):
x+y = y+x,
(x + y) + z = x + (y + z) ,
λ · (x + y) = λ · x + λ · y ,
x+0 = x,
(3.1.1)
(λ + µ) · x = λ · x + µ · x ,
x + (−x) = 0 ,
0·x = 0,
1·x = x,
λ (µ · x) = (λ µ) · x ,
(−1) · x = −x .
(3.1.2)
(3.1.3)
Wir setzen:
x − y := x + (−y) = (x1 − y1 , . . . , xn − yn ) .
Schreibweise: Wir schreiben ein n-Tupel (x1 , . . . , xn ) auch als sogenannten Spaltenvektor.
Beachte den Unterschied zum Zeilenvektor (ohne Kommas!):


x1

 für n>1
(x1 , . . . , xn ) =  ...  6= (x1 · · · xn ) .
xn
3.1.2 Definition von Vektorräumen
Definition 3.1.1. Eine Menge V mit einer Addition + und einer Multiplikation · mit Zahlen heißt (reeller) Vektorraum, wenn genau ein Nullvektor 0 ∈ V und für jedes x ∈ V genau ein additives Inverses (entgegengesetzter Vektor) −x ∈ V existieren, so daß (3.1.1),
(3.1.2), (3.1.3) für alle x, y, z ∈ V , λ , µ ∈ R gelten. Die Elemente eines Vektorraumes heißen
Vektoren.
♦
Beispiele von Vektorräumen:
1. Der Raum Rn der reellen n-Tupel ist ein Vektorraum, siehe oben.
2. Der Vektorraum der Polynome:
Seien p, q : R → R Polynome mit
n
p(x) = ∑ ai xi ,
i=0
36
m
q(x) = ∑ bi xi .
i=0
3.1 Elementare Theorie der Vektorräume
O.b.d.A. sei m = n. Sei λ ∈ R. Wir definieren:
n
(p + q)(x) := p(x) + q(x) = ∑ (ai + bi )xi ,
(λ p)(x) := λ p(x)
(x ∈ R) .
i=0
3. Der n-dimensionale Raum VOn der Ortsvektoren, n = 1, 2, 3.
Wir bezeichnen mit E 1 , E 2 , E 3 die aus der Geometrie bekannten Räume Gerade, Ebene,
−
→
und (dreidimensionaler) Raum. Ein geordnetes Punktepaar oder Pfeil AB in E n ist ein
(geordnetes) Paar
−
→
AB = (A, B) ∈ E n × E n .
−
→
A heißt Anfangspunkt, B heißt Endpunkt von AB.
−
→
−→
−
→ k −→
Zwei Pfeile AB und CD heißen parallelgleich, AB = CD, wenn eine Parallelverschiebung
−
→
−→
τ existiert mit τ(AB) = CD.
Als Beispiel betrachten wir folgende Situation in E 2 :
C
A
S
R
Q
D
P
B
Es gilt
−
→ k −→
AB = CD ,
−→ k −
→
PQ = RS ,
−
→ k −→
AB =
6 PQ .
Sei O ∈ E n ein fixierter Punkt. Die Menge
−→
VOn := {OX : X ∈ E n }
der Pfeile mit Anfangspunkt O bildet einen Vektorraum der Ortsvektoren:
−→
Wir haben 0 = OO.
−→
−→
−→
−
→
Seien a = OA, b = OB. Es gibt dann genau einen zu OB parallelgleichen Pfeil AC. Damit
−→
setzen wir a + b := OC.
C
B
c
b
O
a
A
−→
Für a ∈ VOn und λ ∈ R setzen wir λ a = OC, wobei
37
3 Vektorräume und Analytische Geometrie
• C = O für λ = 0 oder a = 0;
• wenn a 6= 0 und λ 6= 0, dann sei C der Punkt auf der Geraden durch O und A mit
|OC| = |λ | · |OA| und
A und C auf einer Seite von O liegen, wenn λ > 0;
A und C auf verschiedenen Seiten von O liegen, wenn λ < 0.
3.1.3 Kanonische Basis im Rn
Spezielle Vektoren sind der Nullvektor 0 = (0, . . . , 0) und die i-ten Einheitsvektoren
ei = (0, . . . , 0, 1, 0, . . . , 0) ,
bei denen genau an der i-ten Stelle eine 1 steht.
Ist dann x = (x1 , . . . , xn ) ein Vektor aus Rn , so kann man ihn als
n
x = x1 e1 + x2 e2 + . . . + xn en = ∑ xi ei ,
i=1
d.h., als eine Linearkombination der ei darstellen. Außerdem ist (e1 , . . . , en ) minimal in
folgendem Sinne: keiner der Vektoren ei läßt sich als Linearkombination der übrigen Einheitsvektoren darstellen.
(e1 , . . . , en ) heißt dann kanonische Basis und x1 , . . . ,xn heißen die Koordinaten von x
bezüglich der kanonischen Basis.
3.1.4 Basis und Koordinaten in einem Vektorraum
Seien n-Vektoren b1 , . . . , bn in einem Vektorraum V gegeben.
Die Vektoren b1 , . . . , bn heißen linear unabhängig, wenn der Nullvektor 0 nur trivial als
Linearkombination der bi darstellbar ist:
λ1 b1 + · · · + λn bn = 0
⇒
λ1 = · · · = λn = 0 .
Die Vektoren b1 , . . . , bn heißen vollständig, wenn jeder Vektor v ∈ V als Linearkombination
der bi darstellbar ist:
∃x1 , . . . , xn ∈ R : v = x1 b1 + x2 b2 + . . . + xn bn .
(3.1.4)
Sind b1 , . . . , bn linear unabhängig und vollständig, dann heißt (b1 , . . . , bn ) eine Basis von
V.
38
3.1 Elementare Theorie der Vektorräume
Ist (b1 , . . . , bn ) eine Basis, so heißt V ein n-dimensionaler Vektorraum und die Darstellung
(3.1.4) ist eindeutig. Die Zahlen x1 , . . . , xn (in dieser Reihenfolge) heißen die Koordinaten
von v bezüglich der Basis (b1 , . . . , bn ); (x1 , . . . , xn ) ∈ Rn heißt dann Koordinatenvektor
von v bezüglich dieser Basis.
Existiert also eine Basis (b1 , . . . , bn ), so entspricht jedem Vektor v ∈ V genau ein Koordinatenvektor x ∈ Rn und umgekehrt, wobei
V 3 v = x1 b1 + x2 b2 + . . . + xn bn
←→
(x1 , . . . , xn ) = x ∈ Rn .
Außerdem entsprechen sich Addition und Multiplikation mit Skalar in V und Rn .
Folgerung 3.1.2. Je zwei n-dimensionale Vektorräume (V, +, ·), (W, ⊕, ) über R sind isomorph zu einander: Es existiert eine Bijektion ϕ : V → W mit
ϕ(λ1 · v1 + λ2 · v2 ) = λ1 ϕ(v1 ) ⊕ λ2 ϕ(v2 ) für λi ∈ R, vi ∈ V .
Damit erhalten wir
Bemerkung 3.1.3. Anstelle eines n-dimensionalen Vektorraumes V kann stets der isomor♦
phe Vektorraum Rn der n-Tupel betrachtet werden.
3.1.5 Kartesische Koordinaten im VO2 , VO3
In E n , n = 2, 3, wählen wir einen Punkt O und Punkte Ei , i = 1, . . . , n, so daß
• die Strecken OE i die Länge 1 haben;
• die Winkel ]Ei OE j , i 6= j, gleich 90◦ sind;
−−→
−−→
• die Pfeile OE1 , . . . , OEn in dieser Reihenfolge ein Rechtssystem bilden.
→
−
−−→ →
−−→
−−→
→
−
−
Dann sind i := OE1 , j := OE2 und, bei n = 3, auch k := OE3 Basisvektoren des VOn , sie bilden eine kartesische Basis.
−
Jeder Vektor →
v ∈ V n kann in der Form
E3 →
−
j
→
−
k
→
− E2
O
i
E1
O
→
−
→
−
→
−
v = x1 i + x2 j
(n = 2) ,
→
−
→
−
→
−
→
−
v = x1 i + x2 j + x3 k
(n = 3)
−
dargestellt werden, die xi heißen die kartesischen Koordinaten von →
v.
Bemerkung 3.1.4. Sei n ∈ {2, 3}. Sei in E n ein Punkt O und mit ihm eine kartesische Basis
−→
fixiert. Dann entspricht jedem Punkt X ∈ E n eineindeutig ein Pfeil OX ∈ VOn und diesem
wiederum eineindeutig ein Koordinatenvektor x ∈ Rn , z.B. für n = 2:
Punkt X ∈ E 2
↔
−→
→
−
→
−
Pfeil OX = x1 i + x2 j ∈ VO2
↔
Vektor x = (x1 , x2 ) ∈ R2 .
Außerdem entsprechen sich die Vektoroperationen: VOn ist isomorph zu Rn .
♦
39
3 Vektorräume und Analytische Geometrie
Im Folgendem identifizieren wir daher Punkte, Pfeile, Vektoren in E n , VOn , Rn je nach
Bedarf.
Konkret bezeichnen wir Punkte und ihre zugehörigen Ortsvektoren (oder n-Tupel) mit P
bzw. p.
Damit können wir geometrische Begriffe wie Winkel, Länge, Fläche, Volumen vom E n ,
n = 2, 3, auf den VOn und Rn und zurück übertragen.
3.1.6 Skalarprodukt und Norm
Für Vektoren x, y ∈ Rn definieren wir das euklidische Skalarprodukt
n
hx, yi := x1 y1 + · · · + xn yn = ∑ xi yi .
i=1
Es ordnet Vektoren
x, y, z ∈ Rn ):
x, y ∈ Rn
eine reelle Zahl zu und hat folgende Eigenschaften (α, β ∈ R,
hx, yi = hy, xi
hx, αy + β zi = αhx, yi + β hx, zi
hx, xi ≥ 0 , hx, xi = 0 ⇔ x = 0
(Symmetrie)
(Bilinearität)
(positive Definitheit) .
(3.1.5)
Offensichtlich gilt
xi = hx, ei i für i = 1, . . . , n .
Definition 3.1.5. Eine Abbildung h·, ·i : V ×V → R, (v, w) 7→ hv, wi heißt Skalarprodukt
in V , wenn (3.1.5) entprechend für alle α, β ∈ R und alle v, w ∈ V (anstelle von x, y) gilt.♦
Andere Bezeichnungen:
v·w,
(v | w) ,
(v, w) .
Für die Länge in E n gilt nach dem Satz von Pythagoras,
daß die Strecke OX
qvon O = (0, 0) nach X = (x1 , x2 )
die Länge |OX| =
x2
(x1 , x2 )
x12 + x22 = kxk hat.
x1
Die Zahl
q
p
kxk := hx, xi = x12 + · · · + xn2
heißt (euklidischer) Betrag, Länge oder euklidische Norm von x und hat folgende Eigenschaften (λ ∈ R, x, y ∈ Rn ):
kxk ≥ 0 , kxk = 0 ⇔ x = 0
kλ xk = |λ | · kxk
kx + yk ≤ kxk + kyk
40
(positive Definitheit) .
(Homogenität)
(Dreiecksungleichung) .
(3.1.6)
3.1 Elementare Theorie der Vektorräume
Der Vektorraum (Rn , +, ·) ausgestattet mit der Länge k · k heißt euklidischer Raum.
Definition 3.1.6. Eine Abbildung k · k : V → R, v 7→ kvk heißt Norm in V , wenn (3.1.6)
entprechend für alle λ ∈ R und alle v ∈ V (anstelle von x) gilt.
♦
Definition 3.1.7. Ein Vektor v ∈ V heißt normiert oder Einheitsvektor, wenn kvk = 1. ♦
p
Bemerkung 3.1.8. Wenn h·, ·i ein Skalarprodukt in V ist, dann ist durch kvk := hv, vi für
v ∈ V eine Norm in V definiert.
♦
Es gilt dann die Cauchy-Schwarz-Bunjakowski-Ungleichung
|hv, wi| ≤ kvk · kwk .
Sei (b1 , . . . , bn ) eine Basis in V und seien v, w ∈ V mit
n
v = ∑ xi bi ,
i=1
Dann gilt
n
hv, wi = ∑
n
w = ∑ yi bi .
i=1
n
∑ gi j xiy j
mit
gi j := hbi , b j i .
i=1 j=1
Definition 3.1.9. Zwei Vektoren a, b ∈ V heißen orthogonal zueinander, wenn ha, bi =
♦
0.
Wenn hbi , bi i = 1, hbi , b j i = 0 für i 6= j, dann sind die Vektoren b1 , . . . , bn normiert und
paarweise orthogonal (d.h., orthonormal) und es gilt gii = 1 und gi j = 0 für i 6= j. Daher
gilt dann
n
hv, wi = ∑ xi yi .
i=1
Bemerkung 3.1.10. Die Einheitsvektoren e1 , . . . , en in Rn sind orthonormal bezüglich des
euklidischen Skalarproduktes.
♦
3.1.7 Projektionen
Definition 3.1.11. Zwei Vektoren a, b ∈ V heißen parallel zueinander, a k b, wenn b = 0
oder wenn ein λ ∈ R existiert mit a = λ b.
♦
Definition 3.1.12. Seien v, w ∈ V mit w 6= 0. Ein Vektor vw heißt Orthogonalprojektion
von v auf w, wenn vw parallel zu w ist und wenn die Normalenkomponente
v⊥w := v − vw
von v bezüglich w orthogonal zu w ist.
♦
41
3 Vektorräume und Analytische Geometrie
Sei v ∈ V , w 6= 0. Parallelität heißt, daß ein λ ∈ R existiert mit vw = λ · w. Mit der Orthogonalitätsforderung erhalten wir
0 = hv − vw , wi = hv, wi − λ · hw, wi ,
und daher
vw :=
λ=
hv, wi
hw, wi
hv, wi
w.
hw, wi
Beispiel 3.1.13. Wir betrachten V = R3 , x = (2, 4, 3), y = (1, 0, 0) und erhalten
xy =
hx, yi
2·1+4·0+3·0
y=
(1, 0, 0) = (2, 0, 0) .
hy, yi
1·1+0·0+0·0
♦
3.2 Elementare Analytische Geometrie
Wir sind besonders an der Interpretation der euklidischen Norm und des euklidischen Skalarproduktes interessiert. Weiter betrachten wir das Vektor- und das Spatprodukt im R3 .
3.2.1 Von Vektoren eingeschlossener Winkel
Seien x, y in R2 oder R3 mit x 6= 0, y 6= 0. Es bezeichne ](x, y) ∈ [0, π] den von x und y eingeschlossenen, nichtorientierten Winkel, d.h., den Innenwinkel bei O = 0 des Dreiecks
4OXY mit X = x, Y = y, falls x 6k y.
Zuerst interpretieren wir, was die Orthogonalität hx, yi = 0 bedeutet, wenn x, y 6= 0:
Wir betrachten den R2 (für den R3 geht es analog). Es gilt
2
2
OX + OY = kxk2 + kyk2 = x12 + x22 + y21 + y22
und
2
XY = kx − yk2 = (x1 − y1 )2 + (x2 − y2 )2 = x12 − 2x1 y1 + y21 + x22 − 2x2 y2 + y22 .
Genau dann, wenn hx, yi = x1 y1 + x2 y2 = 0, haben wir
Y
2
2
2
OX + OY = XY ,
d.h., nach Satz von Pythagoras ist 4OXY ein rechtwinkliges Dreieck mit
O
rechtem Winkel in O genau dann, wenn hx, yi = 0.
42
X
3.2 Elementare Analytische Geometrie
Somit gilt
x, y sind orthogonal
⇔
hx, yi = 0
⇔
](x, y) =
π
2
⇔
x, y sind senkrecht .
Seien nun x, y ∈ R2 mit ](x, y) ∈ ]0, π2 [. Wir betrachten das durch die
Punkte O = (0, 0), Z = (xy,1 , xy,2 ), X = (x1 , x2 ) bestimmte rechtwinklige
Dreieck. Nach der Definition des Kosinus gilt
cos ](x, y) =
hx, yi
hx, yi
|OZ| kxy k
=
=
kyk =
.
kxk
kxk · hy, yi
kxk · kyk
|OX|
O
X
Z
Y
Allgemein erhalten wir:
Satz 3.2.1. Sind x 6= 0 und y 6= 0 zwei Vektoren im R2 oder R3 , dann ist ](x, y) eindeutig
bestimmt durch
hx, yi
.
cos ](x, y) =
kxk · kyk
Umgekehrt, ist ](x, y) bekannt, so können wir hx, yi bestimmen durch
hx, yi = kxk · kyk · cos ](x, y) .
Insbesondere gilt hx, yi > 0 genau dann, wenn ](x, y) ∈ ]0, π2 [, und hx, yi < 0 genau dann,
wenn ](x, y) ∈ ] π2 , π[.
Bemerkung 3.2.2. Im R2 und R3 wird durch das (euklidische) Skalarprodukt hx, yi zweier
♦
Vektoren x, y der durch x, y aufgespannte Winkel ](x, y) bestimmt.
3.2.2 Das Vektorprodukt im R3
3.2.2.1 Definition
Wir führen nun, alternativ zum Skalarprodukt, ein neues Produkt zwischen zwei Vektoren
im R3 ein, das Kreuzprodukt oder Vektorprodukt. Im Unterschied zum Skalarprodukt ist
das Ergebnis diesmal ein Vektor im R3 und kein Skalar (daher der Name).
Definition 3.2.3. Seien a, b ∈ R3 . Dann heißt
    

a1
b1
a2 b3 − a3 b2
a2  × b2  := a3 b1 − a1 b3 
a3
b3
a1 b2 − a2 b1
Vektorprodukt von a und b.
♦
43
3 Vektorräume und Analytische Geometrie
Bemerkung 3.2.4. Man beachte die Reihenfolge der jeweils ersten Indizes:
1. Zeile: 2,3
2. Zeile: 3,1
3. Zeile: 1,2
♦
Beispiel 3.2.5. Für a = (3, 1, 0), b = (−1, 2, 0) gilt
    
  
3
−1
1·0−0·2
0
a × b = 1 ×  2  = 0 · (−1) − 3 · 0 = 0 .
0
0
3 · 2 − 1 · (−1)
7
♦
3.2.2.2 Eigenschaften des Vektorproduktes
Allgemein erhält man die folgenden, aus der Definition herzuleitenden Rechenregeln.
a×a = 0 ,
(!),
a × b = −(b × a)
λ (a × b) = (λ a) × b = a × (λ b) ,
a × (b + c) = a × b + a × c , (a + b) × c = a × c + b × c .
Inbesondere gilt
e1 × e2 = e3 ,
e2 × e3 = e1 ,
e3 × e1 = e2 .
Etwas umständlicher aber immer noch elementar zeigt man den Entwicklungssatz
a × (b × c) = ha, ci · b − ha, bi · c .
Vorsicht: Das Rechnen mit dem Vektorprodukt weicht erheblich vom Rechnen mit reellen
Zahlen ab. Im allgemeinen gilt (Beispiel?)
a × b 6= b × a ,
a × (b × c) 6= (a × b) × c .
3.2.2.3 Interpretation des Vektorproduktes
Satz 3.2.6. 1. a × b steht senkrecht auf a und b, d.h.,
ha × b, ai = ha × b, bi = 0 .
2. a, b und a × b bilden (in dieser Reihenfolge) ein Rechtssystem.
3. Für die Länge von a × b und den Flächeninhalt A(a, b) des durch a und b aufgespanntem
Parallelogramms gilt
ka × bk = kak · kbk · | sin ](a, b)| = A(a, b) .
4. Wenn a k b oder a = 0 oder b = 0, dann a × b = 0.
44
3.2 Elementare Analytische Geometrie
Bemerkung 3.2.7. Das Vektorprodukt in R3 liefert also den Flächeninhalt und einen zu
den beiden Vektoren orthogonalen Vektor.
♦
3.2.3 Das Spatprodukt
3.2.3.1 Definition
Definition 3.2.8. Die Zahl
[a, b, c] := ha × b, ci
heißt Spatprodukt der Vektoren a, b, c ∈ R3 .
♦
Satz 3.2.9. Sei V (a, b, c) das Volumen des von a, b und c aufgespannten Parallelepipeds.
Dann gilt
V (a, b, c) = |[a, b, c]| .
Beweis.
−
→
−→
Sei O ∈ E 3 und seien A, B, C ∈ E 3 mit a = OA, b = OB,
−→
c = OC.
Die Grundfläche mit den Kanten OA und OB hat den Flächeninhalt A(a, b) = ka × bk.
C
c
O
B
b
a
A
a×b
Die Höhe h des Körpers ist gegeben über die orthogonale
Projektion des Vektors c auf den Vektor a×b (der senkrecht
auf der Grundfläche steht).
h
c
a
Es gilt
|hc, a × bi|
hc, a × bi
a × b
h = kca×b k = = ka × bk .
2
ka × bk
Damit gilt für das Volumen
V (a, b, c) = A(a, b) · h = ka × bk ·
|hc, a × bi|
= |ha × b, ci| = |[a, b, c]| .
ka × bk
3.2.3.2 Eigenschaften des Spatprodukts
Wir ziehen folgende Schlüsse aus dem Satz.
1. Es ist [a, b, c] 6= 0 genau dann, wenn a, b und c nicht in einer gemeinsamen Ebene liegen.
45
3 Vektorräume und Analytische Geometrie
2. Der Wert |[a, b, c]| ist unabhängig von der Reihenfolge der Vektoren.
3. a, b und c bilden genau dann ein Rechtssystem, wenn der Winkel zwischen a × b und c
spitz ist. Es gilt dann (vgl. Skalarprodukt)
[a, b, c] = ka × bk · kck · cos ](a × b, c) > 0.
Es ist also a, b, c genau dann ein Rechtssystem, wenn [a, b, c] > 0.
4. Aus 2. und 3. schließen wir:
• [a, b, c] ändert seinen Wert nicht, wenn a, b, c in zyklischer Reihenfolge vertauscht
werden,
[a, b, c] = [b, c, a] = [c, a, b] .
• [a, b, c] ändert nur das Vorzeichen, nicht den Betrag, wenn genau zwei der beteiligten
Vektoren miteinander vertauscht werden.
3.2.3.3 Koordinatendarstellung des Spatprodukts
Aus den Rechenregeln für Skalar- und Vektorprodukt leitet man ab, wie das Spatprodukt
für drei Vektoren in Koordinatendarstellung berechnet wird. Es ist
[a, b, c] = (a2 b3 − a3 b2 )c1 + (a3 b1 − a1 b3 )c2 + (a1 b2 − a2 b1 )c3
= a1 b2 c3 − a3 b2 c1 + a2 b3 c1 − a1 b3 c2 + a3 b1 c2 − a2 b1 c3 .
{z
} |
{z
} |
{z
}
|
Die Indizes in den drei Gruppen erhält man an der ersten Stelle durch zyklisches Vertauschen.
Man schreibt diese Summe von Produkten auch verkürzend als
a1 a2 a3 det(a, b, c) = b1 b2 b3 := a1 b2 c3 + a2 b3 c1 + a3 b1 c2 − a3 b2 c1 − a2 b1 c3 − a1 b3 c2
c1 c2 c3 und nennt diese Zahl (drei-reihige) Determinante der beteiligten Vektoren a, b, c.
Bemerkung 3.2.10. Das Volumen des von den Vektoren a, b, c aufgespannten Tetraeders
ist 16 |[a, b, c]|.
♦
46
3.2 Elementare Analytische Geometrie
3.2.4 Geraden im Raum
Eine Gerade im Raum ist anschaulich festgelegt durch zwei verschiedene vorgegebene
−
→
−→
Punkte im Raum. Seien etwa A und B zwei Punkte, a = OA und b = OB deren zugehörige
Ortsvektoren, dann ist die durch A und B festgelegte Gerade g in der Zwei-Punkte-Form
gegeben durch
g = {a + λ (b − a) : λ ∈ R} .
b−a
x3
a
x2
b
x1
Setzen wir hierin c := b − a, so ist c 6= 0 und
g = {a + λ c : λ ∈ R}
ist die allgemeine Parameterdarstellung einer Geraden g durch A und B. c heißt ein Richtungsvektor der Geraden (der nicht eindeutig festgelegt ist).
3.2.4.1 Lot auf die Gerade
−→
Vorgegeben seien nun ein Punkt P mit Ortsvektor p = OP und die Gerade g = {a + λ c : λ ∈
R} mit c 6= 0. Wir suchen das Lot von P auf die Gerade g. Das ist der Vektor `(P, g), so daß
1. `(P, g) senkrecht auf der Geraden g, steht, d.h.,
p
`(P, g) ⊥ c ;
g
a
2. der Lotpunkt q := p + `(P, g) in der Geraden liegt,
c
p + `(P, g) ∈ g .
`
Aus dem Bild entnehmen wir, daß `(P, g) der Normale von p − a bzgl. c entgegen steht:
hp − a, ci
c
`(P, g) = −(p − a)⊥c = − (p − a) − (p − a)c = − (p − a) −
hc, ci
1
1
ci(p
−
a)
−
hp
−
a,
cic
=
−
×
(p
−
a)
×
c
,
=−
c
hc,
kck2
kck2
wobei zuletzt der Entwicklungssatz angewandt wurde.
47
3 Vektorräume und Analytische Geometrie
3.2.4.2 Abstand von Punkt und Gerade
Nach Definition des Lotes ergibt sich für den Abstand d(P, g) von P zur Geraden g
d(P, g) = k`(P, g)k =
k(p − a) × ck
1
kck
.
·
k(p
−
a)
×
ck
=
kck2
kck
3.2.5 Die Cramersche Regel im R3
Gegeben sei eine Gleichung
ru + sv + tw = d .
(3.2.1)
mit u, v, w, d ∈ R3 .
Bemerkung 3.2.11. Gleichung (3.2.1) entspricht dem linearen Gleichungssystem
u1 r + v1 s + w1t = d1 ,
u2 r + v2 s + w2t = d2 ,
♦
u3 r + v3 s + w3t = d3 .
Zur Bestimmung der Zahlen r, s und t multiplizieren wir (Skalarprodukt!) mit v × w, u × w,
bzw. u × v und erhalten
r[u, v, w] = [v, w, d] ,
s[u, v, w] = [u, w, d] ,
t[u, v, w] = [u, v, d] .
Mit det(a, b, c) = [a, b, c] folgt die Cramersche Regel im R3 :
1. Wenn det(u, v, w) 6= 0, d.h., u, v, w liegen nicht in einer Ebene, dann
r=
det(v, w, d)
,
det(u, v, w)
s=
det(u, w, d)
,
det(u, v, w)
t=
det(u, v, d)
.
det(u, v, w)
2. Wenn det(u, v, w) = 0, dann ist (3.2.1) nur lösbar (aber nicht mehr eindeutig), wenn
det(v, w, d) = det(u, w, d) = det(u, v, d) = 0 .
Die eindeutige Lösung der Vektorgleichung kann also durch Quotienten von Determinanten
angegeben werden.
3.2.6 Die Cramersche Regel im R2
Gegeben sei nun eine Gleichung
ru + sv = d .
mit u, v, d ∈ R2 .
48
(3.2.2)
3.2 Elementare Analytische Geometrie
Bemerkung 3.2.12. Gleichung (3.2.2) entspricht dem linearen Gleichungssystem
u1 r + v1 s = d1 ,
u2 r + v2 s = d2 .
♦
Zur Bestimmung der Zahlen r und s kann man eine zum drei-dimensionalen analoge Regel
anwenden: Sei
a1 a2 := a1 b2 − a2 b1 .
det(a, b) = b1 b2 Es gilt die Cramersche Regel im R2 :
1. Wenn det(u, v) 6= 0, dann
r=
det(v, d)
,
det(u, v)
s=
det(u, d)
.
det(u, v)
2. Wenn det(u, v) = 0, dann ist (3.2.2) nur lösbar (aber nicht mehr eindeutig), wenn
det(v, d) = det(u, d) = 0 .
Damit kann auch hier die eindeutige Lösung der Vektorgleichung durch Quotienten von
Determinanten angegeben werden.
3.2.7 Lineare Unabhängigkeit im R3
Aus der allgemeinen Situation wiederholen wir, daß drei Vektoren u, v, w in R3 linear
unabhängig genannt werden, wenn
ru + sv + tw = 0
nur die triviale Lösung (r, s,t) = (0, 0, 0) hat. Nach der Cramerschen Regel gilt
u, v, w sind linear unabhängig
⇐⇒
[u, v, w] 6= 0 .
Bei der betrachteten Vektorgleichung
tu + sv + rw = d
stellt sich also die Frage, inwieweit ein gegebener Vektor d sich als (eindeutige) Linearkombination der Vektoren u, v, w darstellen läßt.
Beispiel 3.2.13. Wir betrachten folgende Situation
Eine vorgegebene Kraft k greife an der Spitze eines dreibeinigen Tragbockes an.
49
3 Vektorräume und Analytische Geometrie
k
Die Reaktionskräfte im Tragbock seien mit k1 , k2 , k3 bezeichnet.
Es gilt dann
k + k1 + k2 + k3 = 0 .
k3
k2
a
c
Die drei Beine des Tragbockes seien durch die Vektoren
a, b, c gegeben.
k1
b
Dann gilt
k 1 = λ1 a ,
k2 = λ2 b
und
k3 = λ3 c
für unbekannte reelle Zahlen λ1 , λ2 , λ3 ∈ R, also
k + λ1 a + λ2 b + λ3 c = 0 .
Sind nun a, b, c in allgemeiner Lage, also [a, b, c] 6= 0, so gilt gemäß Cramerscher Regel:
λ1 = −
[k, b, c]
,
[a, b, c]
λ2 = −
[a, k, c]
,
[a, b, c]
λ3 = −
[a, b, k]
.
[a, b, c]
♦
3.2.8 Ebenen im Raum
Betrachten wir nun Ebenen im Raum. Eine Ebene E wird festgelegt durch drei auf ihr
liegende Punkte, die nicht in einer Geraden liegen.
Seien a, b, c die Ortsvektoren zu solchen Punkten,
dann liegen die Differenzvektoren u = b − a und
x3
v
v = c − a „in“ der Ebene.
Es seien u 6= 0, v 6= 0 und u ∦ v vorausgesetzt.
u
X
−→
c
Ein Raumpunkt X (oder der Vektor x = OX) liegt
a
b
genau dann in der Ebene E, wenn s,t ∈ R existiex2
x1
ren mit
x = a + su + tv .
Die Parameterdarstellung einer Ebene E lautet also
E = {a + su + tv : s,t ∈ R} ;
u und v heißen Richtungsvektoren der Ebene. Man beachte, daß die Parameterdarstellung
der Ebene die der Geraden so erweitert, daß ein zusätzlicher Richtungvektor aufgenommen
wurde, was der um eins höheren Dimension entspricht.
50
3.2 Elementare Analytische Geometrie
3.2.8.1 Lot auf die Ebene
Wir wollen nun das Lot `(P, E) von einem Punkt P auf die Ebene E fällen. Dazu bemerken
wir, daß der Vektor n := u × v auf allen zur Ebene parallelen Vektoren senkrecht steht:
hu × v, su + tvi = shu × v, ui + thu × v, vi = 0 ,
denn u × v ⊥ u und u × v ⊥ v.
Um das Lot zu berechnen, haben wir also nur den Schnittpunkt S der Geraden
g = {p + r · (u × v) : r ∈ R} und der Ebene E zu
berechnen, d.h., r aus der Vektorgleichung
P
n
p + r · (u × v) = a + su + tv
d.h. aus
S
−r · (u × v) + su + tv = p − a
zu bestimmen.
Mit der Cramerschen Regel folgt (beachte u × v 6= 0!)
r=
[u, v, p − a]
[a − p, u, v]
=
[−u × v, u, v]
ku × vk2
und damit
`(P, E) =
[a − p, u, v]
u×v.
ku × vk2
3.2.8.2 Abstand von Punkt und Ebene
Der Abstand d(P, E) des Punktes P von der Ebene E ist demnach
[a − p, u, v]
|[a − p, u, v]|
d(P, E) = k`(P, E)k = u × v
= ku × vk .
2
ku × vk
3.2.8.3 Abstand zweier Geraden
Aus dieser Formel erhalten wir auch eine Aussage über den Abstand d(g1 , g2 ) zweier beliebiger Geraden im Raum voneinander. Seien
g1 = {a + su : s ∈ R} ,
g2 = {b + tv : t ∈ R} .
Dann sind zwei Fälle möglich:
1. Ist u k v, so ist d(g1 , g2 ) gleich dem Abstand des Punktes B von der Geraden g1 :
d(g1 , g2 ) = d(B, g1 ) =
k(b − a) × uk
.
kuk
51
3 Vektorräume und Analytische Geometrie
2. Ist u ∦ v und damit u × v 6= 0, so ist d(g1 , g2 ) gleich dem Abstand des Punktes B von der
Ebene E = {a + su + tv : t, s ∈ R}:
d(g1 , g2 ) = d(B, E) =
|[a − b, u, v]|
.
ku × vk
3.2.8.4 Normalendarstellung der Ebene
Es gibt eine besonders elegante Art, Ebenen zu beschreiben, die wir im folgenden herleiten
wollen. Wir wiederholen, daß drei Vektoren genau dann in einer Ebene liegen, wenn ihre
Determinante gleich Null ist.
Betrachten wir die Ebene
v
A
E = {a + su + tv : t, s ∈ R}
u
und die Vektoren u, v, (x − a) für beliebiges x
∈ R3 .
X
Der Ortsvektor x zeigt genau dann auf einen Punkt der Ebene, wenn [x − a, u, v] = 0.
Mit dem Normalenvektor n := u × v erhalten wir hx − a, ni = 0 und damit die (nicht eindeutige) Normalendarstellung bzw. Koordinatendarstellung
E = {x ∈ R3 : hn, xi = r} = {x ∈ R3 : n1 x1 + n2 x2 + n3 x3 = r} ,
wobei r := ha, ni.
3.2.8.5 Hessesche Normalform
Die (eindeutige) Hessesche Normalform
E = {x ∈ R3 : hm, xi = d} = {x ∈ R3 : m1 x1 + m2 x2 + m3 x3 = d}
(
n/knk , d := r/knk
falls r ≥ 0 ,
entsteht aus der Normalendarstellung mit m :=
−n/knk , d := −r/knk falls r < 0 .
Besonderheiten:
• m ist ein normierter Normalenvektor zur Ebene. Bei d 6= 0 ist sein Winkel zu einem
beliebigen Ortsvektor x der Ebene spitz. Daher weist m immer vom Nullpunkt weg.
• Die Zahl d ist der Abstand von 0 zu E: ` := dm steht senkrecht auf E und es gilt ` ∈ E.
Damit ist ` das Lot von 0 auf E mit der Länge d.
52
3.2 Elementare Analytische Geometrie
• Ist a ∈ E, so ist
d(P, E) =
ha − p, mi
= |d − hp, mi|
kmk
der Abstand eines beliebigen Punktes P von der Ebene.
∗ Ist d − p · m> 0, so liegt P auf derselben Seite wie der Nullpunkt.
∗ Ist d − p · m< 0, so liegen beide auf verschiedenen Seiten der Ebene.
3.2.8.6 Achsenabschnittsform
Ist r 6= 0, so kann die rechte Seite in der Normalenform auf 1 normiert werden, indem die
gesamte Gleichung durch r geteilt wird. Es entsteht dann die Achsenabschnittsform
E = {x ∈ R3 : α1 x1 + α2 x2 + α3 x3 = 1}
mit α1 =
n1
r ,
α2 =
n2
r ,
α3 =
n3
r .
Die Koeffizienten αi liefern unmittelbar die Schnittpunkte der Ebene mit den Koordinatenachsen:
• Sind α1 , α2 , α3 6= 0, dann sind die Schnittpunkte nämlich
(
1
, 0, 0) ,
α1
(0,
1
, 0) ,
α2
(0, 0,
1
).
α3
• Ist ein αi = 0, dann verläuft die Ebene parallel zur xi -Achse.
Umformung von Achsenabschnittsform in Parameterdarstellung:
Sind alle αi 6= 0, so hat man drei Punkte der Ebene (Dreipunkte-Form).
Sonst hat man
∗ einen Richtungsvektor (Koordinatenachse) und zwei Punkte oder
∗ zwei Richtungsvektoren (zwei Koordinatenachsen) und einen Punkt.
3.2.8.7 Schnitt von zwei Ebenen
Zwei Ebenen
E = {x ∈ R3 : hx, mi = r} ,
F = {x ∈ R3 : hx, ni = s}
schneiden sich in einer Geraden, sofern die Ebenen nicht parallel sind.
Sie sind genau dann parallel, wenn m × n = 0.
Sei c = m × n. Dann gilt c ⊥ m und c ⊥ n. Damit ist c ein Richtungsvektor der Schnittgeraden.
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3 Vektorräume und Analytische Geometrie
Einen Punkt auf der Schnittgeraden erhält man durch Lösen des Gleichungssystems hx, mi =
r, hx, ni = s, d.h.
m1 x1 + m2 x2 + m3 x3 = r ,
n1 x1 + n2 x2 + n3 x3 = s .
(Lösen kann man das Gleichungssystem, indem man eine der Gleichungen nach einer der
Variablen aufgelöst, diese in die zweite Gleichung eingesetzt wird und dann eine der Variablen willkürlich gleich Null gesetzt wird.)
3.2.8.8 Schnitt von drei Ebenen
Sei nun
G = {x ∈ R3 : hx, pi = t}
eine weitere Ebene. Wir wollen die Schnittmenge von E, F und G bestimmen. Dazu ist das
Gleichungssystem
m1 x1 + m2 x2 + m3 x3 = r
n1 x1 + n2 x2 + n3 x3 = s
p1 x1 + p2 x2 + p3 x3 = t
zu lösen. Nach der Cramerschen Regel ist dies genau dann eindeutig möglich, wenn
[m, n, p] 6= 0, d.h. wenn m, n, p linear unabhängig sind.
Bemerkung 3.2.14. Der Schnitt dreier Ebenen kann leer sein, aus einem Punkt bestehen,
♦
aus einer Geraden bestehen, aus einer Ebene bestehen.
Bemerkung 3.2.15. Es können auch Schnittwinkel zwischen Ebenen oder Geraden als
Winkel zwischen Normalen- bzw. Richtungsvektoren berechnet werden.
♦
54
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