Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT Dynamic Compressor Der WILDCAT Dynamic Compressor Von René Fischer, Stefan Straube und Henry Westphal Seite 7-1 Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT Dynamic Compressor Die Idee. Dynamikkompression wurde zunächst in der Studiotechnik beginnend ab den 1960-er Jahren eingesetzt. Das Ziel war eine "bessere" Wiedergabe der Musik auch auf einfachen Geräten mit kleinen Lautsprechern wie etwa Transistorradios . Mit dem Ende der 1960-er Jahre wurde die Dynamikkompression auch im Signalpfad der Gitarre eingesetzt, als Beispiel sei Jimi Hendrix genannt. Mit Dynamikkompression ist ein längerer Sustain möglich. Man erhält eine konstantere Obertonzusammensetzung im Overdrive über die Zeit. Sie bewirkt die "Abplattung" von Anschlägen und anderen kurzen, lauten Ereignissen. Gitarrensignal ohne Kompression Komprimiertes Gitarrensignal mit kurzer Attack-Zeit und langer Release-Zeit Im Rahmen dieses Projekts ging es darum, die Wirkungsweise von Kompressionsschaltungen am Beispiel einer modernen IC-basierten Lösung kennenzulernen. Seite 7-2 Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT Dynamic Compressor Das Prinzip. Die Schaltung basiert auf dem "Analog Dynamics Processor" THAT4301P. Dieser Baustein enthält einen Verstärker, dessen Verstärkungsfaktor von der Höhe einer extern zugeführten Steuerspannung bestimmt wird. Mit zunehmender Steuerspannung sinkt der Verstärkungsfaktor dieses Verstärkers ab. Das Audiosignal durchläuft diesen Verstärker. Die Steuerspannung ist dabei vom Effektivwert (RMS) des hereinkommenden Audiosignals abhängig. Ein höherer Effektivwert des Eingangssignals führt zu einer höheren Steuerspannung, die in Folge die Verstärkung und damit die Amplitude des herausgehenden Audiosignals reduziert. Der hierbei entstehende Klangeindruck hängt im wesentlichen davon ab, in welcher Weise die Steuerspannung zeitlich dem Effektivwert des Eingangssignals folgt und mit welcher (statischen) Kennlinie Effektivwert und Steuerspannung miteinander verknüpft sind. Daher wurden vielfältige Einstellmöglichkeiten (5 Parameter) für Zeitverhalten und Einsatz der Verstärkungsnachführung vorgesehen. Von besonderer Wichtigkeit ist die Attack-Zeit, das ist die Zeit, nach der die Steuerspannung bei sich vergrößernder Amplitude des Eingangssignals ihren Endwert erreicht hat sowie die Release-Zeit, das ist die Zeit, nach der die Steuerspannung bei abnehmender Amplitude des Eingangssignals ihren Endwert erreicht hat. Ebenfalls wichtig ist das Kompressionsverhältnis (Ratio) und der Einsatzpunkt (Treshold) sowie die Auswahl zwischen „weichen“ und „hartem“ Einsatz der Kompression. VCA Release RMS (nichtlinear ) Vnichtlinear (Threshold ) Ratio Attack Das Prinzipschaltbild der Kompressionsschaltung Seite 7-3 Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT Dynamic Compressor Die Realisierung. Allgemeines Die realisierte Schaltung entspricht nahezu exakt der von THAT Corporation veröffentlichten Applikationsschaltung aus dem Dokument „THAT Corporation Design Note 115“. Diese Schaltung wurde jedoch um eine hochohmige Eingangsstufe und ein Netzteil ergänzt, weiterhin wurde ein Fehler in der veröffentlichten Version der Schaltung behoben. Die Analyse der Applikationsschaltung von THAT zeigt besonders eindringlich die Ästhetik und Schönheit eines theoretisch fundierten, durchdachten und kreativen Analogschchaltungsentwurfs. Der Kompressor wurde als eigenständiges Gerät realisiert, das auch unabhängig von den anderen WILDCAT-Komponenten betrieben werden kann. Der WILDCAT Dynamic Compressor Seite 7-4 Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT Dynamic Compressor Die Bauteile der Compressorschaltung wurden auf einer zweiseitigen Leiterplatte mit einer durchgehenden Groundplane untergebracht, an die die Bedienelemente über Steckverbinder angeschlossen wurden. Das Netzteil wurde auf einer separaten Leiterplatte aufgebaut. Die Leiterplatte des WILDCAT Dynamic Compressors Seite 7-5 Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT Dynamic Compressor Der Baustein THAT4301. Der THAT4301 ist ein analoger Baustein, der speziell für Anwendungen im Audiobereich entwickelt wurde. Hauptsächliche Anwendungsgebiete sind Kompressorschaltungen, Begrenzer/Limiter, Verstärkungsschaltungen und Rauschunterdrückung. Mit einem großen Verstärkungsfaktor und einem großen dynamischen Arbeitsbereich (> 115dB), einer geringen harmonischen Gesamtverzerrung und einer geringen Leistungsaufnahme (< 1W) ist er ideal für die Verarbeitung von Audiosignalen geeignet. Der THAT4301 besteht aus vier einzeln verwendbaren Teilfunktionsgruppen. Diese sind: - Der spannungsgesteuerte Verstärker (VCA = Voltage Controlled Amplifier) mit AusgangsOperationsverstärker Der Effektivwertdetektor (RMS = Root Mean Square) Zwei beliebig verwendbare Operationsverstärker Blockschaltbild und Pinbelegung des Bausteins THAT4301 Der Audio-Signalpfad Der Audio-Signalpfad besteht aus einer Eingangs-Pufferstufe (mit U6003A) und dem steuerbaren Verstärker des THAT4301 (U6002A) sowie dessen Ausgangsstufe (U6002C). Die Eingangsstufe ist notwendig, da der steuerbare Verstärker des THAT4301 stromgesteuert arbeitet, er hat eine Eingangsimpedanz von praktisch 20kOhm, das Eingangssignal aber an einer Röhrenstufe mit einem Ausgangswiderstand in der Größenordnung 100kOhm abgegriffen wird. Es handelt sich hier um einen als Spannungsfolger geschalteten Operationsverstärker (U6003A), die Spannungsverstärkung der Stufe ist praktisch 1 und der Eingangswiderstand der Stufe ist im mehrstelligen MOhm-Bereich. D8103 und D8104 verhindern in Verbindung mit R6103 eine Zerstörung der Eingangsstufe durch externe Überspannungen, indem die Eingangsspannung der Stufe auf den Bereich der Versorgungsspannung plus der (hier vernachlässigbaren) Dioden-Flußspannung begrenzt wird. Seite 7-6 Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT Dynamic Compressor R6103 begrenzt den Strom durch die Dioden, bei einer angenommenen Überspannung von 300V (typische Röhrenstufen- Versorgungsspannung) auf 300V / 30,1kOhm = praktisch 10mA. Der Eingang des VCA (spannungsgesteuerter Verstärker) U6002A entspricht in seiner Wirkungsweise dem Summenpunkt einer invertierenden Operationsverstärkerschaltung. Der durch R6005 fließende Strom bestimmt daher, multipliziert mit der wirksamen Verstärkung, den aus dem Ausgang von U6002 in den Summenpunkt der mit U6002C aufgebauten Verstärkerschaltung fließenden Strom. Am Ausgang von U6002C steht damit eine dem hereinkommenden Audiosignal und dem wirksamen Verstärkungsfaktor proportionale Spannung, das gewünschte Ausgangssignal, zur Verfügung. Der nichtinvertierende Eingang von U6002C ist im Baustein THAT4301 intern an Masse gelegt. R6006 bestimmt die Proportionalität zwischen dem aus U6002A herausfließenden Strom und der Ausgangsspannung. Mit C6004 und C60041 wird die untere –3dB Grenzfrequenz der Verstärkerstufe auf 5,3 Hz festgelegt. Die in der Originalschaltung vorgesehenen Elektrolytkondensatoren wurden aus Gesichtspunkten einer besseren Signalqualität durch hochwertige Folienkondensatoren ersetzt. Durch diese Wechselstromkopplung wird die Verstärkung möglicherweise vorhandener Offsetspannungen oder Rumpelsignale vermieden, ohne jedoch die Basswiedergabe im hörbaren Bereich zu beeinträchtigen. Gleichspannungsoffsets würden, bedingt durch die dynamische Variation der Verstärkung, zu störenden, hörbaren sogenannten „Thump“-Signalen führen. Mit C6005 wird die obere –3dB Grenzfrequenz der Verstärkerstufe auf 170 kHz festgelegt. C107 ist notwendig, um die Stabilität der Ausgangsverstärkerstufe sicherzustellen, denn die Ausgangskapaziät des VCA beträgt typ. 45pF und muß durch C107 kompensiert werden. Die durch R6005 bestimmte Skalierung des Eingangssignals ist wie folgt: Der Momentanwert des Eingangsstroms in den Summenpunkt von U6002A muß unterhalb von 1mA bleiben, da ansonsten Verzerrungen auftreten. Mit dem vorgefundenen Wert von 20kOhm für R6005 ergäbe sich bei den maximal möglichen Momentanwerten der Signalspannung von +/-10V , bestimmt durch den Aussteuerbereich von U6003A bei der gegebenen Versorgungsspannung von +/-15V, ein Eingangsstrom von 10V / 20kOhm = 0,5 mA, was hinreichend gering, aber auch nicht zu klein ist. Bei einer wirksamen Verstärkung von 0dB innerhalb von U6002A ergibt sich dann, da R6006 den identischen Wert wie R6005 hat eine Spannungsverstärkung von 1 ( = 0dB) zwischen Ein- und Ausgang der Kompressorschaltung. Hervorzuheben ist, daß der Audio-Signalpfad „sehr kurz“ ist, der größte Teil der Schaltung, darunter auch alle Bedienelemente, wirken auf die, gegenüber externen Störungen unempfindliche, Steuerspannung für den VCA, womit sich der konstruktive Aufbau des Gerätes erheblich vereinfacht, da keinerlei Schirmung der Bedienelemente oder der Zuleitungen zu ihnen nötig sind. Die Verstärkung des VCA U6002A wird durch die zwischen den Steuereingängen EC+ und ECanliegende Spannung gesteuert. Hierbei besteht eine logarithmische Abhängigkeit von –6,5mv/dB, das bedeutet, die Steuerspannung ist „dB-linear“, also proportional zur vom Menschen empfundenen Lautstärke. Damit wird die Auslegung der die Dynamik der Steuerspannung beeinflussenden Schaltungsteile erheblich vereinfacht. Der Steuereingang EC+ ist an Masse gelegt. Eine positivere Spannung an EC- bewirkt dann eine Reduktion der Verstärkung des VCA. Die Spannung am SYM-Pin kann, mittels P6007 und des Spannungsteilers aus R6008 und R6009 im Bereich zwischen + 2,5mV und –2,5mV eingestellt werden. Damit besteht die Möglichkeit, Unsymmetrien in der VCA-Stufe auszugleichen, die zu einer ein wenig unterschiedlichen Verstärkung der beiden Halbwellen des Audio-Signals führen. Man stellt P2007 auf den geringsten Klirrfaktor im Ausgangssignal ein, die Amplitude des Eingangssignals wird dabei in Abhängigkeit von den verschiedenen Einstellungen so gewählt, daß sich eine Verstärkung des VCA von 0dB ergibt. Seite 7-7 Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT Dynamic Compressor Der Steuerspannungs-Signalpfad im Überblick Mit dem Effektivwertwandler (U6002B) wird eine, dem Logarithmus des Effektivwerts des hereinkommenden Audiosignals proportionale Spannung generiert. Diese Spannung ist damit dem vom Menschen empfundenen Lautstärkeeindruck proportional. Das dynamische Verhalten des Effektivwertwandlers wird mittels eines nichtlinearen Kondensators (Schaltungsteil um U6003B) bestimmt. Für die erste Betrachtung kann man sich anstelle dieses Schaltungsteils einen „tatsächlichen“ Kondensator denken, der vom Anschluß „CT“ nach Masse führt. In einfacheren Schaltungsvarianten mit dem THAT4301 ist dies tatsächlich so realisiert. Der nichtlineare Kondensator vermindert die Signalverzerrung bei sich langsam ändernden Signalen, bewirkt aber andererseits eine rasche Reaktion des Kompressors auf sich schnell ändernde Signalpegel. Die darauffolgende Stufe, aufgebaut um U6002D, bestimmt den Einsatzpunkt der Dynamikkompression und die Charakteristik des Einsetzens. Es ist sowohl ein „harter“ als auch ein „weicher“ Einsatz der Kompression möglich. Weiterhin kann mit dem, dieser Stufe folgendem einstellbaren Spannungsteiler das Kompressionsverhältnis eingestellt werden. Es folgt die, um U6001A, aufgebaute Stufe zur getrennten Einstellung der Attack- und Releasezeiten. Diese Stufe kann mittels des Relais K6102 umgangen werden. Der Signalpfad wird mit der um U6002E herum aufgebauten Summierstufe abgeschlossen, mittels derer der die Gesamtverstärkung der Kompressorschaltung eingestellt werden kann. Der Effektivwert (RMS-) Wandler Die mathematische Definition des Effektivwertes ist wie folgt: s eff = 1 τ τ∫ 0 s 2 (t )dt Das quadrierte Signal wird über die Zeit integriert. Die Wurzel des Integrals ist der Effektivwert. Das entspricht der thermischen Wirkung an einer ohmschen Last. Die Leistung an einer Ohmschen Last ist dem Quadrat der Spannung proportional. Der Effektivwert eines Spannungs-Zeit-Verlaufs ist diejenige Spannung, die als Gleichspannung über die Integrationszeit an der ohmschen Last angelegt, die gleiche Wärmemenge verursachen würde. Einige hochwertige Effektivwertwandler arbeiten tatsächlich nach diesem thermischen Verfahren. Der Logarithmus des Effektivwert eines Audiosignals ist, unter Vernachlässigung verschiedener anderer Einflüsse, dem vom Menschen empfundenen Lautstärkeeindruck proportional. U6002B ist der im Baustein THAT4301P enthaltene Effektivwertwandler. Für die erste Betrachtung wird ein „tatsächlicher“ Kondensator zwischen dem Anschluß „CT“ von U6002B und Masse angenommen. Der Eingang des Effektivwertwandlers stellt, wie auch der Eingang des VCA, den Summenpunkt einer invertierenden Verstärkerschaltung dar. Mit R6011 wird die Skalierung zwischen der Ausgangsspannung des Effektivwertwandlers und der Amplitude des Audio-Eingangssignals bestimmt. Hierbei besteht eine Abhängigkeit vom „Timing Current, dem aus dem Anschluß „IT“ hinausfließenden Strom. Der IT-Anschluß liegt, laut Datenblatt, praktisch auf den Massepotential. Damit fließt in der vorliegenden Schaltung ein Strom von 15V/R6012 = 15V/2Mohm = 7,5uA. Dies entspricht exakt dem im Datenblatt nahegelegen Wert. Seite 7-8 Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT Dynamic Compressor Daraus folgt dann, wieder gemäß Datenblatt, daß ein Eingangsstrom von typ. 8,5uA zu einer Ausgangsspannung von 0V (:= 0dB) führt. Die Ausgangsspannung, bezogen auf das Verhältnis Eingangsstrom/8,5uA ist dann, gemäß Datenblatt, typisch 6,5mV/dB. Mit dem gegebenen Widerstand R6011 = 28,7kOhm ergibt sich ein 0dB-Spannungspegel von 28,7kOhm * 7,5uA = 0,22Veff. Bei der maximal möglichen Eingangsspannung von 10Vp (= 0,22Vp + 22dB) fließt dann ein Strom von 10V / 28,7kOhm = 340uA, womit man weit unter dem Maximalwert laut Datenblatt von 750uA liegt. Bei einer Eingangsspannung von 10Vp (entspricht 0,707V eff) erhält man eine typische Ausgangsspannung von 33dB * 6,5mV = 2,15V. Mit C6006 und C60061 wird eine Wechselspannungskopplung hergestellt, die eine falsche Effektivwertangabe, bedingt durch möglicherweise vorhandene Gleichspannungsoffsets, ausschließt. Die Grenzfrequenz ist 3,7 Hz. Wie schon aus der Eingangs dargestellten Formel ersichtlich ist, ist für den Momentanwert der zur Steuerung des VCA verwendeten Ausgangsspannung des Effektivwertes der Zeitbezug, in der Formel durch die Variable „tau“ repräsentiert, von entscheidender Bedeutung. Für die praktische Anwendung der Kompressionsschaltung ist nur die unmittelbare Vergangenheit von Bedeutung. Dies wird durch eine gleitende Mittelwertbildung realisiert. Der Filterkondensator (Man denke sich nach wie vor einen „tatsächlichen“ Kondensator zwischen dem Anschluß „CT“ und Masse) bewirkt diese Mittelwertbildung als Teil einer mit Hilfe bausteininterner Stromquellen aufgebauten Filterschaltung erster Ordnung. Bei einem gegebenen Wert des Filterkondensators ist die Grenzfrequenz dieser Filterschaltung dem aus dem Anschluß „IT“ herausfließenden Strom proportional. Laut Datenblatt existiert der folgende Zusammenhang: Zeitkonstante (in s) = 0,026 * CT / It. Der nichtlineare Kondensator Ein „tatsächlicher“ Kondensator am „CT“-Anschluß des Effektivwertwandlers stellt stets einen Kompromiß zwischen sich widersprechenden Anforderungen dar: - Wenn dieser Kondensator eine zu große Kapazität hat, dann reagiert der Kompressor zu langsam auf sich schnell ändernde Schallpegel. Wenn dieser Kondensator eine zu kleine Kapazität hat, dann führt die verbleibende Welligkeit der VCA-Steuerspannung zu einer Modulation des herausgehenden Audio-Signals, dessen Klirranteile im unteren Frequenzbereich nehmen zu. Man umgeht diese Situation dadurch, daß man einen nichtlinearen Kondensator vorsieht, dessen wirksame Kapazität bei langsamen Änderungen des Effektivwertes groß ist und bei schellen Änderungen des Effektivwertes klein ist. Hierzu wird eine Operationsverstärker-basierte invertierende Verstärkerstufe, aufgebaut um U6003B herum, vorgesehen, bei der Miller-Effekt ausgenutzt wird. Der Miller-Effekt führt dazu, daß eine (als tatsächlicher Kondensator) vorhandene Kapazität mit dem Verstärkungsfaktor der verwendeten Verstärkerstufe multipliziert wirksam wird. Zunächst wird der Miller-Effekt als solcher erklärt: Seite 7-9 Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT Dynamic Compressor R1 R1 A U R1 A U C1 A V = -1 V = -10 U C1 C1 Zur Erklärung des Miller-Effekts Die Spannung U sei die Signal-Wechselspannung. In der linksstehenden Skizze ist sofort zu erkennen, daß in Bezug auf den Knoten A C1 mit seiner tatsächlich vorhandenen Kapazität wirkt. Es ist ein Tiefpass mit der Grenzfrequenz 1 / 2 pi RC wirksam. Wenn man nun die mittlere Skizze betrachtet, dann liegt am „unteren Ende“ von C1 nicht mehr das Massepotential, sondern die gegenüber Knoten A negierte Spannung an. Damit liegt, gegenüber der linken Skizze, die doppelte Spannung über C1 an, es fließt somit auch der doppelte Blindstrom. Vom Knoten A aus gesehen ist dies aber nicht davon zu unterscheiden, als wie wenn der nun verdoppelte Blindstrom dadurch fließen würde, daß man die Kapazität von C1 verdoppelt hätte und dessen „unteres Ende“ nach wie vor mit Masse verbunden wäre. Der tatsächlich wirksame Wert von C1 hat sich also verdoppelt. Damit hat sich die Grenzfrequenz des Tiefpasses aus R1 und C1 halbiert. Wenn man nun, wie in der rechtsstehenden Skizze, die Verstärkung weiter erhöht, hier auf den Faktor – 10, dann fließt der (1 + 10) = 11-fache Strom durch C1. Das entspricht einer 11-fachen Kapazität von C1. Allgemein kann man daher ausdrücken: C wirksam = C ( 1 - Verstärkungsfaktor) (Anmerkung: Der Verstärkungsfaktor muß vorzeichenrichtig eingesetzt werden, tatsächlich würde ein Verstärkungsfaktor von +1 dazu führen, daß C1 wirkungslos wäre.) Um einen „Kondensator“ mit den gewünschten Eigenschaften zu realisieren, ist es also notwendig, den Verstärkungsfaktor des in der Skizze angedeuteten Verstärkers bei schnellen Änderungen des Effektivwertes zu reduzieren. Wir betrachten zunächst stark vereinfachte Formen der Schaltung. Für das Ausgangssignal am „CT“Anschluß des Effektivwertwandlers nehmen wir vereinfachend an, das hier eine ideale Stromquelle wirksam sei. Seite 7-10 Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT Dynamic Compressor C6020 2n2 -15V 4 C6007 47nF 7 8 + 5 - 6 U6003B NE5532 +15V Stufe 1 der Erklärung der nichtlinearen Kondensatorschaltung Es ist sofort erkennbar, daß es sich hier um einen invertierenden Verstärker (für Wechselspannungen) handelt. Das Verstärkungsverhältnis entspricht dem Verhältnis der Scheinwiderstände von C6020 zu C6021. V = -Z (C6020) / Z (C6007) Damit V = -C6007 / C6020 V = -47nF / 2,2nF = -21,4 Es sei bemerkt, daß die Ausgangsspannung der Schaltung proportional der Stromänderung der speisenden Stromquelle pro Zeiteinheit ist. U aus = - konst * di/dt. Nun kann der die Miller-Kapazität bewirkenden Kondensator hinzugeschaltet werden: C6019 470n C6020 2n2 -15V 4 C6007 47nF 7 8 + 5 - 6 U6003B NE5532 +15V Stufe 2 der Erklärung der nichtlinearen Kondensatorschaltung Seite 7-11 Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT Dynamic Compressor Gemäß obiger Betrachtung ergibt sich eine, in Bezug auf die Stromquelle wirksame Kapazität von: C = C6007 + ( 1 - V) * C6019 C = 47nF + ( 1 +21,4) * 470nF C = 47nF + 10‘528 nF C = (praktisch) 10uF Dies entspricht dem Wert, der im Datenblatt für die Test- und für die Anwendungsschaltung vorgeschlagen wird. Es wurde bereits bemerkt, das die Spannung am Ausgang des Verstärkers proportional der Stromänderung der speisenden Stromquelle pro Zeiteinheit ist. U aus = - konst * di/dt. di/dt repräsentiert die Änderungsrate des Effektivwerts des hereinkommenden Audiosignals. Wenn man nun einen Weg findet, die Verstärkung der beschriebenen Verstärkerstufe ab einer bestimmten Ausgangsspannung zu reduzieren, dann erhält man das gewünschte Verhalten, nämlich eine Verringerung der wirksamen Kapazität bei schneller zeitlicher Änderung des Effektivwertes. Dies kann durch die Begrenzung der Ausgangsspannung der Verstärkerstufen mittels antiparalleler Dioden geschehen: C6019 470n D6002 1 ??? D6003 2 ??? 2 1 C6020 2n2 -15V 4 C6007 47nF 7 8 + 5 - 6 U6003B NE5532 +15V Stufe 3 der Erklärung der nichtlinearen Kondensatorschaltung Wenn die Ausgangsspannung der Verstärkerstufe über die Durchbruchsspannung der Dioden hinaus anzusteigen versucht, dann wird dem durch den dann durch die Dioden fließenden Strom entgegengewirkt. Das Potential am Ausgang des Verstärkers ist dann näherungsweise konstant. Seite 7-12 Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT Dynamic Compressor Damit ist aber C6019 nur noch mit seiner tatsächlich vorhandenen Kapazität von 0,47uF wirksam, die insgesamt wirksame Kapazität hat sich von praktisch 10uF auf praktisch 0,5uF reduziert, die Reaktionszeit des Effektivwertwandlers ist um den Faktor 20 gesunken. Aufgrund der Krümmung der Kennlinien der Dioden im Übergang zwischen Durchlass- und Sperrbereich vollzieht sich diese scheinbare Kapazitätsänderung jedoch nicht abrupt sondern kontinuierlich, der wirksame Innenwiderstand der Dioden nimmt mit größer werdendem Strom durch sie ab. Es wurden grüne Leuchtdioden verwendet, da diese eine höhere Durchlaßspannung (Größenordnung 2,2V) als übliche Siliziumdioden (Größenordnung 0,7V) haben. In der Praxis würde diese Schaltung jedoch nicht arbeiten, da der unvermeidliche Biasstrom des Operationsverstärkers C6007 und C6020 über die Zeit aufladen würden, womit die Schaltung „blockiert“ würde. Daher wird R6033 eingefügt, der einen Strompfad für diesen Biasstrom bereitstellt und damit die Gleichspannungsverstärkung der Schaltung auf 1 reduziert. C6019 470n D6002 1 ??? D6003 2 ??? 2 1 R6033 2M C6020 2n2 -15V 4 C6007 47nF 7 8 + 5 - 6 U6003B NE5532 +15V Stufe 4 der Erklärung der nichtlinearen Kondensatorschaltung Die untere Grenzfrequenz der Schaltung ist nun 1 / 2pi C6007 * R6033 = 1,7 Hz Die obere Grenzfrequenz der Schaltung ist nun 1 / 2pi C6020 * R6033 = 36 Hz Die kapazitive Kopplung über C6019 und C6007 vom Ausgang der Stufe zu ihrem Eingang kann, in Verbindung mit der speisenden Schaltung zu einer Mitkopplung bei höheren Frequenzen und damit zu Stabilitätsproblemen der Stufe führen. Seite 7-13 Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT Dynamic Compressor Daher wird noch R6039 vorgesehen. Bei höheren Frequenzen begrenzt er den Stromfluß vom Ausgang des Verstärkers in C6019, die Knickfrequenz von C6019 und R6039 ist 2,3 kHz. C6019 470n R6039 D6002 1 ??? D6003 2 ??? 150R 2 1 R6033 2M C6020 2n2 -15V 4 C6007 47nF 7 8 + 5 - 6 U6003B NE5532 +15V Stufe 4 der Erklärung der nichtlinearen Kondensatorschaltung, die vollständige Schaltung. Die Steuerung des Kompressionseinsatzes Die Steuerung des Kompressionseinsatzes geschieht mit der um U6002D herum aufgebauten Stufe. Es wird zunächst die, einfachere Einstellung „Hard Knee Treshold Response“ betrachtet, sie ist wirksam, wenn sich das Relais K6101 in der im Schaltplan dargestellten Stellung befindet. Man erkennt, daß dann R6032 stromlos ist und daß sich D6005 innerhalb der Gegenkopplungsschleife der Verstärkerstufe befindet. Die Verstärkerstufe kann damit vereinfacht wie folgt dargestellt werden: Seite 7-14 Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT Dynamic Compressor R6014 30K1 C6017 22pF D6004 1N4148 2 U6002D THAT4301 R6013 5K1 19 D6005 1N4148 OA1 OUT + 20 +15V TRESHOLD 1 18 2 1 R6022 590K An J6006 50K lin -15V Die vereinfacht, aber vollständig dargestellte Verstärkerstufe in der Stellung „Hard Die Schaltung wird jedoch zunächst noch reduziert, um ihre Analyse zu vereinfachen: R6014 30K1 D6004 1N4148 2 1 U6002D THAT4301 R6013 5K1 19 20 OA1 OUT + D6005 1N4148 18 2 1 Die reduziert dargestellte Verstärkerstufe in der Stellung „Hard“, “, Stufe 1 Es wird zunächst vom Vorhandensein einer positiven Eingangsspannung ausgegangen. In diesem Fall arbeitet die Schaltung als invertierender Verstärker. Es stellt sich am Ausgang von U6002D eine negative Spannung ein. D6004 sperrt und D6005 ist leitend. Die Verstärkung wird alleine durch das Verhältnis R6014 zu R6013 = 30,1kOhm / 5,1 kOhm = - 5,9 bestimmt, die Flußspannung von D6005 hat keinen Einfluß auf die Ausgangsspannung der Stufe, da sie sich innerhalb der Gegenkopplungsschleife befindet. Es ist hier zu beachten, daß der Ausgang des Operationsverstärkers nicht mit dem Ausgang der Stufe identisch ist. An dieser Stelle sei bereits angemerkt, daß die abschließende Verstärkerstufe (mit U6002E) eine Verstärkung von – 1/5,9 hat, womit sich, bei maximal eingestellter Compression Ratio, eine Gesamterstärkung von +1 vom Ausgang des Effektivwertwandlers zum Steuereingang des VCA ergibt. Seite 7-15 Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT Dynamic Compressor Bei negativer Eingangsspannung ergibt sich dagegen eine positive Spannung am Ausgang des Operationsverstärkers, die dazu führt, daß D6004 leitend wird, womit die Spannung am Ausgang des Operationsverstärkers auf die Flußspannung der Diode von ca. 0,7V begrenzt wird. Diese positive Ausgangsspannung des Operationsverstärker führt zum Sperren von D6005, der Ausgang der Schaltung ist über R6014 mit dem aus Massepotential liegenden Summenpunkt der Schaltung verbunden, die Ausgangsspannung der Schaltung ist also Null Volt. Es handelt sich um eine invertierende Gleichrichterschaltung mit einer Verstärkung von –5,9. Die Gleichrichterwirkung der Schaltung wird benötigt, um einen Schwellwert für den Einsatz der Kompression zu bilden. Hierzu wird nun die folgende, ergänzte Schaltung betrachtet: R6014 30K1 D6004 1N4148 2 1 U6002D THAT4301 R6013 5K1 19 20 OA1 OUT + D6005 1N4148 18 2 1 +15V TRESHOLD R6022 590K An J6006 50K lin -15V Die reduziert dargestellte Verstärkerstufe in der Stellung „Hard“, “, Stufe 2 Über das TRESHOLD-Potentiometer und R6022 wird nun ein in Betrag und Richtung variabler Strom in den Summenpunkt eingespeist. Wenn die Summe des durch R6013 und R6022 fließenden Stroms positiv ist, dann ergibt sich eine negative Ausgangsspannung der Stufe, die dann zu einer Verminderung der Verstärkung des VCA führt. Wenn die Summe der Ströme durch R6013 und R6022 dagegen negativ ist, dann ergibt sich eine Ausgangsspannung der Stufe von Null Volt, der VCA arbeitet mit der maximal möglichen Verstärkung (entsprechend der Einstellung des GAINPotentiometers) Mit der Stellung des TRESHOLD –Potentiometers wird auf diese Weise der Einsatzpunkt der Kompression festgelegt. Die Ausgangsspannung des Effektivwertwandlers ist mit 6,5mV/dB skaliert, das bedeutet eine Stromskalierung von 6,5mV / R6013 = 6,5mV / 5,1kOhm = 1,27uA / dB im Summenpunkt. Der Einstellbereich des Stroms durch R6022 ist 15V / 590kOhm = +/- 25uA, enstprechend +/- 20 dB Um die Stabilität der Schaltung sicherzustellen wird zu D6004 noch C6017 parallelgeschaltet, womit ein direkter Gegenkopplungspfad für hohe Frequenzen bereitsteht. Seite 7-16 Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT Dynamic Compressor Nun wird die Einstellung „Soft Knee“ untersucht. Es ergibt sich die folgende, vereinfachte Darstellung der Schaltung, wenn man sich das Relais K6101B in der nicht im Schaltplan gezeichneten Stellung denkt. +15V R6036 220K R6014 30K1 1 R6032 30K1 D6001 1N4148 2 C6017 22pF D6004 1N4148 2 1 U6002D THAT4301 R6013 5K1 19 20 OA1 OUT + D6005 1N4148 18 2 1 +15V TRESHOLD R6022 590K An J6006 50K lin -15V Die vereinfacht, aber vollständig dargestellte Verstärkerstufe in der Stellung „Hard Die Schaltung wird zunächst noch reduziert, um ihre Analyse zu vereinfachen. R6014 30K1 D6004 1N4148 2 1 U6002D THAT4301 R6013 5K1 19 20 OA1 OUT + D6005 1N4148 18 2 1 Die reduziert dargestellte Verstärkerstufe in der Stellung „Soft“, “, Stufe 1 Man erkennt, daß die Diode D6005 jetzt nicht mehr im Gegenkopplungskreis befindet. Die Ausgangsspannung der Stufe ist somit um die Flußspannung der Diode reduziert. (Unter der hier zutreffenden Annahme einer Widerstandslast nach Masse) Seite 7-17 Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT Dynamic Compressor Da die Flußspannung der Diode mit dem durch sie fließenden Strom, gerade im Übergang zwischen Sperr- und Durchlaßbereich, ansteigt ergibt sich somit, bei positiver werdender Eingangsspannung, ein „sanfter“, „gerundeter“ Anstieg der Ausgangsspannung und damit ein „weicher“ Einsatz der Kompression. Wenn man nun jedoch im Betrieb zwischen „Hard“ und „Soft“ umschalten würde, dann hätte man einen erheblichen Lautstärkeunterschied, da die gesamte Kennlinie im Modus „Soft“ um die Flußspannung der Diode von typisch 0,7V „nach unten geschoben“ würde. Um diese Verschiebung zu kompensieren, werden D6001 und R6036 hinzugefügt: +15V R6036 220K R6014 30K1 1 R6032 30K1 D6001 1N4148 D6004 1N4148 2 2 1 U6002D THAT4301 R6013 5K1 19 20 OA1 OUT + D6005 1N4148 18 2 1 Die reduziert dargestellte Verstärkerstufe in der Stellung „Soft“, “, Stufe 2 Über D6001 fließt ein Strom von ungefähr 15V / 220kOhm = 68uA. Die über D6001 anstehende Flußspannung steht negiert (unter der Annahme, daß kein Strom durch R6013 fließt) am Ausgang von U6002D in gleicher Höhe mit entgegengesetzem Vorzeichen an, da R6032 = R6014. Unter der Annahme, daß sich der Ausgang des Effektivwertwandlers in der Mitte des Aussteuerbereichs befindet und damit auf einem Potential von +1V ist, dann ergäbe sich, ohne Betrachtung des Stromflusses durch R6032, eine Ausgangspannung von U6002D von 1V * - 5,9 = 5,9V. Die am Ausgang wirksame Last ist, bei maximaler Einstellung von COMPRESSION RATIO, 10kOhm (Potentiometer) parallel 15 kOhm (R6031) parallel 30,1kOhm (R6028 bzw. R6016) = 5kOhm. Durch die Diode fließt dann ein Strom von 1,2 mA. Überraschenderweise ist hier ein großer Unterscheid zwischen den Strömen durch D6001 und D6005 zu finden. Mit hinzufügen der, bereits besprochenen, Elemente C6017, R6022 und des TRESHOLD-Portentiomers ergibt sich dann die vollständige Schaltung. Die folgende Grafik zeigt die beiden in den verschiedenen Modi entstehenden Kennlinien im Vergleich: Seite 7-18 Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT Dynamic Compressor Die Kennlinien in den verschiedenen Modi, X-Achse: Amplitude des Eingangssignals, Y-Achse Amplitude des Ausgangssignals Die Einstellung des Kompressionsgrades Der Kompressionsgrad (Compression Ratio) wird mit dem an J6007 angeschlossenen Potentiometer eingestellt. Die Kennlinie des Potentiometers wird durch R6025, R6031 und, je nach Stellung des Relais K6102 durch R6028 bzw. R6016, die identische Werte besitzen, beeinflusst. Mit diesem Netzwerk ergibt sich, laut Schaltungsbeschreibung von THAT, in der Mittelstellung des Potentiometers ein Kompressionsgrad von 4:1. In diesem Fall ergibt sich ein Spannungsteilerverhältnis von 0,75. Die folgende Grafik veranschaulicht die Wirkungen verschiedener Kompressionsgrade: Die Kennlinien bei verschiedenen Kompressionsgraden, X-Achse: Amplitude des Eingangssignals, YAchse Amplitude des Ausgangssignals Seite 7-19 Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT Dynamic Compressor Die Verstärkungseinstellung (Summierstufe) Diese, um U6002E herum aufgebaute, Stufe ist ein invertierender Verstärker mit einer Verstärkung von -1/5,9, also der reziproken Verstärkung der vorgeschalteten Stufe (bei direkter Verbindung der Stufen, in der nicht gezeichneten Stellung von K6192), womit sich, wie bereits erwähnt, eine Gesamtverstärkung von 1 ergibt, wenn man verschiedenen andere Einflüsse außer Betracht lässt. Auch wenn man die Schaltung mit K6102 in der gezeichneten Stellung betrachtet ergibt sich wiederum eine Gesamtverstärkung von +1, denn die mit R6029 und R6030 erzielte Spannungsverstärkung von 2 wird durch die Serienschaltung von R6027 zu R6016 kompensiert, da sich damit sie Verstärkung der hier betrachteten Stufe halbiert. Mit C6008 ergibt sich eine obere Grenzfrequenz der Stufe von 53 Hz. Mit dem an J6008 angeschlossenem GAIN-Potentiometer kann die grundsätzliche Verstärkung des Audio-Signalpfades durch die Addition oder Subtraktion eines konstanten Spannungsbetrags zur Steuerspannung für den VCA eingestellt werden. Hierbei wird über R6018 ein zusätzlicher Strom in den Summenpunkt eingespeist. Der Einstellbereich des Stromes durch R6018 beträgt +/- 15V / 590kOhm = +/-25uA, was an R6017 und damit am Ausgang der Stufe zu einem Spannungshub von +/-15uA * 5,1kOhm = +/- 77mV führt, was einer Verstärkungsvariation von +/- 77mV / 6,5mV pro dB = +/- 11,8dB = 24 dB entspricht. Die getrennte Einstellmöglichkeit für die Attack- und die Releasezeit Die Attackzeit ist die Zeit, die der Kompressor benötigt, um nach einem Anstieg der Amplitude des Audio-Signals die Verstärkung des Audio-Signalpfades zu verringern. Die Release-Zeit ist die Zeit, die der Kompressor benötigt, um nach einem Abfall der Amplitude des Audio-Signals die Verstärkung des Audio-Signalpfades wieder zu erhöhen. In der „einfachen Schaltungsvariante“, bei der K6102 in der nicht gezeichneten Stellung steht, werden die Attack- und Releasezeiten durch das dynamische Verhalten des Effektivwertwandlers bestimmt, sie sind somit identisch und unveränderbar festgelegt. Verdeutlichung der Begriffe „Attack“ und „Release“ X-Achse: Zeit, Y-Achse Amplitude des AudioSignals In der Praxis ist jedoch eine getrennte Einstellbarkeit dieser Parameter von großem Nutzen, so daß hierfür ein zusätzlicher Schaltungsteil realisiert wurde, der in der gezeichneten Stellung von K6102 wirksam ist. Seite 7-20 Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT Dynamic Compressor Die Schaltung kann mit dem folgenden Blockschaltbild vereinfacht dargestellt und erklärt werden: +15V RELEASE CS1 U6001A Comparator SW1 A 3 2 + A>B 1 - B>A B C6018 ATTACK CS2 -15V Vereinfachtes Blockschaltbild Bei der Betrachtung der Schaltung ist zunächst zu bedenken, daß sie zwischen zwei invertierenden Verstärkerstufen eingeschleift ist. Die Schaltung selbst ist nicht invertierend. Das bedeutet, daß ein höherer Effektivwert des hereinkommenden Audiosignals an den Ein- und Ausgängen der Schaltung zu einer negativeren Spannung führt. Die Schaltung arbeitet wie folgt: Wenn das an Knoten A anliegende Eingangssignal positiver ( = weniger negativ) als die Spannung über C6018 ist, dann wird mittels des Comparators U6001A und des Schalters SW1 die Konstantstromquelle CS1 mit C6018 verbunden, C6018 wird durch den aus CS1 herausfließenden Strom aufgeladen, die Spannung am „oberen Ende“ von C6018 wird positiver. Dies dauert so lange an, bis die Spannung am Knoten B, entsprechend dem „oberen Ende“ von C6018 positiver als die Eingangsspannung am Knoten A ist. Die Geschwindigkeit, mit der sich der Kondensator auflädt wird durch den, mit dem RELEASEPotentiometer, einstellbaren Strom von CS1 bestimmt. Ein geringerer Strom von CS1 bedeutet einen langsameren Spannungsanstieg über C6018 und damit in der Folge eine langsamere Rücknahme der Verstärkung des VCA, mithin eine längeres Ausklingen eines Gitarrentons. Wenn im umgekehrten Fall das Eingangssignal an Knoten A negativer als die Spannung am „oberen Ende“ von C6018 ist, dann wird C6018 mit der Stromquelle CS2 verbunden, die einen entgegengesetzt zu CS1 gerichteten Strom in den Kondensator einspeist, die Spannung am „oberen Ende“ von C6018 wird negativer. Ein größerer Strom von CS2 bewirkt ein schnelleres Absinken der Spannung, das führt zu einer schnelleren Rücknahme der Verstärkung des VCA. Der Strom von CS2 wird mit dem ATTACK-Potentiometer eingestellt. Im stationären Zustand der Schaltung, also bei zeitlich konstantem Eingangssignal stellt sich ein ständiges Hin- und Herpendeln zwischen Laden und Entladen des Kondensators ein. Die dadurch entstehende Welligkeit des Ausgangssignals wird in der folgenden Stufe, mit C6008, geglättet. Nun soll, Schritt für Schritt, die schaltungstechnische Umsetzung dieses Prinzips erklärt werden: In der Praxis muß die Spannung über C6018 hochohmig abgegriffen werden, hierzu findet ein mit einem JFET aufgebauter Spannungsfolger Einsatz. Die Gate-Source-Schwellspannung des JFET ist innerhalb der Gegenkopplungsschleife wirksam, und hat daher keinen Einfluß auf das Ausgangssignal. Weiterhin wird, aus praktischen Gründen, der „untere Anschluß“ von C6018 nicht an Masse, sondern an –15V gelegt. Es ergibt sich dann folgende Schaltung: Seite 7-21 Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT Dynamic Compressor +15V RELEASE CS1 +15V U6001A Comparator SW1 A 3 2 D A>B + Q6002 2SK170 1 - B>A B C6018 R6034 5K1 4,7uF ATTACK CS2 -15V -15V -15V Vereinfachtes Schaltbild, Stufe 1 Aus praktischen Gründen ist es sinnvoll, die Signalamplitude über C6018 groß zu wählen, da dann Fehlereinflüsse wie Offsetspannungen geringer wirken. Daher wird, mit R6029 und R6030, eine Spannungsverstärkung von 2 eingestellt, die dann mit R6017, im Zusammenwirken mit R6016 in der Folgestufe, wieder kompensiert wird, so daß die Schaltung als ganzes nach wie vor eine Verstärkung von 1 hat. +15V RELEASE CS1 +15V U6001A Comparator SW1 A 3 2 + D A>B 1 - Q6002 2SK170 R6027 30K1 B>A B C6018 4,7uF ATTACK R6034 5K1 CS2 -15V -15V -15V R6030 10K R6029 10K Vereinfachtes Schaltbild, Stufe 2 In der Praxis besteht die Notwendigkeit, zu R6029 einen Kondensator mit einer Kapazität von 330pF paralellzuschalten, da ansonsten eine Überkopplung von Schaltspitzen auf den invertierenden Eingang von U6001A stattfindet. Das führt dann zu einem unreproduzierbaren Verhalten der Stufe. Der Kondensator ist in der Originalschaltung von THAT nicht vorhanden. Es wurde geprüft, ob es hier eine Abhängigkeit vom Herstellungsdatum und vom Hersteller des Comparators LM393 gibt, es zeigten sich hier jedoch keine Unterschiede. Seite 7-22 Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT Dynamic Compressor Weiterhin besteht die Notwendigkeit, den Eingangswiderstand der Stufe, der in der bisher gezeichneten Form sehr hochohmig ist, dem Eingangswiderstand der Folgestufe anzugleichen, da der Eingangswiderstand der Folgestufe Bestandteil des vorgeschaltete Spannungsteilers zur COMPRESSION-RATIO –Einstellung ist und man, mit K6102, die betrachtete Stufe überbrücken kann. Dann will man aber keine ungewollte Änderung der COMPRESSION RATIO bekommen. Daher wird R6028 vorgesehen. +15V RELEASE CS1 +15V U6001A Comparator SW1 A 3 2 R6028 + D A>B 1 - Q6002 2SK170 R6027 30K1 B>A B C6018 30K1 4,7uF ATTACK R6034 5K1 CS2 -15V -15V -15V R6030 10K C?? 330pF R6029 10K Vereinfachtes Schaltbild, Stufe 3 Die Umschaltung zwischen den Stromquellen CS1 und CS2 wird durch eine Diodenbrücke, bestehend aus D6006 bis D6008 bewirkt. Da der Comparator LM393 nur einen einzigen, nach –15V durchschaltenden, Ausgangstransistor enthält, wird R6035 vorgesehen. Wenn das Potential des + Eingangs positiver als das des - - Eingangs ist, dann sperrt der Ausgangstransistor des LM393, über R6035 stellt sich dann ein Potential von +15V am Ausgang des Bausteins ein. Im Fall einer Spannung von +15V am Comparatorausgang ergeben sich die folgenden Verhältnisse: D6007 ist gesperrt. D6009 ist leitend und übernimmt den Strom aus CS2, leitet ihn nach +15V ab, womit sich ein Potential von praktisch +15V an der Kathode von D6008 einstellt. Damit sperrt D6008. Über D6006 fließt der aus CS1 kommende Strom in C6018 und lädt diesen auf. Im Fall einer Spannung von –15V am Comparatorausgang ist D6007 leiten, übernimmt den Strom aus CS1 und leitet ihn nach –15V ab. Damit sperrt D6006. D6009 sperrt ebenfalls. Über D6006 fließt der von CS2 aufgenommene Strom aus C6018 und entlädt diesen. Seite 7-23 Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT Dynamic Compressor +15V RELEASE CS1 1 1N4148 1N4148 - 2 D 1 B D6009 4 R6028 +15V D6006 R6027 30K1 D6008 1N4148 30K1 C6018 1N4148 4,7uF 2 -15V Q6002 2SK170 1 2 + D6007 R6034 5K1 2 3 R6035 5K1 1 A U6001A LM393 2 8 +15V 1 +15V -15V -15V R6030 10K ATTACK CS2 -15V C?? 330pF R6029 10K Vereinfachtes Schaltbild, Stufe 4 Es sollen nun noch, im Gesamtzusammenhang, die Dimensionierung einiger Bauelemente betrachtet werden. Mit R6034 wird ein Querstrom von näherungsweise 15V / 5kOhm = 3 mA durch Q6002 vorgegeben. Dieser Wert entspricht der Empfehlung auf Seite 1 des Datenblatts TOSHIBA 2SK170. Der Wert für R6030 und R6029 ist mit 10kOhm so gewählt, daß sie in Serie geschaltet mit 20kOhm deutlich größer als R6034 sind, aber in Bezug auf den Leckstrom des Comparatoreingangs noch hinreichend klein sind. R6035 ist so gewählt, daß sich im Low-Zustand des Comaparatorausgangs ein noch in Bezug auf die Restspannung des Ausgangstransistors des LM393 hinreichend kleiner Strom von ungefähr 30V / 5,1 kOhm = 6 mA fließt. Nun wird die Funktion der Stromquellen, ausgehend von der Stromquelle für die ATTACK-Zeit, im Blockschaltbild als CS2 bezeichnet, erläutert: Es wird mit einer stark vereinfachten Darstellung der grundsätzlichen Schaltung begonnen: Seite 7-24 Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT Dynamic Compressor +30V +U R6038 1M8 R Last Q6001 2N3904 Q6003 2N3904 Stark vereinfachte Darstellung der Stromquelle, Stufe 1 In der ersten Betrachtung werden die Basisströme von Q6001 und Q6003 vernachlässigt. Weiterhin wird davon ausgegangen, daß Q6001 und Q6003 absolut identisch sind, wie es in der Praxis nur möglich wäre, wenn sie beide auf einem einzigen Chip integriert wären. Durch R6038 und Q6001 fließt ein Strom von ungefähr 30V / 1,8Mohm = 16 uA. Der Kurzschluß von Collector und Basis von Q6001 bewirkt ein entsprechendes Aufsteuern von Q6001. Dies soll, zunächst nach wie vor unter Vernachlässigung des Basistroms, genauer betrachtet werden. Mittels des Strompfades über R6038 baut sich eine positive Spannung an der Basis von Q6001 auf, die dann zum Aufsteuern von Q6001 führt. Mit weiterer Aufsteuerung von Q6001 nähert sich dessen CollectorEmitter-Strecke jedoch immer mehr einem Kurzschluß an, was die Wirkung hat, die die Ansteuerung hervorrufende Basis-Emitter-Spannung zu reduzieren. Damit stellt sich ein Gleichgewichtszustand ein, der zu einem ganz bestimmten Wert der anstehenden Spannung von Basis- und Emitterspannung führt. Die Basis-Emitterspannung von Q6001 ist jedoch auch die Basis-Emitterspannung von Q6003. Unter der Annahme der Identität der Eigenschaften beider Transistoren wird daher Q6003 genau so weit aufgesteuert, daß durch Q6003 der gleiche Strom fließt, der auch durch Q6001 fließt. In der Praxis wird dies durch die unvermeidlichen Exemplarstreuungen und durch die Abhängigkeit des Collectorstroms nicht nur von der basisseitigen Absteuerung, sondern auch der zwischen Collector und Emitter anliegenden Spannung eingeschränkt. Nun soll der Einfluß des Basisstroms betrachtet werden: In die Basis von Q6001 und von Q6003 fließen identische Basisströme, die aus R6038 heraus gespeist werden. Damit reduziert sich der Collectorstrom von Q6001 um den Betrag 2 * Basisstrom. Damit reduziert sich der Collectorstrom von Q6003 um den selben Betrag. Daher wird ein weiterer Transistor, Q6007, eingefügt, über den der benötigte Basisstrom direkt aus der positiven Versorgungsspannung entnommen wird: Seite 7-25 Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT Dynamic Compressor +30V +U R6038 1M8 R Last Q6007 2N3904 Q6001 2N3904 Q6003 2N3904 Erweiterte Darstellung der Stromquelle, Stufe 2 Diese Schaltung ist auch als „Widlar Current Mirror“ bekannt. Auch hier stellt sich an Q6001 und Q6007 ein Gleichgewichtszustand ein: Nehmen wir gedanklich an, Q6001 sei zunächst gesperrt. Dann würde sich am Emitter von Q6007 eine der Betriebsspannung nahe positive Spannung einstellen, die wiederum zum Aufsteuern von Q6001 führen würde. Damit sinkt aber das Basispotential von Q6007, womit der die Aufsteuerung verursachenden Spannung entgegengewirkt wird. Es stellt sich wieder um die zum, durch R6038 bestimmten Strom, „gehörende“ Basis-Emitter-Spannung an den Basisanschlüssen von Q6001 und damit auch Q6003 ein. Die Collectorspannung von Q6001 entspricht, im Gegensatz zur vorher besprochenen Version der Schaltung nun der Summe der Basis-Emitter-Spannungen von Q6001 und Q6007. Der „Verlust“ an Collectorstrom durch Q6001 durch die Basisströme von Q6001 und Q6003 hat sich auf das Reziproke der Stromverstärkung von Q6007 reduziert. Diese Verhältnisse können auch rechnerisch dargestellt werden: IB1 ist der Basisstrom von Q6001 IB3 ist der Basisstrom von Q6003 IB7 ist der Basisstrom von Q6007 I38 ist der Strom durch R6038 IC1 ist der Collectorstrom von Q6001 Iattack ist der Collectorstrom von Q6003 Beta ist die Stromverstärkung der Transistoren I C1 2 ⋅ I C1 β = I B7 = 2 ⋅ I B1 β ⋅ (β + 1) = β +1 I B1 = I B7 2 I 38 = I C1 + I B 7 = I C1 1 + β ⋅ (β + 1) I Attack = β ⋅ I B 3 = β ⋅ (β + 1) ⋅ I 38 β ⋅ (β + 1) + 2 Seite 7-26 Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT Dynamic Compressor Man erkennt, daß bei den in der Praxis vorkommenden Werten von Beta in der Größenordnung von 100 der Bruch des letzten Terms zu 1 genähert werden kann, also die angestrebte Identität der Einund Ausgangsströme praktisch erreicht wird. Nun wird die Einstellbarkeit der Stromquelle, durch leichte Variation des Emitterpotentials von Q6001 hinzugefügt. +30V +U R6038 1M8 R Last Q6007 2N3904 +30V R6073 12K7 ATTACK 10K lin Q6001 2N3904 Q6003 2N3904 R6071 51R Vollständige Darstellung der Stromquelle, Stufe 3 Die maximal mögliche Anhebung des Emitterpotentials von Q6001 ergibt sich aus der spannungsteilenden Wirkung von R6073 und R6071, sie ist 120mV. Es ergibt sich aus den vorherigen Betrachtungen ein Minimalwert des Ausgangsstroms der Stromquelle von 30V / 1,8 MOhm = 16uA. Nun soll der maximal einstellbare Strom abgeschätzt werden. Aus dem Datenblatt 2N3904 von Fairchild kann folgender Zusammenhang zwischen der BasisEmitterspannung und dem Collectorstrom entnommen werden. Seite 7-27 Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT Dynamic Compressor Datenblattauszug Fairchild 2N3904 Diese Angaben können zwar nicht direkt verwendet werden, da der in Frage kommende Strombereich nicht dargestellt ist und da die hier anliegende Collector-Emitterspannung mit ca. 1V geringer als die im Diagramm angegebene Spannung von 5V ist. Trotzdem kann dem Diagramm eine über mehrere Dekaden konstante logarithmische Abhängigkeit entnommen werden, so daß man diese auch für den hier relevanten Bereich mit guter Berechtigung annehmen kann. Für eine Temperatur von +25°C läßt sich, für die zu betrachtende Spannungsdifferenz von 120mV, eine Multiplikation des Collectorstroms um den Faktor 50 abschätzen. Unter der vereinfachenden Annahme einer vom Collectorstrom unabhängigen, konstanten Stromverstärkung würde dies einen maximal einstellbaren Strom von 800uA bedeuten. Im letzten Schritt wird die der Einfachheit bisher angenommene unipolare Versorgungsspannung von +30V durch die tatsächlich vorhandene bipolare Versorgungsspannung von +15V ersetzt. An den elektrischen Verhältnissen in der Schaltung ändert sich damit nichts. +15V R6038 1M8 Q6007 2N3904 +15V R6073 12K7 Q6001 2N3904 ATTACK 10K lin Q6003 2N3904 -15V -15V R6071 51R -15V Vollständige Darstellung der Stromquelle entsprechend der tatsächlichen Realisierung, Stufe 4 Die soeben erfolgten Betrachtungen können direkt auf die mit Q6004, Q6005 und Q6009 aufgebaute Stromquelle für die Steuerung der RELEASE-Zeit übertragen werden, diese ist lediglich, unter Verwendung von PNP anstelle von NPN-Transistoren gespiegelt aufgebaut. Die strombestimmenden Widerstände, R60371, R60372 und R6074 sind gegenüber der zuvor betrachteten Stromquelle verzehnfacht, damit ergibt sich ein möglicher Strombereich von 1,6 uA bis ca. 80 uA. Da der benötigte Widerstandswert 18Mohm nicht lieferbar war, wurde er aus den Werten 10Mohm (R60371) und 8,2Mohm (R60372) zusammengesetzt. Die um den Faktor 10 unterschiedlichen Strombereiche beider Stromquellen implizieren, daß in der Praxis stets kürzere Attack-Zeiten und längere Release-Zeiten benötigt werden. Seite 7-28 Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT Dynamic Compressor Der Einstellbereich dieser Zeiten kann nun unter Berücksichtigung der Kapazität von C6018 und der Spannungsverstärkung der Stufe bestimmt werden. Da die Stufe eine Spannungsverstärkung von 2 hat, ist die Spannung über C6018 mit 13mV/dB skaliert. Die Spannungsänderung an einem Kondensator ist: dU / dt = i / C => A / [As/V] = V / s Bei minimaler Attack-Zeit ergibt sich eine Änderungsrate von 800uA/4,7uF = 170V/s = 170mV/ms = 13 dB/ms Bei maximaler Attack-Zeit ergibt sich eine Änderungsrate von 16uA/4,7uF = 3,4V/s = 3,4mV/ms = 0,3 dB/ms Bei minimaler Release-Zeit ergibt sich eine Änderungsrate von 80uA/4,7uF = 17V/s = 17mV/ms = 1,3 dB/ms Bei maximaler Release-Zeit ergibt sich eine Änderungsrate von 1,6uA/4,7uF = 0,34V/s = 0,34mV/ms = 0,03 dB/ms Das Netzteil Zunächst gilt es die Stromaufnahme des Kompressors grob abzuschätzen. Die wichtigsten Verbraucher an der +/-15V-Versorgung sind: Baustein THAT4301, mit einer Stromaufnahme von 18mA max. Baustein NE5532, mit einer Stromaufnahme von 16mA max. Comparatorstufe mit LM393, mit einer Stromaufnahme von bis zu 6mA, über R6035. Damit ergibt sich ein, grob abgeschätzter, minimaler Gesamtstrom von 40mA, der „zwischen“ den +15V und –15V fließt. Hinzu kommt der Strom durch die Spulen der beiden Relais TQ2-12V, der mit jeweils 15mA abgeschätzt werden kann. Es ergibt sich somit ein grob abgeschätzter, minimaler Strombedarf von 40mA auf der –15VVersorgung und von 70mA auf der +15V-Versorgung. Da das Netzteil auch noch zur Speisung späterer, in ihren Eigenschaften noch unbekannter. Zusatzgeräte verwendet werden soll, wird es großzügig auf einen maximal entnehmbaren Strom von +/- 400mA dimensioniert. In diesem Zusammenhang wird festgelegt, daß das Netzteil als solches lediglich die ungeregelten Rohspannungen zur Verfügung stellt und das die Stabilisierung der Spannungen mit linearen Festspannungsreglern lokal auf der jeweiligen Baugruppe erfolgt. Für die Rohspannungen werden zwei identische, voneinander unabhängige Zweige aufgebaut, die ausgangsseitig zusammengeschaltet werden. Jeder Zweig wird von einer eigenen TrafoSekundärwicklung gespeist. Der erste Schritt ist die Auswahl der Spannungsregler. Es werden Low-Drop-Spannungsregler LM2990T15 für die Spannung -15V und LM2940CT-15 für die Spannung +15V ausgewählt. Die Spannungsregler haben, im relevanten Strombereich, eine Drop-Out-Spannung in der Größenordnung 0,2V und können mit einer maximalen Eingangsspannung von 26V beaufschlagt werden. Die Spannungsregler haben eine Toleranz der Ausgangsspannung von +/-5%. Daraus folgt eine minimal benötigte Spannung am Eingang der Spannungsregler von: Seite 7-29 Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT Dynamic Compressor Uaus max. + U drop = 15V + 5% + 0,2V = 15,95V. Der zweite Schritt ist die Festlegung der Brummspannung und damit der Kapazität des Ladekondensators: Eine Brummspannung von 1Vpp erscheint praxisgerecht. Um eine einfache, aber angesichts der Toleranzen von Elektrolytkondensatoren hinreichend genaue, Bestimmung der benötigten Kapazität zu ermöglichen, wird die Zeit, in der der Kondensator über die Gleichrichterbrücke aufgeladen wird als unendlich kurz betrachtet. Damit wird der Kondensator im Sinne dieser Betrachtung während der gesamten Dauer einer Netz-Halbwelle von 10ms mit einem Konstantstrom, entsprechend dem angenommenen Laststrom von 0,4A, entladen. Daraus folgt eine rampenförmige Entladung des Kondensators. Die tatsächliche Brummspannung liegt stets unter der anfänglich getroffenen Festlegung, da in der Praxis die Zeit, in der der Kondensator geladen wird um die 30% der Periodendauer beträgt. Mit C = dt * i / du folgt: C = 10ms * 0,4A / 1V = 4000uF Das legt die Verwendung der Normwerte 4300uF (oder auch 4700uF) nahe. Damit bleibt man im Bereich praxisgerechter Baugrößen. Nun kann der minimal benötigte Scheitelwert der Trafo-Sekundärspannung bestimmt werden: Er ist: Minimale Eingangsspannung des Spannungsreglers + Brummspannung + Spannungsabfall am Gleichrichter. Der Spannungsabfall am Gleichrichter entspricht dem doppelten der Diodenflußspannung, da es sich um einen Brückengleichrichter handelt. Man erhält eine Mindestspannung von 15,95V + 1V + 1,4V = 19,35V Diese Spannung soll jedoch nicht bei der Nominalspannung des Stromnetzes, sondern bei 10% Unterspannung vorhanden sein. Daraus folgt dann ein Scheitelwert der Trafo-Sekundärspannung von 19,35V / 0,9 = 21,5V bei nomineller Netzspannung, was einem Effektivwert von 15,2V entspricht. Es wird ein als Standardprodukt erhältlicher Transformator mit einer Sekundärspannung von 15V gewählt. Es muß jetzt überprüft werden, ob die Leerlaufspannung des Netzteils bei gleichzeitiger Netzüberspannung von +10% zu einer Gefährdung der Spannungsregler führen kann. Es ergibt sich eine Trafo-Sekundärspannung von 15V + 10% = 16,5V Weiterhin wird eine Spannungsüberhöhung von 10% durch den Leerlauffall angenommen. Damit ergibt sich eine Trafo-Sekundärspannung von 18,15V. Diese führt, unter Vernachlässigung der Flußspannung des Gleichrichters, zu einer Spannung von 25,7V am Eingang der Spannungsregler. Im „schlimmsten“ denkbaren Fall werden diese also gerade an der Belastungsgrenze betrieben. Es wird die thermische Belastung der Spannungsregler auf dem Kompressor-Board betrachtet: Hierfür wird von einer Stromaufnahme von 80mA aus der +15V-Versorgung ausgegangen. Es wird von einer Eingangsspannung von 15V +10% * 1,41 = 23,2V ausgegangen. Über dem Spannungsregler verbleiben dann 23,2V – 15V = 8,2V Es ergibt sich eine Verlustleistung von 8,2V * 0,08A = 0,65W Der thermische Widerstand vom Chip zur Umgebung bei einem TO-220-Gehäuse ohne Kühlmaßnahmen ist 60 °C/W- Es folgt eine Erwärmung des Chips um 0,65W * 60°C/W = 39°C. Bei einer Umgebungstemperatur von 45°C folgt dann eine Chiptemperatur von 45°C + 39°C = 84°C, die unbedenklich ist. Seite 7-30 Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT Dynamic Compressor Die Ergebnisse. Die Inbetriebnahme und die elektrischen Ergebnisse Zunächst wurde die Arbeitsweise des Effektivwertwandlers untersucht. Hierzu wurde ein 1kHzSinussignal mit einstellbarer Amplitude an den Eingang der Schaltung angelegt. Bei einer Eingangsspannung von 0,244V eff ergab sich eine Spannung von 0V am Ausgang des Effektivwertwandlers. Der errechnete Wert der Eingangsspannung betrug für eine Ausgangsspannung von 0V betrug 220mV eff. In Anbetracht der Toleranzen des Baustein THAT4301 für den Nullpunkt ( +40 / -30% ) ist die gemessene Abweichung von +10% vom errechneten Wert sofort erklärbar. Die nominelle Skalierung der Ausgangsspannung beträgt 6,5mV/dB Eingangsspannun g (Effektivwert) 0,244 0,342 0,976 1,91 Verhältnis zur Eingangsspannun g der ersten Zeile in dB := 0 3 12 18 Gemessene Ausgangsspannun g an U6002/4 in mV 0 18 77 117 Umrechnung der gemessenen Spannung in gemessene dB 0 2,76 11,9 18 Errechnete Skalierung in mV/dB 6 6,42 6,5 Die „immer bessere“ Annäherung des erwarteten und des gemessenen Wertes bei höheren dBWerten läßt darauf schließen, daß die Abweichungen in erster Linie durch eine Ableseungenauigkeit des Nullpunktes (Messung mit Oszilloskop) zustandekommen. Für die Aufnahme der folgenden Oszillogramme wurde das folgende modulierte Sinussignal auf den Eingang der Schaltung gegeben. Es handelt sich um eine 1kHz-Sinusschwingung, die mit einer Dreiecksschwingung mit einer Frequenz von ungefähr 8Hz moduliert ist. Seite 7-31 Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT Dynamic Compressor Das Eingangssignal Es wurde mit zwei Funktionsgeneratoren und einem Analogmultiplizierer AD633 erzeugt. In der Folge ist der Schaltplan der verwendeten Multipliziererbaugruppe dargestellt: Seite 7-32 Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT Dynamic Compressor Multiplizierer J9001 BNC +15V 1 J9003 BNC J9002 BNC 6 W Y1 Y2 Z I1 * U2 -----------10V 1 2 5 1 7 2 3 4 X1 X2 -VS 1 2 +VS 2 8 U9001 AD633JN -15V Spannungsregler U9101 LM2940CT-15V IN 3 +15V C9102 0.1uF/63V + C9016 47uF/20V 2 C9101 0.1uF/63V OUT GND 1 + UNREG 4 3 - UNREG 2 1 U9102 LM2990CT-15V IN 1 C9103 0.1uF/63V OUT GND 2 3 -15V C9104 0.1uF/63V C9105 + J9102 47uF/20V Der Schaltplan der verwendeten Multipliziererbaugruppe Die Ansicht der verwendeten Multipliziererbaugruppe (Baustein AD633 noch nicht gesteckt) Seite 7-33 Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT Dynamic Compressor Die folgenden Oszillogramme wurden mit dem soeben gezeigten Testsignal am Eingang der Baugruppe aufgenommen. Spannungsverlauf am Ausgang des Effektivwertwandlers (U6002/4), GND in der Bildschirmmitte Spannungsverlauf an U6003/7, GND in der Bildschirmmitte Seite 7-34 Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT Dynamic Compressor Spannungsverlauf D6005/Anode in der Betriebsart „Hard“, GND in der Bildschirmmitte Spannungsverlauf D6005/Anode in der Betriebsart „Soft“, GND in der Bildschirmmitte, deutlich ist der „weichere“ Übergang zu erkennen. Seite 7-35 Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT Dynamic Compressor Spannungsverlauf Q6002/Source, die unterschiedlichen Änderungsraten für Attack und Release sind deutlich zu erkennen, lange Attack- und kurze Releasezeit. GND in der Bildschirmmitte. Spannungsverlauf Q6002/Source, bei anderer Einstellung mit kurzer Attack. Und langer Releasezeit, die Gestalt der abfallenden Region der Kurve ist nun durch das Ausgangssignal des Effektivwertwandlers und nicht mehr durch die Attack/Release-Schaltung bestimmt, GND in der Bildschirmmitte. Seite 7-36 Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT Dynamic Compressor Die klanglichen Ergebnisse und die Möglichkeiten und Grenzen des praktischen Einsatzes Während die elektrischen Tests der Kompressorschaltung gute Ergebnisse brachten, war der klangliche Eindruck beim Einsatz im Gitarren-Signalpfad eher enttäuschend. Es zeigte sich die Notwendigkeit, die Kompression frequenzselektiv vorzunehmen, da im gegebenen Fall die starke Amplitude der tiefen Anteile des Gitarrentons eine ungewollte Dämpfung der hohen Anteile mit sich brachte. Eine mögliche Lösung wäre die folgende Aufteilung des Signalwegs mit frequenzselektiver Kompression und anschließender Summation. Prinzip der frequenzselektiven Kompression Die Umsetzung dieses Konzepts hätte jedoch den Rahmen der des Projekts WILDCAT vorhandenen zeitlichen Möglichkeiten gesprengt. Seite 7-37