7. Burnout und Depression

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Bewegungs- und körperorientierte Interventionen
bei der Burnout-Problematik
Diplomarbeit
zur Erlangung des akademischen Grades eines Magisters der Naturwissenschaften an
der Karl-Franzens-Universtiät Graz
vorgelegt von
Jochen HOCHREITER
am Institut für Sportwissenschaften
Begutachterin: Ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Andrea Paletta
Graz, 2009
Frau Ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. phil. Andrea Paletta möchte ich sehr herzlich für die
professionelle Betreuung meiner Diplomarbeit danken.
Besonderer Dank gilt vor allem meinen Eltern, Werner und Christine Hochreiter, sowie
meiner gesamten Familie und Freunde für Ihre großzügige Unterstützung und Geduld
während meines gesamten Studiums.
Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird in der gesamten Arbeit die maskuline
Sprachform verwendet. Selbstverständlich gelten alle Aussagen gleichermaßen für
Personen männlichen und weiblichen Geschlechts.
Erklärung:
Ich versichere hiermit, dass ich die Diplomarbeit selbstständig verfasst, andere als die
angegebenen Quellen nicht benutzt und mich auch sonst keiner unerlaubten Hilfe
bedient habe.
Jochen Hochreiter
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung…………………………………………………………... 1
2. Was ist Burnout?……………………………………………..…... . 3
2.1 Krankheitsstatus………………………………………………….… 6
2.2 Differentialdiagnose…………………………………………….….. 7
2.3 Definitionsprobleme……………………………………………….. 7
2.3.1 Burnout als Metapher….….………………………………...9
2.3.2 Burnout aus der Perspektive gesellschaftlicher
Veränderungen... ....................................................................10
2.5 Definitionsversuche……………………………………………… ...14
2.6 Eingrenzungen……………………………………………………. ..16
3. Burnout in Österreich……………………………………….. ........ 18
4. Symptomatologie…………………………………………………... 20
4.1 Burnout-Symptomatik...…………………………………………... .24
4.1.1 Symptomatik nach BURISCH……………………….…….. 24
4.1.2 Symptomatik nach SCHAUFELI & ENZMANN…………. 27
4.2 Messung von Burnout................................................................…... .31
4.2.1 Der MBI (Maslach Burnout Inventory)...........................…. .31
4.2.2 Die Überdrussskala (Tedium Measure).........................…… 33
4.2.3 SBS-HP (Staff Burnout Scale for Health Professionals…... .34
4.3 Burnout-Phasen und Verlauf…………………………………… .....35
4.3.1 Burnout-Phasentheorien.........................................................36
4.3.2 Phasenmodell nach BURISCH………………………….. ....38
4.3.3 Phasenmodell nach FREUDENBERGER und NORTH....... 41
5. Ursachen............................................................................................ 47
5.1 Persönlichkeitszentrierter Erklärungsansatz...................................... 48
5.2 Sozial-, arbeits- und organisationsbezogene Ansätze....…............ ....53
5.3 Zusammenfassung..............................................................................58
6. Burnout und Stress..................................................................……. 60
6.1 Was ist Stress?…............................................................................... 60
6.2 Stressmodell nach ZIMBARDO & GERRIG…………………… ....64
6.2.1 Kognitive Bewertung……………………............................. 65
6.2.2 Reaktionen auf Stress…………................................…......... 67
6.2.2.1 Physiologische Veränderungen……………………..68
6.2.2.2 Verhaltensbezogene Veränderungen……………… .72
6.2.2.3 Emotionale Veränderungen……………………….. .73
6.2.2.4 KognitiveVeränderungen…………………………. ..74
6.3 Zusammenhänge von Burnout und Stress........................... ..............75
6.4 Zusammenfassung……… .................................................................79
7. Burnout und Depression…………………………………………..80
7.1 Was sind Depressionen…………………………………………… ..80
7.1.1 Ursachen und Auslöser einer Depression …….…………… 82
7.1.1.1 Ursachen einer Depression………………………. 82
7.1.1.2 Auslöser einer Depression…………………….…. 84
7.1.2 Formen und Symptomatik der Depression ………………....86
7.2 Zusammenhänge von Stress und Depression……………………….91
7.3 Zusammenhänge von Burnout und Depression………...……….... ..92
7.4 Zusammenfassung……………………………………………….… 97
8. Bewältigungsstrategien……………………………………….….... 98
8.1 Bewältigungsstrategien im Alltag………………………………… ..98
8.1.1 Individuelle Interventionsmöglichkeiten………………….. .99
8.1.1.1 Probleme erkennen und sich eine Auszeit gönnen. ...99
8.1.1.2 Prioritäten setzen…………………………………....100
8.1.1.3 Kontrolle zurückgewinnen.………………………. ...102
8.1.1.4 Nein sagen...………………………………………...102
8.1.1.5 Pause machen…... ......................................................103
8.1.1.6 Gesunde Lebensweise…………………………….. ..105
8.1.2 Interventionen im Bereich des Arbeitgebers……………..…107
8.1.2.1 Maßnahmen für den einzelnen Mitarbeiter……….. ..107
8.1.2.2 Betriebliche Maßnahmen…………………………. ..108
8.1.2.3 Maßnahmen für die Führungskräfte……………… ..110
8.2 Bewältigungsstrategien mit professioneller Unterstützung……….. .111
8.2.1 Gesprächspsychotherapie…………………………………... 112
8.2.2 Logotherapie……………………………………………….. 112
8.2.3 Rational-emotive Therapie………………………………….112
8.2.4 Transaktionsanalyse………………………………………... 112
8.2.5 Gestalttherapie…………………………………………… ...113
8.2.6 Psychodrama……………………………………………... ...113
8.2.7 Katathymes Bilderleben……………………………………. 113
8.2.8 Körpertherapien………………………………………….. ...114
9. Sport- und Körpertherapie bei Burnout………………………… 114
9.1 Begriffliche Eingrenzung………………………………………….. .115
9.1.1 Prävention………………………………………………... ...115
9.1.1.1 Primärprävention…………………………………. ..115
9.1.1.2 Sekundärprävention………………………………. ..116
9.1.1.3 Tertiärprävention…………………………………. ..116
9.1.2 Rehabilitation………………………………………………. 116
9.1.3 Sport- und Bewegungstherapie…………………………….. 117
9.2 Bewegungs- und körperorientierte Therapien in der Psychiatrie…. .118
9.2.1 Bewegungs- und Sporttherapie…………………………….. 118
9.2.2 Integrative Bewegungstherapie…………………………….. 118
9.2.3 Konzentrative Bewegungstherapie………………………. ...119
9.3 Sporttherapie in der Psychiatrie…………………………………… .119
9.4 Sporttherapie als Möglichkeit zur Bewältigung von Burnout……... 124
9.4.1 Ziele des Sporttherapieprogramms…………...………….. ...124
9.4.1.1 Verbesserung der Befindlichkeit zur Bekämpfung
emotionaler Symptome…………………………… ..128
9.4.1.2 Förderung der Aktivitäten zur Bekämpfung
motivationaler Symptome………………………… ..129
9.4.1.3 Kognitive Veränderungen zur Bekämpfung
kognitiver Symptome…………………………….. ...130
9.4.1.4 Förderung sozialer Kompetenz zur Bekämpfung
verhaltensbezogener Symptome………………. .......130
9.4.1.5 Verbesserung der körperlichen Gesundheit zur
Bekämpfung körperlicher Symptome……………… 132
9.4.2 Inhalte des Sporttherapieprogramms…………………….. ...133
9.4.2.1 Sportspiele………………………………………... ..133
9.4.2.2 Entspannung………….………………………..........138
9.4.2.3 Körpererfahrung und Körperwahrnehmung……… ..146
9.4.2.4 Fitnesssport ................................................................154
9.4.2.5 Erlebnisorientierte Interventionen……………... ......160
10. Schlusswort…….....…………………………………………….. ... 169
11. Abbildungsverzeichnis .................................................................... 173
12. Tabellenverzeichnis ......................................................................... 175
13. Literaturverzeichnis ........................................................................ 177
Anhang ................................................................................................... I
1. Einleitung
Der Begriff „Burnout“ ist heutzutage in aller Munde. Gibt man im Internet unter der
Suchmaschine www.google.at/ den Begriff „Burnout“ ein, so finden sich innerhalb von
0,05 sec. ungefähr 24.900.000 Belegstellen gefunden (zugriff am 20.08.2008 um 10.58
Uhr).
Auch in Österreich ist Burnout weit verbreitet. Insgesamt gilt, dass beinahe 10% der
Bevölkerung bereits betroffen sind und die Zahlen in Zukunft weiter steigen werden.
Das Thema ist in Wirklichkeit sehr komplex. Zum besseren Verständnis wird Anfangs
ein theoretischer Überblick über die Burnout-Problematik dargestellt, sowie welche
Probleme dabei auftreten, was mögliche Symptome sind, wo die Ursachen liegen und
welche Möglichkeiten es gibt, dieses Phänomen zu bewältigen, bzw. wie man dem
Ganzen vorbeugen kann, um es erst gar nicht so weit kommen zu lassen. Zusätzlich
werden noch die Unterschiede zwischen Burnout und verwandten Begriffen, wie Stress
und Depression, erklärt.
Vor allem FREUDENBERGER, der als „Urheber“ des Burnout-Phänomens gilt, stellt
häufig den Vergleich dar, dass Menschen wie Häuser ausbrennen können. „Der
Kraftaufwand, den das Leben in unserer komplexen Welt erfordert, verzehrt – dem
Feuer gleich – die inneren Reserven eines Menschen. Zurück bleibt, selbst wenn die
äußere Hülle noch mehr oder weniger unversehrt erscheinen mag, eine große Leere. Ihr
Leben scheint seinen Sinn verloren zu haben“ (FREUDENBERGER 1980, S. 13).
Die ersten größeren Probleme treten bereits bei der Findung einer einheitlichen
Definition auf. Um die Vielfältigkeit bei den Definitionen aufzuzeigen, wird eine
Sammlung von ROOK beschrieben, jedoch wird die Erklärung von MASLACH &
LEITER sowie jene von SCHAUFELI & ENZMANN als sehr treffend gesehen.
Weiters wird der Krankheitsstatus sowie die Differentialdiagnosen beschrieben. Später
wird unter Punkt 6 (Burnout und Stress) und Punkt 7 (Burnout und Depression) genauer
darauf eingegangen.
1
Unter Punkt 4 werden jene Symptome von Burnout aufgezeigt, welche BURISCH
sowie SCHAUFELI & ENZMANN beschrieben haben. Ebenfalls noch unter diesem
Kapitel wird erklärt, wie Burnout gemessen werden kann sowie dessen Verlauf mit
seinen einzelnen Phasen.
Bei den Ursachen von Burnout gibt es nach RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE zwei
verschiedene Ansätze:
-
den persönlichkeitszentrierten Erklärungsansatz und
-
den sozial-, arbeits- und organisationspsychologischen Erklärungsansatz
Kapitel 6 befasst sich mit Stress und wo die Zusammenhänge zwischen Burnout und
Stress liegen. Die Modelle von SELYE und von LAZARUS tragen einen wichtigen
Beitrag zum Verständnis bei.
Beim Thema Burnout und Depression ist zu erwähnen, dass zwischen diesen beiden die
meisten Gemeinsamkeiten vorliegen, vor allem was Entstehungsbedingungen,
theoretische Konzepte und Symptome anbelangen. Trotzdem ist jede Form als ein
eigenständiges Problem anzusehen.
Das Ziel der Arbeit ist, Bewältigungstrategien für Burnout-Betroffene aufzuzeigen.
Welche Möglichkeiten gibt es für jeden einzelnen sich davor zu „schützen“, bzw. was
könnte ein sinnvolles Präventionsprogramm beinhalten? Welche Rolle spielt dabei
Sport und Bewegung? Durch welche Eigenschaften können Sport und Bewegung zu
einer effektiven Rehabilitation beitragen? Weiters werden Maßnahmen sowohl für den
Arbeitnehmer als auch für den Arbeitgeber vorgeschlagen, um eine produktivere
Zusammenarbeit auf beiden Seiten zu gewährleisten. Sind jegliche Versuche sich selbst
zu helfen gescheitert, ist auf eine professionelle Unterstützung (im Rahmen einer
Psychotherapie) zurückzugreifen.
2
2. Was ist Burnout?
BURISCH beschreibt Burnout im Fall einer jungen Lehrerin, welche bereits innerhalb
des ersten Arbeitsjahres die Folgen der beruflichen Überforderungen zu spüren
bekommt und von sich selbst sagt:
„Ich hätte nie gedacht, dass ich mal so werden könnte wie die säuerlichen alten
Kollegen, die die Kinder bloß anschreien und Strafarbeiten aufgeben. Inzwischen haue
ich auch dazwischen, anders kommt man einfach nicht durch. Der einzige Zweck des
Unterrichts sind nun mal die Zeugnisse“ (BURISCH 2006,2).
Burnout kann jeden treffen. Um dies zu zeigen werden noch zwei Beispiele erwähnt
und darauf hingeweisen, dass wirklich niemand davor geschützt ist.
HILLERT & MARWITZ berichten von einer 55-jährigen Hausfrau sowie von einem
61-jährigen Allgemeinmediziner:
„Seit Jutta aus dem Haus ist, geht nichts mehr. Ich hatte gedacht, in dem Moment das
Schlimmste überstanden zu haben, könnte mir dann ein schönes Leben machen und das
nachholen, wozu ich wegen der Kinder nicht gekommen bin. Ich habe fast dreißig Jahre
für die Familie und vor allem die Kinder geschuftet, Tag und Nacht. Das war wohl zu
viel, ich fühle mich ausgebrannt, bis auf die Grundmauern ... Meinem Mann zuliebe
raffe ich mich ab und zu auf, mache Spaziergänge mit ihm, ich weiß nicht, wie es
weitergehen soll“ (HILLERT & MARWITZ 2006,21).
Eine volle Praxis muss nicht immer unbedingt etwas Gutes bedeuten. Ein Arzt schildert
wie folgt seine Lebenssituation:
„Die Praxis war mein Leben, aber so, wie das jetzt läuft, macht es einfach keinen Sinn
mehr. Ich liebe meine Patienten, ich habe meine Arbeit geliebt. Aber der
Verwaltungskram wird immer mehr. Es geht bei allem nur noch ums Geld, und wenn
man mehr arbeitet, wird man durch Punktverfall bestraft. Dieser unsägliche Unsinn mit
den Punktwerten, wo man erst im Nachhinein erfährt, wie viel man verdient hat!
Kräftemäßig gehe ich seit Jahren auf dem Zahnfleisch, man muss ranklotzen, so schön
3
eine ständig volle Praxis auch ist, für die Familie und für meine Frau bleibt immer
weniger Zeit. Es geht einfach nicht mehr, so kann ich meinen Patienten nicht mehr
gerecht werden. Ich habe Alpträume, dass ich mal einen schweren Fehler machen
könnte. Wie will man neben all dem noch fachlich auf dem neuesten Stand bleiben? Ich
habe in den fast 25 Jahren, in denen ich die Praxis habe, genug gearbeitet, warum soll
ich mir das hier weiter antun?“ (HILLERT & MARWITZ 2006,22).
Als aktuelleres Beispiel dient die Situation vom Starmania-Teilnehmer Mario Lang. In
der Kleinen Zeitung (STANITZNIG, 6. September 2008) stand der Bericht vom
Musiker und seinem „Burnout“. Nach seinem größten Hit, „Bring ihn heim“ brach der
20-jährige zusammen.
„Ich konnte einfach nicht mehr, mein Körper hat gestreikt. Ich hatte ständig
Kreislaufbeschwerden, war immer müde und mit allem unzufrieden“. Auslöser war der
gewaltige Stress, den der Sänger seit seiner Teilnahme bei der Talentshow „Starmania“
in den vergangenen zwei Jahren auf sich genommen hatte.
Er nahm sich eine
siebenwöchige Auszeit, wo er in Graz eine Psychotherapie absolvierte. „Das Reden,
egal ob mit dem Arzt oder meiner Familie, hat mir durch die schwerste Zeit geholfen“.
Zusätzlich begann der Obersteirer mit dem Klettern. „Durch den Sport habe ich endlich
meinen Kopf frei bekommen“. Noch am selben Abend (06.09.2008) spielte er am
Donauinselfest und präsentierte sein neues Album. Zur Frage, ob er Gefahr läuft, sich
wieder zu viel zuzumuten, antwortete er: „Jetzt weiß ich ja, dass ich auf mich aufpassen
muss“.
FREUDENBERGER (1974, zit. in: ROOK 1998,18-19) beantwortet zuerst die Frage,
was mit der Bezeichnung „Burnout“ eigentlich gemeint ist, anhand eines Wörterbuches,
in dem „Burnout“ als „versagen, abnutzen oder erschöpfen durch außerordentliche
Verausgabung an Energie, Kraft oder Ressourcen“ beschrieben wird. Diese
Beschreibung entspräche genau dem, was er bei sich selbst und bei seinen Mitarbeitern
beobachtet habe. Schon damals erkannte Freudenberger einige Symptombilder, die
charakteristisch für ein „Burnout“ waren. Erschöpfung und Ermüdung (begleitet von
Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, Magenbeschwerden usw.) galten damals, und auch
heute noch, als physiologische Anzeichen. Auf der Verhaltensebene zeigten sich
aufschießender Ärger, Irritation, Frustration, eine gewisse Art von Größenwahn („Nur
ich allein kann Veränderungen herbeiführen“), zunehmender Verbrauch von
4
Beruhigungsmitteln, Meinungen werden rigide, stur und unflexibel. Dazu kommt noch,
dass Veränderungen und Fortschritt abgeblockt werden, weil die Personen zu müde für
neue Anpassungen sind, ein depressives Erscheinungsbild und unzählige Überstunden,
wobei man hier von körperlicher Anwesenheit spricht, da die Effektivität immer
geringer wird.
FREUDENBERGER (1974, zit. in: ROOK 1998,100) verbindet den Begriff „Burnout“
mit einem ausgebrannten Haus, von dem nur noch die Mauern stehengeblieben sind:
„Wer je ein ausgebranntes Gebäude gesehen hat, der weiß, wie verheerend so etwas
aussieht. Ein Bauwerk eben noch von pulsierendem Leben erfüllt, ist nun verwüstet. Wo
früher Geschäftstätigkeiten herrschten, finden sich jetzt nur noch die verkohlten
Überreste von Kraft und Leben. Ein paar Ziegel und Zementbrocken mögen
stehengeblieben sein, ein paar leere Fensterrahmen. Vielleicht ist sogar die äußere Hülle
des Gebäudes noch erhalten. Wer sich jedoch hineinwagt in die Ruine, wird erschüttert
vor dem Werk der Vernichtung stehen“ (FREUDENBERGER 1881, zit. in: RÖHRIG &
REINERS-KRÖNCKE 2003,9).
Heutzutage können aus- bzw. abgebrannte Gebäude wieder errichtet werden, jedoch
hinterlässt jede Verwüstung ihre Spuren. Burnout ist kein beliebiges Wort, sondern ein
starker emotionaler Begriff, der ein dramatisches Erlebnis von einem Menschen erzählt
(vgl. HILLERT & MARWITZ 2006,32).
Wird das Problem erkannt und berücksichtigt, indem man einen ehrlichen Blick auf sich
selbst richtet, sich die Zeit für einen Rückzug nimmt und für Veränderungen auf etwas
Neues offen ist, so kann aus Verzweiflung Hoffnung werden (vgl. FREUDENBERGER
& RICHELSON 1980,20).
„Bei jedem Brand stieben die Funken. Nützen Sie die Gelegenheit – mit Funken lässt
sich ein Feuer von neuem entfachen!“ (FREUDENBERGER & RICHELSON 1980,20).
Für jeden, der am Ausbrennen ist, besteht die Möglichkeit, durch geeignete
Gegenmaßnahmen wie z.B. ein erholsamer Urlaub, eine Fortbildung, Unstimmigkeiten
am Arbeitsplatz und/oder in der Familie auszudiskutieren oder Ähnliches, in jeder
5
Phase des Burnout auszusteigen. Man ist also dem Ausbrennen nicht ausgeliefert,
sondern es kann wieder zu einem Aufflackern der Energie und der Arbeitsfreude
kommen. Es wird von Betroffenen auch beschrieben, dass der zweifelsohne
schmerzliche Prozess der Weg zur Selbstfindung war. Lebensveränderte Prozesse
werden dadurch eingeleitet, die man sich zuvor nur zu erträumen gewagt hat, z.B.
nimmt man sich plötzlich Zeit für sich selbst, was früher noch unter dem Aspekt der
„sinnlosen Dinge“ gesehen wurden (vgl. KNAUDER 2005,11-12). „Solche Menschen,
die Burnout erlebt und überwunden haben, finden fast ausschließlich zu allgemein
besseren und weniger einengenden Lebensbedingungen als jene Menschen, die nicht
gelernt haben, Prioritäten zu setzen“ (ebda 12).
2.1 Krankheitsstatus
„Von Psychotherapeuten und Ärzten wird Burnout zunehmend im Sinne einer
medizinischen Diagnose verstanden und gestellt. Offiziell, in den von der
Weltgesundheitsorganisation herausgegebenen Klassifikationen, taucht Burnout jedoch
bis heute nicht als eigene Diagnose auf“ (HILLERT & MARWITZ 2006,14).
Burnout wird nicht als Krankheit bezeichnet, weil es nicht mit einigermaßen
einheitlichen Symptomen belegt werden kann (vgl. FENGLER 2008,95) und auch keine
eindeutig zuteilbaren diagnostischen Kriterien aufweist (vgl. JAGGI 2008,6).
GÖTTLICHER (2006,9) beschreibt, dass Burnout weder in der jüngsten (vierten)
Ausgabe des Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorder (DSM-IV), noch in
dem
entsprechenden
internationalen
Verzeichnis,
der
International
Statistical
Classification of Diseases and Related Health Problems (ICD-10) steht. Im DSM-IV
wird Burnout überhaupt nicht erwähnt.
In der neuesten Ausgabe des ICD-10 wird das Burnout-Syndrom unter der Überschrift
„Faktoren, die den Gesundheitsstatus beeinflussen und zur Inanspruchnahme des
Gesundheitswesens führen“, angegeben (vgl. DILLING, MOMBOUR & SCHMIDT
2008,372):
6
Z73 Probleme verbunden mit Schwierigkeiten bei der Lebensgestaltung:
-
Z73.0 Erschöpfungssyndrom (Burnout-Syndrom)
-
Z73.1 akzentuierte Persönlichkeitszüge einschließlich: Typ-A-Verhalten
-
Z73.2 Mangel an Entspannung oder Freizeit
-
Z73.3 Belastung, nicht andernorts klassifizierbar
-
Z73.4 unzulängliche soziale Fähigkeiten, nicht andernorts klassifizierbar
-
Z73.5 sozialer Rollenkonflikt, nicht andernorts klassifizierbar
2.2 Differentialdiagnose
Aufgrund der zunehmenden Verbreitung und der Überlappung mit dem Begriff Stress
ist eine Abgrenzung der Begriffe erforderlich (vgl. LITZCKE & SCHUH 2007,155).
JAGGI (2008,11-14) zählt zu den verwandten Phänomenen, bzw. Krankheiten, die der
Burnout-Problematik ähnlich sind, Neurasthenie, Depressionen, bzw. das CFS (Chronic
Fatigue Syndrome).
SCHAUFELI & ENZMANN (1998, zit. in: GÖTTLICHER 2006,9) gehen bei der
Unterscheidung zu Arbeitsstress davon aus, dass Burnout eine Art verlängerter
Arbeitsstress ist.
Der Unterschied zu „Depressionen“ und „CFS“ liegt darin, dass diese sich auf viele
Lebensbereiche ausdehnen kann, während sich Burnout vorwiegend im Berufsleben
manifestiert (vgl. REIME & STEINER 2001; MASLACH 1993, zit. in: GÖTTLICHER
2006,9). (Siehe hierzu v.a. Kapitel 6 und 7)
2.3 Definitionsprobleme
MASLACH (1982b, zit. in: BURISCH 2006,14) ist der Meinung, dass es keine
handhabbaren Definitionen über das Burnout-Syndrom gibt. Entweder sind sie zu
umfassend oder zu spezifisch.
Die Bedeutung eines zentralen Begriffes eines Forschungsthemas muss eindeutig und
durch eine explizite Definition allgemeinverbindlich und verständlich festgelegt
7
werden. Diese eindeutige Begriffsfestlegung ist für den zentralen Begriff „Burnout“
jedoch nicht gelungen. Ebenfalls fehlt eine klare Abgrenzung zu den gleichermaßen
vieldeutig auftretenden Nachbarkonzepten wie „Stress“, „Arbeitsunzufriedenheit“,
„Depression“ oder „Bewältigung“ (vgl. ROOK 1998,99).
„Diese begriffliche Ungenauigkeit führt bis in die heutige Zeit zu einer immensen
Definitions- und Abgrenzungsproblematik und zieht sich wie ein roter Faden durch die
wissenschaftliche Auseinandersetzung“ (RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE 2003,11).
Ursprünglich verstand man unter Burnout die negativen Folgen der beruflichen (Über-)
Beanspruchung mit gemütsmäßiger Erschöpfung, innerer Distanzierung und schließlich
Leistungsabfall. Es wurde auch als „Stresssyndrom der helfenden Berufe“ bezeichnet.
Mittlerweile ist das Thema „Burnout“ viel umfangreicher und komplexer, findet aber
nur zögerlich Eingang in Wissenschaft und Lehre und damit in Beratung, Klinik und
Praxis (vgl. FAUST 2007,117).
Heutzutage ist der Begriff „Burnout“ zur Alltagssprache geworden und wird meistens
im Zusammenhang mit dem Beruf verwendet: „Man ist ausgebrannt an seinem Job“
(vgl. RÖSING 2003,32).
Was kann unter „Ausbrennen“ verstanden werden? FREUDENBERGER sowie PINES,
ARONSON & KAFRY sind folgender Meinung:
PINES, ARONSON & KAFRY (2006,25) definieren „Ausbrennen” als Resultat
andauernder oder wiederholter emotionaler Belastung im Zusammenhang mit
langfristigem, intensiven Einsatz für andere Menschen.
FREUDENBERGER (1980, zit. in: ROOK 1998,109) beschreibt „Ausbrennen“ als leer
werden. Die eigenen körperlichen und seelischen Reserven erschöpfen durch die
Aufbietung aller Kräfte in unrealistische Erwartungen und Ziele, die entweder
selbstgesetzt oder im Wertesystem der Gesellschaft aufgezwungen sind.
8
KOCH & KÜHN (2008,11) erklären, dass es weder eine einheitliche Definition gibt,
noch eine geschlossene Theorie. Alles, was mit Motivationsverlust und Erschöpfung zu
tun hat, kann mit Burnout in Verbindung gebracht werden. „Insgesamt bestehen über
die Ursachen, Symptome und Folgen von Burnout die unterschiedlichsten Ansichten“.
GUSY (1995, zit. in: RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE 2003,11) beschreibt aufgrund
der Vielfalt von betroffenen Berufen, dass „nicht also die helfende Interaktion, sondern
die Beanspruchung durch den arbeitsbedingten Kontakt zu anderen Menschen, zum
Kernstück von Burnout wird“.
Das Fehlen einer allgemein gültigen Definition hat zur Folge, dass Burnout beinahe
alles und damit nichts ist (vgl. BURISCH 2006,20).
1974 gebrauchte Herbert FREUDENBERGR, ein Psychoanalytiker aus New York,
erstmals das Wort „burn-out“ um einen physiologischen und psychologischen
Endzustand bei sich selber und bei ehrenamtlichen Mitarbeitern alternativer Selbsthilfeund Kriseninterventionseinrichtungen zu beschreiben. Besonders gefährdet seien die
engagierten und einer Aufgabe sich verpflichtet fühlenden Personen, wie z.B. die
Menschen, die für ein Minimum an finanzieller Entschädigung ihre Talente,
Fähigkeiten
und
ihre
Zeit
den
Aufgaben
in
„freien
Kliniken“,
Kriseninterventionszentren oder Telefondiensten zur Verfügung stellen. Diese Personen
arbeiten zu viel, zu lang und zu intensiv. Sie fühlen in sich einen Druck zu arbeiten und
zu helfen und fühlen zusätzlich noch den Druck von außen etwas geben zu müssen. Der
zeitliche Beginn von Burnout-Prozessen liegt für FREUDENBERGER (1974, zit. in:
ROOK,18-20) etwa bei einem Jahr, nachdem jemand eine Tätigkeit begonnen hat.
2.3.1 Burnout als Metapher
Der Begriff „Burnout“ wurde aus der Alltagssprache entnommen. Auf den technischen
Bereich bezogen bedeutet Burnout („to burn out“) so viel wie: „Das Erlöschen,
Ausgehen von Kerzen oder eines Feuers, das Durchbrennen von Brennstoffelementen
bei Überhitzung, das Ausbrennen einer Antriebsstufe einer Rakete oder das Abbrennen
von Häusern“. Auf den Menschen bezogen bedeutet („feel burned out“) → sich
erschöpft fühlen bzw. („burn oneself out“) → sich kaputtzumachen, sich völlig zu
9
verausgaben (vgl. BROCKHAUS 1995 & 1996; MEYERS ENZYKLOPÄDISCHES
LEXIKON 1992, zit. in: RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE 2003,10).
„Der Burnout-Begriff bezieht sich mit seiner Bildhaftigkeit vor allem auf zwei vertraute
Erfahrungsbereiche in der Lebenswelt: einem technischen (im Sinne von „durchbrennen“) und einem bezüglich des Umganges mit Feuer (im Sinne von „ausbrennen“)“ (ROOK 1998,101).
BURISCH (2006,7) zweifelt an der bildhaften Übertragung, denn seiner Meinung nach
können „Sicherungen oder Stromleitungen „durchbrennen“, beides würde abrupt
geschehen und der Endeffekt wäre sofortiger Stillstand, nicht jedoch die oft jahrelange
Quälerei des Burnout“.
In Bezug zum Feuer, im Sinne von „ausbrennen“ spricht MASLACH (1982a, zit. in:
JERICH 2006,10) „von einem langsamen Abflackern einer Flamme, bis schließlich
Asche das Feuer ersetzt“.
BURISCH (2006,6) erklärt, dass ab 1976 vor allem nach FREUDENBERGER,
insbesondere Christina MASLACH und Ayala PINES in Kalifornien das Phänomen bei
sozialen Berufen beschrieben haben. Schließlich kamen auch ganz andere
Berufsgruppen und der private Lebensbereich ins Blickfeld.
Die Übersetzung von FREUDENBERGER & RICHELSONS Buch „Ausgebrannt“
(1980) war in Deutschland nach kurzer Zeit vergriffen. 1983 sorgte das Buch von
ARONSON, PINES & KAFRY „Ausgebrannt – Vom Überdruss zur Selbstentfaltung“
für weitere Aufmerksamkeit. Danach folgten erste Veröffentlichungen deutscher
Autoren, z.B. um nur die wichtigsten zu nennen jene von SCHMIDBAUER 1982,
KLEIBER & ENZMANN 1986 sowie von BURISCH 1985 und 1987 (vgl. BURISCH
2006,6).
2.3.2 Burnout aus der Perspektive gesellschaftlicher Veränderungen
Ganz wichtig für den Menschen in der heutigen Zeit sind die Arbeitsbedingungen bzw.
ist das Arbeitsumfeld. MASLACH & LEITER (2001) haben die Veränderungen des
Arbeitsumfeldes sehr treffend beschrieben.
10
Immer mehr Arbeitnehmer leiden aufgrund der ständigen Weiterentwicklung an
„Burnout“ und die Prognosen für die Zukunft fallen dementsprechend negativ aus.
MASLACH & LEITER (2001) verbinden den Begriff „Burnout“ fast ausschließlich mit
der Arbeit und beschreiben fast seuchenartige Ausmaße von Burnout unter den
Arbeitskräften Nordamerikas (vgl. MASLACH & LEITER 2001,1).
In Bezug auf die Veränderung des Arbeitsumfeldes stellten sie sich folgende Fragen:
„Wodurch wurde diese Krise ausgelöst?“
„Weshalb wird Burnout ein immer gängigerer Begriff unseres Vokabulars?“
„Warum sind durchaus motivierte Arbeiter, Manager und Führungspersonen im
Gemeinschaftsleben unfähig, dagegen etwas zu unternehmen?“
Heutzutage geht es nicht um die Qualität der Produkte oder um die Dienstleistungen der
Arbeiter, sondern die oberste Priorität eines profitorientierten Managements ist die
Vermehrung des Geldes. Das Unternehmen existiert nicht, um den Menschen bzw. den
Arbeitnehmern die Möglichkeit zu bieten sich durch ihre Tätigkeiten und ihren Einsatz
ein besseres und angenehmeres Leben zu verdienen. Auch auf die Zielvorstellungen
eines jeden einzelnen wird keine Rücksicht genommen. Die Menschen werden eher
gezwungen, ihren Lebensunterhalt und ihren Einsatz für das Wohl des Unternehmens zu
opfern. Die Arbeit wird dadurch mehr zu einer Verpflichtung als zu einer Ressource
(vgl. MASLACH & LEITER 2001, 2-3).
Durch die globale Wirtschaft wird die Erzeugung von Gütern ins Ausland verlagert. Die
Arbeit wird aufgrund der schnellen Transport- und Kommunikationsmöglichkeiten
dorthin
verlagert,
wo
die
Produktionskosten
niedriger
sind.
Durch
diese
Vorgehensweise stehen die Arbeiter in den USA, Australien und Europa in Konkurrenz
mit den Arbeitern in den Entwicklungsländern. Hinzu kommen noch die
Lohneinsparungen, da die Arbeiter in den Entwicklungsländern um sehr viel weniger
Geld arbeiten als in den Industriestaaten (vgl. MASLACH & LEITER 2001,3-5).
Durch eine hoch entwickelte Technologie und ein straffes Human-ResourceManagement kann die Arbeit mit weniger Menschen, die dazu noch weniger Geld
verdienen, produktionssteigernd ausfallen.
Hoch entwickelte Technologien können Arbeitsplätze vollkommen ersetzen. Maschinen
11
z.B. führen Tätigkeiten viel schneller, genauer und ohne Pause durch. Die
Auswirkungen der Technologie sind nicht nur im technischen Bereich spürbar, sondern
auch im Informationssektor und bei Beratungs- und Ausbildungsdiensten. Es werden
z.B. Arbeitsberater durch interaktive Informationskioske ersetzt und Studenten geben
tatsächlich an, dass ein Fernstudium genauso viel, wenn nicht mehr persönlichen
Kontakt mit einem Professor bietet, als Vorlesungen in einem überfüllten Hörsaal (vgl.
MASLACH & LEITER 2001,5-6).
Durch ein straffes Human-Resource-Management nimmt die Macht der Gewerkschaften
ab. Folgen eines solchen Managements sind erstens, dass die Mitglieder nicht mehr im
gleichen Maße bereit sind, ihre Arbeit aufs Spiel zu setzen, da sie das Vertrauen
verlieren, bessere Löhne und mehr Arbeitsplatzsicherheit zu bekommen (vgl. PHILLIPS
1993, zit. in: MASLACH & LEITER 2001,7).
Zweitens
werden
Arbeitsverhältnisse
mit
hohem
fachlichen
Anspruch
und
gewerkschaftlicher Bindung abgebaut und durch Arbeitsverhältnisse mit geringem
fachlichem Anspruch, Mindestlohn und keiner gewerkschaftlichen Bindung ersetzt.
Drittens werden Richtlinien für Angestellte am unteren Ende der Stufenleiter
aufgestellt. So sind z.B. Lehrer durch den gesetzlich festgelegten Lehrplan in ihrer
Tätigkeit eingeschränkt oder Manager der mittleren Führungsebene fühlen sich durch
die von Zentralmanagement und Aufsichtsbehörden angeordneten Vorgaben abhängig
(vgl. MASLACH & LEITER 2001,7).
„In unserer heutigen Zeit ist Burnout am Arbeitsplatz weit verbreitet. Das Auftreten von
Burnout ist umso wahrscheinlicher, wenn es eine große Diskrepanz zwischen den
Merkmalen des Berufes und der Person, die diesen ausübt, gibt. Wir arbeiten
zunehmend in einer Arbeitsumgebung, in der menschliche Werte immer mehr hinter
wirtschaftlichen Werten gereiht werden. Die Faktoren, die uns in Schwung halten, die
uns dazu anhalten, nicht nur gut, sondern auch hart zu arbeiten, werden ignoriert oder
heruntergespielt. Es wird von uns erwartet, dass wir uns nach den Anforderungen dieser
„schönen neuen Welt“ richten und herausfinden, wie man darin überlebt. Aber wenn die
Kluft zwischen den Menschen und den Anforderungen des Arbeitsplatzes zu groß ist, ist
der menschliche Preis, der für diesen Fortschritt zu zahlen ist, sehr groß“ (MASLACH
& LEITER 2001,10-11).
12
Nach all den gewonnen Erkenntnissen fassen MASLACH & LEITER (2001,18) die
Situation von Burnout wie folgt zusammen:
„Burnout ist ein Maßstab für die Diskrepanz zwischen dem Wesen eines Menschen und
dem, was er in seiner Arbeit tun muss. Es stellt einen Verschleiß von Werten, Würde,
Geist und Willen dar – einen Verschleiß der Seele. Es ist eine Krankheit, die sich
schrittweise und gleichmäßig über einen längeren Zeitraum hin ausbreitet und die
Menschen in einen Teufelskreis bringt, aus dem es nur schwer ein Entrinnen gibt“.
Früher war man der Meinung, dass nur bei Menschen, die in Sozialberufen tätig sind,
also z.B. Krankenpflegepersonal, Ärzte, Psychotherapeuten, Sozialarbeiter und Lehrer,
die Gefahr besteht, ein Burnout zu bekommen. Heute sind es vorrangig die besonders
engagierten, überdurchschnittlich um ihre Klienten oder Patienten bemühten Menschen
(vgl. HILLERT & MARWITZ 2006,14).
Der Begriff „Burnout“ hat eine beachtliche Verbreitung bis in den alltäglichen
Sprachgebrauch hinein gefunden. Ein Grund für diese starke Verbreitung könnte sein,
dass Burnout im Gegensatz zur Depression weniger negativ besetzt ist. Bei Burnout
werden die Ursachen sofort beim Unternehmen gesucht, während die Depression als
Schwäche des Menschen, nicht mit dem Leben fertig zu werden, gesehen wird. Daher
ist es leichter zu ertragen an Burnout zu leiden, als an einer Depression (vgl.
DEMEROUTI 1999, zit. in: LITZCKE & SCHUH 2007,155).
KNAUDER (2005,12) beschreibt, dass Burnout durch verschiedene Merkmale unserer
heutigen modernen Welt vermehrt zum Auftreten kommt. So wachsen die
Anforderungen im fachlichen Bereich durch gleichzeitige massive Einsparungen und
Umorientierungen. Zusätzliche Einflussgrößen auf Burnout sind noch zunehmende
Vereinsamung und Zerrüttung der Familien, die fortschreitende Spezialisierung in den
verschiedensten Berufen, der allgemeine Wertewandel sowie der Werte-Pluralismus.
13
2.5 Definitionsversuche
ROOK (1998,109) hat eine Sammlung von Burnout-Definitionen aufgestellt, um einen
Einblick in die Vielfalt der Bedeutungszuschreibung zu geben. Dabei werden die
verschiedenen Erklärungen nach personen- sowie arbeitsbezogenen Defizite unterteilt
und in zwei Kategorien geordnet.
Tabelle 1: Einteilung der Definitionen nach Kategorien
Kategorie 1: Defizit Person
-
„Burnout ist versagen, abgenützt oder erschöpft werden durch außerordentliche Verausgabung
an Energie, Kraft oder Ressourcen“ (FREUDENBERGER 1974).
-
„Burnout
ist
die
Anspannung
und
Erschöpfung
durch
Versuche,
bedrohliche
Größenwahnphantasien aufrechtzuerhalten“ (FISCHER 1983).
-
„Burnout kann als letzte Stufe in einer ganzen Kette von erfolglosen Versuchen zur Bewältigung
negativer Stressbedingungen angesehen werden“ (FARBER 1983).
-
„Burnout ist der Verlust an Motivation und Erwartungen, ein guter Helfer zu sein. Burnout
entsteht aus den ineffektiven Versuchen zu helfen“ (HARRISON 1983).
-
„Burnout ist ein Zustand von körperlicher, einstellungsmäßiger und emotionaler Erschöpfung
durch emotionalen Stress“ (PINES, ARONSON & KAFRY 1983).
-
„Burnout ist eine innere Erschöpfung, die in jedem Beruf auftreten kann. In Gang gesetzt wird
der Burnout-Prozess durch Autonomieeinbußen, die Ergebnisse gestörter Handlungsepisoden
sind“ (BURISCH 1994).
-
„Burnout ist ein Syndrom, welches aus der individuellen Wahrnehmung unerfüllter Bedürfnisse
und nicht erfüllter Erwartungen hervorgeht. Es ist gekennzeichnet durch fortschreitende
Desillusionierung, in Verbindung mit psychologischen und physischen Symptomen welche die
individuelle Selbsteinschätzung vermindern. Es entwickelt sich graduell über die Zeit hinweg“
(GOLD & ROTH 1993).
-
„Burnout ist ein Syndrom, zusammengesetzt aus emotionaler Erschöpfung, Depersonalisierung
und dem Gefühl reduzierter Leistungsfähigkeit, das insbesondere bei Personen auftreten kann,
die mit Menschen arbeiten“ (MASLACH & JACKSON 1984).
Bei den Defiziten einer Person ist zu erwähnen, dass gerade das Helfen wollen sehr viel
Kraft kostet. Zusätzlich fehlt die Fähigkeit negativen Stress zu verarbeiten. Unerfüllte
Bedürfnise und nicht erfüllte Erwartungen führen unter anderem zu Motivationsverlust.
Der Versuch, trotzdem weiter alles zu geben, verschlechtert noch mehr die Situation
und führt zu körperlicher, einstellungsmäßiger und emotionaler Erschöpfung.
14
Kategorie 2: Defizit Arbeit
-
„Burnout ist das Ausmaß, in dem ein Arbeitnehmer sich getrennt oder entfremdet hat von der
ursprünglichen Bedeutung und dem ursprünglichen Ziel seiner Arbeit, d.h. das Ausmaß, in dem
Arbeitnehmer Haltungen der Entfremdung gegenüber ihren Klienten, Arbeitsstellen, Kollegen
oder Projekten ausdrücken“ (BERKELEY PLANNING ASSOZIATION 1977).
-
„Burnout ist das Resultat eines transaktionalen Prozesses, der sich aus Arbeitsbelastungen, Stress
und psychologischer Anpassung zusammensetzt, in welchem ein ursprünglich engagierter
Professioneller sich als Reaktion auf die in der Arbeit erfahrenen Stressoren und den erlebten
Stress von seiner oder ihrer Arbeit zurückzieht“ (CHERNISS 1980).
-
„Burnout ist kein Problem individueller Bewältigung oder Anpassung. Es ist ein kulturelles und
historisches Phänomen. Burnout resultiert aus einem Verlust von geistigen Vorsätzen und
Engagement in der Arbeit“ (CHERNISS & KRANTZ 1983).
-
„Burnout ist ein fortschreitender Verlust von Idealismus, Energie und Betroffenheit durch
fortschreitende Desillusionierung – ein Verlust, den die in den helfenden Berufen Beschäftigten
als Folge der Arbeitsbedingungen erfahren“ (EDELWICH & BRODSKY 1984).
-
„Burnout ist ein arbeitsbezogenes Syndrom, welches aus der Wahrnehmung eines Individuums
herrührt, dass eine signifikante Diskrepanz zwischen Einsatz und Belohnung besteht, diese
Wahrnehmung wird beeinflusst durch individuelle, organisationsbezogene und soziale Faktoren.
Es erscheint am häufigsten bei denen, die von Angesicht zu Angesicht arbeiten mit
Sorgen/Schwierigkeiten-machenden
oder
bedürftigen
Klienten
und
ist
typischerweise
gekennzeichnet durch Rückzug von und Zynismus gegenüber den Klienten, emotionaler und
physischer Erschöpfung, und verschiedenen psychischen Symptomen wie Reizbarkeit, Angst,
Traurigkeit und niedriger Selbstachtung“ (FARBER 1991).
-
„Burnout ist ein negativer Zustand körperlicher, emotionaler und geistiger Erschöpfung, es ist
das Endresultat eines graduellen Prozesses der Desillusionierung in dem Streben, aus der Arbeit
einen Sinn von existentieller Bedeutsamkeit herzuleiten. Typischerweise wird es bei hoch
motivierten Personen festgestellt, die über längere Zeitperioden hinweg in emotional
beanspruchenden Situationen arbeiten“ (PINES 1993).
-
„Burnout ist ein arbeitsspezifisches Antwortmuster auf Fehlanforderungen vor allem
Stresszustände – unter der Voraussetzung, dass emotional (über)-beanspruchende Arbeit mit
Menschen in helfenden Berufen in besonderem Maße gegeben ist“ (ENZMANN & KLEIBER
1989).
Leider erfüllen die Kriterien eines Arbeitsplatzes nicht immer die Vorstellung des
Arbeitnehmers. Große Erwartungen und hochgesteckte Ziele werden seitens des
Arbeitgebers oft nicht erfüllt. Vor allem sind Berufsneulinge sehr motiviert und
ehrgeizig. Allerdings können gerade beim Arbeitsbeginn unerwartete Faktoren auf
einen zu kommen, mit denen nicht umgegangen werden kann. So führen z.B. berufliche
Überforderungen, ohne von Arbeitskollegen Hilfe zu bekommen, oder ein starkes
Missverhältnis zwischen Einsatz und Belohnung zu emotionaler Erschöpfung,
15
Depersonalisierung und dem Gefühl reduzierter Leistungsfähigkeit.
RÖSING (2003,68) hebt besonders an dieser Definitionssammlung die innere
Erschöpfung, die Desillusionierung, die Negativierung der Arbeitseinstellung, den
Verlust an Selbstvertrauen, an Mut und an Hoffnung hervor.
2.6 Eingrenzungen
BURISCH, der von vielen unterschiedlichen Autoren viele unterschiedliche
Definitionen beschreibt, ist von der Definition von MASLACH & LEITER (1997, zit.
in: BURISCH 2006,20) begeistert, weil sie die dramatischen Veränderungen
kennzeichnet, die er selbst in den vergangenen Jahren an einigen Menschen seines
engsten Bekanntenkreises beobachten musste:
Abb.1: Der Weg nach unten
„... eine Erosion der Werte, der Würde, des Geistes und des Willens – eine Erosion der
menschlichen Seele. Es ist ein Leiden, das sich schrittweise und ständig ausbreitet und
Menschen in eine Abwärtsspirale zieht, aus der das Entkommen schwer ist“.
HILLERT & MARWITZ (2006,14) legten fest, dass unter Burnout der zu Erschöpfung
und Auszehrung führende Prozess bzw. der Endzustand eines solchen verstanden wird.
ENZMANN (1996,24) beschreibt als einflussreichste Definition, jene von MASLACH
& JACKSON (1986), der die Entwicklung des Maslach-Burnout-Inventory (MBI)
(MASLACH & LEITER 1981,1986), ein Instrument zur Messung von Burnout,
zugrunde liegt:
16
„Burnout is a syndrome of emotional exhaustion, depersonalization, and reduced
personal accomplishment that can occur among individuals who do „people work‟ of
some kind, … The Emotional Exhaustion subscale assesses feelings of being emotional
overextended and exhausted by one‟s work. The Depersonalization subscale measures
an unfeeling and impersonal response towards recipients of one‟s service, care,
treatment, or instruction. The Personal Accomplishment subscale assess feelings of
competence and succesful achievement in one‟s work with people.”
LITZCKE & SCHUH (2007,157) fassen die Definition von Burnout nach MASLACH
& LEITER (2001) zusammen und übersetzen sie wie folgt:
Das Burnout-Syndrom besteht aus Subdimensionen:
-
Emotionale Erschöpfung/Rasche Ermüdung
-
Depersonalisierung/Gleichgültigkeit im sozialen Kontakt
-
Reduzierte persönliche Leistungsfähigkeit im Beruf/Unzufriedenheit mit der
eigenen Leistung
„Emotionale Erschöpfung heißt, durch den Kontakt zu anderen emotional überfordert
und ausgelaugt zu sein sowie die Fähigkeit zur Regeneration verloren zu haben“
(MASLACH 1985, zit. in: LITZCKE & SCHUH 2007,157)
„Depersonalisierung meint eine gefühllose, zynische und gleichgültige Reaktionsweise
sowie die Kontaktvermeidung gegenüber denen, die Empfänger einer Hilfsleistung
sind“ (MASLACH 1985, zit. in: LITZCKE & SCHUH 2007,157).
„Die reduzierte persönliche Leistungsfähigkeit und Erfüllung bezieht sich auf die
Neigung, sich in der Arbeit nicht als kompetent und erfolgreich zu erleben“
(MASLACH 1985, zit. in: LITZCKE & SCHUH 2007,157).
17
Als elaborierteste und geschliffenste Definition, wobei es sich um eine Arbeitsdefinition
handelt, beschreibt BURISCH (2006,19) jene von SCHAUFELI & ENZMANN (1998):
„Burnout ist ein dauerhafter, negativer, arbeitsbezogener Seelenzustand „normaler“
Individuen. Er ist in erster Linie von Erschöpfung gekennzeichnet, begleitet von Unruhe
und Anspannung (distress), einem Gefühl verringerter Effektivität, gesunkener
Motivation und der Entwicklung disfunktionaler Einstellungen und Verhaltensweisen
bei der Arbeit. Diese psychische Verfassung entwickelt sich nach und nach, kann dem
betroffenen Menschen aber lange unbemerkt bleiben. Sie resultiert aus einer
Fehlpassung von Intentionen und Berufsrealität. Burnout erhält sich wegen ungünstiger
Bewältigungsstrategien, die mit dem Syndrom zusammenhängen, oft selbst aufrecht“
3. Burnout in Österreich
Eine, vom research-team Graz, österreichweit durchgeführte Studie zum Thema
Burnout informiert über die Ausbreitung der Problematik. Auf dem Burnout-Folder
(http://www.research-team.at/)
steht,
dass
beinahe
10%
der
österreichischen
Bevölkerung von Burnout bereits betroffen sind. Jene Studie belegt auch, dass der
Anstieg der Krankheit alarmierend ist und Burnout als die neue „Volkskrankheit“
bezeichnet wird.
Folgende Ergebnisse lieferte eine im Rahmen der Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung
von Statistik Austria im Jahre 2007 (Jänner bis September) durchgeführte Befragung zu
arbeitsbezogenen Gesundheitsproblemen und Arbeitsunfällen (http://www.statistik.at/).
„Vier von zehn Erwerbstätigen in Österreich waren an ihrem Arbeitsplatz physischen
Belastungsfaktoren, wie z.B. hantieren mit schweren Lasten ausgesetzt, ein Drittel litt
unter psychischen Belastungen, wie z.B. Zeitdruck. Insgesamt unterlagen 56% der
Erwerbstätigen physisch und/oder psychisch belastenden Arbeitsbedingungen“.
18
42% oder 1,7 Millionen waren zumindest einem physischen Belastungsfaktor
ausgesetzt:
-
19% (775.000) → gaben an mit schweren Lasten zu hantieren und/oder müssen
schwierige Körperhaltungen einnehmen.
-
15% (608.000) → stehen unter Einfluss von Chemikalien, Dämpfen oder Rauch.
-
8% (312.000) → waren durch Lärm oder Vibrationen beeinträchtigt.
Physische Belastungsfaktoren treten vor allem bei den Selbständigen und Mithelfenden
in der Land- und Forstwirtschaft auf, gefolgt von den Unselbständigen mit manuellen
Tätigkeiten.
32% oder 1,3 Millionen erwerbstätige Österreicher (800.000) und Österreicherinnen
(490.000) waren zumindest einem psychischen Belastungsfaktor ausgesetzt:
-
33% der Männer und 24% der Frauen standen unter hohem Zeitdruck.
-
2,2% der Männer und 2,5% der Frauen wurden belästigt oder gemobbt.
-
0,7% der Männer und 0,9% der Frauen litten am Arbeitsplatz unter Gewalt oder
der Anordnung von Gewalt.
„Psychische Belastungen treten vor allem bei Selbständigen und Unselbständigen mit
nicht-manuellen Tätigkeiten auf. Personen mit hochqualifizierten Tätigkeiten sowie
Erwerbstätige in freien Berufen wiesen die höchsten Prozentzahlen der durch Zeitdruck
Belasteten auf“.
Zusammengefasst litten 13,3% an berufsbedingten Beschwerden. Davon klagten zwei
Drittel (351.000 Personen oder 8,7% aller Erwerbstätigen) über Knochen-, Gelenksoder Muskelbeschwerden. Am häufigsten Betroffen war der Rücken.
„Aufgrund ihrer Arbeitssituation litten 0,8% (33.000) unter Stress, Angstzuständen oder
Depressionen. Am schwersten sind höher und hoch qualifizierte Angestellte davon
betroffen“.
LOEBELL, MILLONIG & PRUCKNER (2004, zit. in: OSCHABNIG 2005,42)
beschreiben, dass 20% der Erwerbstätigen in Österreich Phasen durchleben, die dem
Burnout-Syndrom gleichen und 27% unter ungesundem Stress stehen. Weiters erklären
sie, dass 30% der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen unter psychosomatischen
19
Erkrankungen leiden und ca. 46% aller Krankenstandstage psychische Ursachen haben.
Somit leidet nicht nur der Betroffene, sondern es entstehen auch hohe wirtschaftliche
Kosten. 2,4 Milliarden Euro beträgt der auf Grund von Burnout verursachende Schaden.
Die ehemalige österreichische Gesundheitsministerin Dr. Andrea Kdolsky erwähnte in
einem Pressebericht vom 14.04.2008 (http://www.bmgfj.gv.at/), „dass in den
Industriestaaten seelisches Leid die größte Gesundheitsgefahr im 21. Jahrhundert sein
wird. Nach den jüngsten Zahlen der WHO, werden im Jahre 2020 psychische Leiden,
nach Herz-Kreislauferkrankungen, an zweiter Stelle liegen“.
„In Österreich leiden nach einer Untersuchung der Statistik Austria 12 Prozent der
Bevölkerung an starkem oder extremen Kummer, Niedergeschlagenheit oder Sorgen.
Insgesamt leiden rund eine halbe Million Menschen in Österreich an depressiven
Symptomen. Im Vergleich leiden nur wenige Menschen an psychotischen Störungen,
ein Großteil der Betroffenen hat mit Burnout, Panik- und Angststörungen zu kämpfen.
Diese können jeden treffen“.
4. Symptomatologie
Da Burnout mittlerweile bei rund 60 Berufen und Personengruppen beschrieben worden
ist, hat BURISCH (2006, 21) folgende in Oberkategorien gegliederte Aufstellung,
getroffen:
-
Beratung:
Anwälte, vor allem in öffentlichen Rechtsberatungsstellen (CHERNISS 1980a, 1995;
MASLACH & JACKSON 1978; PETERMANN & STUDER 2003)
Organisationsberater und Trainer (MITCHELL 1977)
Personal von Beratungsstellen (BARON & COHEN 1982; BOY & PINE 1980;
CUMMINGS & NALL 1982,1983; GARTE & ROSENBLUM 1978; SAVICKI &
COOLEY 1982; TIEDEMAN 1979; WARNATH & SHELTON 1976; WATKINS
1983)
Schulpsychologen (HUBERTY & HUEBNER 1988; LAST & SILBERMAN 1989;
REINER & HARTSHORNE 1982; WRIGHT & THOMAS 1982)
Studentenberater (FORNEY, WALLACE-SCHUTZMANN & WIGGERS 1982)
20
-
Dienstleistungsberufe
Apotheker (LAHOZ & MASON 1989)
Bestatter (ROGNESS 1988)
Bibliothekare (NAVRATIL 1987; NEVILLE 1981)
Hauswirtschaftsleiterinnen (STEWART & MESZAROS 1981)
Krankenhaus-Apotheker (RADDE 1982)
Stewardessen (HOCHSCHILD 1983)
-
Hoheitsdienste
Fluglotsen (MOHLER 1983)
Gefängnispersonal (BRODSKY 1982; FARMER 1988; SCHAUFELI & PEETERS
2000; SHAMIR & DRORY 1982)
Polizisten (ELLISON & GENZ 1978; FÜLLGRABE 1982; JACKSON & MASLACH
1982; MASLACH & JACKSON 1979; ROBINETTE 1987)
Richter (SURAN 1982; WEGNER et al. 2000; WEGER, SZADKOWSKI, GRIMM,
KOOPS, POSCHADEL, HERRMANN & BAUR 2001)
-
Medienberufe
Journalisten (HARRISON 1988; BODIN 2000)
Reporter (STEIN 1984)
-
Medizinische Versorgung
Ärzte und Zahnärzte (AMSTUTZ, NEUENSCHWANDER & MODESTIN 2001;
ARONSON, PINES & KAFRY 1983; BATES 1982; BENBOW 1988; HALL et al.
1979; HERSCHBACH 2002,1979; PINES 1981; STERN 1996; ST-YVES et al. 1989;
WEBBER & JAEKEL-REINHARD 2000; WEGNER et al. 2000; WEGNER et al.
2002; WISE & BERLIN 1981)
Hebammen (BEAVER, SHARP & COTSONIS 1986)
Medizinisch-Technische-Assistentinnen (HUNTER, JENKINS & HAMPTON 1982)
Zahnarzthelferinnen (DUNLAP & STEWARD 1983)
-
Nichtmedizinische Therapie
Beschäftigungstherapeuten (BURNETT-BEAULIEU 1982)
Mitarbeiter von Kriseninterventionsstellen (WYNKOOP 2002)
Psychoanalytiker (FREUDENBERGER & ROBBINS 1979; COOPER 1986)
Psychotherapeuten (FARBER 1983 a & b; FARBER & HEIFETZ 1982; KLEIBER
1989; KÜNZEL & SCHULTE 1986; LARSON, GILBERTSON & POWELL 1978)
Sprach und Stimmtherapeuten (MILLER & POTTER 1982)
21
-
Pflege
Altenpflegerinnen (BALK 1989; ENGELKAMP 2002; WEYER & ZIMBER 1997)
Eltern und Therapeuten autistischer Kinder (SULLIVAN 1979)
Gemeindeschwestern ( (CHERNISS 1980a,1995)
Krankenschwestern (FRIEL & TEHAN 1980; GAUDINSKI 1979; LAMMERT 1981;
LEWISTON, CONLEY & BLESSING-MOORE 1981; MCCONNEL 1981; MOHL et
al. 1982; PATRICK 1979; SCHWARTZ & WILL 1953,1961; SHUBIN 1978;
SKINNER 1979; STOLRIE 1979)
Oberschwestern (CLARK 1980)
Pflegepersonal geistig behinderter Erwachsener (FIMIAN 1984; LAMB 1979;
MUMRO 1980)
-
Privatleben
(Ehe-) Partner (PINES 1988)
Eltern (PELSMA et al. 1989; PROCACCINI & KIEFABER 1983)
-
Rettungspersonal
Feuerwehrleute (GOZA-MACMULLAN 1988)
Sanitäter (SCOTT 1980)
-
Seelsorge
Missionare (CHESTER 1983)
Pfarrer und Priester (DANIEL & ROGERS 1981; HARBAUGH & ROGERS 1984;
SCHALL 1993; WARNER & CARTER 1984; WILLIMON 1989)
Rabbis (FREUDENBERGER 1982)
-
Sozialarbeit im weiteren Sinne
Bewährungshelfer (SCHONDELMAIER 1988)
Drogenberater (FREUDENBERGER 1974,1975; LACOURSIERE 2001; VALLE
1979)
Fürsorger (MASLACH 1976)
„Hauseltern“ in Kinderdörfern (THOMPSON 1980)
Jugendfürsorger (ARMSTRONG 1979; DALEY 1979; FREUDENBERGER 1977a;
GOELMAN & GUO 1998; MATTINGLY 1977; SHANNON & SALEEBEY 1980;
VAN AUKEN 1979)
Sozialarbeiter (BASSETT & LLOYD 2001; CHERNISS 1980b,1995; EDELWICH &
BRODSKY 1980; GIBSON, MCGRATH & REID 1989; HARRISON 1980; LLOYD,
KING & CHENOWETH 2002; TAYLOR-BROWN et al. 1982)
22
-
Unterricht und Lehre
Erwachsenenbildner (ZAHN 1980)
Erzieher(innen) (MASLACH & PINES 1977; PINES & MASLACH 1980;
SEIDERMAN 1978)
Hochschullehrer (BARTH 1985; BOICE 1986; SINGH, MISTRA & KIM 1998)
Lehrer(innen) (ANDERSON 1980; ANSTÖTZ 1987; BARDO 1979; BECKER &
GONSCHOREK 1989; BELCASTRO 1982; BLOCH 1978; CHERNISS 1980a,1995;
CHRISTENSEN 1981; COOK & LEFFINGWELL 1982; DUBRIN et al. 1979;
FIMIAN & SANTORO 1983; HENDRICKSON 1979; JOHNSON, GOLD &
VICKERS 1982; LAWRENSON & MCKINNON 1982; MEADOW 1981; METZ
1980; OLSON & MATUSKEY 1982; REED 1979; SMITH & MCWILLIAMS 1980;
SCHWAB 1981; SCHWAB & IWANICKI 1982; SPARKS 1979; THOMPSON &
POWERS 1983; VANDENGERGHE & HUBERMANN 1999; WEGNER et al. 2000;
WEISKOPF 1980; WESTERHOUSE 1980; ZABEL & ZABEL 1982)
Sporttrainer (CACCESE & MAYERBERG 1984; CAPEL 1986; CAPEL, SISLEY &
DESERTRAIN 1987; SCHLIERMANN, HAGENAH & HÖRMANN 2002)
-
Verwaltung
Leiter von Schulen, Hochschulen, Kliniken und Rehabilitationseinrichtungen (BURKE
& GREENGLASS 1989; CLARK 1980; EMENER 1979; SARROS 1988; VASH 1980;
VAUGHAN 1982; VENINGA 1979)
Verwaltungsbeamte (VASH 1980; VENINGA & SPRADLEY 1981)
-
Wirtschaft
Investment-Banker und Anleger (BUSKAMP 2004)
Kreditsachbearbeiter (POE & SCHERR 1981)
Kundendienstmitarbeiter (ZEMK 1981)
Manager (CHERNISS 1980c; ETZION, KAFRY & PINES 1982; FREUDENBERGER
1977b; GINSBURG 1974; KAHN 1978; LAUDERDALE 1982; LEVINSON 1981;
NELSON 1980; PINES & ARONSON 1989)
Sekretärinnen (ANDERSON 1983; NAGY 1985)
Versicherungspersonal (SPERBER 1984)
-
Sonstiges
Arbeitslose (AMUNDSON & BORGEN 1982; KASL & COBB 1970; KASL, GORE
& COBB 1975)
Ingenieure (ETZION 1988)
Sozialforscher (LEVINE 1982)
Sportler (FENDER 1989; PETERMANN 2004)
Studenten (GOLD, BACHELOR & MICHAEL 1989; MEIER & SCHMECK 1985)
23
Bei dieser Aufstellung handelt es sich überwiegend um Berufe oder Rollen, von denen
nicht nur Hilfe im technischen Sinne erwartet wird, sondern auch emotionale
Zuwendung (wie z.B. Versorgen, Beraten, Anleiten, Heilen, Schützen, etc.). Zusätzlich
zu diesem Schema lässt sich auch das Burnout-Syndrom bei Kellner, Frisöre,
Handelsvertretern,
Krankenwagen,
Animateuren,
Fremdenführern, Rezeptionisten, Fahrern von
Krankengymnasten,
Rettungsmannschaften,
Auskunftsdiensten,
Verkäufer, aber auch bei Hausfrauen und Eltern, speziell bei Alleinerziehenden
feststellen (vgl. BURISCH 2006,24).
4.1 Burnout-Symptomatik
Nach BURISCH (2006) sowie nach SCHAUFELI & ENZMANN (1998) existieren
insgesamt mehr als 130 verschiedenartige Symptome für das Burnout-Syndrom.
BURISCH unterteilt sie in sieben Oberkategorien (siehe Tabelle 2), während
SCHAUFELI
&
ENZMANN
zwischen
Symptomen
auf
der
indivudellen,
interpersonellen und institutionellen Ebene unterscheiden und diese dann in fünf
Kategorien einteilen (siehe Tabelle 3).
4.1.1 Symptomatik nach BURISCH
BURISCH (2006,24) möchte mit seiner Zusammenstellung einen ersten umfassenden
Überblick darstellen. Dabei wurden aus der gesamten Literatur „nur“ die häufigst
genannten Symptome berücksichtigt um diese dann in 7 Kategorien zu unterteilen:
-
Kategorie 1: Warnsymptome der Anfangsphase
-
Kategorie 2: Reduziertes Engagement
-
Kategorie 3: Emotionale Reaktionen, Schuldzuweisung
-
Kategorie 4: Abbau
-
Kategorie 5: Verflachung
-
Kategorie 6: Psychosomatische Reaktionen
-
Kategorie 7: Verzweiflung
24
Tabelle 2: Burnout-Symptomatik nach BURISCH (2006)
Kategorie 1: Warnsymptome der Anfangsphase
a. Vermehrtes Engagement für Ziele
-
Beschränkung sozialer Kontakte auf
-
Hyperaktivität
Klienten
-
Freiwillige unbezahlte Mehrarbeit
-
Gefühl der Unentbehrlichkeit
-
Chronische Müdigkeit
-
Gefühl, nie Zeit zu haben
-
Energiemangel
-
Verleugnung eigener Bedürfnisse
-
Unausgeschlafenheit
-
Verdrängung von Misserfolgen und
-
Erhöhte Unfallgefahr
b. Erschöpfung
Enttäuschungen
Kategorie 2: Reduziertes Engagement
a. Für Klienten, Patienten etc.
c. Für die Arbeit
-
Desillusionierung
-
Verlust von Idealismus
-
Verlust positiver Gefühle gegenüber
-
Desillusionierung
Klienten
-
Negative Einstellung zur Arbeit
-
Größere Distanz zu Klienten
-
Widerwillen und Überdruss
-
Meidung von Kontakt mit Klienten
-
Widerstand, täglich zur Arbeit zu gehen
und/oder Kollegen
-
Ständiges Auf-die-Uhr-sehen
Aufmerksamkeitsstörung in der Interaktion
-
Fluchtphantasien
mit Klienten
-
Tagträumen
Verschiebung des Schwergewichts von
-
Überziehen von Arbeitspausen
Hilfe auf Beaufsichtigung
-
Verspäteter Arbeitsbeginn
-
Schuldzuweisung für Probleme an Klienten
-
Vorverlegter Arbeitsschluss
-
Höhere Akzeptanz von Kontrollmitteln wie
-
Fehlzeiten
Strafen oder Tranquilizern
-
Verlagerung des Schwergewichts auf die
-
-
-
Stereotypisierung von Klienten, Kunden,
Schülern etc.
-
Betonung von Fachjargon
-
Dehumanisierung
b. Für andere allgemein
Freizeit, Aufblühen am Wochenende
-
Höheres Gewicht materieller
Bedingungen für die Arbeitszufriedenheit
d. Erhöhte Ansprüche
-
Konzentration auf die eigenen Ansprüche
-
Unfähigkeit zu geben
-
Gefühl mangelnder Anerkennung
-
Kälte
-
Gefühl, ausgebeutet zu werden
-
Verlust von Empathie
-
Eifersucht
-
Verständnislosigkeit
-
Familienprobleme
-
Schwierigkeiten, anderen zuzuhören
-
Konflikt mit den eigenen Kindern
-
Zynismus
25
Kategorie 3: Emotionale Reaktionen, Schuldzuweisung
a. Depression
-
Pessimismus, Fatalismus
-
Schuldgefühle
-
Apathie
-
Reduzierte Selbstachtung
-
Selbstmordgedanken
-
Insuffizienzgefühle
-
Gedankenverlorenheit
-
Selbstmitleid
-
Humorlosigkeit
-
Vorwürfe an andere
-
Unbestimmte Angst und Nervosität
-
Verleugnung der Eigenbeteiligung
-
Abrupte Stimmungsschwankungen
-
Ungeduld
-
Verringerte emotionale Belastbarkeit
-
Launenhaftigkeit
-
Bitterkeit
-
Intoleranz
-
Abstumpfung, Gefühl von
-
Kompromissunfähigkeit
Abgestorbensein und Leere
-
Nörgeleien
-
Schwächegefühl
-
Negativismus
-
Neigung zum Weinen
-
Reizbarkeit
-
Ruhelosigkeit
-
Ärger und Ressentiments
-
Gefühl des Festgefahrenseins
-
Defensive/paranoide Einstellung
-
Hilflosigkeits-, Ohnmachtsgefühle
-
Misstrauen
-
Häufige Konflikte mit anderen
b. Aggression
Schuldzuweisung an andere oder „das
-
System“
Kategorie 4: Abbau
a. der kognitiven Leistungsfähigkeit
-
Verringerte Produktivität
-
Dienst nach Vorschrift
-
Konzentrations- und Gedächtnisschwäche
-
Unfähigkeit zu komplexen Aufgaben
-
Ungenauigkeit
-
Verringerte Phantasien
-
Desorganisation
-
Verringerte Flexibilität
-
Entscheidungsunfähigkeit
-
Unfähigkeit zu klaren Anweisungen
b. der Motivation
-
Verringerte Initiative
c. der Kreativität
d. Entdifferenzierung
-
Rigides Schwarzweißdenken
-
Widerstand gegen Veränderungen aller
Art
26
Kategorie 5: Verflachung
a. des emotionalen Lebens
-
-
Verflachung gefühlsmäßiger Reaktionen
-
Gleichgültigkeit
b. des sozialen Lebens
-
Weniger persönliche Anteilnahme an
anderen oder exzessive Bindung an
Meidung von Gesprächen über die eigene
Arbeit
-
Eigenbröteleien
-
Mit sich selbst beschäftigt sein
-
Einsamkeit
c. des geistigen Lebens
einzelne
-
Aufgeben von Hobbys
-
Meidung informeller Kontakte
-
Desinteresse
-
Suche nach interessanteren Kontakten
-
Langeweile
Kategorie 6: Psychosomatische Reaktionen
-
Schwächung der Immunreaktion
-
Rückenschmerzen
-
Schlafstörungen
-
Kopfschmerzen
-
Albträume
-
Nervöse Tics
-
Sexuelle Probleme
-
Verdauungsstörungen
-
Gerötetes Gesicht
-
Übelkeit
-
Herzklopfen
-
Magen-Darm-Geschwüre
-
Engegefühl in der Brust
-
Gewichtsveränderungen
-
Atembeschwerden
-
Veränderte Essgewohnheiten
-
Beschleunigter Puls
-
Mehr Alkohol/Kaffee/Tabak/andere
-
Erhöhter Blutdruck
-
Muskelverspannung
Drogen
Kategorie 7: Verzweiflung
-
Negative Einstellung zum Leben
-
Selbstmordabsichten
-
Hoffnungslosigkeit
-
Existentielle Verzweiflung
-
Gefühl der Sinnlosigkeit
SCHAUFELI & ENZMANN (1998, zit. in: RÖSING 2003,63) beklagen an dieser Liste,
dass es kaum noch ein Symptom gebe, das nicht aufgeführt sei, und dass ein so weites
Konzept, welches praktisch alles einschließt, jegliche Bedeutung verliere.
Selbst BURISCH (2006,27) macht darauf aufmerksam, dass nicht alle Symptome in
einem Burnout-Fall vorhanden sein müssen. Seiner Meinung nach erhöht das
Vorhandensein eines Symptoms die Wahrscheinlichkeit, mit dem die anderen ebenfalls
auftreten, bzw. auftreten werden, die Gefahr in ein Burnout zu gelangen.
27
4.1.2 Symptomatik nach SCHAUFELI & ENZMANN
SCHAUFELI & ENZMANN (1998, zit. in: RÖSING 2003,60-63) erstellten ebenfalls
eine Übersicht und Gliederung über die Symptome, welche eine gute Orientierung über
das Burnout-Syndrom darstellen:
Sie wurden nach 3 Ebenen geordnet:
-
Symptome auf der individuellen Ebene
-
Symptome auf der interpersonellen Ebene und
-
Symptome auf der institutionellen Ebene
Für jede dieser 3 Ebenen werden 5 Symptombereiche unterschieden:
-
Affektive Symptome
-
Kognitive Symptome
-
Physische Symptome
-
Verhaltenssymptome
-
Motivationssymptome
Tabelle 3: Mögliche Burnout-Symptome nach SCHAUFELI & ENZMANN (1998)
Symptome auf individueller Ebene
a. Affektive Symptome
-
Ständiges Aufschieben
-
Erhöhter Konsum von: Koffein, Tabak,
-
Niedergeschlagenheit
-
Traurigkeit
-
Emotionale Erschöpfung
-
Beruhigungsmitteln, illegalen Drogen
-
Stimmungsschwankungen
-
Zuviel oder zuwenig essen
-
Verminderte emotionale Kontrolle
-
Hohes Risikoverhalten (z.B.
-
Undefinierte Ängste
-
Erhöhte Spannung
-
Aufgabe von Freizeitaktivitäten
-
Ängstlichkeit
-
Zwanghaftes Jammern
b. Kognitive Symptome
Alkohol
Fallschirmspringen...)
e. physische Symptome
-
Hilflosigkeit
-
Kopfschmerzen
-
Verlust von Sinn und Hoffnung
-
Übelkeit
-
Angst „verrückt zu werden“
-
Schwindel
-
Gefühle von Machtlosigkeit und
-
Ruhelosigkeit
Unfähigkeit
-
Nervöse Tics
Gefühle von „in der Falle sitzen“
-
Muskelschmerzen
-
28
-
Gefühl zu scheitern
-
Sexuelle Probleme
-
Gefühl von Unzulänglichkeit
-
Schlafstörungen (Schlaflosigkeit)
-
Geringes Selbstwertgefühl
-
Alpträume, exzessives Schlafbedürfnis)
-
Konstante Beschäftigung mit sich selbst
-
Plötzliche Gewichtsabnahme oder -
-
Schuld
-
Selbstmordgedanken
-
Unfähigkeit sich zu konzentrieren
-
Vergesslichkeit
-
Erhöhte Herzfrequenz
-
Schwierigkeit mit komplexen Aufgaben
-
Hoher Blutdruck
-
Starrheit und schematisches Denken
-
Erhöhte elektrodermale Reaktion
-
Tagträumen und Phantasien
-
Hoher Cholesterinspiegel
-
Einsamkeit
-
Appetitlosigkeit
-
Verminderte Frustrationstoleranz
-
Kurzatmigkeit
-
Zunahme prämenstrueller Spannung
zunahme
-
c. Motivationssymptome
Verletzungen aufgrund risikoreichen
Verhaltens
-
Begeisterungsverlust
-
Ausfall des Menstruations-Zyklus
-
Verlust des Idealismus
-
Chronische Müdigkeit
-
Desillusionierung
-
Physische Erschöpftheit
-
Resignation
-
Hyperventilation
-
Enttäuschung
-
Körperliche Schwäche
-
Langeweile
-
Geschwür
-
Demoralisation
-
Magen-Darm-Funktionsstörungen
d. Verhaltenssymptome
-
Koronare Krankheiten
-
Hyperaktivität
-
Häufige und anhaltende Erkältung
-
Unfallzunahme
-
Aufflackern bereits vorhandener
-
Impulsivität
Funktionsstörungen (Asthma, Diabetes)
Symptome auf interpersoneller Ebene
a. Affektive Symptome
d. Verhaltensymptome
-
Reizbarkeit
-
Gewaltsame Ausbrüche
-
Überempfindlichkeit
-
Neigung zu gewaltsamem und
-
Kühl und emotionslos Sein
-
Nachlassende emotionale Empathie mit
aggressivem Verhalten
-
Klienten
-
Zunehmende Wut
b. Kognitive Symptome
-
zynische und dehumanisierte
Interpersonelle, Ehe- und
Familienkonflikte
-
Soziale Isolation und Zurückgezogenheit
-
Distanziertheit zu Klienten
-
Mechanische Reaktionen Klienten
Wahrnehmung der Klienten
betreffend
-
Negativismus Klienten betreffend
-
Isolation von oder übermäßiger Bindung
-
Pessimismus Klienten betreffend
-
Nachlassende kognitive Empathie Klienten
-
Kranker Humor Klienten betreffend
betreffend
-
Ausdruck von Hoffnungslosigkeit,
an Mitarbeiter
29
-
Stereotypisierung von Klienten
Hilflosigkeit und Sinnlosigkeit Klienten
-
Abfällige Etikettierung von Klienten
gegenüber
-
„Dem Opfer die Schuld geben“
-
Nimbus von Großartigkeit
-
Nimbus von Rechtschaffenheit
-
Eifersucht
-
„Märtyrertum“
-
Abschottung
-
Feindseligkeit
-
Argwohn
-
Interesse-Verlust
-
Projektion
-
Entmutigung
-
Paranoia
-
Desinteresse Klienten betreffend
-
Klienten dazu benutzen, persönliche und
-
Distanzierung
e. Motivationssymptome
c. Physische Symptome
-
Gebrauch von Hilfsmitteln zur
keine
soziale Bedürfnisse zu stillen
-
Übermäßige Involviertheit
Symptome auf institutioneller Ebene
a. Affektive Symptome
-
Arbeitsunzufriedenheit
b. Kognitive Symptome
-
Zunehmende Krankmeldung
-
Beständige Abwesenheit
-
Diebstahl
-
Zynismus, was die Arbeit betrifft
-
Widerstand gegen Veränderungen
-
Gefühle nicht anerkannt zu werden
-
Übermäßige Abhängigkeit von
-
Misstrauen dem Management,
Vorgesetzten
Gleichgestellten und Vorgesetzten
-
Häufiges „Auf-die-Uhr-sehen“
gegenüber
-
Sich nur nach Vorgaben richten
-
Häufige Unfälle
keine
-
Organisationsunfähigkeit
d. Verhaltenssymptome
-
Armseliges Zeitmanagement
c. Physische Symptome
-
-
reduzierte Effektivität
e. Motivationssymptome
-
dürftige Arbeitsleistung
-
Verlust der Arbeitsmotivation
-
abnehmende Produktivität
-
Widerstand zur Arbeit zu gehen
-
Unpünktlichkeit
-
Dämpfung der Arbeitsinitiative
-
Umsatz
-
Niedrige Moral
RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE (2003,14) beschreiben anhand dieser Symptome,
dass nicht nur das Berufsleben von Burnout erfasst wird, sondern „es lassen sich auch
Ausstrahlungseffekte im Privatleben feststellen“ (GUSY 1995, zit. in: RÖHRIG &
REINERS-KRÖNCKE
2003,14).
Ein
Burnout-Prozess
kann
schwerwiegende
Änderungen im Leben eines Menschen hervorrufen. Dabei sind die Gefühle,
Einstellungen, Motive und das Verhalten betroffen. (vgl. RÖHRIG & REINERSKRÖNCKE 2003,14).
30
4.2 Messung von Burnout
Um überhaupt
von Burnout
sprechen zu können, benötigt
man spezielle
Messinstrumente.
RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE (2003,21) sind der Meinung, dass sich drei
Instrumente bewährt haben:
-
Der MBI (Maslach Burnout Inventory) von MASLACH & JACKSON 1981
-
Die Überdrussskala von ARONSON, PINES & KAFRY 1983
-
SBS-HP (Staff Burnout Scale for Health Professionals) von JONES 1981
Die Gemeinsamkeit bei diesen Instrumenten liegt darin, dass Burnout über die
Selbsteinschätzung gemessen wird. Unterschiede gibt es aber hinsichtlich ihrer
Dimension, Inhalte und Anwendungsbereiche und sind so kaum miteinander zu
vergleichen (vgl. GUSY 1995, zit. in: RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE 2003,21).
4.2.1 Der MBI (Maslach Burnout Inventory) von MASLACH & JACKSON 1981
Das Maslach Burnout Inventory (MBI) ist ein Fragebogen (siehe Anhang) und soll
feststellen, wie Arbeitnehmer ihre Arbeit erleben und gibt Auskunft über die Energie,
das Engagement und die Leistungsfähigkeit der Arbeiter in Bezug zur Arbeit (vgl.
MASLACH & LEITER 2001,161).
Nach MASLACH & LEITER (2001,162) werden die drei Kerndimensionen der
Arbeitserfahrung einer Person erfasst:
-
Erschöpfung – Energie
-
Depersonalisation – Engagement
-
Ineffizienz – Leistung
Der MBI konzentriert sich auf die persönlichen Erfahrungen von Menschen bei der
Arbeit und dementsprechend wurden die Fragen so entwickelt, dass ein Gefühl
ausgedrückt werden soll (z.B. emotional ausgelaugt, abgestumpft, überschäumend,
usw.), das sich auf die Arbeit bezieht (vgl. MASLACH & LEITER 1996,162).
Um Burnout zu messen, stellt
das
MBI das
valideste und
verbreitetste
31
Burnoutinstrument dar (vgl. ENZMANN & KLEIBER 1996,119).
Im Fragebogen werden die verschiedenen Dimensionen (emotionale Erschöpfung,
reduzierte persönliche Leistungsfähigkeit und Depersonalisation) anhand von Items
erfasst (vgl. RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE 2003,21).
Die deutsche Version des MBI, dargestellt von ENZMANN & KLEIBER (1996,119),
erfasst ebenfalls die Subskalen anhand von Items, welche:
-
Emotionale Erschöpfung (9 Items)
-
Depersonalisierung (5 Items) und
-
Reduziertes Wirksamkeitserleben (8 Items) sind.
RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE (2003,22-23) erklären, dass MASLACH &
JACKSON es aber nicht vorgesehen hatten, einen Gesamtwert für Burnout zu
berechnen, sondern die drei einzelnen Summenwerte für die verschiedenen
Dimensionen zu bestimmen:
Hoher Burnoutwert: bedeutet hohe Werte in den Dimensionen „emotionale
Erschöpfung“ und „Depersonalisierung“ und ein geringer Wert auf der Skala
„reduzierte persönliche Leistungsfähigkeit“.
Mittlerer Burnoutwert: ergibt sich aus den mittleren Werten auf allen drei Subskalen.
Niedriger Burnoutwert: wird festgestellt durch niedrige Werte auf den Subskalen
„emotionale Erschöpfung“ und „Depersonalisierung“ bei gleichzeitig hohem Wert auf
der Dimension „reduzierte persönliche Leistungsfähigkeit“.
Laut MASLACH & JACKSON (1986, zit. in: ENZMANN & KLEIBER 1996,119)
können die drei Dimensionen wie folgt umschrieben werden:
-
Emotionale Erschöpfung: das Gefühl, durch den Kontakt mit den Empfängern
der Dienste (Klienten/Patienten) emotional überanstrengt und ausgelaugt zu
sein.
-
Depersonalisierung: gefühllose und abgestumpfte bzw. dehumanisierende
Reaktionen gegenüber denjenigen Menschen, die Empfänger der Dienste oder
Fürsorge sind.
32
-
Reduziertes Wirksamkeitserleben: mangelnde Gefühle der Kompetenz und die
Einschätzung, in der Arbeit mit Menschen nicht erfolgreich zu sein.
4.2.2 Die Überdrussskala (Tedium-Measure) von ARONSON, PINES & KAFRY 1983
ARONSON, PINES & KAFRY (2006,235) definieren Überdruss als „das Erleben
körperlicher, emotionaler und geistiger Erschöpfung. Charakteristisch für diesen
Zustand sind negative Einstellungen zum Selbst, zur Umgebung, zur Arbeit und zum
Leben im allgemeinen“.
Definition nach ARONSON, PINES & KAFRY (2006,25):
„Überdruss kann aus jeder chronischen Belastung (geistiger, körperlicher oder
emotionaler Art) entstehen und ausbrennen ist das Resultat andauernder oder
wiederholter emotionaler Belastung im Zusammenhang mit langfristigem, intensivem
Einsatz für andere Menschen“.
Menschen, die ausbrennen, fühlen sich ganz allgemein elend. Sie sind körperlich,
geistig und emotional erschöpft und fühlen sich zusätzlich noch hilf- und hoffnungslos.
Dazu verliert man die Begeisterung für die Arbeit sowie für die Lebensfreude
(2006,13).
„Das Ausbrennen tritt meist nicht als Folge vereinzelter traumatischer Ereignisse auf,
sondern als schleichende seelische Auszehrung. Tragischerweise betrifft es vor allem
jene Menschen, die einmal besonders begeisterungsfähig und idealistisch waren“
(2006,13).
Wenn negative Aspekte vor den positiven Aspekten, in denen das Individuum zu viele
Belastungen, Konflikte und Anforderungen und zu wenig Anerkennung und Belohnung
erlebt, im Leben eines Menschen überwiegen, entsteht Überdruss. Plötzliche
Veränderungen im Leben eines Menschen, wie z.B. ein tragisches Lebensereignis,
führen selten zu Überdruss (2006,25).
ARONSON, PINES & KAFRY (2006,27) sehen körperliche, emotionale und geistige
Erschöpfung als wesentliche Komponenten für Burnout.
33
HILLERT & MARWITZ (2006,91) fassen die drei Dimensionen wie folgt zusammen:
-
Körperlicher Erschöpfung: umfasst Energiemangel, Ermüdung, körperliche und
psychosomatische Beschwerden sowie die Neigung zu vermehrtem Alkohol-,
Tabletten- oder Drogenmissbrauch.
-
Emotionale
Erschöpfung:
ist
durch
Niedergeschlagenheit,
Hilf-
und
Hoffnungslosigkeit bis hin zu Suizidtendenzen gekennzeichnet.
-
Geistige Erschöpfung: bezieht sich vor allem auf eine negative Einstellung im
Hinblick auf das Selbst, die Arbeit und das Leben im Allgemeinen.
Die Überdrussskala ist ebenfalls ein Fragebogen (siehe Anhang) und besteht aus 21
Items, die sich auf folgende Aspekte dieses Zustandes beziehen (vgl. ARONSON,
PINES & KAFRY 2006,235):
-
Körperlicher Erschöpfung: müde sein, körperlich erschöpft sein, sich erledigt
fühlen, sich abgearbeitet fühlen, sich ausgelaugt fühlen, bekümmert sein, sich
tatkräftig fühlen.
-
Emotionale Erschöpfung: sich niedergeschlagen fühlen, emotional erschöpft
sein, sich ausgebrannt fühlen, sich gefangen fühlen, bekümmert sein, sich
hoffnungslos fühlen, Angst haben.
-
Geistige Erschöpfung: glücklich sein, unglücklich sein, einen guten Tag haben,
sich wertlos fühlen, sich optimistisch fühlen, über andere Menschen verärgert
oder enttäuscht sein, sich zurückgewiesen fühlen.
Der errechnete Wert für den Überdruss ist der Mittelwert der Antworten auf die
einzelnen Fragen, von denen vier im Gegensinn bewertet sind: sich tatkräftig fühlen,
glücklich sein, einen guten Tag haben, sich optimistisch fühlen (vgl. ARONSON,
PINES & KAFRY 2006,235-236).
4.2.3 SBS-HP (Staff Burnout Scale for Health Professionals) von JONES 1981
Nach der Definition von MASLACH & PINES (MASLACH 1976; MASLACH &
PINES 1977; PINES & MASLACH 1978) kann das Burnout-Syndrom mittels des SBSHP gemessen werden. Der Fragebogen misst akute Stressreaktionen oder wie man sich
im Moment fühlt (ENZMANN & KLEIBER 1989, 108).
34
Diese Skala (siehe Anhang) besteht insgesamt aus 30 Items, wovon 10 sogenannte
Lügenitems (fünf positive: 4,7,9,19,20 und fünf negative: 3,12,15,23,24) sind, um starre
Antwortmuster oder Beeinflussung durch soziale Erwünschtheit zu vermeiden. Die
restlichen Items werden von folgenden vier Burnout-Faktoren erfasst:
-
psychische und interpersonelle Spannung
-
allgemeine Arbeitsunzufriedenheit
-
körperliches Kranksein und Distress sowie
-
unfachmännische Beziehung zu Patienten
Nach ENZMANN & KLEIBER (1989,108) erfassen die ersten drei Faktoren solche
Stressreaktionen (Reizbarkeit, die Bedeutung von Drogen bei der Bewältigung von
Konflikten in Beruf und Familie, psychosomatische Reaktionen und Beschwerden), wie
sie für beliebige Berufsgruppen denkbar sind. Nur der letzte Faktor ist typisch für
psychosoziale Berufe und wird von MASLACH mit Depersonalisierung umschrieben.
Die SBS-HP ist in der Burnout-Forschung gegenüber dem MBI und der Überdrussskala
von untergeordneter Bedeutung (vgl. GUSY 1995, zit. in: RÖHRIG & REINERSKRÖNCKE 2003,25).
Ebenso sind ENZMANN & KLEIBER (1989,114) der Meinung, dass es nicht viel Sinn
macht „noch ein Instrument zu konstruieren, wenn andere, validere und differenziertere
Erhebungsinstrumente bereits existieren“.
4.3. Burnout-Phasen und Verlauf
Die Entstehung von zahlreichen Phasenmodellen hat den Vorteil, dass es so zu einer
Gliederung der ansonsten sehr unübersichtlichen Problematik kommt. Die Zuordnung
von Symptomen zu Phasen sowie die Festlegung von Reihenfolge und Phasenzahl
erfolgte willkürlich. Der Nachteil ist, dass eine andere Gliederung ebenso gut oder sogar
besser sein könnte. Als Betroffener sollte man nicht versuchen sich in einem
Phasenmodell einzuordnen und entsprechend erleichtert oder entsetzt sein (vgl.
LITZCKE & SCHUH 2007,166).
35
Weitgehend Einigkeit in der Literatur herrscht zumindest bei der Meinung, dass
Burnout ein schleichend einsetzender und langwieriger Prozess ist (vgl. SAVICKI &
COOLEY 1983, zit. in: BURISCH 2006,39).
4.3.1 Burnout-Phasentheorien
BURISCH (2006,39-40) hat nach seiner Meinung die für ihn am besten beschriebenen
Verlaufsstadien mit den dazugehörigen Symptomen in einer übersichtlichen Form
dargestellt:
Tabelle 4: Burnout- Phasentheorien (BURISCH 2006)
Nach Lauderdale
a. Phase 1: Verwirrung
-
-
Vages Gefühl, dass etwas nicht in
Entspannung nur noch mit Alkohol und
Tranquilizern
Ordnung ist
c. Phase 3: Verzweiflung
-
Gelegentlich grundlose Angst
-
Insuffizienzgefühle
-
Beginnende somatische Symptome wie
-
Gefühl der Sinnlosigkeit
Kopfschmerzen, Angespanntheit,
-
Selbstanklagen
Schlaflosigkeit, Energiemangl
-
Zynismus
-
Misstrauen
b. Phase 2: Frustration
-
Unzufriedenheit und Ärger
-
Mechanisierung des Lebens
-
Gereiztheit gegen Freunde und Kollegen
-
Erschöpfungsgefühl schon bei kleinsten
-
Evtl. Arbeitsplatzwechsel
-
Gefühl, betrogen zu werden
-
Rückzug
-
Rückenschmerzen, Migräne
-
Apathie
Anforderungen
Nach Cherniss
a. Phase 1: Berufsstress
-
-
Erschöpfung
Anforderungen übersteigen die
c. Phase 3: Defensive Bewältigungsversuche -
Ressourcen
Emotionale Abkopplung
b. Phase 2: Stillstand
-
Rückzug
-
Angst
-
Zynismus
-
Spannung
-
Rigidität
-
Reizbarkeit
-
Ermüdung
36
Nach Edelwich
a. Phase 1: Idealistische Begeisterung
c. Phase 3: Frustration
-
Selbstüberschätzung
-
Erfahrung der Erfolglosigkeit und der
-
Hochgesteckte Ziele
-
Omnipotenzphantasien
-
Probleme mit Bürokratie
-
Optimismus
-
Fühlbarer Mangel an Anerkennung von
-
Hoher Energieeinsatz
-
Überidentifikation mit Klienten und mit
-
Zu viel Papierkrieg
der Arbeit allgemein
-
Gefühl der Inkompetenz
-
Psychosomatosen
Machtlosigkeit
Klienten und Vorgesetzten
b. Phase 2: Stillstand
-
Erste Enttäuschungen
-
Drogengebrauch
-
Bedürfnisse nach Komfort, Freizeit,
-
Überernährung
Freunden, Karriereaussichten werden
d. Phase 4: Apathie
wichtiger
-
Völlige Desillusionierung
-
Beschränkung der Kontakte auf Kollegen
-
Verzweiflung wegen schwindender
-
Reduzierung des Lebens auf die Arbeit
-
Familienleben leidet
-
Rückzug von Klienten
beruflicher Alternativen
-
Resignation und Gleichgültigkeit
Nach Maslach
a. Phase 1a: Emotionale Erschöpfung
-
Müdigkeit schon beim Gedanken an
-
Vermeidung von Unannehmlichkeiten
-
Reduzierung der Arbeit auf das
Arbeit
Allernotwendigste
b. Phae 1b: Physische Erschöpfung
d. Phase 3: Terminales Stadium
-
Schlafstörungen
-
Widerwillen gegen sich selbst
-
Anfälligkeit für Erkrankungen,
-
Widerwillen gegen alle anderen
Kopfschmerzen, sonstige Schmerzen
c. Phase 2: Dehumanisierung
-
Menschen
-
Widerwillen gegen überhaupt alles
Negative, zynische Einstellung zu
-
Schuldgefühl
Kollegen und Patienten
-
Rückzug ins Schneckenhaus
BURISCH (2006,40-41) fasst zusammen, dass alle diese Phasentheorien auf intuitiven
Typisierungsversuchen und nicht auf systematischen empirischen Studien beruhen.
Dazu
erfolgte
eine
willkürliche
Abgrenzung
der
Stadien
untereinander.
FREUDENBERGER und LAUDERDALE schreiben über Beschäftigte in der
Wirtschaft, EDELWICH, CHERNISS, sowie PINES und MASLACH bezogen sich auf
professionelle Helfer.
37
4.3.2 Phasenmodell nach BURISCH (2006,27-34)
Kategorie 1: Warnsymptome der Anfangsphase
Der Anfang eines Burnout-Prozesses ist gekennzeichnet durch ein Überengagement
bzw. einem überhöhten Energieeinsatz. Egal, ob es sich dabei um Engagement für ein
bestimmtes Ziel oder mehr ein allgemeines Ideal handelt, ob es um Klienten, Patienten,
Schüler geht oder um die berufliche Karriere. „Wer ausbrennt, muss einmal gebrannt
haben“ (BURISCH 2006,27). Ein Warnsignal erster Güte ist für BURISCH (2006,28),
wenn die Fähigkeit nach der Arbeit abzuschalten verloren geht. Bleibt zu wenig Zeit um
sich zu erholen schwinden allmählich die Kräfte, bis irgendwann die Erschöpfung
eintritt. Es ist nicht die Arbeitsmenge, die zählt, sondern die Gefühlslage, mit der man
seine Arbeit tut, bzw. seine Zeit verbringt. Das heißt, dass Burnout dort beginnt, wo es
ein Missverhältnis gibt:
-
zwischen Einsatz und Ertrag
-
zwischen Anstrengung und Belohnung
-
zwischen negativen und positiven Erfahrungen und Rückmeldungen.
In dieser ersten Phase würde ein Burnout-Kandidat nicht in den Rückzug gehen,
sondern er würde seine Anstrengungen erhöhen. Folgen eines solchen Vorhabens sind
z.B. viele unbezahlte Überstunden, Vernachlässigung der eigenen Familie und der
Freunde sowie eigene Bedürfnisse, wie z.B. sich mit Freunden zu treffen oder Sport zu
treiben, gelangen in den Hintergrund. Symptome dieser Phase sind vor allem chronische
Müdigkeit, das Gefühl, unausgeschlafen zu sein und zu wenig Energie zu haben (vgl.
BURISCH 2006,25-28).
Zur Frage, wie Burnout beginnt, meint FREUDENBERGER & RICHELSON
(1980,34): „Wie plötzlich es auch ausbrechen mag, das Ausbrennen ist ein chronischer
Zustand, auf den man sich wochen-, monate- oder auch jahrelang zubewegen kann“.
Um Burnout plötzlich zum Ausbruch zu bringen, bedarf es nur bestimmter
Lebensereignisse, wie z.B. dass ein Familienmitglied erkrankt oder man unter Druck bei
der Planung eines neuen Projekts steht. Im Entwicklungsstadium werden plötzlich
auftretende Symptome, wie z.B chronische Müdigkeit und Energiemangel, bewusst
nicht wahrgenommen. Betroffene wissen ihre Schwächen zu verbergen, um gegenüber
anderen nicht als Verlierer dazustehen.
38
Kategorie 2: Reduziertes Engagement
MASLACH (1978,1982a) und ARONSON et al., (1983) halten eine idealistische
Überhöhung der Arbeit für das Kernstück der Burnout-Problematik. Das anfangs
überschwellige gute Gefühl freiwillig etwas zu Geben schwenkt in dieser Phase um. Die
Einsatzbereitschaft für Klienten, Patienten, anderen (Familie, Freunde oder Bekannte)
oder für die Arbeit ist im Begriff zu sinken. Ständiges Geben ohne ausreichend dafür
belohnt zu werden führt entweder zu „erhöhten Ansprüchen“ oder zu einem innerlichen
Rückzug (vgl. BURISCH 2006,29).
Kategorie 3: Emotionale Reaktionen, Schuldzuweisung
In dieser Phase müssen zentrale Ziele aufgegeben werden, weil die eigene Energie nicht
reicht oder weil von außen Erfolge versagt werden. Um diese schmerzlichen Prozesse
zu akzeptieren, muss Trauerarbeit geleistet werden. Schuldzuweisungen können in zwei
Richtungen gehen. Man kann:
-
sich selbst
-
oder anderen die Schuld an dem unbefriedigenden Zustand zuschreiben.
Wird die Schuld gegen sich selbst gerichtet, führt das in die „Depression“. Es verbreitet
sich ein Gefühl der Hilflosigkeit und wird als persönliches Versagen interpretiert, was
zu einer Erniedrigung des Selbstwertgefühls führt. Man spricht nicht von einer
Depression im klinischen Sinne, jedoch der Weg dorthin ist bereits vorgegeben. In
diesem Stadium ist die Chance für erfolgreiche Problemlösung schon gemindert.
Wird die Schuld anderen zugeschrieben, so führt dies zu „Aggressionen“ bzw. „zu
aggressiven Haltungen“. Der Entwicklung zu einem nörgelnden, pessimistischen und
unangenehmen Zeitgenossen steht dann nichts mehr im Wege. In Kombination mit
Wutausbrüchen gegenüber Untergebenen, Kollegen oder eigenen Familienangehörigen
wird ein Umfeld geschaffen, wo viele gegen einen sind. Jene Ausbrenner haben das
Gefühl, als ob alle nur auf ihnen herumhacken würden (vgl. BURISCH 2006,31-32).
Kategorie 4: Abbau
Diese Phase ist von einem Leistungsabfall der Menschen gekennzeichnet. Es kommt zu
vermehrten Flüchtigkeitsfehlern, vergessen von Terminabsprachen, Denkweisen werden
bequemer und die Betroffenen machen vermehrt Dienst nach Vorschrift und versuchen
nicht aufzufallen (vgl. BURISCH 2006,33).
39
Kategorie 5: Verflachung
„Diese Kategorie ist die Fortführung des Abbaus und führt nicht nur zu einer
beruflichen Erstarrung, sondern zu einer generellen Verflachung des emotionalen,
sozialen und geistigen Lebens“. Charakteristisch in dieser Phase sind die
Gleichgültigkeit gegenüber der Arbeit, den Hobbys, der Familie und den Freunden
sowie die Meidung von Kontakten und Gesprächen. Einsamkeit und Langeweile, soweit
sie überhaupt noch wahrgenommen wird, sind die Folgen und machen alles noch
aussichtsloser (vgl BURISCH 2006,33-34).
Kategorie 6: Psychosomatische Reaktionen
Obwohl sich schon in der Anfangsphase psychosomatische Reaktionen zeigen, treten in
dieser
Phase
Symptome,
wie
Schlafstörungen,
Atembeschwerden,
Muskelverspannungen, Rückenschmerzen, Kreislauf- und Verdauungsbeschwerden
immer häufiger auf. Ebenso kommt es zu einer Ernährungsumstellung (öfter oder mehr
essen, vor allem Süßigkeiten) und dadurch zu einer raschen Gewichtszunahme. Durch
einen erhöhten Verbrauch von Nikotin, Alkohol oder anderen Drogen steigt das Risiko
für koronare Herzkrankheiten oder Geschwüre im Magen-Darm-Trakt (vgl. BURISCH
2006,34).
Kategorie 7: Verzweiflung
Diese letzte Kategorie beschreibt sozusagen das Burnout-Endstadium und wird als
„existentielle Verzweiflung“ bezeichnet. Verliert das Leben seinen Sinn und
manifestiert sich das Gefühl von Hoffnungslosigkeit, werden suizidale Gedanken zum
täglichen Brot. Leider bleibt es nicht nur beim Gedanken, sondern sie werden
ausgeführt und beenden auf diese tragische Weise den Burnout-Prozess (vgl. BURISCH
2006,34).
Diese Phasen, bzw. Kategorien, sind nicht als Abfolge anzusehen, sondern es sind eher
die verschiedenen Kennzeichen des Burnouts. So kann es sein, dass eine Kategorie,
bzw. Phase gar nicht vorkommt und andere sich überlappen können, wie z.B. die
Kategorie 6 (psychosomatische Reaktion) mit der Kategorie 1 (Warnsymptome der
Anfangsphase). Durch bestimmte Maßnahmen kann jederzeit der Prozess unterbrochen
werden, allerdings bleibt hinter jeder Verletzung eine Narbe übrig (vgl. BURISCH
2006,27).
40
4.3.3 Phasenmodell nach FREUDENBERGER & NORTH (2005,121-157)
In zahlreichen Broschüren oder Artikeln über Burnout wird sehr oft folgendes
Phasenmodell von Freudenberger und North dargestellt.
Ganz genau genommen
beschreiben die Beiden das Phasenmodell bei Frauen.
Der Burnout-Zyklus besteht aus zwölf Stufen, wobei diese Stufen nicht klar
voneinander abgrenzbar sind, sondern sich oft vermischen und überlagern. Die Dauer
jedes Stadiums hängt von den besonderen Lebensumständen, von der Persönlichkeit,
dem Selbstbild, der Vorgeschichte und der Fähigkeit zur Stressbewältigung ab.
Abb.2: Der Burnout-Zyklus
Stadium 1: Der Zwang sich zu beweisen
Das erste Stadium des Burnouts zeichnet sich dann ab, wenn der Wunsch sich zu
beweisen (was sich anfangs durchaus positiv auswirkt) in einen Zwang verwandelt und
ein nagendes Unbehagen verspürt wird.
Gekennzeichnet ist diese Phase durch verbissene Entschlossenheit zu Erfolg, Leistung
und Eroberung sowie durch Einsamkeitsgefühle, ausgelöst durch übertriebene
Erwartungen an sich selbst.
41
Stadium 2: Verstärkter Einsatz
Der Zwang sich zu beweisen setzt sich fest und der Arbeit, der Beziehung oder dem
Projekt
wird verstärkte Dringlichkeit
zugeschrieben.
Der
Zwang wird mit
Gewissenhaftigkeit, Idealismus und Engagement verwechselt.
Charakteristisch für diese Phase ist die mangelnde Bereitschaft, Arbeit, Verantwortung
oder Hausarbeit zu delegieren, weil man der Meinung ist, die absolute Kontrolle zu
verlieren.
Das Gefühl alles selbst machen zu müssen, um sich eben zu beweisen, sowie der
Glaube unentbehrlich zu sein fordert weitere Maßnahmen. Leider steigt der innerliche
Druck weiter an und es folgt noch mehr Konzentration auf das jeweilige Ziel. Dieser
Druck weckt verschiedene Ängste, die für das Ziel bedrohlich scheinen. Jene Ängste
könnten sein, z.B. für die Arbeit nicht schnell genug zu denken, dem eigenen Kind
keine Aufmerksamkeit zu schenken, für den Partner nicht mehr attraktiv genug zu sein,
oder das Leben sei ohne diesen erhöhten Einsatz sinnlos und einsam.
Der Druck und das Bedürfnis sich noch mehr ins Zeug zu legen steigt an, um diese
Ängste zu beschwichtigen und seine „Mängel“ auszugleichen.
Stadium 3: Vernachlässigungen eigener Bedürfnisse
Reduzierte Aufmerksamkeit für sich selbst und die persönlichen Bedürfnisse
kennzeichnen diese Phase.
Die kleineren Pflichten und Freuden des Alltags werden als unnötige Störungen
empfunden und auch oft vergessen oder verschoben. Für so alltägliche Sachen, wie
Rechnungen bezahlen, Telefonanrufe beantworten, Geburtstage von Freunden oder
Verwandten bleibt einfach keine Zeit. Der Wunsch, sich selbst etwas zu gönnen,
Freunde zu treffen, Hobbys zu haben wird immer unwichtiger. Das Gefühl, diese
Bedürfnisse gar nicht mehr zu haben, auch sexuelle, wird immer stärker.
Überschattet wird dieses Stadium durch eine gewisse Ernsthaftigkeit, ausgedrückt durch
den Verlust von Humor sowie die Entstehung von Ärger, wenn andere einen Witz oder
eine lustige Geschichte erzählen. Verhaltensweisen, wie übermäßiger Genuss von
Zigaretten,
Kaffee,
Alkohol
oder
ungesunde
Ernährung nehmen
zu
sowie
Katererscheinungen und Schlafstörungen treten immer häufiger auf.
42
Stadium 4: Verdrängung von Konflikten und Bedürfnissen
Auffallend in dieser Phase sind innere Konflikte und unausgeglichenes Empfinden und
Verhalten. Durch Fragen wie, warum bin ich „grippig“, nicht auf der Höhe, ausgebeutet
oder so schwach, wenn ich doch offensichtlich alles „richtig“ mache, entstehen innere
Konflikte. Die Vernunft rät, einen Schritt zurückzutreten und den Konflikt zu
untersuchen, jedoch wird versucht, diesen vor sich und anderen zu verbergen. Der
Konflikt
ist
lästig
und
wird
als
Bedrohung
wahrgenommen.
Es
werden
Bewältigungsmechanismen eingerichtet, die die Bewusstwerdung blockieren, Ängste
verleugnen und unterdrücken und den Konflikt zusammen mit den eigenen
Bedürfnissen als unwichtig verdrängen. Besorgte Äußerungen von Familie, Freunden
oder Partner, wie z.B. „du siehst so überbeschäftigt und müde aus“, „du bist nicht
richtig da“, werden abgewimmelt. Die klassische Antwort wie, „Ich trete kürzer wenn
alles vorbei ist“, wird zwar gehört, jedoch fehlt der Glaube.
Andere
Verschiebungssymptome
sind
übertriebene
Sportausübung,
exzessives
Ausgeben von Geld oder Zeichen von chronischer Müdigkeit. Entweder bekommt man
nicht genügend Schlaf, oder man schläft die ganze Woche, ohne sich wirklich zu
erholen. Dieses Stadium erhöht die Gefahr körperlich zusammenzubrechen. Die
Auseinandersetzung mit Konflikten wird umgangen, die eigenen Bedürfnisse werden
geschickt unterdrückt und dies führt ins Stadium 5.
Stadium 5: Umdeutung von Werten
Ein entscheidendes Symbol für diese Phase des Burnout-Prozesses ist die
Durchtrennung der Beziehung zur Vergangenheit und zur Zukunft. Vergangenheit und
Zukunft werden aufgrund des hohen Druckes weggeschoben. Bemerkungen wie, „Ich
habe in den nächsten zwei Jahren keine Zeit für Beziehungen“; „Ich habe jetzt wenig
Zeit für Freunde“; „Ich kann dieses Jahr keinen Urlaub nehmen“, werden häufig
geäußert.
Die Vorstellung eines Verlustes (z.B. des Arbeitsplatzes), die Furcht, den Boden unter
den Füßen zu verlieren, die Position in der Firma, die hart erkämpfte Macht oder auch
die Beziehung zu verlieren, die Attraktivität, die Jugend, das Image im Bekanntenkreis
– all diese Ängste nehmen Dimensionen an und hetzen ins Burnout.
In Stadium fünf verschwinden die angenehmen Seiten des Lebens völlig aus dem
Blickfeld und es kommt zur Änderung des Wertsystems.
Das Kontrollieren von sich selbst und anderen und das Bemühen alles im Griff zu
43
haben, wird zur absoluten Notwendigkeit.
Durch das Verschieben der Prioritäten und Werte zerbrechen Beziehungen, Freunde
verliert man und früher gesetzte Ziele werden entwertet. Die Gefühle in diesem Stadium
werden als „Desorientiertheit“ und „Verwirrung“ beschrieben.
Stadium 6: Verstärkte Verleugnung der aufgetretenen Probleme
Um weiter zu funktionieren, verdrängt man auftretende Probleme. Unbewusst werden
starke Gefühle, Empfindungen, Ängste oder Enttäuschungen verleugnet, um sich selbst
zu schützen. Die Verleugnung ist lebenswichtig und dient auch dazu, um alle
Menschen, die an ihrem Leben teilnehmen wollen, zu meiden, zu übergehen oder
abzuschrecken. Durch dieses Verhalten steuert man auf die Einsamkeit und auf die
völlige Isolation zu.
Kennzeichen für diese Phase sind: Abkapseln von der Umwelt, Zynismus, aggressive
Abwertung, Ungeduld und Intoleranz. Charakteristisch sind erschöpfte Energiereserven,
fehlendes Einfühlungsvermögen und mangelnde Hilfsbereitschaft im Umgang mit
anderen Menschen. Der Zorn, die Müdigkeit und die unbefriedigten Bedürfnisse lassen
Betroffene in eine immer einsamere Welt versinken.
Stadium 7: Rückzug
Ein entscheidendes Symptom des Rückzugs ist das Gefühl von Orientierungs- und
Hoffnungslosigkeit. Aufgrund der Überlastung zieht man sich innerlich von der
Umgebung zurück und distanziert sich auch von sich selbst. Beim Rückzug in sich, und
auch automatisch von sich, werden entweder andere zurückgestoßen oder durch die
Erschöpfung ist man nicht mehr in der Lage, auf die Anforderungen der Umwelt zu
reagieren und erlebt sich infolgedessen als überflüssig, wertlos, als ein Nichts. Das
Leben läuft an einem vorbei und in sicherer Entfernung ab.
Ein weiteres Merkmal ist ein ritualisiertes Verhalten. Spontanitäten erstarren,
Unterhaltungen dienen zur Informationsvermittlung, Essen geschieht automatisch und
ohne Genuss, menschliche Tätigkeiten werden zwar eingehalten aber man hat kein
Gefühl mehr dafür.
Auf das Gefühl des aussteigen-Wollens folgt Zorn, Wut und Ohnmachtsanfälle können
die Folgen sein. Große Ängste führen zu falschen Therapien. Alkohol, Sex,
Beruhigungsmittel, Essen, Aufputschmittel, Drogen, ... hilft über die Entfremdung
zeitweise hinweg.
44
Stadium 8: Beobachtbare Verhaltensänderungen
Der Rückzug nimmt immer mehr zu. Man ist kaum zu erreichen, findet kluge Ausreden,
um sich nicht mit Freunden zu treffen oder um auf Feierlichkeiten nicht erscheinen zu
müssen. Den Unterschied zu erkennen, zwischen dem, was am meisten gefürchtet wird
– ein Angriff – und dem, was am meisten gebraucht wird – Aufmerksamkeit,
Unterstützung, Nähe und Intimität – wird als erste beobachtbare Verhaltensänderung
beschrieben.
Stadium 9: Depersonalisation/Verlust des Gefühls für die eigene Persönlichkeit
In dieser Phase erkennt man die eigenen Bedürfnisse überhaupt nicht mehr, sowie der
Verlust des Gefühls, nicht mehr man selbst zu sein, ist eine schwere Form des
Rückzugs. In der Depersonalisation existieren weder andere noch das eigene Selbst. Das
Verhalten wirkt kalt, distanziert, schwankend, unberührbar und das Leben scheint
entwurzelt und sinnlos zu sein. Der Kern der Depersonalisation ist die Ableugnung des
eigenen Körpers und der eigenen Person. Die Prioritäten im Leben haben keine
Bedeutung mehr. Vermehrt kommt es zu Konsum von Alkohol, Zigaretten, Drogen oder
Tabletten. Es entsteht das Gefühl, nicht mehr autonom zu sein, sondern nur noch
automatisch zu funktionieren.
Stadium 10: Innere Leere
In dieser Phase fühlt man sich ausgehöhlt, leer, ausgezehrt, nutzlos und erledigt. Das
Gefühl der inneren Leere treibt einen noch weiter an, vermehrt Alkohol und Drogen zu
sich zu nehmen, um dieses Leeregefühl los zu werden. Panikattacken und
Angstzustände werden gelegentlich erlebt und die Furcht vor anderen Menschen und
Menschenansammlungen sorgen dafür, dass man sich an einen sicheren Ort, die eigene
Wohnung, zurückzieht und vereinsamt.
Stadium 11: Depression
Das Leben scheint sinnlos, hoffnungslos und freudlos. Alkohol und Drogen spülen die
einzigen bewussten erlebten Gefühle, nämlich Verzweiflung und Erschöpfung, weg.
Der Glaube an Hoffnung ist erloschen. Der Wunsch nach Dauerschlaf stellt das
wichtigste Symptom dar. Initiative und Motivation sind Fremdwörter und der Gedanke
alles hinter sich zu lassen und zu fliehen wird immer größer.
Dieses Stadium ist bereits sehr gefährlich, da zum ersten Mal Suizidgedanken auftreten.
45
Perioden von starken, schmerzhaften Emotionen und innerem Abgestorbensein können
miteinander abwechseln. Diese Phase darf weder ignoriert noch als Zustand betrachtet
werden, der „sich morgen wieder ändert“.
Stadium 12: Völlige Burnout-Erschöpfung
Diese Phase ist gekennzeichnet von geistiger, körperlicher und emotionaler
Erschöpfung. Es gibt kein „Ich“ mehr und das Leben ist sinnlos, gestaltlos und farblos.
Das Immunsystem ist angegriffen und man ist für alle stressbedingten Krankheiten, von
Herz-Kreislauf-Erkrankungen bis hin zu Magen-Darm-Erkrankungen, besonders
anfällig. Ab diesem Zeitpunkt ist professionelle Hilfe und eine entsprechende
Behandlung unbedingt erforderlich, wenn nicht sogar lebensnotwendig. Wenn diese
Phase eintritt, ist eine richtige Einschätzung des Zustandes nicht mehr möglich und
daher sollte auch zusätzlich die angebotene Hilfe von Freunden, Familie, Partner oder
Kollegen angenommen werden. Stadium 12 stellt eine absolute Krise dar.
Zusammenfassend sei noch mal darauf hingewiesen, dass „viele der in den zwölf
Stadien beschriebenen Symptome normale und sogar gesunde Reaktionen auf das Auf
und Ab des modernen Lebens sein können“.
Jeder erlebt einmal paranoide Gefühle wegen des Arbeitsplatzes, oder man fühlt sich
ausgelaugt, urlaubsreif und würde einfach mal gerne mehr Zeit mit dem Partner
verbringen. Wenn gewisse Krisen überwunden worden sind, fällt man automatisch
wieder in den normalen emotionalen und körperlichen Zustand zurück. Bestimmte
Vorkommnisse im Leben eines jeden Menschen, wie z.B. der Verlust eines
Arbeitsplatzes, die Krankheit eines Familienmitgliedes, oder die Trennung von einem
Partner, können dazu beitragen, in ein Stadium hineinkatapultiert zu werden. Die
Symptome können wieder verschwinden, sobald eine Änderung oder Auflösung der
Situation erfolgt ist. Allerdings kann man bei nicht Beachten der Symptome und keiner
Veränderung der Umstände in einem Stadium verharren oder in das nächste
hineinschlittern.
46
5. Ursachen von Burnout
BURISCH (2006,44) beschreibt, dass die meisten Bestimmungsversuche entweder zu
global sind, so dass nahezu jeder unbefriedigende Umstand als Ursache in Frage
kommt, oder aber so spezifisch, dass sie auf nur ganz wenige Berufsgruppen anwendbar
sind.
Viele Menschen sind der Meinung, dass Burnout in erster Linie ein Problem der
Einzelperson ist und aufgrund von kleinen Fehlern in ihrer Charakteren, ihrem
Verhalten oder ihrer Leistung an Burnout erkranken. Aufgrund umfassender Studien hat
sich ergeben, dass Burnout nicht das Problem der Menschen selber ist, sondern das
Problem des sozialen Umfeldes, in dem Menschen arbeiten (vgl. MASLACH &
LEITER 2001,19).
BERGNER (2008,18-19) ist der Meinung, dass eine Definition der Ursachen von
Burnout stark von der wissenschaftlichen Sichtweise des Beschreibenden abhängt.
Die einen haben eine individuumsspezifische und somit personenbezogene Sicht und
machen das Innen des Menschen für Burnout verantwortlich. Sie sehen es als Krankheit
des Überengagements bzw. treffender wäre der Begriff des Fehlengagements.
Andere sehen die Ursachen in den institutionellen Bedingungen und betrachten diese als
das nahe Außen.
Weitere sehen Burnout als Folge von emotionalen belastenden zwischenmenschlichen
Faktoren (am Arbeitsplatz) an. Hauptverantwortlich hierfür ist das Zwischen.
Schließlich gibt es noch jene Vertreter, welche Burnout auf sich verändernde
gesellschaftliche, politische, kulturelle, soziale und soziologische Determinanten
beziehen. Wesentlich für Sie ist das weite Außen.
RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE (2003,29) fassen zusammen, dass es zwei
verschiedene Erklärungsansätze von Burnout gibt:
-
Den persönlichkeitszentrierten Erklärungsansatz
-
Den sozial-, arbeits- und organisationspsychologischen Erklärungsansatz
Die beiden Erklärungsansätze fasste GUSY (1995, zit. in: RÖHRIG & REINERSKRÖNCKE 2003,29) in einer Tabelle nach den verschiedenen Vertretern zusammen.
47
Tabelle 5: Erklärungsansätze des Burnout-Syndroms der verschiedenen Autoren nach
GUSY (1995)
Persönlichkeitszentrierter Erklärungsansatz
Sozial-, arbeits- und organisationspsychologischer
Erklärungsansatz
-
Freudenberger & Richelson (1983)
-
Aronson, Pines & Kafry (1983)
-
Edelwich & Brodsky (1984)
-
Barth (1992)
-
Fischer (1983)
-
Berley Association Planning Group (1977)
-
Barth (1992)
-
Braham & Ezel (1981)
-
Lauderdale (1982)
-
Büssing & Perrar (1989)
-
Meier (1983)
-
Cherniss (1980)
-
Burisch (1989)
-
Harrison (1983)
-
Enzmann & Kleiber (1989)
-
Maslach & Jackson (1984)
5.1 Persönlichkeitszentrierter Erklärungsansatz
Hier steht die Persönlichkeit des Helfers im Vordergrund. Als Ursache wird die
Diskrepanz zwischen Helferideal und der Wirklichkeit des Helfens (z.B. unrealistische
Erwartungen) angenommen. Betroffene führen das Burnout auf die eigenen
Unzulänglichkeiten bzw. „einer nicht gelungenen Anpassungsleistung der Person an die
Umwelt“
zurück (vgl. GUSY 1995, zit. in: RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE
2003,29).
Nach RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE (2003,29) sind die bedeutendsten Vertreter
des persönlichkeitszentrierten Ansatzes der Psychoanalytiker FREUDENBERGER
sowie EDELWICH & BRODSKY.
Burnout ist nach FREUDENBERGER (2005,27) „Energieverschleiß und Erschöpfung
aufgrund von Überforderungen, die von innen oder von außen – durch Familie, Arbeit,
Freunde, Wertesysteme oder die Gesellschaft – kommen kann und einer Person Energie,
Bewältigungsmechanismen und innere Kraft raubt“.
FREUDENBERGER beschränkt Burnout nicht nur auf den Beruf, sondern sieht als
Ursache die Diskrepanz von Erwartung und Realität. „Burnout wird hervorgerufen,
wenn sich der Betroffene auf einen Fall, eine Lebensweise oder eine Beziehung einlässt,
die den erwarteten Lohn nicht bringt“ (vgl. FREUDENBERGER & RICHELSON 1980,
zit. in: BURISCH 2006,50).
48
EDELWICH & BRODSKY define burnout „... as a progressive loss of idealism,
energy, purpose and concern as a result of conditions of work” (FARBER 1983, zit. in:
RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE 2003,32).
Nach der Übersetzung von RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE (2003,32) wird unter
Burnout ein „zunehmender Verlust von Idealismus, Energie, Vorsätzen und Interesse
als Folge von Arbeitsbedingungen“ verstanden. Als Ursache sehen EDELWICH &
BRODSKY
(1984,
zit.
in:
RÖHRIG
&
REINERS-KRÖNCKE
2003,32)
„unzureichende Ausbildung, Überlastung durch zu viele Klienten, zu lange Arbeitszeit
bei zu geringer Bezahlung, nicht adäquater Verteilung der Mittel und Undankbarkeit der
Klienten bis hin zu bürokratischen oder politischen Einschränkungen sowie der
Diskrepanz zwischen Zielsetzung und Erreichtem“.
FISCHER (1983, zit. in: BURISCH 2006,54) beschränkt sich bei seiner BurnoutTheorie ganz auf die narzisstische1 gestörte Persönlichkeitsstruktur.
Als Ausgangspunkt sieht er die Anstrengungen um diese Größenwahnphantasien
aufrechtzuerhalten. Diese Personen verdoppeln ihren Einsatz, verleugnen natürlich ihre
Hilfsbereitschaft und arbeiten dadurch noch härter um ihre Bedürfnisse zu befriedigen
(vgl. FISCHER 1983, zit. in: ENZMANN & KLEIBER 1989,27). FISCHER (1983, zit.
in: ENZMANN & KLEIBER 1989,27) beschreibt, „dass diejenigen, welche sich
beklagen, ausgebrannt zu sein, in Wirklichkeit „wornout“ (verbraucht, abgenutzt) sind.
Die echten Burnoutopfer sind die stillschweigenden Menschen, welche ihre Arbeit in
1
Diagnostische Kriterien für narzisstische Persönlichkeitsstörung nach dem DSM-IV (Diagnostisches und Statistisches Manual
Psychischer Störungen) – (vgl. SASS, WITTCHEN & ZAUDIG 1998,747).
Ein tiefgreifendes Muster von Großartigkeit (in Phantasie oder Verhalten), Bedürfnis nach Bewunderung und Mangel an Empathie.
Der Beginn liegt im frühen Erwachsenenalter und zeigt sich in verschiedenen Situationen.
Personen mit dieser Störung:
-
haben ein grandioses Gefühl der eigenen Wichtigkeit (übertreibt z.B. die eigenen Leistungen und Talente; erwartet, ohne
entsprechende Leistungen als überlegen anerkannt zu werden),
-
sind stark eingenommen von Phantasien grenzenlosen Erfolgs, Macht, Glanz, Schönheit oder idealer Liebe,
-
glauben von sich, „besonders“ und einzigartig zu sein und nur von anderen besonderen oder angesehenen Personen (oder
Institutionen) verstanden zu werden oder nur mit diesen verkehren zu können,
-
verlangen nach übermäßiger Bewunderung,
-
legen ein Anspruchsdenken an den Tag, d.h. übertriebene Erwartungen an eine besonders bevorzugte Behandlung oder
automatisches Eingehen auf die eigenen Erwartungen,
-
sind in zwischenmenschlichen Beziehungen ausbeuterisch, d.h. ziehen Nutzen aus anderen, um die eigenen Ziele zu
erreichen,
-
zeigen einen Mangel an Empathie: sind nicht willens, die Gefühle und Bedürfnisse anderer zu erkennen oder sich mit
ihnen zu identifizieren, zeigen arrogante, überhebliche Verhaltensweisen oder Haltungen.
-
sind häufig neidisch auf andere oder glauben, andere seien neidisch auf ihn/sie
49
märtyrerhafter Weise fortsetzen“.
Für jene Menschen, für welche die Arbeit das Wichtigste ist im Leben, gibt es zwei
Wege sich vor Burnout zu schützen:
-
entweder geben sie die Idealisierung des Berufes („ist doch nur ein Job“) auf
-
oder sie „gehen aus dem Felde“.
Durch die Überzeugung etwas Außergewöhnliches zu sein oder zu tun würde es beim
Beschreiten dieser Maßnahmen zum Verlust des Selbstwertgefühls kommen. Allein der
Gedanke daran ist so erschreckend, dass jede Anstrengung bis zur physischen
Selbstvernichtung in Kauf genommen wird, um das klägliche Scheitern zu verhindern.
Es wird lieber die physische Existenz als die Selbstachtung aufgegeben (vgl. BURISCH
2006,55).
BURISCH (2006,148-149) stellte eine allgemeine Theorie für die Entstehung von
Burnout auf. Sein integrierendes Burnout-Modell findet auf einer ziemlich allgemeinen
Ebene statt, die unspezifisch für alle Unterschiede von Rasse, Klasse, Geschlecht und
Beruft, etc. gilt.
„Burnout
wird
in
Gang
gesetzt
durch
Autonomieeinbußen
in
gestörten
Auseinandersetzungen des Individuums mit seiner Umwelt. Genauer: durch die innere
Repräsentation solcher Interaktionen als gestörter und das Scheitern bei ihrer
Bewältigung“ (BURISCH 2006,148).
BURISCH (2006,150-162) sieht als Ursache der Burnout-Entstehung Störungen in
Handlungsepisoden bzw. im Handlungsablauf.
Die vier häufigsten Störfalle in einem Handlungsablauf nach BURISCH (2006,162),
zusammengefasst
von
KOCH
&
KÜHN
(2008,63),
sind
Zielvereitelung,
Zielerschwerung, Ausbleiben der Belohnung und negative Nebenwirkungen.
-
Zielvereitelung
Im Endeffekt wird das Ziel nicht erreicht, obwohl man Energie investiert hat.
Hindernisse stellen sich in den Weg, die auch durch vermehrte Anstrengung nicht
überwunden werden können. Andererseits kann jemand angesichts größerer
Schwierigkeiten sein Ziel aufgeben, weil der Aufwand sich nicht lohnt.
50
-
Zielerschwerung
Im Unterschied zur Zielvereitelung kann ein Hindernis durch erneute Anläufe doch
noch überwunden oder umgangen werden. Das Ziel wird erreicht. Es gibt jedoch ein
grobes Missverhältnis zwischen Aufwand und Ertrag.
-
Ausbleiben der Belohnung
Das Ziel wird erreicht, hat aber nicht den erwarteten Belohnungswert. Belohnung kann
dabei einerseits das eigene Erfolgsgefühl, andererseits äußere Belohnung wie
Anerkennung, Geld usw. sein.
-
Negative Nebenwirkungen
Die Störung besteht im Auftreten unvorhergesehener Nebenwirkungen, deren
Negativeffekte genügend stark sind, um positive Endeffekte der Belohnung ganz oder
teilweise aufzuwiegen. Am Ende bleibt das Ergebnis deshalb auch hier unbefriedigend.
Wie zuvor beschrieben, beginnt der Burnout-Prozess durch Autonomieeinbußen,
verursacht durch gestörte Handlungsabläufe. Einschränkungen der Autonomie,
insbesondere solche durch innere Konflikte, erzeugen einen Stress besonderer Qualität.
BURISCH (2006,153) spricht von Stress 1. und 2. Ordnung. Unter „Stress 1. Ordnung“
wird „psychischer Stress, der unmittelbar durch Bedrohung oder Herausforderung
verursacht wird...“, verstanden. Hier treten bereits Befürchtungen auf, hilflos zu werden.
Wenn man in der Lage wäre, Anforderungen problemlos zu bewältigen, würde kein
nennenswerter Stress auftreten. Eine neue Qualität, bzw. „Stress 2. Ordnung“ entsteht
nun durch die Erfahrung, mindestens einmal tatsächlich hilflos geworden zu sein,
verursacht durch erfolglose Versuche zur Bewältigung des „Stresses 1. Ordnung“.
FARBER (1983d, zit. in: BURISCH 2006,154) beschreibt, dass „Burnout häufiger die
Folge nicht von Stress per se (der in den helfenden Berufen unvermeidbar sein mag),
sondern von unbewältigtem Stress – unter Stress stehen und keinen Ausweg, keinen
Puffer, kein Unterstützungssystem haben...“ ist.
51
LITZCKE & SCHUH (2007,164-165) nennen mögliche ungünstige Personenfaktoren,
welche einen Burnout-Prozess begünstigen. Solche ungünstigen, die Person
betreffenden, Risikofaktoren können sein:
-
Neurotizismus oder emotionale Instabilität (SCHAUFELI & ENZMANN 1998;
MASLACH, SCHAUFELI & LEITER 2001; BURISCH 2002).
-
Labiles Selbstbild und geringe Selbstachtung bei starkem Bedürfnis nach und
Abhängigkeit von äußerer Belohnung (BURISCH 2006).
-
Fehlende Überzeugung, Negativstimmungen zu überwinden (MEARNS &
CAIN 2003).
-
Geringe Leistungsfähigkeit oder schlechte Ausbildung mit dem Risiko, auch bei
einfachen Aufgaben zu scheitern (BURISCH 2006).
-
Die Unfähigkeit, Erwartungen und Ansprüche den tatsächlichen Möglichkeiten
anzupassen (SCHMITZ, HILLERT, LEHR, PECHO, & DEIBL 2002).
-
Ignorieren der eigenen Belastbarkeitsgrenzen (BURISCH 2006).
-
Vorstellungen
von
unrealistischen
Ansprüchen
und
überhöhten
Leistungsanforderungen (SCHMITZ et al. 2002).
-
Zurückstellen persönlicher Bedürfnisse und Interessen für das (vermeintliche)
Hauptziel, welches häufig die berufliche Karriere ist (BURISCH 2006).
-
Selbstüberforderungs- und Verausgabungstendenz sowie Perfektionsstreben und
mangelnde Distanzierungsfähigkeit gegenüber beruflichen Problemen (HEYSE,
KRAMPEN, SCHUI & VEDDER 2004).
BURISCH (2006,198) betont, dass stets zwei Faktoren zusammentreffen müssen:
-
gefährdete Individuen
-
gefährdete Umweltbedingungen
Er möchte auch vorausschicken, dass es die „Persönlichkeit des Ausbrenners“
wahrscheinlich gar nicht gibt. Es können auch sehr widerstandsfähige Menschen
gefährdet sein, wenn einer aktuellen Situation eine lange Kette von frustrierenden
Phasen vorangegangen sind, die die verfügbaren Coping-Ressourcen soweit erschöpft
haben und nur noch der gewisse Tropfen fehlt, der das Fass zum Überlaufen bringt (vgl.
BURISCH 2006,198-199).
52
5.2 Sozial-, arbeits- und organisationsbezogene Ansätze
MASLACH & JACKSON sehen die Ursachen für Burnout im wesentlichen nicht in den
Persönlichkeitszügen
des
Individuums,
sondern
in
den
defizitären
arbeitsorganisatorischen Bedingungen, in denen Menschen tätig sind (vgl. RÖHRIG &
REINERS-KRÖNKE 2003,40).
MASLACH & LEITER (1997, zit. in: BURISCH 2006,52) sind der Meinung, dass „die
Verantwortung vollständig auf den Schultern der Organisation liegt. Es wird gezeigt,
dass Burnout Anzeichen einer schweren Funktionsstörung innerhalb einer Organisation
darstellt und mehr über die Arbeitsumstände aussagt als über die Mitarbeiter“.
MASLACH & LEITER (2001,41) sehen die Ursachen für Burnout mehr im
Arbeitsumfeld als beim einzelnen Menschen. Diese Ursachen lassen sich auf die
Missverhältnisse zwischen Mensch und Arbeit zurückführen. Burnout wird von sechs
Faktoren verursacht: Arbeitsüberlastung, Mangel an Kontrolle, unzureichende
Belohnung,
Zusammenbruch
der
Gemeinschaft,
Fehlen
an
Fairness
und
widersprüchliche Werte.
-
Arbeitsüberlastung
MASLACH & LEITER (2001,42) beschreiben drei wesentliche Faktoren:
die Arbeit ist intensiver
die Arbeit nimmt mehr Zeit in Anspruch
die Arbeit ist komplexer
Die Arbeit führt zu Erschöpfung der Emotionen, der Kreativität oder des Körpers durch
Überlastung und beeinträchtigt die Effizienz, die Gesundheit und das Wohlbefinden.
Um ein ausgeglichenes Verhältnis zur Arbeit herstellen zu können, muss man die eigene
Energie, welche eine Grundvoraussetzung für Engagement darstellt, konstant
aufrechterhalten. Das Pflichtgefühl und eine moralische Verpflichtung den Mitarbeitern
gegenüber oder alleine nur die Angst zu haben, ersetzt zu werden, treibt jeden
einzelnen, bei bereits vorhandenen Erschöpfungszuständen, weiter an um noch mehr zu
geben (vgl. MASLACH & LEITER 2001,44-45).
53
-
Mangel an Kontrolle
Werden Menschen in ihrer Arbeit durch bestimmte Richtlinien eingeschränkt,
verringern diese die individuelle Autonomie und das Engagement bei der Arbeit. Sind
Kontrollstrukturen von Seiten der Organisation nicht erwünscht, verschwenden
Menschen wertvolle Zeit damit, Dinge zu tun, die die Erledigung der eigentlichen
Arbeit verzögert. Das Gefühl, Nichts bewirken zu können erhöht das Risiko das
Interesse an der Arbeit zu verlieren. Ein Missverhältnis in der Kontrolle entsteht durch
ungenügende
Kontrolle
über
benötigte
Ressourcen
und
ungenügend
Entscheidungsspielraum über die Art und Weise der Arbeitsausführung bei gleichzeitig
hoher Verantwortung (vgl. MASLACH & LEITER 2001,46).
-
Unzureichende Belohnung
Menschen wollen natürlich für die geleistete Arbeit dementsprechend belohnt werden.
Zum Entstehen von Burnout trägt vor allem bei, wenn Personen zu wenig Anerkennung
für die erbrachten Leistungen erhalten oder die Bezahlung unangemessen erscheint,
obwohl die Menschen noch mehr arbeiten (vgl. MASLACH & LEITER 2001,48).
-
Zusammenbruch der Gemeinschaft
Gekennzeichnet ist der Verlust der Gemeinschaft durch wachsende Konflikte zwischen
den Menschen, einem Nachlassen von gegenseitiger Unterstützung und Respekt sowie
einer steigenden Tendenz zur Isolation (vgl. MASLACH & LEITER 2001,53).
-
Fehlen an Fairness
Vertrauen, Offenheit und Respekt sind drei Grundvoraussetzungen für Fairness. Alle
drei Elemente sind notwendig, um das Engagement eines Menschen für seine Arbeit
aufrechtzuerhalten (vgl. MASLACH & LEITER 2001,56).
-
Widersprüchliche Werte
„Ein Wertekonflikt entsteht, wenn eine Diskrepanz zwischen den Anforderungen des
Berufes und den persönlichen Prinzipien besteht“ (vgl. MASLACH & LEITER
2001,59).
54
ARONSON, PINES & KAFRY (2006,13) beschreiben, dass in unserer heutigen
Gesellschaft immer mehr Menschen an Ausbrennen (Burnout), Überdruss (Life-tedium)
und an Stress leiden. Die Autoren unterscheiden in ihrer Arbeit zwischen Ausbrennen
und Überdruss, wobei das Syndrom des Ausbrennens fast immer Überdruss mit
umfasst. Sie „sind in ihren Symptomen zwar ähnlich, ihrem Ursprung nach aber
verschieden“. Der Begriff „Überdruss“ wird für Menschen verwendet, die in
bürokratischen Organisationen arbeiten (2006,25). „Ausbrennen“ tritt häufig bei
Menschen ein, „die mit anderen Menschen arbeiten (und zwar vor allem, aber nicht
ausschließlich, in den helfenden Berufen) und die in ihren Beziehungen zu ihren
Klienten oder Patienten, zu ihren Vorgesetzten oder Kollegen die Gebenden sind“
(2006,13).
ARONSON, PINES & KAFRY (2006,60-65) beschreiben folgende drei Ursachen in
helfenden Berufen, welche zum Ausbrennen führen können:
-
Emotional belastende Arbeit
Menschen, die in helfenden Berufen arbeiten sind allen psychischen, sozialen und
physischen Problemen ihrer Klienten ausgesetzt (2006,60) und es fällt oft schwer, die
Arbeit von den anderen Lebensbereichen zu trennen (2006,63).
-
Persönlichkeitsmerkmale
Menschen, die Helferberufe wählen, sind besonders einfühlungsbegabt, verständnisvoll
und hilfsbereit. Das Hauptanliegen ist Menschen in Not zu helfen und sie orientieren
sich daher eher an Menschen als an Dingen (2006,64).
-
eine „klientenzentrierte“ Orientierung
Die Existenz der Helfer ist nur so lange gerechtfertigt, als sie von Nutzen ist. „Die
Helfer geben, die Klienten empfangen“ (2006,65).
Nach ARONSON, PINES & KAFRY (2006,82-87) wird der Überdruss in
bürokratischen Organisationen vor allem durch drei folgende Faktoren gefördert:
-
Überbelastung
-
Mangel an Autonomie
-
Mangel an Belohnung
55
RÖHRIG
&
REINERS-KRÖNCKE
(2003,39)
haben
die
verursachenden
Umweltbedingungen folgendermaßen zusammengefasst:
-
geringer Handlungs- und Entscheidungsspielraum der Person
-
geringe Flexibilität der Organisation (z.B. gleichförmige Routine)
-
schlechte Rahmenbedingungen (z.B. schlechte Bezahlung)
-
Überforderung durch zu viele Aufgaben
-
Mangelndes Feedback sowohl von Kollegen und Vorgesetzten als auch von den
Klienten
-
Fehlende soziale Unterstützung
-
schlechte Ausbildung
CHERNISS
(1980a,
b,
zit.
in:
JERICH
2006,25)2
definiert
Burnout
als
“Realitätsschock”. Er bezieht sich dabei auf „Berufsneueinsteiger“, bei denen die
Vorstellungen überhaupt nicht mit der Realität des Arbeitslebens übereinstimmen.
Bei dieser Untersuchung von CHERNISS (1999,9-10) handelte es sich um
professionelle Helfer (personenbezogene Dienstleistungsberufe) während ihres ersten
Berufsjahres. Als sie sich in die Arbeitswelt stürzten, waren die Helfer voller
Enthusiasmus und Engagement, um denen, die unbedingt Hilfe benötigten, zu helfen.
CHERNISS beobachtete während seiner Untersuchung, dass das Zusammentreffen von
Idealismus mit der Wirklichkeit bei den professionellen Helfern Veränderungen
hervorrief. CHERNISS erkannte dabei, dass, (...) „in Reaktion auf den Stress, Teile
ihres Idealismus und Engagements verloren gingen“. Das Geniale an seiner
Untersuchung war, dass er sich zehn Jahre später entschied, die untersuchten Profis
wieder aufzuspüren, um zu sehen, was aus ihnen geworden ist.
CHERNISS (1980, zit. in: GÖTTLICHER 2006,14) beschreibt Burnout als dreistufigen,
transaktionalen
Prozess:
„Einem
Ungleichgewicht
zwischen
Ressourcen
und
Anforderungen („Stress“) folgt eine emotionale Anspannung, Ermüdung und
Erschöpfung. Die dritte Stufe beinhaltet Veränderungen in Einstellung und Verhalten,
wie Zynismus oder Rückzug“.
2
BURISCH (2006,64) beschreibt, dass die Arbeiten, bzw. das Projekt von Cary CHERNISS einmalig in der Burnout-Forschung
geblieben ist.
56
Abb.3: Transaktionale Burnout-Definition nach CHERNISS (1980a)
In diesem Modell gibt es acht burnout-verursachende Faktoren der Arbeitsumgebung
(vgl. BURISCH 2006,65):
-
Qualität des Einführungsprozesses
-
Quantitative Arbeitsbelastung
-
Intellektuelle Anregung
-
Einseitigkeit des Klientenkontakts
-
Ausmaß bürokratischer Kontrolle
-
Eindeutigkeit der Arbeitsziele
-
Führung
-
Verhältnis zu Kollegen
Bei CHERNISS komme es immer auf die Interaktion zwischen Person und Umwelt und
die resultierende „Passung“ an. Jedoch sieht er die Ursachen eher auf der Seite der
Umwelt, als auf der der Personen (vgl. BURISCH 2006,65).
Situative Risikofaktoren sind (CHERNISS 1980b; ENZMANN 1996; SCHAUFELI &
ENZMANN 1998; DEMEROUTI 1999; FENGLER 2001; MASLACH & LEITER
2001; MASLACH, SCHAUFELI & LEITER 2001; BURISCH 2002; MITTLINGER &
JIMENEZ 2002; VENUS 2005; BURISCH 2006):
-
Aufgabenmerkmale:
dauerhafte Arbeitsüberlastung
mangelnde Autonomie
mangelnde (positive) Rückmeldung
starker Zeitdruck
-
Organisationsmerkmale:
Rollenkonflikte und Rollenunklarheiten
Fehlende Beteiligungschancen
57
Zu viele bürokratische Tätigkeiten
Arbeitsplatzunsicherheit
Fehlende Gerechtigkeit
-
Sozialmerkmale:
Kollegialität geht verloren oder fehlt
Fehlende Unterstützung durch Vorgesetzte
Fehlende soziale Unterstützung durch Partnerschaft oder Freunde
-
Kritische Ereignisse:
Krankheit
Schwere Demütigung oder Blamage
Zerwürfnis mit einer wichtigen Person
Berufseintritt
Wechsel des Vorgesetzten
Arbeitslosigkeit
Endgültiges Nichterreichen eines zentralen Lebensziels
-
Kontrollmangel, Informationsmangel, Machtlosigkeit, unnötige bürokratische
Kontrolle
-
Hilflosigkeit beim Vermeiden, Verändern oder Verlassen einer kritischen
Situation
5.3 Zusammenfassung
Nach FREUDENBERGER & RICHELSON (1980) sind zum Ausbrennen vor allem die
dynamischen, charismatischen und zielstrebigen Männer und Frauen und jene Idealisten
prädestiniert, die hervorragende Beziehungen oder Arbeitsresultate vorweisen wollen.
Die Gefahr auszubrennen, tritt bei Personen auf, die sich bei allem was sie tun, voll und
ganz einsetzen und auch innerlich daran beteiligt sind. Außerdem werden von den
Betroffenen die Erwartungen und Ziele zu hoch gesteckt und durch das nicht Erreichen
dieser Ziele, werden sie zu immer höheren Leistungen angetrieben, bis sie letztendlich
ausbrennen (vgl. FREUDENBERGER & RICHELSON 1980,40-41).
58
MASLACH & LEITER (2001,36) vertreten die Meinung, dass Burnout nicht dem
Individuum zuzuschreiben ist. Ihre Forschungen beweisen klar und deutlich, dass die
Ursachen für Burnout weit über den Einzelnen hinaus und sogar bis in das
Arbeitsumfeld hineinreichen.
Die Entstehung von Burnout kann und darf nicht nur einem Faktor (entweder Person
oder Umwelt) zugeordnet werden. Es bedarf einer Kombination von Person und
Umwelt um einen Burnout-Prozess in Gang zu setzen. Es geht um die Interaktion
zwischen Person und Umwelt und die resultierende „Passung“, d.h. wie die Person mit
den Anforderungen der Umwelt zurecht kommt. Wie bereits BURISCH (2006,198)
betonte, müssen stets zwei Faktoren aufeinander treffen:
-
gefährdete Individuen
-
gefährdete Umweltbedingungen
So sehen RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE (2003,46), dass einerseits die Person
durch die Umwelt (Arbeit, Gesellschaft) beeinflusst wird, andererseits beeinflusst die
Person (mit ihren Einstellungen und Wissen) wiederum die Umwelt. Sie bedingen sich
also gegenseitig:
Abb.4: Umwelt vs. Person
Um mehrere Interventions- und Präventionsmaßnahmen zu entwickeln, sollten beide
Ansätze miteinander in Beziehung gebracht werden um beide Sichtweisen und
Ursachen zu berücksichtigen (vgl. RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE 2003,46).
59
6. Burnout und Stress
In diesem Kapitel werden die Zusammenhänge von Burnout und Stress beschrieben.
Stress wird als Schlüsselphänomen für das Burnout-Syndrom bezeichnet (vgl.
BURISCH 2006,76).
RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE (2003,47) sind der Meinung, dass speziell (…) „das
von LAZARUS et al. entwickelte transaktionale Modell in der arbeitspsychologischen
Stressforschung das einflussreichste Stresskonzept darstellt“.
6.1 Was ist Stress
„Der Begriff „Stress“ kommt in seiner heutigen Bedeutung aus dem Englischen und
bedeutete ursprünglich das Testen von Metallen oder Glas auf ihre Belastbarkeit. Der
Biochemiker Hans SELYE (1907-1982) übertrug den Begriff Stress 1936 in die
Psychologie und Medizin“ (LITZCKE & SCHUH 2007,6).
Herausgefunden wurde, dass bei starken Umweltbelastungen (z.B. bei Hitze oder Kälte)
der Organismus eine unspezifische Alarmreaktion zeigt, welche von unterschiedlichen
Ereignissen ausgelöst werden kann. Jene Reize, die sowohl physischer als auch
psychischer Art sein können, werden Stressoren genannt. SELYE spricht also dann von
Stress, (...) „wenn der Körper auf einen Reiz mit Aktivierung reagiert“, egal ob dies bei
negativen oder positiven Erlebnissen ist (vgl. SELYE 1974, zit. in: LITZCKE &
SCHUH 2007,6).
Es gibt zwei Arten von Stress:
-
guter Stress „eustress“
-
schlechter Stress „distress“
Positiver Stress erzeugt Lebenskraft und Lebensfreude, hingegen negativer Stress zu
angespannt Sein und Verspannungen führt. Dabei wird die Stimmung gereizter, das
Gefühl ständig unter Druck zu stehen erhöht sich und stellt sich ein. Das Abschalten
wird unmöglich und somit bleibt die Erholungsphase aus. Die Folgen eines solchen
Ungleichgewichts führen zu Erschöpfung oder zu Erkrankungen (vgl. SELYE 1974 zit.
60
in: RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE 2003,49). Während Eustress zusätzlich das
Selbstbewusstsein stärkt und auch noch bewältigt werden kann, wirkt Distress hingegen
frustrierend, verbraucht Energie und kann zu Zerstörungen des Selbstvertrauens führen.
Unter „Stressor“ versteht man „naturgemäß etwas, das Stress erzeugt“ und somit (…)
„ist es selbstverständlich, dass jede denkbare Ursache mehr oder weniger ein Stressor
ist, und zwar in dem Maße, in dem er fähig ist, Stress, d.h. unspezifische
Veränderungen hervorzurufen“ (SELYE 1957, 82).
LITZCKE & SCHUH (2007,6) unterscheiden folgende Stressoren:
-
physische Stressoren wie z.B. Lärm, Hitze, Kälte, Temperaturschwankungen,
Luftdruckänderungen, Hunger, Infektionen, Verletzungen, schwere körperliche
Arbeit, langes Autofahren, Reizüberflutung
-
psychische
Stressoren
wie
z.B.
Versagensängste,
Überforderung,
Unterforderung, Fremdbestimmung, Zeitmangel, Hetze, Kontrollverlust
-
soziale Stressoren wie z.B. Konflikte, Isolation, ungebetener Besuch, Verlust
vertrauter Menschen, Mobbing
Im Zusammenhang mit dem Einfluss von Stressfaktoren auf den Menschen am
Arbeitsplatz hat WALTER (1993, zit. in: LITZCKE & SCHUH 2007,6-7) die
Wichtigsten herausgefiltert und aufgeschrieben.
-
Organisatorische Belastungen:
Arbeitsschwierigkeit,
Arbeitstempo,
Arbeitsumfang,
Arbeitsplatzabmessungen,
Gleitzeit, Leistungsnormen, Schicht- und Nachtarbeit, Überstunden.
-
Soziale Belastungen:
Einzelarbeit,
Gruppenarbeit,
soziale
Dichte/“Überbelegung“,
soziale
Isolation/“Unterbelegung“, Konflikte, Mobbing.
-
Physische Belastungen:
Allseitige Muskelbelastung, einseitige Muskelbelastung, statische Muskelbelastung,
Beleuchtung, Klima, Lärm, Schadstoffe, technische Einrichtungen, Werkstoffe.
61
-
Psychische Belastungen:
Angst,
Misserfolg,
Tadel
Arbeitsplatzunsicherheit,
und
fehlende
negative
Folgen
eigenen
Anerkennung
und
Unterstützung,
Verhaltens,
fehlende
Entspannung und Erholung, Fremdbestimmtheit, Informationsmangel, Betriebsklima,
Konkurrenzdruck, Störungen, Zeit- und Termindruck, unklare, widersprüchliche
Aufträge,
Unterforderungen
(Monotonie,
zu
kleine
Arbeitsinhalte),
Verantwortungsdruck.
Die Entstehung von Stress hängt in erster Linie von der individuellen Bewertung einer
Situation ab, d.h. ob sie als Bedrohung oder als Herausforderung empfunden wird. Wie
stark der Stress erlebt werden kann, ist weiters von Häufigkeit, Vielfalt, Dauer und
Intensität abhängig (vgl. LITZCKE & SCHUH 2007,10).
Nach YERKES & DODSON (1908, zit. in: LITZCKE & SCHUH 2007,12) sind
höchste Leistungen bei mittlerem Stress möglich. Erst ein zu viel an Stress führt zu
Nervosität, Hektik und Konzentrationsschwächen, hingegen zu wenig die Müdigkeit
und Langeweile verstärken.
Abb.5: Höchste Leistungsfähigkeit bei mittlerem Stress nach YERKES & DODSON (1908)
Jede Aktivität benötigt ein gewisses Maß an „Stress“, jedoch Über- wie
Unterforderungen sind keine guten Rahmenbedingungen, um optimale Leistungen zu
erbringen (vgl. BRENGELMANN 1988, zit. in: LITZCKE & SCHUH 2007,12).
Ablauf der Stressreaktion:
Jeder Auslöser einer Alarmreaktion verbraucht Anpassungsenergie. Folgt danach eine
Phase mit genügend Pause, kann die verbrauchte Energie wieder zurückgewonnen
werden. Bei nicht Beachten dieses Prinzips werden allmählich die Reserven verbraucht
62
und das Resultat ist eine völlige Erschöpfung. Stressoren müssen nicht immer negativer
Natur sein, sondern es kann auch ein freudiges Ereignis, wie z.B. eine Beförderung als
Stressauslöser dienen (vgl. SELYE, zit. in: BURISCH 2006,83). Der Beginn von
Burnout ist dort zu finden, wo Belastungen in Form von chronischem Distress ertragen
werden müssen (vgl. GRABE 2006,25-26).
Um Dauerstress zu vermeiden, ist es notwendig sich zu erholen und zu entspannen
(siehe Abb.6). Bleibt die Entspannungsphase über einen längeren Zeitraum aus, so
besteht die Gefahr, dass sich eine vorübergehende Anspannung zu einer
Daueranspannung entwickelt. Stress wird zu Dauerstress (siehe Abb.7) und die Folgen
sind
unter
anderem
Nervosität,
innerliche
Unruhe
und
der
Verlust
der
Entspannungsfähigkeit (vgl. LITZCKE & SCHUH 2007,35).
Abb.6: Wechsel zwischen Anspannung und Entspannung bei Normalstress
Auswirkungen des Dauerstress sind neben (…) „der Abnahme der Leistungsfähigkeit
auch noch eine Verschlechterung des physischen und psychischen Gesamtzustandes“
(VESTER 2003, zit. in: LITZCKE & SCHUH 2007,36).
Abb.7: Wachsende Erregung bei Dauerstress
63
Zur Stressforschung ist zu sagen, dass sich SELYE im Wesentlichen um die
Erforschung der körperlichen Reaktionen bemüht hatte und nicht um die spezifischen
Stressoren, welche diese Reaktionen auslösen. Damit wurde der Weg für die
psychologische Stressforschung freigegeben. Dank dieser Forschung wurde die
Bedeutung individueller psychischer Faktoren herausgearbeitet und es konnte
festgestellt werden, dass jeder Mensch unterschiedlich, vor allem auf psychosoziale
Stressoren, reagiert. Bei LAZARUS geht es um die Wahrnehmung von Stressoren, die
subjektive Bewertung und wie man damit fertig wird (vgl. BURISCH 2006,85).
6.2 Das Stressmodell nach ZIMBARDO & GERRIG
Nach SELYE (1977,53) können die gleichen Reize bei verschiedenen Individuen
unterschiedliche Reaktionen hervorrufen. Es hängt von den innerlich und äußerlich
konditionierenden Faktoren ab, die bestimmen, wie jeder einzelne Mensch reagieren
wird. Innerlich konditionierende Faktoren können z.B. erbliche Veranlagung, Alter,
Geschlecht und frühere Erfahrungen sein. Äußerliche Faktoren sind z.B. Klima,
Medikamente, Diäten oder eine Behandlung mit bestimmten Hormonen.
Stressreaktionen ergeben sich aus einer vielfältigen Kombination von Reaktionen und
führen zu
physiologischen, verhaltensbezogenen, emotionalen und kognitiven
Veränderungen.
ZIMBARDO & GERRIG (1999,370) beschreibt ebenfalls, dass
manche Menschen einige stressreiche Ereignisse erleben ohne zusammenzubrechen,
während andere sogar bei wenig Stress in Aufregung geraten. Die Auswirkungen eines
Stressors wird einerseits von der kognitiven Bewertung, d.h. ob der Stressor als
Bedrohung oder als Herausforderung gesehen wird, und andererseits von den
Ressourcen beeinflusst, die zur Bewältigung von Stress zur Verfügung stehen.
64
Zum besseren Verständnis des Modells werden Aspekte aus der physiologischen nach
SELYE und psychologischen Stressforschung nach LAZARUS wiedergegeben.
Abb.8: Das Stressmodell nach ZIMBARDO & GERRIG (1999)
6.2.1 Kognitive Bewertung
Gemäß der Theorie von LAZARUS (1998, zit. in: HILLERT & MARWITZ 2006,144)
„entsteht
Stress
Belastungsfaktoren
als
Folge
und
einer
wechselseitigen
individueller
Beeinflussung
situativer
Bewertungsprozesse
bzw.
Bewältigungsfertigkeiten“. Stress wird also dann verspürt, wenn eine Person nicht über
die
notwendigen
Bewältigungsmöglichkeiten
verfügt,
welche
aufgrund
einer
bestimmten Situation mit den damit verbundenen Anforderungen erforderlich wären.
LAZARUS & LAUNIER (1981, zit. in: RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE 2003,50)
sehen den Ausgangspunkt des Modells dort, wo „verschiedene Personen in
gleichartigen Situationen nicht die gleichen Stresszustände erleben. Weiters können
gleichartige Stresszustände von sehr unterschiedlichen Stressoren hervorgerufen
werden. Für die Entstehung von Stresszuständen spielen kognitive Bewertungsprozesse
der Person eine entscheidende Rolle“.
Psychologische Stressreaktionen hängen in erster Linie von der kognitiven Bewertung
65
ab, also das, was wir als belastend empfinden oder auch nicht. Z.B. kann für den einen
Menschen eine bestimmte Situation eine Bedrohung darstellen und für einen anderen
kann die gleiche Situation zur täglichen Routine gehören (vgl. ZIMBARDO &GERRIG
1999,375).
Bei der Deutung einer Situation nimmt die kognitive Bewertung eine zentrale Stellung
ein: Worin besteht die Anforderung? Wie groß ist die Bedrohung? Welche
Bewältigungskapazitäten stehen zur Verfügung? (LAZARUS 1993; LAZARUS und
LAZARUS 1994, zit. in: ZIMBARDO & GERRIG 1999,375).
Stressoren (siehe Seite 61-62) werden auf verschiedene Weise bewertet, je nach der
persönlichen Lebenssituation, dem Verhältnis einer bestimmten Anforderung zu den
zentralen persönlichen Zielen, den Fähigkeiten, der Anforderung gerecht zu werden,
und der eigenen Beurteilung dieser Fähigkeiten (vgl. ZIMBARDO & GERRIG 1999,
375).
LAZARUS (1998, zit. in: HILLERT & MARWITZ 2006,145) unterscheidet zwischen
primärer und sekundärer Bewertung. Bei der primären Bewertung schätzt die Person
eine bestimmte Situation entweder als irrelevant, positiv oder belastend ein. Wird sie als
irrelevant oder positiv wahrgenommen, folgen keine Stressreaktionen, da sie keine
Bewältigungen erfordern. Bei Situationen, die als belastend eingeschätzt werden, erfolgt
in einer weiteren Bewertung die Entscheidung, „ob es sich um einen Verlust, bzw.
Schaden, eine Bedrohung oder eine Herausforderung handelt“.
Dabei schließen alle drei Formen „eine gewisse negative Bewertung des eigenen
gegenwärtigen oder zukünftigen Wohlbefindens mit ein. Bei Herausforderungen kommt
(vgl. LAZARUS & LAUNIER 1981, zit. in: RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE
2003,50), es zu angenehmen Gefühlen der Aktivierung, Freude und Aufregung.
Hingegen entstehen bei einer Bedrohung negative Gefühle, vor allem beherrscht die
Angst das Geschehen (vgl. LAZARUS 1998, zit. in: HILLERT & MARWITZ
2006,145-146).
Die sekundäre Bewertung bezieht sich auf die Bewältigungsfähigkeiten und
Bewältigungsmöglichkeiten.
„Dabei
schätzt
das
Individuum
ein,
welche
Bewältigungsmöglichkeiten es gibt und wie gut sie im Prinzip geeignet sind, der
Bedrohung entgegenzutreten. Die Einschätzung ist davon abhängig, was für die Person
66
auf dem Spiel steht und was sie gegen wahrgenommene Bedrohungen erreichen kann
(LAZARUS & LAUNIER 1981, zit. in: RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE 2003,51).
Wird entschieden, dass eine Handlung erforderlich ist, werden die zur Verfügung
stehenden persönlichen und sozialen Ressourcen zur Bewältigung der Stresssituation
bewertet und die erforderlichen Handlungsmöglichkeiten genauer untersucht“
(LAZARUS 1976, zit. in: ZIMBARDO & GERRIG 1999, 376).
Als Ressourcen werden Mittel bezeichnet, die zur Bewältigung einer Belastung
beitragen (vgl. SCHÖNPFLUG 1987, zit. in: HYSA 2001,13). Zu den Ressourcen
zählen personale, soziale und materielle Mittel (vgl. HYSA 2001,14-17).
Nach der primären und sekundären Bewertung folgt die Neueinschätzung der Situation.
Diese erfolgt aufgrund neuer Informationen und kann die bisherige Bewertung
bestätigen oder aber zu einer Modifikation führen (vgl. LAZARUS 1998, zit. in:
HILLERT & MARWITZ 2006,146).
Lazarus geht davon aus, dass sowohl situative als auch Personenvariablen simultan den
Bewertungsprozess beeinflussen. „Zu den Personenvariablen zählen Werte und tief
verwurzelte Überzeugungen, die für die Person einen verpflichtenden Charakter haben.
Zu
den
situativen
Variablen
zählen
die
Neuigkeit
einer
Situation,
deren
Vorhersagbarkeit, die Dauer und der zeitliche Verlauf einer Belastungssituation sowie
deren mögliche Mehrdeutigkeit, die eine klare und handlungsleitende Einschätzung der
Situation erschwert“ (LAZARUS 1998, zit. in: HILLERT & MARWITZ 2006,147). Als
Beispiel wird eine betroffene Person erwähnt, welche arbeitslos ist. Je nach Situation
kann diese Phase unterschiedlich bewertet und aufgefasst werden. Hat die Person
bereits eine andere Arbeitsstelle, so wird diese Phase vielleicht als Möglichkeit gesehen,
die Zeit für sich zu nützen und eher als Urlaub erlebt. Trifft einen die Situation
überraschend und hat man dann weder eine andere Arbeitsstelle, noch eine Vorstellung
davon, wie lange man arbeitslos sein wird, so wird die Zeit als sehr belastend erlebt
(vgl. LAZARUS 1998, zit. in: HILLERT & MARWITZ 2006,147).
6.2.2 Reaktionen auf Stress
Die Auswirkungen von Stress sind von der Bewertung und der Bewältigung abhängig.
LAZARUS (1998, zit. in: HILLERT & MARWITZ 2006,149) unterscheidet dabei
zwischen kurz- und langfristigen Stressfolgen. Als kurzfristige Folgen „zählen positive
und negative Emotionen und physiologische Veränderungen. Langfristige Stressfolgen
67
betreffen den Gesundheitszustand, die soziale Funktionsfähigkeit (also das Erfüllen von
Rollenerwartungen) und das subjektive Wohlbefinden bzw., allgemein gesprochen, die
Lebenszufriedenheit einer Person“.
Mögliche Reaktionen auf Stresssituationen können nach ZIMBARDO & GERRIG
(1999,371) zu physiologischen, verhaltensbezogenen, emotionalen und kognitiven
Veränderungen führen.
6.2.2.1 Physiologische Veränderungen
SELYE bezeichnet die Reaktion des Körpers als allgemeines Anpassungssyndrom
(AAS oder „General Adaptation Syndrome“, GAS) auf Stress. Beim GAS unterscheidet
man zwischen einer Alarm-, Resistenz- und Erschöpfungsphase (vgl. BURISCH
2006,81-83).
Alarmphase (Kurzzeit-Stress)
-
Ausgelöst wird die Alarmreaktion durch einen Stimulus bzw. Stressor.
-
Der Hypothalamus aktiviert auf hormonalem und neuronalem Weg die
Nebennierenrinde und –mark und schütten die Hormone Adrenalin und
Noradrenalin aus.
-
Die ausgeschütteten Hormone bewirken, dass sich der Pulsschlag beschleunigt,
sich der Blutdruck erhöht und es kommt zu einer Verlagerung des vegetativen
Gleichgewichts zum Sympathikus.
-
Zucker- und Fettreserven des Körpers werden mobilisiert, um im Bedarfsfall die
Muskulatur versorgen zu können.
-
Es kommt zum Anstieg des Muskeltonus und zusätzlich werden Verdauungsund Sexualfunktionen vermindert bzw. ausgeschaltet.
-
Weitere Reaktionen sind eine Abschwächung der Immunabwehr sowie eine
Erhöhung der Blutgerinnungsfähigkeit.
-
Durch Einwirkung der Hormone an den Synapsen des ZNS wird die kognitive
Leistungsfähigkeit herabgesetzt.
-
War der Stressauslöser nur von kurzer Dauer, z.B. ein Knall, dann folgt die
Erholungsphase und alle physiologischen Parameter gehen zum Ausgangspunkt
zurück.
68
-
Resistenzphase (Anhaltender-Stress)
-
Hält die Stresssituation länger an, dann geht der Körper in die Widerstandsphase
über.
-
Dieser Wechsel hat zwar den Vorteil, dass die Widerstandsfähigkeit gegenüber
dem ursprünglichen Stressor erhöht ist, jedoch wird das Immunsystem
geschwächt und somit können Krankheitserreger schwerer unschädlich gemacht
werden.
Weitere Folgen können sein:
-
Das
Schwächen
und
Schrumpfen
der
Thymusdrüse
steht
mit
der
Krebsentstehung und dem Krebswachstum in engem Zusammenhang (SELYE
1979; RILEY 1981, zit. in: BURISCH 2006,82).
-
Werden Fett- und Zuckerreserven aus den Speichern freigesetzt und nicht durch
körperliche Arbeit abgebaut, so erhöhen diese das Risiko einer Arteriosklerose
und in weiterer Folge auch eines Infarktes.
-
Verstärkte Blutgerinnungsfaktoren erhöhen die Thromboseneigung.
-
Erhöhte Magensäureproduktion und Darmverkrampfungen führen zu Magenund Darmgeschwüren.
-
Sexualfunktionen werden dauerhaft beeinträchtigt sowie Konzentrations- und
Lernschwierigkeiten können auftreten (VESTER 1978; HUBER 1983, zit. in:
BURISCH 2006,82).
Ein Organismus ist natürlich in der Lage mehrere solche Phasen zu überstehen, ohne
gleich daran zu erkranken. Voraussetzungen dafür sind ausreichend lange
Erholungsphasen und die Belastung darf nicht zu lange andauern oder zu schwer
sein (vgl. BURISCH 2006,82).
Erschöpfungsphase
-
Sind Belastungen zu lang und zu intensiv, so folgt die Erschöpfungsphase.
-
Wirkt der Stressor, an den sich der Körper angepasst hat, weiter, kommt es zur
völligen Verausgabung.
-
Die Symptome der Alarmreaktion treten wieder ein, jedoch sind sie nicht mehr
rückgängig zu machen und die Person stirbt (vgl. SELYE 1977,47)
69
Abb.9: Das AAS nach SELYE (1956)
„Die gleichen Reaktionen des Körpers treten auch als Folge von psychischen
Stressoren auf, zu deren Bewältigung sie jedoch nicht angemessen sind, da oftmals
keine körperliche Aktivität, die zusätzliche Kraft und Energie verbraucht, erforderlich
ist. Vielmehr kann wiederholt auftretende oder chronische Erregung infolge von Stress,
die nicht durch geeignete körperliche Aktivitäten abgebaut wird, im Laufe der Zeit
sogar zu Funktionsstörungen führen“ (ZIMBARDO & GERRIG 1999,372).
Eine Zusammenfassende Darstellung der physiologischen Stressreaktion bietet Abb.10.
Abb.10: Die Reaktion des Körpers auf Stress
70
Werden Ermüdungssignale übersehen, führt dies zu Daueranspannung und zu negativen
Stressfolgen bzw. zu Krankheiten (vgl. LITZCKE & SCHUH 2007,23).
Tabelle 6: Stressfolgen nach LITZCKE & SCHUH (2007)
Auswirkungen auf das Vegetativ-hormonelle System
-
Herz-Kreislauf-Störungen: Koronarerkrankungen und Herzinfarkt, Herzklopfen,
Herzrhythmusstörungen, Engegefühl oder Stechen in der Brust.
-
Bluthochdruck
-
Gastritis, Magen- und Darmgeschwüre
-
Verdauungsbeschwerden
-
Schlafstörungen, chronische Müdigkeit.
-
Verschiebung des Hormonhaushalts, Zyklusstörungen, Verminderung der Samenproduktion.
-
Sexuelle Funktionsstörungen
-
Hautveränderungen
-
Schwindelanfälle
-
Atembeschwerden
-
Migräne
Muskuläre Reaktionen
a. Kurzfristige Reaktionen
-
Starre Mimik
-
Fingertrommeln
-
Zittern, Zähneknirschen, Fuß wippen, Zucken
-
Spannungskopfschmerz
-
Rückenschmerzen
-
Faust ballen, Gesicht verzerren, fahrige Gestik
-
Stottern
b. Langfristige Reaktionen
-
Chronische Verspannung
-
Raschere Ermüdung durch ständige Anspannung
-
Zusammengepresste Blutgefäße durch einseitige Belastungen führt zu verminderter Blutzufuhr.
Dadurch gelangen nur wenige Sauerstoff und Nährstoffe in die Muskeln sowie Abfallprodukte
wie Kohlendioxyd und Milchsäure können nicht ausreichend abtransportiert werden. Das
erzeugt Schmerzen, welche sich manifestieren und später auch ohne Auslöser auftreten.
71
6.2.2.2 Verhaltensbezogene Veränderungen
Stress wirkt sich nicht nur auf der körperlichen Ebene negativ aus, sondern hat auch
Auswirkungen auf das Verhalten eines Menschen.
Tabelle 7: Verhaltensauswirkungen bei zu viel Stress nach LITZCKE & SCHUH (2007)
Verhaltensauswirkungen bei zu viel Stress
-
Sprechprobleme nehmen zu. Stottern und stockendes Sprechen verstärkt sich oder kann auch
bei nicht betroffenen Personen vorkommen.
-
Interessen und Begeisterungsfähigkeit verringern sich. Kurz- und langfristige Ziele können
aufgegeben werden. Hobbys werden fallen gelassen. Früher wichtige persönliche Dinge werden
weggegeben.
-
Abwesenheiten vom Arbeitsplatz häufen sich. Durch tatsächliche oder eingebildete Krankheiten
und erfundene Entschuldigungen häufen sich Verspätungen oder Abwesenheiten vom
Arbeitsplatz.
-
Verstärkter Drogenmissbrauch. Der Konsum von Alkohol, Koffein, Nikotin, verschriebener
oder illegaler Mittel steigt.
-
Energieniveau ist niedrig und sinkt täglich weiter ab.
-
Das Einschlafen oder das Durchschlafen für mehr als vier Stunden wird schwieriger.
-
Zynismus und die Schuldzuweisung an andere wachsen.
-
Neue Informationen werden nicht mehr wahrgenommen.
-
Probleme werden oberflächlich „gelöst“. Notlösungen und kurzfristige Lösungen werden
gewählt. Versuche, Dinge tiefer zu ergründen oder zu verändern, werden aufgegeben.
Ein wichtiger Faktor in der Theorie von LAZARUS (1998, zit. in: HILLERT &
MARWITZ 2006,148) sind die Bewältigungsmöglichkeiten (engl. Coping). LAZARUS
unterscheidet drei verschiedene Bewältigungsformen:
-
emotionszentrierte Bewältigung
Die emotionszentrierte Bewältigung wird vor allem dann eingesetzt, wenn eine
Veränderung der belastenden Situation nicht möglich erscheint. Emotionale Folgen
einer Stressreaktion werden zwar minimiert, jedoch kommt es nicht zu einer
Veränderung der Bewertung. Herbert FREUDENBERGER versuchte z.B. durch
intensive Selbstanalyse und das Niederschreiben seiner Erfahrungen die psychischen
und physischen Folgen seiner Überforderung (Burnout) zu reduzieren (konstruktive
Form der emotionszentrierten Bewältigung). Eine destruktive Bewältigungsform wäre,
wenn versucht wird, durch vermehrten Konsum von Alkohol oder Drogen die
72
Beschwerden zu lindern. Sport, Entspannung oder Meditation zählen zu den weiteren
Möglichkeiten einer emotionszentrierten Bewältigung (vgl. LAZARUS 1998, zit. in:
HILLERT & MARWITZ 2006,148).
-
problemzentrierte Bewältigung
Hier wird versucht, entweder die Stress auslösende Situation zu verändern oder deren
innere Verarbeitung. Bewältigungsmöglichkeiten dieser Art sind z.B. Reduktion der
Arbeitszeit, häufiger in Urlaub zu gehen oder die Inanspruchnahme einer Supervision.
Kommt es zu einer Veränderung der idealistischen Einstellung, so hat dies eine
Reduktion
des
Überengagements
zur
Folge.
Bei
der
problemzentrierten
Bewältigungsform wird entweder eine Situation aktiv verändert oder, bedingt durch
eine Einstellungsänderung, diese weniger belastend dargestellt (vgl. LAZARUS 1998,
zit. in: HILLERT & MARWITZ 2006,148).
-
Inanspruchnahme sozialer Unterstützung
Familienangehörige, Freunde, Bekannte oder auch professionelle Unterstützung (z.B.
Beratungsstellen, Psychotherapeuten, Ärzte usw.) können dazu beitragen, dass die
Folgen von belastenden Situationen bewältigt werden (vgl. LAZARUS 1998, zit. in:
HILLERT & MARWITZ 2006,149).
6.2.2.3 Emotionale Veränderungen
Die am Häufigsten auftretenden Veränderungen sind aggressive und gereizte
Handlungen, allgemeine Passivität und Hilflosigkeit, vermehrter Selbstzweifel und
negative
Selbsteinschätzung
ebenso
können
Fluchtreaktionen
zu
vermehrter
Ängstlichkeit führen. Weiters können Schreck, Panik, Nervösität, Verunsicherungen,
Ärger,Wut, Versagensgefühle resultieren. Bei Dauerstress besteht die Gefahr, dass sich
bestimmte Symptome wie eine erhöhte Aggressionsbereitschaft, Unsicherheit,
Unzufriedenheit, Unausgeglichenheit, Gefühlsschwankungen, Depression und Apathie
manifestieren (vgl. LITZCKE & SCHUH 2007,25).
73
Tabelle 8: Emotionale Folgen nach LITZCKE & SCHUH (2007)
Emotionale Folgen
-
Hypochondrie nimmt zu. Eingebildete Beschwerden fügen sich in die wirklichen
Stresssymptome ein.
-
Gefühlsausbrüche werden häufiger.
-
Moralische und emotionale Zwänge schwächen sich ab. Verhaltensnormen und Kontrolle der
Sexualimpulse werden schwächer.
-
Selbstwertgefühl sinkt. Gefühle von Unfähigkeit und Wertlosigkeit stellen sich ein.
-
Depression und Hilflosigkeit können entstehen.
-
Veränderung der Persönlichkeitszüge. Ordentliche und vorsichtige Menschen können
unordentlich und nachlässig werden, engagierte Menschen gleichgültig, tolerante Menschen
autoritär.
-
Apathie
-
Angstgefühle, Unsicherheit, Unzufriedenheit, Unausgeglichenheit.
-
Erhöhte Aggressionsbereitschaft.
6.2.2.4 Kognitive Veränderungen
Beim Einwirken eines Stressors verengt sich die Wahrnehmung und konzentriert sich
auf die wichtigsten Reize. Dabei beeinträchtigen emotionale Erregungen, wie z.B.
Angst, Wut oder Deprimiertheit, die Informationsverarbeitung und stören somit das
Denken, die Konzentration und die Aufmerksamkeit. Weiters kann durch eine kognitive
Beeinträchtigung ein rigides Verhaltensmuster entstehen. Handlungsalternativen werden
nicht einmal mehr in Erwägung gezogen und verstärken dadurch ein bestimmtes
Verhalten, z.B. werden vorsichtige Menschen noch vorsichtiger oder ein aggressiver
Mensch verliert vielleicht völlig die Kontrolle (vgl. LITZCKE & SCHUH 2007,25).
Tabelle 9: Kognitive Reaktionen auf Stress nach LITZCKE & SCHUH (2007)
Kognitive Reaktionen auf zu viel Stress
-
Abnahme der Konzentration, Aufmerksamkeit und Beobachtungsfähigkeit.
-
Fähigkeit zu langfristigem Denken nimmt ab.
-
Einschätzung der Realität wird schwieriger bzw. Denkmuster kann verwirrt und irrational
werden.
-
Täuschungen und Denkstörungen nehmen zu.
-
Kreativitätsleistung nimmt ab.
-
Ablenkbarkeit nimmt zu. Beim Denken und Sprechen den Faden verlieren.
74
-
Kurz- und Langzeitgedächtnis werden schlechter. Das Erinnern und Wiedererkennen von
Bekanntem verschlechtert sich.
-
Die Reaktionsgeschwindigkeit nimmt ab und der Versuch zur Kompensation kann zu übereilten
Entscheidungen führen.
-
Als Folge der aufgeführten Einschränkungen wächst das Fehlerrisiko
6.3 Zusammenhänge von Burnout und Stress
BURISCH (2006,81) ist der Meinung, (…) dass die körperlichen Anzeichen des
Burnout-Syndroms identisch sind mit dem, was SELYE (z.B. 1976) das Allgemeine
Anpassungssyndrom (General Adaptation Syndrome, GAS) genannt hat“.
HILLERT & MARWITZ (2006,138) fassen zusammen, dass „die Parallelen zwischen
Burnout und der Erschöpfungsphase des GAS unübersehbar sind. Beide markieren
einen Endzustand, der sich als Folge einer lang anhaltenden Überlastung (Dauerstress)
einstellt“. Der Unterschied liegt darin begraben, dass SELYE die physiologischen
Vorgänge
der
Stressreaktion
erforschte,
während
für
Freudenberger
die
psychologischen Ursachen und Folgen von Burnout interessant waren. Ein weiterer
Unterschied ist jener, dass Burnout keine Reaktion auf irgendeine Anforderung an den
Organismus darstellt, sondern dass Burnout durch spezifische, arbeitsbezogene
Stressoren hervorgerufen wird.
Burnout ist im Zusammenhang mit dem Stressmodell nach LAZARUS „als eine
langfristige Stressfolge aufgrund lang anhaltender Überlastung, die von der betroffenen
Person nicht erfolgreich bewältigt werden kann“, zu finden (HILLERT & MARWITZ
2006,150).
Bevor Betroffene erkennen, dass sie schon über einen längeren Zeitraum erschöpft,
lustlos, überfordert, gereizt usw. gewesen sind, geht eine Phase voraus, in der sie eben
über zu lange Zeit, z.B. zu große Klassen, zu lange Vertretungszeiträume, zu viele
Patienten usw. hatten. Ausschlaggebend für den endgültigen Zusammenbruch ist dann
häufig noch eine zusätzliche belastende Situation, z.B. ein Konflikt mit einem Kollegen
oder Vorgesetzten usw., die dann das Fass zum Überlaufen bringt. Im Berufsleben löst
eine
Antizipation
einer
Bedrohung
oder
eines
Verlustes
der
beruflichen
Leistungsfähigkeit im Sinne der beschriebenen primären Bewertungsprozesses Stress
75
aus. Die Wahrscheinlichkeit „auszubrennen“ ist umso höher, je geringer die
Fertigkeiten sind, diese Stresssituation zu bewältigen (vgl. HILLERT & MARWITZ
2006,151). Perfektionismus, Selbstbehauptungsdefizite und Idealismus sind wesentliche
Persönlichkeitsmerkmale, welche eine entsprechende Stressbewältigung erschweren.
Hinzu kommen Merkmale, wie eine hohe Leistungsorientierung mit perfektionistischen
Ansprüchen und das Problem, sich vor Überforderungssituationen abzugrenzen. Weiters
wird das Bemühen um soziale Unterstützung abgelehnt, da der Anspruch, es selbst
schaffen zu wollen und sich keine Blöße zu geben, sehr wichtig erscheint (vgl.
BURISCH 1994, zit. in: HILLERT & MARWITZ 2006,151).
Als stressverschärfende Einstellungen, welche zum Burnout führen können, bezeichnet
KALUZA (2004,37-40) folgende Merkmale:
-
Perfektionistische Kontrollambitionen
Menschen haben das Verlangen alles in ihrer Umgebung kontrollieren zu wollen.
Das Bestreben keinen Fehler zu machen und alles selbst zu erledigen bewahrt vor
Kontrollverlust. Alles muss nach Plan ablaufen. Zeit zum Entspannen bedeutet Zeit
für sich zu nehmen und nicht um etwas zu kontrollieren. Diese Ambitionen beziehen
sich nicht nur auf die Arbeit, sondern auch auf ehrenamtliche Tätigkeiten, die
Familie, die Hobbys, die Arbeit in Vereinen, usw.
-
Arbeitssucht (workaholism)
Als Arbeitssucht (…) „wird ein unaufhörlicher Drang oder Zwang, ständig arbeiten
zu müssen bzw. ständig an die Arbeit denken zu müssen, bezeichnet“ (KALUZA
2004,38). Dieses Merkmal bezieht sich im Gegensatz zur perfektionistischen
Kontrollambition ausschließlich auf die Arbeit. Hintergründe eines arbeitssüchtigen
sind
die
Sucht
nach
Anerkennung,
ein
labiles
Selbstbewusstsein
und
Versagensängste sowie die Flucht vor innerer Leere und persönlichen Problemen.
Durch die Arbeit gelangen diese Menschen zu ihrem Selbstwert und ihrer Identität.
-
Enttäuschte Erwartungen
Hierbei geht es um das Ausbleiben von erwarteten Belohnungen, welche zu
Enttäuschungen führen können. Meistens werden gerade die Berufseinsteiger am
meisten enttäuscht. Die Anfangs sehr hoch gesteckten Ziele, der Optimismus und die
Selbstüberschätzung eigener Möglichkeiten sind leider nicht immer positive
76
Einstellungsmerkmale. Ihre idealistische und enthusiastische Anfangsmotivation wird
sich allmählich in Frustrationen umwandeln. Die erhöhten Anstrengungen um zu einer
Belohnung zu kommen fordern ihren Tribut und führen zu körperlicher und emotionaler
Erschöpfung.
In der Tabelle 10 werden alle, bislang in dieser Arbeit genannten (siehe Seite 25-30, 65
sowie 71-75) Symptome aufgelistet, welche sowohl bei Burnout als auch bei Stress
vorkommen. Dabei wurden die Symptome in 5 Kategorien unterteilt: emotionale,
kognitive, motivationale, körperliche und verhaltensbezogene Symptome
Tabelle 10: Burnout- und Stresssymptome
Kategorie 1: Emotionale Symptome
-
Emotionale Erschöpfung: Niedergeschlagenheit und Verzweiflung
-
Verlust positiver Gefühle: Liebe, Freude, Interesse
-
Entstehung negativer Gefühle und Einstellung zum Leben:
1) Selbstwertgefühl sinkt
2) Angstgefühle
3) Kühl und emotionslos
4) Gleichgültigkeit
5) Unfähigkeit und Wertlosigkeit
6) Unzufriedenheit und Unsicherheit
7) Gefühl mangelnder Anerkennung
8) Hoffnungs- und Sinnlosigkeit
-
Erhöhte Aggressionsbereitschaft sowie Neigung zu gewaltsamen und aggressivem Verhalten
1) Wutausbrüche
2) Reizbarkeit
3) Kompromissunfähigkeit
4) Suchen von Konflikten mit anderen Personen
77
Kategorie 2: Kognitive Symptome
-
Konzentrations- und Lernschwierigkeiten
-
Störung der Aufmerksamkeits- und Beobachtungsfähigkeit
-
Entscheidungsunfähigkeit
-
Geringes Selbstwertgefühl
-
Hilf- und Hoffnungslosigkeit
-
Starrheit und schematisches Denken:
1) Unfähigkeit zu komplexen Aufgaben
2) Kreativitätsleistung nimmt ab
3) Unfähigkeit zu klaren Anweisungen
4) Zunahme von Denkstörungen
-
Einschränkung der Wahrnehmung
Kategorie 3: Motivationale Symptome
-
Antriebsstörungen
-
Verlust von Interessen
-
Verringerte Initiative, Produktivität, Kreativität, Phantasien, Spontanität, Flexibiltät
-
Resignation
-
Widerstand gegen Veränderungen aller Art
-
Informationen werden nicht wahrgenommen
-
Oberflächliches Problemlösen
Kategorie 4: Körperliche Symptome
-
Physische Erschöpftheit
1) Chronische Müdigkeit
2) Energiemangel
3) Niedergeschlagenheit
-
Muskelverspannungen, chronische Verspannungen, Muskelschmerzen
-
Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, Migräne und Übelkeit
-
Körpergefühlsstörungen: fehlendes Gefühl der Erholung und Entspannung
-
Schlafstörungen
-
Herz-Kreislauf-Störungen
1) Herzklopfen und beschleunigter Puls
2) Engegefühl oder Stechen in der Brust
3) Erhöhter Blutdruck
-
Atembeschwerden, Kurzatmigkeit, Hyperventilation
-
Schwächung des Immunsystems, schneller und leichter erkältet bzw. krank
-
Nervöse Tics, Zittern, Unruhiges Verhalten, Schwindelanfälle
-
Risiko einer Arteriosklerose und eines Infarktes, erhöhter Cholesterinspiegel
-
Magen-Darm-Geschwüre
78
Kategorie 5: Verhaltensbezogene Symptome
-
Hyperaktivität zu Beginn der Phase
-
Soziale Isolation und Zurückgezogenheit
1) Meidung informeller Kontakte
2) Meidung von Gesprächen
3) Interesse und Begeisterungsfähigkeit sinkt: Kurz- und langfristige Ziele können aufgegeben
werden. Früher wichtige persönliche Dinge werden weggegeben.
4) Aufgeben von Hobbys, Freunde treffen
5) Desinteresse und Langeweile
6) Einsamkeit
-
Selbstzerstörerisches Verhalten
1) Verstärkter Drogenmissbrauch
2) Der Konsum von Alkohol, Koffein, Nikotin, verschriebener oder illegaler Mittel steigt
-
Energieniveau ist niedrig und sinkt weiter ab
-
Zynismus und die Schuldzuweisung an andere wachsen
6.4 Zusammenfassung
BURISCH (2006,103) fasst die Beiträge der Stressforschung für das Verständnis des
Burnout-Syndroms folgendermaßen zusammen:
-
Durch die physiologische Stressforschung konnten die Symptome von Burnout
mit jenen des GAS gleichgestellt werden.
-
Die psychologische Stressforschung ist wichtig für die Erklärung des Begriffs
Bedrohung und wie jeder damit umgeht. So kann unter äußerlich sehr ähnlichen
Zuständen einer ins Burnout geraten und ein anderer nicht.
-
Als umfassendes Modell für Stress- als auch für Burnout-Prozesse wird das
Person-Environment-Fit gesehen. „Eine Umwelt, die ein Individuum zu häufig
oder zu intensiv vor subjektiv bedrohliche Situationen stellt oder ihm zu häufig
oder zu nachhaltig wichtige Bedürfnisbefriedigungen vorenthält, sorgt für
Stress, unter Umständen Dauerstress. Scheitern die Bewältigungsversuche oder
sorgen sie für Bedrohungen/Frustrationen, dann ist der Weg für einen BurnoutProzess bereitet“.
Das Stressmodell von ZIMBARDO & GERRIG (1999) stellt eine Zusammenfassung
über einen gesamten Stressablauf dar. Wie schon LAZARUS erwähnte, hängt zu
Beginn alles von der kognitiven Bewertung ab. Je nach Beurteilung, Bedrohung oder
79
Herausforderung, besitzt jeder Mensch Ressourcen, welche zur Bewältigung von Stress
zur Verfügung stehen. Mögliche Reaktionen auf Stresssituationen können zu
physiologischen, verhaltensbezogenen, emotionalen, kognitiven und motivationalen
Veränderungen führen.
Burnout und Stress sind eng miteinander verbunden und ob jemand noch im Stress oder
schon „ausgebrannt“ ist, bleibt demnach ein subjektives Empfinden (vgl. HILLERT &
MARWITZ 2006, 155).
Abschließend kann Burnout (...) "als eine berufsspezifische Reaktion auf stressreiche
Bedingungen in der Arbeit mit anderen Menschen verstanden werden" (ENZMANN &
KLEIBER 1989,94).
Natürlich spielen auch Persönlichkeitsfaktoren (siehe Seite 52) bei der Entstehung zum
Burnout eine wesentliche Rolle.
7. Burnout und Depression
Da Burnout „noch“ nicht offiziell als Krankheit anerkannt ist, wird oft der Bezug zur
Depression hergestellt.
Für ENZMANN & KLEIBER (1989,87) ist dieses Thema deshalb so interessant, weil
Burnout und Depression sehr viele Gemeinsamkeiten aufweisen. Trotzdem wird
versucht, beide voneinander abzugrenzen.
7.1 Was sind Depressionen?
Nach dem ICD-10 werden Depressionen den affektiven Störungen zugeteilt. Eine
Störung der Affektivität bedeutet, dass die Stimmung und die Gefühle der Betroffenen
beeinträchtigt sind. Bei den meisten dieser Störungen kommt es zu Rückfällen. Auslöser
hierfür sind oft belastende Ereignisse oder Situationen (vgl. DILLING, MOMBOUR &
SCHMIDT 2008,140).
80
Depressionen zählen zu den gefürchtetsten Krankheiten. Das Leiden wird nur schwer
verkraftet und kann im schlimmsten Fall zum Selbstmord führen (vgl. FAUST
2007,144). Weiters besteht die Gefahr für Betroffene, dass soziale Fähigkeiten
beeinträchtigt und Symptome chronisch werden (vgl. PAULITSCH 2004,89).
HEGERL & NIESCKEN (2008,14) beschreiben ein Beispiel, wie es tagtäglich viele
Menschen erleben können:
„Die Nacht ist schon schlimm, aber dann kommt der Morgen. Schonungslos. Mein Gott,
wieder ein Tag. Wie steh‟ ich ihn durch? Am besten wäre Liegenbleiben. Aber das hab‟
ich bald gemerkt, dass dies noch schlimmer ist, zumindest bei mir. Doch kostet es
ungeheure Kraft aufzustehen. Es gibt ja nichts, worauf man sich freuen könnte. Warum
überhaupt leben? Alles ist so mühsam. Mir hat am Morgen die Aussicht auf den Abend
geholfen. Abends wurde es bei mir immer etwas besser. Wenn die Sonne untergeht,
geht auch die Depression unter. Das habe ich auch so empfunden“.
Unvorstellbar für jemanden, der „normal“ seinen Tag verbringen kann und den nicht
solche Gedanken plagen, wie z.B. den angebrochenen Tag überstehen zu können ohne
sich das Leben nehmen zu müssen, damit endlich Ruhe einkehrt.
Depressionen sind zwar schwere Erkrankungen, jedoch von Geisteskrankheiten stark
abzugrenzen. Freud-, Lust-, Hoffnungs-, Appetit-, Antriebs-, Hilf-, und Wertlosigkeit,
sowie Schlaf- und Körpergefühlsstörungen sind nur einige Symptome einer Depression,
die bis hin zu Angst-, Panikzuständen oder Manien führen können. Doch nicht nur die
Gefühlswelt der Betroffenen ist dabei gemeint, sondern man spricht von einer „seelischkörperlichen-Herabgestimmtheit“, die den Menschen, sein Denken, seine Gefühle, seine
Bezüge zur Umwelt und besonders zu seiner eigenen Person umfasst. Folglich bekommt
die Krankheit überhand und verhindert so an sich, an die Umwelt, an die Zukunft, aber
auch an Hilfe- und Behandlungsmöglichkeiten zu glauben. Entsteht das Gefühl der
totalen Hoffnungslosigkeit kann die Situation lebensbedrohlich, im Sinne von
Selbstmord, werden (vgl. WOLFERSDORF 2008,19-35).
81
7.1.1 Ursachen und Auslöser einer Depression
Dieses Kapitel soll erklären, welche Gründe für die Entstehung einer Depression
verantwortlich sein können.
Bei dem Thema „Depression“ handelt es sich nach WOLFERSDORF (2002,37) um ein
„multifaktorielles Geschehen“. Depressionen werden nicht von einem einzigen Faktor
ausgelöst, sondern „viele Bedingungen sind an der Entstehung und der Auslösung sowie
Aufrechterhaltung einer depressiven Erkrankung beteiligt“.
7.1.1.1 Ursachen einer Depression
WOFERSDORF (2002,39-45) beschreibt drei Faktoren:
-
Genetische Faktoren
Hier ist zu erwähnen, dass die Möglichkeit besteht, nicht nur körperliche
Charakteristika von den Eltern vererbt zu bekommen, sondern auch psychische. Sind
bereits die Eltern oder Großeltern an einer Depression erkrankt, so besteht auch die
Möglichkeit, dass es einen selber trifft. Genetische Faktoren alleine sind für eine
Entstehung
zu
wenig.
Interessant
wird
dann
die
Kombination
mit
den
lebensgeschichtlich-biographischen Bedingungen.
-
Psychologische Faktoren
Zu den psychologischen Faktoren werden drei Modelle dargestellt.
Das erste, nach WOLFERSDORF (1992a, b, 1995, 2001), ist ein tiefenpsychologisches
Modell und geht auf die frühkindlichen Erfahrungen ein. Betrachtet wird vor allem die
Beziehung zur Mutter bzw. der frühen Bezugsperson. Hauptsächlich führen schwere
Versagenserlebnisse zu einer Hemmung der Entwicklung. Sowohl ein ungleicher
Wechsel von „Verwöhnung und Versagung als auch eine unzureichende emotionale
Förderung und Anerkennung in der Interaktion Bezugsperson (Mutter)-Kind“ führt zu
frühkindlichen Mangelerfahrungen. Die Erfahrungen des Kindes sehen dann
folgendermaßen aus: „Um mich kümmert sich niemand, also bin ich niemandem etwas
wert, also bin ich Nichts…und es fällt gar nicht auf, wenn es mich nicht mehr gibt“.
Daraus ergeben sich Gefühle des „existentiellen Zuwenig“, „ein Gefühl von Nicht82
geliebt-,
Nicht-versorgt-Werden,
Nicht-gemocht-,
Nicht-anerkannt-,
Nicht-
wertgeschätzt-Werden“. Jene Gefühle bilden die Grundvoraussetzung, um später an
einer Depression erkranken zu können. Die psychologische Entwicklung endet bei
„Selbstwertproblemen, Minderwertigkeitsgefühlen, einer negativen und entwertenden
Einstellung zu sich selbst, seiner Leistungsfähigkeit und Wertigkeit“. Daraus kann sich
ergeben, dass nach Zuwendung, Anerkennung und Nähe gesucht wird.
Das nächste Modell ist das Konzept der gelernten Hilflosigkeit von SELIGMANN
(1975, zit. in: WOLFERSDORF 2002,43), und beschreibt die Depression als Folge
„mangelnder Kontrolle“. Menschen mit depressiver Symptomatik geben sich selbst die
Schuld für alles was schief geht, z.B. einen Fehler gemacht zu haben, Missgeschicke
oder verlassen zu werden. Aus welchen Gründen auch immer es dazu kam, der
Betroffene führt das Geschehen auf seine Unfähigkeit zurück. Diese Wahrnehmungen
verankern sich und führen zu einer überzeugten „Hilflosigkeitseinstellung“, die weder
kontrollierbar, noch veränderbar oder beeinflussbar ist.
Das dritte Konzept nach BECK (1967, zit. in: WOLFERSDORF 2002,43-44) versucht
die Depression als Folge einer kognitiven Störung zu erklären. Ausgang ist ein in der
Kindheit und Jugend erworbenes „negatives Selbstbild“. Ausgelöst wird der Prozess
durch bestimmte Ereignisse, wobei sofort negative Schlussfolgerungen daraus gezogen
werden. Depressive Menschen neigen dazu „sich auf negative Details zu stürzen,
Leistungen anderer
Personen zu
überschätzen und die der eigenen Person zu
entwerten“. Dieses Schema manifestiert sich und kann auch eventuell aufgetretene
positive Gedanken nicht zulassen. Das Leben des Betroffenen ist gekennzeichnet durch
negative Einstellungen zu sich selbst, seiner Umwelt, seiner Leistungsfähigkeit und
seiner Zukunft.
WOLFERSDORF (2002,44) fasst die Konzepte zusammen und beschreibt einen zur
Depression neigenden Menschen folgend:
1. Sie neigen zu überstarker Leistungsorientierung (zu 150% perfektionistisch
veranlagt). Einschränkungen in ihren Tätigkeiten verstärken Versagensängste
und führen zu einem verminderten Selbstwertgefühl, welches sich auf die
Leistungsfähigkeit negativ auswirkt.
2. Sie gelten auch als stark normbezogen, passen sich im Beruf und in der
Beziehung an. Werden als sogenannte „Mitläufer“ bezeichnet, die hinter
vorgegebenen
oder
vermeintlichen
Regeln,
Gesetzen,
Normen
und
83
Entwicklungsnotwendigkeiten zurückbleiben. Durch ständiges Anpassen und
Vermeidung von Individualität entstehen allmählich Schuldgefühle und ein
negatives Selbstbild.
3. Eine überstarke Beziehungsabhängigkeit bedeutet, dass jede Trennung, ja sogar
bereits Trennungsvermutungen sowie Verluste von Personen, zu Gefühlen der
Kränkung, Verletztheit, Lebensunfähigkeit und Existenzbedrohtheit führen.
-
Biologische Faktoren
Depressionen können auch durch neurobiologische Veränderungen verursacht werden.
Dabei spielen die Neurotransmitter (dienen der Informationsübertragung innerhalb des
Nervensystems) Serotonin und Noradrenalin im zentralen Nervensystem (ZNS-Gehirn)
eine wichtige Rolle. Menschen mit Depressionen weisen einen Noradrenalin- und
Serotoninmangel auf.
Die Veränderung der Neurotransmittersysteme durch psychosoziale Belastungen,
traumatische Erfahrungen und Verlustereignisse führen zu Symptomen depressiven
Verhaltens, Denkens und Fühlens. Verantwortlich für die Entstehung sind biologische
als
auch
psychologische
Ausgangs-
und
Entwicklungsbedingungen
(vgl.
WOLFERSDORF 2008,75).
7.1.1.2 Auslöser einer Depression
Bei den auslösenden Faktoren gibt es psychologische und biologische.
-
Psychologische Auslöser
Faktoren wie „eine erwartende, angedrohte oder vollzogene Trennung, jede
Infragestellung der Fremdwertschätzung, jede Kritik an der eigenen Leistungsfähigkeit,
aber auch jede Unfähigkeit, den überhöhten Leistungsnormen (z.B. in Folge von
körperlicher Erkrankung wie bei der Depression nach Herzinfarkt) nachzukommen“,
kann zu einer Depression führen. Das Gefühl der Geborgenheit, von anderen gemocht
bzw. geliebt, respektiert und/oder anerkannt zu werden, hat einen extrem hohen
Stellenwert im Leben eines depressiv kranken Menschen. Der Verlust dieser Sicherheit
führt zu „Gefühlen der Hilflosigkeit und zur Existenzunfähigkeit“. Um jegliche
Auseinandersetzung zu vermeiden, üben Betroffene auch keine Kritik in der
Partnerschaft oder in der Arbeit aus. Weiters meiden sie Situationen, in denen es zu
84
Streitigkeiten kommen kann. Charakteristisch sind ebenfalls ein nicht Wehren, jede
Überbelastung hinzunehmen, übermäßiges zu leisten (z.B. Überstunden ohne
Bezahlung) oder keine eigenen Ideen zu entwickeln. Kennzeichnend sind also
„Anpassung, Vermeidung von Individualität, Vermeidung von Aggressionen,
Vermeidung von Distanzierung und von Eigeninitiative“.
-
Biologische Auslöser
Damit
sind
Veränderungen
im
Hormonsystem
(z.B.
Wochenbettdepression,
Klimakterium), körperliche Erkrankungen, Jahreszeit oder chronische Überlastungen
gemeint.
HEGERL & NIESCKEN (2008,44-45) fassen zusammen, dass für die Entstehung einer
Depression zwei Ebenen verantwortlich sind. Die erste Ebene ist die psychologische.
Hier werden das Verhalten des Betroffenen, der Umgang mit den Mitmenschen und die
gesamte Lebenssituation betrachtet. Die zweite Ebene beschäftigt sich mit den
physiologischen Auslösern. Neurobiologische Veränderungen im Gehirn können der
Grund für Depressionen sein. Zu beachten ist, dass die beiden nicht getrennt
voneinander betrachtet, sondern gemeinsam angesehen werden sollen.
Abb.11: Psychosoziale und neurobiologische Aspekte der Depression
Weitere auslösende Situationen können z.B. kritische Lebensereignisse (Tod des
Partners oder anderer Familienmitglieder, Scheidung oder Trennung vom Partner,
Arbeitslosigkeit, Krankheit, Pensionierung oder Umzug in eine andere Stadt), Mobbing
(Psychoterror
am
Arbeitsplatz), Stress,
Nebenwirkungen von
Medikamenten,
85
Schwangerschaft und Geburt sowie das Lebensalter sein (vgl. GERHARDT &
NIESCKEN 2003,33-38).
7.1.2 Formen und Symptomatik der Depression
„Die Hauptsymptome bestehen aus einer Veränderung der Stimmung oder der
Affektivität, mit oder ohne begleitende Angst, oder zur gehobenen Stimmung. Dieser
Stimmungswechsel wird in der Regel von einem Wechsel des allgemeinen
Aktivitätsniveaus begleitet (DILLING, MOMBOUR & SCHMIDT 2008,140).
Folgend werden im Wesentlichen die unterschiedlichen Arten der Depression mit den
dazugehörigen Symptomen nach dem ICD-10 (vgl. DILLING, MOMBOUR &
SCHMIDT 2008,137-139) aufgelistet:
-
Manische Episode (Hypomanie und Manie)
Symptome einer manische Episode:
1. Gesteigerte Aktivität oder motorische Ruhelosigkeit
2. Gesteigerte Gesprächigkeit
3. Konzentrationsstörungen und Ablenkbarkeit
4. Vermindertes Schlafbedürfnis
5. Gesteigerte Libido
6. Übertriebene
Einkäufe
oder
andere
Arten
von
leichtsinnigem
und
verantwortungslosem Verhalten
7. Gesteigerte Geselligkeit oder übermäßige Vertrautheit
8. Ideenflucht und subjektives Gefühl von Gedankenrasen
9. Verlust normaler sozialer Hemmungen, was zu einem den Umständen
unangemessenen Verhalten führt
10. Überhöhte Selbsteinschätzung oder Größenwahn
11. Tollkühnes oder leichtsinniges Verhalten, dessen Risiken die Betroffenen nicht
erkennen, Lokalrunden ausgeben, törichte Unternehmungen, rücksichtsloses
Fahren
86
-
Bipolare affektive Störung
Charakteristisch ist der Wechsel zwischen einer gehobenen (Hypomanie und Manie)
und einer gesenkten (Depression) Stimmung. Symptome einer bipolaren affektiven
Störung sind daher jene von einer manischen Episode und einer depressiven Episode.
-
Depressive Episode
Symptome einer depressiven Episode:
1. Depressive (gedrückte) Stimmung
2. Verlust von Interesse oder Freude
3. Ermüdbarkeit und Energieverlust
4. Verlust von Selbstvertrauen
5. Schuldgefühle und unangemessene Selbstvorwürfe
6. Suizidgedanken oder suizidales Verhalten
7. Verminderung der Konzentration
8. Veränderte psychomotorische Aktivität (agitiert-unruhig oder gehemmtverlangsamt)
9. Schlafstörungen
10. Veränderung des Appetits, auch Körpergewichtsveränderungen
Charakteristisch ist, dass Stimmungsänderungen nicht von Tag zu Tag auftreten,
sondern dass sie Tagesschwankungen unterlegen sind. Es kann auch vorkommen, dass
zeitweilig Angst, Gequältsein und motorische Unruhe mehr im Vordergrund stehen als
die Depression. Weiters werden Symptome wie Reizbarkeit, exzessiver Alkoholgenuss,
Verstärkung früher vorhandener phobischer oder zwanghafter Symptome oder
hypochondrische Grübelein vermehrt verspürt. Für alle drei Schweregrade muss die
Dauer mindestens zwei Wochen betragen und soll nur für eine einzelne depressive
Episode verwendet werden. Kommt es zum Auftreten weitere Phasen, ist eine
rezidivierende depressive Störung in Betracht zu ziehen (vgl. DILLING, MOMBOUR
& SCHMIDT 2008,149-150). Die Episoden werden zusätzlich in leicht, mittelgradig
oder schwer unterteilt. Weiters gibt es noch zwei zusätzliche Charakterisierungen:
einerseits das „somatische Syndrom“ und andererseits die „psychotischen Symptome“.
Das „somatische Syndrom“, früher als „endogene Depression“ (endogen bedeutet so
viel wie „von innen heraus; vgl. GERHARDT & NIESCKEN 2003,20) bezeichnet, soll
das körperliche Leid und Empfinden ausdrücken. Das Wort „psychotisch“ beinhaltet
87
das Auftreten von Halluzinationen, Wahn und Formen schweren abnormen Verhaltens.
Bei Halluzinationen werden anklagende Stimmen gehört (z.B. „du bist nichts Wert“)
oder Betroffene sind der Meinung, nach verwesendem Fleisch zu riechen
(Geruchshalluzinationen). Wahnvorstellungen äußern sich in einer Verarmung oder in
einer Schuldhaftigkeit, für die sich der Patient verantwortlich macht (z.B. der Schuldige
an einer bevorstehenden Katastrophe zu sein). Eine weitere schlimme Auswirkung ist
die motorische Hemmung. Dabei kann es sein, dass der Betroffene regungslos an einer
Stelle verharrt oder gleich den ganzen Tag im Bett bleibt (vgl. PAULITSCH 2004,9596).
-
Rezidivierende depressive Störung
Charakteristisch für eine rezidivierende depressive Störung sind die wiederholten
depressiven Episoden ohne Phasen von gehobener Stimmung und vermehrtem Antrieb
(Manie).
-
Anhaltende affektive Störungen (Dysthymia)
Symptome einer Dysthymia:
1. Antriebsminderung
2. Schlaflosigkeit
3. Verlust des Selbstvertrauens oder Gefühl von Unzulänglichkeit
4. Konzentrationsschwierigkeiten
5. Neigung zum Weinen
6. Verlust des Interesses oder der Freude an Sexualität und anderen
angenehmen Aktivitäten
7. Gefühl der Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung
8. Erkennbares Unvermögen mit den Routineanforderungen des täglichen
Lebens fertig zu werden
9. Pessimismus im Hinblick auf die Zukunft oder Grübeln über die
Vergangenheit
10. Sozialer Rückzug
11. Verminderte Gesprächigkeit
88
Charakteristisch ist die langdauernde (mindestens 2 Jahre), depressive Verstimmung,
die aber für eine leichte depressive Störung nicht schwer genug ist. Es kann
vorkommen, dass Patienten Tage oder Wochen haben, in denen sie sich gut fühlen.
Dieser Phase stehen dann wiederum einige Monate voller Antriebslosigkeit, Müdigkeit,
Schlaflosigkeit, Grübelein und Hoffnungslosigkeit gegenüber. Betroffene sind aber in
der Lage alltägliche Aufgaben zu erledigen (vgl. DILLING, MOMBOUR & SCHMIDT
2008,161).
Als allgemeine Zusammenfassung der Symptome depressiver Menschen dient die
Einteilung nach STRAUB & KOPITTKE (zit. in: HUBER 1990,54). Die Symptome
werden nach emotionalen, vegetativ/physiologischen, motivationalen und kognitiven
Veränderungen sowie des motorischen Ausdrucks zugeordnet. Ergänzend wurden
wesentliche Aspekte nach KNAUDER (1996,34), HUBER (1990,52-53) und
WOLFERSDORF (2008,31-71) hinzugefügt.
Tabelle 11: Symptomatische Aspekte der Depression nach STRAUB & KOPITTKE
(1983)
Emotionale Veränderungen
-
Angst, soziale Ängste, Panikzustände (WOLFERSDORF)
-
Negative Gefühle sich selbst gegenüber
-
Depressive Stimmung, Herabgestimmtheit (WOLFERSDORF)
-
Selbsthass
-
Verlust befriedigender Gefühle
-
Affektive Störungen: Liebe, Mitleid, Trauer, Freude werden eingeengt, Gefühllosigkeit entsteht
(HUBER)
-
Gefühle der Niedergeschlagenheit, Verstimmung, Gleichgültigkeit, Leere, Unlebendigkeit, Tot
(HUBER)
-
Genussunfähigkeit: schmecken, riechen, fühlen, sehen, hören (WOLFERSDORF)
Vegetativ/physiologische Symptome
-
Erschöpfung mit ständiger Müdigkeit (HUBER)
-
Niedergeschlagenheit (HUBER)
-
Herzbeschwerden, Herzklopfen, Herzbeklemmung, Pulsbeschleunigung oder
Pulsverlangsamung (KNAUDER & HUBER)
-
Bluthochdruck
-
Magen- und Darmbeschwerden
-
Verdauungsbeschwerden, Bauchweh
89
-
Schlafstörungen, verkürzte Schlafdauer (HUBER)
-
Sexuelle Funktionsstörungen
-
Feuchte Hände
-
Klos im Hals
-
Atembeschwerden (HUBER)
-
Appetitverlust, Gewichtsabnahme oder Vielesserei (KNAUDER)
-
Mundtrockenheit (KNAUDER)
-
Kopfschmerzen, Schwindelgefühl (KNAUDER & HUBER)
-
Druck- und Engegefühl im Hals (KNAUDER)
-
Häufig nächtliche Schweißausbrüche (KNAUDER)
-
Beeinträchtigung im sensorischen Bereich: Hör-, Seh- und Tastvermögen,
-
Körpergefühlsstörungen: fehlendes Gefühl der Erholung (WOLFERSDORF)
-
Reduzierte Vitalität: rasche Ermüdbarkeit, Kraft- und Schwunglosigkeit (WOLFERSDORF)
Motivationale Veränderungen
-
Interessenverlust
-
Passivität
-
Rückzugverhalten
-
Flucht
-
Vermeiden von Verantwortung
-
Keine Spontanität
-
Sozialer Rückzug
-
Isolierung
-
Selbstmordgedanken
-
Antriebsstörungen (WOLFERSDORF)
Kognitive Manifestationen
-
Negative Einstellung gegenüber sich selbst, der Umwelt und der Zukunft
-
Selbstabwertung
-
Negative Selbsteinschätzung
-
Hoffnungslosigkeit
-
Pessimismus
-
Selbstkritik
-
Sich für alles verantwortlich fühlen
-
Entscheidungsunfähigkeit
-
Ständige Klagen über somatische Beschwerden
-
Suizidgedanken
-
Konzentrations- und Merkfähigkeit (WOLFERSDORF)
-
Langsames Denken (WOLFERSDORF)
90
Motorischer Ausdruck
-
Mimik: kein Lachen, wenig Blickkontakt
-
Gestik: kaum sprachbegleitende Gestik
-
Körperhaltung: gespannt oder zusammengesunken
-
Stimme: leise, monoton
-
Motorische Hemmung und mangelnde Reaktivität
-
Bewegungsabläufe verlangsamt
-
Agitiertheit und erhöhte Häufigkeit nichtproduktiver Aktivitäten wie: nicht still sitzen können,
Augenreiben, mit den Fingern spielen, Bewegungsstereotypien, Kopfkratzen, Gesicht und Haut
reiben
7.2 Zusammenhänge von Stress und Depression
Stress beherrscht das Leben vieler Menschen, sei es in belastenden Situationen am
Arbeitsplatz, in der Familie oder unter Freunden. Was Stress ist, wie und wann er
entsteht und welche Folgen es gibt, wurden beim Kapitel „Burnout und Stress“ (siehe
Seite 60-79) ausführlich erklärt. Um den Zusammenhang besser zu verstehen, wird
verkürzt noch einmal die Stresssituation erläutert.
Bei der Einwirkung eines Stressors wird der Körper in Alarmbereitschaft versetzt.
Dabei wird aus dem Hypothalamus das CRH (Cortikotropin-Releasing-Hormon)
freigesetzt. Bei der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) angelangt, setzt es das Hormon
Adrenokortikotropin (ACTH) frei und dieses wiederum sorgt dafür, dass aus der
Nebennierenrinde das Stresshormon Cortisol ausgeschüttet wird. Ein erhöhter
Cortisolanstieg im Blut führt zu körperlichen Reaktionen wie sie unter Punkt 6
aufgelistet
wurden.
Unter
bestimmten
Umständen,
wie
z.B.
bei
einer
Infektionserkrankung oder bei chronischem Stress, bleibt die Produktion des Cortisols
dauerhaft erhöht (vgl. HEGERL & NIESCKEN 2003,53). Auf Grund der Tatsache, dass
depressive Patienten einen erhöhten Cortisolwert im Blut aufweisen, kann Dauerstress
zu Depressionen führen (vgl. GERHARDT & NIESCKEN 2003,35). Das Leben wird
immer stressiger, sei es durch die Anspannung und den Leistungsdruck am Arbeitsplatz,
durch Machtkämpfe in der Familie oder durch Lärmbelästigung und Umweltgifte.
Belastende und unangenehme Erlebnisse gehören zu den Erfahrungen eines jeden
Menschens. Das hat aber noch lange nicht zu bedeuten, dass gleich jeder an einer
Depression erkranken muss. Die Verbindung zum Thema Stress liegt darin begraben, in
welcher Weise Stressoren wahrgenommen und wie diese bewertet werden. Dauerstress
91
verkürzt die Entspannungsphasen und kann zu typischen depressiven Symptomen, wie
Angst, Konzentrationsschwierigkeiten oder Schlafstörungen führen. Allerdings erhöhen
auch Infektionskrankheiten wie Tuberkulose, Grippe oder Hepatitis den Cortisolwert
und tragen auch zu einer höheren Depressionsanfälligkeit bei, macht sie jedoch nicht
automatisch depressiv (vgl. GERHARDT & NIESCKEN 2003,40-41)
7.3 Zusammenhänge von Burnout und Depression
Die Symptome von Burnout und Depressionen sind sehr ähnlich. Im Phasenmodell von
FREUDENBERGER und NORTH (2002) wird die Stufe vor der völligen BurnoutErschöpfung mit Depression umschrieben.
Aufgrund der vielen Gemeinsamkeiten haben FREUDENBERGER & RICHELSON
(1983) eine eigene Form eingeführt, in welcher sie die Depression als Symptom
beginnenden Burnouts sehen (vgl. ENZMANN & KLEIBER 1989,87).
Tatsächlich treten Symptome auf, die in ihren Gefühlslagen ähnlich sind, jedoch ist eine
chronische Depression von einer Burnout-Depression beträchtlich zu unterscheiden.
Den Zeitpunkt zu bestimmen, ab wann genau sich ein Betroffener in diesem Stadium
befindet, kann kaum festgelegt werden. Burnout, hervorgerufen von Überlastung und
tiefgreifender Müdigkeit, „ist gekennzeichnet durch einen fortschreitenden Verfall der
persönlichen Energie“. Wird die Depression vereinfacht betrachtet, so sind kritische
Lebensereignisse, welche mit einem Verlust zu tun haben, die Auslöser der Krankheit.
Die Grundsymptome, wie eine gedrückte, traurige, freudlose und niedergeschlagene
Stimmung, meistens kombiniert mit Apathie und Antriebsschwächen führen im
schlimmsten Fall zur totalen Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung. Begleitende
körperliche Symptome wie z.B. Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Mundtrockenheit,
Druck- und Engegefühl im Hals, nächtliche Schweißausbrüche, Herzklopfen,
Herzbeklemmung,
Pulsbeschleunigung
oder
Pulsverlangsamung,
Appetitverlust,
Gewichtsabnahme oder Vielesserei, träge Verdauung, Bauchweh, Nierenbeschwerden,
gestörte Sexualfunktion und Störung der Vitalgefühle, treten auch beim BurnoutProzess auf (vgl. KNAUDER 2005,31-34).
ENZMANN & KLEIBER (1989,91) sehen weitere Zusammenhänge im Modell von
CHERNISS (1980c). Auf der Grundlage der Stresstheorie von LARAZUS und der
Theorie der erlernten Hilflosigkeit von SELIGMAN entwickelte CHERNISS (1980c)
92
das transaktionale Burnoutmodell. Beim Stresskonzept von SELYE wird der Phase der
Erschöpfung besonderer Aufmerksamkeit geschenkt. Da Burnout auch im ICD-10 unter
Erschöpfungssyndrom zu finden ist, stellt es wohl das wichtigste Symptom dar. Gleiche
Bedeutung erhält der Begriff auch bei Depressionen, allerdings „nicht wegen körperlich
bedingter Übermüdungszustände, sondern diese sind Folgen einer Erschöpfung der
emotionellen Lebenskraft, der affektiven Seite der Persönlichkeit“ (KIELHOLZ 1971,
zit. in: ENZMANN & KLEIBER 1989,90). PINES und MASLACH können sich eine
Deckung von Burnout und Erschöpfungsdepressionen vorstellen (vgl. ENZMANN &
KLEIBER 1989,90). LAZARUS & LAUNIER (1981, zit. in: ENZMANN & KLEIBER
1989,91) „bezeichnen Depressionen zum einen als Stressemotion, zum anderen
determiniert nach ihrer Hilflosigkeit, die sich bis zur Depression steigern kann.
Depression wird also in ähnlicher Weise wie Burnout als Stressreaktion angesehen“.
Tabelle 12 beinhaltet eine zusammenfassende Darstellung aller bereits bisher genannten
Symptome (siehe Seite 25-30 sowie 86-91) von Burnout und Depression. Gleich wie bei
Burnout und Stress (Siehe Tabelle 10, Seite 77) wurden die Symptome in 5 Kategorien
unterteilt: emotionale, kognitive, motivationale, körperliche und verhaltensbezogene
Symptome
Tabelle 12: Symptome für Burnout und Depression
Kategorie 1: Emotionale Symptome
-
Emotionale Erschöpfung: Niedergeschlagenheit und Verzweiflung, gedrückte Stimmung
-
Verflachung und Verlust positiver Gefühle: Liebe, Freude, Interesse
-
Entstehung negativer Gefühle und Einstellung zum Leben:
1) Verlust von Selbstvertrauen
2) Reduzierte Selbstachtung
3) Gleichgültigkeit
4) Schuldgefühle und unangemessene Selbstvorwürfe
5) Angstgefühle
6) Abstumpfung, Leere, Tod
7) Schwächegefühl
8) Ohnmachtsgefühle
9) Hilf-, Hoffnungs- und Sinnlosigkeit
-
Affektive Störungen: Liebe, Mitleid, Trauer, Freude werden nicht verspürt
-
Entstehung von Gefühllosigkeit
-
Genussunfähigkeit: schmecken, riechen, hören, sehen, fühlen
93
-
Überhöhte Selbsteinschätzung oder Größenwahn
-
Gefühl der Unentbehrlichkeit
-
Soziale Ängste und Panikzustände
-
Wutausbrüche, Ungeduld, Kompromissunfähigkeit, Reizbarkeit
-
Selbstmordgedanken, Selbsthass
Kategorie 2: Kognitive Symptome
-
Konzentrations- und Gedächtnisschwäche, leicht ablenkbar
-
Vergesslichkeit und reduzierte Merkfähigkeit
-
Zunahme von Denkstörungen, Einschränkung der Wahrnehmungen
-
Kreativitätsleistung nimmt ab
-
Negative Selbsteinschätzung
1) Schuldgefühle
2) Negatives Selbstwertgefühl
3) Selbstabwertung
4) Einsamkeit
-
Entscheidungsunfähigkeit
-
Angstgefühle: Sinn-, Hoffnungs- und Hilflosigkeit
-
Konstante Beschäftigung mit sich selbst, ständiges Klagen über somatische Beschwerden
-
Selbstmord
Kategorie 3: Motivationale Symptome
-
Antriebsstörungen
-
Verlust von Interessen
-
Keine Spontanität
-
Passivität, Verringerte Initiative
-
Vermeidung von Verantwortung
1) Resignation
2) Flucht
94
Kategorie 4: Körperliche Symptome
-
Körperliche Erschöpfung
1) Chronische Müdigkeit
2) Energiemangel und Energieverlust
3) Veränderte psychomotorische Aktivität: agitiert-unruhig oder gehemmt-verlangsamt
4) Antriebsminderung
5) Niedergeschlagenheit
6) Reduzierte Vitalität, rasche Ermüdbarkeit, Kraft- und Schwunglosigkeit
-
Körpergefühlsstörungen: fehlendes Gefühl der Erholung und Entspannung
-
Beeinträchtigung im sensorischen Bereich: Hör-, Seh- und Tastvermögen
-
Muskelverspannungen, chronische Verspannungen, Muskelschmerzen
-
Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, Migräne und Übelkeit
-
Schlafstörungen
-
Herz-Kreislauf-Störungen
1) Herzklopfen und beschleunigter Puls, Herzbeschwerden und Herzbeklemmung
2) Engegefühl oder Stechen in der Brust
3) Erhöhter Blutdruck
-
Atembeschwerden, Kurzatmigkeit, Hyperventilation
-
Magen-Darm-Geschwüre
-
Gewichtsveränderungen, Veränderung des Appetits und der Essgewohnheiten
Kategorie 5: Verhaltensbezogene Symptome
-
Gesteigertes Aktivitätsniveau (zu Beginn der Phase) oder motorische Ruhelosigkeit und
gesteigerte Gesprächigkeit (manische Episode)
-
Hyperaktivität
-
Sozialer Rückzug
1) Meidung informeller Kontakte
2) Meidung von Gesprächen
3) Interesse und Begeisterungsfähigkeit sinkt: Kurz- und langfristige Ziele können aufgegeben
werden. Früher wichtige persönliche Dinge werden weggegeben.
4) Aufgeben von Hobbys, Freunde treffen
5) Desinteresse und Langeweile
6) Einsamkeit
-
Selbstzerstörerisches Verhalten und erhöhte Risikobereitschaft
1) Verstärkter Drogenmissbrauch
2) Der Konsum von Alkohol, Koffein, Nikotin, verschriebener oder illegaler Mittel steigt
3) Veränderte Essgewohnheiten
4) Tollkühnes und leichtsinniges Verhalten, z.B. rücksichtsloses Fahren
-
Energieniveau ist niedrig und sinkt weiter ab
-
Zynismus und die Schuldzuweisung an andere wachsen
95
Abb.12 zeigt, dass je ausgeprägter Burnout ist, umso mehr korreliert es mit einer
depressiven Episode.
Abb.12: Burnout-Symptome überlappen bei zunehmender Intensität mit den Symptomen einer Depression nach
HELL (2007)
JAGGI (2008,11-12) versucht Burnout und Depression wie folgt zu unterscheiden:
-
Burnout ist vor allem auf berufliche Überlastungen beschränkt.
-
Depression ist nicht auf berufliche oder andere psychosoziale Belastungen
(Arbeits- oder Partnerverlust) beschränkt, sondern schließt auch körperliche
Symptome ein.
-
Die wahren Ursachen einer Depression bleiben meist unbekannt.
FREUDENBERGER & NORTH (2005,39-41) fassen die Unterschiede von Burnout
und Depression wie folgt zusammen:
Tabelle 13: Unterschiede von Burnout und Depression
Burnout
-
Als Auslöser wird Stress und tiefgreifende
Depression
-
Müdigkeit gesehen.
Verursacht durch ein oder mehrere
Ereignisse, die mit einem Verlust zu tun
haben.
-
Gekennzeichnet durch Verfall der Energie
-
Gekennzeichnet durch
und der Werte. Veränderung der Gefühle
Niedergeschlagenheit, Schwäche und
und Wahrnehmungen durch
Gefühle von Trauer.
Kontrollverlust gegenüber der Umwelt
sowie mit den Ansprüchen und den
inneren Erwartungen fertigzuwerden.
-
Bezieht sich meist auf einen
Lebensbereich, d.h. dass Menschen am
-
Beeinträchtigt die Gefühle und Stimmung
in allen Lebensbereichen. Gefühle wie
96
-
-
Arbeitsplatz ausbrennen können, hingegen
Freud-, Lust- oder Wertlosigkeit, Ekel
zu Hause oder unter Freunden aufleben
oder Kummer sind ständiger Begleiter des
können.
ganzen Lebens.
Aufgegeben wird im Sinne durch
-
Neigt eher zum Aufgeben. Wenn Alkohol
vermehrten Konsum von Alkohol und
und Drogen konsumiert werden, dann um
Drogen um den Energieverlust
die schmerzlichen, depressiven Gefühle zu
auszugleichen.
verleugnen.
Charakteristisch sind Veränderungen der
-
Persönlichkeit und im Verhalten: statt
Charakteristisch sind Gefühle der
Hoffnungs- und der Hilflosigkeit.
ruhig und ausgeglichen – wütend und
gereizt, statt vertrauensvoll – zynisch
7.4 Zusammenfassung
ENZMANN
&
KLEIBER
(1989,94)
fassen
zusammen,
dass
sehr
viele
Gemeinsamkeiten herrschen. Werden Entstehungsbedingungen, theoretische Konzepte,
und Symptome betrachtet, so können große Ähnlichkeiten festgestellt werden. Die
Unterschiede sind, dass von einer Depression als Krankheit erst dann gesprochen wird,
wenn Symptome zwei Jahre präsent sind. Weiters können alle Lebensbereiche einer
Person betroffen sein und sie machen sich zusätzlich für alles Schlechte verantwortlich.
Jene Gefühle ziehen sich meistens durch das gesamte Leben. Burnout hat keine zeitliche
Eingrenzung. Es besteht sogar die Möglichkeit, dass Betroffene privat aufleben und sich
der Schuldzuweisungen entziehen können (vgl. KNAUDER 2005,34). Ein Vorteil auf
der Seite des Burnouts ist jener, dass z.B. durch einen Arbeitsplaztwechsel bereits der
Prozess aufgehoben werden kann und es dann auch keiner weiteren Therapie bedarf.
Wird eine Depression durch ein kritisches Lebensereignis ausgelöst, so bedarf dies ein
besonderes Therapieprogramm (vgl. ENZMANN & KLEIBER 1989,94).
Die Folgen beider Krankheiten können dramatische Veränderungen im Leben eines
Menschen hervorrufen. Symptome wie völlige Erschöpfung, Rückzug vom Leben,
Verlust von positiven Gefühlen und Entwicklung von ausschließlich negativen
Gefühlen sind nicht genug. Das Denken an Selbstmord bzw. der Vollzug oder die
Ausübung ist die katastrophalste Folge. Egal wo die Zusammenhänge oder die
Unterschiede, Auslöser oder Ursachen beider Konzepte liegen. Entscheidend ist, dass
97
betroffene Menschen einen hohen Preis dafür bezahlen müssen.
8. Bewältigungsstrategien
Durch die Popularität von Burnout sind viele unterschiedliche Konzepte für eine
Behandlung entwickelt worden. Als erster Weg für Betroffene, sich bestimmte
Informationen einzuholen, würde sich eine Buchhandlung oder das Internet anbieten. In
Büchern finden sich entsprechende Ratgeber oder Selbsthilfemanuale, welche erste
Behandlungsperspektiven ermöglichen. Das Internet listet zahlreiche Anregungen und
auch Angebote von möglichen Behandlungsmaßnahmen auf. Führen ausgesuchte
Methoden zu einer Linderung bzw. Besserung der Beschwerden, so wurden die, für die
jeweilige Person betreffenden, richtigen Strategien ausgewählt. Sind die Versuche, dem
Burnout entgegenzuwirken, fehlgeschlagen und hat sich beim Betroffenen ein Gefühl
von Hilflosigkeit entwickelt, so muss eine professionelle Hilfe in Anspruch genommen
werden. (vgl. HILLERT & MARWITZ 2006,234).
Auf der Grundlage des Wissens, dass Burnout einerseits durch personenbezogene und
andererseits durch arbeitsbezogene Faktoren ausgelöst werden kann, wird das Sichtfeld
für Bewältigungsmaßnahmen enorm erweitert. Somit müssen nicht „nur“ Menschen
eigene Strategien zur Behandlung bzw. zur Prävention von Burnout entwickeln, sondern
auch Betriebe bzw. Organisationen. Wobei vorauszuschicken ist, dass Veränderungen
von Seiten der Organisation eher unwahrscheinlicher sein werden.
8.1 Bewältigungsstrategien im Alltag
Was kann jeder einzelne gegen das Burnout-Syndrom unternehmen bzw. welches
Verhalten führt möglicherweise nicht in ein Burnout? FAUST (2007,133) findet als
„wirkungsvollste Behandlung eine rechtzeitige und konsequente Vorbeugung“.
98
8.1.1 Individuelle Interventionsmöglichkeiten
8.1.1.1 Probleme erkennen und sich eine Auszeit gönnen
Als erster Schritt ist eine gründliche Situations- bzw. Ursachenanalyse erforderlich. Das
Eingestehen ein Problem zu haben wird meistens als Schwäche empfunden und daher
auch anfangs nicht akzeptiert. Der menschliche Körper ist und bleibt ein Phänomen.
Dies zeigt sich wie lange Menschen sich dahinschleppen und selbstquälerisch sein
können, bis endlich die Einsicht erfolgt, doch etwas zu unternehmen, bevor ein
Zusammenbruch eine Entscheidung erleichtert. Eine Analyse könnte folgende Fragen
beinhalten (vgl. FAUST 2007,133):
-
„Welche Umweltbedingungen sind belastend?“
-
„Welche eigenen Bedürfnisse und Ziele wurden vernachlässigt?“
-
„Welche Fähigkeiten blieben unterentwickelt?“
-
„Welche Vorstellungen sind unrealistisch?“
-
„Wie gelangt man zu mehr Autonomie?“
-
„Wie kann man mehr Freiheit für sich selbst gewinnen?“
Dauerstress und Überforderung wirken sich auf physischer, psychischer und/oder
emotionaler Ebene aus. Das Verleugnen entsprechender Symptome sollte nicht mehr
stattfinden, denn Leiden ist nicht normal (vgl. SAVAL & WENDT 2008, zit. in:
WENDT & ENSLE 2008,89). Dazu beschreiben LAMMERT (1981), ALEXANDER
(1980), sowie SCHAUFELI & ENZMANN (1998, zit. in: JAGGI 2008,28)
Empfehlungen, dass Selbst- und Fremdwahrnehmungen geschärft werden sollten:
-
„Wo trage ich zu meinem Burnout bei?“
-
„Welche Umweltfaktoren sind beteiligt?“
-
„Welche Faktoren lassen sich beeinflussen, welche nicht?“
In Zeiten höchster Anstrengung mobilisieren Menschen alle Kraftreserven um
durchzuhalten. Aussagen wie „nur noch eine Woche, einen Monat oder ein Jahr, dann
ist es vorbei“ werden häufig geäußert. In solch einer Phase sind Menschen jedoch sehr
verwundbar. Burnout wird als schleichender Prozess bezeichnet. Der Grund ist, dass
Personen die eigenen Grenzen nicht kennen bzw. übersehen und Warnsignale nicht
wahrgenommen werden. An dieser Stelle kann das Nehmen einer Auszeit große Erfolge
leisten. Zusätzlich mit einem Freund oder einer Freundin kann die Situation leichter
durchgestanden werden und sie helfen einem auch bei der Findung der Entscheidung,
99
ob man sich selbst oder seine Umwelt verändern muss (vgl. LITZCKE & SCHUH
2007,172-173).
8.1.1.2 Prioritäten setzen
Das Setzen von Prioritäten hört sich einfach an, wird aber in der Praxis nicht so
empfunden. Das Schreiben einer Liste mit den zu erledigenden Terminen reicht nicht
aus. Viel schwieriger ist es die Termine nach Wichtigkeit und Dringlichkeit zu ordnen.
Das richtige Zeitmanagement sollte dahin gelenkt werden, dass mehr Zeit für sich und
andere (z.B. die Familie) da ist um das Leben auszuschöpfen und in vollen Zügen zu
genießen (vgl. ROMING 1998, zit. in: LITZCKE & SCHUH 2007,82-83). Der
Unterschied zwischen wichtigen und dringlichen Aufgaben ist jener, dass sich wichtige
Aufgaben auf langfristige Ziele beziehen. Dringliche Tätigkeiten sind kurzfristiger und
drängen sich in einem Arbeitsverlauf häufiger in den Vordergrund. Dadurch bleibt oft
keine Zeit mehr das Wichtige zu erledigen und das Unerledigte wird daher in die
Freizeit verlegt. Unerledigte Aufgaben verschaffen ein beklemmendes Gefühl, den
Aufgaben nicht gewachsen zu sein. Ein erfolgreiches Zeitmanagement könnte auf
folgenden Faustregeln basieren (vgl. LITZCKE & SCHUH 2007,86-88):
-
Vorlieben zurückstellen
Im Arbeitsalltag wird Unwichtiges eher als angenehm und Wichtiges als unangenehm
empfunden. Weiters ist die Dauer der Beschäftigung mit angenehmen Angelegenheiten
höher als die mit Unangenehmen (Zeitfalle). Konsequenz: das notwendige
Unangenehme vor dem angenehmen Unnötigen erledigen (vgl. LITZCKE & SCHUH
2007,88).
-
Vor Überlastungen schützen
Um sich selbst vor Arbeitsüberlastung zu schützen, muss gelernt werden, die Arbeit
abzugeben bzw. zu teilen und nicht immer alles alleine zu machen. Konsequenz:
Delegieren lernen (vgl. LITZCKE & SCHUH 2007,88).
-
Kein schlechtes Gewissen mehr
Bereitet das Unerledigte ein schlechtes Gewissen, so muss auch hier etwas dagegen
gemacht werden. Es kann nicht alles zugleich und sofort erledigt werden. Eine weitere
100
Möglichkeit sich vor Zeitnot zu bewahren, wäre z.B. ein Terminkalender und/oder ein
„Wiedervorlagesystem“, welches helfen soll, Termine zu verlegen und unerledigte
Aufgaben vorübergehend zu vergessen ohne ein schlechtes Gewissen zu haben (vgl.
LITZCKE & SCHUH 2007,88).
-
Perfektionismus
Perfektionismus ist ein Persönlichkeitsmerkmal, welches zusammen mit anderen,
ausschlaggebend für einen Burnout-Prozess sein kann (siehe Seite 52). Konsequenz: nur
so viel Perfektion wie nötig! Schluss mit den überhöhten Ansprüchen an sich selbst.
Eine Korrektur der Selbsteinschätzung in Richtung „geistige Leistungsfähigkeit,
seelische Stabilität, die körperliche Belastbarkeit, die psychosozialen Bedingungen der
Partnerschaft, der Familie, des beruflichen Umfeldes usw.“ durchführen (FAUST
2007,133).
-
Nein sagen
Ganz wichtig ist der Mut zum „Nein“ sagen. „Das jetzt nicht, das andere ist wichtiger“,
„jetzt nicht, kommt erst später dran“, „ist nicht meine Aufgabe“ oder „das reicht, es geht
nicht mehr“ kann eine gute Strategie gegen die Zeitnot, das Unerledigte und den
Perfektionismus sein.
Durch ein gutes Zeitmanagement kann der Tag besser strukturiert werden (Abb.13) und
auch ein stressfreieres Arbeiten ermöglichen (vgl. LITZCKE & SCHUH 2007,89).
Abb.13: Ein möglicher Weg zum stressfreien Arbeiten
101
8.1.1.3 Kontrolle zurückgewinnen
Das Spüren und Wahrnehmen der eigenen Grenzen („jetzt ist es genug“) ist
entscheidend, um Veränderungen an sich und seiner Umwelt vorzunehmen. Das Ziel,
wie ein Roboter zu funktionieren, sollte nicht angestrebt werden. Nur wer sich die Zeit
nimmt, um über seine Arbeits- und Lebensziele nachzudenken und auch gegebenenfalls
nachzuverbessern, kann bei verlorener Sinnhaftigkeit wieder zu neuem Lebensmut
gelangen. Um die Kontrolle zurückzugewinnen, müssen eigene Bedürfnisse und
Wünsche bewusst gemacht werden:
-
„Was braucht man, um ein glückliches und zufriedenes Leben zu führen?“
-
„Was braucht man, um wieder mit Interesse und Leichtigkeit der beruflichen
Aufgabe nachzukommen?“
Das Einrichten eigener Puffer bzw. Filter kann eine ständige Überforderung verhindern,
z.B. ein zeitlicher oder technischer Filter (Anrufbeantworter oder ein personeller wie
eine Sekretärin) dient dazu, nicht ständig erreichbar zu sein, um so seine Arbeit
abzuschließen ohne permanent herausgerissen zu werden (vgl. LITZCKE & SCHUH
2007,173).
SAVAL & WENDT (2008, zit. in: WENDT & ENSLE 2008,90) beschreiben mögliche
Filter, wie Urlaubs- und Erholungstage einplanen, Freizeit von der Arbeit zu trennen
sowie Handy, Laptop und/oder Unterlagen zu Hause zu lassen und Gestalten von
regelmäßigen Pausen während der Arbeit.
8.1.1.4 Nein sagen
Der Schutz der eigenen Gefühle und Zeit vor erhöhten Anforderungen und Ansprüchen
kann durch ein klares und deutliches „nein“ erfolgen (vgl. SAVAL & WENDT 2008,
zit. in: WENDT & ENSLE 2008,89). Allerdings sollten zum Nein Begründungen
und/oder Alternativvorschläge angeboten werden, wie z.B. (vgl. LITZCKE & SCHUH
2007,174):
-
„Das schaffe ich nicht in der Zeit, die wir dafür zur Verfügung haben. Mögliche
ist das nur, wenn ich im Gegenzug eine weniger wichtige Aufgabe abgeben
kann“.
-
„Wir können es schaffen, aber nur mit mehr Personal und mehr Zeit“.
-
„Ich weiß nicht, wie wir diesen Termin erfüllen können. Was würde denn
102
passieren, wenn wir erst eine Woche später fertig wären?“
Erleichternde Umstände werden durch das Ansprechen von kritischen Themen, das
Pflegen von Kommunikation und das Aushalten von höflicher Kritik herbeigeführt.
Ständiges Nachdenken und Sorgen um bestimmte Dinge nimmt viel Zeit in Anspruch,
welche für wirkliche Bedürfnisse eingenommen werden könnte. Das Auftreten von
Sorgen und Ängsten kann durch ein Gespräch mit Freunden, mit der Familie oder mit
einer professionellen Beratung bewältigt werden. Entweder werden die Umstände in
der Arbeit oder in der Beziehung geändert oder wenn gar keine Lösung greifbar
erscheint, hilft es nur mehr sich zu trennen (vgl. SAVAL & WENDT 2008, zit. in:
WENDT & ENSLE 2008,90).
8.1.1.5 Pause machen
Das Einhalten von Pausen dient der wichtigen Phase der Regeneration. Das Prinzip der
Erholung ist genau so entscheidend für die Arbeitsleistung wie die Arbeit selbst. Häufig
wird die unerledigte Arbeit zu Hause fortgeführt und verhindert damit die
Entspannungsphase. Die Trennung von Beruf und Privat sollte ein fester Bestandteil des
Lebens sein. Die abendlichen Arbeitspausen sollten für persönliche Bedürfnisse und die
Pflege eigenständiger Lebensgestaltungen genutzt werden. Außerdem sollten Urlaubs-,
Sonn- und Feiertage zur Erholung genutzt und nicht durch Freizeitstress ersetzen
werden (vgl. LITZCKE & SCHUH 2007,174). Die richtige Balance zwischen Arbeit,
Familie und Freizeit wird als wichtiger Faktor für die Erholung von Burnout gesehen
(vgl. CHERNISSE 1999, zit. in. LITZCKE & SCHUH 2007,174).
Pausen helfen:
-
„sich in einem hektischen Umfeld zu stabilisieren“
-
„Strukturen im Arbeitsalltag zurückzuerobern“
-
„Zeit zur Reflexion und damit für gute Ideen zu gewinnen“
Eine Pause stellt eine gute Möglichkeit dar, kurzfristige Stressbewältigungsstrategien
zum Einsatz zu bringen. Kurzfristige Strategien haben eine Stressreaktions mildernde
und Stressspitzen kappende Funktion. Diese Maßnahmen werden unmittelbar nach der
stressauslösenden Situation durchgeführt. Sie müssen schnell wirken und sind daher
einfache und weniger komplexere Strategien (vgl. LITZCKE & SCHUH 2007,53-55).
103
-
Spontane Erleichterung
z.B. tief durchatmen, Kurzentspannung, sich ausstrecken (vgl. HILLERT & MARWITZ
2006,238). Zum Thema Kurzentspannung ist zu erwähnen, dass Entspannungstechniken
erlernt werden müssen um eine aktuelle Erregung zu minimieren. Eine Möglichkeit zur
Kurzentspannung könnte vielleicht folgende Übung sein (vgl. LITZCKE & SCHUH
2007,53-55):
1. Bequem hinsetzen und Augen schließen.
2. Hände hinter dem Kopf verschränken, Ellenbogen nach hinten drücken,
Kopf gegen die Hände pressen.
3. Zähne und Lippen fest aufeinander pressen.
4. Beine vorstrecken, Fußspitzen nach unten drücken, alle Muskeln
anspannen.
5. Beim Einatmen wölbt sich die Bauchdecke nach außen. Beim Ausatmen
durch den Mund fällt sie locker nach hinten.
6. Dann alle Glieder fallen lassen, lockeres Gefühl im ganzen Körper. Eine
Minute völlig entspannt bleiben, ruhig durchatmen.
7. Langsam aufstehen und die Arme hoch strecken.
8. Nun sagen: „Ich fühle mich wohl und erfrischt. Ich bin hellwach und
ganz ruhig“.
-
Wahrnehmungslenkung
z.B. aus dem Fenster ins Grüne schauen, das Foto der Kinder auf dem Schreibtisch
betrachten, ein Lied im Radio hören usw. (vgl. HILLERT & MARWITZ 2006,238).
Weiters hilft z.B. am Computer spielen, zum Kopieren gehen, mit Freunden
telefonieren, Schreibtisch aufräumen, spazieren gehen und Blumen gießen. Kurze
körperliche Übungen könnten folgend aussehen (vgl. LITZCKE & SCHUH 2007,5355):
1. Rundblick: Kopf langsam nach links beugen und langsam nach rechts
beugen.
2. Gefesselte Hände: Hände fassen sich auf dem Rücken. Schultern weit
nach vorne und dann weit nach hinten ziehen.
3. Katzenbuckel im Sitzen: Hände auf die Oberschenkel legen. Kopf und
Brust langsam senken, so weit es geht. Dann langsam aufrichten, Wirbel
um Wirbel und schließlich Brust nach vorne schieben.
104
4. Klavierübung: Hände in Schulterhöhe vor sich halten. Zur Faust ballen
und dann abwechselnd kräftig spreizen.
5. Wachsen: Im Stehen einen Arm so hoch recken wie möglich. Dann den
anderen Arm hoch strecken. Mehrmals durchführen und jedes Mal etwas
höher kommen.
6. Beine im Sitzen strecken und knapp vom Boden abheben. Langsam
abwechselnd die gestreckten Beine anheben.
-
Positive Selbstgespräche
z.B. „Das schaffe ich schon“, „So schnell gebe ich nicht auf“, „In der Ruhe liegt die
Kraft“ (vgl. HILLERT & MARWITZ 2006,238).
-
Abreaktion
z.B. auf den Tisch hauen, mit Schwung eine Treppe hinauflaufen (vgl. HILLERT &
MARWITZ 2006,238). STOLLREITER (2000, zit. in: LITZCKE & SCHUH 2007,55)
meint, dass das Abreagieren kurzfristig eine Lösung darstellt, weil dadurch die
Stresshormone gleich abgebaut werden, längerfristig jedoch nicht zu empfehlen ist. Das
Gefühl nach einem Wutausbruch, z.B. lautes Schimpfen im Auto, auf den Tisch hauen,
mit dem Fuß auf den Boden stampfen, wird als angenehm empfunden. Aussagen wie:
„Jetzt geht‟s mir wieder besser“, schließen die Aktion ab. Allerdings gerät man immer
öfter und immer leichter in Rage, was langfristig nicht förderlich ist da solche
Reaktionen zu einem Aggressionsaufbau führen können.
Sinnvolle Maßnahmen zur Abreaktion wären z.B. sportliche Wettkämpfe (Kampfsport),
die Treppe hoch rennen, Holz hacken, etc. (vgl. LITZCKE & SCHUH 2007,55).
8.1.1.6 Gesunde Lebensweise
Der am Häufigsten geäußerte Wunsch lautet: „Gesund zu bleiben!“ In Wirklichkeit
dagegen sieht es ganz anders aus.
-
Ausreichend Schlaf
Durch die Verminderung der Schlafdauer droht ein schleichendes Schlaf- bzw.
Regenerationsdefizit. Genügend Schlaf ist eine wichtige präventive Maßnahme gegen
das Burnout-Syndrom (vgl. FAUST 2007,134).
105
-
Ausreichend körperliche Aktivität
Aufgrund der Vielfalt der Sportarten ist es wichtig, sich für eine Bewegungsform zu
entscheiden, die einem Spaß und Freude bereitet. Um die Reserven wieder aufzufüllen
sollten körperliche Aktivitäten in regelmäßigem und vernünftigem Maße betrieben
werden. Der tägliche Spaziergang, wenn möglich bei Tag und im Wald, Fahrradfahren,
Schwimmen, Gymnastik, Gartenarbeit, usw. sind empfehlenswert (vgl. FAUST
2007,135). Genauer dann bei Kapitel 9 (Sport- und Körpertherapie bei Burnout).
-
Gesunde Ernährung
Ein zu viel oder ein zu wenig ist auch bei der Ernährung nicht von Vorteil. Wichtig
wäre es, einen Mittelweg zu finden. Es sollte mehr Obst und Gemüse gegessen werden,
weiters
werden
selbstgeschrotetes
Vollkornprodukte
Müsli)
sowie
empfohlen.
faserreiche
Außerdem
hilft
Nahrungsmittel
eine
(z.B.
ausreichende
Flüssigkeitszufuhr in Form von Wasser, dass Gifte und Abfallstoffe aus dem Körper
transportiert werden (vgl. FAUST 2007,136).
-
Verzicht auf Genuss- und Suchtmittel
Verminderung von Tabak, Koffein, Süßigkeiten, Alkohol und aufputschenden
Getränken (vgl. FAUST 2007,136).
-
Keine Drogen
Absoluter Verzicht auf Drogen, sowohl auf harte als auch auf sogenannte weiche
Drogen wie Haschisch, Marihuana oder Ecstasy (vgl. FAUST 2007,136).
-
Kontakte pflegen
Kontakt zu der Familie, Nachbarn, Bekannte, Freunde und Kollegen müssen unbedingt
beibehalten werden. Der Verlust von zwischenmenschlichen Beziehungen bedeutet in
Zeiten der Not komplett zu vereinsamen, da vielleicht keiner mehr da ist, mit dem man
reden kann um sich etwas Zuspruch zu holen. Deshalb sollten Beziehungen zu Freunden
und zur Familie stets aufrechterhalten werden (vgl. FAUST 2007,137).
-
Hobbys pflegen
Sowie körperliche Aktivitäten nehmen auch Hobbys einen hohen Stellenwert in der
Prävention ein. Sie sind ein „wichtiger Teil der Gesundheitserhaltung, eine wirksame
106
Selbstheilungsmaßnahme sowie ein angspartes Vermögen für psychosoziale Notzeiten“
und dienen vor allem der Regenerationsphase und als Ausgleich für einen stressigen
Tag (vgl. FAUST 2007,136-137).
-
Zufriedenheitserlebnisse im Alltag
Zufriedenheitserlebnisse im Alltag sollten durch Hobbies bzw. andere angenehme
Freizeitaktivitäten vermittelt werden. Als präventive Maßnahme dient Sport als
Ablenkung, als Vermittler von Spaß, Entspannung, Zufriedenheit und auch um den
Körper fit zu halten. Das Vernachlässigen von Hobbies und sozialen Aktivitäten durch
ständiges Arbeiten führt zur Schieflage von Anspannung und Entspannung (vgl
HILLERT & MARWITZ 2006,242-243).
-
Erlernen von Entspannungstechniken
Entspannungstechniken sollten nicht erst erlernt werden, wenn man akut betroffen ist,
sondern, man soll sie vorbeugend üben. Dazu zählen z.B. Autogenes Training, Yoga,
Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson usw. (vgl. FAUST 2007,136). Ebenfalls
genauer dann bei Kapitel 9 (Sport- und Körpertherapie bei Burnout).
8.1.2 Interventionen im Bereich des Arbeitgebers
Wenn Burnout aus einer Fehlpassung zwischen Arbeiter und Organisation entstanden
ist, so besteht die Möglichkeit, dass Maßnahmen von Seiten der Organisation oder der
Arbeiter erfolgen können. Von Seiten der Organisation sollten Strategien entwickelt
werden, welche auf die Bedürfnisse und Interessen der Mitarbeiter abgestimmt sind.
8.1.2.1 Maßnahmen für den einzelnen Mitarbeiter
SAVAL & WENDT (2008, zit. in: WENDT & ENSLE 2008,104-105) nennen folgende
Möglichkeiten für den Arbeitnehmer, sich vor einem berufsbedingten Burnout zu
schützen:
-
Gesundheits-Checks und Vorsorgeuntersuchungen
-
Informationsveranstaltungen
-
Seminare, Trainings und Beratungen, z.B. zu den Themen Stress, Entspannung,
Ernährung, Rückenschule, Richtiges Heben und Tragen etc.
107
-
Coaching und Supervision
-
Sportangebote,
z.B.
Lauf-
und
Walkingtreffs,
verschiedene
Bewegungspraktiken, Anschaffung von Fitnessgeräten etc.
-
Umstellung der Betriebsküche auf ausgewogene Ernährung
-
Ergonomisch richtige Gestaltung von Arbeitsplätzen und Tätigkeiten sowie die
Möglichkeit der persönlichen Gestaltung des Arbeitsplatzes
-
Stressmechanismen verstehen – im Menschen, in Organisationen
-
Bestandsaufnahme der eigenen Stressbelastung, der Energiefresser
Weitere Burnout-Interventionen sind nach BURISCH (2006,248):
-
Verbesserung des Zeitmanagements
-
Training in sozialer Geschicklichkeit
-
Bekämpfung unrealistischer Erwartungen
-
Optimierung der Work-Life-Balance
-
Kollegiale Unterstützungsgruppen
-
Individuelle kollegiale Unterstützung
-
Coaching und Beratung
-
Karriereplanung
-
Arbeitsplatzwechsel
Eine wichtige Maßnahme für jeden Mitarbeiter ist das Setzen von Prioritäten (siehe
Seite 100). Dabei werden Erfahrungen im Unterscheiden zwischen den Anforderungen
seitens des Betriebes und den selbst auferlegten Pflichten gemacht und dies führt zu
mehr Autonomie. Weiters kann durch Zielvereinbarungen oder durch ein Nichteinhalten des strengen Dienstplans mehr Handlungsfreiheit erlangt werden. Ein
vermehrter Einsatz in Richtung Anbietung umsetzbarer Verbesserungsvorschläge kann
zu Erfolgserlebnissen und zu einer Selbstbelohnung führen. Ein harmonisches
Arbeitsteam erhöht die Leistung und das Engagement und steigert die Wertschätzung
unter Kollegen (vgl. LITZCKE & SCHUH 2007,172).
8.1.2.2 Betriebliche Maßnahmen
Möglichkeiten wären z.B. die Verkürzung von Schichten, längere oder mehrere
Arbeitspausen, das Gewähren von Sonderurlaub, Jobrotationen, Rückmeldungen über
108
Leistungen, mehr Entscheidungsfreiheit bzw. Selbstbestimmung von Arbeitsausführung
oder die Teilnahme an Supervisionen und Coaching (vgl. LITZCKE & SCHUH
2007,171).
Zu den betrieblichen Maßnahmen zählen SAVAL & WENDT (2008, zit. in: WENDT &
ENSLE 2008,105-106) folgende Möglichkeiten:
-
Optimierung betrieblicher Arbeitsabläufe
-
Teamsupervision
-
Teamworkshops zur Prävention
-
Belastungsreduktion durch Einführung eines Schichtmodells
-
Erarbeitung von Pausenplänen und -regelungen
-
Einführung lebensphasenorientierter Arbeitszeitmodelle (Wochenarbeitszeitverkürzung ab 50, flexible Arbeitszeiten, Gleitpension, Wahlarbeitszeiten,
bedürfnisorientierte Teilzeitarbeit, Arbeitszeitkonten etc.)
-
Individuelle Tätigkeitserweiterungen
-
Verbesserung der innerbetrieblichen Informationsflüsse
-
Erstellung von Arbeitsplatzbeschreibungen und Anforderungsprofilen
-
Erarbeitung individueller Qualifizierungs- und Weiterbildungspläne
-
Lernen am Arbeitsplatz durch Lernzeiten oder E-Learning
-
Gesundheitszirkel einführen
-
Personalplanung
-
Personalentwicklung betreiben
-
Wichtig ist darüber hinaus eine fundierte Ausbildung der Personalvertreter und
Betriebsräte sowie der Sicherheitsvertrauenspersonen, damit diese in der Lage
sind, stresserzeugende Arbeitsbedingungen rechtzeitig zu erkennen und diese
wirkungsvoll und aktiv im Interesse der Beschäftigten verändern zu können.
-
Analyse der Faktoren, die im gemeinsamen Arbeiten „stressen“
-
Betriebliche Stressanalyseverfahren „IMPULS“ zum Erkennen von Stressoren
und Optimieren von Ressourcen im Betrieb
BURISCH (2006,250-252) hat ebenfalls viele Maßnahmen aufgelistet und beschrieben,
welche jedoch bereits von SAVAL & WENDT erwähnt wurden. Hinzuzufügen sind
noch folgende Möglichkeiten:
-
Konfliktmanagement, Informationsfluss und Entscheidungsbeteiligung
109
CHERNISS (1995) umschreibt dieses Thema mit „Trainings zur Verbesserung
des organisationalen Verhandlungsgeschick“. „Es geht um die Fähigkeit
Konflikte mit Kollegen und Vorgesetzten zu vermeiden oder zu lösen; die
Fähigkeit für eigene Initiativen die Unterstützung der Organisationen zu finden;
einen analytischen und bedeutsamen Umgang mit Schwierigkeiten innerhalb der
Organisation“ (CHERNISS 1995, zit. in: BURISCH 2006,251).
-
Mitarbeiterbefragung und psychosozialer Check-up
-
Vorbeugende Sozialisierung
Bewerber sollten gleich beim ersten Gespräch mit der Realität vertraut gemacht
werden. Garantieren eines langsamen Einführens in den Arbeitsprozess wäre
gerade für Berufsanfänger eine enorme Erleichterung. Weiters ist von
Vorgesetzten
zu
erwarten,
dass
bei
erkennbaren
anfänglichen
Erschöpfungssymptomen sofort gehandelt werden sollte. Betroffene könnten bei
einem externen Mentor, der ein unabhängiges Verhältins zum Betrieb hat, über
belastende Erfahrungen sprechen und Hilfe erwarten.
-
Keine Überzeitexzesse
-
Firmeneigene Hilfsangebote
Ursprünglich für Alkoholiker gedacht, werden heutzutage auch Themen wie
Familie, Gesundheit, Ehe und Stress aufgegriffen.
-
Sozialplan (Outplacement)
Das Vorschlagen von neuen Arbeitstellen für entlassene Mitarbeiter.
8.1.2.3 Maßnahmen für die Führungskräfte
Das Verhalten von Führungskräften leistet einen höheren Beitrag an Burnout zu leiden
als eine hohe Arbeitsbelastung (vgl. CHERNISS 1980b, 1999, zit. in: LITZCKE &
SCHUH 2007,171). Die ständigen Forderungen noch schneller und noch mehr zu
arbeiten führen allmählich zu negativen Arbeitseinstellungen. Das Erhöhen der
Arbeitsmenge und es dann auch noch als selbstverständlich zu betrachten, dass diese
erledigt wird, ohne dementsprechend gelobt zu werden, führt mit großer
Wahrscheinlichkeit in ein Burnout. Weiters steht für Führungskräfte oft nicht die
Qualität im Vordergrund, sondern die Quantität. Mitarbeiter ziehen allerdings die
Qualität vor und so entstehen oft nicht lösbare Konflikte. Verfolgt man die eigenen
Bedürfnisse, nämlich die Arbeit nach seinen Vorstellungen zu erledigen, so ist oft die
110
Führungsebene unzufrieden, erledigt man die Arbeit aber nach den Vorstellungen der
anderen, dann ist man mit sich selbst unzufrieden. Die Mitarbeiter erleben ihren Sinn
und Wert des eigenen Handelns in der Institution durch ihre Führungskräfte (vgl.
LITZCKE & SCHUH 2007,171-172).
SAVAL & WENDT (2008, zit. in: WENDT & ENSLE 2008,106) beschreiben folgende
Maßnahmen für Führungskräfte:
-
Einführung von Mitarbeitergesprächen
-
Führungskräfte-Coaching
-
Feedbackgespräche von Mitarbeitern an Führungskräfte
-
Weiterbildungsaktivitäten für Führungskräfte
-
Prämien für Verbesserungsvorschläge von Mitarbeitern (gesunheitsfördernde
Verbesserungen)
-
Aufklärung/Information über Gruppenprozesse
-
Gruppen- und Teamtraining (z.B. Konflikttraining, Kommunikationstraining)
-
Führungstraining (Training von Führungsverhalten)
-
Regelmäßige Supervision (zumindest in jenen Teilen der Organisation, in denen
von der Arbeitsaufgabe her besondere Belastungen auftreten wie z.B. in
Beratungsdiensten mit persönlichem Kundenkontakt)
-
Stressmechanismen verstehen – im Menschen, in Organisationen
-
Potenzialanalysen
-
Bestandsaufnahme der eigenen Stressbelastung, der Energiefresser
8.2 Bewältigungsstrategien mit professioneller Unterstützung
Können Menschen sich selbst nicht helfen, so muss eine Unterstützung auf eine andere
Art und Weise geschehen. Aus diesem Grunde gibt es Menschen, die einem helfen
können und auch wollen. Die folgenden Therapien wurden nach BURISCH (2006,278282) zusammengefasst. Weites wird erwähnt, wann eine Therapie sinnvoll ist und wann
sie nicht eingesetzt werden sollte. Da es sich bei der professionellen Unterstützung um
Psychotherapie handelt, wird nur kurz darauf eingegangen.
111
8.2.1 Gesprächspsychotherapie (GT, Nondirektive Therapie, Klientenzentrierte
Psychotherapie)
Ziel: nicht-akzeptierte Wesensteile zutage zu fördern, sie anzunehmen und in die
Persönlichkeit integrieren zu lernen.
Die GT ist als erster Versuch sehr empfehlenswert. Der Therapeut versucht die
Selbstanalyse des Betroffenen zu fördern und leistet somit Hilfe zur Selbsthilfe.
Außerdem finden „Ausbrenner“ schwer einen Zugang zu ihren Gefühlen und werden
daher auch dementsprechend behandelt.
8.2.2 Logotherapie (LT)
Ziel: den Klienten Antworten auf die fundamentale Sinn-Frage finden zu lassen, die ab
einem gewissen Stadium gestellt wird.
Die LT sollte stützend vom Betroffenen erlebt werden und nicht aufdeckend.
8.2.3 Rational-emotive Therapie (RET)
Ziel: aufsuchen von gespeicherten Glaubenssätzen oder „Mythen“ und in Frage stellen.
Im Allgemeinen sollen äußere oder innere Ereignisse nicht direkt zu emotionalen oder
Verhaltensreaktionen führen, sondern über eine Bewertungsinstanz vermittelt werden.
Ein Gefühl der Niedergeschlagenheit wird sich dann verankern, wenn eine Abweisung
oder Kritik im eigenen „Glauabenssystem“ nie erlebt werden darf. Unrealistische
Einstellungen und Ziele sind häufig zum Scheitern verurteilt.
8.2.4 Transaktionsanalyse (TA)
Ziel: Klient und Therapeut einigen sich auf die Therapieziele und ihre beiderseitigen
Zuständigkeiten, um die Ziele zu erreichen.
Die TA ist für Betroffene aussichtsreich und sinnvoll. Klienten lernen wieder
Verantwortung für ihr Leben zu übernehmen. Die Grundprobleme wie z.B. die
Selbstbewertung, die gestörten Sozialkontakte, die unrealistischen Anspruchssetzung
oder die Erschöpfung werden von der TA in Behandlung genommen. Dazu werden auch
frühere Erlebnisse und die dazu entstandenen Gefühle aufgearbeitet.
112
8.2.5 Gestalttherapie
Ziel: Erfahrungen im Hier-und-Jetzt, Experimente mit dem eigenen Verhalten und
seinen emotionalen Folgen, Wiederfindung der Selbstverantwortung für das eigene
Leben
Symptome wie z.B. Spontanitätslosigkeit, Emotionsunterdrückung oder Vermeidung
von Erfahrungen mit sich und anderen finden sich oft bei Burnout. Die Gestalttherapie
versucht
mit
handgreiflichen
Erfahrungen,
gespielten
oder
imaginierten
Verhaltensweisen entgegenzuwirken.
8.2.6 Psychodrama (PD)
Ziel: Förderung der Spontanität und Aktivierung der ansonsten sehr zurückgehaltenen
„Ausbrenner“.
Das Psychodrama wird grundsätzlich nur in Gruppen durchgespielt. Es handelt sich
hierbei um Rollenspiele, welche „Rekonstruktionen biographisch relevanter Szenen
eines Protagonisten“ herbeiführen können (BURISCH 2006,281). Die anderen
Teilnehmer schlüpfen dabei in verschiedene Rollen, helfen so der Hauptfigur in Kontakt
mit oft bewegenden Gefühlsregungen zu kommen und bewirken dadurch unter
Umständen korrigierende Erfahrungen zu machen.
8.2.7 Katathymes Bilderleben (KB)
Ziel: Über imaginierte Vorstellungen symbolisierte Personen zu finden und auch
typische Konfliktsituationen aufzudecken.
Das Versetzen durch den Therapeuten in einen leicht entspannten Zustand und dazu die
Vorstellung z.B. einer Wiese oder eines Bachs lassen die Imagination starten.
Selbstständig entwickelte spontane Szenen werden vom Klienten weitergeführt und
vom Therapeuten kontrolliert gesteuert. BURISCH sieht diese Therapieform als sehr
geeignet für „Ausbrenner“.
113
8.2.8 Körpertherapien
Ziel: Denken, Fühlen und Handeln vermehrt Aufmerksamkeit schenken.
Die Arbeit richtet sich direkt an Muskeln und Gelenke, Haltung und Atmung und
besteht hauptsächlich aus Atem-, Streck-, Beuge- und Massagetechniken. Negative
Emotionen (wie z.B. Angst) können durch bestimmte Methoden (z.B. Atemübungen)
überwunden werden. Das Auflösen von Verspannungen in den betroffenen
Körperregionen kann eine befreiende Wirkung für das gesamte Leben beinhalten.
Zu bedenken ist, dass nicht gleich beim ersten Mal der richtige Therapeut gefunden
werden kann. Anfangs ist auch gleich klarzumachen, dass das Verhältnis von beiden
Seiten gelöst werden kann, sowohl nach der ersten als auch nach mehreren Sitzungen.
9. Sport- und Körpertherapie bei Burnout
Die Ansätze zur Behandlung von psychischen Erkrankungen stammen aus dem Bereich
der Psychotherapie. Dadurch haben sich unterschiedliche Verfahren entwickelt, welche
speziell auf die Psyche positive Auswirkungen haben. Dem Körper selbst wurde dabei
weniger Aufmerksamkeit geschenkt und durch die Trennung von Körper und Geist
geriet der Aspekt der psychophysischen Ganzheitlichkeit des Menschen anfangs immer
weiter in den Hintergrund. MÜLLER (1987, zit. in: WILHELMI 1991,45) beschreibt,
dass der Körper ein wichtiges Element für den Menschen darstellt und sich daher die
Psychologie und Psychotherapie in diesem Bereich einer Weiterentwicklung nicht
entziehen konnten. Neue Verfahren mit Einbeziehung des Körpers fanden in der
Psychotherapie ihren Ursprung und sind heute als sogenannte Körperzentrierte
Psychotherapie bekannt. Die positiven physischen und psychischen Auswirkungen des
Sports sind unumstritten. „Bewegung und Sport einerseits als Zugang zur erkrankten
Psyche und andererseits als Brücke zur Umwelt verdienen eine gesteigerte
Aufmerksamkeit“ (WILHELMI 1991,45). Leider finden sie gerade im Bereich der
psychischen Erkrankungen nur zögerlich Eingang.
Durch welche Eigenschaften können Sport und Bewegung zu einer effektiven
Rehabilitation bzw. Prävention von Burnout beitragen? Zuerst wird ein Blick in die
Sporttherapie der Psychiatrie geworfen, um die Grundkenntnisse des Sports für
psychisch Erkrankte zu verstehen. Die beiden Themen, Stress und Depression, haben
114
für Burnout, vorallem was die Entstehung und Auswirkung betrifft, eine große
Bedeutung. Aufgrund der engen Beziehung von Burnout und Stress, Burnout und
Depression
sowie
Stress
und
Depression
können
Stress-
sowie
Depressionsbewältigungsmaßnahmen für die Burnout-Problematik herangezogen
werden.
9.1 Begriffliche Eingrenzungen
9.1.1 Prävention
Unter Prävention wird im allgemeinen nach SCHWARTZ & WALTER (2000, zit. in:
BJARNASON-WEHRENS in: ROST (Hrsg.) 2005,402) folgendes verstanden: „Die
Prävention umfasst alle Maßnahmen, die gezielt darauf ausgerichtet sind, das Entstehen
einer Krankheit zu verhindern, weniger warhscheinlich zu machen oder zu verzögern –
oder ihren Verlauf zu verlangsamen“.
Burnout kann als psychische Erkrankung gesehen werden und wird auch größtenteils
nur im psychiatrischen und psychosozialen Bereich behandelt. Der Prävention von
psychischen Erkrankungen müsste die gleiche Aufmerksamkeit geschenkt werden wie
der Prävention von physischen. Laut WHO wird in eine Primär-, Sekundär- und
Tertiärprävention unterschieden.
9.1.1.1 Primärprävention
„Primärprävention umfasst alle Maßnahmen, die das erstmalige Auftreten psychischer
Störungen verhindern“ (ENQUETE 1975, zit. in: WILHELMI 1991,12). Bei der
sogenannten Erstvorbeugung geht es darum, dass im Vorfeld Maßnahmen gesetzt
werden, die beim gesunden Menschen zur Anwendung kommen ohne dass bereits
Symptome aufgetreten sind (vgl. SCHÜLE 1987, zit. in: WILHELMI 1991,12) und
welche die Widerstandsfähigkeit des Individuum erhöhen um vor krankheitsfördernden
und schädigenden Faktoren zu schützen (vgl. ENQUETE 1975, zit. in: WILHELMI
1991,12).
115
9.1.1.2 Sekundärprävention
„Sekundärprävention soll die weitere Ausprägung und Verfestigung früh erkannter
psychischer Störungen verhindern oder ihre Verlaufsform und -dauer beeinflussen“
(ENQUETE 1975, zit. in: WILHELMI 1991,14). Bereits in dieser Phase vermischen
sich die Interventionsmöglichkeiten der Prävention und der Rehabilitation miteinander
(vgl. SCHÜLE 1987, zit. in: WILHELMI 1991,14).
9.1.1.3 Tertiärprävention
„Tertiärprävention umfasst alle Maßnahmen, die beim Vorliegen pathologischer
Symptome angewendet werden, um einerseits weitere möglicherweise hieraus
resultierende Schäden körperlicher, psychischer und sozialer Art (Sekundärschäden) zu
verhüten, andererseits jene (Risiko-) Faktoren zu minimieren oder auszuschalten, die
die Symptome verursacht haben“ (SCHÜLE 1987, zit. in: WILHELMI 1991,15). Die
Aufgabenbereiche der Tertiärprävention sind inhaltlich mit denen der Rehabilitation
gleichzustellen (vgl. WILHELMI 1991,15).
9.1.2 Rehabilitation
„Rehabilitation ist ein umfassender und einheitlicher Prozess, indem ein körperlich,
seelisch, geistig oder sozial bleibend oder langfristig Behinderter oder ein von
Behinderung Bedrohter mit differenzierten und fachgerechten Hilfen der Gesellschaft
lernt, seine Behinderung zu beheben oder zu verringern und soweit wie möglich durch
Entfaltung verbliebener Fähigkeiten und Begabungen auszugleichen, sowie eine der
bleibenden Behinderung angepasste Stellung in der Gesellschaft, und wenn möglich im
Arbeitsleben (wieder) einzulernen“ (BLUMENTHAL & JOCHHEIM 1976, zit. in:
BJARNASON-WEHRENS in: ROST (Hrsg.) 2005,403).
Die Ziele der psychischen Rehabilitation sind nach HÄFNER (1976, zit. in: HUBER
(Hrsg.) in: WILHELMI 1991,22-23):
-
die Folgen der Krankheit und eventuelle ungünstige Folgen ihrer Behandlung
soweit abzubauen als möglich.
-
das Risiko von Krankheitsrückfällen und Wiederaufnahme zu verringern.
116
-
Die verbleibenen oder hinzugewonnen Fähigkeiten so einzusetzen, dass die
psychischen und ökonomischen Belastungen für die Betroffenen selbst, ihre
Angehörigen und für die Gesellschaft möglichst gering bleiben.
Die Rehabilitation basiert auf einem stufenförmigen Prinzip. Als erstes werden die
verbliebenen Fähigkeiten so gut als möglich stabilisiert. Danach erfogt über ein
Anheben der zu bewältigenden Aufgaben eine Steigerung des Grundniveaus. Mit dieser
erhöhten Ausgangsposition können weitere schwierigere Aufgaben gelöst werden,
welche in weiterer Folge die Basis weiter festigen und zusätzlich Reserven bilden (vgl.
WILHELMI 1991,23).
Den Sinn der Rehabilitation trifft MÜLLER (1987, zit. in: WILHELMI 1991,16) mit
seiner
Defintion
sehr
gut.
MÜLLER
sieht
die
Rehabilitation
„als
die
Wiedereingliederung in die Gesellschaft mit Hilfe einer umfassenden Betreuung und
Versorgung durch medizinische, psychologische und soziale Maßnahmen“.
9.1.3 Sport- und Bewegungstherapie
Auf die viel diskutierte Frage, was unter Sport- und was unter Bewegungstherapie
verstanden werden kann, gibt der Deutsche Verband für Gesundheitssport und
Sporttherapie (1986, zit. in: RIEDER, HUBER & WERLE (Hrsg.) 1996,72) folgende
Antwort:
„Bewegungstherapie ist ärztlich indizierte und verordnete Bewegung, die vom
Therapeuten geplant und dosiert, gemeinsam mit dem Arzt kontrolliert und mit dem
Patienten allein oder in der Gruppe durchgeführt wird“.
Der Begriff „Sporttherapie“ wird als Teilbereich der Bewegungstherapie gesehen und
wie folgt definiert:
„Sporttherapie ist eine bewegungstherapeutische Maßnahme, die mit geeigneten Mitteln
des Sports gestörte körperliche, psychische und soziale Funktionen kompensiert,
regeneriert, Sekundärschäden vorbeugt und gesundheitlich orientiertes Verhalten
fördert. Sporttherapie beruht auf biologischen Gesetzmäßigkeiten und bezieht besonders
pädagogische, psychologische und soziotherapeutische Verfahren mit ein und versucht
eine überdauernde Gesundheitskompetenz zu erzielen“.
117
SCHULKE-VANDRE (1983, zit. in: HUBER 1990,79) fordert, dass Sporttherapie
keinesfalls nach Leistung streben darf. Aus einer Kombination von funktionellsomatischer und pädagogisch-psychologischer Maßnahmen müssen Möglichkeiten für
den „Kranken“ geboten werden, welche auf seine spezifischen Störungen abgestimmt
sind.
9.2 Bewegungs- und körperorientierte Therapien in der Psychiatrie
Bewegungs- und körperorientierte Therapien finden ihren Ursprung aus dem Bereich
der Psychotherapie und wurden aus den verschiedenen therapeutischen Ausrichtungen
abgeleitet (vgl. STAMMER & WERLE, zit. in: RIEDER, HUBER & WERLE (Hrsg.)
1996,377).
9.2.1 Bewegungs- und Sporttherapie
Aus den verschiedenen Techniken der Verhaltenstherapie entstand die Bewegungs- und
Sporttherapie (vgl. GRAWE 1992, zit. in: STAMMER & WERLE in: RIEDER,
HUBER & WERLE (Hrsg.) 1996,377). „Unter Berücksichtigung einer individuellen
Verhaltensanalyse wird das sporttherapeutische Setting als realitätsnahes Handlungsfeld
gesehen, in dem sich problematische Verhaltensweisen zeigen können (EHRHARDT
1990, zit. in: STAMMER & WERLE in: RIEDER, HUBER & WERLE (Hrsg.)
1996,377), die verschiedenen verhaltenstherapeutischen Techniken zugänglich sind,
z.B.
Verstärkung,
Modellernen,
Reizkonfrontation,
Selbstsicherheitstraining,
Angstbewältigungstraining“ (STAMMER & WERLE in: RIEDER, HUBER & WERLE
(Hrsg.) 1996,377).
9.2.2 Integrative Bewegungstherapie
Die Integrative Bewegungstherapie (IBT) leitet ihre Therapieverfahren aus dem Bereich
der humanistischen und psychoanalytischen Psychotherapie ab. Der Mensch wird als
ganzheitliches Konzept gesehen, indem (…) „Körper und Geist eine Einheit zusammen
mit der sozialen, kulturellen und ökologischen Umwelt bildet“ (DREFKE 1990, zit. in:
STAMMER & WERLE in: RIEDER, HUBER & WERLE 1996,377). Die Inhalte sind
z.B. Atemschulung, Körperwahrnehmungsübungen, Spiel- und Sportformen sowie
118
expressive und kreative Tanzformen (vgl. STAMMER & WERLE in: RIEDER,
HUBER & WERLE 1996,377).
9.2.3 Konzentrative Bewegungstherapie
„Die Konzentrative Bewegungstherapie (KBT) ist eine Methode für Gruppen- und
Einzelpsychotherapie
tiefenpsychologischer
auf
der
Denkmodelle.
Basis
entwicklungspsychologischer
Ausgehend
von
der
Theorie,
dass
und
sich
Wahrnehmung zusammensetzt aus Sinnesempfindung und Erfahrung, geht die KBT den
Weg der bewussten Körperwahrnehmung im „Hier und Jetzt“ – auf dem Hintergrund
der individuellen Lebens- und Lerngeschichte. Die therapeutische Arbeit entsteht im
Zusammenwirken von Handeln zur körperlichen Wahrnehmung, Interaktion und
Gespräch, in dem das Erlebte ausgesprochen, seine Bedeutung reflektiert und durch
Assoziationen vertieft wird“ (POKORNY, HOCHGERNER & CSERNY 1996,20-21).
9.3 Sporttherapie in der Psychiatrie
Sport und Gymnastik haben auch auf psychische Erkrankungen positive Auswirkungen.
Dies stellte bereits HEYER (1928), KAUDERS (1937), STEGER & HEYER-GROTE
(1970) in den 30-iger Jahren fest. Sie sehen Sport als „Hilfsform der Psychotherapie,
welche das gestörte Körper-Seele-Verhältnis normalisieren und verbessern, das
Körperempfinden neu entwickeln und den Selbsterkennungsprozess fördern kann“
(THUNHART 1993,8-9). Ebenso sieht BRAUN (1983, zit. in: RIEDER, HUBER &
WERLE (Hrsg.) 1996,373), dass Sport- und Bewegungstherapeutische Maßnahmen
bereits einen festen Platz in der Prävention und Rehabilitation von psychischen
Erkrankungen haben. Die Inhalte und Methoden werden nach den Bedürfnissen und
Möglichkeiten der psychisch Erkrankten gerichtet (vgl. FRITZ 1986, zit. in:
WILHELMI 1991,149).
119
Tabelle 14: Zielvorstellungen psychiatrischer Sporttherapie nach DEIMEL (1978)
Kategorie 1: Entängstigung der Patienten
-
Charakteristisch für psychisch Kranke ist sich selbst zu unterschätzen und sich in „sichere“
Räume zurückzuziehen. Ein weiterer Verlust des Selbstbildes wird durch die ständige Furcht vor
Misserfolgen und Kritik von anderen verstärkt.
-
Ziel:
1. Aufbau von Mut und Selbstwertgefühl durch Zuführen von Könnenserlebnissen und positiven
Rückmeldungen.
2. Vermeidung von Überforderungssituationen und dem zur „Schau“ stellen des Patienten.
3. Die Entängstigung des Patienten ist die Grundvoraussetzung für weiterführende Maßnahmen.
Kategorie 2: Stabilisierung der psychischen Konstitution
-
Weiters tendieren psychisch Kranke zu Rückfällen. Der Verlust der Fähigkeit sich den Tag zu
strukturieren sowie soziale Kontakte zu schließen und ein vermindertes Selbstwertgefühl sind
weitere Merkmale.
-
Ziel:
1. ICH-Stärkung durch weitere Erfolgserlebnisse sind grundlegend für weitere Anforderungen.
2. Anpassung des Anforderungsmuster an das momentane Könnensrepertoire.
3. Festigung der Fertigkeiten durch wiederholtes Üben bilden die Grundlage für weitere
positiven Erfahrungen.
4. Durch das Wiederholen wird das Maß an Kontinuität und Regelmäßigkeit leichter gegeben,
das für die Tages- und Zeitstrukturierung und zum Aufbau von Handlungskompetenzen benötigt
wird.
5. Erhöhung des Selbstwertgefühls und Aufbau von sozialen Kontakten durch freiwilliges und
individuell dosiertes Leisten.
Kategorie 3: Aktivierung der Patienten
-
Psychisch Kranke neigen zu großer Passivität, sind sehr antriebsschwach und die Antriebsarmut
ist durch ein „Nichtwollenkönnen“ gekennzeichnet.
-
Ziel:
1. Erhöhung des Antriebs durch Vermittlung der Sinnhaftigkeit des Handelns und der daraus
resultierenden positiven Auswirkungen auf die psychische Stabilität.
2. Erhöhung des Reizniveaus in der materiellen und personellen Umwelt und die Steigerung der
extrinsischen, später dann der intrinsischen Motivation.
Kategorie 4: Initiierung guppendynamischer Prozesse auf verbaler und nonverbaler Ebene
-
Ziel:
1. Angebot zum Knüpfen sozialer Kontakte.
2. Das „Spiel“ in all seinen Variationen bekommt hier eine große Bedeutung zugeschrieben.
120
Kategorie 5: Aufbau und Weiterentwicklung einer positiven Beziehung zum eigenen Körper durch
handelnde Selbsterfahrung
-
Ziel:
1. Körper- und Selbsterfahrungsübungen fördern den Zugang zur Lebensbewältigung sowie den
Realitätsbezug zur Umwelt.
2. Die Verbindung von Körper und Geist öffnet neue Möglichkeiten des Zugangs zu sich selbst
und zu anderen.
Kategorie 6: Die Vermittlung sportbezogenen „Rüstzeugs“ für die Zeit nach der stationären
psychiatrischen Behandlung
-
Ziel:
1. Vermittlung von Formen des Sports, die im außerklinischen Bereich zur Anwendung
kommen.
2. Vermittlung von Kenntnissen und Verhaltensweisen zur Regulation und Normalisierung
psycho-physischer Erregungsprozesse im Sinne einer Hilfe zur Selbsthilfe.
3. Desensibilisierungs- und Entspannungstechniken zur Verbesserung der Wahrnehmungs-,
Konzentrations- und Koordinationsfähigkeit.
4. Entwicklung von grundlegenden sportmotorischen Fähig- und Fertigkeiten um einen
Anschluss an Freizeitsportgruppen zu erleichtern bzw. zu ermöglichen.
5. Dadurch ergeben sich soziale Kontakte und der Aufbau einer Tagesstruktur wird ebenfalls
erleichtert.
Kategorie 7: Die Stabilisierung und Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit
-
Besonders charakteristisch ist der oft mit sehr schwach, bzw. „schlecht“ zu bezeichnende
körperliche Zustand von Patienten. Sie weisen eine reduzierte Leistungsfähigkeit des HerzKreislauf-Systems auf, dazu Übergewicht durch Bewegungsmangel und falsche Lebensweise
(Ernährung, Alkohol, etc.) sowie eine verspannte, verkürzte und abgeschwächte Muskulatur.
-
Ziel:
1. Wiederherstellen der körperlichen Leistungsfähigkeit durch eine Verbesserung der
motorischen Grundeigenschaften Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit/Flexibilität und
Koordination/Geschicklichkeit.
2. Natürlich ist die rein physische Leistungssteigerung nicht das primäre Ziel des Sports in der
Psychiatrie, dennoch stellt sie für den Patienten eine verbesserte Ausgangsposition für das
gesamte Handeln dar.
3. Alltagsanforderungen können leichter bewältigt werden (langsamere Ermüdung durch bessere
Ausdauer).
4. Leistungen sind leicht abrufbar, z.B. Zeit und Kilometer am Ergometer, sind somit sehr gut zu
kontrollieren und der Beweis einer Leistungssteigerung fördert weiter das Selbstvertrauen.
121
Als Ergänzung werden noch nach WEISS (1985, zit. in: WILHELMI 1991,154) weitere
Zielbereiche genannt:
-
Entwicklung einer differenzierenden, aufmerksamen Wahrnehmungsfähigkeit.
-
Vermittlung motorischer Grunderfahrungen und eines breiten Spektrums an
Fertigkeiten.
-
Zulassen der eigenen Kreativität und die Entwicklung der Fähigkeit, sich durch
Bewegung auszudrücken und mitzuteilen.
Weiters sind folgende Zielsetzungen hinzuzufügen, die sich zum Teil mit den bereits
genannten überschneiden, dennoch nicht unerwähnt bleiben sollen (THUNHART 1993,
28-33):
-
Persönlichkeitsstabilisierung (siehe Tabelle 14, Seite 120-121)
-
Patientenaktivierung (siehe Tabelle 14, Seite 120-121)
-
Angstabbau des Patienten (siehe Tabelle 14, Seite 120-121)
-
Verbesserung der Wahrnehmungs- und Konzentrationsfähigkeit
Die Gedanken und Gefühle drehen sich um einen selbst und spielen sich in der
Vergangenheit ab. Der Sport bietet hierbei hervorragende Möglichkeiten von sich selbst
und seinen Problemen abzulenken und sich auf andere Dinge zu konzentrieren.
Ausgewählte
Übungen
sollten
Anforderungen
im
Aufmerksamkeits-,
Kombinationsvermögens- und Konzentrationsbereich beinhalten (vgl. DÖRNER &
PLOG 1978; POHL 1976, zit. in: THUNHART 1993, 29).
-
Verbesserung, bzw. Aufbau eines Körperbewusstsein
Psychisch Kranke haben ein gestörtes Bewusstseins zum eigenen Körper. Die
Sporttherapie soll helfen, die Beziehung zum eigenen Körper wiederherzustellen um
sich auch letztlich wieder in seinem Körper wohlzufühlen (vgl. KRIETSCHMEDERER in: REIMER (HG.) 1977, zit. in: THUNHART 1993, 30).
-
Kontaktfähigkeit fördern
Wie schon in Tabelle 14 (Siehe Seite 120-121) häufig erwähnt, haben psychisch Kranke
oft
nicht
den
Mut
andere
Menschen
anzusprechen.
Das
Initiieren
von
gruppendynamischen Prozessen auf verbaler und nonverbaler Ebene soll hier nochmals
erwähnt werden. Weiters sollten Partner- und Kontaktübungen zur Lösung der
Kontaktprobleme durchgeführt werden (vgl. PETZOLD & BERGER in: PETZOLD
(HG.) 1977, zit. in: THUNHART 1993, 31).
122
-
Entwicklung positiver Verhaltensmuster
Die Sporttherapie sollte weiters darauf abzielen, den Menschen grundlegende
Handlungskompetenzen,
für
die
Gestaltung
zwischenmenschlicher
Beziehung,
beizubringen, wie z.B. sich anpassen, einfügen, sich durchsetzen, Ziele selbst
bestimmen, Führung übernehmen, führen lassen, Vertrauen vermitteln, sich gegenseitig
Halt geben, miteinander in Einklang kommen (vgl. BORNKAMP-BAAKE 1981, zit. in:
THUNHART 1993, 31).
-
Gemeinschaftsbewusstsein und Wohlbefinden
Ein weiteres Ziel des Sports ist das Vermitteln von Gefühlen nicht allein zu sein. Der
Sport lehrt, dass es möglich ist, sich in einer Gemeinschaft wohl- und geborgen zu
fühlen und dient so dem allgemeinen Wohlbefinden des Menschen. Inhalte können
Gruppenarbeiten und Mitgestaltung der Therapiestunde sein (vgl, POHL 1976, zit. in:
THUNHART 1993, 32).
Zusammenfassend kann behauptet werden, dass die psychiatrische Sporttherapie eine
wichtige Rolle im Präventions- und Rehabilitationssystem darstellt.
Die Verwirklichung von Zielen kann nur durch bestimmte Inhalte erfolgen. Mögliche
Inhalte der Sporttherapie in der Psychiatrie sind nach DEIMEL (1983, zit. in: HUBER
1990,109) folgendermaßen verteilt worden:
Abb.14: Inhalte der psychiatrischen Sporttherapie nach DEIMEL (1983)
123
9.4 Sporttherapie als Möglichkeit zur Bewältigung von Burnout
Aufgrund der Popularität von Burnout steigt auch das Interesse, Maßnahmen gegen
dieses Problem zu entwickeln. Zahlreiche Präventions- und Therapiestudien wurden
durchgeführt und publiziert. Viele Studien behandelten nicht Burnout, sondern entweder
eine Form von chronischem Stress oder eine psychische Störung des depressiven
Spektrums. Aufgrund der engen Beziehung von Burnout, Stress und Depression ist es
sinnvoll, sich an Studien über Stress und/oder Depression zu orientieren, da diese
bereits gesicherte Befunde darstellen. Für einen richtigen Ansatz sollten daher
Bewältigungsmaßnahmen gegen Stress und Depression herangezogen werden, um eine
effektive Behandlung gegen die Burnout-Problematik zu erzielen (vgl. HILLERT &
MARWITZ 2006,236-237).
9.4.1. Ziele des Sporttherapieprogramms
Die Sporttherapie, genauso wie die Psychotherapie oder die Pharmakotherapie, als
alleiniges Heilmittel zu bezeichnen, wäre unglaubwürdig. Der Sinn liegt in einer
Kombination von therapeutischen Maßnahmen, in welcher die Sporttherapie als
wichtiges Element einzuordnen ist. Die Sporttherapie bietet ein großes Areal an
sportspezifischen Möglichkeiten als unterstützendes Hilfsmittel der zu erreichenden
Behandlungsziele (vgl. BENKERT & HIPPIUS 1974,1986, zit. in. HUBER 1990,164).
HELMCHEN (zit. in. HUBER 1990,168) beschreibt ein symptomorientierteskompensierendes Vorgehen zur Entwicklung von Möglichkeiten für die Sporttherapie.
Da der Begriff, bzw. die „Krankheit“ „Burnout“ immer im Zusammenhang mit Stress
oder
Depression
gebracht
wird,
ist
es
bei
der
Findung
von
geeigneten
Bewältigungsstrategien wichtig, Stress und Depression miteinzubeziehen. Aufgrund der
Differenzierungsschwierigkeiten zwischen Burnout, Stress und Depression wurde
versucht, alle drei Aspekte in einem Modell zu integrieren. Angesichts dessen, wurden
alle in dieser Arbeit beschriebenen Symptome, welche bei Burnout, Stress und
Depression auftreten, erfasst, und in Tabelle 15 dargestellt. Weiters wurden die Ziele
der Sporttherapie nach ERKELENS & GOLZ (1998), HUBER (1990) und SCHMEDT
(1993), unter Berücksichtigung der Zielvorstellungen psychiatrischer Sporttherapie
124
nach DEIMEL (siehe Tabelle 14, Seite 120-121) zusammengefasst. Die Symptome und
Ziele sind in 5 Kategorien unterteilt: emotionale, motivationale, kognitive,
verhaltensbezogene und körperliche Symptome. Tabelle 15 soll zeigen, welche Ziele
angestrebt werden müssen, um auf die entsprechenden Symptome einwirken zu können.
Tabelle 15: Ziele des Sporttherapieprogramms für die Burnout-Problematik
Symptome für Burnout, Stress und
Ziele der Sporttherapie
Depression
Kategorie 1: Verbesserung der Befindlichkeit zur Bekämpfung emotionaler Symptome
-
Emotionale Erschöpfung:
Niedergeschlagenheit und Verzweiflung,
gedrückte Stimmung
-
Verflachung und Verlust positiver
Gefühle: Liebe, Freude, Interesse
-
1) Steigerung des Wohlbefindens durch
Erfolgserlebnisse
Entstehung negativer Gefühle und
Einstellung zum Leben:
1) Verlust von Selbstvertrauen
2) Selbstwertgefühl sinkt
3) Gefühl mangelnder Anerkennung
2) Steigerung des Wohlbefindens durch
Spiele
4) Unfähigkeit und Wertlosigkeit
5) Unzufriedenheit und Unsicherheit
6) Gleichgültigkeit
7) Entstehung von Gefühllosigkeit, Liebe,
3) Durchbrechung negativer
Mitleid, Trauer, Freude, emotionslos und
Gedankenkreise/Steigerung der
kühl
Konzentration
8) Angstgefühle
9) Hilf-, Hoffnungs- und Sinnlosigkeit
-
Genussunfähigkeit: schmecken, riechen,
hören, sehen, fühlen
-
Soziale Ängste und Panikzustände
-
Erhöhte Aggressionsbereitschaft sowie
4) Entwicklung von Eigenverantwortlichkeit
und Selbstvertrauen
Neigung zu gewaltsamen und aggressivem
Verhalten
1) Wutausbrüche, Ungeduld,
Kompromissunfähigkeit, Reizbarkeit
125
Kategorie 2: Förderung der Aktivität zur Bekämpfung motivationaler Symptome
-
Antriebsstörungen
-
Verlust von Intressen
-
Keine Spontanität und Phantasien,
1) Entwicklung von Aktivitäten
Verringerte Initiative, Produktivität,
Kreativität und Flexibilität
-
Vermeidung von Verantwortung
2) Entwicklung von Antrieb
1) Resignation oder Flucht
Kategorie 3: Kognitive Veränderungen zur Bekämpfung kognitiver Symptome
-
Konzentrations- und Lernschwierigkeiten,
Gedächtnisschwäche, leicht ablenkbar
-
Vergesslichkeit und reduzierte
Merkfähigkeit
-
Zunahme von Denkstörungen,
1) Durchbrechung negativer
Einschränkung der Wahrnehmungen
Gedankenkreise/Steigerung der
-
Kreativitätsleistung nimmt ab
Konzentration
-
Störung der Aufmerksamkeits- und
Beobachtungsfähigkeit
-
Vergesslichkeit und reduzierte
Merkfähigkeit
-
Entscheidungsunfähigkeit
Kategorie 4: Förderung sozialer Kompetenz zur Bekämpfung verhaltensbezogender Symptome
-
Gesteigertes Aktivitätsniveau (zu Beginn
der Phase) oder motorische Ruhelosigkeit
und gesteigerte Gesprächigkeit (manische
Episode)
-
Hyperaktivität
-
Sozialer Rückzug (Verschlechterte
Kommunikations-, Kooperations-,
Interaktions- und Kontaktfähigkeit,
Probleme beim Finden von
1) Erhöhung der Beteiligung an sozialen
Interaktionen
Konfliktlösungen)
1) Meidung informeller Kontakte
2) Meidung von Gesprächen
3) Interesse und Begeisterungsfähigkeit sinkt:
Kurz- und langfristige Ziele können
aufgegeben werden. Früher wichtige
persönliche Dinge werden weggegeben.
126
4) Aufgeben von Hobbys, Freunde treffen
5) Desinteresse und Langeweile
6) Einsamkeit
-
Selbstzerstörerisches Verhalten und
erhöhte Risikobereitschaft
1) Verstärkter Drogenmissbrauch
2) Der Konsum von Alkohol, Koffein,
Nikotin, verschriebener oder illegaler
Mittel steigt
2) Vergrößerung der Reichweite der sozialen
Interaktionen
3) Veränderte Essgewohnheiten
4) Tollkühnes und leichtsinniges Verhalten,
z.B. rücksichtsloses Fahren
-
Energieniveau ist niedrig und sinkt weiter
ab
-
Zynismus und die Schuldzuweisung an
andere wachsen
Kategorie 5: Verbesserung der körperlichen Gesundheit zur Bekämpfung körperlicher Symptome
-
Physische Erschöpftheit
1) Chronische Müdigkeit
2) Energiemangel und Energieverlust
3) Niedergeschlagenheit
4) Veränderte psychomotorische Aktivität:
agitiert-unruhig oder gehemmtverlangsamt
5) Reduzierte Vitalität, rasche Ermüdbarkeit,
1) Sinneswahrnehmung und Sensibilisierung
von Körperwahrnehmungsfähigkeit
Kraft- und Schwunglosigkeit
-
Körpergefühlsstörungen: fehlendes Gefühl
der Erholung und Entspannung
-
Muskelverspannungen, chronische
Verspannungen, Muskelschmerzen
-
Rückenschmerzen, Kopfschmerzen,
Migräne und Übelkeit
-
Schlafstörungen
-
Herz-Kreislauf-Störungen
2) Sinneswahrnehmung und Sensibilisierung
von Körperausdrucksfähigkeit
1) Herzklopfen und beschleunigter Puls,
Herzbeschwerden und Herzbeklemmung
2) Engegefühl oder Stechen in der Brust
3) Erhöhter Blutdruck
-
Atembeschwerden, Kurzatmigkeit,
Hyperventilation
127
-
Magen-Darm-Geschwüre
-
Gewichtsveränderungen, Veränderung des
Appetits und der Essgewohnheiten
9.4.1.1 Verbesserung der Befindlichkeit zur Bekämpfung emotionaler Symptome
„Als übergeordnetes Ziel des Sporttherapieprogramms kann die Verbesserung der
Befindlichkeit bzw. der Stimmung gesehen werden“ (ERKELENS & GOLZ 1998,121).
Erreicht wird diese Verbesserung der depressiven (gedrückten) Stimmung durch
Sporttreiben in der Gruppe oder in der Natur sowie durch Erhöhung der Antriebs- und
Aktivitätenrate und durch Vermittlung von Erfolgserlebnissen (vgl. ERKELENS &
GOLZ 1998,121). Der Sport hat zwar die Möglichkeit, aus einem großen Repertoire zu
schöpfen, jedoch gibt es keine Gewähr, dass immer positive Empfindungen
hervorgerufen werden können. Deshalb sollten Angebote so gemacht werden, dass diese
mit hoher Wahrscheinlichkeit als angenehm empfunden werden (vgl HUBER 1990,147)
-
Steigerung des Wohlbefindens durch Erfolgserlebnisse
Der Zusammenhang zwischen Erfolg und positiver Stimmung ist bekannt. Es sollten
Voraussetzungen geboten werden, in welchen Überforderungen ausgeschlossen werden
können (vgl. ERKELENS & GOLZ 1998,121). Ein Abbau des positiven Selbstbildes
und der Motivation wird durch die Furcht vor Misserfolgen und ständiger Kritik von
anderen verstärkt. Deshalb ist ein wichtiges Ziel der Aufbau von Mut und
Selbstwertgefühl
durch
Zuführen
von
Könnenserlebnissen
und
positiven
Rückmeldungen (vgl. KRÜGER 1977, MAURER-GROELI 1976b, zit. in. WILHEMLI
1991,151). SCHMEDT (1993,66) sieht eine mögliche Steigerung des Wohlbefindens im
„Erkennen und Schaffen von positiven, unmittelbar verstärkervermittelnden Aktivitäten
und Meiden von negativen Handlungen“. Zur Stärkung des Selbstwertgefühls sollten
realistische Ziele im Sport entwickelt und über sportliches Handeln erreicht werden
(vgl. SCHMEDT 1993,72). Angebote, welche mit hoher Wahrscheinlichkeit als
angenehm empfunden werden, sind z.B. Spielformen mit oder ohne Bälle, Spiele aus
dem Bereich der „New Games“, spezielle Übungen auf dem Trampolin, usw. Weiters
können durch einfache Übungen wie Ballfangen, Ballprellen, Zielwerfen oder
Balancieren Erfolgserlebnisse, im Sinne einer wieder- oder neuerlernten Fertigkeit,
vermittelt werden (vgl. HUBER 1990,147).
128
-
Steigerung des Wohlbefindens durch Spiele in der Natur
Das Spiel selbst dient als Ablenkung von den Problemen und fördert das Lachen.
Lustige und spannende Situationen fördern einerseits das Wohlbefinden und
andererseits lassen sie die Probleme vergessen. Übungen in der Natur wirken sich
wohltuender auf die Psyche aus und fördern die Naturverbundenheit (vgl. ERKELENS
& GOLZ 1998,122).
-
Durchbrechung negativer Gedankenkreise/Steigerung der Konzentration
Negative Gedankengänge können durch Lenkung der Aufmerksamkeit auf externe
(Natur, Materialien, Personen) und interne (Bewegung, Atmung, Pulsfrequenz) Stimuli
durchbrochen werden. Dabei erfahren Betroffene, dass es Möglichkeiten gibt, welche
die Stimmung verbessern können. Ausgewählte Übungen müssen einen hohen
Anforderungscharakter beinhalten (vgl. ERKELENS & GOLZ 1998,123).
-
Entwicklung von Eigenverantwortlichkeit und Selbstvertrauen
Das Ziel der Sporttherapie ist, dass Betroffene in der Lage sind, „eigenverantwortlich
sportlich aktiv zu sein“ (ERKELENS & GOLZ 1998,124). Durch die Mitgestaltung der
Stunde wird das Handeln in eigener Sache gefördert und steigert das Selbstvertrauen.
Weiters soll vermittelt werden, dass positiv entwickelte Verbesserung auf das eigene
Handeln zurückzuführen ist. Betroffene müssen bewusst erleben, dass sie selbst es
geschafft haben, sportlich aktiv zu sein oder Kontakte zu anderen geknüpft zu haben
(vgl. ERKELENS & GOLZ 1998,124).
9.4.1.2 Förderung der Aktivität zur Bekämpfung motivationaler Symptome
Zu bekämpfen gelten folgende wichtige Symptome wie Antriebsstörungen, Verlust von
Interesse, verringerte Initiative und Resignation.
-
Entwicklung von Aktivitäten
Durch den Verlust von jeglichem Interesse und einer verringerten Initiative steht eine
Erhöhung der Aktivitätsrat im Vordergrund um die Grundstimmung anzuheben (vgl.
ERKELENS & GOLZ 1998,121).
129
-
Entwicklung von Antrieb
Der verminderte Antrieb ist ein Hauptsymptom der Burnout-Problematik. Der Sport
versucht zu vermitteln, dass durch eigenständiges Handeln der Antrieb gesteigert
werden
kann
(vgl.
DEIMEL
1978,
zit.
in.
WILHEMLI
1991,151).
Ein
ausdauerorientiertes Laufen bietet die Möglichkeit um sich fortzubewegen. Das
Erhöhen des Reizniveaus kann durch kurzzeitig schnelleres Laufen, Springen und
Spielen erfolgen. Der Antriebsimpuls wird dadurch noch stärker entwickelt und fördert
die Antiebssteigerung mehr als ein Dauerlauf (vgl. ERKELENS & GOLZ 1998,121).
9.4.1.3 Kognitive Veränderungen zur Bekämpfung kognitiver Symptome
Die negativen Wahrnehmungs- und Denkstrukturen über sich selbst, die Umwelt und
die Zukunft sind charakteristische Symptome für Betroffene.
-
Steigerung der Konzentration/Durchbrechung negativer Gedankenkreise
Die Aufmerksamkeit bzw. die Konzentration liegt auf den negativen Gedanken. Um die
Konzentrationsfähigkeit zu steigern bzw. negative Gedanken zu beseitigen, müssen
Wahrnehmungs- und Erlebnisstrukturen vermittelt werden (vgl. ERKELENS & GOLZ
1998,123). Dies gelingt durch Konkretisieren von angesprochenen Erlebnissen in
welcher der Betroffene seine Einstellungen zu relativieren vermag (vgl. HUBER
1990,158).
9.4.1.4 Förderung sozialer Kompetenz zur Bekämpfung verhaltensbezogener Symptome
Das Fehlen von sozialer Kompetenz ist ein weiteres Hauptsymptom für Burnout.
Betroffene leiden nicht nur an einem Mangel an sozialer Einbettung, sondern auch an
sozialen Defiziten (vgl. ERKELENS & GOLZ 1998,125). Der Sport bietet die
Möglichkeit der spielerischen und nonverbalen Kommunikation, der sozialen
Unterstützung und zum sozialen Lernen (vgl. HUBER 1990,153). Angstfrei erlebte
Situationen ermöglichen soziale Ängste abzubauen und soziale Defizite auszugleichen.
Gruppen- und Partnerübungen verbessern die soziale Fähigkeit, wieder Kontakt zu
anderen
aufzunehmen
(vgl.
ERKELENS
&
GOLZ
1998,125).
„Die
gruppentherapeutischen Maßnahmen greifen auf Möglichkeiten der Angstreduktion und
des sozialen Verhaltens- und Interaktionsaufbaus zurück“ (SCHMEDT 1993,63).
130
-
Erhöhung der Beteiligung an sozialen Interaktionen
Gerade am Anfang einer Stunde sollten Kennenlernspiele oder eine andere Spielform
stehen, welche taktile oder verbale Kommunikationen ermöglicht (vgl. HUBER
1990,153).
-
Vergrößerung der Reichweite der sozialen Interaktion
Die Sporttherapie kann sowohl mit einzelnen als auch mit mehreren Personen
gleichzeitig arbeiten. Das Arbeiten in Gruppen hat hier den Vorteil, dass durch eine
entsprechende Übungsauswahl das Interaktionsverhalten des Patienten gesteuert werden
kann, indem Übungen zu zweit, in Kleingruppen oder verschiedenen Mannschaften
stattfinden können. Der Kontakt zu ständig neuen Personen vergrößert dadurch die
soziale Reichweite (vgl. HUBER 1990,155).
-
Die Bedeutung der nonverbalen Kommunikation
Der Wiederaufbau nonverbaler Verhaltensweisen ist ein wesentliches Therapieziel.
Hierbei dreht sich alles um den Gesichtsausdruck, Blickkontakt, Gestik/Handbewegung
und die Körperhaltung (vgl. SCHERER 1979; SCHERER & WALLBOTT 1979, zit. in.
HUBER 1990, 128). Die Förderung von nonverbaler Kommunikation kann durch
Kontakt- und Kooperationsspiele sowie Partnerübungen und kleine Spiele erfolgen (vgl.
HUBER 1990,128; SCHMEDT 1993,64).
-
Soziale Unterstützung im Sport
Zur Förderung der sozialen Unterstützung müssen ganz bestimmte Inhalte ausgewählt
werden. Der vermehrte Einsatz von kooperationsorientierten Inhalten erhält den Vorzug
gegenüber konfliktorientierten. Der Aspekt der sozialen Unterstützung steht in enger
Verbundenheit mit dem sozialen Lernen (vgl. HUBER 1990,130).
-
Soziales Lernen innerhalb der Sporttherapie
HUBER (1990,131) sieht die Verwirklichung des sozialen Lernens vor allem in
Spielformen verschiedenster Art. Nach BENESCH (1980, zit. in: HUBER 1990,133134) dient das Spiel als Gemeinschaftserlebnis (Förderung der sozialen Kompetenz
innerhalb der Gruppe), Selbstverwirklichung (vergessene Fähigkeiten werden zum
Leben erweckt), Verstärkerquelle (Mitpatienten/Mitspieler und nicht nur durch den
Therapeuten) und Aktivierungsmöglichkeit (Spiele motivieren und fördern die
131
Aktivierung). UNGERER-RÖHRICH & SINGER (1986, zit. in: HUBER 1990,131)
beschreiben, dass depressive Patienten durch die Sporttherapie gelernt haben (…) „ein
Gleichgewicht zwischen eigenen Wünschen und Erwartungen und denen der
Interaktionspartner herzustellen“. Ein weiterer wichtiger Ansatz der Sporttherapie liegt
in der Reduzierung der Wettbewerbsorientierung und vermehrter Schaffung von
Freiräumen zu Eigen-Realisationen (vgl. HUBER 1990,131).
9.4.1.5 Verbesserung der körperlichen Gesundheit zur Bekämpfung körperlicher
Symptome
Besonders charakteristisch ist der oft mit sehr schwach bzw. „schlecht“ zu
bezeichnende körperliche Zustand. Eine reduzierte Leistungsfähigkeit des HerzKreislauf-Systems, Übergewichtig durch Bewegungsmangel und falscher Lebensweise
(Ernährung, Alkohohl, etc.), eine verspannte, verkürzte und abgeschwächte Muskulatur
sind weitere körperliche Merkmale. Die Ziele werden in Richtung Wiederherstellung
der körperlichen Leistungsfähigkeit durch eine Verbesserung der motorischen
Grundeigenschaften
Kraft,
Ausdauer,
Beweglichkeit/Flexibilität
und
Koordination/Geschicklichkeit gelenkt (vgl. DEIMEL 1978, zit. in. WILHEMLI
1991,153). Um den Unterschied zwischen Spannung und Entspannung am eigenen
Körper wahrzunehmen, werden Entspannungs- und Körperübungen durchgeführt (vgl.
ERKELENS & GOLZ 1998,125).
-
Sinneswahrnehmung und Sensibilisierung von Körperwahrnehmungsfähigkeit
Ein weiteres wichtiges Ziel der Sporttherapie ist das Erlernen, den Körper in positiver
Art und Weise wahrzunehmen um unterschiedliche Körperempfindungen zu spüren.
Dabei geht es um das Annehmen von unangenehmen Körpergefühlen und das Aufbauen
von angenehmen Gefühlen (vgl. ERKELENS & GOLZ 1998,123).
-
Sinneswahrnehmung und Sensibilisierung von Körperausdrucksfähigkeit
Die Ausdrucksmöglichkeiten sind erheblich eingeschränkt. Die Darstellung von
Gefühlen
und
Gedanken
kann
durch
bestimmte
Körperhaltungen
und
Körperausdrucksübungen erlernt werden (vgl. ERKELENS & GOLZ 1998,124).
132
9.4.2 Inhalte des Sporttherapieprogramms
Aufgrund der Zielsetzungen des Sporttherapieprogramms ergeben sich unterschiedliche
Therapieinhalte. Im folgenden werden Inhalte angeboten, welche auf die spezifischen
Symptome der Problematik abgestimmt wurden.
9.4.2.1 Sportspiele
Neben einer Verbesserung der allgemeinen Fitness (Ausdauer, Kraft, Beweglichkeit und
Koordination) und dem Kennenlernen der eigenen Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit,
können Sportspiele vor allem Erfolgserlebnisse, sowie das Erleben von Spaß, Freude
und Geselligkeit vermitteln. Durch das Vermitteln von positiven Erlebnissen wird die
Motivation in Richtung einer Steigerung der Aktivität und somit der Vitalität gefördert.
Weiters liegt ein Schwerpunkt in der Verbesserung der Kommunikations- und
Interaktionsfähigkeit, sowie im Kennenlernen von Konfliktlösungsmöglichkeiten.
Durch die Konzentration auf bestimmte Aufgaben, werden unter anderem die
Konzentrationsfähigkeit und die Aufmerksamkeit verbessert. Zur Verbesserung der
sozialen Kompetenz dienen Kontakt- und Kooperationsspiele, welche Kreativität und
Fantasie fördern. Weiters kann dadurch ein positives Miteinander in der Gruppe erlebt
werden.
Zusätzlich
können
positive
Effekte
hinsichtlich
von
Angst-
und
Aggressionsabbau erzielt werden, was den Umgang mit Aggressionen erleichtert. Es
kommt auch zu einer Erhöhung der Ausgeglichenheit und des körperlich-seelischen
Wohlbefindens (vgl.BERGMANN SPÄTI & WHYBRA-DÖTTELBECK 2002,51).
Ein weiterer zusätzlicher positiver Effekt ist, dass Sportspiele über die Hebung und
Stabilisierung des Selbstwertgefühls zu einer „Entängstigung“ beitragen können (vgl.
SCHÖTTLER 2006,24).
Die Liste von Sportspielen ist sehr lang. Zu den klassischen Spielen in der Sporttherapie
zählen Basketball, Volleyball, Handball, Fußball, Badminton, Tischtennis, Hockey und
Frisbee (vgl.BERGMANN SPÄTI & WHYBRA-DÖTTELBECK 2002,53).
133
Tabelle 16 zeigt genau, auf welche Symptome Sportspiele Einfluss nehmen können und
wie diese wirken bzw. welche Veränderungen hervortreten können:
Tabelle 16: Mögliche Wirkung von Sportspielen auf die Burnout-Problematik
Kategorie 1: Verbesserung der Befindlichkeit zur Bekämpfung emotionaler Symptome
Defizite
-
Emotionale Erschöpfung:
Ziele
-
Niedergeschlagenheit und
Erleben von Spaß, Freude und
Mögliche Wirkung
von Sportspielen

Geselligkeit
Verzweiflung, gedrückte
Stimmung
-
-
Verflachung und Verlust
-
Schaffen positiver Gefühle
positiver Gefühle: Liebe,
durch Vermitteln von
Freude, Interesse
Erfolgserlebnissen

Entstehung negativer Gefühle
und Einstellung zum Leben:
1) Verlust von Selbstvertrauen
1) Steigerung und Stabilisierung

des Selbstvertrauens
2) Selbstwertgefühl sinkt
2) Erhöhung des

Selbstwertgefühls
3) Gefühl mangelnder
3) Erreichung von Anerkennung
Anerkennung
4) Unfähigkeit und Wertlosigkeit

durch gute Leistungen
4) Lernen, den eigenen

Fähigkeiten zu vertrauen
5) Unzufriedenheit und
5) Schaffen von Zufriedenheit
Unsicherheit
6) Gleichgültigkeit

und Sicherheit
6) Für sich selbst und andere

Verantwortung übernehmen
7) Entstehung von Gefühllosigkeit,
7) Emotionen zulassen bzw.
Liebe, Mitleid, Trauer, Freude,
ausleben, Freude, Trauer oder
emotionslos und kühl
Aggressionen
8) Angstgefühle
8) Abbau von Angstgefühlen
9) Hilf-, Hoffnungs- und
9) Durchbrechung negativer
Sinnlosigkeit
-
Genussunfähigkeit: schmecken,
Gedankengänge
-
riechen, hören, sehen, fühlen
-
Soziale Ängste und
Panikzustände
Sensibilisieren von positiven
Wahrnehmungen
-
Sammeln von positiven





Erlebnissen mit Gruppen
134
-
Erhöhte Aggressionsbereitschaft
-

Senkung des
sowie Neigung zu gewaltsamen
Aggressionspotentials und
und aggressivem Verhalten
lernen mit Aggressionen
umzugehen
1) Wutausbrüche, Ungeduld,

1) Erhöhung der
Kompromissunfähigkeit,
Ausgeglichenheit und des
Reizbarkeit
körperlich-seelischen
Wohlbefindens
Kategorie 2: Förderung der Aktivität zur Bekämpfung motivationaler Symptome
Defizite
Ziele
Mögliche Wirkung
von Sportspielen
-
Antriebsstörungen
-
Steigerung der Aktivität

-
Verlust von Intressen
-
Stärkung der Interessen für

eine sinnvolle
Freizeitgestaltung
-
Keine Spontanität und
-
Verbesserung der
Phantasien, Verringerte
Produktiviät, Kreativität und
Initiative, Produktivität,
Flexibilität, Förderung zu
Kreativität und Flexibilität
spontanen Entschlüssen und

Anregung der Phantasien
sowie Steigerung der
Eigeninitiative
-
Vermeidung von
-
Verantwortung
Lernen Verantwortung zu

übernehmen
1) Resignation
2) Flucht
Kategorie 3: Kognitive Veränderungen zur Bekämpfung kognitiver Symptome
Defizite
-
Konzentrations- und
Ziele
-
Verbesserung der
Lernschwierigkeiten,
Konzentrations- und
Gedächtnisschwäche, leicht
Lernfähigkeit
Mögliche Wirkung
von Sportspielen

ablenkbar
-
Vergesslichkeit und reduzierte
-
Erhöhung der Merkfähigkeit

-
Sensibilisieren von positiven

Merkfähigkeit
-
Zunahme von Denkstörungen,
135
Einschränkung der
Wahrnehmungen
Wahrnehmungen
-
Kreativitätsleistung nimmt ab
-
Steigerung der Kreativität

-
Störung der Aufmerksamkeits-
-
Verbesserung der

und Beobachtungsfähigkeit
Aufmerksamkeits- und
Beobachtungsfähigkeit
-
Entscheidungsunfähigkeit
-
Förderung Entscheidungen zu

treffen
Kategorie 4: Förderung sozialer Kompetenz zur Bekämpfung verhaltensbezogener
Symptome
Defizite
-
-
Gesteigertes Aktivitätsniveau
Ziele
-
Senkung des
(zu Beginn der Phase) oder
Erregungsniveaus, Erhöhung
motorische Ruhelosigkeit und
der Ausgeglichenheit und
gesteigerte Gesprächigkeit
Erreichung einer
(manische Episode)
zunehmenden Gelassenheit
Hyperaktivität
-
Förderung eines bewussten
Mögliche Wirkung
von Sportspielen


Ruhezustandes
-
Sozialer Rückzug
-
Erhöhung der sozialen
(Verschlechterte
Kompetenz, Verbesserung der
Kommunikations-,
Kommunikations-,
Kooperations-, Interaktions-
Kooperations-, Interaktions-,
und Kontaktfähigkeit,
Kontakt- und
Probleme beim Finden von
Konfliktfähigkeit

Konfliktlösungen)
1) Meidung informeller Kontakte
1) Fähigkeit Informationen

auszutauschen
2) Meidung von Gesprächen
2) Erkennen der Notwendigkeit

von Kommunikation
3) Interesse und
3) Wiederentdeckung alter
Begeisterungsfähigkeit sinkt:
Interessen bzw. neue
Kurz- und langfristige Ziele
Zielorientierung

können aufgegeben werden.
Früher wichtige persönliche
Dinge werden weggegeben.
4) Aufgeben von Hobbys, Freunde
treffen
4) Anschluss an Freizeitgruppen,

Sinnvolle Freizeitgestaltung
136
5) Desinteresse und Langeweile
5) Motivation für Neues

6) Einsamkeit
6) Sammeln von positiven

Erlebnissen mit Gruppen
-
Selbstzerstörerisches Verhalten
-
und erhöhte Risikobereitschaft
Ausbildung einer positiven

Grundeinstellung zum Leben
und Aufbau eines positiven
Körperbewusstseins
1) Verstärkter Drogenmissbrauch
1) Aufhören mit dem
2) Der Konsum von Alkohol,
Koffein, Nikotin,
Drogenkonsum
2) Verringerter Konsum von
verschriebener oder illegaler
Alkohol, Koffein, Nikotin
Mittel steigt
oder illegaler Mittel
3) Veränderte Essgewohnheiten

3) Entwicklung eines gesunden


Ernährungsverhaltens
4) Tollkühnes und leichtsinniges
4) Erkennen der eigenen Grenzen

-

Verhalten, z.B. rücksichtsloses
Fahren
-
Zynismus und die
Akzeptieren der
Schuldzuweisung an andere
Verhaltensweisen anderer,
wachsen
lernen sich gegenseitig zu
unterstützen
Kategorie 5: Verbesserung der körperlichen Gesundheit zur Bekämpfung körperlicher
Symptome
Defizite
-
Physische Erschöpftheit
Ziele
-
Stabilisierung und
Mögliche Wirkung
von Sportspielen

Verbesserung der allgemeinen
körperlichen
Leistungsfähigkeit
1) Chronische Müdigkeit
1) Steigerung der Aktivität

2) Energiemangel und
2) Erhöhung der Energiemenge

3) Niedergeschlagenheit
3) Erleben von Spaß und Freude

4) Veränderte psychomotorische
4) Erhöhung der

Energieverlust
Aktivität: agitiert-unruhig oder
Ausgeglichenheit und des
gehemmt-verlangsamt
körperlich-seelischen
Wohlbefindens
5) Reduzierte Vitalität, rasche
5) Steigerung der Vitalität,

137
Ermüdbarkeit, Kraft- und
Entwicklung von
Schwunglosigkeit
grundlegenden
sportmotorischen Fähigkeiten
(Kraft, Ausdauer,
Beweglichkeit und
Koordination)
-
-
-
Körpergefühlsstörungen:
-
Verbesserung der
fehlendes Gefühl der Erholung
Wahrnehmungsfähigkeit zur
und Entspannung
Erholung und Entspannung
Muskelverspannungen,
-
Abnahme des Muskeltonus,
chronische Verspannungen,
Entspannung und Lockerung
Muskelschmerzen
der Muskulatur
Rückenschmerzen,
-
Milderung von Problemen im
Kopfschmerzen, Migräne und
Rückenbereich, Abnahme von
Übelkeit
Migräne- und Übelkeitanfällen



-
Schlafstörungen
-
Abnahme von Schlafstörungen

-
Herz-Kreislauf-Störungen
-
Verbesserung des Herz-

Kreislauf-Systems
1) Herzklopfen und beschleunigter
1) Senkung der Herzfrequenz,
Puls, Herzbeschwerden und
Steigerung der
Herzbeklemmung
Wahrnehmungsfähigkeit der

Herztätigkeit unter Belastung
2) Abnahme von Angstgefühlen

3) Erhöhter Blutdruck
3) Senkung des Blutdrucks

-
-
2) Engegefühl oder Stechen in der
Brust
-
Atembeschwerden,
Abnahme der Atemfrequenz
Kurzatmigkeit,
und des Sauerstoffverbrauchs,
Hyperventilation
Sensibilisierung der Atmung
Magen-Darm-Geschwüre
-
Veränderungen im Magen-


Darm-Bereich
-
Gewichtsveränderungen,
-
Erhöhung der Muskelmasse
und Abnahme der Fettmasse
-
Veränderung des Appetits und
der Essgewohnheiten
-
Entwicklung eines gesunden


Ernährungsverhaltens
9.4.2.2 Entspannung
Das Prinzip zwischen Anspannung und Entspannung sollte sich ständig im
Gleichgewicht befinden. Dauerstress, Dauerbeanspruchung bzw. Daueranspannung sind
häufige Auslöser von psychosomatischen Störungen. Um das Gleichgewicht aufrecht zu
138
erhalten, ist es wichtig, in Zeiten erhöhter Anspannung mehr auf die Entspannungsphase
zu achten. Bei einem zugunsten der Anspannung gestörten Gleichgewicht, muss die
Fähigkeit zu wirksamer Entspannung wieder erlernt werden. Es dürfen keine
außergewöhnlichen
Effekte
erwartet
werden,
sondern
es
werden
verlorene
Verhaltensmuster bewusst wieder in Erinnerung gerufen, z.B. nicht noch nach der
Arbeit zu Hause weiterarbeiten, sondern sich die Zeit für ein Entspannungsbad nehmen,
oder
Sport
zu
treiben,
um
abzuschalten.
Das
Einlernen
und
Üben
von
Entspannungstechniken erfordert viel Geduld und Zeit bis diese richtig angewendet
werden können. Werden sie beherrscht, kommt es zu einer Senkung des
Erregungsniveaus, zu einer Erhöhung der Belastbarkeit und zum Abbau bereits
bestehender psychosomatischer Beschwerden (vgl. LITZCKE & SCHUH 2007,93).
Das Ziel von verschiedenen Entspannungstechniken ist die unmittelbare Reduktion von
stressbedingter Anspannung. Die Entspannung selbst stellt ein „psychophysisches
Reaktionsmuster dar, welches zum natürlichen Verhaltensrepertoire des Menschen
gehört und unter günstigen Bedingungen leicht abrufbar ist“ (VAITL 1993, zit. in:
HILLERT & MARWITZ 2006,240). Das Erlernen von Entspannungstechniken zielt
darauf ab, dass die Fähigkeit, sich in eine Entspannung hineinzuversetzen und darin zu
verweilen, erlernt wird (vgl. HILLERT & MARWITZ 2006,240-241).
In der Entspannungsphase ist das parasympathische Nervensystem aktiviert und führt zu
psychophysischen Veränderungen.
-
Physische Veränderungen nach VAITL (2004a, zit. in: LITZCKE & SCHUH
2007,93):
Abnahme des Muskeltonus in der Skelettmuskulatur
Erweiterung der peripheren Blutgefäße (wird als Wärme oder Kribbeln
in den Händen oder Füßen wahrgenommen)
Verlangsamung des Herzschlags
Senkung des Blutdrucks
Abnahme der Atemfrequenz und des Sauerstoffverbrauchs
Veränderung der hirnelektrischen und neurovaskulären Aktivität
Veränderungen im Magen-Darm-Bereich
Reduktion von Schilddrüsenüberfunktionen
139
-
Psychische Veränderungen nach HILLERT & MARWITZ (2006,241):
Entstehung einer affektiven Indifferenz (Emotionen werden weniger
intensiv wahrgenommen)
Einstellung des Gefühls von mentaler Frische und Ausgeruhtsein
Außenreize
werden
nicht
mehr
oder
weniger
eindringlich
wahrgenommen
MEYER (2006,22) zählt die Entspannungsverfahren zu den psychoregulativ wirkenden
Verfahren, die zu einer Verbesserung der Konzentrations- und Wahrnehmungsfähigkeit,
des Körperbewusstseins und des Selbstbewusstseins führen.
Weitere Wirkungen sind die Ausbildung einer positiven Grundeinstellung, die
Förderung eines bewussten Ruhezustandes, die Erreichung einer zunehmenden
Gelassenheit, die Gewinnung größerer Übersicht durch Ruhe in schwierigen Situationen
(vgl. JORDAN 1997,54) sowie die Erhöhung der Ausgeglichenheit und des körperlichseelischen Wohlbefindens. Zusätzlich dient das Entspannungstraining als Erholungsund Ausgleichsfunktion zur Arbeit und zum Alltag (vgl.BERGMANN SPÄTI &
WHYBRA-DÖTTELBECK 2002,211).
Zu den bekannten Entspannungstechniken zählen die progressive Muskelrelaxation
nach Jacobson, das autogene Training, Yoga, Tai Chi, Qui Gong und andere. Die
genannten Entspannungstechniken haben bewiesene positive Effekte und erfüllen auch
als Anti-Stress-Hilfsmittel ihren Zweck. Das größte Problem ist die Umsetzung des
Gelernten in den Alltag. Weiters erfordert das Einüben viel Geduld und Regelmäßigkeit
sowie eine Identifizierung mit dem jeweiligen Verfahren. Das halbherzige Absolvieren
von Übungen sowie eine unregelmäßige Teilnahme führt zu keinem angestrebten Ziel.
Andere Strategien könnten z.B. Bücherlesen, Wandern, Gartenarbeiten, Joggen oder
andere diverse Sportarten sein, um sich zu entspannen. Es gibt auch kein Patentrezept,
welche die beste Möglichkeit zur Entspannung wäre. Auf welche Art und Weise dies
geschieht bzw. welche Technik dazu verwendet wird, bleibt jedem einzelnen selbst
überlassen (vgl. HILLERT & MARWITZ 2006,241-242).
140
Tabelle 17 zeigt genau, auf welche Symptome Entspannungsmethoden Einfluss nehmen
können und wie diese wirken bzw. welche Veränderungen hervortreten können:
Tabelle 17: Mögliche Wirkung von Entspannungsmethoden auf die BurnoutProblematik
Kategorie 1: Verbesserung der Befindlichkeit zur Bekämpfung emotionaler Symptome
Defizite
-
Emotionale Erschöpfung:
Ziele
-
Niedergeschlagenheit und
Erleben von Spaß, Freude
Mögliche Wirkung von
Entspannungsmethoden

und Geselligkeit
Verzweiflung, gedrückte
Stimmung
-
-
Verflachung und Verlust
-
Schaffen positiver Gefühle
positiver Gefühle: Liebe,
durch Vermitteln von
Freude, Interesse
Erfolgserlebnissen

Entstehung negativer Gefühle
und Einstellung zum Leben:
1) Verlust von Selbstvertrauen
1) Steigerung und

Stabilisierung des
Selbstvertrauens
2) Selbstwertgefühl sinkt
2) Erhöhung des

Selbstwertgefühls
3) Gefühl mangelnder
Anerkennung
3) Erreichung von

Anerkennung durch gute
Leistungen
4) Unfähigkeit und Wertlosigkeit
4) Lernen, den eigenen

Fähigkeiten zu vertrauen
5) Unzufriedenheit und
Unsicherheit
6) Gleichgültigkeit
5) Schaffen von Zufriedenheit

und Sicherheit
6) Für sich selbst und andere

Verantwortung übernehmen
7) Entstehung von
7) Emotionen zulassen bzw.
Gefühllosigkeit, Liebe,
ausleben, Freude, Trauer
Mitleid, Trauer, Freude,
oder Aggressionen

emotionslos und kühl
8) Angstgefühle
8) Abbau von Angstgefühlen
9) Hilf-, Hoffnungs- und
9) Durchbrechung negativer
Sinnlosigkeit


Gedankengänge
141
-
Genussunfähigkeit:
-
schmecken, riechen, hören,
Sensibilisieren von positiven

Wahrnehmungen
sehen, fühlen
-
Soziale Ängste und
-
Panikzustände
-
Erhöhte
Sammeln von positiven
Erlebnissen mit Gruppen
-
Senkung des
Aggressionsbereitschaft sowie
Aggressionspotentials und
Neigung zu gewaltsamen und
lernen mit Aggressionen
aggressivem Verhalten
umzugehen
1) Wutausbrüche, Ungeduld,

1) Erhöhung der
Kompromissunfähigkeit,
Ausgeglichenheit und des
Reizbarkeit
körperlich-seelischen


Wohlbefindens
Kategorie 2: Förderung der Aktivität zur Bekämpfung motivationaler Symptome
Defizite
Ziele
Mögliche Wirkung von
Entspannungsmethoden
-
Antriebsstörungen
-
Steigerung der Aktivität

-
Verlust von Intressen
-
Stärkung der Interessen für

eine sinnvolle
Freizeitgestaltung
-
Keine Spontanität und
-
Verbesserung der
Phantasien, Verringerte
Produktiviät, Kreativität und
Initiative, Produktivität,
Flexibilität, Förderung zu
Kreativität und Flexibilität
spontanen Entschlüssen und

Anregung der Phantasien
sowie Steigerung der
Eigeninitiative
-
Vermeidung von
Verantwortung
-
Lernen Verantwortung zu

übernehmen
1) Resignation
2) Flucht
142
Kategorie 3: Kognitive Veränderungen zur Bekämpfung kognitiver Symptome
Defizite
-
Konzentrations- und
Ziele
-
Verbesserung der
Lernschwierigkeiten,
Konzentrations- und
Gedächtnisschwäche, leicht
Lernfähigkeit
Mögliche Wirkung von
Entspannungsmethoden

ablenkbar
-
Vergesslichkeit und reduzierte
-
Erhöhung der Merkfähigkeit

-
Sensibilisieren von positiven

Merkfähigkeit
-
Zunahme von Denkstörungen,
Einschränkung der
Wahrnehmungen
Wahrnehmungen
-
Kreativitätsleistung nimmt ab
-
Steigerung der Kreativität

-
Störung der Aufmerksamkeits-
-
Verbesserung der

und Beobachtungsfähigkeit
Aufmerksamkeits- und
Beobachtungsfähigkeit
-
Entscheidungsunfähigkeit
-
Förderung Entscheidungen

zu treffen
Kategorie 4: Förderung sozialer Kompetenz zur Bekämpfung verhaltensbezogener
Symptome
Defizite
-
-
Gesteigertes Aktivitätsniveau
Ziele
-
Senkung des
(zu Beginn der Phase) oder
Erregungsniveaus, Erhöhung
motorische Ruhelosigkeit und
der Ausgeglichenheit und
gesteigerte Gesprächigkeit
Erreichung einer
(manische Episode)
zunehmenden Gelassenheit
Hyperaktivität
-
Förderung eines bewussten
Mögliche Wirkung von
Entspannungsmethoden


Ruhezustandes
-
Sozialer Rückzug
-
Erhöhung der sozialen
(Verschlechterte
Kompetenz, Verbesserung
Kommunikations-,
der Kommunikations-,
Kooperations-, Interaktions-
Kooperations-, Interaktions-,
und Kontaktfähigkeit,
Kontakt- und
Probleme beim Finden von
Konfliktfähigkeit

Konfliktlösungen)
1) Meidung informeller Kontakte
1) Fähigkeit Informationen

143
auszutauschen
2) Meidung von Gesprächen
2) Erkennen der Notwendigkeit

von Kommunikation
3) Interesse und
3) Wiederentdeckung alter
Begeisterungsfähigkeit sinkt:
Interessen bzw. neue
Kurz- und langfristige Ziele
Zielorientierung

können aufgegeben werden.
Früher wichtige persönliche
Dinge werden weggegeben.
4) Aufgeben von Hobbys,
4) Anschluss an
Freunde treffen

Freizeitgruppen, Sinnvolle
Freizeitgestaltung
5) Desinteresse und Langeweile
5) Motivation für Neues

6) Einsamkeit
6) Sammeln von positiven

Erlebnissen mit Gruppen
-
Selbstzerstörerisches
-
Ausbildung einer positiven
Verhalten und erhöhte
Grundeinstellung zum Leben
Risikobereitschaft
und Aufbau eines positiven

Körperbewusstseins
5) Verstärkter Drogenmissbrauch
5) Aufhören mit dem

Drogenkonsum
6) Der Konsum von Alkohol,
6) Verringerter Konsum von
Koffein, Nikotin,
Alkohol, Koffein, Nikotin
verschriebener oder illegaler
oder illegaler Mittel

Mittel steigt
7) Veränderte Essgewohnheiten
7) Entwicklung eines gesunden

Ernährungsverhaltens
8) Tollkühnes und leichtsinniges
8) Erkennen der eigenen
Verhalten, z.B. rücksichtsloses

Grenzen
Fahren
-
Zynismus und die
-
Akzeptieren der
Schuldzuweisung an andere
Verhaltensweisen anderer,
wachsen
lernen sich gegenseitig zu

unterstützen
144
Kategorie 5: Verbesserung der körperlichen Gesundheit zur Bekämpfung körperlicher
Symptome
Defizite
-
Physische Erschöpftheit
Ziele
-
Stabilisierung und
Mögliche Wirkung von
Entspannungsmethoden

Verbesserung der
allgemeinen körperlichen
Leistungsfähigkeit
1) Chronische Müdigkeit
1) Steigerung der Aktivität

2) Energiemangel und
2) Erhöhung der Energiemenge

3) Erleben von Spaß und

Energieverlust
3) Niedergeschlagenheit
Freude
4) Veränderte psychomotorische
4) Erhöhung der
Aktivität: agitiert-unruhig oder
Ausgeglichenheit und des
gehemmt-verlangsamt
körperlich-seelischen

Wohlbefindens
5) Reduzierte Vitalität, rasche
5) Steigerung der Vitalität,
Ermüdbarkeit, Kraft- und
Entwicklung von
Schwunglosigkeit
grundlegenden

sportmotorischen
Fähigkeiten (Kraft,
Ausdauer, Beweglichkeit
und Koordination)
-
-
-
Körpergefühlsstörungen:
-
Verbesserung der
fehlendes Gefühl der Erholung
Wahrnehmungsfähigkeit zur
und Entspannung
Erholung und Entspannung
Muskelverspannungen,
-
Abnahme des Muskeltonus,
chronische Verspannungen,
Entspannung und Lockerung
Muskelschmerzen
der Muskulatur
Rückenschmerzen,
-
Milderung von Problemen
Kopfschmerzen, Migräne und
im Rückenbereich,
Übelkeit
Abnahme von Migräne- und



Übelkeitanfällen
-
Schlafstörungen
-
Abnahme von

Schlafstörungen
-
Herz-Kreislauf-Störungen
-
Verbesserung des HerzKreislauf-Systems
1) Herzklopfen und
beschleunigter Puls,
1) Senkung der Herzfrequenz,


Steigerung der
145
Herzbeschwerden und
Wahrnehmungsfähigkeit der
Herzbeklemmung
Herztätigkeit unter
Belastung
2) Engegefühl oder Stechen in der

2) Abnahme von
Brust
Angstgefühlen
3) Erhöhter Blutdruck
3) Senkung des Blutdrucks

-
-

Atembeschwerden,
Abnahme der Atemfrequenz
Kurzatmigkeit,
und des
Hyperventilation
Sauerstoffverbrauchs,
Sensibilisierung der Atmung
-
Magen-Darm-Geschwüre
-
Veränderungen im Magen-

Darm-Bereich
-
Gewichtsveränderungen,
-
Erhöhung der Muskelmasse

und Abnahme der Fettmasse
-
Veränderung des Appetits und
-
der Essgewohnheiten
Entwicklung eines gesunden

Ernährungsverhaltens
9.4.2.3 Körpererfahrung und Körperwahrnehmung
Der Begriff „Körpererfahrung steht für die Sammlung von sinnlichen Eindrücken und
ihrer Verarbeitung“ (FUNKE 1983, zit in: LANGE 1992,32). Dabei geht es um
„Wahrnehmen und Erleben, um die Entfaltung der Sinne (KÜKELHAUS 1982, zit in:
LANGE 1992,32), um das Ungenormte und um die Sensibilität für die eigene
Körperlichkeit“ (LANGE 1992,32). Als Oberbegriff für „Körperwahrnehmung und
Körpererleben“
eignet
sich
für
BIELEFELD
(1986,16-18)
der
Begriff
„Körpererfahrung“ am Besten. BIELEFELD (1986,17) definiert den Begriff
„Körpererfahrung als die Gesamtheit aller im Verlaufe der individuellen wie
gesellschaftlichen Entwicklung erworbenen Erfahrungen mit dem eigenen Körper, die
sowohl kognitiv wie affektiv, bewusst wie unbewusst sein können“.
Körpererfahrungsübungen dienen der Verbesserung der Kenntnisvermittlung bezüglich
des eigenen Körpers auf kognitiver und affektiver Ebene. Die Sammlung neuer
Erfahrungen, sozialer und emotionaler, erweitert die Handlungsfähigkeit, fordert aber
auch, dass die eigenen Erfahrungen mitgeteilt werden müssen. Der Körper bietet weiter
die Möglichkeit sich auszudrücken. Die Körperhaltung und Körpersprache können auf
das Befinden hindeuten. Das Wahrnehmen einer Reaktion des Körpers auf verschiedene
Situationen kann durch spezielle Übungen geschult werden. Zusätzlich werden die
Kreativität, bzw. die Bewegungsgestaltung, das Verlassen bekannter Bewegungsmuster
146
sowie das Einlassen auf neue Erfahrungen gefördert. Körpererfahrungsübungen führen
zu einer gesteigerten Bewusstheit, welche eine gesteigerte Form der Wahrnehmung ist
und eine erhöhte oder verbesserte Handlungskompetenz verleiht. Es wird durch
bestimmte Übungen ein bekanntes Bewegungsmuster durchbrochen, woraus neue
Erfahrungen gesammelt werden können und welche dann in das Selbstkonzept integriert
werden sollten (vgl. LANGE 1992,40-42).
Unter dem Begriff der „Körperwahrnehmung“ ist ein Prozess von Wahrnehmen und
Bewusstmachen des eigenen Körpers in Bewegung und Ruhe durch Einzel-, Partnerund Gruppenübungen zu verstehen. Diese bildet nicht nur die Grundlage für
Entspannungsverfahren, sondern ist auch Voraussetzung für die effektive Durchführung
von funktioneller Gymnastik und Sportspielen“ (BERGMANN SPÄTI & WHYBRADÖTTELBECK 2002,159).
Körpererfahrungsübungen haben die Fähigkeit, die Einstellung zum eigenen Körper zu
verändern. Das Bewusste hinterfragen, wie „Individuen ihren eigenen Körper erleben,
welche Beziehung sie zu ihrem Körper haben und wie sie mit ihm umgehen“ (PAULUS
1982, zit. in: HUBER 1990, 119) verstärkt den Aufbau eines positiven Körperbildes
(vgl. HUBER 1990, 119). Besondere Aufmerksamkeit muss der Sensibilisierung von
positiven Wahrnehmungen geschenkt werden, d.h. z.B. angenehme Müdigkeit nach
einer Sportstunde oder Empfindungen beim Springen auf dem Trampolin (vgl.
MRAZEK 1986, zit. in: HUBER 1990, 126). Wenn sich depressive Patienten aus ihrer
Passivität lösen, kann der eigene Körper in angenehmer Weise gespürt und die meist
negativen Signale durch positive ersetzt werden (vgl. LOIBL & LEIST 1986, zit. in:
HUBER 1990, 126).
HUBER (1990,122) beschreibt die „Entwicklung des Körperschemas als notwendige
Voraussetzung für weitere motorische und psychische Entwicklungsschritte“.
Körpererfahrungs- und Körperwarhnehmungsübungen sind verschiedene Tätigkeiten,
Maßnahmen und Übungen mit sehr unterschiedlichen Charakteren (vgl. LANGE
1992,32).
147
Zusammengefasst verbessern körperorientierte Wahrnehmungsübungen die eigene
Körperwahrnehmung und vergrößern die Handlungskompetenz. Die Entwicklung eines
positiven Körpergefühls, die Förderung und Verbesserung der Kommunikations-,
Interaktions-,
Kooperations-
und
Kontaktfähigkeit
sowie
das
Erkennen
des
Zusammenhanges von Körper, Geist, Seele und sozialen Komponennten sind weitere
wichtige Aspekte. Beim Sammeln neuer Erfahrungen stößt man auch an die eigenen
Grenzen
und
lernt
dabei
sich
Abzugrenzen.
Zusätzlich
wirken
sich
Körpererfahrungsübungen positiv auf die Entspannungs- und Konzentrationsfähigkeit
sowie
die
Aufmerksamkeit
aus.
Das
Arbeiten
in
Gruppen
fördert
das
Verantwortungsbewusstsein, die Rücksichtnahme, das Erleben von Freude und Spaß,
das Erfahren von gegenseitiger Unterstützung und Vertrauen.
Körpererfahrungen und Körperwahrnehmungen können in jeder Bewegung gemacht
werden. LANGE (1992,34-35) sieht diese in alternativen Bewegungsreizen und spielen, in „neuen“ Bewegungssystemen (z.B. Tai Chi oder Yoga) und in den
traditionellen Sportarten. Abgestimmt auf die Ziele der Körperwarhnehmungsübungen
beschreiben BERGMANN, SPÄTI & WHYBRA-DÖTTELBECK (2002,160) folgende
Stundenreihen: Kennenlernen, Belastung und Erholung einschätzen lernen, Raum- und
Zeitgefühl entwickeln, Verbesserung des Gleichgewichts, Führen und Folgen lernen,
Nähe und Distanz, Gruppe erleben, Miteinander und Gegeneinander, Verabschieden.
HUBER (1990,151) betont die Wichtigkeit des Bewusstmachens der Wahrnehmung des
Körpers in verschiedenen Situationen. Nur so können Erfahrungen gesammelt und in
das Selbstkonzept integriert werden.
Tabelle
18
zeigt
genau,
auf
welche
Symptome
Körpererfahurungs-
und
Körperwahrnehmungsübungen Einfluss nehmen können und wie diese wirken bzw.
welche Veränderungen hervortreten können:
148
Tabelle
18:
Mögliche
Wirkung
von
Körpererfahrungs-
und
Körperwahrnehmungsübungen auf die Burnout-Problematik
Kategorie 1: Verbesserung der Befindlichkeit zur Bekämpfung emotionaler Symptome
Defizite
-
Emotionale Erschöpfung:
Ziele
-
Niedergeschlagenheit und
Erleben von Spaß, Freude
Mögliche Wirkung von
Körpererfahrungsübungen

und Geselligkeit
Verzweiflung, gedrückte
Stimmung
-
-
Verflachung und Verlust
-
Schaffen positiver Gefühle
positiver Gefühle: Liebe,
durch Vermitteln von
Freude, Interesse
Erfolgserlebnissen

Entstehung negativer Gefühle
und Einstellung zum Leben:
1) Verlust von Selbstvertrauen
1) Steigerung und

Stabilisierung des
Selbstvertrauens
2) Selbstwertgefühl sinkt
2) Erhöhung des

Selbstwertgefühls
3) Gefühl mangelnder
3) Erreichung von
Anerkennung

Anerkennung durch gute
Leistungen
4) Unfähigkeit und
4) Lernen, den eigenen
Wertlosigkeit
5) Unzufriedenheit und
Fähigkeiten zu vertrauen
5) Schaffen von Zufriedenheit
Unsicherheit
6) Gleichgültigkeit


und Sicherheit
6) Für sich selbst und andere

Verantwortung
übernehmen
7) Entstehung von
7) Emotionen zulassen bzw.
Gefühllosigkeit, Liebe,
ausleben, Freude, Trauer
Mitleid, Trauer, Freude,
oder Aggressionen

emotionslos und kühl
8) Angstgefühle
8) Abbau von Angstgefühlen
9) Hilf-, Hoffnungs- und
9) Durchbrechung negativer
Sinnlosigkeit
-
Genussunfähigkeit:
schmecken, riechen, hören,
Gedankengänge
-
Sensibilisieren von



positiven Wahrnehmungen
149
sehen, fühlen
-
Soziale Ängste und
-
Panikzustände
-
Erhöhte
Sammeln von positiven

Erlebnissen mit Gruppen
-
Senkung des
Aggressionsbereitschaft
Aggressionspotentials und
sowie Neigung zu
lernen mit Aggressionen
gewaltsamen und
umzugehen

aggressivem Verhalten
1) Wutausbrüche, Ungeduld,
1) Erhöhung der
Kompromissunfähigkeit,
Ausgeglichenheit und des
Reizbarkeit
körperlich-seelischen

Wohlbefindens
Kategorie 2: Förderung der Aktivität zur Bekämpfung motivationaler Symptome
Defizite
Ziele
Mögliche Wirkung von
Körpererfahrungsübungen
-
Antriebsstörungen
-
Steigerung der Aktivität

-
Verlust von Intressen
-
Stärkung der Interessen für

eine sinnvolle
Freizeitgestaltung
-
Keine Spontanität und
-
Verbesserung der
Phantasien, Verringerte
Produktiviät, Kreativität
Initiative, Produktivität,
und Flexibilität, Förderung
Kreativität und Flexibilität
zu spontanen Entschlüssen

und Anregung der
Phantasien sowie
Steigerung der
Eigeninitiative
-
Vermeidung von
Verantwortung
-
Lernen Verantwortung zu

übernehmen
1) Resignation
2) Flucht
150
Kategorie 3: Kognitive Veränderungen zur Bekämpfung kognitiver Symptome
Defizite
-
Ziele
Konzentrations- und
-
Verbesserung der
Lernschwierigkeiten,
Konzentrations- und
Gedächtnisschwäche, leicht
Lernfähigkeit
Mögliche Wirkung von
Körpererfahrungsübungen

ablenkbar
-
Vergesslichkeit und reduzierte
-
Merkfähigkeit
-
Erhöhung der

Merkfähigkeit
Zunahme von Denkstörungen,
-
Sensibilisieren von
Einschränkung der
positiven
Wahrnehmungen
Wahrnehmungen

-
Kreativitätsleistung nimmt ab
-
Steigerung der Kreativität

-
Störung der Aufmerksamkeits-
-
Verbesserung der

und Beobachtungsfähigkeit
Aufmerksamkeits- und
Beobachtungsfähigkeit
-
Entscheidungsunfähigkeit
-
Förderung

Entscheidungen zu treffen
Kategorie 4: Förderung sozialer Kompetenz zur Bekämpfung verhaltensbezogener
Symptome
Defizite
-
-
Gesteigertes Aktivitätsniveau
Ziele
-
Senkung des
(zu Beginn der Phase) oder
Erregungsniveaus,
motorische Ruhelosigkeit
Erhöhung der
und gesteigerte
Ausgeglichenheit und
Gesprächigkeit (manische
Erreichung einer
Episode)
zunehmenden Gelassenheit
Hyperaktivität
-
Förderung eines bewussten
Mögliche Wirkung von
Körpererfahrungsübungen


Ruhezustandes
-
Sozialer Rückzug
-
Erhöhung der sozialen
(Verschlechterte
Kompetenz, Verbesserung
Kommunikations-,
der Kommunikations-,
Kooperations-, Interaktions-
Kooperations-, Interaktions-
und Kontaktfähigkeit,
, Kontakt- und
Probleme beim Finden von
Konfliktfähigkeit

151
Konfliktlösungen)
1) Meidung informeller
1) Fähigkeit Informationen
Kontakte
2) Meidung von Gesprächen

auszutauschen
2) Erkennen der

Notwendigkeit von
Kommunikation
3) Interesse und
3) Wiederentdeckung alter
Begeisterungsfähigkeit sinkt:
Interessen bzw. neue
Kurz- und langfristige Ziele
Zielorientierung

können aufgegeben werden.
Früher wichtige persönliche
Dinge werden weggegeben.
4) Aufgeben von Hobbys,
4) Anschluss an
Freunde treffen

Freizeitgruppen, Sinnvolle
Freizeitgestaltung
5) Desinteresse und Langeweile
5) Motivation für Neues

6) Einsamkeit
6) Sammeln von positiven

Erlebnissen mit Gruppen
-
Selbstzerstörerisches
-
Ausbildung einer positiven
Verhalten und erhöhte
Grundeinstellung zum
Risikobereitschaft
Leben und Aufbau eines

positiven
Körperbewusstseins
1) Verstärkter
1) Aufhören mit dem
Drogenmissbrauch
2) Der Konsum von Alkohol,

Drogenkonsum
2) Verringerter Konsum von
Koffein, Nikotin,
Alkohol, Koffein, Nikotin
verschriebener oder illegaler
oder illegaler Mittel

Mittel steigt
3) Veränderte Essgewohnheiten
3) Entwicklung eines

gesunden
Ernährungsverhaltens
4) Tollkühnes und
4) Erkennen der eigenen
leichtsinniges Verhalten, z.B.
Grenzen
rücksichtsloses Fahren
-
Zynismus und die

-
Akzeptieren der
Schuldzuweisung an andere
Verhaltensweisen anderer,
wachsen
lernen sich gegenseitig zu

unterstützen
152
Kategorie 5: Verbesserung der körperlichen Gesundheit zur Bekämpfung körperlicher
Symptome
Defizite
-
Physische Erschöpftheit
Ziele
-
Stabilisierung und
Mögliche Wirkung von
Körpererfahrungsübungen

Verbesserung der
allgemeinen körperlichen
Leistungsfähigkeit
1) Chronische Müdigkeit
1) Steigerung der Aktivität

2) Energiemangel und
2) Erhöhung der

Energieverlust
3) Niedergeschlagenheit
Energiemenge
3) Erleben von Spaß und

Freude
4) Veränderte psychomotorische
4) Erhöhung der
Aktivität: agitiert-unruhig oder
Ausgeglichenheit und des
gehemmt-verlangsamt
körperlich-seelischen

Wohlbefindens
5) Reduzierte Vitalität, rasche
5) Steigerung der Vitalität,
Ermüdbarkeit, Kraft- und
Entwicklung von
Schwunglosigkeit
grundlegenden

sportmotorischen
Fähigkeiten (Kraft,
Ausdauer, Beweglichkeit
und Koordination)
-
Körpergefühlsstörungen:
-
Verbesserung der
fehlendes Gefühl der Erholung
Wahrnehmungsfähigkeit
und Entspannung
zur Erholung und

Entspannung
-
Muskelverspannungen,
-
Abnahme des
chronische Verspannungen,
Muskeltonus,
Muskelschmerzen
Entspannung und

Lockerung der Muskulatur
-
Rückenschmerzen,
-
Milderung von Problemen
Kopfschmerzen, Migräne und
im Rückenbereich,
Übelkeit
Abnahme von Migräne-

und Übelkeitanfällen
-
Schlafstörungen
-
Abnahme von

Schlafstörungen
-
Herz-Kreislauf-Störungen
-
Verbesserung des Herz-

Kreislauf-Systems
153
1) Herzklopfen und
1) Senkung der
beschleunigter Puls,
Herzfrequenz, Steigerung
Herzbeschwerden und
der
Herzbeklemmung
Wahrnehmungsfähigkeit

der Herztätigkeit unter
Belastung
2) Engegefühl oder Stechen in
2) Abnahme von
der Brust

Angstgefühlen
3) Erhöhter Blutdruck
3) Senkung des Blutdrucks

-
-

Atembeschwerden,
Abnahme der
Kurzatmigkeit,
Atemfrequenz und des
Hyperventilation
Sauerstoffverbrauchs,
Sensibilisierung der
Atmung
-
Magen-Darm-Geschwüre
-
Veränderungen im Magen-

Darm-Bereich
-
Gewichtsveränderungen,
-
Erhöhung der

Muskelmasse und
Abnahme der Fettmasse
-
Veränderung des Appetits und
der Essgewohnheiten
-
Entwicklung eines

gesunden
Ernährungsverhaltens
9.4.2.4 Fitnesssport
Nach ARONSON, PINES & KAFRY (2006,27) wird „Burnout als körperliche,
emotionale und geistige Erschöpfung“ definiert. Ein wichtiges Ziel der Sporttherapie in
der Psychiatrie ist nach DEIMEL (1978, zit. in: WILHELMI 1991,150-153) die
Stabilisierung und Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit (siehe hierzu Seite
129). Durch eine Wiederherstellung der körperlichen Leistungsfähigkeit bzw. der
Entwicklung von grundlegenden sportmotorischen Fähigkeiten (Kraft, Ausdauer,
Beweglichkeit/Flexibilität und Koordination) können Alltagsanforderungen leichter
bewältigt werden sowie den Anschluss an Freizeitsportgruppen zu finden wird
erleichtert (vgl. DEIMEL 1978, zit. in: WILHELMI 1991,153).
Die Wirkung von sportlicher Aktivität dient allgemein der Verbesserung der
körperlichen Fitness (Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit/Flexibilität und Koordination).
Weiters wird die Motivation für Neu- oder Wiedereinstieg in sportliche Tätigkeiten
154
sowie ein gewisses Maß an Willen und Bereitschaft gefördert. Die nächsten wichtigen
Aspekte sind, dass Freude, Spaß und Geselligkeit in Gruppen erlebt werden, eine
sinnvolle Freizeitgestaltung erlernt wird, diese somit als Ausgleichsfunktion dient und
dadurch
das
körperlich-seelische
Wohlbefinden
erhöht.
Weiters
können
Erfolgserlebnisse durch selbstständiges Kontrollieren der Leistung (Zeit, Kilometer,
Watt, Herzfrequenz, etc.) vermittelt werden (vgl. BERGMANN SPÄTI & WHYBRADÖTTELBECK 2002,93). Eine allgemeine erhöhte Leistungsfähigkeit stärkt weiter das
Selbstvertrauen und fördert die Entstehung von positiven Gefühlen.
Die Verbesserung der physischen Leistungsfähigkeit kann durch Ausdauertraining
(Geh- und/oder Lauftraining, Ausdauersportarten wie z.B. Laufen, Radfahren,
Langlaufen, Schwimmen, Walking, etc.), funktionelle Gymnastik (Kräftigen und
Dehnen, Wirbelsäulengymnastik, etc.) und Koordinationsübungen erreicht werden. Da
die Inhalte wie Sportspiele, Entspannung und Körperwahrnehmung bereits erklärt
wurden, aber auch einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit leisten,
werden diese in diesem Zusammenhang nur aufgezählt (vgl. BERGMANN SPÄTI &
WHYBRA-DÖTTELBECK 2002,93).
Tabelle 19 zeigt genau, auf welche Symptome Fitnesssport Einfluss nehmen kann und
wie dieser wirkt bzw. welche Veränderungen hervortreten können:
Tabelle 19: Mögliche Wirkung von Fitnesssport auf die Burnout-Problematik
Kategorie 1: Verbesserung der Befindlichkeit zur Bekämpfung emotionaler Symptome
Defizite
-
Emotionale Erschöpfung:
Ziele
-
Niedergeschlagenheit und
Erleben von Spaß, Freude
Mögliche Wirkung
von Fitnesssport

und Geselligkeit
Verzweiflung, gedrückte
Stimmung
-
-
Verflachung und Verlust
-
Schaffen positiver Gefühle
positiver Gefühle: Liebe,
durch Vermitteln von
Freude, Interesse
Erfolgserlebnissen

Entstehung negativer Gefühle
und Einstellung zum Leben:
1) Verlust von Selbstvertrauen
1) Steigerung und Stabilisierung

155
des Selbstvertrauens
2) Selbstwertgefühl sinkt
2) Erhöhung des

Selbstwertgefühls
3) Gefühl mangelnder
3) Erreichung von Anerkennung
Anerkennung
4) Unfähigkeit und Wertlosigkeit

durch gute Leistungen
4) Lernen, den eigenen

Fähigkeiten zu vertrauen
5) Unzufriedenheit und
5) Schaffen von Zufriedenheit
Unsicherheit
6) Gleichgültigkeit

und Sicherheit
6) Für sich selbst und andere

Verantwortung übernehmen
7) Entstehung von Gefühllosigkeit,
7) Emotionen zulassen bzw.
Liebe, Mitleid, Trauer, Freude,
ausleben, Freude, Trauer oder
emotionslos und kühl
Aggressionen

8) Angstgefühle
8) Abbau von Angstgefühlen

9) Hilf-, Hoffnungs- und
9) Durchbrechung negativer

Sinnlosigkeit
-
Genussunfähigkeit: schmecken,
Gedankengänge
-
riechen, hören, sehen, fühlen
-
Soziale Ängste und
Erhöhte Aggressionsbereitschaft
-
Sammeln von positiven
Erlebnissen mit Gruppen
-
Senkung des
sowie Neigung zu gewaltsamen
Aggressionspotentials und
und aggressivem Verhalten
lernen mit Aggressionen
umzugehen
1) Wutausbrüche, Ungeduld,

Wahrnehmungen
Panikzustände
-
Sensibilisieren von positiven
1) Erhöhung der
Kompromissunfähigkeit,
Ausgeglichenheit und des
Reizbarkeit
körperlich-seelischen



Wohlbefindens
Kategorie 2: Förderung der Aktivität zur Bekämpfung motivationaler Symptome
Defizite
Ziele
Mögliche Wirkung
von Fitnesssport
-
Antriebsstörungen
-
Steigerung der Aktivität

-
Verlust von Intressen
-
Stärkung der Interessen für

eine sinnvolle
Freizeitgestaltung
-
Keine Spontanität und
-
Verbesserung der
Phantasien, Verringerte
Produktiviät, Kreativität und
Initiative, Produktivität,
Flexibilität, Förderung zu

156
Kreativität und Flexibilität
spontanen Entschlüssen und
Anregung der Phantasien
sowie Steigerung der
Eigeninitiative
-
Vermeidung von
-
Verantwortung
Lernen Verantwortung zu

übernehmen
1) Resignation
2) Flucht
Kategorie 3: Kognitive Veränderungen zur Bekämpfung kognitiver Symptome
Defizite
-
Konzentrations- und
Ziele
-
Verbesserung der
Lernschwierigkeiten,
Konzentrations- und
Gedächtnisschwäche, leicht
Lernfähigkeit
Mögliche Wirkung
von Fitnesssport

ablenkbar
-
Vergesslichkeit und reduzierte
-
Erhöhung der Merkfähigkeit

-
Sensibilisieren von positiven

Merkfähigkeit
-
Zunahme von Denkstörungen,
Einschränkung der
Wahrnehmungen
Wahrnehmungen
-
Kreativitätsleistung nimmt ab
-
Steigerung der Kreativität

-
Störung der Aufmerksamkeits-
-
Verbesserung der

und Beobachtungsfähigkeit
Aufmerksamkeits- und
Beobachtungsfähigkeit
-
Entscheidungsunfähigkeit
-
Förderung Entscheidungen zu

treffen
157
Kategorie 4: Förderung sozialer Kompetenz zur Bekämpfung verhaltensbezogener
Symptome
Defizite
-
-
Gesteigertes Aktivitätsniveau
Ziele
-
Senkung des
(zu Beginn der Phase) oder
Erregungsniveaus, Erhöhung
motorische Ruhelosigkeit und
der Ausgeglichenheit und
gesteigerte Gesprächigkeit
Erreichung einer
(manische Episode)
zunehmenden Gelassenheit
Hyperaktivität
-
Förderung eines bewussten
Mögliche Wirkung
von Fitnesssport


Ruhezustandes
-
Sozialer Rückzug
-
Erhöhung der sozialen
(Verschlechterte
Kompetenz, Verbesserung der
Kommunikations-,
Kommunikations-,
Kooperations-, Interaktions-
Kooperations-, Interaktions-,
und Kontaktfähigkeit,
Kontakt- und
Probleme beim Finden von
Konfliktfähigkeit

Konfliktlösungen)
1) Meidung informeller Kontakte
1) Fähigkeit Informationen

auszutauschen
2) Meidung von Gesprächen
2) Erkennen der Notwendigkeit

von Kommunikation
3) Interesse und
3) Wiederentdeckung alter
Begeisterungsfähigkeit sinkt:
Interessen bzw. neue
Kurz- und langfristige Ziele
Zielorientierung

können aufgegeben werden.
Früher wichtige persönliche
Dinge werden weggegeben.
4) Aufgeben von Hobbys, Freunde
4) Anschluss an Freizeitgruppen,
treffen

Sinnvolle Freizeitgestaltung
5) Desinteresse und Langeweile
5) Motivation für Neues
6) Einsamkeit
6) Sammeln von positiven


Erlebnissen mit Gruppen
-
Selbstzerstörerisches Verhalten
und erhöhte Risikobereitschaft
-
Ausbildung einer positiven

Grundeinstellung zum Leben
und Aufbau eines positiven
Körperbewusstseins
1) Verstärkter Drogenmissbrauch
1) Aufhören mit dem
Drogenkonsum
2) Der Konsum von Alkohol,
2) Verringerter Konsum von


158
Koffein, Nikotin,
Alkohol, Koffein, Nikotin
verschriebener oder illegaler
oder illegaler Mittel
Mittel steigt
3) Veränderte Essgewohnheiten
3) Entwicklung eines gesunden

Ernährungsverhaltens
4) Tollkühnes und leichtsinniges
4) Erkennen der eigenen Grenzen

-

Verhalten, z.B. rücksichtsloses
Fahren
-
Zynismus und die
Akzeptieren der
Schuldzuweisung an andere
Verhaltensweisen anderer,
wachsen
lernen sich gegenseitig zu
unterstützen
Kategorie 5: Verbesserung der körperlichen Gesundheit zur Bekämpfung körperlicher
Symptome
Defizite
-
Physische Erschöpftheit
Ziele
-
Stabilisierung und
Mögliche Wirkung
von Fitnesssport

Verbesserung der allgemeinen
körperlichen
Leistungsfähigkeit
1) Chronische Müdigkeit
1) Steigerung der Aktivität

2) Energiemangel und
2) Erhöhung der Energiemenge

3) Niedergeschlagenheit
3) Erleben von Spaß und Freude

4) Veränderte psychomotorische
4) Erhöhung der

Energieverlust
Aktivität: agitiert-unruhig oder
Ausgeglichenheit und des
gehemmt-verlangsamt
körperlich-seelischen
Wohlbefindens
5) Reduzierte Vitalität, rasche
5) Steigerung der Vitalität,
Ermüdbarkeit, Kraft- und
Entwicklung von
Schwunglosigkeit
grundlegenden

sportmotorischen Fähigkeiten
(Kraft, Ausdauer,
Beweglichkeit und
Koordination)
-
Körpergefühlsstörungen:
-
Verbesserung der
fehlendes Gefühl der Erholung
Wahrnehmungsfähigkeit zur
und Entspannung
Erholung und Entspannung

159
-
-
Muskelverspannungen,
-
Abnahme des Muskeltonus,
chronische Verspannungen,
Entspannung und Lockerung
Muskelschmerzen
der Muskulatur
Rückenschmerzen,
-
Milderung von Problemen im
Kopfschmerzen, Migräne und
Rückenbereich, Abnahme von
Übelkeit
Migräne- und Übelkeitanfällen


-
Schlafstörungen
-
Abnahme von Schlafstörungen

-
Herz-Kreislauf-Störungen
-
Verbesserung des Herz-

Kreislauf-Systems
1) Herzklopfen und beschleunigter
1) Senkung der Herzfrequenz,
Puls, Herzbeschwerden und
Steigerung der
Herzbeklemmung
Wahrnehmungsfähigkeit der

Herztätigkeit unter Belastung
2) Abnahme von Angstgefühlen

3) Erhöhter Blutdruck
3) Senkung des Blutdrucks

-
-

2) Engegefühl oder Stechen in der
Brust
-
Atembeschwerden,
Abnahme der Atemfrequenz
Kurzatmigkeit,
und des Sauerstoffverbrauchs,
Hyperventilation
Sensibilisierung der Atmung
Magen-Darm-Geschwüre
-
Veränderungen im Magen-

Darm-Bereich
-
Gewichtsveränderungen
-
Erhöhung der Muskelmasse

und Abnahme der Fettmasse
-
Veränderung des Appetits und
-
der Essgewohnheiten
Entwicklung eines gesunden

Ernährungsverhaltens
9.4.2.5 Erlebnisorientierte Interventionen
Beiträge hierzu bieten die Erlebnispädagogik und das Outdoor-Training.
Unter Erlebnispädagogik ist „eine handlungsorientierte Methode, in der durch
Gemeinschaft und Erlebnisse in naturnahen oder pädagogisch unerschlossenen Räumen
neue Raum und Zeitperspektiven erschlossen werden, die einem pädagogischen Zwecke
dienen. Sie trägt zur zwischenmenschlichen Begegnung und Beziehung bei, weil sie
durch die oft notwendige persönliche Nähe neue Sichtweisen der Fremd- und
Selbstwahrnehmung eröffnet, weil bisher feste Einstellungen und Urteile ins Wanken
kommen können“ (HECKMAIR & MICHL 1994, zit. in: LAKEMANN (Hrsg.)
2005,9).
160
Der Begriff „Outdoor-Training“ ist die Übersetzung des Begriffs „Erlebnispädagogik“
in der Sprache der betrieblichen Personalentwicklung. Der Einsatz des OutdoorTrainings dient hauptsächlich zur Teamentwicklung in einem Unternehmen (vgl.
GROSSER 2002; KÖNIG & KÖNIG 2002; SCHAD & MICHL 2002, zit. in:
LAKEMANN (Hrsg.) 2005,10).
Die Erlebnispädagogik
und das
Outdoor-Training bieten
Möglichkeiten zur
Bewältigung von nicht alltäglichen Situationen an, wie z.B. Klettern, Segeln oder
Interaktionsübungen in der Gruppe. Es sollen Erlebnisse entstehen, welche den
Menschen in seinen Handelns, Verhaltens- und Kommunikationsformen vollständig
fordern (vgl. FELTEN 1998; CSIKSZENTMIHALYI 1999; PLÖHN 1998, zit. in:
LAKEMANN (Hrsg.) 2005,10).
Eine kombinierte Form von Spielpädagogik, Gruppendynamik und Erlebnispädagogik
nennt sich „kooperative Abenteuerspiele“ nach GILSDORF & KISTNER (2007). Die
Einsatzfelder sind je nach Institution, spezieller Zielsetzung und zeitlichen
Möglichkeiten unterschiedlich. Hauptsächlich werden diese im schulischen Bereich,
also in der Arbeit mit Jugendlichen, aber auch bei Lehrern, Sozialpädagogen und
Erziehern eingesetzt (vgl. GILSDORF & KISTNER 2007,23).
Die grundlegenden Ziele von Outdoor-Training und Erlebnispädagogik sind nahezu
identisch. Es geht um die Persönlichkeitsbildung und die Stärkung von Gruppen bzw.
Teams.
JAGENLAUF (1994, zit. in: LAKEMANN (Hrsg.) 2005,30) beschreibt positive
Auswirkungen auf das Verhalten, die Teamfähigkeit, das Selbstvertrauen und Ausdauer.
Die Untersuchung von KLAWE & BRÄUER (1998, zit. in: LAKEMANN (Hrsg.)
2005,30)
an
Jugendlichen
hat
ergeben,
dass
Konfliktsituationen
in
der
Erlebnispädagogik optimale Lernchancen bieten, damit umgehen zu können.
AMESBERGER (1992, zit. in: LAKEMANN (Hrsg.) 2005,31) untersuchte die
Veränderung bei sozial benachteiligten Jugendlichen. Es wurde nachgewiesen, dass sich
die allgemeine Befindlichkeit, das Selbstwertgefühl, die Zielorientierung, die
Beziehungs- und Konfliktfähigkeit eindeutig verbessert hat. Wichtig sind die
Untersuchungen von SCHWIERISCH (1995), PLÖHN (1998) und KOTH (1996). Die
Erlebnispädagogik hat auch im Sinne eines therapeutischen Settings positive
Wirkungen. SCHWIERISCH (1995, zit. in: LAKEMANN (Hrsg.) 2005,32) beschreibt
161
Einflüsse auf Bewusstsein und Aufmerksamkeit. PLÖHN (1998, zit. in: LAKEMANN
(Hrsg.) 2005,32) beobachtet Einflüsse auf Motivation und Problemlösungsfähigkeiten.
Die Erlebnispädagogik wird auch in der Therapie von psychosomatischen Krankheiten
sowie bei Alkohol- und Medikamentenmissbrauch eingesetzt und erhält den Titel
„Erlebnistherapie“ (vgl. KOTH 1996, zit. in: LAKEMANN (Hrsg.) 2005,32). Innerhalb
der „Erlebnistherapie“ konnten Patienten von einem positiven Körpergefühl, mehr
Lebensqualität, einer Aktivierung der eigenen Energieressourcen, einer gelockerten
Stimmung und einem wachsenden Selbstvertrauen sprechen (vgl. KOTH 1996, zit. in:
LAKEMANN (Hrsg.) 2005,32). Die schnelle Integration von neuen Mitgliedern
innerhalb einer Therapiegruppe konnte ebenfalls durch erlebnistherapeutische
Aktivitäten nachgewiesen werden. SCHWIERISCH (1996, zit. in: LAKEMANN
(Hrsg.) 2005,32) deutet auf die Wichtigkeit der Wirkungsimpulse aus der
Erlebnispädagogik
und
dem
Outdoor-Training
hin,
meint
aber
auch,
dass
„erlebnistherapeutische Aktivitäten niemals von anderen therapeutischen Ansätzen
getrennt werden darf, sondern dass diese in einem Gesamtkonzept integriert werden
müssen“.
Wirkungsimpulse von Outdoor-Training nach WAIDER (zit. in: LAKEMANN (Hrsg.)
2005,32):
-
Akzeptanz und Toleranz
Vorbehaltlos und offen auf andere zugehen
Akzeptieren der Verhaltensweisen anderer
Konfliktfähigkeit
-
Kommunikationsfähigkeit
Fähigkeit, gegenseitig Informationen auszutauschen
Erkennen der Notwendigkeit von Kommunikation
Zuhören können
-
Kooperations- und Teamfähigkeit
Erkennen und Akzeptieren verschiedener Rollen innerhalb einer Gruppe
Erkenntnisse über Gruppenprozesse
Ausgleich von Stärken und Schwächen
Sich gegenseitig unterstützen
Führung in Gruppen
162
-
Persönlichkeitsentwicklung
Authentizität
Selbstbewusstsein
Selbstfindung
Grenzen und Ängste
-
Körperliches Training
Körperliches Training und gutes Körpergefühl
Durchhaltevermögen
Entspannung
-
Planung und Zielorientierung
Erkennen der Notwendigkeit des Planungsprozesses
Orientierung des Handelns an Zielen
-
Teambuilding
Andere kennen lernen
Andere anders kennen zu lernen und zu erleben
Teamzusammenführung
Neztwerkbildung
-
Wahrnehmungsfähigkeit
Sensibilisierung der Sinne
Wahrnehmung anderer
-
Sonstiges
Spaß
Motivation
Schätzen von „einfachem“ Leben
Vertrauen in andere
GILSDORF & KISTNER (2007,22-23) beschreiben Ziele aus dem Bereich des sozialen
Lernens und der Persönlichkeitsförderung. Diese sind die Verbesserung der
Kooperations- und Konfliktfähigkeit, helfen und sich helfen lassen, Übernahme von
163
Initiative
und
Verantwortung,
Stärkung
des
Selbstwertgefühls,
realistische
Selbsteinschätzung lernen, der Aufbau eines positiven Körperbewusstseins und abbauen
von Berührungsängsten.
Tabelle 20 zeigt genau, auf welche Symptome erlebnisorientierte Interventionen
Einfluss nehmen können und wie diese wirken bzw. welche Veränderungen
hervortreten können:
Tabelle 20: Mögliche Wirkung erlebnisorientierter Interventionen auf die BurnoutProblematik
Kategorie 1: Verbesserung der Befindlichkeit zur Bekämpfung emotionaler Symptome
Mögliche Wirkung
Defizite
Ziele
erlebnis.
Interventionen
-
Emotionale Erschöpfung:
-
Niedergeschlagenheit und
Erleben von Spaß, Freude

und Geselligkeit
Verzweiflung, gedrückte
Stimmung
-
-
Verflachung und Verlust
-
Schaffen positiver Gefühle
positiver Gefühle: Liebe,
durch Vermitteln von
Freude, Interesse
Erfolgserlebnissen

Entstehung negativer Gefühle
und Einstellung zum Leben:
1) Verlust von Selbstvertrauen
1) Steigerung und Stabilisierung

des Selbstvertrauens
2) Selbstwertgefühl sinkt
2) Erhöhung des

Selbstwertgefühls
3) Gefühl mangelnder
Anerkennung
4) Unfähigkeit und Wertlosigkeit
3) Erreichung von Anerkennung

durch gute Leistungen
4) Lernen, den eigenen

Fähigkeiten zu vertrauen
5) Unzufriedenheit und
Unsicherheit
6) Gleichgültigkeit
5) Schaffen von Zufriedenheit

und Sicherheit
6) Für sich selbst und andere

Verantwortung übernehmen
7) Entstehung von Gefühllosigkeit,
Liebe, Mitleid, Trauer, Freude,
7) Emotionen zulassen bzw.

ausleben, Freude, Trauer oder
164
emotionslos und kühl
Aggressionen
8) Angstgefühle
8) Abbau von Angstgefühlen

9) Hilf-, Hoffnungs- und
9) Durchbrechung negativer

Sinnlosigkeit
-
Genussunfähigkeit: schmecken,
Gedankengänge
-
riechen, hören, sehen, fühlen
-
Soziale Ängste und
Erhöhte Aggressionsbereitschaft

Wahrnehmungen
-
Panikzustände
-
Sensibilisieren von positiven
Sammeln von positiven

Erlebnissen mit Gruppen
-
Senkung des
sowie Neigung zu gewaltsamen
Aggressionspotentials und
und aggressivem Verhalten
lernen mit Aggressionen

umzugehen
1) Wutausbrüche, Ungeduld,
1) Erhöhung der
Kompromissunfähigkeit,
Ausgeglichenheit und des
Reizbarkeit
körperlich-seelischen

Wohlbefindens
Kategorie 2: Förderung der Aktivität zur Bekämpfung motivationaler Symptome
Mögliche Wirkung
Defizite
Ziele
erlebnis.
Interventionen
-
Antriebsstörungen
-
Steigerung der Aktivität

-
Verlust von Interessen
-
Stärkung der Interessen für

eine sinnvolle
Freizeitgestaltung
-
Keine Spontaneität und
-
Verbesserung der
Phantasien, Verringerte
Produktivität, Kreativität und
Initiative, Produktivität,
Flexibilität, Förderung zu
Kreativität und Flexibilität
spontanen Entschlüssen und

Anregung der Phantasien
sowie Steigerung der
Eigeninitiative
-
Vermeidung von
Verantwortung
-
Lernen Verantwortung zu

übernehmen
1) Resignation
2) Flucht
165
Kategorie 3: Kognitive Veränderungen zur Bekämpfung kognitiver Symptome
Mögliche Wirkung
Defizite
Ziele
erlebnis.
Interventionen
-
Konzentrations- und
-
Verbesserung der
Lernschwierigkeiten,
Konzentrations- und
Gedächtnisschwäche, leicht
Lernfähigkeit

ablenkbar
-
Vergesslichkeit und reduzierte
-
Erhöhung der Merkfähigkeit

-
Sensibilisieren von positiven

Merkfähigkeit
-
Zunahme von Denkstörungen,
Einschränkung der
Wahrnehmungen
Wahrnehmungen
-
Kreativitätsleistung nimmt ab
-
Steigerung der Kreativität

-
Störung der Aufmerksamkeits-
-
Verbesserung der

und Beobachtungsfähigkeit
Aufmerksamkeits- und
Beobachtungsfähigkeit
-
Entscheidungsunfähigkeit
-
Förderung Entscheidungen zu

treffen
Kategorie 4: Förderung sozialer Kompetenz zur Bekämpfung verhaltensbezogener
Symptome
Mögliche Wirkung
Defizite
Ziele
erlebnis.
Interventionen
-
-
Gesteigertes Aktivitätsniveau
-
Senkung des
(zu Beginn der Phase) oder
Erregungsniveaus, Erhöhung
motorische Ruhelosigkeit und
der Ausgeglichenheit und
gesteigerte Gesprächigkeit
Erreichung einer
(manische Episode)
zunehmenden Gelassenheit
Hyperaktivität
-
Förderung eines bewussten


Ruhezustandes
-
Sozialer Rückzug
-
Erhöhung der sozialen
(Verschlechterte
Kompetenz, Verbesserung der
Kommunikations-,
Kommunikations-,
Kooperations-, Interaktions-
Kooperations-, Interaktions-,
und Kontaktfähigkeit,
Kontakt- und
Probleme beim Finden von
Konfliktfähigkeit

166
Konfliktlösungen)
1) Meidung informeller Kontakte
1) Fähigkeit Informationen

auszutauschen
2) Meidung von Gesprächen
2) Erkennen der Notwendigkeit

von Kommunikation
3) Interesse und
3) Wiederentdeckung alter
Begeisterungsfähigkeit sinkt:
Interessen bzw. neue
Kurz- und langfristige Ziele
Zielorientierung

können aufgegeben werden.
Früher wichtige persönliche
Dinge werden weggegeben.
4) Aufgeben von Hobbys, Freunde
4) Anschluss an Freizeitgruppen,
treffen

Sinnvolle Freizeitgestaltung
5) Desinteresse und Langeweile
5) Motivation für Neues

6) Einsamkeit
6) Sammeln von positiven

Erlebnissen mit Gruppen
-
Selbstzerstörerisches Verhalten
-
und erhöhte Risikobereitschaft
Ausbildung einer positiven

Grundeinstellung zum Leben
und Aufbau eines positiven
Körperbewusstseins
1) Verstärkter Drogenmissbrauch
1) Aufhören mit dem

Drogenkonsum
2) Der Konsum von Alkohol,
2) Verringerter Konsum von
Koffein, Nikotin,
Alkohol, Koffein, Nikotin
verschriebener oder illegaler
oder illegaler Mittel

Mittel steigt
3) Veränderte Essgewohnheiten
3) Entwicklung eines gesunden

Ernährungsverhaltens
4) Tollkühnes und leichtsinniges
4) Erkennen der eigenen Grenzen

Verhalten, z.B. rücksichtsloses
Fahren
-
Zynismus und die
-
Akzeptieren der
Schuldzuweisung an andere
Verhaltensweisen anderer,
wachsen
lernen sich gegenseitig zu

unterstützen
167
Kategorie 5: Verbesserung der körperlichen Gesundheit zur Bekämpfung körperlicher
Symptome
Mögliche Wirkung
Defizite
Ziele
erlebnis.
Interventionen
-
Physische Erschöpftheit
-
Stabilisierung und

Verbesserung der allgemeinen
körperlichen
Leistungsfähigkeit
1) Chronische Müdigkeit
1) Steigerung der Aktivität

2) Energiemangel und
2) Erhöhung der Energiemenge

3) Niedergeschlagenheit
3) Erleben von Spaß und Freude

4) Veränderte psychomotorische
4) Erhöhung der

Energieverlust
Aktivität: agitiert-unruhig oder
Ausgeglichenheit und des
gehemmt-verlangsamt
körperlich-seelischen
Wohlbefindens
5) Reduzierte Vitalität, rasche
5) Steigerung der Vitalität,
Ermüdbarkeit, Kraft- und
Entwicklung von
Schwunglosigkeit
grundlegenden

sportmotorischen Fähigkeiten
(Kraft, Ausdauer,
Beweglichkeit und
Koordination)
-
-
-
Körpergefühlsstörungen:
-
Verbesserung der
fehlendes Gefühl der Erholung
Wahrnehmungsfähigkeit zur
und Entspannung
Erholung und Entspannung
Muskelverspannungen,
-
Abnahme des Muskeltonus,
chronische Verspannungen,
Entspannung und Lockerung
Muskelschmerzen
der Muskulatur
Rückenschmerzen,
-
Milderung von Problemen im
Kopfschmerzen, Migräne und
Rückenbereich, Abnahme von
Übelkeit
Migräne- und Übelkeitanfällen
-
Schlafstörungen
-
Abnahme von Schlafstörungen
-
Herz-Kreislauf-Störungen
-
Verbesserung des HerzKreislauf-Systems
1) Herzklopfen und beschleunigter
1) Senkung der Herzfrequenz,
Puls, Herzbeschwerden und
Steigerung der
Herzbeklemmung
Wahrnehmungsfähigkeit der






Herztätigkeit unter Belastung
168
2) Abnahme von Angstgefühlen

3) Erhöhter Blutdruck
3) Senkung des Blutdrucks

-
-

2) Engegefühl oder Stechen in der
Brust
-
Atembeschwerden,
Abnahme der Atemfrequenz
Kurzatmigkeit,
und des Sauerstoffverbrauchs,
Hyperventilation
Sensibilisierung der Atmung
Magen-Darm-Geschwüre
-
Veränderungen im Magen-

Darm-Bereich
-
Gewichtsveränderungen
-
Erhöhung der Muskelmasse

und Abnahme der Fettmasse
-
Veränderung des Appetits und
-
der Essgewohnheiten
Entwicklung eines gesunden

Ernährungsverhaltens
10. Schlusswort
Der Begriff „Burnout“ hat sich vor allem in der Arbeitswelt durchgesetzt und seinen
festen Sitz dabei erhalten. Der Prozess selbst wird als schleichend bezeichnet und kann
jeden treffen. Studien belegen, dass im 21. Jahrhundert psychische Erkrankungen, nach
Herz-Kreislauf-Erkrankungen, an zweiter Stelle liegen werden.
Die Ursachen für ein Burnout sind klar auf beiden Seiten (Person vs. Umwelt) zu
suchen. Es geht um die Interaktion zwischen Person und Umwelt, d.h. wie die Person
mit den Anforderungen der Umwelt zurechtkommt. Während sich Burnout auf einen
Lebensbereich beschränkt, manifestiert sich, d.h. über den Arbeitsplatz hinaus, die
Depression in allen Lebensbereichen. Dies erfordert eine komplexe Behandlung,
während
Burnout-Betroffene
bereits
durch
eine
geeignete
Maßnahme
(z.B.
Arbeitsplatzwechsel) den Prozess aufheben können. Auch wenn Burnout und
Depression ein ähnliches Erscheinungsbild aufweisen sind sie doch als eigenständige
Krankheiten anzusehen. Die Folgen bei beiden können von völliger Erschöpfung,
Rückzug vom Leben bis hin zum Selbstmord führen.
Stress spielt sowohl bei der Entstehung von Burnout als auch bei Depressionen eine
entscheidende Rolle. Das Stressmodell von ZIMBARDO & GERRIG (1999) stellt eine
Zusammenfassung über einen gesamten Stressablauf dar. Die Theorie von LAZARUS
liefert für das Verständnis von Burnout und Stress wichtige Informationen. Stress bzw.
Dauerstress wird als ein Faktor gesehen, der einen Burnout-Prozess in Gang setzen und
auslösen kann. Bei der Theorie von LAZARUS entsteht Stress dann, wenn Personen
nicht über die notwendigen Bewältigungsstrategien verfügen, welche aufgrund einer
169
bestimmten Situation mit den damit verbundenen Anforderungen erforderlich wären.
Aufgrund der Tatsache, dass jeder Mensch unterschiedlich ist, kann eine Situation für
einen Menschen eine Bedrohung darstellen und für einen anderen kann diese zur
täglichen Routine gehören. Können stressreiche Situationen nicht verarbeitet werden,
entsteht Dauerstress und dieser führt zu physiologischen, verhaltensbezogenen,
emotionalen,
kognitiven
und
motivationalen
Veränderungen.
Ungünstige
Personenfaktoren, wie ein labiles Selbstbild, geringe Selbstachtung, das Ignorieren von
Belastbarkeitsgrenzen,
Selbstüberforderungs-
und
Verausgabungstendenz
sowie
Perfektionsstreben, können einen Burnout-Prozess fördern.
Die große Herausforderung unserer heutigen Zeit liegt darin, mit oder trotz Stress leben
zu lernen bzw. mit dem Stress fertig zu werden (vgl. VESTER 1978,15).
Schon SELYE (1977,78-79) wies darauf hin, dass andere Beschäftigungen (wie z.B.
Sport) helfen, sich vor geistiger Übermüdung zu schützen oder sich einfach abzulenken.
Aufgrund der Vielseitigkeit der sportlichen Möglichkeiten haben vor allem Sportspiele,
Entspannungstechniken,
Körpererfahrungs-
und
Körperwahrnehmungsübungen,
Fitnesssportarten und erlebnisorientierte Interventionen positive Wirkungen auf die
spezielle Symptomatik der Burnout-, Stress- und Depressionsproblematik (siehe ab
Seite 134, Tabelle 16-20). Dabei konnte festgestellt werden, dass besonders Sportspiele
(z.B. Basketball, usw.) das Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl erhöhen und die
Kommunikations-, Interaktions-, Kooperations- und Kontaktfähigkeit verbessern
können. Positive Erlebnisse in Gruppen fördern die Motivation und steigern den
Antrieb. Zur Verbesserung der Befindlichkeit gegen emotionale Symptome (Kategorie
1) dienen vor allem Sportspiele, da diese auf die Symptome wie Emotionale
Erschöpftheit und negative Gefühle, Niedergeschlagenheit, gedrückte Stimmung,
Verlust des Selbstvertrauens, Senkung des Selbstwertes, Unsicherheit, Unzufriedenheit
und Wertlosigkeit einwirken. Gute Leistungen führen zu Anerkennung und schaffen
Zufriedenheit und Sicherheit. Weiters wirken Sportspiele auf motivationaler (wie z.B.
Steigerung des Antriebs) und verhaltensbezogener (Förderung der sozialen Kompetenz)
Ebene.
Verschiedene
Entspannungsmethoden
(wie
z.B.
die
progressive
Muskelrelaxation nach Jacobson, das autogene Training, Yoga, Tai Chi, usw.) haben
das Ziel, das Gleichgewicht zwischen Anspannung und Entspannung herzustellen.
Entspannungstechniken führen zu einer Senkung des Erregungsniveaus, erhöhen die
Ausgeglichenheit des körperlich-seelischem Wohlbefindens, führen weiters zu einem
170
Zustand zunehmender Gelassenheit und können dadurch zu einer Veränderung des
Verhaltens
beitragen.
Das
Thema
„Burnout“
ist
geprägt
von
fehlenden
Entspannungsphasen und diese sind aus diesem Grund stark zu fördern. Der Einsatz von
Entspannungsmethoden dient weiters zur Verbesserung der körperlichen Gesundheit
(Kategorie 5), da körperliche Symptome wie Energiemangel, Energieverlust,
Körpergefühlsstörungen,
Muskelverspannungen
und
Herz-Kreislauf-Beschwerden
bekämpft werden. Körpererfahrungs- und Körperwahrnehmungsübungen dienen dazu,
den eigenen Körper wahrzunehmen und diese Wahrnehmungen mit Empfindungen und
Gefühlen zu verbinden und auszudrücken. Das Wahrnehmen und Erkennen von
belastenden Situationen stellt für Burnout-Betroffene eine große Schwierigkeit dar.
Körperorientierte Wahrnehmungsübungen lehren die Fähigkeit sich abzugrenzen und
fördern die Ausbildung zu einer positiven Grundeinstellung zum Leben und zum
Aufbau eines positiven Körperbewusstseins. Zur Bekämpfung kognitiver Symptome
(Kategorie 3) werden Körpererfahrungs- und Körperwahrnehmungsübungen bevorzugt,
da Symptome wie eine eingeschränkte Wahrnehmung, Konzentrations- und
Aufmerksamkeitsstörungen
behandelt
werden
körperorientierte Wahrnehmungsübungen auf
können.
motivationaler
Weiters
wirken
(Vermeidung von
Verantwortung) und emotionaler (Entstehung von Gefühllosigkeit, Hilf-, Hoffnungsund Sinnlosigkeit) Ebene. Fitnesssportarten (z.B. Ausdauersportarten wie Laufen,
Nordic Walking, Schwimmen oder funktionelle Gymnastik wie kräftigende und
dehnende Übungen) führen zu einer Stabilisierung und Verbesserung der körperlichen
Leistungsfähigkeit und dadurch können Alltagsanforderungen leichter bewältigt
werden. Das Erleben von Spaß, Freude und Geselligkeit in Gruppen fördert sowohl die
Ausgleichs- als auch die Ablenkungsfunktion von einem stressigen Alltag. Eine
Steigerung des körperlichen Zustandes dient vor allem der Verbesserung körperlicher
Symptome,
wie
Niedergeschlagenheit,
z.B.
physische
reduzierte
Erschöpftheit,
Vitalität
sowie
chronische
Müdigkeit,
Herz-Kreislauf-Beschwerden.
Verhaltensbezogene Symptome, wie z.B. Desinteresse und Langeweile, das Aufgeben
von Hobbys sowie das Vernachlässigen von Freundschaften, können durch
Gruppenaktivitäten bekämpft werden. Bei den erlebnisorientierten Interventionen ist zu
erwähnen, dass diese vor allem für die Förderung sozialer Kompetenzen zur
Bekämpfung verhaltensbezogener Symptome (Kategorie 4) sehr gut geeignet sind. Die
Ziele von Outdoor-Training gehen in Richtung Persönlichkeitsbildung und die Stärkung
von Gruppen bzw. Teams. Symptome wie, eine verschlechterte Kommunikations-,
171
Kooperations-, Interaktions-, Kontakt- und Konfliktfähigkeit oder das Akzeptieren der
Verhaltensweisen anderer Personen, können durch erlebnisorientierte Interventionen
verbessert werden.
In Bezug auf Burnout, Stress und Depression fördert Sport und Bewegung die
Verbesserung der Befindlichkeit, der Aktivität, der sozialen Kompetenz und der
körperlichen Gesundheit. Sport und Bewegung stellt ein ideales Medium dar, um ein
Gleichgewicht von Spannung und Entspannung bzw. um ein körperlich-seelisches
Wohlbefinden herzustellen. Sport ist also nicht nur als rehabilitative sondern auch als
präventive Maßnahme zu sehen. Dabei steht nicht die Sportart im Vordergrund, sondern
der Spaß an der Bewegung. Als Sportwissenschafter bietet sich hiermit ein breites
Arbeitsfeld auf dem Gebiet der vorbeugenden Strategien gegen Burnout, Stress und
Depression. Die entscheidende Aufgabe liegt in der Sensibilisierung für die
Wahrnehmung von Stressoren und die Motivation zur Anwendung der passenden
Maßnahmen. Abschließend sollte noch einmal erwähnt werden, dass nicht eine
Therapieform alleine, sondern nur ein Zusammenwirken unterschiedlicher Ansätze zur
Genesung beitragen können. Jede Therapieform für sich liefert einen wichtigen Beitrag
um einen Burnout-Prozess bewältigen zu können.
172
11. Abbildungsverzeichnis
Abb.1 in:
http://images.google.at/images?gbv=2&hl=de&q=burnout&sa=N&start=40&ndsp=20
zugriff am 07.10.2008 um 09.20 Uhr
Abb.2 in: FREUDENBERGER & NORTH (2005). Burnout bei Frauen. Über das
Gefühl des Ausgebranntseins. Frankfurt am Main. S.123
Abb.3 in: SCHMID, A.C. (2003). Stress, Burnout und Coping: eine empirische Studie
an Schulen zur Erziehungshilfe. Rieden. S.28
Abb.4 in: RÖHRIG, S. & REINERS-KRÖNCKE, W. (2003). Burnout in der sozialen
Arbeit. Augsburg. S.46
Abb.5 in: LITZCKE, S.M. & SCHUH, H. (2007). Stress, Mobbing und Burnout am
Arbeitsplatz. Heidelberg. S.12
Abb.6 in: LITZCKE, S.M. & SCHUH, H. (2007). Stress, Mobbing und Burnout am
Arbeitsplatz. Heidelberg. S.35
Abb.7 in: LITZCKE, S.M. & SCHUH, H. (2007). Stress, Mobbing und Burnout am
Arbeitsplatz. Heidelberg. S.36
Abb.8 in: ZIMBARDO, P. & GERRIG, R.J. (1999). Psychologie. Berlin, Heidelberg,
New York. S.371
Abb.9 in: ZIMBARDO, P. & GERRIG, R.J. (1999). Psychologie. Berlin, Heidelberg,
New York. S.373
Abb.10 in: ZIMBARDO, P. & GERRIG, R.J. (1999). Psychologie. Berlin, Heidelberg,
New York. S.372
173
Abb.11 in: HEGERL, U. & NIESCKEN, S. (2008). Depressionen bewältigen. Die
Lebensfreude wiederfinden. Stuttgart. S.45
Abb.12 in: JAGGI, F. (2008). Burnout – praxisnah. Stuttgart. S.12
Abb.13 in: LITZCKE, S.M. & SCHUH, H. (2007). Stress, Mobbing und Burnout am
Arbeitsplatz. Heidelberg. S.89
Abb.14 in: HUBER, G. (1990). Sport und Depression. Ein bewegungstherapeutisches
Modell. Frankfurt am Main, Thun. S.109
174
12. Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Archiv Hochreiter
Tabelle 2: in: BURISCH, M. (2006). Das Burnout-Syndrom. Theorie der inneren
Erschöpfung. Heidelberg. S.25-26
Tabelle 3: in: RÖSING, I. (2003). Ist die Burnout-Forschung ausgebrannt? Analyse und
Kritik der internationalen Burnout-Forschung. Heidelberg, Kröning. S.61-63
Tabelle 4: in: BURISCH, M. (2006). Das Burnout-Syndrom. Theorie der inneren
Erschöpfung. Heidelberg. S.39-40
Tabelle 5: in: RÖHRIG, S. & REINERS-KRÖNCKE, W. (2003). Burnout in der
sozialen Arbeit. Augsburg. S.29
Tabelle 6: in: LITZCKE, S.M. & SCHUH, H. (2007). Stress, Mobbing und Burnout am
Arbeitsplatz. Heidelberg. S.26-29
Tabelle 7: in: LITZCKE, S.M. & SCHUH, H. (2007). Stress, Mobbing und Burnout am
Arbeitsplatz. Heidelberg. S.29-30
Tabelle 8: in: LITZCKE, S.M. & SCHUH, H. (2007). Stress, Mobbing und Burnout am
Arbeitsplatz. Heidelberg. S.25-26
Tabelle 9: in: LITZCKE, S.M. & SCHUH, H. (2007). Stress, Mobbing und Burnout am
Arbeitsplatz. Heidelberg. S.23-24
Tabelle 10: Archiv Hochreiter
Tabelle 11: in: HUBER, G. (1990). Sport und Depression. Ein
bewegungstherapeutisches Modell. Frankfurt am Main, Thun. S.54
Tabelle 12: Archiv Hochreiter
175
Tabelle 13: Archiv Hochreiter
Tabelle 14: in: WILHELMI, U. (1991). Bewegung und Sport in der psychiatrischen und
psychosozialen Versorgung. Frankfurt am Main, Bern, New York, Paris. S.150-153
Tabelle 15: Archiv Hochreiter
Tabelle 16: Archiv Hochreiter
Tabelle 17: Archiv Hochreiter
Tabelle 18: Archiv Hochreiter
Tabelle 19: Archiv Hochreiter
Tabelle 20: Archiv Hochreiter
176
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http://www.bmgfj.gv.at/cms/site/presse_detail.html?channel=CH0616&doc=CMS1208
167770865 zugriff am 30.09.2008 um 20.00 Uhr.
http://www.research-team.at/deutsch/BurnOut%20Folder%20rt.pdf, zugriff am
01.10.2008 um 10.30 Uhr.
182
Anhang
A.1: Messung von Burnout
-
Der MBI
Die einzelnen Fragen werden auf einer 7-Punkte-Skala bewertet (vgl. MASLACH & LEITER
1996,162) und dabei wird erfragt, wie oft (Zahlen von 0-6) entsprechende Gefühle oder
Gedanken auftreten (vgl. ENZMANN & KLEIBER 1996,119) und dann wie stark (Zahlen
von 0-7) diese sind (vgl. RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE 2003,131):
-
0 = nie
0 = nie
-
1 = maximal einmal im Jahr
1 = sehr schwach
-
2 = einige Male im Jahr
2=
-
3 = etwa einmal im Monat
3=
-
4 = etwa einmal pro Woche
4 = mäßig
-
5 = einige Male pro Woche
5=
-
6 = so gut wie täglich
6=
7 = bedeutend, sehr stark
Items des „Maslach Burnout Inventory“ nach MASLACH & JACKSON (1986, zit. in:
ENZMANN & KLEIBER 1996,334):
-
Emotionale Erschöpfung:
1) Durch meine Arbeit fühle ich mich ausgelaugt.
2) Am Ende des Arbeitstages fühle ich mich erledigt.
3) Ich fühle mich schon müde, wenn ich morgens aufstehe und wieder einen Arbeitstag vor mir habe.
4) Den ganzen Tag mit Leuten zu arbeiten, ist wirklich eine Strapaze für mich.
5) Durch meine Arbeit bin ich gefühlsmäßig am Ende.
6) Meine Arbeit frustriert mich.
7) Ich glaube, ich arbeite zu hart.
8) Mit Menschen in der direkten Auseinandersetzung zu arbeiten, belastet mich zu sehr.
9) Ich glaube, ich bin mit meinem Latein am Ende.
(reduziertes) Wirksamkeitserleben:
1) Es gelingt mir gut, mich in meine Klienten hineinzuversetzen.
2) Mit den Problemen meiner Klienten kann ich sehr gut umgehen.
3) Ich glaube, dass ich das Leben anderer Menschen durch meine Arbeit positiv beeinflusse.
4) Ich fühle mich voller Tatkraft.
5) Es fällt mir leicht, eine entspannte Atmosphäre mit meinen Klienten herzustellen.
6) Ich fühle mich aufgeregt, wenn ich intensiv mit meinen Klienten gearbeitet habe.
7) Ich habe viele wertvolle Dinge in meiner derzeitigen Arbeit erreicht.
I
8) In der Arbeit gehe ich mit emotionalen Problemen sehr ruhig und ausgeglichen um.
Depersonalisierung:
1) Ich glaube, ich behandle Klienten zum Teil ziemlich unpersönlich.
2) Seit ich diese Arbeit mache, bin ich gleichgültiger gegenüber Menschen geworden.
3) Ich befürchte, dass diese Arbeit mich emotional verhärtet.
4) Bei manchen Klienten interessiert es mich im Grunde nicht, was aus/mit ihnen wird.
5) Ich habe den Eindruck, Klienten geben mir die Schuld für ihre eigenen Probleme.
-
Die Überdrussskala
Die Fragen werden nach einer 7-Punkte-Skala beantwortet, wobei diese sieben Punkte von
ARONSON, PINES & KAFRY (2006,235) wie folgt definiert wurden:
-
1 = niemals
-
2 = ein einziges Mal
-
3 = selten
-
4 = manchmal
-
5 = oft
-
6 = meistens
-
7 = immer
Die Überdrussskala von ARONSON, PINES & KAFRY (2006,236):
1) Ich bin müde.
2) Ich fühle mich niedergeschlagen.
3) Ich habe einen guten Tag.
4) Ich bin körperlich erschöpft.
5) Ich bin emotional erschöpft.
6) Ich bin glücklich.
7) Ich bin „erledigt“.
8) Ich bin „ausgebrannt“.
9) Ich bin unglücklich.
10) Ich fühle mich abgearbeitet.
11) Ich fühle mich gefangen.
12) Ich fühle mich wertlos.
13) Ich bin überdrüssig.
14) Ich bin bekümmert.
15) Ich bin über andere verärgert oder enttäuscht.
16) Ich fühle mich schwach und hilflos.
17) Ich fühle mich hoffnungslos.
18) Ich fühle mich zurückgewiesen.
19) Ich bin optimistisch.
II
20) Ich fühle mich tatkräftig.
21) Ich habe Angst.
Werte nach ARONSON, PINES & KAFRY (2006,50):
1 → wird nicht herauskommen
Zwischen 2 und 3 → es geht Ihnen gut
Zwischen 3 und 4 → Sie erleben Ausbrennen oder Überdruss und müssen unbedingt etwas
dagegen tun
> 5 → Ihre Krise ist akut und Sie benötigen dringend Hilfe
7 → wird nicht herauskommen
Die Werte 1 oder 7 können nicht auftreten. Der Grund liegt darin, dass niemand im Zustand
der ewigen Euphorie (Wert 1) leben kann und umgekehrt würde man sich nicht entschließen,
bei einem Forschungsprojekt teilzunehmen, wenn man körperlich, emotional und geistig
erschöpft ist (Wert 7). Mit dem Fragebogen kann festgestellt werden, wie jemand seine Arbeit
oder sein Leben empfindet, wie man sich im allgemeinen oder auch nur an diesem Tag fühlt
(vgl. HILLERT & MARWITZ 2006,92).
Berechnung des Wertes nach ARONSON, PINES & KAFRY (2006,50):
Addieren Sie die für die folgende Fragen angegebenen Werte:
1, 2, 4, 5, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 21 → (A)
Addieren Sie auch die für diese Fragen angegebenen Werte:
3, 6, 19, 20 → (B)
Subtrahieren Sie (B) von 32 → (C)
Addieren Sie A und C → (D)
Dividieren Sie D durch 21, und Sie haben Ihren Überdrusswert
-
Der SBS-HP
Man soll für jede Aussage diejenige Antwort aussuchen, die am besten ausdrückt, inwieweit
man der Aussage zustimmt bzw. ablehnt:
-
1 = stimmt vollständig
-
2 = stimmt überwiegend
-
3 = stimmt eher
-
4 = stimmt eher nicht
-
5 = stimmt überwiegend nicht
-
6 = stimmt überhaupt nicht
III
Die deutsche Fassung der SBS-HP nach ENZMANN & KLEIBER (1989, 201):
1) Während des Arbeitstages fühle ich mich müde.
2) Ich habe in letzter Zeit wegen Erkältungen, Grippe, Fieber oder anderen Krankheiten auf der Arbeit
gefehlt.
3) Hin und wieder verliere ich bei der Arbeit die Geduld und werde ärgerlich.
4) Mein gesamter Arbeitsstil ist gut und vorbildlich.
5) Ich habe öfters Kopfschmerzen während der Arbeit.
6) Ich habe oft das Bedürfnis, mich nach der Arbeit mit Alkohol zu entspannen.
7) Ich quatsche nicht über andere Leute am Arbeitsplatz.
8) Ich glaube, dass die Arbeitsbelastungen zu Ehe- und Familienproblemen in meinen Leben beigetragen
haben.
9) Ich komme nie zu spät zu einer Verabredung.
10) Während meiner Arbeit habe ich oft das Bedürfnis, Medikamente zu nehmen (z.B. Beruhigungsmittel),
um mich besser zu fühlen.
11) Ich habe das Interesse an meinen Klienten verloren und habe die Tendenz, diese Menschen in einer
distanzierten, fast mechanischen Art zu behandeln.
12) Ich denke, während meiner Arbeit oft an Dinge, von denen ich nicht möchte, dass andere davon wissen.
13) Bei meiner Arbeit fühle ich mich oft entmutigt und denke darüber nach, ob ich den Job aufgeben soll.
14) Auf meine Klienten reagiere ich häufiger ärgerlich und gereizt.
15) Während der Arbeit bin ich manchmal reizbar.
16) Ich habe Schwierigkeiten, mit meinen Kollegen klarzukommen.
17) Ich achte sehr darauf, dass es mir bei der Arbeit gut geht und ich mich behaglich fühle.
18) Ich meide meine(n) Vorgesetzten.
19) Ich mag meine Kollegen wirklich alle.
20) Ich mache bei meiner Arbeit, was man von mir erwartet, egal wie unangenehm es auch ist.
21) Wegen unkooperativer Klienten habe ich in letzter Zeit einige Probleme mit meiner Arbeitsleistung.
22) All diese Richtlinien und Vorschriften in meiner Arbeit hindern mich dran, meine Aufgaben optimal zu
erfüllen.
23) Ich verschiebe manchmal Dinge, die ich sofort erledigen sollte, auf den nächsten Arbeitstag.
24) Ich sage meinen Vorgesetzten und Kollegen nicht immer die Wahrheit.
25) Meine Arbeitsumgebung empfinde ich als deprimierend.
26) Meine Arbeit behindert meine Kreativität und unterfordert mich.
27) Ich denke oft daran, mir einen neuen Job zu suchen.
28) Grübeleien über meine Arbeit haben mir schon schlaflose Nächte bereitet.
29) Ich denke, dass ich auf meinem gegenwärtigen Arbeitsplatz nur geringe Aufstiegschancen habe.
30) Bei meiner Arbeit vermeide ich Kontakt mit Klienten.
IV
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