Der WILDCAT DELUXE AUTHENTIC und der - emsp.tu

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Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT
WILDCAT DELUXE
Der WILDCAT DELUXE AUTHENTIC und der WILDCAT
DELUXE PLUS
Von Jorgos Estrella, Sebastian Gonzales, Neels-Janosch Hofmeyr und Henry Westphal
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Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT
WILDCAT DELUXE
Der WILDCAT Deluxe Authentic und der WILDCAT Deluxe Plus
Der WILDCAT Deluxe Authentic entspricht exakt dem FENDER TWEED DELUXE MODEL 5E3. Er ist, im
Gegensatz zu den anderen WILDCAT-Verstärkern, wie das Original mit Metallchassis und
Handverdrahtung ausgeführt. Die Originalschaltung ist unverändert übernommen, ohne die Zusätze
oder Veränderungen, wie sie beim WILDCAT Deluxe Plus vorhanden sind.
Der WILDCAT Deluxe Plus ist ein Gitarrenverstärker auf der Basis des legendären FENDER TWEED DELUXE
MODEL 5E3 mit zuschaltbarem Federhall auf der Basis des FENDER TWIN Reverb und mit
zuschaltbarem Master-Volume. Über einen weiteren Einschleifpunkt können Zusatzgeräte, wie etwa
ein Bandecho, eingeschleift werden. In seiner Grundeinstellung entspricht der WILDCAT Deluxe Plus
exakt dem originalen FENDER Deluxe 5E3. Auch er wird mit einer speziellen Lautsprecherbox
betrieben, die einen exakten Nachbauten des ursprünglichen Lautsprechers des DELUXE 5E3 enthält
und deren Abmessungen und Materialien denen des Originalgeräts entsprechen.
Ausschnitt aus der Leiterplatte des WILDCAT Deluxe Plus
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Der FENDER Deluxe, der Verstärker von Scotty Moore
Scotty Moore war der erste Gitarrist von Elvis Presley. Er ist einer der einflußreichsten und
meistgehörtesten Gitarristen überhaupt, auch wenn sein Name einer großen Mehrheit nicht bekannt
ist. Er hat den Stil der E-Gitarre in der Rock- und Popmusik maßgeblich geprägt.
Er wurde 1931 geboren und ist noch heute (2007) „Live on Stage“ zu erleben. 1954 war seine erste
gemeinsame Session mit Elvis Presley in den SUN-Studios in Memphis. Hierbei prägte er den
revolutionären, neuen Sound der ersten Elvis-Aufnahmen. 1955 begann der explosionsartige Aufstieg
von Elvis Presley zum Weltstar, mit Scotty Moore an der E-Gitarre und Bill Black am Kontrabass an
seiner Seite.
Scotty Moore und Elvis Presley Quelle: www.scottymoore.net
Scotty Moore hat mit seinem FENDER Deluxe Musikgeschichte geschrieben:
1954 gab es in den USA strikt getrennte Musikkulturen von "Schwarz" und "Weiß", repräsentiert durch
den „schwarzen“ Rhythm‘n‘ Blues und die weiße „Country-Music“. Sam Philips, der Inhaber von SUNRecords in Memphis, war gezielt auf der Suche nach einem Sänger, der diese Grenzen überwindet.
Sam Philips wird wie folgt zitiert:
"Wenn ich einen weißen Mann finden könnte, der die Stimme und das Einfühlungsvermögen eines
Schwarzen hat, dann könnte ich eine Million Dollar machen"
Elvis Presley ließ sich 1953 im Sun-Studio für private Zwecke aufnehmen, Sam Philips wurde dabei auf
seine außergewöhnliche Stimme aufmerksam. Es wird aber auch gesagt, daß Scotty Moore, der bei
SUN-Records als Session-Musiker tätig war, den Kontakt zu Sam Philips herstellte, nachdem er
gemeinsam mit Elvis Presley bei sich zu Hause musiziert hatte.
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Elvis Presley, Bill Black, Scotty Moore und Sam Philips im SUN-Studio 1954
Sam Philips bringt Scotty Moore, Bill Black und Elvis Presley zu einer ersten Aufnahmesession am
5.7.1954 zusammen. Es geht nicht so richtig voran, die Richtung ist unklar. Dann ist Pause. Die Musiker
albern herum, improvisieren über dem R&B-Song "That's allright Mama" von Arthur Crudup aus dem
Jahr 1949. Scotty Moore improvisiert über dem Gitarrenriff. Elvis Presley greift die Sache auf,
kombiniert gesanglich schwarzen Blues, kirchliche Gospel-Musik und Country-Elemente.
Auf einmal ist der neue Sound da. Sam Philips ist begeistert. Sofort wird aufgenommen Scotty Moore
spielt hierbei über seinen FENDER Deluxe 5B3. „That's allright Mama“ wird als Platte herausgebracht
und auf der Radiostation WHBQ gespielt. Aufgrund zahlreicher Höreranrufe wird der Song in der
gleichen Nacht noch 15 mal gespielt .
Am nächsten Tag gehen 5000 Vorbestellungen für die Platte bei SUN-Records ein.
Die Bedeutung des Songs ist heute nur schwer erfassbar, da unsere heutigen Hörgewohnheiten ein
Resultat der durch ihn angestoßenen Entwicklung sind
"That's allright Mama", die erste Elvis-Schallplatte, von 1954
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Ein FENDER Deluxe 5B3, wie ihn Scotty Moore gespielt hat Quelle: www.scottymoore.net
Scotty Moore hat bis 1956 mit seinem FENDER Deluxe 5B3 gespielt. Der Verstärker hat 5 Röhren, die
Ausgangsleistung beträgt gerade einmal 14 Watt. Das folgende Bild zeigt einen Live-Auftritt am 4.3.
1955 in Dekalb, Texas mit Jimmy Davis, Scotty Moore, Elvis Presley und Bill Black. Man sieht den
FENDER Deluxe 5B3 auf einem Klappstuhl in der Mitte der Bühne.
Es fällt auf, wie wenig Equipment die Musiker damals benötigten, der Vergleich mit dem heute bei
Live-Konzerten „benötigten“ umfangreichen Equipment gibt zu denken.
Live-Auftritt 1955 mit Jimmy Davis, Scotty Moore, Elvis Presley und Bill Black
Quelle: www.scottymoore.net
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Wie man sich anhand der zahlreich verfügbaren Mitschnitten von Elvis-Konzerten aus den frühem
1950-er Jahren überzeugen kann, war die, trotz der geringen Ausgangsleistung, große
Durchdringungskraft der Gitarre Scotty Moores dafür entscheidend, daß diese Konzerte nicht schon
zu Beginn im Chaos endeten. Über weite Strecken ist nur noch die Gitarre Scotty Moores zu hören,
alle anderen Elemente der Musik werden von den kreischenden Teenagern übertönt.
Das „Innenleben“ des FENDER Deluxe 5B3
Schaltplan und Originalbauteile des FENDER Deluxe 5B3 sind nicht mehr verfügbar. Daher haben wir
uns mit dem Nachfolgemodell FENDER Deluxe 5E3 beschäftigt. Es ist die Basis unseres WILDCAT
Deluxe Plus und unseres WILDCAT Deluxe Authentic.
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Auschnitt aus dem handverdrahteten Chassis eines FENDER Deluxe 5E3.
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Der DELUXE 5E3 ist heute wieder extrem populär. Die kleine Ausgangsleistung von 14W erleichtert
Plattenaufnahmen, da schon bei geringen Lautstärken verzerrt gespielt werden kann. Es existieren
viele kommerzielle, private und universitäre Nachbauten, die teilweise sehr gut dokumentiert sind.
Alle Originalbauteile heute noch (oder wieder) problemlos erhältlich.
Eines der zahlreichen Angebote für einen Reissue des FENDER Deluxe aus dem Internet (2007)
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Es ist faszinierend nachzuvollziehen, wie mit einer einfachst aufgebauten Schaltung, bestehend aus
nur wenigen, dafür aber den „richtigen“ Bauelementen, ein Klang entsteht, der Musikgeschichte
geschrieben hat.
Die Endstufe und die Gleichrichterröhre des WILDCAT Deluxe Authentic
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Die Analyse der Schaltung des FENDER Deluxe
Die Schaltung in der Übersicht
Es sind zwei Eingangsstufen mit je zwei Eingängen vorhanden. Diese Eingangsstufen sind mit den
beiden Systemen der 12AY7 aufgebaut. Wenn man die jeweils „untere“ Eingangsbuchsen verwendet,
dann wird das von der Gitarre kommende Signal mit den beiden 68K-Widerständen durch zwei
geteilt. Wenn man die obere Buchsen verwendet, dann gelangt das Signal über die beiden dann
parallelgeschalteten 68K-Widerstände an die Gitter der 12AY7. Das Signal wird nicht direkt an die
Gitter angeschlossen, um HF-Störungen zurückzuhalten, die 68K-Widerstände und die Millerkapazität
der Eingangsstufe bilden einen Tiefpaß. Die Schaltsymbole für die Klinkenbuchsen sorgen zunächst
für Verwirrung, denn der Massepol ist nicht mitgezeichnet. Die Pfeile stellen den Schaltkontakt dar,
wenn sich kein Stecker in der Klinkenbuchse befindet, ist der Schaltkontaktanschluß mit dem „heißen“
Kontakt der Buchse verbunden. Beide Eingangsstufen besitzen einen gemeinsamen, kapazitiv
überbrückten, Kathodenwiderstand zur Erzeugung der Gittervorspannung.
Der Originalschaltplan
Die Ausgangssignale der beiden Eingangsstufen gelangen über das Klangregelnetzwerk und die
Lautstärkeregler an das Gitter der Treiberstufen aufgebaut mit einem System der 12AX7. Die
Lautstärkeregler (1 MOhm) sind so geschaltet, daß sich eine gewisse gegenseitige Beeinflussung
beider Kanäle ergibt. Man erkannt, daß bei ganz „heruntergedrehtem“ Lautstärkeregler das
Ausgangssignal der jeweiligen Eingangsstufe kurzgeschlossen ist, bei ganz „aufgedrehtem
Lautstärkeregler ist das Ausgangssignal der Eingangsstufe direkt mit dem Gitter der Treiberstufe
verbunden. Am Gitter der Treiberstufe findet eine Summierung der Ausgangsspannungen der beiden
Eingangsstufen statt, mit einer durch die Einstellungen der Lautstärkeregler bestimmten Gewichtung.
Das Klangregelnetzwerk (1 MOhm-Potentiometer und 0,005 uF sowie 0,0005uF-Kondensatoren) wirkt,
in Bezug auf die Höhenanhebung (Wirkung des „oberen“ Kondensators) nur auf das Signal der
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„oberen“ Eingangsstufe, während die Abschwächung der Höhen (Wirkung des „unteren“
Kondensators) auf beide Signale gleichermaßen wirkt.
Die Treiberstufe bewirkt eine weitere Spannungsverstärkung und steuert die, mit dem anderen System
der 12AX7 aufgebaute Phasenumkehrstufe in Kathodynschaltung an.
Die Phasenumkehrstufe hat identische Arbeitswiderstände (56K) im Anoden. und im Kathodenkreis.
Da der Anodenstrom gleich dem Kathodenstrom ist (wenn nicht durch Übersteuerung ein Gitterstrom
fließt) ergeben sich an beiden Widerständen identische Spannungsabfälle. Bei positiver werdender
Ansteuerung steigt das Kathodenpotential an, während das Anodenpotential absinkt. Man erhält also
gleich große, aber entgegengesetzte Ausgangssignale an den beiden Ausgängen der Stufe. Die
Spannungsverstärkung der Stufe ist etwas kleiner als 1. Mit dem 1500 Ohm-Kathodenwiderstand wird
die Gittervorspannung der Stufe erzeugt, die über den 1 MOhm-Gitterwiderstand an das Gitter
gelangt.
Die Ausgangssignale der Phasenumkehrstufe steuern die Gegentakt-Endstufe, aufgebaut mit zwei
Röhren 6V6 GT an. Mit dem kapazitiv überbrückten 250 Ohm-Kathodenwiderstand wird die
Gittervorspannung für die Endröhren erzeugt. Die 1500 Ohm-Widerstände haben die Aufgabe, in
Verbindung mit der Millerkapazität einen Tiefpaß zu bilden um somit einer möglichen HFSelbsterregung der Stufe vorzubeugen. Die 220KOhm-Widerstände sind die üblichen
Gitterableitwiderstände. Der Ausgangsübertrager fügt die beiden halbwelligen Signale der beiden
Zweige der Gegentakt-Endstufe wieder zu einem „vollständigen“ Signal zusammen und bewirkt die
Impedanzanpassung an den niederohmigen Lautsprecher. Die durch die Ruheströme der Endröhren
verursachten Magnetfelder im Kern des Ausgangsübertragers heben sich gegenseitig auf, so daß
dieser ohne Vormagnetsierung arbeitet.
Die Netzgleichrichtung erfolgt mit der Röhre 5Y3GT, es findet eine Zweiweggleichrichtung
Anwendung. Die einzelnen Betriebsspannungen werden mit Siebwiderständen und
Siebkondensatoren geglättet. Die bei größeren Verstärkern übliche Siebdrossel ist hier nicht
vorhanden.
Die Eingangsstufe
Die Analyse der Schaltung beginnt mit der Eingangsstufe. Da jedoch die Betriebsspannungen der
Stufen nicht aus dem Schaltbild hervorgehen, wurde diese Analyse auf Basis der an unserem, bereits
vor der Durchführung der Analyse fertiggestelltem, Aufbau des WILDCAT Deluxe Plus gewonnenen
Meßwerte für die Versorgungsspannungen durchgeführt.
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Der Originalschaltplan mit hervorgehobener Eingangsstufe
Die gemessene Versorgungsspannung der Eingangsstufe betrug 245V. Auf diesem Wert beruht die
folgende Analyse der Stufe.
Es soll nun der Arbeitspunkt der Eingangsstufe bestimmt werden.
Die beiden Röhrensysteme der 12AY7 besitzen einen gemeinsamen Katodenwiderstand. Da beide
Systeme identisch beschaltet sind, kann man davon ausgehen, daß die durch sie fließenden Ströme
glich groß sind. Daher kann man ein einzelnes Röhrensystem für sich betrachten, wenn man dazu
den Wert des Kathodenwiderstandes verdoppelt. Die so gewonnen Ergebnisse lassen sich dann auf
die miteinander verkoppelten Systeme übertragen.
Zunächst wird die Arbeitsgerade in das Kennlinienfeld eingetragen. Der tatsächliche Arbeitspunkt der
Röhre muß auf dieser Gerade liegen.
Hierzu kann der Kathodenwiderstand vernachlässigt werden.
Unter der Annahme einer völlig gesperrten Röhre ergäbe sich ein Strom von 0mA, an der Anode
würde die volle Versorgungsspannung von 245V anliegen.
Unter der Annahme einer kurzgeschlossenen Röhre wäre die Spannung an der Anode 0V, es würde
245V / 100kOhm = 2,45mA fließen.
Die Arbeitsgerade ist dann durch die Punkte (245V / 0mA) und (0V / 2,45mA) definiert.
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Auszug Datenblatt 12AY7 von General Electric mit Arbeitsgerade (pink) und Gittergerade (blau)
Der tatsächliche Arbeitspunkt liegt am Schnittpunkt der Arbeitsgeraden und der Gittergeraden. Die
Gittergerade stellt die Abhängigkeit des Spannungsabfalls am Kathodenwiderstand (entspricht hier
der Gittervorspannung) vom Anodenstrom dar. Der hier wirksame Kathodenwiderstand ist 2 * 820
Ohm = 1640 Ohm.
Wenn man eine Gitterspannung von –5V (in Bezug auf die Kathode, die gegenüber der Masse positiv
ist) annimmt, dann muß hierbei ein Anodenstrom von 5V / 1640 Ohm = 3,0mA fließen.
Wenn man eine Gitterspannung von –2V annimmt, dann muß hierbei ein Anodenstrom von 2V /
1640 Ohm = 1,2mA fließen.
Die Gittergerade wird zwischen dem Schnittpunkte der Kurve für die Gittervorspannung –5V mit der
3,0mA-Achse und dem Schnittpunkt der Kurve für die Gittervorspannung –2V und der 1,2mA-Achse
aufgespannt.
Es kann nun der folgende Arbeitspunkt abgelesen werden:
- Anodenstrom 1,1mA, hieraus folgt eine Gittervorspannung von 1,1mA * 1640 Ohm = 1,80V
- Anodenspannung 125V => Potential der Anode 125V + 1,8V = 127V
Bei der Betrachtung beider Stufen ist wiederum ein halbierter Kathodenwiderstand bei doppeltem
Strom wirksam, die ermittelten Werte für das Kathodenpotential können also einfach übernommen
werden.
Am WILDCAT Deluxe wurden die folgenden Spannungen gemessen:
- Kathodenpotential 1,95V
Abweichung + 8%
- Anodenpotential 138V
Abweichung + 9%
Diese Abweichungen sind kleiner als die bei Röhrenschaltungen üblichen Toleranzen von bis zu 20%.
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Von dem nun bekannten Arbeitspunkt ausgehend, kann die Verstärkung der Stufe anhand des
entsprechenden Diagramms im Datenblatt abgeschätzt werden. Hierzu wird der Verstärkungsfaktor µ
und der Innenwiderstand rp abgelesen. Hierbei wird auf die Kurvenzüge für eine Anodenspannung
(Eb) von 150V Bezug genommen, es wird hierbei ein wenig zur 50V-Kurve hin interpoliert.
Auszug Datenblatt 12AY7 von General Electric mit eingezeichneter Abschätzung des
Verstärkungsfaktors und des Innenwiderstands
Der Verstärkungsfaktor µ kann mit 44 abgeschätzt werden
Der Innenwiderstand rp kann mit 36kOhm abgeschätzt werden.
Um die Verstärkung der Stufe zu bestimmen, wird das folgende Kleinsignal-Ersatzschaltbild verwendet:
Kleinsignal-Ersatzschaltbild der Stufe
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Die Verstärkung bestimmt sich dann wie folgt:
Diese Formel kann wie folgt anschaulich erklärt werden:
Man geht von einer Modellierung der verstärkenden Funktion der Röhre in Form einer
spannungsgesteuerten Spannungsquelle aus, deren Ausgangsspannung ist dann µ * vi, mit Vi als
Eingangsspannung.
Die damit (theoretisch vorhandene) ausgangsseitige Signalspannung, µ * vi wird durch einen
Spannungsteiler aus rp und Rl heruntergeteilt, bevor man sie tatsächlich abgreifen kann.
Vor Anwendung der Formel muß noch der äußere Widerstand Rl bestimmt werden. Unter der
Annahme, daß der der Eingangsstufe folgende Lautstärkeregler „voll aufgedreht“ ist, ist das dann die
Parallelschaltung des Anodenwiderstandes (100kOhm) und des Lautstärkereglers (1MOhm),
entsprechend 91kOhm, der mögliche Einfluß des Klangregelnetzwerkes wird vernachlässigt.
v=−
44 * 91kΩ
= -32
(91kΩ + 36kΩ)
Der Ausgangswiderstand der Stufe ist rp parallel Rl, das ist 26 kOhm
Mit der nun bekannten Verstärkung der Stufe kann die Miller-Kapazität und damit die Grenzfrequenz
abgeschätzt werden.
Die Kapazität zwischen Anode und Gitter der 12AY7 ist 1,3pF. (Quelle: Datenblatt General Electric)
Es erscheint sinnvoll, die Parallelschaltung einer durch die Verdrahtung entstehenden Kapazität von
2pF anzunehmen. Damit ergibt sich eine Gesamtkapazität von 3,3pF.
Diese Kapazität wird nun um den Faktor (1 - Verstärkung) multipliziert, um die wirksame Miller-Kapazität
zu erhalten. Es ergibt sich ein Wert von 3,3pF * (1 – {- 32}) = 3,3pF * ( 1 + 32) = 106pF.
Diese Kapazität bildet einen Tiefpaß mit den 68kOhm Gittervorwiderständen. Hierbei ist zu beachten,
daß diese entweder parallelgeschaltet sind oder aber als Spannungsteiler wirksam sind, in beiden
Fällen ist der Wert 68kOhm / 2 = 34kOhm als Quellwiderstand wirksam.
Damit ergibt sich eine obere Grenzfrequenz von 44 kHz.
Die untere Grenzfrequenz der Stufe resultiert aus der Parallelschaltung des Kathodenwiderstands (820
Ohm) mit dem Kathodenkondensator (25uF), es folgt eine untere Grenzfrequenz von 8 Hz.
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Das Klangregelnetzwerk und die Treiberstufe
Der Originalschaltplan mit hervorgehobenem Klangregelnetzwerk und hervorgehobener Treiberstufe
Zur Erleichterung der Betrachtung wird der zunächst untersuchte Schaltungsteil noch einmal
vergrößert dargestellt, wichtige Bauteile wurden mit Indices versehen.
+ 245 V
Ue1 C k1=0,1 µF
Vol1
1 MΩ
R a=100 kΩ
Ua
0,5 nF
Tone
1 MΩ
5 nF
A
12AX7
5 nF
25 µF
Ue2
C k2=0,1 µF
R k =1,5 kΩ
Vol2
1 MΩ
Vergrößerte Darstellung des betrachteten Schaltungsteils, mit Bauteileindices
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Mit dem dem Gitter der 12AX7 vorgeschalteten passiven Netzwerk wird der Klang und die Lautstärke
der beiden Eingangskanäle eingestellt. Die Wirkungsweise des Klangreglers ist, wie bereits
beschrieben, für beide Eingangssignale unterschiedlich.
Die Schaltung wurde mit Pspice simuliert, um ihre Übertragungseigenschaften zu bestimmen. Das
folgende Bild zeigt die Simulationsschaltung:
0
Ri
20k
R3
500k
C3
R4
500k
0.1u
V1
10V
0Vdc
C1
500p
R1
500k
0
R_Last
R2
500k
10meg
0
C2
5n
R5
500k
0
R6
500k
0
Die Simulationsschaltung für das Klangregelnetzwerk, mit Eingangsspannung am „oberen“ Eingang.
Die von der Quelle V1 abgegebene sinusförmige Spannung gelangt über eine Nachbildung des
Innenwiderstandes der vorhergehenden Stufe, mit Ri bezeichnet über den Koppelkondensator C3 auf
das Klangregelnetzwerk. (Der Wert für Ri ist mit 20kOhm ein wenig zu niedrig angesetzt, richtig wären
26kOhm, der dadurch entstehende Fehler ist jedoch vernachlässigbar) Der ausgangsseitige
Widerstand Rlast wurde mit 10MOhm modelliert, da praktisch kein Stromfluß in den Gitteranschluß der
vom Netzwerk angesteuerten Röhre fließt.
Die Lautstärkeregler werden mit den Widerständen R3/R4 und R5/R6 modelliert. Alle Simulationen
werden mit beiden Lautstärkereglern in ihrer Mittelstellung durchgeführt.
Der „Tone“-regler wird mit den Widerständen R1 und R2 modelliert.
Es werden insgesamt 6 Simulationsläufe durchgeführt:
Mit Eingangssignal an „oberem“ Eingang:
- „Tone“-Regler in der linksseitigen Endstellung
- „Tone“-Regler in der Mittelstellung
- „Tone“-Regler in der rechtsseitigen Endstellung
Mit Eingangssignal an „unterem“ Eingang:
- „Tone“-Regler in der linksseitigen Endstellung
- „Tone“-Regler in der Mittelstellung
- „Tone“-Regler in der rechtsseitigen Endstellung
Für alle 6 Fälle wird der Amplitudenfrequenzgang in dB im Frequenzintervall 1 Hz bis 30 kHz
aufgenommen.
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Signal an Ue1:
Frequenzgang in dB mit Eingangssignal am „oberen“ Eingang, „Tone“-Regler in der linksseitigen
Endstellung
Frequenzgang in dB mit Eingangssignal am „oberen“ Eingang, „Tone“-Regler in der Mittelstellung
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Frequenzgang in dB mit Eingangssignal am „oberen“ Eingang, „Tone“-Regler in der rechtsseitigen
Endstellung
Signal an Ue2:
Frequenzgang in dB mit Eingangssignal am „unteren“ Eingang, „Tone“-Regler in der linksseitigen
Endstellung
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Frequenzgang in dB mit Eingangssignal am „unteren“ Eingang, „Tone“-Regler in der Mittelstellung
Frequenzgang in dB mit Eingangssignal am „unteren“ Eingang, „Tone“-Regler in der rechtsseitigen
Endstellung
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Die Betrachtung der, mit dem „linken“ System der 12AX7 aufgebauten, Treiberstufe entspricht der
Vorgehensweise, die bereits bei der Eingangsstufe angewendet wurde.
Die gemessene Versorgungsspannung der Treiberstufe betrug 245V. Auf diesem Wert beruht die
folgende Analyse der Stufe.
Es soll nun der Arbeitspunkt der Treiberstufe bestimmt werden.
Zunächst wird die Arbeitsgerade in das Kennlinienfeld eingetragen. Der tatsächliche Arbeitspunkt der
Röhre muß auf dieser Gerade liegen.
Hierzu kann der Kathodenwiderstand vernachlässigt werden.
Unter der Annahme einer völlig gesperrten Röhre ergäbe sich ein Strom von 0mA, an der Anode
würde die volle Versorgungsspannung von 245V anliegen.
Unter der Annahme einer kurzgeschlossenen Röhre wäre die Spannung an der Anode 0V, es würde
245V / 100kOhm = 2,45mA fließen.
Die Arbeitsgerade ist dann durch die Punkte (245V / 0mA) und (0V / 2,45mA) definiert.
Auszug Datenblatt 12AX7 von General Electric mit Arbeitsgerade (pink) und Gittergerade (blau)
Der tatsächliche Arbeitspunkt liegt am Schnittpunkt der Arbeitsgeraden und der Gittergeraden. Die
Gittergerade stellt die Abhängigkeit des Spannungsabfalls am Kathodenwiderstand (entspricht hier
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der Gittervorspannung) vom Anodenstrom dar. Der hier vorhandene Kathodenwiderstand ist 1500
Ohm.
Wenn man eine Gitterspannung von –2V (in Bezug auf die Kathode, die gegenüber der Masse positiv
ist) annimmt, dann muß hierbei ein Anodenstrom von 2V / 1500 Ohm = 1,3mA fließen.
Wenn man eine Gitterspannung von –1V annimmt, dann muß hierbei ein Anodenstrom von 1V /
1500 Ohm = 0,66 mA fließen.
Die Gittergerade wird zwischen dem Schnittpunkte der Kurve für die Gittervorspannung –2V mit der
1,3mA-Achse und dem Schnittpunkt der Kurve für die Gittervorspannung –1V und der 0,66mA-Achse
aufgespannt.
Es kann nun der folgende Arbeitspunkt abgelesen werden:
-
Anodenstrom 0,85mA, hieraus folgt eine Gittervorspannung von 0,85mA * 1500 Ohm = 1,28V
Anodenspannung 155V => Potential der Anode 155V + 1,28V = 156V
Am WILDCAT Deluxe wurden die folgenden Spannungen gemessen:
- Kathodenpotential 1,2V
Abweichung + -7%
- Anodenpotential 172V
Abweichung + 10%
Diese Abweichungen sind kleiner als die bei Röhrenschaltungen üblichen Toleranzen von bis zu 20%.
Von dem nun bekannten Arbeitspunkt ausgehend, kann die Verstärkung der Stufe anhand des
entsprechenden Diagramms im Datenblatt abgeschätzt werden. Hierzu wird der Verstärkungsfaktor µ
und der Innenwiderstand rp abgelesen.
Auszug Datenblatt 12AX7 von General Electric mit eingezeichneter Abschätzung des
Verstärkungsfaktors und des Innenwiderstands
Nachteilig an diesem Diagramm ist, daß die Werte nur für eine Anodenspannung von 100V zur
Verfügung stehen, während die tatsächliche Anodenspannung ca. 170V beträgt. Es werden jedoch
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die hier abgelesenen Werte verwendet, da die sonst übliche Methode der Bestimmung des
Innenwiderstands mittels Anlegen einer Tangente im Kennlinienfeld ebenfalls fehlerbehaftet ist.
Der Verstärkungsfaktor µ kann mit 100 abgeschätzt werden
Der Innenwiderstand rp kann mit 60kOhm abgeschätzt werden.
Um die Verstärkung der Stufe zu bestimmen, wird wiederum das folgende Kleinsignal-Ersatzschaltbild
verwendet:
Kleinsignal-Ersatzschaltbild der Stufe
Die Verstärkung bestimmt sich dann wie folgt:
Vor Anwendung der Formel muß noch der äußere Widerstand Rl bestimmt werden. Da die folgende
Stufe eingangsseitig die Eigenschaften eines Kathodenfolgers hat, kann deren Eingangsimpedanz als
praktisch unendlich betrachtet werden. Daraus folgt, daß Rl dem Wert des Anodenwiderstandes von
100 kOhm entspricht.
v=−
100 * 100kΩ
= -63
(100kΩ + 60kΩ)
Die auf die Treiberstufe folgende Phasenumkehrstufe in Kathodynschaltung erzeugt zwei
gegenphasige Ausgangssignale. In der folgenden Zeichnung ist die Stufe noch einmal
verdeutlichend dargestellt:
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+ 245 V
Ra =56 kΩ
0,1 µF
22 nF
12AX7
RG=1 MΩ
220 kΩ
220 kΩ
=1500
kΩ
Rk ’=56
Ohm
0,1 µF
Rk =56 kΩ
Verdeutlichende Darstellung der Phasenumkehrstufe mit Bauteilindices
Die Stufe arbeitet, in Bezug auf Rk, als Kathodenfolger. Das bedeutet, daß das „untere“
Ausgangssignal der Eingangsspannung nahezu folgt, die Spannungsverstärkung der Stufe ist nahe
+1. Da aber, außer im Zustand der Übersteuerung, in dem ein Gitterstrom fließt, der Anodenstrom
gleich dem Kathodenstrom ist, ergibt sich am Widerstand Ra, der den gleichen Wert wie Rk hat, ein
identischer, aber gegenphasiger Spannungsabfall. Die Wechselspannung am „oberen“ Ausgang ist
daher betragsgleich und gegenphasig zur Spannung am „unteren“ Ausgang.
Zur Bestimmung des Arbeitspunktes kann sinngemäß wie bei den bereits betrachteten Stufen
vorgegangen werden.
Die Gleichstrom- und Gleichspannungsverhältnisse an der Röhre würden sich nicht ändern, wenn
man Rk direkt in Serie mit Ra schalten würde und in diesem Zuge das „untere Ende“ von Rk‘ direkt an
Masse legen würde.
Man hätte dann, da Versorgungsspannung und Wert der Kathodenwiderstände identisch sind,
praktisch zur zuvor besprochenen Stufe identische Verhältnisse, lediglich der Anodenwiderstand ist mit
56kOhm + 56kOhm = 112kOhm um 12% größer, was eine leichte Verschiebung der Arbeitsgeraden
mit sich bringt.
Diese Verschiebung liegt jedoch im Bereich der ohnehin vorhandenen Toleranzen, so daß man auch
hier mit guter Berechtigung einen Strom von 0,85mA durch die Röhre annehmen kann.
Es folgt dann ein Potential am „oberen Ende“ von Rk (wir betrachten jetzt wieder die tatsächliche
Schaltung) von 0,85mA * 56 kOhm = 48V und ein Anodenpotential von 245V – (0,85mA * 56 kOhm)
= 245V – 48V = 197V.
Die am Prototyp gemessenen Potentiale betrugen 44,5V bzw. 205V, das entspricht einer
Abweichung von –7% bzw. +4% zu den berechneten Werten, was als gute Übereinstimmung
gewertet werden kann.
Der Verstärkungsfaktor µ wurde bei dem vorhandenen Arbeitspunkt bereits ermittelt, er beträgt
ungefähr 100.
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WILDCAT DELUXE
Die Spannungsverstärkung der Schaltung wird mit dem folgenden Kleinsignal-Ersatzschaltbild
genauer bestimmt:
rp
Ra
vo
i
-
RG
vi
+
vg
µ·vg
Rk ’
Rk
Das Kleinsignal-Ersatzschaltbild der Kathodynstufe
Wir erhalten für die Spannungen:
(r
p
i=
+ Ra + Rk + Rk ') ⋅ i − µ ⋅ vg = 0 und mit vg = vi − Rk ⋅ i für den Strom:
µ vi
rp + Ra + Rk '+ (1 + µ ) Rk
, mit rp = Ri , = 60kΩ als Innenwiderstand
und Ra = Rk = 56kΩ parallel 220kΩ = 45kΩ, Anoden- und
Kathodenwiderstand, die Gitterableitwiderstände der
Folgestufe sind den Anoden- bzw. Kathodenwiderständen
wechselstrommäßig parallelgeschaltet
Die Ausgangspannung ist
v0 = − Ra i bzw. v0 = − Rk i und somit beträgt die
Wechselspannungsverstärkung:
A=
vo
− µR a
=
= 0,96
vi rp + Rk '+(1 + µ )Ra
Die Ausgangsimpedanz beider Ausgänge unterscheidet sich erheblich, da es sich beim „unteren“
Ausgang um einen niederohmigen Kathodenfolger handelt, also eine sehr starke Gegenkopplung
wirksam ist und beim „oberen“ Ausgang diese Gegenkopplung fehlt, womit dieser wesentlich
hochohmiger ist.
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WILDCAT DELUXE
Die Endstufe
Der Originalschaltplan mit hervorgehobener Endstufe
Zunächst soll der Gleichstrom-Arbeitspunkt der Stufe nachvollzogen werden. Hierfür wurden die
Anodenversorgungsspannung und die Schirmgitterversorgungsspannung am Prototyp gemessen, da
das Originalschaltbild keine Spannungsangaben enthält.
Es wurden, bei Abwesenheit eines Eingangssignals, die folgenden Spannungen gemessen:
Anodenversorgung: 397V
Schirmgitterversorgung: 346V
Der Ruhestrom durch die Röhren wurde mit der folgenden Simulationsschaltung ermittelt:
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Simulationsschaltung zur Bestimmung des Ruhestroms
Für Gleichströme kann der Ausgangsübertrager als Kurzschluß modelliert werden.
Es ergab sich eine Spannung von 22V über dem Kathodenwiderstand (R2), woraus ein Strom von
88mA durch diesen Widerstand folgt. Es kann von symmetrischer Stromaufteilung zwischen beiden
Röhren ausgegangen werden, womit dann ein Ruhestrom von 44mA pro Röhre folgt.
Der tatsächliche Meßwert der Spannung über dem Kathodenwiderstand beträgt ebenfalls 22V.
Hierbei fällt die recht hohe Anodenverlustleistung an den Endröhren auf, sie beträgt 44mA * (397V –
22V) = 16,5W. Das liegt über dem Grenzwert von 14W im Datenblatt Tung-Sol (Summe aus Anodenund Schirmgitterverlustleistung). Tatsächlich werden die Röhren außerhalb der Spezifikation betrieben,
das wird auch in der Publikation „Modified 5E3 Deluxe Guitar Amplifier“ von James Milsk und Gabe
Jacome (University of Illinois) explizit erwähnt. Die starke Überhitzung der Röhren ist zudem deutlich zu
spüren wenn man die Hand in die Nähe der im Betrieb befindlichen Röhren bringt.
Nun soll die Ausgangsleistung de Endstufe bestimmt werden.
Dazu muß zunächst der wirksame Ausgangswiderstand bestimmt werden. Dieser ergibt sich aus der
mittels des Ausgangsübertragers transformierten Impedanz des Lautsprechers, diese hat den
Nominalwert 8 Ohm.
Das Übersetzungsverhältnis des Ausgangsübertragers ist nicht dokumentiert, daher wurde der
vorhandene Übertrager (Replacement von TAD) ausgemessen. Es wurde ein Übersetzungsverhältnis
von 8 ermittelt. (Bezug: Primärwicklung zwischen beiden Anodenanschlüssen)
Da sich die Impedanz quadratisch mit dem Übersetzungsverhältnis transformiert, ergibt sich eine
primäseitige Impedanz von 8 Ohm * 162 = 8 Ohm * 256 = 2,05 kOhm, wenn man die
Primärwicklung als Gesamtheit betrachtet, wie es für den A-Betrieb der Endstufe zutreffend ist. Bei
Betrachtung der Verhältnisse an einer einzelnen Röhre muß diese Impedanz durch 2 geteilt werden.
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WILDCAT DELUXE
Die vorliegende Endstufe wird jedoch meistens im B-Betrieb arbeiten. Zwischen der Mittelanzapfung
der Primärwicklung und der Anode der gerade leitenden Röhre ist dann jedoch nur eine Impedanz
von 8 Ohm * 82 = 8 Ohm * 64 = 512 Ohm wirksam.
Nun könnte die entsprechende Arbeitsgerade in das Kennlinienfeld der 6V6 eingetragen werden.
Die Kennlinien in den Röhren-Datenblätter der verschiedenen Hersteller beziehen sich jedoch stets
auf eine Schirmgitterspannung von 250V, die tatsächlich anliegende Spannung ist mit 346V
wesentlich höher, so daß die Gültigkeit der Kennlinien für den vorliegenden Fall angezweifelt werden
muß.
Daher wurde mit Hilfe einer Spice-Simulation eine neues Kennlinienfeld erstellt.
Das folgende Bild zeigt die Simulationsschaltung.
Die Simulationsschaltung zur Ermittlung des Kennlinienfeldes
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Es ergab sich das folgende Kennlinienfeld:
Das mittels Simulation ermittelte Kennlinienfeld mit eingetragener Arbeitsgerade für den B-Betrieb
(pink) und für den A-Betrieb (blau)
Die Arbeitsgerade für den B-Betrieb kann in diesem Fall nicht direkt eingezeichnet werden, da der
Wert 397V / 512 Ohm nicht mehr zeichnerisch darstellbar ist. Daher wird mit Spannungsdifferenzen
gearbeitet und aus der Spannung 297V (Praktisch 300V) der Strom 100V / 512 Ohm = 195mA das
zweite Wertepaar gebildet.
Mit der Arbeitsgerade für den A-Betrieb (1kOhm) wird sinngemäß verfahren.
Da sich jedoch die Gittervorspannung von der Versorgungsspannung subtrahiert, müssen die
Kennlinien mit der 0mA- Achse noch um 22V „nach links“ geschoben werden. (Hier ist eine gewisse
Inkonsistenz vorhanden, da für die Ermittlung des Kennlinienfeldes die Gittervorspannung nicht von
der Anodenspannung abgezogen wurde, der dadurch entstehende Fehler kann jedoch
vernachlässigt werden).
Weiterhin ist zu bedenken, daß die Versorgungsspannung bei steigender Belastung „einbricht“ hierfür
werden, entsprechend der Meßergebnisse am Prototyp, 30V einkalkuliert, das ergibt dann insgesamt
eine Verschiebung der Arbeitsgeraden um 22V + 30V = 52V „nach links“.
Diese Verschiebung ist in dem obigen Kennlinienfeld schon berücksichtigt.
Es muß nun der Punkt gefunden werden, an dem der Übergang vom A-Betrieb zum B-Betrieb erfolgt.
Die Gittervorspannung ist –22V. Die Röhre ist bei einer Gitterspannung von –37V praktisch gesperrt.
Das ist eine Aussteuerung um 37V – 22V = 15V. Das Gitter der anderen, leitenden, Röhre hat
gleichzeitig eine Spannung von 22V –15V = 7V.
Damit ergibt sich ungefähr die folgende, „kombinierte“ Arbeitsgerade:
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Das mittels Simulation ermittelte Kennlinienfeld mit eingetragener „kombinierter“ Arbeitsgerade für
den B-Betrieb (pink) und für den A-Betrieb (blau)
Nun soll die Ausgangsleistung am „Knickpunkt“ der Kennlinie abgeschätzt werden. Der
Momentanwert der Spannung über der Hälfte der Primärwicklung ist 350V – 225V =125V. Damit liegt
über der gesamten Primärwicklung eine Spannung von 125V *2 = 250V an. Unter der Annahme
eines sinusförmigen Verlaufs dieser Spannung liegt dann eine Effektivspannung von 250V * 0,707 =
176V über der Primärwicklung an. Das entspricht einer Leistung von (176V)2 / 2048 Ohm = 15W. Unter
der Annahme von 10% Verlusten im Ausgangsübertrager und in den Zuleitungen ergäbe sich dann
eine Leistung von 13,5W an einem angeschlossenen 8 Ohm-Lastwiderstand.
Am Prototyp wurde die folgende Messung der Ausgangsleistung vorgenommen:
Anstelle des Lautsprechers wurde eine 8 Ohm Dummy-Load angeschlossen. Der Verstärker wurde mit
einem 1kHz-Sinussignal angesteuert. Die Ansteuerung wurde solange erhöht, bis gerade die
Begrenzung der Ausgangsspannung erreicht wird. Damit ergab sich ein maximaler Momentanwert
der Ausgangsspannung von 13,8Vs. Das entspricht einem Effektivwert der Sinusspannung von 9,76V,
woraus eine tatsächliche Ausgangsleistung von 11,9W folgt.
Zwischen den beiden Anodenanschlüssen der Endröhren liegt dann eine Wechselspannung von
13,8Vs * 16 {Übersetzungsverhältnis des Ausgangsübertragers} = 220V an. In der vorherigen
Abschätzung wurde diese Spannung mit 250V angenommen. Aufgrund der vielen Unsicherheiten in
der obigen Abschätzung bzw. dem ihr zugrundeliegenden Kennlinienfeld kann man die Abweichung
zwischen errechneten und gemessenen Werten (250V zu 220V bzw. 11,9W zu 13,5W) als hinreichend
klein ansehen.
Es sei jedoch bemerkt, daß die maximale unverzerrte Ausgangsleistung und der Übergang vom Azum B-Betrieb nicht identisch sein müssen, es handelt sich hier nur um eine Abschätzung von
Größenordnungen.
Die untere Grenzfrequenz der Endstufe im Kleinsignalbereich, bedingt durch das Verhältnis des
Kathodenkondensators zum Kathodenwiderstand ist unterhalb des hörbaren Frequenzbereichs:
f =
1
1
=
2 ⋅ Π RC 2 ⋅ Π ⋅ 250Ω ⋅ 25µF
f = 25 Hz
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Der WILDCAT Deluxe Authentic
Das Konzept
Der WILDCAT Deluxe Authentic ist eine exakte Reproduktion der Originalschaltung des FENDER Deluxe
5E3 in klassischer Handverdrahtung. Als Netz- und Ausgangstransformatoren wurden exakte, den
Original-Bauteilen entsprechende, Nachfertigungen der Firma TAD (www.tubeampdoctor.com)
verwendet. Für die anderen Bauteile wurden ebenfalls hochwertige Ausführungen verwendet, die
den im Originalgerät von Fender verwendeten Bauteilen weitgehend entsprechen. So wurden
beispielsweise Kohlemassewiderstände anstelle von Schichtwiderständen eingesetzt.
Als Lautsprecherbox kam eine Spezialanfertigung der Firma TAD zum Einsatz, bei der der eingesetzte
Lautsprecher und die sonstigen akustischen Parameter dem Originalgerät entsprechen.
Der WILDCAT Deluxe Authentic mit Spezial-Lautsprecherbox
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Die Realisierung
Der Verstärker wurde komplett in Handverdrahtung aufgebaut. In den Augen vieler Musiker ist das
Gefühl, über einen handverdrahteten Verstärker zu spielen wichtig. Der Verstärker wird nicht als
technisches Gerät im herkömmlichen Sinne gesehen, er ist viel mehr Teil des Gesamtkunstwerks der
Aufführung. Daher ist seine „Authentizität“ für viele Musiker genau so wichtig wie die zur Musik und ihrer
Entstehungszeit passende Wahl der Kleidung oder der Frisur für den Auftritt. Die Handverdrahtung des
Verstärkers zeigt zudem, daß es sich um ein „teures Stück“ und nicht um ein Massenprodukt handelt.
Die Übersichtlichkeit der Handverdrahtung gibt zudem die Sicherheit, „daß da nicht irgendwo noch
ein Chip versteckt ist“.
Der WILDCAT Deluxe Authentic
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WILDCAT DELUXE
Im Gegensatz zum Originalgerät wurde das Chassis nicht als Rückleiter verwendet, die Masseführung
wurde entsprechend des Signalflusses mittels Verdrahtung realisiert, die Masse wurde nur an einer
einzigen Stelle mit dem Chassis verbunden. In diesem Sinne wurden auch isolierte Eingangsbuchsen
verwendet. Durch diese Maßnahmen werden Rückströme aus dem Netzteil oder der Endstufe von
den Vorstufen ferngehalten. Gemäß der Publikation „Modified 5E3 Deluxe Guitar Amplifier“ von
James Milsk und Gabe Jacome (University of Illinois) konnte damit der Störpegel gegenüber einem
„Original-Deluxe“ deutlich gesenkt werden.
Blick auf die Verdrahtungsseite des WILDCAT Deluxe Authentic
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Die elektrischen Ergebnisse
Bei der Inbetriebnahme zeigten sich keine Auffälligkeiten. Es zeigte sich eine hinreichende
Übereinstimmung zwischen den erwarteten und den tatsächlich gemessenen Werten. Die tatsächlich
gemessenen Werte sind bereits im vorangegangenen Abschnitt dokumentiert und den berechneten
Werten gegenübergestellt worden.
Hier ist noch einmal eine zusammenfassende Gegenüberstellung angegeben:
Potentiale gegen
Masse
Kathode Vorstufe
Anode 1 Vorstufe
Anode 2 Vorstufe
Kathode Treiberstufe
Anode Treiberstufe
Anode Umkehrstufe
Kathodenwid.
Umkehrstufe
Kathode Endstufe
Berechnet
Gemessen
Abweichung [%]
1,8 V
127 V
127 V
1,28 V
156
197
48
1,95
134
138
1,2
172
205
44,5
+5
+6
+9
-7
+10
+4
-8
22
21,9
-0,5
Größe
Ausgangsleistung
Berechnet
13,5 W
Gemessen
11,9W
Abweichung [%]
-12
Aufgrund der bereits beim WILDCAT Deluxe Plus gemachten Erfahrungen wurde die 240VPrimärwicklung des Netztransformators verwendet, da sich bei Verwendung der 230V-Wicklung zu
hohe sekundärseitige Spannungen ergeben.
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Die klanglichen Ergebnisse
Der WILDCAT Deluxe Authentic „bringt“ einen authentischen, rauhen, bluesigen Klang, der sofort an
R&B und Rock’n’Roll-Aufnahmen aus den frühen 1950-er Jahren erinnert. Dank der geringen
Ausgangsleistung des Verstärkers tritt die Endstufenverzerrung schon bei „noch erträglichen“
Lautstärken ein.
Am 18.07. 2007 spielten „Ike and the Capers“ unter Verwendung des WILDCAT Deluxe Authentic ElvisSongs aus der SUN-Ära, bei denen Scotty Moore einst in den Jahren 1954 und 1955 über seinen
FENDER Deluxe gespielt hatte. Die Ähnlichkeit des Gitarrensounds und des klanglichen
Gesamteindrucks zu den damaligen Aufnahmen war verblüffend.
Der (hier jedoch verdeckte) WILDCAT Deluxe Authentic live on Stage beim Auftritt von Ike and the
Capers in der klassischen SUN-Besetzung am 18.07.2007 in der TU-Berlin (Michael Kirscht, Ike Stoye,
Axel Praefcke)
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Der WILDCAT Deluxe Plus
Das Konzept
Der WILDCAT Deluxe Plus entspricht in seiner Grundeinstellung exakt dem FENDER Deluxe 5E3, er
besitzt aber einen zuschaltbaren Federhall, ein zuschaltbares Master-Volume und eine
Einschleifschnittstelle zwischen Vor- und Treiberstufe um weitere klangliche Ausdruckmöglichkeiten zu
erschließen. Weiterhin wurde eine Anschlußmöglichkeit für eine zukünftige High-Gain-Vorstufe
vorgesehen.
Der WILDCAT Deluxe Plus
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Die Realisierung
Der WILDCAT Deluxe Plus ist in Leiterplattentechnik aufgebaut. Auf der Leiterplatte befindet sich die
„eigentliche“ Schaltung des DELUXE und die Federhall-Schaltung, die in einem gesonderten Kapitel
beschrieben wird. Es ist die gleiche Federhall-Schaltung, die auch beim WILDCAT Bassman Plus
eingesetzt wird, sie stammt aus dem FENDER Twin Reverb. Die Federhall-Schaltung wird aus einem
völlig unabhängigen, gesonderten Netzteil versorgt, um die für den Klangeindruck kritische Dynamik
der Anodenversorgung bei Belastungsänderungen nicht durch zusätzliche Verbraucher am
„eigentlichen“ Netzteil zu verändern.
Die Leiterplatte des WILDCAT Deluxe Plus
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Die Schaltung im Detail
Die folgenden Betrachtungen beziehen sich auf den dieser Dokumentation beiliegenden Schaltplan
des WILDCAT Deluxe Plus. Es wird an dieser Stelle nur auf die zusätzlich eingefügten Schaltungsteile
eingegangen.
Es besteht die Möglichkeit, der Eingangsstufe eine zukünftig zu realisierende High-Gain-Vorstufe
vorzuschalten, diese wird mittels der Steckverbinder J7008 bis J7010 kontaktiert. Die Umschaltung
zwischen der direkten Verbindung der Eingangsbuchse mit der Eingangsstufe oder dem Weg über
die High-Gain-Vorstufe geschieht mittels der VACTROL-Optoswitches OC6001 und OC6002. Diese
arbeiten ähnlich wie ein Optokoppler, anstelle der üblichen Fotodiode ist jedoch ein Fotowiderstand
als Empfangselement vorhanden. Aufgrund der Zeitkonstante des Fotowiderstandes im zweistelligen
Millisekundenbereich ist ein clicfreies Umschalten möglich. Wenn das Signal /OVERDRIVE über den an
der Frontplatte angebrachten Schalter mit Masse verbunden wird, dann fließt Strom durch die
Fotodiode in OC6002, womit dann dessen Fotowiderstand leitet und das Ausgangssignal der HighGain-Vorstufe auf die Eingangsstufe des Verstärkers gelangt. Gleichzeitig leitet aber auch D6001,
womit dann der Basisstrom von Q6001 kurzgeschlossen wird, damit wird der Stromfluß durch die
Leuchtdiode von OC6001 unterbrochen, die direkte Verbindung zwischen Eingangsbuchse und
Eingangsstufe ist gesperrt. Der Spannungsteiler aus R6004 und R6005 vermeidet ein teilweises
Aufsteuern von Q6001 aufgrund der Flußspannung von D6001.
Gleichzeitig mit der High-Gain-Vorstufe ist auch das, über J6001 angeschlossene, Master-VolumePotentiometer wirksam, da es bei einem mit Masse verbundenen /OVERDRIVE-Signal über OC6003
und C6001 wechselstrommäßig parallel zum Anodenwiderstand der mit V1002A aufgebauten
Treiberstufe geschaltet wird. Eine Verringerung des Widerstandswertes dieses Potentiometers reduziert
die Verstärkung dieser Stufe. Der Wert von C6001 ist mit 1uF so gewählt, daß die
Verstärkungsabnahme im hörbaren Bereich nicht in störendem Maße frequenzselektiv ist.
Das Master-Volume-Potentiometer ist auch in Verbindung mit der Federhall-Schaltung nützlich, da
diese eine zusätzliche Verstärkung einbringt, die mit dem Master-Volume wieder reduziert werden
kann.
Die Bandecho-Schnittstelle befindet sich zwischen den Eingangsstufen und der Treiberstufe. (Hierzu
wurde die Leiterplatte mittels Nachverdrahtung modifiziert, die ursprünglich vorgesehene
Einschleifung des Echos zwischen der Treiberstufe und der Endstufe ist nicht sinnvoll, da hier schon so
hohe Signalpegel vorhanden sind, daß das Bandecho übersteuert wird)
Die Bandecho-Schnittstelle ist mit einer Kathodenfolger-Stufe (V5001A) gepuffert, um einen Abfall des
Frequenzgangs durch die Kapazität des Anschlußkabels zu vermeiden. Die Dimensionierung der
Pufferstufe wurde in Anlehnung an die Phasenumkehrstufe des Deluxe festgelegt.
Die Bandecho-Schnittstelle ist dann wirksam, wenn das Relais K1002 durch den dazugehörigen
frontplattenseitigen Schalter unter Strom gesetzt wird. Bei stromlosem Relais ist der Eingang der
Treiberstufe direkt mit dem Laustärker/Klangregelnetzwerk verbunden, so wie es beim Originalgerät
der Fall ist.
Die Federhall-Stufe wird zwischen der Treiber- und der Endstufe eingeschleift. Wenn das Relais K1001
durch das Schließen des dazugehörigen Schalters auf der Frontplatte stromdurchflossen ist, dann ist
die Federhall-Stufe im Signalweg. Bei stromlosem Relais ist der Eingang der Endstufe, wie im
Originalgerät, direkt mit der Treiberstufe verbunden.
Die Federhall-Schaltung wird in einem gesonderten Kapitel beschrieben, der einzige Unterschied der
hier realisierten Schaltung zur dort beschriebene Schaltung ist der Ersatz des mechanischen Schalters
zum Kurzschluß der Empfangsspule der Hallspirale durch einen, clicfreien, VACTROL-Optoswitch.
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WILDCAT DELUXE
Die elektrischen Ergebnisse
Zunächst wurde der Verstärker unter der (naheliegenden) Verwendung der 230V-Primärwicklung in
Betrieb genommen. Da sich zu hohe Sekundärspannungen und damit zu hohe Verlustleistungen
zeigten, wurde zu einem späteren Zeitpunkt die 240V-Primärwicklung verwendet.
Die nun folgenden Meßwerte wurden noch unter Verwendung der 230V-Primärwicklung
aufgenommen.
Leerlaufspannung der Anodenwicklung des Netztrafos (GZ34 gezogen, andere Röhren geheizt): 385V
eff, gemessen mit Multimeter.
Zunächst wurde der Verstärker ohne Eingangssignal betrieben. Es zeigten sich die folgenden
Meßwerte:
Spannung über C2001:
Spannung über C2002:
Spannung über C2003:
Spannung an Anode GZ34:
Mittelwert 397V, Brumm 34Vss
346V, kein Brumm
254V, kein Brumm
440Vs
Spannung über C1010 (Kathoden Endröhren): 22,7V
Daraus folgt ein Ruhestrom von 45,4mA je Röhre, entsprechend einer
Anoden/Schirmgitterverlustleistung von 17W (!) pro Röhre. Dieser Wert ist über dem Datenblatt-Limit
von 14W.
Anstelle des Lautsprechers wurde eine 8 Ohm-Dummy-Load angeschlossen. Der Verstärker wurde mit
einem 1kHz-Sinussignal so weit ausgesteuert, daß gerade die Begrenzung des Ausgangssignals
einzusetzen begann. Hierbei ergab sich eine Ausgangsspannung von 13,8Vs, das entspricht einem
Effektivwert von 9,76V und einer Leistung von 11,9W an 8 Ohm.
Bei der soeben beschriebenen Aussteuerung stellten sich die folgenden Spannungen ein:
Spannung über C2001:
Spannung über C2002:
Spannung über C2003:
Spannung an Anode GZ34:
Mittelwert 384V, Brumm 32Vss
306V, kein Brumm
224V, kein Brumm
434Vs
Die Aussteuerung wurde weiter erhöht, so daß sich eine Rechteckspannung am Ausgang ergabt Die
Amplitude der Rechteckspannung war +/- 11,1V. Damit gab der Verstärker eine Leistung von 15,4W
ab. Es stellen sich die folgenden Spannungen ein:
Spannung über C2001:
Spannung über C2002:
Spannung über C2003:
Spannung an Anode GZ34:
Mittelwert 367V, Brumm 34Vss
276V, kein Brumm
204V, kein Brumm
422Vs
Die folgenden Messungen wurden wieder ohne Eingangssignal ausgeführt.
An der Eingangsstufe wurden die folgenden Potentiale gemessen:
Kathode (R1007/C1001):
Anode V1001/1:
Anode V1001/8:
2,02V
132V
129V
{Berechnet 1,8V}
{Berechnet 127V}
{Berechnet 127V}
An der Treiberstufe wurden die folgenden Potentiale gemessen:
Kathode V1002/3:
1,21V
{Berechnet 1,28V}
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Anode V1002/1:
171V
WILDCAT DELUXE
{Berechnet 156V}
An der Phasenumkehrstufe wurden die folgenden Potentiale gemessen:
Kathode V1002/8:
Anode V1002/6:
45,5V
209V
{Berechnet 44,5V}
{Berechnet 197V}
Nun wurde die Trafo-Primärwicklung 230V verwendet.
Der Verstärker wurde ohne Signal betrieben. Es stellten sich die folgenden Spannungen ein:
Spannung über C2001:
Spannung über C2002:
Spannung über C2003:
Mittelwert 377V, Brumm 30Vss
328V, kein Brumm
240V, kein Brumm
Der Verstärker wurde mit einem 1kHz-Sinussignal und 8 Ohm Dummy-Load bis zur Verzerrungsgrenze
aufgesteuert. Es ergab sich eine Ausgangsspannung von 27,5Vss = 9,72Veff an 8 Ohm, was einer
Leistung von 11,8W entspricht.
Es stellten sich die folgenden Spannungen ein:
Spannung über C2001:
Spannung über C2002:
Spannung über C2003:
Mittelwert 372V, Brumm 32Vss
294V, kein Brumm
218V, kein Brumm
Die Aussteuerung wurde weiter erhöht, so daß sich eine Rechteckspannung am Ausgang ergab. Es
stellten sich die folgenden Spannungen ein:
Spannung über C2001:
Spannung über C2002:
Spannung über C2003:
Mittelwert 368V, Brumm 28Vss
278V, kein Brumm
204V, kein Brumm
Um den Ruhestrom durch die Endröhren zu reduzieren, wurde der Wert von R1019 von 10 Ohm auf
47Ohm erhöht, womit sich der insgesamt wirksame Kathodenwiderstand von 250 Ohm auf 287 Ohm
erhöhte. Damit wurde die, ohnehin zu knapp dimensionierte, Betriebsspannung des
Kathodenkondensators C1010 überschritten, es wurde statt des ursprünglich vorgesehenen Wertes
25uF / 25V der Wert 10uF / 50V eingebaut (der eigentlich „richtige“ Wert 25uF / 50V war zum Zeitpunkt
der Inbetriebnahme nicht vorhanden) Die damit einhergehende Erhöhung der unteren
Grenzfrequenz von 25 auf 55Hz machte sich klanglich nicht bemerkbar.
Eine Heizkreiszuleitung wurde über 100 Ohm mit Masse verbunden, um das Brummen zu reduzieren.
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Die klanglichen Ergebnisse
Der WILDCAT Deluxe Plus entspricht klanglich weitgehend dem WILDCAT Deluxe Authentic. Mit dem
eingebauten Federhall und der Bandecho-Schnittstelle ist jedoch eine deutliche Erweiterung der
klanglichen Möglichkeiten vorhanden, man kann jedoch jederzeit zum „Original-Deluxe“
zurückschalten. Die höhere Verstärkung bei Verwendung der Federhall-Stufe schafft zusätzlich einen
interessanten, im Originalgerät nicht vorgesehenen, Overdrive-Sound. Mit dem Master-Volume kann
man diesen Effekt jedoch unwirksam machen oder auch kontrolliert einsetzen. Von besonderem
Nutzen ist es, daß man den Verstärker, dank seiner kleinen Ausgangsleistung, auch mit „noch
erträglichen“ Lautstärken im Overdrive „fahren“ kann.
Der WILDCAT Deluxe Plus wird mit der selben Spezial-Lautsprecherbox betrieben, die auch mit dem
WILDCAT Deluxe Authentic zum Einsatz kommt.
Am 09.06.2007 spielten „Ike and the Capers“ auf der Langen Nacht der Wissenschaften an der TUBerlin mit dem WILDCAT Deluxe Plus Elvis-Songs, wie etwa „Blue Moon Of Kentucky“ oder „That’s Allright
Mama“ aus den Jahren 1954 und 1955, bei denen Scotty Moore einst über seinen FENDER Deluxe
gespielt hat. Die Stücke klangen „live“ überraschend ähnlich wie auf den alten Sun-Aufnahmen.
Der WILDCAT Deluxe Plus (nur die Lautsprecherbox am rechten Bildrand sichtbar) live on Stage beim
Auftritt von Ike and the Capers in der klassischen Trio-Besetzung der frühen 1950-er Jahre am
09.06.2007 anläßlich der langen Nacht der Wissenschaften in der TU-Berlin (Ike Stoye ,Michael
Kirscht, Axel Praefcke)
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