1.1 Aufbau 1 Aminosäuren Fragen in den letzten 10 Examen: 56 Das Wort Aminosäure ist dir sicher schon mal begegnet und auch, dass Proteine aus Aminosäuren aufgebaut sind, dürfte dir bekannt sein. Aber wofür der Mensch eigentlich Aminosäuren benötigt, verbirgt sich oftmals hinter einem Schleier fundierten Halbwissens. Die Problematik beim Aminosäurestoffwechsel ist nämlich, dass … –– es zahlreiche verschiedene Aminosäuren gibt, die –– teils ineinander überführt werden können und –– unangenehmer Weise auch unterschiedlich abgebaut werden. Der Stoffwechsel erfolgt also nicht so geradlinig wie der Glucose- oder der Fettsäureabbau. Um dennoch einen roten Faden zu finden, beschäftigt sich dieses Kapitel zunächst mit dem allgemeinen Aufbau von Aminosäuren (denn da gibt es zum Glück große Gemeinsamkeiten), bevor anschließend die Aminosäuren im Einzelnen besprochen werden. Am Ende dieses Kapitels dreht sich dann alles um ihren Abbau. Doch wie kommt unser Körper überhaupt zu seinen Aminosäuren? Der Mensch nimmt ­Aminosäuren über die Nahrung in Form von Proteinen (z. B. Fleisch) auf. Der durchschnittliche Proteinbedarf eines 70 kg schweren Erwachsenen beträgt rund 30 g proTag. Die durch Proteolyse im Magen-Darm-Trakt aus Proteinen freigesetzten Aminosäuren werden mittels aktivenTransports vom Körper aufgenommen und gelangen über die Pfortader in die Leber, die bereits einen Großteil von ihnen zu Plasmaproteinen weiterverarbeitet. Ein anderer Teil wird von der Leber zwischen den Mahlzeiten kontinuierlich wieder an das Blut abgegeben. So ist ein konstanter Plasma-Aminosäure-Spiegel gewährleistet. www.medi-learn.de Im Körper spielen Aminosäuren eine Rolle bei –– der Energiegewinnung (Einschleusung in den Citratzyklus), –– der Umwandlung in Energiereserven (Fettsäuresynthese), –– der Bildung von Glucose (Gluconeo­genese), –– der Translation (Synthese neuer Proteine und Enzyme) und –– dem Aufbau körpereigener Proteine (z. B. Muskeln). 1.1 1 Aufbau Um den Stoffwechsel der Aminosäuren verstehen zu können, musst du dich leider auch mit dem etwas trockenen Thema ihrer chemischen Eigenschaften und ihren Strukturformeln auseinandersetzen. Die chemischen Eigenschaften der Aminosäuren hängen vor allem von ihren funktionellen Gruppen ab. Die beiden wichtigsten sind: –– COOH (Carboxylgruppe), –– NH2 (Aminogruppe). Diesen beiden Gruppen verdanken die Aminosäuren auch ihren Namen. Amino- und Carboxylgruppe hängen beide am gleichen C-Atom, das dadurch ein besonders wichtiges C-Atom ist. Aus diesem Grund fängt man an ihm auch mit der Nummerierung an. Das C-Atom, an dem die Amino- und die Carboxylgruppe hängen, heißt α-C-Atom. Entsprechend werden Aminosäuren auch α-Aminocarbonsäuren genannt. Das folgende C-Atom heißt β-C-Atom usw. Bis auf Glycin (mit R = H) besitzen alle Aminosäuren am α-C-Atom ein chirales Zentrum, d. h., dass sie dort vier unterschiedliche Substituenten binden: 1. Carboxylgruppe (COOH) 2. Aminogruppe (NH2) 3. Wasserstoffatom (H) 4. Rest. 1