Bewegungs- und körperorientierte Interventionen bei der Burnout-Problematik Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades eines Magisters der Naturwissenschaften an der Karl-Franzens-Universtiät Graz vorgelegt von Jochen HOCHREITER am Institut für Sportwissenschaften Begutachterin: Ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Andrea Paletta Graz, 2009 Frau Ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. phil. Andrea Paletta möchte ich sehr herzlich für die professionelle Betreuung meiner Diplomarbeit danken. Besonderer Dank gilt vor allem meinen Eltern, Werner und Christine Hochreiter, sowie meiner gesamten Familie und Freunde für Ihre großzügige Unterstützung und Geduld während meines gesamten Studiums. Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird in der gesamten Arbeit die maskuline Sprachform verwendet. Selbstverständlich gelten alle Aussagen gleichermaßen für Personen männlichen und weiblichen Geschlechts. Erklärung: Ich versichere hiermit, dass ich die Diplomarbeit selbstständig verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht benutzt und mich auch sonst keiner unerlaubten Hilfe bedient habe. Jochen Hochreiter Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung…………………………………………………………... 1 2. Was ist Burnout?……………………………………………..…... . 3 2.1 Krankheitsstatus………………………………………………….… 6 2.2 Differentialdiagnose…………………………………………….….. 7 2.3 Definitionsprobleme……………………………………………….. 7 2.3.1 Burnout als Metapher….….………………………………...9 2.3.2 Burnout aus der Perspektive gesellschaftlicher Veränderungen... ....................................................................10 2.5 Definitionsversuche……………………………………………… ...14 2.6 Eingrenzungen……………………………………………………. ..16 3. Burnout in Österreich……………………………………….. ........ 18 4. Symptomatologie…………………………………………………... 20 4.1 Burnout-Symptomatik...…………………………………………... .24 4.1.1 Symptomatik nach BURISCH……………………….…….. 24 4.1.2 Symptomatik nach SCHAUFELI & ENZMANN…………. 27 4.2 Messung von Burnout................................................................…... .31 4.2.1 Der MBI (Maslach Burnout Inventory)...........................…. .31 4.2.2 Die Überdrussskala (Tedium Measure).........................…… 33 4.2.3 SBS-HP (Staff Burnout Scale for Health Professionals…... .34 4.3 Burnout-Phasen und Verlauf…………………………………… .....35 4.3.1 Burnout-Phasentheorien.........................................................36 4.3.2 Phasenmodell nach BURISCH………………………….. ....38 4.3.3 Phasenmodell nach FREUDENBERGER und NORTH....... 41 5. Ursachen............................................................................................ 47 5.1 Persönlichkeitszentrierter Erklärungsansatz...................................... 48 5.2 Sozial-, arbeits- und organisationsbezogene Ansätze....…............ ....53 5.3 Zusammenfassung..............................................................................58 6. Burnout und Stress..................................................................……. 60 6.1 Was ist Stress?…............................................................................... 60 6.2 Stressmodell nach ZIMBARDO & GERRIG…………………… ....64 6.2.1 Kognitive Bewertung……………………............................. 65 6.2.2 Reaktionen auf Stress…………................................…......... 67 6.2.2.1 Physiologische Veränderungen……………………..68 6.2.2.2 Verhaltensbezogene Veränderungen……………… .72 6.2.2.3 Emotionale Veränderungen……………………….. .73 6.2.2.4 KognitiveVeränderungen…………………………. ..74 6.3 Zusammenhänge von Burnout und Stress........................... ..............75 6.4 Zusammenfassung……… .................................................................79 7. Burnout und Depression…………………………………………..80 7.1 Was sind Depressionen…………………………………………… ..80 7.1.1 Ursachen und Auslöser einer Depression …….…………… 82 7.1.1.1 Ursachen einer Depression………………………. 82 7.1.1.2 Auslöser einer Depression…………………….…. 84 7.1.2 Formen und Symptomatik der Depression ………………....86 7.2 Zusammenhänge von Stress und Depression……………………….91 7.3 Zusammenhänge von Burnout und Depression………...……….... ..92 7.4 Zusammenfassung……………………………………………….… 97 8. Bewältigungsstrategien……………………………………….….... 98 8.1 Bewältigungsstrategien im Alltag………………………………… ..98 8.1.1 Individuelle Interventionsmöglichkeiten………………….. .99 8.1.1.1 Probleme erkennen und sich eine Auszeit gönnen. ...99 8.1.1.2 Prioritäten setzen…………………………………....100 8.1.1.3 Kontrolle zurückgewinnen.………………………. ...102 8.1.1.4 Nein sagen...………………………………………...102 8.1.1.5 Pause machen…... ......................................................103 8.1.1.6 Gesunde Lebensweise…………………………….. ..105 8.1.2 Interventionen im Bereich des Arbeitgebers……………..…107 8.1.2.1 Maßnahmen für den einzelnen Mitarbeiter……….. ..107 8.1.2.2 Betriebliche Maßnahmen…………………………. ..108 8.1.2.3 Maßnahmen für die Führungskräfte……………… ..110 8.2 Bewältigungsstrategien mit professioneller Unterstützung……….. .111 8.2.1 Gesprächspsychotherapie…………………………………... 112 8.2.2 Logotherapie……………………………………………….. 112 8.2.3 Rational-emotive Therapie………………………………….112 8.2.4 Transaktionsanalyse………………………………………... 112 8.2.5 Gestalttherapie…………………………………………… ...113 8.2.6 Psychodrama……………………………………………... ...113 8.2.7 Katathymes Bilderleben……………………………………. 113 8.2.8 Körpertherapien………………………………………….. ...114 9. Sport- und Körpertherapie bei Burnout………………………… 114 9.1 Begriffliche Eingrenzung………………………………………….. .115 9.1.1 Prävention………………………………………………... ...115 9.1.1.1 Primärprävention…………………………………. ..115 9.1.1.2 Sekundärprävention………………………………. ..116 9.1.1.3 Tertiärprävention…………………………………. ..116 9.1.2 Rehabilitation………………………………………………. 116 9.1.3 Sport- und Bewegungstherapie…………………………….. 117 9.2 Bewegungs- und körperorientierte Therapien in der Psychiatrie…. .118 9.2.1 Bewegungs- und Sporttherapie…………………………….. 118 9.2.2 Integrative Bewegungstherapie…………………………….. 118 9.2.3 Konzentrative Bewegungstherapie………………………. ...119 9.3 Sporttherapie in der Psychiatrie…………………………………… .119 9.4 Sporttherapie als Möglichkeit zur Bewältigung von Burnout……... 124 9.4.1 Ziele des Sporttherapieprogramms…………...………….. ...124 9.4.1.1 Verbesserung der Befindlichkeit zur Bekämpfung emotionaler Symptome…………………………… ..128 9.4.1.2 Förderung der Aktivitäten zur Bekämpfung motivationaler Symptome………………………… ..129 9.4.1.3 Kognitive Veränderungen zur Bekämpfung kognitiver Symptome…………………………….. ...130 9.4.1.4 Förderung sozialer Kompetenz zur Bekämpfung verhaltensbezogener Symptome………………. .......130 9.4.1.5 Verbesserung der körperlichen Gesundheit zur Bekämpfung körperlicher Symptome……………… 132 9.4.2 Inhalte des Sporttherapieprogramms…………………….. ...133 9.4.2.1 Sportspiele………………………………………... ..133 9.4.2.2 Entspannung………….………………………..........138 9.4.2.3 Körpererfahrung und Körperwahrnehmung……… ..146 9.4.2.4 Fitnesssport ................................................................154 9.4.2.5 Erlebnisorientierte Interventionen……………... ......160 10. Schlusswort…….....…………………………………………….. ... 169 11. Abbildungsverzeichnis .................................................................... 173 12. Tabellenverzeichnis ......................................................................... 175 13. Literaturverzeichnis ........................................................................ 177 Anhang ................................................................................................... I 1. Einleitung Der Begriff „Burnout“ ist heutzutage in aller Munde. Gibt man im Internet unter der Suchmaschine www.google.at/ den Begriff „Burnout“ ein, so finden sich innerhalb von 0,05 sec. ungefähr 24.900.000 Belegstellen gefunden (zugriff am 20.08.2008 um 10.58 Uhr). Auch in Österreich ist Burnout weit verbreitet. Insgesamt gilt, dass beinahe 10% der Bevölkerung bereits betroffen sind und die Zahlen in Zukunft weiter steigen werden. Das Thema ist in Wirklichkeit sehr komplex. Zum besseren Verständnis wird Anfangs ein theoretischer Überblick über die Burnout-Problematik dargestellt, sowie welche Probleme dabei auftreten, was mögliche Symptome sind, wo die Ursachen liegen und welche Möglichkeiten es gibt, dieses Phänomen zu bewältigen, bzw. wie man dem Ganzen vorbeugen kann, um es erst gar nicht so weit kommen zu lassen. Zusätzlich werden noch die Unterschiede zwischen Burnout und verwandten Begriffen, wie Stress und Depression, erklärt. Vor allem FREUDENBERGER, der als „Urheber“ des Burnout-Phänomens gilt, stellt häufig den Vergleich dar, dass Menschen wie Häuser ausbrennen können. „Der Kraftaufwand, den das Leben in unserer komplexen Welt erfordert, verzehrt – dem Feuer gleich – die inneren Reserven eines Menschen. Zurück bleibt, selbst wenn die äußere Hülle noch mehr oder weniger unversehrt erscheinen mag, eine große Leere. Ihr Leben scheint seinen Sinn verloren zu haben“ (FREUDENBERGER 1980, S. 13). Die ersten größeren Probleme treten bereits bei der Findung einer einheitlichen Definition auf. Um die Vielfältigkeit bei den Definitionen aufzuzeigen, wird eine Sammlung von ROOK beschrieben, jedoch wird die Erklärung von MASLACH & LEITER sowie jene von SCHAUFELI & ENZMANN als sehr treffend gesehen. Weiters wird der Krankheitsstatus sowie die Differentialdiagnosen beschrieben. Später wird unter Punkt 6 (Burnout und Stress) und Punkt 7 (Burnout und Depression) genauer darauf eingegangen. 1 Unter Punkt 4 werden jene Symptome von Burnout aufgezeigt, welche BURISCH sowie SCHAUFELI & ENZMANN beschrieben haben. Ebenfalls noch unter diesem Kapitel wird erklärt, wie Burnout gemessen werden kann sowie dessen Verlauf mit seinen einzelnen Phasen. Bei den Ursachen von Burnout gibt es nach RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE zwei verschiedene Ansätze: - den persönlichkeitszentrierten Erklärungsansatz und - den sozial-, arbeits- und organisationspsychologischen Erklärungsansatz Kapitel 6 befasst sich mit Stress und wo die Zusammenhänge zwischen Burnout und Stress liegen. Die Modelle von SELYE und von LAZARUS tragen einen wichtigen Beitrag zum Verständnis bei. Beim Thema Burnout und Depression ist zu erwähnen, dass zwischen diesen beiden die meisten Gemeinsamkeiten vorliegen, vor allem was Entstehungsbedingungen, theoretische Konzepte und Symptome anbelangen. Trotzdem ist jede Form als ein eigenständiges Problem anzusehen. Das Ziel der Arbeit ist, Bewältigungstrategien für Burnout-Betroffene aufzuzeigen. Welche Möglichkeiten gibt es für jeden einzelnen sich davor zu „schützen“, bzw. was könnte ein sinnvolles Präventionsprogramm beinhalten? Welche Rolle spielt dabei Sport und Bewegung? Durch welche Eigenschaften können Sport und Bewegung zu einer effektiven Rehabilitation beitragen? Weiters werden Maßnahmen sowohl für den Arbeitnehmer als auch für den Arbeitgeber vorgeschlagen, um eine produktivere Zusammenarbeit auf beiden Seiten zu gewährleisten. Sind jegliche Versuche sich selbst zu helfen gescheitert, ist auf eine professionelle Unterstützung (im Rahmen einer Psychotherapie) zurückzugreifen. 2 2. Was ist Burnout? BURISCH beschreibt Burnout im Fall einer jungen Lehrerin, welche bereits innerhalb des ersten Arbeitsjahres die Folgen der beruflichen Überforderungen zu spüren bekommt und von sich selbst sagt: „Ich hätte nie gedacht, dass ich mal so werden könnte wie die säuerlichen alten Kollegen, die die Kinder bloß anschreien und Strafarbeiten aufgeben. Inzwischen haue ich auch dazwischen, anders kommt man einfach nicht durch. Der einzige Zweck des Unterrichts sind nun mal die Zeugnisse“ (BURISCH 2006,2). Burnout kann jeden treffen. Um dies zu zeigen werden noch zwei Beispiele erwähnt und darauf hingeweisen, dass wirklich niemand davor geschützt ist. HILLERT & MARWITZ berichten von einer 55-jährigen Hausfrau sowie von einem 61-jährigen Allgemeinmediziner: „Seit Jutta aus dem Haus ist, geht nichts mehr. Ich hatte gedacht, in dem Moment das Schlimmste überstanden zu haben, könnte mir dann ein schönes Leben machen und das nachholen, wozu ich wegen der Kinder nicht gekommen bin. Ich habe fast dreißig Jahre für die Familie und vor allem die Kinder geschuftet, Tag und Nacht. Das war wohl zu viel, ich fühle mich ausgebrannt, bis auf die Grundmauern ... Meinem Mann zuliebe raffe ich mich ab und zu auf, mache Spaziergänge mit ihm, ich weiß nicht, wie es weitergehen soll“ (HILLERT & MARWITZ 2006,21). Eine volle Praxis muss nicht immer unbedingt etwas Gutes bedeuten. Ein Arzt schildert wie folgt seine Lebenssituation: „Die Praxis war mein Leben, aber so, wie das jetzt läuft, macht es einfach keinen Sinn mehr. Ich liebe meine Patienten, ich habe meine Arbeit geliebt. Aber der Verwaltungskram wird immer mehr. Es geht bei allem nur noch ums Geld, und wenn man mehr arbeitet, wird man durch Punktverfall bestraft. Dieser unsägliche Unsinn mit den Punktwerten, wo man erst im Nachhinein erfährt, wie viel man verdient hat! Kräftemäßig gehe ich seit Jahren auf dem Zahnfleisch, man muss ranklotzen, so schön 3 eine ständig volle Praxis auch ist, für die Familie und für meine Frau bleibt immer weniger Zeit. Es geht einfach nicht mehr, so kann ich meinen Patienten nicht mehr gerecht werden. Ich habe Alpträume, dass ich mal einen schweren Fehler machen könnte. Wie will man neben all dem noch fachlich auf dem neuesten Stand bleiben? Ich habe in den fast 25 Jahren, in denen ich die Praxis habe, genug gearbeitet, warum soll ich mir das hier weiter antun?“ (HILLERT & MARWITZ 2006,22). Als aktuelleres Beispiel dient die Situation vom Starmania-Teilnehmer Mario Lang. In der Kleinen Zeitung (STANITZNIG, 6. September 2008) stand der Bericht vom Musiker und seinem „Burnout“. Nach seinem größten Hit, „Bring ihn heim“ brach der 20-jährige zusammen. „Ich konnte einfach nicht mehr, mein Körper hat gestreikt. Ich hatte ständig Kreislaufbeschwerden, war immer müde und mit allem unzufrieden“. Auslöser war der gewaltige Stress, den der Sänger seit seiner Teilnahme bei der Talentshow „Starmania“ in den vergangenen zwei Jahren auf sich genommen hatte. Er nahm sich eine siebenwöchige Auszeit, wo er in Graz eine Psychotherapie absolvierte. „Das Reden, egal ob mit dem Arzt oder meiner Familie, hat mir durch die schwerste Zeit geholfen“. Zusätzlich begann der Obersteirer mit dem Klettern. „Durch den Sport habe ich endlich meinen Kopf frei bekommen“. Noch am selben Abend (06.09.2008) spielte er am Donauinselfest und präsentierte sein neues Album. Zur Frage, ob er Gefahr läuft, sich wieder zu viel zuzumuten, antwortete er: „Jetzt weiß ich ja, dass ich auf mich aufpassen muss“. FREUDENBERGER (1974, zit. in: ROOK 1998,18-19) beantwortet zuerst die Frage, was mit der Bezeichnung „Burnout“ eigentlich gemeint ist, anhand eines Wörterbuches, in dem „Burnout“ als „versagen, abnutzen oder erschöpfen durch außerordentliche Verausgabung an Energie, Kraft oder Ressourcen“ beschrieben wird. Diese Beschreibung entspräche genau dem, was er bei sich selbst und bei seinen Mitarbeitern beobachtet habe. Schon damals erkannte Freudenberger einige Symptombilder, die charakteristisch für ein „Burnout“ waren. Erschöpfung und Ermüdung (begleitet von Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, Magenbeschwerden usw.) galten damals, und auch heute noch, als physiologische Anzeichen. Auf der Verhaltensebene zeigten sich aufschießender Ärger, Irritation, Frustration, eine gewisse Art von Größenwahn („Nur ich allein kann Veränderungen herbeiführen“), zunehmender Verbrauch von 4 Beruhigungsmitteln, Meinungen werden rigide, stur und unflexibel. Dazu kommt noch, dass Veränderungen und Fortschritt abgeblockt werden, weil die Personen zu müde für neue Anpassungen sind, ein depressives Erscheinungsbild und unzählige Überstunden, wobei man hier von körperlicher Anwesenheit spricht, da die Effektivität immer geringer wird. FREUDENBERGER (1974, zit. in: ROOK 1998,100) verbindet den Begriff „Burnout“ mit einem ausgebrannten Haus, von dem nur noch die Mauern stehengeblieben sind: „Wer je ein ausgebranntes Gebäude gesehen hat, der weiß, wie verheerend so etwas aussieht. Ein Bauwerk eben noch von pulsierendem Leben erfüllt, ist nun verwüstet. Wo früher Geschäftstätigkeiten herrschten, finden sich jetzt nur noch die verkohlten Überreste von Kraft und Leben. Ein paar Ziegel und Zementbrocken mögen stehengeblieben sein, ein paar leere Fensterrahmen. Vielleicht ist sogar die äußere Hülle des Gebäudes noch erhalten. Wer sich jedoch hineinwagt in die Ruine, wird erschüttert vor dem Werk der Vernichtung stehen“ (FREUDENBERGER 1881, zit. in: RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE 2003,9). Heutzutage können aus- bzw. abgebrannte Gebäude wieder errichtet werden, jedoch hinterlässt jede Verwüstung ihre Spuren. Burnout ist kein beliebiges Wort, sondern ein starker emotionaler Begriff, der ein dramatisches Erlebnis von einem Menschen erzählt (vgl. HILLERT & MARWITZ 2006,32). Wird das Problem erkannt und berücksichtigt, indem man einen ehrlichen Blick auf sich selbst richtet, sich die Zeit für einen Rückzug nimmt und für Veränderungen auf etwas Neues offen ist, so kann aus Verzweiflung Hoffnung werden (vgl. FREUDENBERGER & RICHELSON 1980,20). „Bei jedem Brand stieben die Funken. Nützen Sie die Gelegenheit – mit Funken lässt sich ein Feuer von neuem entfachen!“ (FREUDENBERGER & RICHELSON 1980,20). Für jeden, der am Ausbrennen ist, besteht die Möglichkeit, durch geeignete Gegenmaßnahmen wie z.B. ein erholsamer Urlaub, eine Fortbildung, Unstimmigkeiten am Arbeitsplatz und/oder in der Familie auszudiskutieren oder Ähnliches, in jeder 5 Phase des Burnout auszusteigen. Man ist also dem Ausbrennen nicht ausgeliefert, sondern es kann wieder zu einem Aufflackern der Energie und der Arbeitsfreude kommen. Es wird von Betroffenen auch beschrieben, dass der zweifelsohne schmerzliche Prozess der Weg zur Selbstfindung war. Lebensveränderte Prozesse werden dadurch eingeleitet, die man sich zuvor nur zu erträumen gewagt hat, z.B. nimmt man sich plötzlich Zeit für sich selbst, was früher noch unter dem Aspekt der „sinnlosen Dinge“ gesehen wurden (vgl. KNAUDER 2005,11-12). „Solche Menschen, die Burnout erlebt und überwunden haben, finden fast ausschließlich zu allgemein besseren und weniger einengenden Lebensbedingungen als jene Menschen, die nicht gelernt haben, Prioritäten zu setzen“ (ebda 12). 2.1 Krankheitsstatus „Von Psychotherapeuten und Ärzten wird Burnout zunehmend im Sinne einer medizinischen Diagnose verstanden und gestellt. Offiziell, in den von der Weltgesundheitsorganisation herausgegebenen Klassifikationen, taucht Burnout jedoch bis heute nicht als eigene Diagnose auf“ (HILLERT & MARWITZ 2006,14). Burnout wird nicht als Krankheit bezeichnet, weil es nicht mit einigermaßen einheitlichen Symptomen belegt werden kann (vgl. FENGLER 2008,95) und auch keine eindeutig zuteilbaren diagnostischen Kriterien aufweist (vgl. JAGGI 2008,6). GÖTTLICHER (2006,9) beschreibt, dass Burnout weder in der jüngsten (vierten) Ausgabe des Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorder (DSM-IV), noch in dem entsprechenden internationalen Verzeichnis, der International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems (ICD-10) steht. Im DSM-IV wird Burnout überhaupt nicht erwähnt. In der neuesten Ausgabe des ICD-10 wird das Burnout-Syndrom unter der Überschrift „Faktoren, die den Gesundheitsstatus beeinflussen und zur Inanspruchnahme des Gesundheitswesens führen“, angegeben (vgl. DILLING, MOMBOUR & SCHMIDT 2008,372): 6 Z73 Probleme verbunden mit Schwierigkeiten bei der Lebensgestaltung: - Z73.0 Erschöpfungssyndrom (Burnout-Syndrom) - Z73.1 akzentuierte Persönlichkeitszüge einschließlich: Typ-A-Verhalten - Z73.2 Mangel an Entspannung oder Freizeit - Z73.3 Belastung, nicht andernorts klassifizierbar - Z73.4 unzulängliche soziale Fähigkeiten, nicht andernorts klassifizierbar - Z73.5 sozialer Rollenkonflikt, nicht andernorts klassifizierbar 2.2 Differentialdiagnose Aufgrund der zunehmenden Verbreitung und der Überlappung mit dem Begriff Stress ist eine Abgrenzung der Begriffe erforderlich (vgl. LITZCKE & SCHUH 2007,155). JAGGI (2008,11-14) zählt zu den verwandten Phänomenen, bzw. Krankheiten, die der Burnout-Problematik ähnlich sind, Neurasthenie, Depressionen, bzw. das CFS (Chronic Fatigue Syndrome). SCHAUFELI & ENZMANN (1998, zit. in: GÖTTLICHER 2006,9) gehen bei der Unterscheidung zu Arbeitsstress davon aus, dass Burnout eine Art verlängerter Arbeitsstress ist. Der Unterschied zu „Depressionen“ und „CFS“ liegt darin, dass diese sich auf viele Lebensbereiche ausdehnen kann, während sich Burnout vorwiegend im Berufsleben manifestiert (vgl. REIME & STEINER 2001; MASLACH 1993, zit. in: GÖTTLICHER 2006,9). (Siehe hierzu v.a. Kapitel 6 und 7) 2.3 Definitionsprobleme MASLACH (1982b, zit. in: BURISCH 2006,14) ist der Meinung, dass es keine handhabbaren Definitionen über das Burnout-Syndrom gibt. Entweder sind sie zu umfassend oder zu spezifisch. Die Bedeutung eines zentralen Begriffes eines Forschungsthemas muss eindeutig und durch eine explizite Definition allgemeinverbindlich und verständlich festgelegt 7 werden. Diese eindeutige Begriffsfestlegung ist für den zentralen Begriff „Burnout“ jedoch nicht gelungen. Ebenfalls fehlt eine klare Abgrenzung zu den gleichermaßen vieldeutig auftretenden Nachbarkonzepten wie „Stress“, „Arbeitsunzufriedenheit“, „Depression“ oder „Bewältigung“ (vgl. ROOK 1998,99). „Diese begriffliche Ungenauigkeit führt bis in die heutige Zeit zu einer immensen Definitions- und Abgrenzungsproblematik und zieht sich wie ein roter Faden durch die wissenschaftliche Auseinandersetzung“ (RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE 2003,11). Ursprünglich verstand man unter Burnout die negativen Folgen der beruflichen (Über-) Beanspruchung mit gemütsmäßiger Erschöpfung, innerer Distanzierung und schließlich Leistungsabfall. Es wurde auch als „Stresssyndrom der helfenden Berufe“ bezeichnet. Mittlerweile ist das Thema „Burnout“ viel umfangreicher und komplexer, findet aber nur zögerlich Eingang in Wissenschaft und Lehre und damit in Beratung, Klinik und Praxis (vgl. FAUST 2007,117). Heutzutage ist der Begriff „Burnout“ zur Alltagssprache geworden und wird meistens im Zusammenhang mit dem Beruf verwendet: „Man ist ausgebrannt an seinem Job“ (vgl. RÖSING 2003,32). Was kann unter „Ausbrennen“ verstanden werden? FREUDENBERGER sowie PINES, ARONSON & KAFRY sind folgender Meinung: PINES, ARONSON & KAFRY (2006,25) definieren „Ausbrennen” als Resultat andauernder oder wiederholter emotionaler Belastung im Zusammenhang mit langfristigem, intensiven Einsatz für andere Menschen. FREUDENBERGER (1980, zit. in: ROOK 1998,109) beschreibt „Ausbrennen“ als leer werden. Die eigenen körperlichen und seelischen Reserven erschöpfen durch die Aufbietung aller Kräfte in unrealistische Erwartungen und Ziele, die entweder selbstgesetzt oder im Wertesystem der Gesellschaft aufgezwungen sind. 8 KOCH & KÜHN (2008,11) erklären, dass es weder eine einheitliche Definition gibt, noch eine geschlossene Theorie. Alles, was mit Motivationsverlust und Erschöpfung zu tun hat, kann mit Burnout in Verbindung gebracht werden. „Insgesamt bestehen über die Ursachen, Symptome und Folgen von Burnout die unterschiedlichsten Ansichten“. GUSY (1995, zit. in: RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE 2003,11) beschreibt aufgrund der Vielfalt von betroffenen Berufen, dass „nicht also die helfende Interaktion, sondern die Beanspruchung durch den arbeitsbedingten Kontakt zu anderen Menschen, zum Kernstück von Burnout wird“. Das Fehlen einer allgemein gültigen Definition hat zur Folge, dass Burnout beinahe alles und damit nichts ist (vgl. BURISCH 2006,20). 1974 gebrauchte Herbert FREUDENBERGR, ein Psychoanalytiker aus New York, erstmals das Wort „burn-out“ um einen physiologischen und psychologischen Endzustand bei sich selber und bei ehrenamtlichen Mitarbeitern alternativer Selbsthilfeund Kriseninterventionseinrichtungen zu beschreiben. Besonders gefährdet seien die engagierten und einer Aufgabe sich verpflichtet fühlenden Personen, wie z.B. die Menschen, die für ein Minimum an finanzieller Entschädigung ihre Talente, Fähigkeiten und ihre Zeit den Aufgaben in „freien Kliniken“, Kriseninterventionszentren oder Telefondiensten zur Verfügung stellen. Diese Personen arbeiten zu viel, zu lang und zu intensiv. Sie fühlen in sich einen Druck zu arbeiten und zu helfen und fühlen zusätzlich noch den Druck von außen etwas geben zu müssen. Der zeitliche Beginn von Burnout-Prozessen liegt für FREUDENBERGER (1974, zit. in: ROOK,18-20) etwa bei einem Jahr, nachdem jemand eine Tätigkeit begonnen hat. 2.3.1 Burnout als Metapher Der Begriff „Burnout“ wurde aus der Alltagssprache entnommen. Auf den technischen Bereich bezogen bedeutet Burnout („to burn out“) so viel wie: „Das Erlöschen, Ausgehen von Kerzen oder eines Feuers, das Durchbrennen von Brennstoffelementen bei Überhitzung, das Ausbrennen einer Antriebsstufe einer Rakete oder das Abbrennen von Häusern“. Auf den Menschen bezogen bedeutet („feel burned out“) → sich erschöpft fühlen bzw. („burn oneself out“) → sich kaputtzumachen, sich völlig zu 9 verausgaben (vgl. BROCKHAUS 1995 & 1996; MEYERS ENZYKLOPÄDISCHES LEXIKON 1992, zit. in: RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE 2003,10). „Der Burnout-Begriff bezieht sich mit seiner Bildhaftigkeit vor allem auf zwei vertraute Erfahrungsbereiche in der Lebenswelt: einem technischen (im Sinne von „durchbrennen“) und einem bezüglich des Umganges mit Feuer (im Sinne von „ausbrennen“)“ (ROOK 1998,101). BURISCH (2006,7) zweifelt an der bildhaften Übertragung, denn seiner Meinung nach können „Sicherungen oder Stromleitungen „durchbrennen“, beides würde abrupt geschehen und der Endeffekt wäre sofortiger Stillstand, nicht jedoch die oft jahrelange Quälerei des Burnout“. In Bezug zum Feuer, im Sinne von „ausbrennen“ spricht MASLACH (1982a, zit. in: JERICH 2006,10) „von einem langsamen Abflackern einer Flamme, bis schließlich Asche das Feuer ersetzt“. BURISCH (2006,6) erklärt, dass ab 1976 vor allem nach FREUDENBERGER, insbesondere Christina MASLACH und Ayala PINES in Kalifornien das Phänomen bei sozialen Berufen beschrieben haben. Schließlich kamen auch ganz andere Berufsgruppen und der private Lebensbereich ins Blickfeld. Die Übersetzung von FREUDENBERGER & RICHELSONS Buch „Ausgebrannt“ (1980) war in Deutschland nach kurzer Zeit vergriffen. 1983 sorgte das Buch von ARONSON, PINES & KAFRY „Ausgebrannt – Vom Überdruss zur Selbstentfaltung“ für weitere Aufmerksamkeit. Danach folgten erste Veröffentlichungen deutscher Autoren, z.B. um nur die wichtigsten zu nennen jene von SCHMIDBAUER 1982, KLEIBER & ENZMANN 1986 sowie von BURISCH 1985 und 1987 (vgl. BURISCH 2006,6). 2.3.2 Burnout aus der Perspektive gesellschaftlicher Veränderungen Ganz wichtig für den Menschen in der heutigen Zeit sind die Arbeitsbedingungen bzw. ist das Arbeitsumfeld. MASLACH & LEITER (2001) haben die Veränderungen des Arbeitsumfeldes sehr treffend beschrieben. 10 Immer mehr Arbeitnehmer leiden aufgrund der ständigen Weiterentwicklung an „Burnout“ und die Prognosen für die Zukunft fallen dementsprechend negativ aus. MASLACH & LEITER (2001) verbinden den Begriff „Burnout“ fast ausschließlich mit der Arbeit und beschreiben fast seuchenartige Ausmaße von Burnout unter den Arbeitskräften Nordamerikas (vgl. MASLACH & LEITER 2001,1). In Bezug auf die Veränderung des Arbeitsumfeldes stellten sie sich folgende Fragen: „Wodurch wurde diese Krise ausgelöst?“ „Weshalb wird Burnout ein immer gängigerer Begriff unseres Vokabulars?“ „Warum sind durchaus motivierte Arbeiter, Manager und Führungspersonen im Gemeinschaftsleben unfähig, dagegen etwas zu unternehmen?“ Heutzutage geht es nicht um die Qualität der Produkte oder um die Dienstleistungen der Arbeiter, sondern die oberste Priorität eines profitorientierten Managements ist die Vermehrung des Geldes. Das Unternehmen existiert nicht, um den Menschen bzw. den Arbeitnehmern die Möglichkeit zu bieten sich durch ihre Tätigkeiten und ihren Einsatz ein besseres und angenehmeres Leben zu verdienen. Auch auf die Zielvorstellungen eines jeden einzelnen wird keine Rücksicht genommen. Die Menschen werden eher gezwungen, ihren Lebensunterhalt und ihren Einsatz für das Wohl des Unternehmens zu opfern. Die Arbeit wird dadurch mehr zu einer Verpflichtung als zu einer Ressource (vgl. MASLACH & LEITER 2001, 2-3). Durch die globale Wirtschaft wird die Erzeugung von Gütern ins Ausland verlagert. Die Arbeit wird aufgrund der schnellen Transport- und Kommunikationsmöglichkeiten dorthin verlagert, wo die Produktionskosten niedriger sind. Durch diese Vorgehensweise stehen die Arbeiter in den USA, Australien und Europa in Konkurrenz mit den Arbeitern in den Entwicklungsländern. Hinzu kommen noch die Lohneinsparungen, da die Arbeiter in den Entwicklungsländern um sehr viel weniger Geld arbeiten als in den Industriestaaten (vgl. MASLACH & LEITER 2001,3-5). Durch eine hoch entwickelte Technologie und ein straffes Human-ResourceManagement kann die Arbeit mit weniger Menschen, die dazu noch weniger Geld verdienen, produktionssteigernd ausfallen. Hoch entwickelte Technologien können Arbeitsplätze vollkommen ersetzen. Maschinen 11 z.B. führen Tätigkeiten viel schneller, genauer und ohne Pause durch. Die Auswirkungen der Technologie sind nicht nur im technischen Bereich spürbar, sondern auch im Informationssektor und bei Beratungs- und Ausbildungsdiensten. Es werden z.B. Arbeitsberater durch interaktive Informationskioske ersetzt und Studenten geben tatsächlich an, dass ein Fernstudium genauso viel, wenn nicht mehr persönlichen Kontakt mit einem Professor bietet, als Vorlesungen in einem überfüllten Hörsaal (vgl. MASLACH & LEITER 2001,5-6). Durch ein straffes Human-Resource-Management nimmt die Macht der Gewerkschaften ab. Folgen eines solchen Managements sind erstens, dass die Mitglieder nicht mehr im gleichen Maße bereit sind, ihre Arbeit aufs Spiel zu setzen, da sie das Vertrauen verlieren, bessere Löhne und mehr Arbeitsplatzsicherheit zu bekommen (vgl. PHILLIPS 1993, zit. in: MASLACH & LEITER 2001,7). Zweitens werden Arbeitsverhältnisse mit hohem fachlichen Anspruch und gewerkschaftlicher Bindung abgebaut und durch Arbeitsverhältnisse mit geringem fachlichem Anspruch, Mindestlohn und keiner gewerkschaftlichen Bindung ersetzt. Drittens werden Richtlinien für Angestellte am unteren Ende der Stufenleiter aufgestellt. So sind z.B. Lehrer durch den gesetzlich festgelegten Lehrplan in ihrer Tätigkeit eingeschränkt oder Manager der mittleren Führungsebene fühlen sich durch die von Zentralmanagement und Aufsichtsbehörden angeordneten Vorgaben abhängig (vgl. MASLACH & LEITER 2001,7). „In unserer heutigen Zeit ist Burnout am Arbeitsplatz weit verbreitet. Das Auftreten von Burnout ist umso wahrscheinlicher, wenn es eine große Diskrepanz zwischen den Merkmalen des Berufes und der Person, die diesen ausübt, gibt. Wir arbeiten zunehmend in einer Arbeitsumgebung, in der menschliche Werte immer mehr hinter wirtschaftlichen Werten gereiht werden. Die Faktoren, die uns in Schwung halten, die uns dazu anhalten, nicht nur gut, sondern auch hart zu arbeiten, werden ignoriert oder heruntergespielt. Es wird von uns erwartet, dass wir uns nach den Anforderungen dieser „schönen neuen Welt“ richten und herausfinden, wie man darin überlebt. Aber wenn die Kluft zwischen den Menschen und den Anforderungen des Arbeitsplatzes zu groß ist, ist der menschliche Preis, der für diesen Fortschritt zu zahlen ist, sehr groß“ (MASLACH & LEITER 2001,10-11). 12 Nach all den gewonnen Erkenntnissen fassen MASLACH & LEITER (2001,18) die Situation von Burnout wie folgt zusammen: „Burnout ist ein Maßstab für die Diskrepanz zwischen dem Wesen eines Menschen und dem, was er in seiner Arbeit tun muss. Es stellt einen Verschleiß von Werten, Würde, Geist und Willen dar – einen Verschleiß der Seele. Es ist eine Krankheit, die sich schrittweise und gleichmäßig über einen längeren Zeitraum hin ausbreitet und die Menschen in einen Teufelskreis bringt, aus dem es nur schwer ein Entrinnen gibt“. Früher war man der Meinung, dass nur bei Menschen, die in Sozialberufen tätig sind, also z.B. Krankenpflegepersonal, Ärzte, Psychotherapeuten, Sozialarbeiter und Lehrer, die Gefahr besteht, ein Burnout zu bekommen. Heute sind es vorrangig die besonders engagierten, überdurchschnittlich um ihre Klienten oder Patienten bemühten Menschen (vgl. HILLERT & MARWITZ 2006,14). Der Begriff „Burnout“ hat eine beachtliche Verbreitung bis in den alltäglichen Sprachgebrauch hinein gefunden. Ein Grund für diese starke Verbreitung könnte sein, dass Burnout im Gegensatz zur Depression weniger negativ besetzt ist. Bei Burnout werden die Ursachen sofort beim Unternehmen gesucht, während die Depression als Schwäche des Menschen, nicht mit dem Leben fertig zu werden, gesehen wird. Daher ist es leichter zu ertragen an Burnout zu leiden, als an einer Depression (vgl. DEMEROUTI 1999, zit. in: LITZCKE & SCHUH 2007,155). KNAUDER (2005,12) beschreibt, dass Burnout durch verschiedene Merkmale unserer heutigen modernen Welt vermehrt zum Auftreten kommt. So wachsen die Anforderungen im fachlichen Bereich durch gleichzeitige massive Einsparungen und Umorientierungen. Zusätzliche Einflussgrößen auf Burnout sind noch zunehmende Vereinsamung und Zerrüttung der Familien, die fortschreitende Spezialisierung in den verschiedensten Berufen, der allgemeine Wertewandel sowie der Werte-Pluralismus. 13 2.5 Definitionsversuche ROOK (1998,109) hat eine Sammlung von Burnout-Definitionen aufgestellt, um einen Einblick in die Vielfalt der Bedeutungszuschreibung zu geben. Dabei werden die verschiedenen Erklärungen nach personen- sowie arbeitsbezogenen Defizite unterteilt und in zwei Kategorien geordnet. Tabelle 1: Einteilung der Definitionen nach Kategorien Kategorie 1: Defizit Person - „Burnout ist versagen, abgenützt oder erschöpft werden durch außerordentliche Verausgabung an Energie, Kraft oder Ressourcen“ (FREUDENBERGER 1974). - „Burnout ist die Anspannung und Erschöpfung durch Versuche, bedrohliche Größenwahnphantasien aufrechtzuerhalten“ (FISCHER 1983). - „Burnout kann als letzte Stufe in einer ganzen Kette von erfolglosen Versuchen zur Bewältigung negativer Stressbedingungen angesehen werden“ (FARBER 1983). - „Burnout ist der Verlust an Motivation und Erwartungen, ein guter Helfer zu sein. Burnout entsteht aus den ineffektiven Versuchen zu helfen“ (HARRISON 1983). - „Burnout ist ein Zustand von körperlicher, einstellungsmäßiger und emotionaler Erschöpfung durch emotionalen Stress“ (PINES, ARONSON & KAFRY 1983). - „Burnout ist eine innere Erschöpfung, die in jedem Beruf auftreten kann. In Gang gesetzt wird der Burnout-Prozess durch Autonomieeinbußen, die Ergebnisse gestörter Handlungsepisoden sind“ (BURISCH 1994). - „Burnout ist ein Syndrom, welches aus der individuellen Wahrnehmung unerfüllter Bedürfnisse und nicht erfüllter Erwartungen hervorgeht. Es ist gekennzeichnet durch fortschreitende Desillusionierung, in Verbindung mit psychologischen und physischen Symptomen welche die individuelle Selbsteinschätzung vermindern. Es entwickelt sich graduell über die Zeit hinweg“ (GOLD & ROTH 1993). - „Burnout ist ein Syndrom, zusammengesetzt aus emotionaler Erschöpfung, Depersonalisierung und dem Gefühl reduzierter Leistungsfähigkeit, das insbesondere bei Personen auftreten kann, die mit Menschen arbeiten“ (MASLACH & JACKSON 1984). Bei den Defiziten einer Person ist zu erwähnen, dass gerade das Helfen wollen sehr viel Kraft kostet. Zusätzlich fehlt die Fähigkeit negativen Stress zu verarbeiten. Unerfüllte Bedürfnise und nicht erfüllte Erwartungen führen unter anderem zu Motivationsverlust. Der Versuch, trotzdem weiter alles zu geben, verschlechtert noch mehr die Situation und führt zu körperlicher, einstellungsmäßiger und emotionaler Erschöpfung. 14 Kategorie 2: Defizit Arbeit - „Burnout ist das Ausmaß, in dem ein Arbeitnehmer sich getrennt oder entfremdet hat von der ursprünglichen Bedeutung und dem ursprünglichen Ziel seiner Arbeit, d.h. das Ausmaß, in dem Arbeitnehmer Haltungen der Entfremdung gegenüber ihren Klienten, Arbeitsstellen, Kollegen oder Projekten ausdrücken“ (BERKELEY PLANNING ASSOZIATION 1977). - „Burnout ist das Resultat eines transaktionalen Prozesses, der sich aus Arbeitsbelastungen, Stress und psychologischer Anpassung zusammensetzt, in welchem ein ursprünglich engagierter Professioneller sich als Reaktion auf die in der Arbeit erfahrenen Stressoren und den erlebten Stress von seiner oder ihrer Arbeit zurückzieht“ (CHERNISS 1980). - „Burnout ist kein Problem individueller Bewältigung oder Anpassung. Es ist ein kulturelles und historisches Phänomen. Burnout resultiert aus einem Verlust von geistigen Vorsätzen und Engagement in der Arbeit“ (CHERNISS & KRANTZ 1983). - „Burnout ist ein fortschreitender Verlust von Idealismus, Energie und Betroffenheit durch fortschreitende Desillusionierung – ein Verlust, den die in den helfenden Berufen Beschäftigten als Folge der Arbeitsbedingungen erfahren“ (EDELWICH & BRODSKY 1984). - „Burnout ist ein arbeitsbezogenes Syndrom, welches aus der Wahrnehmung eines Individuums herrührt, dass eine signifikante Diskrepanz zwischen Einsatz und Belohnung besteht, diese Wahrnehmung wird beeinflusst durch individuelle, organisationsbezogene und soziale Faktoren. Es erscheint am häufigsten bei denen, die von Angesicht zu Angesicht arbeiten mit Sorgen/Schwierigkeiten-machenden oder bedürftigen Klienten und ist typischerweise gekennzeichnet durch Rückzug von und Zynismus gegenüber den Klienten, emotionaler und physischer Erschöpfung, und verschiedenen psychischen Symptomen wie Reizbarkeit, Angst, Traurigkeit und niedriger Selbstachtung“ (FARBER 1991). - „Burnout ist ein negativer Zustand körperlicher, emotionaler und geistiger Erschöpfung, es ist das Endresultat eines graduellen Prozesses der Desillusionierung in dem Streben, aus der Arbeit einen Sinn von existentieller Bedeutsamkeit herzuleiten. Typischerweise wird es bei hoch motivierten Personen festgestellt, die über längere Zeitperioden hinweg in emotional beanspruchenden Situationen arbeiten“ (PINES 1993). - „Burnout ist ein arbeitsspezifisches Antwortmuster auf Fehlanforderungen vor allem Stresszustände – unter der Voraussetzung, dass emotional (über)-beanspruchende Arbeit mit Menschen in helfenden Berufen in besonderem Maße gegeben ist“ (ENZMANN & KLEIBER 1989). Leider erfüllen die Kriterien eines Arbeitsplatzes nicht immer die Vorstellung des Arbeitnehmers. Große Erwartungen und hochgesteckte Ziele werden seitens des Arbeitgebers oft nicht erfüllt. Vor allem sind Berufsneulinge sehr motiviert und ehrgeizig. Allerdings können gerade beim Arbeitsbeginn unerwartete Faktoren auf einen zu kommen, mit denen nicht umgegangen werden kann. So führen z.B. berufliche Überforderungen, ohne von Arbeitskollegen Hilfe zu bekommen, oder ein starkes Missverhältnis zwischen Einsatz und Belohnung zu emotionaler Erschöpfung, 15 Depersonalisierung und dem Gefühl reduzierter Leistungsfähigkeit. RÖSING (2003,68) hebt besonders an dieser Definitionssammlung die innere Erschöpfung, die Desillusionierung, die Negativierung der Arbeitseinstellung, den Verlust an Selbstvertrauen, an Mut und an Hoffnung hervor. 2.6 Eingrenzungen BURISCH, der von vielen unterschiedlichen Autoren viele unterschiedliche Definitionen beschreibt, ist von der Definition von MASLACH & LEITER (1997, zit. in: BURISCH 2006,20) begeistert, weil sie die dramatischen Veränderungen kennzeichnet, die er selbst in den vergangenen Jahren an einigen Menschen seines engsten Bekanntenkreises beobachten musste: Abb.1: Der Weg nach unten „... eine Erosion der Werte, der Würde, des Geistes und des Willens – eine Erosion der menschlichen Seele. Es ist ein Leiden, das sich schrittweise und ständig ausbreitet und Menschen in eine Abwärtsspirale zieht, aus der das Entkommen schwer ist“. HILLERT & MARWITZ (2006,14) legten fest, dass unter Burnout der zu Erschöpfung und Auszehrung führende Prozess bzw. der Endzustand eines solchen verstanden wird. ENZMANN (1996,24) beschreibt als einflussreichste Definition, jene von MASLACH & JACKSON (1986), der die Entwicklung des Maslach-Burnout-Inventory (MBI) (MASLACH & LEITER 1981,1986), ein Instrument zur Messung von Burnout, zugrunde liegt: 16 „Burnout is a syndrome of emotional exhaustion, depersonalization, and reduced personal accomplishment that can occur among individuals who do „people work‟ of some kind, … The Emotional Exhaustion subscale assesses feelings of being emotional overextended and exhausted by one‟s work. The Depersonalization subscale measures an unfeeling and impersonal response towards recipients of one‟s service, care, treatment, or instruction. The Personal Accomplishment subscale assess feelings of competence and succesful achievement in one‟s work with people.” LITZCKE & SCHUH (2007,157) fassen die Definition von Burnout nach MASLACH & LEITER (2001) zusammen und übersetzen sie wie folgt: Das Burnout-Syndrom besteht aus Subdimensionen: - Emotionale Erschöpfung/Rasche Ermüdung - Depersonalisierung/Gleichgültigkeit im sozialen Kontakt - Reduzierte persönliche Leistungsfähigkeit im Beruf/Unzufriedenheit mit der eigenen Leistung „Emotionale Erschöpfung heißt, durch den Kontakt zu anderen emotional überfordert und ausgelaugt zu sein sowie die Fähigkeit zur Regeneration verloren zu haben“ (MASLACH 1985, zit. in: LITZCKE & SCHUH 2007,157) „Depersonalisierung meint eine gefühllose, zynische und gleichgültige Reaktionsweise sowie die Kontaktvermeidung gegenüber denen, die Empfänger einer Hilfsleistung sind“ (MASLACH 1985, zit. in: LITZCKE & SCHUH 2007,157). „Die reduzierte persönliche Leistungsfähigkeit und Erfüllung bezieht sich auf die Neigung, sich in der Arbeit nicht als kompetent und erfolgreich zu erleben“ (MASLACH 1985, zit. in: LITZCKE & SCHUH 2007,157). 17 Als elaborierteste und geschliffenste Definition, wobei es sich um eine Arbeitsdefinition handelt, beschreibt BURISCH (2006,19) jene von SCHAUFELI & ENZMANN (1998): „Burnout ist ein dauerhafter, negativer, arbeitsbezogener Seelenzustand „normaler“ Individuen. Er ist in erster Linie von Erschöpfung gekennzeichnet, begleitet von Unruhe und Anspannung (distress), einem Gefühl verringerter Effektivität, gesunkener Motivation und der Entwicklung disfunktionaler Einstellungen und Verhaltensweisen bei der Arbeit. Diese psychische Verfassung entwickelt sich nach und nach, kann dem betroffenen Menschen aber lange unbemerkt bleiben. Sie resultiert aus einer Fehlpassung von Intentionen und Berufsrealität. Burnout erhält sich wegen ungünstiger Bewältigungsstrategien, die mit dem Syndrom zusammenhängen, oft selbst aufrecht“ 3. Burnout in Österreich Eine, vom research-team Graz, österreichweit durchgeführte Studie zum Thema Burnout informiert über die Ausbreitung der Problematik. Auf dem Burnout-Folder (http://www.research-team.at/) steht, dass beinahe 10% der österreichischen Bevölkerung von Burnout bereits betroffen sind. Jene Studie belegt auch, dass der Anstieg der Krankheit alarmierend ist und Burnout als die neue „Volkskrankheit“ bezeichnet wird. Folgende Ergebnisse lieferte eine im Rahmen der Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung von Statistik Austria im Jahre 2007 (Jänner bis September) durchgeführte Befragung zu arbeitsbezogenen Gesundheitsproblemen und Arbeitsunfällen (http://www.statistik.at/). „Vier von zehn Erwerbstätigen in Österreich waren an ihrem Arbeitsplatz physischen Belastungsfaktoren, wie z.B. hantieren mit schweren Lasten ausgesetzt, ein Drittel litt unter psychischen Belastungen, wie z.B. Zeitdruck. Insgesamt unterlagen 56% der Erwerbstätigen physisch und/oder psychisch belastenden Arbeitsbedingungen“. 18 42% oder 1,7 Millionen waren zumindest einem physischen Belastungsfaktor ausgesetzt: - 19% (775.000) → gaben an mit schweren Lasten zu hantieren und/oder müssen schwierige Körperhaltungen einnehmen. - 15% (608.000) → stehen unter Einfluss von Chemikalien, Dämpfen oder Rauch. - 8% (312.000) → waren durch Lärm oder Vibrationen beeinträchtigt. Physische Belastungsfaktoren treten vor allem bei den Selbständigen und Mithelfenden in der Land- und Forstwirtschaft auf, gefolgt von den Unselbständigen mit manuellen Tätigkeiten. 32% oder 1,3 Millionen erwerbstätige Österreicher (800.000) und Österreicherinnen (490.000) waren zumindest einem psychischen Belastungsfaktor ausgesetzt: - 33% der Männer und 24% der Frauen standen unter hohem Zeitdruck. - 2,2% der Männer und 2,5% der Frauen wurden belästigt oder gemobbt. - 0,7% der Männer und 0,9% der Frauen litten am Arbeitsplatz unter Gewalt oder der Anordnung von Gewalt. „Psychische Belastungen treten vor allem bei Selbständigen und Unselbständigen mit nicht-manuellen Tätigkeiten auf. Personen mit hochqualifizierten Tätigkeiten sowie Erwerbstätige in freien Berufen wiesen die höchsten Prozentzahlen der durch Zeitdruck Belasteten auf“. Zusammengefasst litten 13,3% an berufsbedingten Beschwerden. Davon klagten zwei Drittel (351.000 Personen oder 8,7% aller Erwerbstätigen) über Knochen-, Gelenksoder Muskelbeschwerden. Am häufigsten Betroffen war der Rücken. „Aufgrund ihrer Arbeitssituation litten 0,8% (33.000) unter Stress, Angstzuständen oder Depressionen. Am schwersten sind höher und hoch qualifizierte Angestellte davon betroffen“. LOEBELL, MILLONIG & PRUCKNER (2004, zit. in: OSCHABNIG 2005,42) beschreiben, dass 20% der Erwerbstätigen in Österreich Phasen durchleben, die dem Burnout-Syndrom gleichen und 27% unter ungesundem Stress stehen. Weiters erklären sie, dass 30% der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen unter psychosomatischen 19 Erkrankungen leiden und ca. 46% aller Krankenstandstage psychische Ursachen haben. Somit leidet nicht nur der Betroffene, sondern es entstehen auch hohe wirtschaftliche Kosten. 2,4 Milliarden Euro beträgt der auf Grund von Burnout verursachende Schaden. Die ehemalige österreichische Gesundheitsministerin Dr. Andrea Kdolsky erwähnte in einem Pressebericht vom 14.04.2008 (http://www.bmgfj.gv.at/), „dass in den Industriestaaten seelisches Leid die größte Gesundheitsgefahr im 21. Jahrhundert sein wird. Nach den jüngsten Zahlen der WHO, werden im Jahre 2020 psychische Leiden, nach Herz-Kreislauferkrankungen, an zweiter Stelle liegen“. „In Österreich leiden nach einer Untersuchung der Statistik Austria 12 Prozent der Bevölkerung an starkem oder extremen Kummer, Niedergeschlagenheit oder Sorgen. Insgesamt leiden rund eine halbe Million Menschen in Österreich an depressiven Symptomen. Im Vergleich leiden nur wenige Menschen an psychotischen Störungen, ein Großteil der Betroffenen hat mit Burnout, Panik- und Angststörungen zu kämpfen. Diese können jeden treffen“. 4. Symptomatologie Da Burnout mittlerweile bei rund 60 Berufen und Personengruppen beschrieben worden ist, hat BURISCH (2006, 21) folgende in Oberkategorien gegliederte Aufstellung, getroffen: - Beratung: Anwälte, vor allem in öffentlichen Rechtsberatungsstellen (CHERNISS 1980a, 1995; MASLACH & JACKSON 1978; PETERMANN & STUDER 2003) Organisationsberater und Trainer (MITCHELL 1977) Personal von Beratungsstellen (BARON & COHEN 1982; BOY & PINE 1980; CUMMINGS & NALL 1982,1983; GARTE & ROSENBLUM 1978; SAVICKI & COOLEY 1982; TIEDEMAN 1979; WARNATH & SHELTON 1976; WATKINS 1983) Schulpsychologen (HUBERTY & HUEBNER 1988; LAST & SILBERMAN 1989; REINER & HARTSHORNE 1982; WRIGHT & THOMAS 1982) Studentenberater (FORNEY, WALLACE-SCHUTZMANN & WIGGERS 1982) 20 - Dienstleistungsberufe Apotheker (LAHOZ & MASON 1989) Bestatter (ROGNESS 1988) Bibliothekare (NAVRATIL 1987; NEVILLE 1981) Hauswirtschaftsleiterinnen (STEWART & MESZAROS 1981) Krankenhaus-Apotheker (RADDE 1982) Stewardessen (HOCHSCHILD 1983) - Hoheitsdienste Fluglotsen (MOHLER 1983) Gefängnispersonal (BRODSKY 1982; FARMER 1988; SCHAUFELI & PEETERS 2000; SHAMIR & DRORY 1982) Polizisten (ELLISON & GENZ 1978; FÜLLGRABE 1982; JACKSON & MASLACH 1982; MASLACH & JACKSON 1979; ROBINETTE 1987) Richter (SURAN 1982; WEGNER et al. 2000; WEGER, SZADKOWSKI, GRIMM, KOOPS, POSCHADEL, HERRMANN & BAUR 2001) - Medienberufe Journalisten (HARRISON 1988; BODIN 2000) Reporter (STEIN 1984) - Medizinische Versorgung Ärzte und Zahnärzte (AMSTUTZ, NEUENSCHWANDER & MODESTIN 2001; ARONSON, PINES & KAFRY 1983; BATES 1982; BENBOW 1988; HALL et al. 1979; HERSCHBACH 2002,1979; PINES 1981; STERN 1996; ST-YVES et al. 1989; WEBBER & JAEKEL-REINHARD 2000; WEGNER et al. 2000; WEGNER et al. 2002; WISE & BERLIN 1981) Hebammen (BEAVER, SHARP & COTSONIS 1986) Medizinisch-Technische-Assistentinnen (HUNTER, JENKINS & HAMPTON 1982) Zahnarzthelferinnen (DUNLAP & STEWARD 1983) - Nichtmedizinische Therapie Beschäftigungstherapeuten (BURNETT-BEAULIEU 1982) Mitarbeiter von Kriseninterventionsstellen (WYNKOOP 2002) Psychoanalytiker (FREUDENBERGER & ROBBINS 1979; COOPER 1986) Psychotherapeuten (FARBER 1983 a & b; FARBER & HEIFETZ 1982; KLEIBER 1989; KÜNZEL & SCHULTE 1986; LARSON, GILBERTSON & POWELL 1978) Sprach und Stimmtherapeuten (MILLER & POTTER 1982) 21 - Pflege Altenpflegerinnen (BALK 1989; ENGELKAMP 2002; WEYER & ZIMBER 1997) Eltern und Therapeuten autistischer Kinder (SULLIVAN 1979) Gemeindeschwestern ( (CHERNISS 1980a,1995) Krankenschwestern (FRIEL & TEHAN 1980; GAUDINSKI 1979; LAMMERT 1981; LEWISTON, CONLEY & BLESSING-MOORE 1981; MCCONNEL 1981; MOHL et al. 1982; PATRICK 1979; SCHWARTZ & WILL 1953,1961; SHUBIN 1978; SKINNER 1979; STOLRIE 1979) Oberschwestern (CLARK 1980) Pflegepersonal geistig behinderter Erwachsener (FIMIAN 1984; LAMB 1979; MUMRO 1980) - Privatleben (Ehe-) Partner (PINES 1988) Eltern (PELSMA et al. 1989; PROCACCINI & KIEFABER 1983) - Rettungspersonal Feuerwehrleute (GOZA-MACMULLAN 1988) Sanitäter (SCOTT 1980) - Seelsorge Missionare (CHESTER 1983) Pfarrer und Priester (DANIEL & ROGERS 1981; HARBAUGH & ROGERS 1984; SCHALL 1993; WARNER & CARTER 1984; WILLIMON 1989) Rabbis (FREUDENBERGER 1982) - Sozialarbeit im weiteren Sinne Bewährungshelfer (SCHONDELMAIER 1988) Drogenberater (FREUDENBERGER 1974,1975; LACOURSIERE 2001; VALLE 1979) Fürsorger (MASLACH 1976) „Hauseltern“ in Kinderdörfern (THOMPSON 1980) Jugendfürsorger (ARMSTRONG 1979; DALEY 1979; FREUDENBERGER 1977a; GOELMAN & GUO 1998; MATTINGLY 1977; SHANNON & SALEEBEY 1980; VAN AUKEN 1979) Sozialarbeiter (BASSETT & LLOYD 2001; CHERNISS 1980b,1995; EDELWICH & BRODSKY 1980; GIBSON, MCGRATH & REID 1989; HARRISON 1980; LLOYD, KING & CHENOWETH 2002; TAYLOR-BROWN et al. 1982) 22 - Unterricht und Lehre Erwachsenenbildner (ZAHN 1980) Erzieher(innen) (MASLACH & PINES 1977; PINES & MASLACH 1980; SEIDERMAN 1978) Hochschullehrer (BARTH 1985; BOICE 1986; SINGH, MISTRA & KIM 1998) Lehrer(innen) (ANDERSON 1980; ANSTÖTZ 1987; BARDO 1979; BECKER & GONSCHOREK 1989; BELCASTRO 1982; BLOCH 1978; CHERNISS 1980a,1995; CHRISTENSEN 1981; COOK & LEFFINGWELL 1982; DUBRIN et al. 1979; FIMIAN & SANTORO 1983; HENDRICKSON 1979; JOHNSON, GOLD & VICKERS 1982; LAWRENSON & MCKINNON 1982; MEADOW 1981; METZ 1980; OLSON & MATUSKEY 1982; REED 1979; SMITH & MCWILLIAMS 1980; SCHWAB 1981; SCHWAB & IWANICKI 1982; SPARKS 1979; THOMPSON & POWERS 1983; VANDENGERGHE & HUBERMANN 1999; WEGNER et al. 2000; WEISKOPF 1980; WESTERHOUSE 1980; ZABEL & ZABEL 1982) Sporttrainer (CACCESE & MAYERBERG 1984; CAPEL 1986; CAPEL, SISLEY & DESERTRAIN 1987; SCHLIERMANN, HAGENAH & HÖRMANN 2002) - Verwaltung Leiter von Schulen, Hochschulen, Kliniken und Rehabilitationseinrichtungen (BURKE & GREENGLASS 1989; CLARK 1980; EMENER 1979; SARROS 1988; VASH 1980; VAUGHAN 1982; VENINGA 1979) Verwaltungsbeamte (VASH 1980; VENINGA & SPRADLEY 1981) - Wirtschaft Investment-Banker und Anleger (BUSKAMP 2004) Kreditsachbearbeiter (POE & SCHERR 1981) Kundendienstmitarbeiter (ZEMK 1981) Manager (CHERNISS 1980c; ETZION, KAFRY & PINES 1982; FREUDENBERGER 1977b; GINSBURG 1974; KAHN 1978; LAUDERDALE 1982; LEVINSON 1981; NELSON 1980; PINES & ARONSON 1989) Sekretärinnen (ANDERSON 1983; NAGY 1985) Versicherungspersonal (SPERBER 1984) - Sonstiges Arbeitslose (AMUNDSON & BORGEN 1982; KASL & COBB 1970; KASL, GORE & COBB 1975) Ingenieure (ETZION 1988) Sozialforscher (LEVINE 1982) Sportler (FENDER 1989; PETERMANN 2004) Studenten (GOLD, BACHELOR & MICHAEL 1989; MEIER & SCHMECK 1985) 23 Bei dieser Aufstellung handelt es sich überwiegend um Berufe oder Rollen, von denen nicht nur Hilfe im technischen Sinne erwartet wird, sondern auch emotionale Zuwendung (wie z.B. Versorgen, Beraten, Anleiten, Heilen, Schützen, etc.). Zusätzlich zu diesem Schema lässt sich auch das Burnout-Syndrom bei Kellner, Frisöre, Handelsvertretern, Krankenwagen, Animateuren, Fremdenführern, Rezeptionisten, Fahrern von Krankengymnasten, Rettungsmannschaften, Auskunftsdiensten, Verkäufer, aber auch bei Hausfrauen und Eltern, speziell bei Alleinerziehenden feststellen (vgl. BURISCH 2006,24). 4.1 Burnout-Symptomatik Nach BURISCH (2006) sowie nach SCHAUFELI & ENZMANN (1998) existieren insgesamt mehr als 130 verschiedenartige Symptome für das Burnout-Syndrom. BURISCH unterteilt sie in sieben Oberkategorien (siehe Tabelle 2), während SCHAUFELI & ENZMANN zwischen Symptomen auf der indivudellen, interpersonellen und institutionellen Ebene unterscheiden und diese dann in fünf Kategorien einteilen (siehe Tabelle 3). 4.1.1 Symptomatik nach BURISCH BURISCH (2006,24) möchte mit seiner Zusammenstellung einen ersten umfassenden Überblick darstellen. Dabei wurden aus der gesamten Literatur „nur“ die häufigst genannten Symptome berücksichtigt um diese dann in 7 Kategorien zu unterteilen: - Kategorie 1: Warnsymptome der Anfangsphase - Kategorie 2: Reduziertes Engagement - Kategorie 3: Emotionale Reaktionen, Schuldzuweisung - Kategorie 4: Abbau - Kategorie 5: Verflachung - Kategorie 6: Psychosomatische Reaktionen - Kategorie 7: Verzweiflung 24 Tabelle 2: Burnout-Symptomatik nach BURISCH (2006) Kategorie 1: Warnsymptome der Anfangsphase a. Vermehrtes Engagement für Ziele - Beschränkung sozialer Kontakte auf - Hyperaktivität Klienten - Freiwillige unbezahlte Mehrarbeit - Gefühl der Unentbehrlichkeit - Chronische Müdigkeit - Gefühl, nie Zeit zu haben - Energiemangel - Verleugnung eigener Bedürfnisse - Unausgeschlafenheit - Verdrängung von Misserfolgen und - Erhöhte Unfallgefahr b. Erschöpfung Enttäuschungen Kategorie 2: Reduziertes Engagement a. Für Klienten, Patienten etc. c. Für die Arbeit - Desillusionierung - Verlust von Idealismus - Verlust positiver Gefühle gegenüber - Desillusionierung Klienten - Negative Einstellung zur Arbeit - Größere Distanz zu Klienten - Widerwillen und Überdruss - Meidung von Kontakt mit Klienten - Widerstand, täglich zur Arbeit zu gehen und/oder Kollegen - Ständiges Auf-die-Uhr-sehen Aufmerksamkeitsstörung in der Interaktion - Fluchtphantasien mit Klienten - Tagträumen Verschiebung des Schwergewichts von - Überziehen von Arbeitspausen Hilfe auf Beaufsichtigung - Verspäteter Arbeitsbeginn - Schuldzuweisung für Probleme an Klienten - Vorverlegter Arbeitsschluss - Höhere Akzeptanz von Kontrollmitteln wie - Fehlzeiten Strafen oder Tranquilizern - Verlagerung des Schwergewichts auf die - - - Stereotypisierung von Klienten, Kunden, Schülern etc. - Betonung von Fachjargon - Dehumanisierung b. Für andere allgemein Freizeit, Aufblühen am Wochenende - Höheres Gewicht materieller Bedingungen für die Arbeitszufriedenheit d. Erhöhte Ansprüche - Konzentration auf die eigenen Ansprüche - Unfähigkeit zu geben - Gefühl mangelnder Anerkennung - Kälte - Gefühl, ausgebeutet zu werden - Verlust von Empathie - Eifersucht - Verständnislosigkeit - Familienprobleme - Schwierigkeiten, anderen zuzuhören - Konflikt mit den eigenen Kindern - Zynismus 25 Kategorie 3: Emotionale Reaktionen, Schuldzuweisung a. Depression - Pessimismus, Fatalismus - Schuldgefühle - Apathie - Reduzierte Selbstachtung - Selbstmordgedanken - Insuffizienzgefühle - Gedankenverlorenheit - Selbstmitleid - Humorlosigkeit - Vorwürfe an andere - Unbestimmte Angst und Nervosität - Verleugnung der Eigenbeteiligung - Abrupte Stimmungsschwankungen - Ungeduld - Verringerte emotionale Belastbarkeit - Launenhaftigkeit - Bitterkeit - Intoleranz - Abstumpfung, Gefühl von - Kompromissunfähigkeit Abgestorbensein und Leere - Nörgeleien - Schwächegefühl - Negativismus - Neigung zum Weinen - Reizbarkeit - Ruhelosigkeit - Ärger und Ressentiments - Gefühl des Festgefahrenseins - Defensive/paranoide Einstellung - Hilflosigkeits-, Ohnmachtsgefühle - Misstrauen - Häufige Konflikte mit anderen b. Aggression Schuldzuweisung an andere oder „das - System“ Kategorie 4: Abbau a. der kognitiven Leistungsfähigkeit - Verringerte Produktivität - Dienst nach Vorschrift - Konzentrations- und Gedächtnisschwäche - Unfähigkeit zu komplexen Aufgaben - Ungenauigkeit - Verringerte Phantasien - Desorganisation - Verringerte Flexibilität - Entscheidungsunfähigkeit - Unfähigkeit zu klaren Anweisungen b. der Motivation - Verringerte Initiative c. der Kreativität d. Entdifferenzierung - Rigides Schwarzweißdenken - Widerstand gegen Veränderungen aller Art 26 Kategorie 5: Verflachung a. des emotionalen Lebens - - Verflachung gefühlsmäßiger Reaktionen - Gleichgültigkeit b. des sozialen Lebens - Weniger persönliche Anteilnahme an anderen oder exzessive Bindung an Meidung von Gesprächen über die eigene Arbeit - Eigenbröteleien - Mit sich selbst beschäftigt sein - Einsamkeit c. des geistigen Lebens einzelne - Aufgeben von Hobbys - Meidung informeller Kontakte - Desinteresse - Suche nach interessanteren Kontakten - Langeweile Kategorie 6: Psychosomatische Reaktionen - Schwächung der Immunreaktion - Rückenschmerzen - Schlafstörungen - Kopfschmerzen - Albträume - Nervöse Tics - Sexuelle Probleme - Verdauungsstörungen - Gerötetes Gesicht - Übelkeit - Herzklopfen - Magen-Darm-Geschwüre - Engegefühl in der Brust - Gewichtsveränderungen - Atembeschwerden - Veränderte Essgewohnheiten - Beschleunigter Puls - Mehr Alkohol/Kaffee/Tabak/andere - Erhöhter Blutdruck - Muskelverspannung Drogen Kategorie 7: Verzweiflung - Negative Einstellung zum Leben - Selbstmordabsichten - Hoffnungslosigkeit - Existentielle Verzweiflung - Gefühl der Sinnlosigkeit SCHAUFELI & ENZMANN (1998, zit. in: RÖSING 2003,63) beklagen an dieser Liste, dass es kaum noch ein Symptom gebe, das nicht aufgeführt sei, und dass ein so weites Konzept, welches praktisch alles einschließt, jegliche Bedeutung verliere. Selbst BURISCH (2006,27) macht darauf aufmerksam, dass nicht alle Symptome in einem Burnout-Fall vorhanden sein müssen. Seiner Meinung nach erhöht das Vorhandensein eines Symptoms die Wahrscheinlichkeit, mit dem die anderen ebenfalls auftreten, bzw. auftreten werden, die Gefahr in ein Burnout zu gelangen. 27 4.1.2 Symptomatik nach SCHAUFELI & ENZMANN SCHAUFELI & ENZMANN (1998, zit. in: RÖSING 2003,60-63) erstellten ebenfalls eine Übersicht und Gliederung über die Symptome, welche eine gute Orientierung über das Burnout-Syndrom darstellen: Sie wurden nach 3 Ebenen geordnet: - Symptome auf der individuellen Ebene - Symptome auf der interpersonellen Ebene und - Symptome auf der institutionellen Ebene Für jede dieser 3 Ebenen werden 5 Symptombereiche unterschieden: - Affektive Symptome - Kognitive Symptome - Physische Symptome - Verhaltenssymptome - Motivationssymptome Tabelle 3: Mögliche Burnout-Symptome nach SCHAUFELI & ENZMANN (1998) Symptome auf individueller Ebene a. Affektive Symptome - Ständiges Aufschieben - Erhöhter Konsum von: Koffein, Tabak, - Niedergeschlagenheit - Traurigkeit - Emotionale Erschöpfung - Beruhigungsmitteln, illegalen Drogen - Stimmungsschwankungen - Zuviel oder zuwenig essen - Verminderte emotionale Kontrolle - Hohes Risikoverhalten (z.B. - Undefinierte Ängste - Erhöhte Spannung - Aufgabe von Freizeitaktivitäten - Ängstlichkeit - Zwanghaftes Jammern b. Kognitive Symptome Alkohol Fallschirmspringen...) e. physische Symptome - Hilflosigkeit - Kopfschmerzen - Verlust von Sinn und Hoffnung - Übelkeit - Angst „verrückt zu werden“ - Schwindel - Gefühle von Machtlosigkeit und - Ruhelosigkeit Unfähigkeit - Nervöse Tics Gefühle von „in der Falle sitzen“ - Muskelschmerzen - 28 - Gefühl zu scheitern - Sexuelle Probleme - Gefühl von Unzulänglichkeit - Schlafstörungen (Schlaflosigkeit) - Geringes Selbstwertgefühl - Alpträume, exzessives Schlafbedürfnis) - Konstante Beschäftigung mit sich selbst - Plötzliche Gewichtsabnahme oder - - Schuld - Selbstmordgedanken - Unfähigkeit sich zu konzentrieren - Vergesslichkeit - Erhöhte Herzfrequenz - Schwierigkeit mit komplexen Aufgaben - Hoher Blutdruck - Starrheit und schematisches Denken - Erhöhte elektrodermale Reaktion - Tagträumen und Phantasien - Hoher Cholesterinspiegel - Einsamkeit - Appetitlosigkeit - Verminderte Frustrationstoleranz - Kurzatmigkeit - Zunahme prämenstrueller Spannung zunahme - c. Motivationssymptome Verletzungen aufgrund risikoreichen Verhaltens - Begeisterungsverlust - Ausfall des Menstruations-Zyklus - Verlust des Idealismus - Chronische Müdigkeit - Desillusionierung - Physische Erschöpftheit - Resignation - Hyperventilation - Enttäuschung - Körperliche Schwäche - Langeweile - Geschwür - Demoralisation - Magen-Darm-Funktionsstörungen d. Verhaltenssymptome - Koronare Krankheiten - Hyperaktivität - Häufige und anhaltende Erkältung - Unfallzunahme - Aufflackern bereits vorhandener - Impulsivität Funktionsstörungen (Asthma, Diabetes) Symptome auf interpersoneller Ebene a. Affektive Symptome d. Verhaltensymptome - Reizbarkeit - Gewaltsame Ausbrüche - Überempfindlichkeit - Neigung zu gewaltsamem und - Kühl und emotionslos Sein - Nachlassende emotionale Empathie mit aggressivem Verhalten - Klienten - Zunehmende Wut b. Kognitive Symptome - zynische und dehumanisierte Interpersonelle, Ehe- und Familienkonflikte - Soziale Isolation und Zurückgezogenheit - Distanziertheit zu Klienten - Mechanische Reaktionen Klienten Wahrnehmung der Klienten betreffend - Negativismus Klienten betreffend - Isolation von oder übermäßiger Bindung - Pessimismus Klienten betreffend - Nachlassende kognitive Empathie Klienten - Kranker Humor Klienten betreffend betreffend - Ausdruck von Hoffnungslosigkeit, an Mitarbeiter 29 - Stereotypisierung von Klienten Hilflosigkeit und Sinnlosigkeit Klienten - Abfällige Etikettierung von Klienten gegenüber - „Dem Opfer die Schuld geben“ - Nimbus von Großartigkeit - Nimbus von Rechtschaffenheit - Eifersucht - „Märtyrertum“ - Abschottung - Feindseligkeit - Argwohn - Interesse-Verlust - Projektion - Entmutigung - Paranoia - Desinteresse Klienten betreffend - Klienten dazu benutzen, persönliche und - Distanzierung e. Motivationssymptome c. Physische Symptome - Gebrauch von Hilfsmitteln zur keine soziale Bedürfnisse zu stillen - Übermäßige Involviertheit Symptome auf institutioneller Ebene a. Affektive Symptome - Arbeitsunzufriedenheit b. Kognitive Symptome - Zunehmende Krankmeldung - Beständige Abwesenheit - Diebstahl - Zynismus, was die Arbeit betrifft - Widerstand gegen Veränderungen - Gefühle nicht anerkannt zu werden - Übermäßige Abhängigkeit von - Misstrauen dem Management, Vorgesetzten Gleichgestellten und Vorgesetzten - Häufiges „Auf-die-Uhr-sehen“ gegenüber - Sich nur nach Vorgaben richten - Häufige Unfälle keine - Organisationsunfähigkeit d. Verhaltenssymptome - Armseliges Zeitmanagement c. Physische Symptome - - reduzierte Effektivität e. Motivationssymptome - dürftige Arbeitsleistung - Verlust der Arbeitsmotivation - abnehmende Produktivität - Widerstand zur Arbeit zu gehen - Unpünktlichkeit - Dämpfung der Arbeitsinitiative - Umsatz - Niedrige Moral RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE (2003,14) beschreiben anhand dieser Symptome, dass nicht nur das Berufsleben von Burnout erfasst wird, sondern „es lassen sich auch Ausstrahlungseffekte im Privatleben feststellen“ (GUSY 1995, zit. in: RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE 2003,14). Ein Burnout-Prozess kann schwerwiegende Änderungen im Leben eines Menschen hervorrufen. Dabei sind die Gefühle, Einstellungen, Motive und das Verhalten betroffen. (vgl. RÖHRIG & REINERSKRÖNCKE 2003,14). 30 4.2 Messung von Burnout Um überhaupt von Burnout sprechen zu können, benötigt man spezielle Messinstrumente. RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE (2003,21) sind der Meinung, dass sich drei Instrumente bewährt haben: - Der MBI (Maslach Burnout Inventory) von MASLACH & JACKSON 1981 - Die Überdrussskala von ARONSON, PINES & KAFRY 1983 - SBS-HP (Staff Burnout Scale for Health Professionals) von JONES 1981 Die Gemeinsamkeit bei diesen Instrumenten liegt darin, dass Burnout über die Selbsteinschätzung gemessen wird. Unterschiede gibt es aber hinsichtlich ihrer Dimension, Inhalte und Anwendungsbereiche und sind so kaum miteinander zu vergleichen (vgl. GUSY 1995, zit. in: RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE 2003,21). 4.2.1 Der MBI (Maslach Burnout Inventory) von MASLACH & JACKSON 1981 Das Maslach Burnout Inventory (MBI) ist ein Fragebogen (siehe Anhang) und soll feststellen, wie Arbeitnehmer ihre Arbeit erleben und gibt Auskunft über die Energie, das Engagement und die Leistungsfähigkeit der Arbeiter in Bezug zur Arbeit (vgl. MASLACH & LEITER 2001,161). Nach MASLACH & LEITER (2001,162) werden die drei Kerndimensionen der Arbeitserfahrung einer Person erfasst: - Erschöpfung – Energie - Depersonalisation – Engagement - Ineffizienz – Leistung Der MBI konzentriert sich auf die persönlichen Erfahrungen von Menschen bei der Arbeit und dementsprechend wurden die Fragen so entwickelt, dass ein Gefühl ausgedrückt werden soll (z.B. emotional ausgelaugt, abgestumpft, überschäumend, usw.), das sich auf die Arbeit bezieht (vgl. MASLACH & LEITER 1996,162). Um Burnout zu messen, stellt das MBI das valideste und verbreitetste 31 Burnoutinstrument dar (vgl. ENZMANN & KLEIBER 1996,119). Im Fragebogen werden die verschiedenen Dimensionen (emotionale Erschöpfung, reduzierte persönliche Leistungsfähigkeit und Depersonalisation) anhand von Items erfasst (vgl. RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE 2003,21). Die deutsche Version des MBI, dargestellt von ENZMANN & KLEIBER (1996,119), erfasst ebenfalls die Subskalen anhand von Items, welche: - Emotionale Erschöpfung (9 Items) - Depersonalisierung (5 Items) und - Reduziertes Wirksamkeitserleben (8 Items) sind. RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE (2003,22-23) erklären, dass MASLACH & JACKSON es aber nicht vorgesehen hatten, einen Gesamtwert für Burnout zu berechnen, sondern die drei einzelnen Summenwerte für die verschiedenen Dimensionen zu bestimmen: Hoher Burnoutwert: bedeutet hohe Werte in den Dimensionen „emotionale Erschöpfung“ und „Depersonalisierung“ und ein geringer Wert auf der Skala „reduzierte persönliche Leistungsfähigkeit“. Mittlerer Burnoutwert: ergibt sich aus den mittleren Werten auf allen drei Subskalen. Niedriger Burnoutwert: wird festgestellt durch niedrige Werte auf den Subskalen „emotionale Erschöpfung“ und „Depersonalisierung“ bei gleichzeitig hohem Wert auf der Dimension „reduzierte persönliche Leistungsfähigkeit“. Laut MASLACH & JACKSON (1986, zit. in: ENZMANN & KLEIBER 1996,119) können die drei Dimensionen wie folgt umschrieben werden: - Emotionale Erschöpfung: das Gefühl, durch den Kontakt mit den Empfängern der Dienste (Klienten/Patienten) emotional überanstrengt und ausgelaugt zu sein. - Depersonalisierung: gefühllose und abgestumpfte bzw. dehumanisierende Reaktionen gegenüber denjenigen Menschen, die Empfänger der Dienste oder Fürsorge sind. 32 - Reduziertes Wirksamkeitserleben: mangelnde Gefühle der Kompetenz und die Einschätzung, in der Arbeit mit Menschen nicht erfolgreich zu sein. 4.2.2 Die Überdrussskala (Tedium-Measure) von ARONSON, PINES & KAFRY 1983 ARONSON, PINES & KAFRY (2006,235) definieren Überdruss als „das Erleben körperlicher, emotionaler und geistiger Erschöpfung. Charakteristisch für diesen Zustand sind negative Einstellungen zum Selbst, zur Umgebung, zur Arbeit und zum Leben im allgemeinen“. Definition nach ARONSON, PINES & KAFRY (2006,25): „Überdruss kann aus jeder chronischen Belastung (geistiger, körperlicher oder emotionaler Art) entstehen und ausbrennen ist das Resultat andauernder oder wiederholter emotionaler Belastung im Zusammenhang mit langfristigem, intensivem Einsatz für andere Menschen“. Menschen, die ausbrennen, fühlen sich ganz allgemein elend. Sie sind körperlich, geistig und emotional erschöpft und fühlen sich zusätzlich noch hilf- und hoffnungslos. Dazu verliert man die Begeisterung für die Arbeit sowie für die Lebensfreude (2006,13). „Das Ausbrennen tritt meist nicht als Folge vereinzelter traumatischer Ereignisse auf, sondern als schleichende seelische Auszehrung. Tragischerweise betrifft es vor allem jene Menschen, die einmal besonders begeisterungsfähig und idealistisch waren“ (2006,13). Wenn negative Aspekte vor den positiven Aspekten, in denen das Individuum zu viele Belastungen, Konflikte und Anforderungen und zu wenig Anerkennung und Belohnung erlebt, im Leben eines Menschen überwiegen, entsteht Überdruss. Plötzliche Veränderungen im Leben eines Menschen, wie z.B. ein tragisches Lebensereignis, führen selten zu Überdruss (2006,25). ARONSON, PINES & KAFRY (2006,27) sehen körperliche, emotionale und geistige Erschöpfung als wesentliche Komponenten für Burnout. 33 HILLERT & MARWITZ (2006,91) fassen die drei Dimensionen wie folgt zusammen: - Körperlicher Erschöpfung: umfasst Energiemangel, Ermüdung, körperliche und psychosomatische Beschwerden sowie die Neigung zu vermehrtem Alkohol-, Tabletten- oder Drogenmissbrauch. - Emotionale Erschöpfung: ist durch Niedergeschlagenheit, Hilf- und Hoffnungslosigkeit bis hin zu Suizidtendenzen gekennzeichnet. - Geistige Erschöpfung: bezieht sich vor allem auf eine negative Einstellung im Hinblick auf das Selbst, die Arbeit und das Leben im Allgemeinen. Die Überdrussskala ist ebenfalls ein Fragebogen (siehe Anhang) und besteht aus 21 Items, die sich auf folgende Aspekte dieses Zustandes beziehen (vgl. ARONSON, PINES & KAFRY 2006,235): - Körperlicher Erschöpfung: müde sein, körperlich erschöpft sein, sich erledigt fühlen, sich abgearbeitet fühlen, sich ausgelaugt fühlen, bekümmert sein, sich tatkräftig fühlen. - Emotionale Erschöpfung: sich niedergeschlagen fühlen, emotional erschöpft sein, sich ausgebrannt fühlen, sich gefangen fühlen, bekümmert sein, sich hoffnungslos fühlen, Angst haben. - Geistige Erschöpfung: glücklich sein, unglücklich sein, einen guten Tag haben, sich wertlos fühlen, sich optimistisch fühlen, über andere Menschen verärgert oder enttäuscht sein, sich zurückgewiesen fühlen. Der errechnete Wert für den Überdruss ist der Mittelwert der Antworten auf die einzelnen Fragen, von denen vier im Gegensinn bewertet sind: sich tatkräftig fühlen, glücklich sein, einen guten Tag haben, sich optimistisch fühlen (vgl. ARONSON, PINES & KAFRY 2006,235-236). 4.2.3 SBS-HP (Staff Burnout Scale for Health Professionals) von JONES 1981 Nach der Definition von MASLACH & PINES (MASLACH 1976; MASLACH & PINES 1977; PINES & MASLACH 1978) kann das Burnout-Syndrom mittels des SBSHP gemessen werden. Der Fragebogen misst akute Stressreaktionen oder wie man sich im Moment fühlt (ENZMANN & KLEIBER 1989, 108). 34 Diese Skala (siehe Anhang) besteht insgesamt aus 30 Items, wovon 10 sogenannte Lügenitems (fünf positive: 4,7,9,19,20 und fünf negative: 3,12,15,23,24) sind, um starre Antwortmuster oder Beeinflussung durch soziale Erwünschtheit zu vermeiden. Die restlichen Items werden von folgenden vier Burnout-Faktoren erfasst: - psychische und interpersonelle Spannung - allgemeine Arbeitsunzufriedenheit - körperliches Kranksein und Distress sowie - unfachmännische Beziehung zu Patienten Nach ENZMANN & KLEIBER (1989,108) erfassen die ersten drei Faktoren solche Stressreaktionen (Reizbarkeit, die Bedeutung von Drogen bei der Bewältigung von Konflikten in Beruf und Familie, psychosomatische Reaktionen und Beschwerden), wie sie für beliebige Berufsgruppen denkbar sind. Nur der letzte Faktor ist typisch für psychosoziale Berufe und wird von MASLACH mit Depersonalisierung umschrieben. Die SBS-HP ist in der Burnout-Forschung gegenüber dem MBI und der Überdrussskala von untergeordneter Bedeutung (vgl. GUSY 1995, zit. in: RÖHRIG & REINERSKRÖNCKE 2003,25). Ebenso sind ENZMANN & KLEIBER (1989,114) der Meinung, dass es nicht viel Sinn macht „noch ein Instrument zu konstruieren, wenn andere, validere und differenziertere Erhebungsinstrumente bereits existieren“. 4.3. Burnout-Phasen und Verlauf Die Entstehung von zahlreichen Phasenmodellen hat den Vorteil, dass es so zu einer Gliederung der ansonsten sehr unübersichtlichen Problematik kommt. Die Zuordnung von Symptomen zu Phasen sowie die Festlegung von Reihenfolge und Phasenzahl erfolgte willkürlich. Der Nachteil ist, dass eine andere Gliederung ebenso gut oder sogar besser sein könnte. Als Betroffener sollte man nicht versuchen sich in einem Phasenmodell einzuordnen und entsprechend erleichtert oder entsetzt sein (vgl. LITZCKE & SCHUH 2007,166). 35 Weitgehend Einigkeit in der Literatur herrscht zumindest bei der Meinung, dass Burnout ein schleichend einsetzender und langwieriger Prozess ist (vgl. SAVICKI & COOLEY 1983, zit. in: BURISCH 2006,39). 4.3.1 Burnout-Phasentheorien BURISCH (2006,39-40) hat nach seiner Meinung die für ihn am besten beschriebenen Verlaufsstadien mit den dazugehörigen Symptomen in einer übersichtlichen Form dargestellt: Tabelle 4: Burnout- Phasentheorien (BURISCH 2006) Nach Lauderdale a. Phase 1: Verwirrung - - Vages Gefühl, dass etwas nicht in Entspannung nur noch mit Alkohol und Tranquilizern Ordnung ist c. Phase 3: Verzweiflung - Gelegentlich grundlose Angst - Insuffizienzgefühle - Beginnende somatische Symptome wie - Gefühl der Sinnlosigkeit Kopfschmerzen, Angespanntheit, - Selbstanklagen Schlaflosigkeit, Energiemangl - Zynismus - Misstrauen b. Phase 2: Frustration - Unzufriedenheit und Ärger - Mechanisierung des Lebens - Gereiztheit gegen Freunde und Kollegen - Erschöpfungsgefühl schon bei kleinsten - Evtl. Arbeitsplatzwechsel - Gefühl, betrogen zu werden - Rückzug - Rückenschmerzen, Migräne - Apathie Anforderungen Nach Cherniss a. Phase 1: Berufsstress - - Erschöpfung Anforderungen übersteigen die c. Phase 3: Defensive Bewältigungsversuche - Ressourcen Emotionale Abkopplung b. Phase 2: Stillstand - Rückzug - Angst - Zynismus - Spannung - Rigidität - Reizbarkeit - Ermüdung 36 Nach Edelwich a. Phase 1: Idealistische Begeisterung c. Phase 3: Frustration - Selbstüberschätzung - Erfahrung der Erfolglosigkeit und der - Hochgesteckte Ziele - Omnipotenzphantasien - Probleme mit Bürokratie - Optimismus - Fühlbarer Mangel an Anerkennung von - Hoher Energieeinsatz - Überidentifikation mit Klienten und mit - Zu viel Papierkrieg der Arbeit allgemein - Gefühl der Inkompetenz - Psychosomatosen Machtlosigkeit Klienten und Vorgesetzten b. Phase 2: Stillstand - Erste Enttäuschungen - Drogengebrauch - Bedürfnisse nach Komfort, Freizeit, - Überernährung Freunden, Karriereaussichten werden d. Phase 4: Apathie wichtiger - Völlige Desillusionierung - Beschränkung der Kontakte auf Kollegen - Verzweiflung wegen schwindender - Reduzierung des Lebens auf die Arbeit - Familienleben leidet - Rückzug von Klienten beruflicher Alternativen - Resignation und Gleichgültigkeit Nach Maslach a. Phase 1a: Emotionale Erschöpfung - Müdigkeit schon beim Gedanken an - Vermeidung von Unannehmlichkeiten - Reduzierung der Arbeit auf das Arbeit Allernotwendigste b. Phae 1b: Physische Erschöpfung d. Phase 3: Terminales Stadium - Schlafstörungen - Widerwillen gegen sich selbst - Anfälligkeit für Erkrankungen, - Widerwillen gegen alle anderen Kopfschmerzen, sonstige Schmerzen c. Phase 2: Dehumanisierung - Menschen - Widerwillen gegen überhaupt alles Negative, zynische Einstellung zu - Schuldgefühl Kollegen und Patienten - Rückzug ins Schneckenhaus BURISCH (2006,40-41) fasst zusammen, dass alle diese Phasentheorien auf intuitiven Typisierungsversuchen und nicht auf systematischen empirischen Studien beruhen. Dazu erfolgte eine willkürliche Abgrenzung der Stadien untereinander. FREUDENBERGER und LAUDERDALE schreiben über Beschäftigte in der Wirtschaft, EDELWICH, CHERNISS, sowie PINES und MASLACH bezogen sich auf professionelle Helfer. 37 4.3.2 Phasenmodell nach BURISCH (2006,27-34) Kategorie 1: Warnsymptome der Anfangsphase Der Anfang eines Burnout-Prozesses ist gekennzeichnet durch ein Überengagement bzw. einem überhöhten Energieeinsatz. Egal, ob es sich dabei um Engagement für ein bestimmtes Ziel oder mehr ein allgemeines Ideal handelt, ob es um Klienten, Patienten, Schüler geht oder um die berufliche Karriere. „Wer ausbrennt, muss einmal gebrannt haben“ (BURISCH 2006,27). Ein Warnsignal erster Güte ist für BURISCH (2006,28), wenn die Fähigkeit nach der Arbeit abzuschalten verloren geht. Bleibt zu wenig Zeit um sich zu erholen schwinden allmählich die Kräfte, bis irgendwann die Erschöpfung eintritt. Es ist nicht die Arbeitsmenge, die zählt, sondern die Gefühlslage, mit der man seine Arbeit tut, bzw. seine Zeit verbringt. Das heißt, dass Burnout dort beginnt, wo es ein Missverhältnis gibt: - zwischen Einsatz und Ertrag - zwischen Anstrengung und Belohnung - zwischen negativen und positiven Erfahrungen und Rückmeldungen. In dieser ersten Phase würde ein Burnout-Kandidat nicht in den Rückzug gehen, sondern er würde seine Anstrengungen erhöhen. Folgen eines solchen Vorhabens sind z.B. viele unbezahlte Überstunden, Vernachlässigung der eigenen Familie und der Freunde sowie eigene Bedürfnisse, wie z.B. sich mit Freunden zu treffen oder Sport zu treiben, gelangen in den Hintergrund. Symptome dieser Phase sind vor allem chronische Müdigkeit, das Gefühl, unausgeschlafen zu sein und zu wenig Energie zu haben (vgl. BURISCH 2006,25-28). Zur Frage, wie Burnout beginnt, meint FREUDENBERGER & RICHELSON (1980,34): „Wie plötzlich es auch ausbrechen mag, das Ausbrennen ist ein chronischer Zustand, auf den man sich wochen-, monate- oder auch jahrelang zubewegen kann“. Um Burnout plötzlich zum Ausbruch zu bringen, bedarf es nur bestimmter Lebensereignisse, wie z.B. dass ein Familienmitglied erkrankt oder man unter Druck bei der Planung eines neuen Projekts steht. Im Entwicklungsstadium werden plötzlich auftretende Symptome, wie z.B chronische Müdigkeit und Energiemangel, bewusst nicht wahrgenommen. Betroffene wissen ihre Schwächen zu verbergen, um gegenüber anderen nicht als Verlierer dazustehen. 38 Kategorie 2: Reduziertes Engagement MASLACH (1978,1982a) und ARONSON et al., (1983) halten eine idealistische Überhöhung der Arbeit für das Kernstück der Burnout-Problematik. Das anfangs überschwellige gute Gefühl freiwillig etwas zu Geben schwenkt in dieser Phase um. Die Einsatzbereitschaft für Klienten, Patienten, anderen (Familie, Freunde oder Bekannte) oder für die Arbeit ist im Begriff zu sinken. Ständiges Geben ohne ausreichend dafür belohnt zu werden führt entweder zu „erhöhten Ansprüchen“ oder zu einem innerlichen Rückzug (vgl. BURISCH 2006,29). Kategorie 3: Emotionale Reaktionen, Schuldzuweisung In dieser Phase müssen zentrale Ziele aufgegeben werden, weil die eigene Energie nicht reicht oder weil von außen Erfolge versagt werden. Um diese schmerzlichen Prozesse zu akzeptieren, muss Trauerarbeit geleistet werden. Schuldzuweisungen können in zwei Richtungen gehen. Man kann: - sich selbst - oder anderen die Schuld an dem unbefriedigenden Zustand zuschreiben. Wird die Schuld gegen sich selbst gerichtet, führt das in die „Depression“. Es verbreitet sich ein Gefühl der Hilflosigkeit und wird als persönliches Versagen interpretiert, was zu einer Erniedrigung des Selbstwertgefühls führt. Man spricht nicht von einer Depression im klinischen Sinne, jedoch der Weg dorthin ist bereits vorgegeben. In diesem Stadium ist die Chance für erfolgreiche Problemlösung schon gemindert. Wird die Schuld anderen zugeschrieben, so führt dies zu „Aggressionen“ bzw. „zu aggressiven Haltungen“. Der Entwicklung zu einem nörgelnden, pessimistischen und unangenehmen Zeitgenossen steht dann nichts mehr im Wege. In Kombination mit Wutausbrüchen gegenüber Untergebenen, Kollegen oder eigenen Familienangehörigen wird ein Umfeld geschaffen, wo viele gegen einen sind. Jene Ausbrenner haben das Gefühl, als ob alle nur auf ihnen herumhacken würden (vgl. BURISCH 2006,31-32). Kategorie 4: Abbau Diese Phase ist von einem Leistungsabfall der Menschen gekennzeichnet. Es kommt zu vermehrten Flüchtigkeitsfehlern, vergessen von Terminabsprachen, Denkweisen werden bequemer und die Betroffenen machen vermehrt Dienst nach Vorschrift und versuchen nicht aufzufallen (vgl. BURISCH 2006,33). 39 Kategorie 5: Verflachung „Diese Kategorie ist die Fortführung des Abbaus und führt nicht nur zu einer beruflichen Erstarrung, sondern zu einer generellen Verflachung des emotionalen, sozialen und geistigen Lebens“. Charakteristisch in dieser Phase sind die Gleichgültigkeit gegenüber der Arbeit, den Hobbys, der Familie und den Freunden sowie die Meidung von Kontakten und Gesprächen. Einsamkeit und Langeweile, soweit sie überhaupt noch wahrgenommen wird, sind die Folgen und machen alles noch aussichtsloser (vgl BURISCH 2006,33-34). Kategorie 6: Psychosomatische Reaktionen Obwohl sich schon in der Anfangsphase psychosomatische Reaktionen zeigen, treten in dieser Phase Symptome, wie Schlafstörungen, Atembeschwerden, Muskelverspannungen, Rückenschmerzen, Kreislauf- und Verdauungsbeschwerden immer häufiger auf. Ebenso kommt es zu einer Ernährungsumstellung (öfter oder mehr essen, vor allem Süßigkeiten) und dadurch zu einer raschen Gewichtszunahme. Durch einen erhöhten Verbrauch von Nikotin, Alkohol oder anderen Drogen steigt das Risiko für koronare Herzkrankheiten oder Geschwüre im Magen-Darm-Trakt (vgl. BURISCH 2006,34). Kategorie 7: Verzweiflung Diese letzte Kategorie beschreibt sozusagen das Burnout-Endstadium und wird als „existentielle Verzweiflung“ bezeichnet. Verliert das Leben seinen Sinn und manifestiert sich das Gefühl von Hoffnungslosigkeit, werden suizidale Gedanken zum täglichen Brot. Leider bleibt es nicht nur beim Gedanken, sondern sie werden ausgeführt und beenden auf diese tragische Weise den Burnout-Prozess (vgl. BURISCH 2006,34). Diese Phasen, bzw. Kategorien, sind nicht als Abfolge anzusehen, sondern es sind eher die verschiedenen Kennzeichen des Burnouts. So kann es sein, dass eine Kategorie, bzw. Phase gar nicht vorkommt und andere sich überlappen können, wie z.B. die Kategorie 6 (psychosomatische Reaktion) mit der Kategorie 1 (Warnsymptome der Anfangsphase). Durch bestimmte Maßnahmen kann jederzeit der Prozess unterbrochen werden, allerdings bleibt hinter jeder Verletzung eine Narbe übrig (vgl. BURISCH 2006,27). 40 4.3.3 Phasenmodell nach FREUDENBERGER & NORTH (2005,121-157) In zahlreichen Broschüren oder Artikeln über Burnout wird sehr oft folgendes Phasenmodell von Freudenberger und North dargestellt. Ganz genau genommen beschreiben die Beiden das Phasenmodell bei Frauen. Der Burnout-Zyklus besteht aus zwölf Stufen, wobei diese Stufen nicht klar voneinander abgrenzbar sind, sondern sich oft vermischen und überlagern. Die Dauer jedes Stadiums hängt von den besonderen Lebensumständen, von der Persönlichkeit, dem Selbstbild, der Vorgeschichte und der Fähigkeit zur Stressbewältigung ab. Abb.2: Der Burnout-Zyklus Stadium 1: Der Zwang sich zu beweisen Das erste Stadium des Burnouts zeichnet sich dann ab, wenn der Wunsch sich zu beweisen (was sich anfangs durchaus positiv auswirkt) in einen Zwang verwandelt und ein nagendes Unbehagen verspürt wird. Gekennzeichnet ist diese Phase durch verbissene Entschlossenheit zu Erfolg, Leistung und Eroberung sowie durch Einsamkeitsgefühle, ausgelöst durch übertriebene Erwartungen an sich selbst. 41 Stadium 2: Verstärkter Einsatz Der Zwang sich zu beweisen setzt sich fest und der Arbeit, der Beziehung oder dem Projekt wird verstärkte Dringlichkeit zugeschrieben. Der Zwang wird mit Gewissenhaftigkeit, Idealismus und Engagement verwechselt. Charakteristisch für diese Phase ist die mangelnde Bereitschaft, Arbeit, Verantwortung oder Hausarbeit zu delegieren, weil man der Meinung ist, die absolute Kontrolle zu verlieren. Das Gefühl alles selbst machen zu müssen, um sich eben zu beweisen, sowie der Glaube unentbehrlich zu sein fordert weitere Maßnahmen. Leider steigt der innerliche Druck weiter an und es folgt noch mehr Konzentration auf das jeweilige Ziel. Dieser Druck weckt verschiedene Ängste, die für das Ziel bedrohlich scheinen. Jene Ängste könnten sein, z.B. für die Arbeit nicht schnell genug zu denken, dem eigenen Kind keine Aufmerksamkeit zu schenken, für den Partner nicht mehr attraktiv genug zu sein, oder das Leben sei ohne diesen erhöhten Einsatz sinnlos und einsam. Der Druck und das Bedürfnis sich noch mehr ins Zeug zu legen steigt an, um diese Ängste zu beschwichtigen und seine „Mängel“ auszugleichen. Stadium 3: Vernachlässigungen eigener Bedürfnisse Reduzierte Aufmerksamkeit für sich selbst und die persönlichen Bedürfnisse kennzeichnen diese Phase. Die kleineren Pflichten und Freuden des Alltags werden als unnötige Störungen empfunden und auch oft vergessen oder verschoben. Für so alltägliche Sachen, wie Rechnungen bezahlen, Telefonanrufe beantworten, Geburtstage von Freunden oder Verwandten bleibt einfach keine Zeit. Der Wunsch, sich selbst etwas zu gönnen, Freunde zu treffen, Hobbys zu haben wird immer unwichtiger. Das Gefühl, diese Bedürfnisse gar nicht mehr zu haben, auch sexuelle, wird immer stärker. Überschattet wird dieses Stadium durch eine gewisse Ernsthaftigkeit, ausgedrückt durch den Verlust von Humor sowie die Entstehung von Ärger, wenn andere einen Witz oder eine lustige Geschichte erzählen. Verhaltensweisen, wie übermäßiger Genuss von Zigaretten, Kaffee, Alkohol oder ungesunde Ernährung nehmen zu sowie Katererscheinungen und Schlafstörungen treten immer häufiger auf. 42 Stadium 4: Verdrängung von Konflikten und Bedürfnissen Auffallend in dieser Phase sind innere Konflikte und unausgeglichenes Empfinden und Verhalten. Durch Fragen wie, warum bin ich „grippig“, nicht auf der Höhe, ausgebeutet oder so schwach, wenn ich doch offensichtlich alles „richtig“ mache, entstehen innere Konflikte. Die Vernunft rät, einen Schritt zurückzutreten und den Konflikt zu untersuchen, jedoch wird versucht, diesen vor sich und anderen zu verbergen. Der Konflikt ist lästig und wird als Bedrohung wahrgenommen. Es werden Bewältigungsmechanismen eingerichtet, die die Bewusstwerdung blockieren, Ängste verleugnen und unterdrücken und den Konflikt zusammen mit den eigenen Bedürfnissen als unwichtig verdrängen. Besorgte Äußerungen von Familie, Freunden oder Partner, wie z.B. „du siehst so überbeschäftigt und müde aus“, „du bist nicht richtig da“, werden abgewimmelt. Die klassische Antwort wie, „Ich trete kürzer wenn alles vorbei ist“, wird zwar gehört, jedoch fehlt der Glaube. Andere Verschiebungssymptome sind übertriebene Sportausübung, exzessives Ausgeben von Geld oder Zeichen von chronischer Müdigkeit. Entweder bekommt man nicht genügend Schlaf, oder man schläft die ganze Woche, ohne sich wirklich zu erholen. Dieses Stadium erhöht die Gefahr körperlich zusammenzubrechen. Die Auseinandersetzung mit Konflikten wird umgangen, die eigenen Bedürfnisse werden geschickt unterdrückt und dies führt ins Stadium 5. Stadium 5: Umdeutung von Werten Ein entscheidendes Symbol für diese Phase des Burnout-Prozesses ist die Durchtrennung der Beziehung zur Vergangenheit und zur Zukunft. Vergangenheit und Zukunft werden aufgrund des hohen Druckes weggeschoben. Bemerkungen wie, „Ich habe in den nächsten zwei Jahren keine Zeit für Beziehungen“; „Ich habe jetzt wenig Zeit für Freunde“; „Ich kann dieses Jahr keinen Urlaub nehmen“, werden häufig geäußert. Die Vorstellung eines Verlustes (z.B. des Arbeitsplatzes), die Furcht, den Boden unter den Füßen zu verlieren, die Position in der Firma, die hart erkämpfte Macht oder auch die Beziehung zu verlieren, die Attraktivität, die Jugend, das Image im Bekanntenkreis – all diese Ängste nehmen Dimensionen an und hetzen ins Burnout. In Stadium fünf verschwinden die angenehmen Seiten des Lebens völlig aus dem Blickfeld und es kommt zur Änderung des Wertsystems. Das Kontrollieren von sich selbst und anderen und das Bemühen alles im Griff zu 43 haben, wird zur absoluten Notwendigkeit. Durch das Verschieben der Prioritäten und Werte zerbrechen Beziehungen, Freunde verliert man und früher gesetzte Ziele werden entwertet. Die Gefühle in diesem Stadium werden als „Desorientiertheit“ und „Verwirrung“ beschrieben. Stadium 6: Verstärkte Verleugnung der aufgetretenen Probleme Um weiter zu funktionieren, verdrängt man auftretende Probleme. Unbewusst werden starke Gefühle, Empfindungen, Ängste oder Enttäuschungen verleugnet, um sich selbst zu schützen. Die Verleugnung ist lebenswichtig und dient auch dazu, um alle Menschen, die an ihrem Leben teilnehmen wollen, zu meiden, zu übergehen oder abzuschrecken. Durch dieses Verhalten steuert man auf die Einsamkeit und auf die völlige Isolation zu. Kennzeichen für diese Phase sind: Abkapseln von der Umwelt, Zynismus, aggressive Abwertung, Ungeduld und Intoleranz. Charakteristisch sind erschöpfte Energiereserven, fehlendes Einfühlungsvermögen und mangelnde Hilfsbereitschaft im Umgang mit anderen Menschen. Der Zorn, die Müdigkeit und die unbefriedigten Bedürfnisse lassen Betroffene in eine immer einsamere Welt versinken. Stadium 7: Rückzug Ein entscheidendes Symptom des Rückzugs ist das Gefühl von Orientierungs- und Hoffnungslosigkeit. Aufgrund der Überlastung zieht man sich innerlich von der Umgebung zurück und distanziert sich auch von sich selbst. Beim Rückzug in sich, und auch automatisch von sich, werden entweder andere zurückgestoßen oder durch die Erschöpfung ist man nicht mehr in der Lage, auf die Anforderungen der Umwelt zu reagieren und erlebt sich infolgedessen als überflüssig, wertlos, als ein Nichts. Das Leben läuft an einem vorbei und in sicherer Entfernung ab. Ein weiteres Merkmal ist ein ritualisiertes Verhalten. Spontanitäten erstarren, Unterhaltungen dienen zur Informationsvermittlung, Essen geschieht automatisch und ohne Genuss, menschliche Tätigkeiten werden zwar eingehalten aber man hat kein Gefühl mehr dafür. Auf das Gefühl des aussteigen-Wollens folgt Zorn, Wut und Ohnmachtsanfälle können die Folgen sein. Große Ängste führen zu falschen Therapien. Alkohol, Sex, Beruhigungsmittel, Essen, Aufputschmittel, Drogen, ... hilft über die Entfremdung zeitweise hinweg. 44 Stadium 8: Beobachtbare Verhaltensänderungen Der Rückzug nimmt immer mehr zu. Man ist kaum zu erreichen, findet kluge Ausreden, um sich nicht mit Freunden zu treffen oder um auf Feierlichkeiten nicht erscheinen zu müssen. Den Unterschied zu erkennen, zwischen dem, was am meisten gefürchtet wird – ein Angriff – und dem, was am meisten gebraucht wird – Aufmerksamkeit, Unterstützung, Nähe und Intimität – wird als erste beobachtbare Verhaltensänderung beschrieben. Stadium 9: Depersonalisation/Verlust des Gefühls für die eigene Persönlichkeit In dieser Phase erkennt man die eigenen Bedürfnisse überhaupt nicht mehr, sowie der Verlust des Gefühls, nicht mehr man selbst zu sein, ist eine schwere Form des Rückzugs. In der Depersonalisation existieren weder andere noch das eigene Selbst. Das Verhalten wirkt kalt, distanziert, schwankend, unberührbar und das Leben scheint entwurzelt und sinnlos zu sein. Der Kern der Depersonalisation ist die Ableugnung des eigenen Körpers und der eigenen Person. Die Prioritäten im Leben haben keine Bedeutung mehr. Vermehrt kommt es zu Konsum von Alkohol, Zigaretten, Drogen oder Tabletten. Es entsteht das Gefühl, nicht mehr autonom zu sein, sondern nur noch automatisch zu funktionieren. Stadium 10: Innere Leere In dieser Phase fühlt man sich ausgehöhlt, leer, ausgezehrt, nutzlos und erledigt. Das Gefühl der inneren Leere treibt einen noch weiter an, vermehrt Alkohol und Drogen zu sich zu nehmen, um dieses Leeregefühl los zu werden. Panikattacken und Angstzustände werden gelegentlich erlebt und die Furcht vor anderen Menschen und Menschenansammlungen sorgen dafür, dass man sich an einen sicheren Ort, die eigene Wohnung, zurückzieht und vereinsamt. Stadium 11: Depression Das Leben scheint sinnlos, hoffnungslos und freudlos. Alkohol und Drogen spülen die einzigen bewussten erlebten Gefühle, nämlich Verzweiflung und Erschöpfung, weg. Der Glaube an Hoffnung ist erloschen. Der Wunsch nach Dauerschlaf stellt das wichtigste Symptom dar. Initiative und Motivation sind Fremdwörter und der Gedanke alles hinter sich zu lassen und zu fliehen wird immer größer. Dieses Stadium ist bereits sehr gefährlich, da zum ersten Mal Suizidgedanken auftreten. 45 Perioden von starken, schmerzhaften Emotionen und innerem Abgestorbensein können miteinander abwechseln. Diese Phase darf weder ignoriert noch als Zustand betrachtet werden, der „sich morgen wieder ändert“. Stadium 12: Völlige Burnout-Erschöpfung Diese Phase ist gekennzeichnet von geistiger, körperlicher und emotionaler Erschöpfung. Es gibt kein „Ich“ mehr und das Leben ist sinnlos, gestaltlos und farblos. Das Immunsystem ist angegriffen und man ist für alle stressbedingten Krankheiten, von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bis hin zu Magen-Darm-Erkrankungen, besonders anfällig. Ab diesem Zeitpunkt ist professionelle Hilfe und eine entsprechende Behandlung unbedingt erforderlich, wenn nicht sogar lebensnotwendig. Wenn diese Phase eintritt, ist eine richtige Einschätzung des Zustandes nicht mehr möglich und daher sollte auch zusätzlich die angebotene Hilfe von Freunden, Familie, Partner oder Kollegen angenommen werden. Stadium 12 stellt eine absolute Krise dar. Zusammenfassend sei noch mal darauf hingewiesen, dass „viele der in den zwölf Stadien beschriebenen Symptome normale und sogar gesunde Reaktionen auf das Auf und Ab des modernen Lebens sein können“. Jeder erlebt einmal paranoide Gefühle wegen des Arbeitsplatzes, oder man fühlt sich ausgelaugt, urlaubsreif und würde einfach mal gerne mehr Zeit mit dem Partner verbringen. Wenn gewisse Krisen überwunden worden sind, fällt man automatisch wieder in den normalen emotionalen und körperlichen Zustand zurück. Bestimmte Vorkommnisse im Leben eines jeden Menschen, wie z.B. der Verlust eines Arbeitsplatzes, die Krankheit eines Familienmitgliedes, oder die Trennung von einem Partner, können dazu beitragen, in ein Stadium hineinkatapultiert zu werden. Die Symptome können wieder verschwinden, sobald eine Änderung oder Auflösung der Situation erfolgt ist. Allerdings kann man bei nicht Beachten der Symptome und keiner Veränderung der Umstände in einem Stadium verharren oder in das nächste hineinschlittern. 46 5. Ursachen von Burnout BURISCH (2006,44) beschreibt, dass die meisten Bestimmungsversuche entweder zu global sind, so dass nahezu jeder unbefriedigende Umstand als Ursache in Frage kommt, oder aber so spezifisch, dass sie auf nur ganz wenige Berufsgruppen anwendbar sind. Viele Menschen sind der Meinung, dass Burnout in erster Linie ein Problem der Einzelperson ist und aufgrund von kleinen Fehlern in ihrer Charakteren, ihrem Verhalten oder ihrer Leistung an Burnout erkranken. Aufgrund umfassender Studien hat sich ergeben, dass Burnout nicht das Problem der Menschen selber ist, sondern das Problem des sozialen Umfeldes, in dem Menschen arbeiten (vgl. MASLACH & LEITER 2001,19). BERGNER (2008,18-19) ist der Meinung, dass eine Definition der Ursachen von Burnout stark von der wissenschaftlichen Sichtweise des Beschreibenden abhängt. Die einen haben eine individuumsspezifische und somit personenbezogene Sicht und machen das Innen des Menschen für Burnout verantwortlich. Sie sehen es als Krankheit des Überengagements bzw. treffender wäre der Begriff des Fehlengagements. Andere sehen die Ursachen in den institutionellen Bedingungen und betrachten diese als das nahe Außen. Weitere sehen Burnout als Folge von emotionalen belastenden zwischenmenschlichen Faktoren (am Arbeitsplatz) an. Hauptverantwortlich hierfür ist das Zwischen. Schließlich gibt es noch jene Vertreter, welche Burnout auf sich verändernde gesellschaftliche, politische, kulturelle, soziale und soziologische Determinanten beziehen. Wesentlich für Sie ist das weite Außen. RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE (2003,29) fassen zusammen, dass es zwei verschiedene Erklärungsansätze von Burnout gibt: - Den persönlichkeitszentrierten Erklärungsansatz - Den sozial-, arbeits- und organisationspsychologischen Erklärungsansatz Die beiden Erklärungsansätze fasste GUSY (1995, zit. in: RÖHRIG & REINERSKRÖNCKE 2003,29) in einer Tabelle nach den verschiedenen Vertretern zusammen. 47 Tabelle 5: Erklärungsansätze des Burnout-Syndroms der verschiedenen Autoren nach GUSY (1995) Persönlichkeitszentrierter Erklärungsansatz Sozial-, arbeits- und organisationspsychologischer Erklärungsansatz - Freudenberger & Richelson (1983) - Aronson, Pines & Kafry (1983) - Edelwich & Brodsky (1984) - Barth (1992) - Fischer (1983) - Berley Association Planning Group (1977) - Barth (1992) - Braham & Ezel (1981) - Lauderdale (1982) - Büssing & Perrar (1989) - Meier (1983) - Cherniss (1980) - Burisch (1989) - Harrison (1983) - Enzmann & Kleiber (1989) - Maslach & Jackson (1984) 5.1 Persönlichkeitszentrierter Erklärungsansatz Hier steht die Persönlichkeit des Helfers im Vordergrund. Als Ursache wird die Diskrepanz zwischen Helferideal und der Wirklichkeit des Helfens (z.B. unrealistische Erwartungen) angenommen. Betroffene führen das Burnout auf die eigenen Unzulänglichkeiten bzw. „einer nicht gelungenen Anpassungsleistung der Person an die Umwelt“ zurück (vgl. GUSY 1995, zit. in: RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE 2003,29). Nach RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE (2003,29) sind die bedeutendsten Vertreter des persönlichkeitszentrierten Ansatzes der Psychoanalytiker FREUDENBERGER sowie EDELWICH & BRODSKY. Burnout ist nach FREUDENBERGER (2005,27) „Energieverschleiß und Erschöpfung aufgrund von Überforderungen, die von innen oder von außen – durch Familie, Arbeit, Freunde, Wertesysteme oder die Gesellschaft – kommen kann und einer Person Energie, Bewältigungsmechanismen und innere Kraft raubt“. FREUDENBERGER beschränkt Burnout nicht nur auf den Beruf, sondern sieht als Ursache die Diskrepanz von Erwartung und Realität. „Burnout wird hervorgerufen, wenn sich der Betroffene auf einen Fall, eine Lebensweise oder eine Beziehung einlässt, die den erwarteten Lohn nicht bringt“ (vgl. FREUDENBERGER & RICHELSON 1980, zit. in: BURISCH 2006,50). 48 EDELWICH & BRODSKY define burnout „... as a progressive loss of idealism, energy, purpose and concern as a result of conditions of work” (FARBER 1983, zit. in: RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE 2003,32). Nach der Übersetzung von RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE (2003,32) wird unter Burnout ein „zunehmender Verlust von Idealismus, Energie, Vorsätzen und Interesse als Folge von Arbeitsbedingungen“ verstanden. Als Ursache sehen EDELWICH & BRODSKY (1984, zit. in: RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE 2003,32) „unzureichende Ausbildung, Überlastung durch zu viele Klienten, zu lange Arbeitszeit bei zu geringer Bezahlung, nicht adäquater Verteilung der Mittel und Undankbarkeit der Klienten bis hin zu bürokratischen oder politischen Einschränkungen sowie der Diskrepanz zwischen Zielsetzung und Erreichtem“. FISCHER (1983, zit. in: BURISCH 2006,54) beschränkt sich bei seiner BurnoutTheorie ganz auf die narzisstische1 gestörte Persönlichkeitsstruktur. Als Ausgangspunkt sieht er die Anstrengungen um diese Größenwahnphantasien aufrechtzuerhalten. Diese Personen verdoppeln ihren Einsatz, verleugnen natürlich ihre Hilfsbereitschaft und arbeiten dadurch noch härter um ihre Bedürfnisse zu befriedigen (vgl. FISCHER 1983, zit. in: ENZMANN & KLEIBER 1989,27). FISCHER (1983, zit. in: ENZMANN & KLEIBER 1989,27) beschreibt, „dass diejenigen, welche sich beklagen, ausgebrannt zu sein, in Wirklichkeit „wornout“ (verbraucht, abgenutzt) sind. Die echten Burnoutopfer sind die stillschweigenden Menschen, welche ihre Arbeit in 1 Diagnostische Kriterien für narzisstische Persönlichkeitsstörung nach dem DSM-IV (Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen) – (vgl. SASS, WITTCHEN & ZAUDIG 1998,747). Ein tiefgreifendes Muster von Großartigkeit (in Phantasie oder Verhalten), Bedürfnis nach Bewunderung und Mangel an Empathie. Der Beginn liegt im frühen Erwachsenenalter und zeigt sich in verschiedenen Situationen. Personen mit dieser Störung: - haben ein grandioses Gefühl der eigenen Wichtigkeit (übertreibt z.B. die eigenen Leistungen und Talente; erwartet, ohne entsprechende Leistungen als überlegen anerkannt zu werden), - sind stark eingenommen von Phantasien grenzenlosen Erfolgs, Macht, Glanz, Schönheit oder idealer Liebe, - glauben von sich, „besonders“ und einzigartig zu sein und nur von anderen besonderen oder angesehenen Personen (oder Institutionen) verstanden zu werden oder nur mit diesen verkehren zu können, - verlangen nach übermäßiger Bewunderung, - legen ein Anspruchsdenken an den Tag, d.h. übertriebene Erwartungen an eine besonders bevorzugte Behandlung oder automatisches Eingehen auf die eigenen Erwartungen, - sind in zwischenmenschlichen Beziehungen ausbeuterisch, d.h. ziehen Nutzen aus anderen, um die eigenen Ziele zu erreichen, - zeigen einen Mangel an Empathie: sind nicht willens, die Gefühle und Bedürfnisse anderer zu erkennen oder sich mit ihnen zu identifizieren, zeigen arrogante, überhebliche Verhaltensweisen oder Haltungen. - sind häufig neidisch auf andere oder glauben, andere seien neidisch auf ihn/sie 49 märtyrerhafter Weise fortsetzen“. Für jene Menschen, für welche die Arbeit das Wichtigste ist im Leben, gibt es zwei Wege sich vor Burnout zu schützen: - entweder geben sie die Idealisierung des Berufes („ist doch nur ein Job“) auf - oder sie „gehen aus dem Felde“. Durch die Überzeugung etwas Außergewöhnliches zu sein oder zu tun würde es beim Beschreiten dieser Maßnahmen zum Verlust des Selbstwertgefühls kommen. Allein der Gedanke daran ist so erschreckend, dass jede Anstrengung bis zur physischen Selbstvernichtung in Kauf genommen wird, um das klägliche Scheitern zu verhindern. Es wird lieber die physische Existenz als die Selbstachtung aufgegeben (vgl. BURISCH 2006,55). BURISCH (2006,148-149) stellte eine allgemeine Theorie für die Entstehung von Burnout auf. Sein integrierendes Burnout-Modell findet auf einer ziemlich allgemeinen Ebene statt, die unspezifisch für alle Unterschiede von Rasse, Klasse, Geschlecht und Beruft, etc. gilt. „Burnout wird in Gang gesetzt durch Autonomieeinbußen in gestörten Auseinandersetzungen des Individuums mit seiner Umwelt. Genauer: durch die innere Repräsentation solcher Interaktionen als gestörter und das Scheitern bei ihrer Bewältigung“ (BURISCH 2006,148). BURISCH (2006,150-162) sieht als Ursache der Burnout-Entstehung Störungen in Handlungsepisoden bzw. im Handlungsablauf. Die vier häufigsten Störfalle in einem Handlungsablauf nach BURISCH (2006,162), zusammengefasst von KOCH & KÜHN (2008,63), sind Zielvereitelung, Zielerschwerung, Ausbleiben der Belohnung und negative Nebenwirkungen. - Zielvereitelung Im Endeffekt wird das Ziel nicht erreicht, obwohl man Energie investiert hat. Hindernisse stellen sich in den Weg, die auch durch vermehrte Anstrengung nicht überwunden werden können. Andererseits kann jemand angesichts größerer Schwierigkeiten sein Ziel aufgeben, weil der Aufwand sich nicht lohnt. 50 - Zielerschwerung Im Unterschied zur Zielvereitelung kann ein Hindernis durch erneute Anläufe doch noch überwunden oder umgangen werden. Das Ziel wird erreicht. Es gibt jedoch ein grobes Missverhältnis zwischen Aufwand und Ertrag. - Ausbleiben der Belohnung Das Ziel wird erreicht, hat aber nicht den erwarteten Belohnungswert. Belohnung kann dabei einerseits das eigene Erfolgsgefühl, andererseits äußere Belohnung wie Anerkennung, Geld usw. sein. - Negative Nebenwirkungen Die Störung besteht im Auftreten unvorhergesehener Nebenwirkungen, deren Negativeffekte genügend stark sind, um positive Endeffekte der Belohnung ganz oder teilweise aufzuwiegen. Am Ende bleibt das Ergebnis deshalb auch hier unbefriedigend. Wie zuvor beschrieben, beginnt der Burnout-Prozess durch Autonomieeinbußen, verursacht durch gestörte Handlungsabläufe. Einschränkungen der Autonomie, insbesondere solche durch innere Konflikte, erzeugen einen Stress besonderer Qualität. BURISCH (2006,153) spricht von Stress 1. und 2. Ordnung. Unter „Stress 1. Ordnung“ wird „psychischer Stress, der unmittelbar durch Bedrohung oder Herausforderung verursacht wird...“, verstanden. Hier treten bereits Befürchtungen auf, hilflos zu werden. Wenn man in der Lage wäre, Anforderungen problemlos zu bewältigen, würde kein nennenswerter Stress auftreten. Eine neue Qualität, bzw. „Stress 2. Ordnung“ entsteht nun durch die Erfahrung, mindestens einmal tatsächlich hilflos geworden zu sein, verursacht durch erfolglose Versuche zur Bewältigung des „Stresses 1. Ordnung“. FARBER (1983d, zit. in: BURISCH 2006,154) beschreibt, dass „Burnout häufiger die Folge nicht von Stress per se (der in den helfenden Berufen unvermeidbar sein mag), sondern von unbewältigtem Stress – unter Stress stehen und keinen Ausweg, keinen Puffer, kein Unterstützungssystem haben...“ ist. 51 LITZCKE & SCHUH (2007,164-165) nennen mögliche ungünstige Personenfaktoren, welche einen Burnout-Prozess begünstigen. Solche ungünstigen, die Person betreffenden, Risikofaktoren können sein: - Neurotizismus oder emotionale Instabilität (SCHAUFELI & ENZMANN 1998; MASLACH, SCHAUFELI & LEITER 2001; BURISCH 2002). - Labiles Selbstbild und geringe Selbstachtung bei starkem Bedürfnis nach und Abhängigkeit von äußerer Belohnung (BURISCH 2006). - Fehlende Überzeugung, Negativstimmungen zu überwinden (MEARNS & CAIN 2003). - Geringe Leistungsfähigkeit oder schlechte Ausbildung mit dem Risiko, auch bei einfachen Aufgaben zu scheitern (BURISCH 2006). - Die Unfähigkeit, Erwartungen und Ansprüche den tatsächlichen Möglichkeiten anzupassen (SCHMITZ, HILLERT, LEHR, PECHO, & DEIBL 2002). - Ignorieren der eigenen Belastbarkeitsgrenzen (BURISCH 2006). - Vorstellungen von unrealistischen Ansprüchen und überhöhten Leistungsanforderungen (SCHMITZ et al. 2002). - Zurückstellen persönlicher Bedürfnisse und Interessen für das (vermeintliche) Hauptziel, welches häufig die berufliche Karriere ist (BURISCH 2006). - Selbstüberforderungs- und Verausgabungstendenz sowie Perfektionsstreben und mangelnde Distanzierungsfähigkeit gegenüber beruflichen Problemen (HEYSE, KRAMPEN, SCHUI & VEDDER 2004). BURISCH (2006,198) betont, dass stets zwei Faktoren zusammentreffen müssen: - gefährdete Individuen - gefährdete Umweltbedingungen Er möchte auch vorausschicken, dass es die „Persönlichkeit des Ausbrenners“ wahrscheinlich gar nicht gibt. Es können auch sehr widerstandsfähige Menschen gefährdet sein, wenn einer aktuellen Situation eine lange Kette von frustrierenden Phasen vorangegangen sind, die die verfügbaren Coping-Ressourcen soweit erschöpft haben und nur noch der gewisse Tropfen fehlt, der das Fass zum Überlaufen bringt (vgl. BURISCH 2006,198-199). 52 5.2 Sozial-, arbeits- und organisationsbezogene Ansätze MASLACH & JACKSON sehen die Ursachen für Burnout im wesentlichen nicht in den Persönlichkeitszügen des Individuums, sondern in den defizitären arbeitsorganisatorischen Bedingungen, in denen Menschen tätig sind (vgl. RÖHRIG & REINERS-KRÖNKE 2003,40). MASLACH & LEITER (1997, zit. in: BURISCH 2006,52) sind der Meinung, dass „die Verantwortung vollständig auf den Schultern der Organisation liegt. Es wird gezeigt, dass Burnout Anzeichen einer schweren Funktionsstörung innerhalb einer Organisation darstellt und mehr über die Arbeitsumstände aussagt als über die Mitarbeiter“. MASLACH & LEITER (2001,41) sehen die Ursachen für Burnout mehr im Arbeitsumfeld als beim einzelnen Menschen. Diese Ursachen lassen sich auf die Missverhältnisse zwischen Mensch und Arbeit zurückführen. Burnout wird von sechs Faktoren verursacht: Arbeitsüberlastung, Mangel an Kontrolle, unzureichende Belohnung, Zusammenbruch der Gemeinschaft, Fehlen an Fairness und widersprüchliche Werte. - Arbeitsüberlastung MASLACH & LEITER (2001,42) beschreiben drei wesentliche Faktoren: die Arbeit ist intensiver die Arbeit nimmt mehr Zeit in Anspruch die Arbeit ist komplexer Die Arbeit führt zu Erschöpfung der Emotionen, der Kreativität oder des Körpers durch Überlastung und beeinträchtigt die Effizienz, die Gesundheit und das Wohlbefinden. Um ein ausgeglichenes Verhältnis zur Arbeit herstellen zu können, muss man die eigene Energie, welche eine Grundvoraussetzung für Engagement darstellt, konstant aufrechterhalten. Das Pflichtgefühl und eine moralische Verpflichtung den Mitarbeitern gegenüber oder alleine nur die Angst zu haben, ersetzt zu werden, treibt jeden einzelnen, bei bereits vorhandenen Erschöpfungszuständen, weiter an um noch mehr zu geben (vgl. MASLACH & LEITER 2001,44-45). 53 - Mangel an Kontrolle Werden Menschen in ihrer Arbeit durch bestimmte Richtlinien eingeschränkt, verringern diese die individuelle Autonomie und das Engagement bei der Arbeit. Sind Kontrollstrukturen von Seiten der Organisation nicht erwünscht, verschwenden Menschen wertvolle Zeit damit, Dinge zu tun, die die Erledigung der eigentlichen Arbeit verzögert. Das Gefühl, Nichts bewirken zu können erhöht das Risiko das Interesse an der Arbeit zu verlieren. Ein Missverhältnis in der Kontrolle entsteht durch ungenügende Kontrolle über benötigte Ressourcen und ungenügend Entscheidungsspielraum über die Art und Weise der Arbeitsausführung bei gleichzeitig hoher Verantwortung (vgl. MASLACH & LEITER 2001,46). - Unzureichende Belohnung Menschen wollen natürlich für die geleistete Arbeit dementsprechend belohnt werden. Zum Entstehen von Burnout trägt vor allem bei, wenn Personen zu wenig Anerkennung für die erbrachten Leistungen erhalten oder die Bezahlung unangemessen erscheint, obwohl die Menschen noch mehr arbeiten (vgl. MASLACH & LEITER 2001,48). - Zusammenbruch der Gemeinschaft Gekennzeichnet ist der Verlust der Gemeinschaft durch wachsende Konflikte zwischen den Menschen, einem Nachlassen von gegenseitiger Unterstützung und Respekt sowie einer steigenden Tendenz zur Isolation (vgl. MASLACH & LEITER 2001,53). - Fehlen an Fairness Vertrauen, Offenheit und Respekt sind drei Grundvoraussetzungen für Fairness. Alle drei Elemente sind notwendig, um das Engagement eines Menschen für seine Arbeit aufrechtzuerhalten (vgl. MASLACH & LEITER 2001,56). - Widersprüchliche Werte „Ein Wertekonflikt entsteht, wenn eine Diskrepanz zwischen den Anforderungen des Berufes und den persönlichen Prinzipien besteht“ (vgl. MASLACH & LEITER 2001,59). 54 ARONSON, PINES & KAFRY (2006,13) beschreiben, dass in unserer heutigen Gesellschaft immer mehr Menschen an Ausbrennen (Burnout), Überdruss (Life-tedium) und an Stress leiden. Die Autoren unterscheiden in ihrer Arbeit zwischen Ausbrennen und Überdruss, wobei das Syndrom des Ausbrennens fast immer Überdruss mit umfasst. Sie „sind in ihren Symptomen zwar ähnlich, ihrem Ursprung nach aber verschieden“. Der Begriff „Überdruss“ wird für Menschen verwendet, die in bürokratischen Organisationen arbeiten (2006,25). „Ausbrennen“ tritt häufig bei Menschen ein, „die mit anderen Menschen arbeiten (und zwar vor allem, aber nicht ausschließlich, in den helfenden Berufen) und die in ihren Beziehungen zu ihren Klienten oder Patienten, zu ihren Vorgesetzten oder Kollegen die Gebenden sind“ (2006,13). ARONSON, PINES & KAFRY (2006,60-65) beschreiben folgende drei Ursachen in helfenden Berufen, welche zum Ausbrennen führen können: - Emotional belastende Arbeit Menschen, die in helfenden Berufen arbeiten sind allen psychischen, sozialen und physischen Problemen ihrer Klienten ausgesetzt (2006,60) und es fällt oft schwer, die Arbeit von den anderen Lebensbereichen zu trennen (2006,63). - Persönlichkeitsmerkmale Menschen, die Helferberufe wählen, sind besonders einfühlungsbegabt, verständnisvoll und hilfsbereit. Das Hauptanliegen ist Menschen in Not zu helfen und sie orientieren sich daher eher an Menschen als an Dingen (2006,64). - eine „klientenzentrierte“ Orientierung Die Existenz der Helfer ist nur so lange gerechtfertigt, als sie von Nutzen ist. „Die Helfer geben, die Klienten empfangen“ (2006,65). Nach ARONSON, PINES & KAFRY (2006,82-87) wird der Überdruss in bürokratischen Organisationen vor allem durch drei folgende Faktoren gefördert: - Überbelastung - Mangel an Autonomie - Mangel an Belohnung 55 RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE (2003,39) haben die verursachenden Umweltbedingungen folgendermaßen zusammengefasst: - geringer Handlungs- und Entscheidungsspielraum der Person - geringe Flexibilität der Organisation (z.B. gleichförmige Routine) - schlechte Rahmenbedingungen (z.B. schlechte Bezahlung) - Überforderung durch zu viele Aufgaben - Mangelndes Feedback sowohl von Kollegen und Vorgesetzten als auch von den Klienten - Fehlende soziale Unterstützung - schlechte Ausbildung CHERNISS (1980a, b, zit. in: JERICH 2006,25)2 definiert Burnout als “Realitätsschock”. Er bezieht sich dabei auf „Berufsneueinsteiger“, bei denen die Vorstellungen überhaupt nicht mit der Realität des Arbeitslebens übereinstimmen. Bei dieser Untersuchung von CHERNISS (1999,9-10) handelte es sich um professionelle Helfer (personenbezogene Dienstleistungsberufe) während ihres ersten Berufsjahres. Als sie sich in die Arbeitswelt stürzten, waren die Helfer voller Enthusiasmus und Engagement, um denen, die unbedingt Hilfe benötigten, zu helfen. CHERNISS beobachtete während seiner Untersuchung, dass das Zusammentreffen von Idealismus mit der Wirklichkeit bei den professionellen Helfern Veränderungen hervorrief. CHERNISS erkannte dabei, dass, (...) „in Reaktion auf den Stress, Teile ihres Idealismus und Engagements verloren gingen“. Das Geniale an seiner Untersuchung war, dass er sich zehn Jahre später entschied, die untersuchten Profis wieder aufzuspüren, um zu sehen, was aus ihnen geworden ist. CHERNISS (1980, zit. in: GÖTTLICHER 2006,14) beschreibt Burnout als dreistufigen, transaktionalen Prozess: „Einem Ungleichgewicht zwischen Ressourcen und Anforderungen („Stress“) folgt eine emotionale Anspannung, Ermüdung und Erschöpfung. Die dritte Stufe beinhaltet Veränderungen in Einstellung und Verhalten, wie Zynismus oder Rückzug“. 2 BURISCH (2006,64) beschreibt, dass die Arbeiten, bzw. das Projekt von Cary CHERNISS einmalig in der Burnout-Forschung geblieben ist. 56 Abb.3: Transaktionale Burnout-Definition nach CHERNISS (1980a) In diesem Modell gibt es acht burnout-verursachende Faktoren der Arbeitsumgebung (vgl. BURISCH 2006,65): - Qualität des Einführungsprozesses - Quantitative Arbeitsbelastung - Intellektuelle Anregung - Einseitigkeit des Klientenkontakts - Ausmaß bürokratischer Kontrolle - Eindeutigkeit der Arbeitsziele - Führung - Verhältnis zu Kollegen Bei CHERNISS komme es immer auf die Interaktion zwischen Person und Umwelt und die resultierende „Passung“ an. Jedoch sieht er die Ursachen eher auf der Seite der Umwelt, als auf der der Personen (vgl. BURISCH 2006,65). Situative Risikofaktoren sind (CHERNISS 1980b; ENZMANN 1996; SCHAUFELI & ENZMANN 1998; DEMEROUTI 1999; FENGLER 2001; MASLACH & LEITER 2001; MASLACH, SCHAUFELI & LEITER 2001; BURISCH 2002; MITTLINGER & JIMENEZ 2002; VENUS 2005; BURISCH 2006): - Aufgabenmerkmale: dauerhafte Arbeitsüberlastung mangelnde Autonomie mangelnde (positive) Rückmeldung starker Zeitdruck - Organisationsmerkmale: Rollenkonflikte und Rollenunklarheiten Fehlende Beteiligungschancen 57 Zu viele bürokratische Tätigkeiten Arbeitsplatzunsicherheit Fehlende Gerechtigkeit - Sozialmerkmale: Kollegialität geht verloren oder fehlt Fehlende Unterstützung durch Vorgesetzte Fehlende soziale Unterstützung durch Partnerschaft oder Freunde - Kritische Ereignisse: Krankheit Schwere Demütigung oder Blamage Zerwürfnis mit einer wichtigen Person Berufseintritt Wechsel des Vorgesetzten Arbeitslosigkeit Endgültiges Nichterreichen eines zentralen Lebensziels - Kontrollmangel, Informationsmangel, Machtlosigkeit, unnötige bürokratische Kontrolle - Hilflosigkeit beim Vermeiden, Verändern oder Verlassen einer kritischen Situation 5.3 Zusammenfassung Nach FREUDENBERGER & RICHELSON (1980) sind zum Ausbrennen vor allem die dynamischen, charismatischen und zielstrebigen Männer und Frauen und jene Idealisten prädestiniert, die hervorragende Beziehungen oder Arbeitsresultate vorweisen wollen. Die Gefahr auszubrennen, tritt bei Personen auf, die sich bei allem was sie tun, voll und ganz einsetzen und auch innerlich daran beteiligt sind. Außerdem werden von den Betroffenen die Erwartungen und Ziele zu hoch gesteckt und durch das nicht Erreichen dieser Ziele, werden sie zu immer höheren Leistungen angetrieben, bis sie letztendlich ausbrennen (vgl. FREUDENBERGER & RICHELSON 1980,40-41). 58 MASLACH & LEITER (2001,36) vertreten die Meinung, dass Burnout nicht dem Individuum zuzuschreiben ist. Ihre Forschungen beweisen klar und deutlich, dass die Ursachen für Burnout weit über den Einzelnen hinaus und sogar bis in das Arbeitsumfeld hineinreichen. Die Entstehung von Burnout kann und darf nicht nur einem Faktor (entweder Person oder Umwelt) zugeordnet werden. Es bedarf einer Kombination von Person und Umwelt um einen Burnout-Prozess in Gang zu setzen. Es geht um die Interaktion zwischen Person und Umwelt und die resultierende „Passung“, d.h. wie die Person mit den Anforderungen der Umwelt zurecht kommt. Wie bereits BURISCH (2006,198) betonte, müssen stets zwei Faktoren aufeinander treffen: - gefährdete Individuen - gefährdete Umweltbedingungen So sehen RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE (2003,46), dass einerseits die Person durch die Umwelt (Arbeit, Gesellschaft) beeinflusst wird, andererseits beeinflusst die Person (mit ihren Einstellungen und Wissen) wiederum die Umwelt. Sie bedingen sich also gegenseitig: Abb.4: Umwelt vs. Person Um mehrere Interventions- und Präventionsmaßnahmen zu entwickeln, sollten beide Ansätze miteinander in Beziehung gebracht werden um beide Sichtweisen und Ursachen zu berücksichtigen (vgl. RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE 2003,46). 59 6. Burnout und Stress In diesem Kapitel werden die Zusammenhänge von Burnout und Stress beschrieben. Stress wird als Schlüsselphänomen für das Burnout-Syndrom bezeichnet (vgl. BURISCH 2006,76). RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE (2003,47) sind der Meinung, dass speziell (…) „das von LAZARUS et al. entwickelte transaktionale Modell in der arbeitspsychologischen Stressforschung das einflussreichste Stresskonzept darstellt“. 6.1 Was ist Stress „Der Begriff „Stress“ kommt in seiner heutigen Bedeutung aus dem Englischen und bedeutete ursprünglich das Testen von Metallen oder Glas auf ihre Belastbarkeit. Der Biochemiker Hans SELYE (1907-1982) übertrug den Begriff Stress 1936 in die Psychologie und Medizin“ (LITZCKE & SCHUH 2007,6). Herausgefunden wurde, dass bei starken Umweltbelastungen (z.B. bei Hitze oder Kälte) der Organismus eine unspezifische Alarmreaktion zeigt, welche von unterschiedlichen Ereignissen ausgelöst werden kann. Jene Reize, die sowohl physischer als auch psychischer Art sein können, werden Stressoren genannt. SELYE spricht also dann von Stress, (...) „wenn der Körper auf einen Reiz mit Aktivierung reagiert“, egal ob dies bei negativen oder positiven Erlebnissen ist (vgl. SELYE 1974, zit. in: LITZCKE & SCHUH 2007,6). Es gibt zwei Arten von Stress: - guter Stress „eustress“ - schlechter Stress „distress“ Positiver Stress erzeugt Lebenskraft und Lebensfreude, hingegen negativer Stress zu angespannt Sein und Verspannungen führt. Dabei wird die Stimmung gereizter, das Gefühl ständig unter Druck zu stehen erhöht sich und stellt sich ein. Das Abschalten wird unmöglich und somit bleibt die Erholungsphase aus. Die Folgen eines solchen Ungleichgewichts führen zu Erschöpfung oder zu Erkrankungen (vgl. SELYE 1974 zit. 60 in: RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE 2003,49). Während Eustress zusätzlich das Selbstbewusstsein stärkt und auch noch bewältigt werden kann, wirkt Distress hingegen frustrierend, verbraucht Energie und kann zu Zerstörungen des Selbstvertrauens führen. Unter „Stressor“ versteht man „naturgemäß etwas, das Stress erzeugt“ und somit (…) „ist es selbstverständlich, dass jede denkbare Ursache mehr oder weniger ein Stressor ist, und zwar in dem Maße, in dem er fähig ist, Stress, d.h. unspezifische Veränderungen hervorzurufen“ (SELYE 1957, 82). LITZCKE & SCHUH (2007,6) unterscheiden folgende Stressoren: - physische Stressoren wie z.B. Lärm, Hitze, Kälte, Temperaturschwankungen, Luftdruckänderungen, Hunger, Infektionen, Verletzungen, schwere körperliche Arbeit, langes Autofahren, Reizüberflutung - psychische Stressoren wie z.B. Versagensängste, Überforderung, Unterforderung, Fremdbestimmung, Zeitmangel, Hetze, Kontrollverlust - soziale Stressoren wie z.B. Konflikte, Isolation, ungebetener Besuch, Verlust vertrauter Menschen, Mobbing Im Zusammenhang mit dem Einfluss von Stressfaktoren auf den Menschen am Arbeitsplatz hat WALTER (1993, zit. in: LITZCKE & SCHUH 2007,6-7) die Wichtigsten herausgefiltert und aufgeschrieben. - Organisatorische Belastungen: Arbeitsschwierigkeit, Arbeitstempo, Arbeitsumfang, Arbeitsplatzabmessungen, Gleitzeit, Leistungsnormen, Schicht- und Nachtarbeit, Überstunden. - Soziale Belastungen: Einzelarbeit, Gruppenarbeit, soziale Dichte/“Überbelegung“, soziale Isolation/“Unterbelegung“, Konflikte, Mobbing. - Physische Belastungen: Allseitige Muskelbelastung, einseitige Muskelbelastung, statische Muskelbelastung, Beleuchtung, Klima, Lärm, Schadstoffe, technische Einrichtungen, Werkstoffe. 61 - Psychische Belastungen: Angst, Misserfolg, Tadel Arbeitsplatzunsicherheit, und fehlende negative Folgen eigenen Anerkennung und Unterstützung, Verhaltens, fehlende Entspannung und Erholung, Fremdbestimmtheit, Informationsmangel, Betriebsklima, Konkurrenzdruck, Störungen, Zeit- und Termindruck, unklare, widersprüchliche Aufträge, Unterforderungen (Monotonie, zu kleine Arbeitsinhalte), Verantwortungsdruck. Die Entstehung von Stress hängt in erster Linie von der individuellen Bewertung einer Situation ab, d.h. ob sie als Bedrohung oder als Herausforderung empfunden wird. Wie stark der Stress erlebt werden kann, ist weiters von Häufigkeit, Vielfalt, Dauer und Intensität abhängig (vgl. LITZCKE & SCHUH 2007,10). Nach YERKES & DODSON (1908, zit. in: LITZCKE & SCHUH 2007,12) sind höchste Leistungen bei mittlerem Stress möglich. Erst ein zu viel an Stress führt zu Nervosität, Hektik und Konzentrationsschwächen, hingegen zu wenig die Müdigkeit und Langeweile verstärken. Abb.5: Höchste Leistungsfähigkeit bei mittlerem Stress nach YERKES & DODSON (1908) Jede Aktivität benötigt ein gewisses Maß an „Stress“, jedoch Über- wie Unterforderungen sind keine guten Rahmenbedingungen, um optimale Leistungen zu erbringen (vgl. BRENGELMANN 1988, zit. in: LITZCKE & SCHUH 2007,12). Ablauf der Stressreaktion: Jeder Auslöser einer Alarmreaktion verbraucht Anpassungsenergie. Folgt danach eine Phase mit genügend Pause, kann die verbrauchte Energie wieder zurückgewonnen werden. Bei nicht Beachten dieses Prinzips werden allmählich die Reserven verbraucht 62 und das Resultat ist eine völlige Erschöpfung. Stressoren müssen nicht immer negativer Natur sein, sondern es kann auch ein freudiges Ereignis, wie z.B. eine Beförderung als Stressauslöser dienen (vgl. SELYE, zit. in: BURISCH 2006,83). Der Beginn von Burnout ist dort zu finden, wo Belastungen in Form von chronischem Distress ertragen werden müssen (vgl. GRABE 2006,25-26). Um Dauerstress zu vermeiden, ist es notwendig sich zu erholen und zu entspannen (siehe Abb.6). Bleibt die Entspannungsphase über einen längeren Zeitraum aus, so besteht die Gefahr, dass sich eine vorübergehende Anspannung zu einer Daueranspannung entwickelt. Stress wird zu Dauerstress (siehe Abb.7) und die Folgen sind unter anderem Nervosität, innerliche Unruhe und der Verlust der Entspannungsfähigkeit (vgl. LITZCKE & SCHUH 2007,35). Abb.6: Wechsel zwischen Anspannung und Entspannung bei Normalstress Auswirkungen des Dauerstress sind neben (…) „der Abnahme der Leistungsfähigkeit auch noch eine Verschlechterung des physischen und psychischen Gesamtzustandes“ (VESTER 2003, zit. in: LITZCKE & SCHUH 2007,36). Abb.7: Wachsende Erregung bei Dauerstress 63 Zur Stressforschung ist zu sagen, dass sich SELYE im Wesentlichen um die Erforschung der körperlichen Reaktionen bemüht hatte und nicht um die spezifischen Stressoren, welche diese Reaktionen auslösen. Damit wurde der Weg für die psychologische Stressforschung freigegeben. Dank dieser Forschung wurde die Bedeutung individueller psychischer Faktoren herausgearbeitet und es konnte festgestellt werden, dass jeder Mensch unterschiedlich, vor allem auf psychosoziale Stressoren, reagiert. Bei LAZARUS geht es um die Wahrnehmung von Stressoren, die subjektive Bewertung und wie man damit fertig wird (vgl. BURISCH 2006,85). 6.2 Das Stressmodell nach ZIMBARDO & GERRIG Nach SELYE (1977,53) können die gleichen Reize bei verschiedenen Individuen unterschiedliche Reaktionen hervorrufen. Es hängt von den innerlich und äußerlich konditionierenden Faktoren ab, die bestimmen, wie jeder einzelne Mensch reagieren wird. Innerlich konditionierende Faktoren können z.B. erbliche Veranlagung, Alter, Geschlecht und frühere Erfahrungen sein. Äußerliche Faktoren sind z.B. Klima, Medikamente, Diäten oder eine Behandlung mit bestimmten Hormonen. Stressreaktionen ergeben sich aus einer vielfältigen Kombination von Reaktionen und führen zu physiologischen, verhaltensbezogenen, emotionalen und kognitiven Veränderungen. ZIMBARDO & GERRIG (1999,370) beschreibt ebenfalls, dass manche Menschen einige stressreiche Ereignisse erleben ohne zusammenzubrechen, während andere sogar bei wenig Stress in Aufregung geraten. Die Auswirkungen eines Stressors wird einerseits von der kognitiven Bewertung, d.h. ob der Stressor als Bedrohung oder als Herausforderung gesehen wird, und andererseits von den Ressourcen beeinflusst, die zur Bewältigung von Stress zur Verfügung stehen. 64 Zum besseren Verständnis des Modells werden Aspekte aus der physiologischen nach SELYE und psychologischen Stressforschung nach LAZARUS wiedergegeben. Abb.8: Das Stressmodell nach ZIMBARDO & GERRIG (1999) 6.2.1 Kognitive Bewertung Gemäß der Theorie von LAZARUS (1998, zit. in: HILLERT & MARWITZ 2006,144) „entsteht Stress Belastungsfaktoren als Folge und einer wechselseitigen individueller Beeinflussung situativer Bewertungsprozesse bzw. Bewältigungsfertigkeiten“. Stress wird also dann verspürt, wenn eine Person nicht über die notwendigen Bewältigungsmöglichkeiten verfügt, welche aufgrund einer bestimmten Situation mit den damit verbundenen Anforderungen erforderlich wären. LAZARUS & LAUNIER (1981, zit. in: RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE 2003,50) sehen den Ausgangspunkt des Modells dort, wo „verschiedene Personen in gleichartigen Situationen nicht die gleichen Stresszustände erleben. Weiters können gleichartige Stresszustände von sehr unterschiedlichen Stressoren hervorgerufen werden. Für die Entstehung von Stresszuständen spielen kognitive Bewertungsprozesse der Person eine entscheidende Rolle“. Psychologische Stressreaktionen hängen in erster Linie von der kognitiven Bewertung 65 ab, also das, was wir als belastend empfinden oder auch nicht. Z.B. kann für den einen Menschen eine bestimmte Situation eine Bedrohung darstellen und für einen anderen kann die gleiche Situation zur täglichen Routine gehören (vgl. ZIMBARDO &GERRIG 1999,375). Bei der Deutung einer Situation nimmt die kognitive Bewertung eine zentrale Stellung ein: Worin besteht die Anforderung? Wie groß ist die Bedrohung? Welche Bewältigungskapazitäten stehen zur Verfügung? (LAZARUS 1993; LAZARUS und LAZARUS 1994, zit. in: ZIMBARDO & GERRIG 1999,375). Stressoren (siehe Seite 61-62) werden auf verschiedene Weise bewertet, je nach der persönlichen Lebenssituation, dem Verhältnis einer bestimmten Anforderung zu den zentralen persönlichen Zielen, den Fähigkeiten, der Anforderung gerecht zu werden, und der eigenen Beurteilung dieser Fähigkeiten (vgl. ZIMBARDO & GERRIG 1999, 375). LAZARUS (1998, zit. in: HILLERT & MARWITZ 2006,145) unterscheidet zwischen primärer und sekundärer Bewertung. Bei der primären Bewertung schätzt die Person eine bestimmte Situation entweder als irrelevant, positiv oder belastend ein. Wird sie als irrelevant oder positiv wahrgenommen, folgen keine Stressreaktionen, da sie keine Bewältigungen erfordern. Bei Situationen, die als belastend eingeschätzt werden, erfolgt in einer weiteren Bewertung die Entscheidung, „ob es sich um einen Verlust, bzw. Schaden, eine Bedrohung oder eine Herausforderung handelt“. Dabei schließen alle drei Formen „eine gewisse negative Bewertung des eigenen gegenwärtigen oder zukünftigen Wohlbefindens mit ein. Bei Herausforderungen kommt (vgl. LAZARUS & LAUNIER 1981, zit. in: RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE 2003,50), es zu angenehmen Gefühlen der Aktivierung, Freude und Aufregung. Hingegen entstehen bei einer Bedrohung negative Gefühle, vor allem beherrscht die Angst das Geschehen (vgl. LAZARUS 1998, zit. in: HILLERT & MARWITZ 2006,145-146). Die sekundäre Bewertung bezieht sich auf die Bewältigungsfähigkeiten und Bewältigungsmöglichkeiten. „Dabei schätzt das Individuum ein, welche Bewältigungsmöglichkeiten es gibt und wie gut sie im Prinzip geeignet sind, der Bedrohung entgegenzutreten. Die Einschätzung ist davon abhängig, was für die Person 66 auf dem Spiel steht und was sie gegen wahrgenommene Bedrohungen erreichen kann (LAZARUS & LAUNIER 1981, zit. in: RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE 2003,51). Wird entschieden, dass eine Handlung erforderlich ist, werden die zur Verfügung stehenden persönlichen und sozialen Ressourcen zur Bewältigung der Stresssituation bewertet und die erforderlichen Handlungsmöglichkeiten genauer untersucht“ (LAZARUS 1976, zit. in: ZIMBARDO & GERRIG 1999, 376). Als Ressourcen werden Mittel bezeichnet, die zur Bewältigung einer Belastung beitragen (vgl. SCHÖNPFLUG 1987, zit. in: HYSA 2001,13). Zu den Ressourcen zählen personale, soziale und materielle Mittel (vgl. HYSA 2001,14-17). Nach der primären und sekundären Bewertung folgt die Neueinschätzung der Situation. Diese erfolgt aufgrund neuer Informationen und kann die bisherige Bewertung bestätigen oder aber zu einer Modifikation führen (vgl. LAZARUS 1998, zit. in: HILLERT & MARWITZ 2006,146). Lazarus geht davon aus, dass sowohl situative als auch Personenvariablen simultan den Bewertungsprozess beeinflussen. „Zu den Personenvariablen zählen Werte und tief verwurzelte Überzeugungen, die für die Person einen verpflichtenden Charakter haben. Zu den situativen Variablen zählen die Neuigkeit einer Situation, deren Vorhersagbarkeit, die Dauer und der zeitliche Verlauf einer Belastungssituation sowie deren mögliche Mehrdeutigkeit, die eine klare und handlungsleitende Einschätzung der Situation erschwert“ (LAZARUS 1998, zit. in: HILLERT & MARWITZ 2006,147). Als Beispiel wird eine betroffene Person erwähnt, welche arbeitslos ist. Je nach Situation kann diese Phase unterschiedlich bewertet und aufgefasst werden. Hat die Person bereits eine andere Arbeitsstelle, so wird diese Phase vielleicht als Möglichkeit gesehen, die Zeit für sich zu nützen und eher als Urlaub erlebt. Trifft einen die Situation überraschend und hat man dann weder eine andere Arbeitsstelle, noch eine Vorstellung davon, wie lange man arbeitslos sein wird, so wird die Zeit als sehr belastend erlebt (vgl. LAZARUS 1998, zit. in: HILLERT & MARWITZ 2006,147). 6.2.2 Reaktionen auf Stress Die Auswirkungen von Stress sind von der Bewertung und der Bewältigung abhängig. LAZARUS (1998, zit. in: HILLERT & MARWITZ 2006,149) unterscheidet dabei zwischen kurz- und langfristigen Stressfolgen. Als kurzfristige Folgen „zählen positive und negative Emotionen und physiologische Veränderungen. Langfristige Stressfolgen 67 betreffen den Gesundheitszustand, die soziale Funktionsfähigkeit (also das Erfüllen von Rollenerwartungen) und das subjektive Wohlbefinden bzw., allgemein gesprochen, die Lebenszufriedenheit einer Person“. Mögliche Reaktionen auf Stresssituationen können nach ZIMBARDO & GERRIG (1999,371) zu physiologischen, verhaltensbezogenen, emotionalen und kognitiven Veränderungen führen. 6.2.2.1 Physiologische Veränderungen SELYE bezeichnet die Reaktion des Körpers als allgemeines Anpassungssyndrom (AAS oder „General Adaptation Syndrome“, GAS) auf Stress. Beim GAS unterscheidet man zwischen einer Alarm-, Resistenz- und Erschöpfungsphase (vgl. BURISCH 2006,81-83). Alarmphase (Kurzzeit-Stress) - Ausgelöst wird die Alarmreaktion durch einen Stimulus bzw. Stressor. - Der Hypothalamus aktiviert auf hormonalem und neuronalem Weg die Nebennierenrinde und –mark und schütten die Hormone Adrenalin und Noradrenalin aus. - Die ausgeschütteten Hormone bewirken, dass sich der Pulsschlag beschleunigt, sich der Blutdruck erhöht und es kommt zu einer Verlagerung des vegetativen Gleichgewichts zum Sympathikus. - Zucker- und Fettreserven des Körpers werden mobilisiert, um im Bedarfsfall die Muskulatur versorgen zu können. - Es kommt zum Anstieg des Muskeltonus und zusätzlich werden Verdauungsund Sexualfunktionen vermindert bzw. ausgeschaltet. - Weitere Reaktionen sind eine Abschwächung der Immunabwehr sowie eine Erhöhung der Blutgerinnungsfähigkeit. - Durch Einwirkung der Hormone an den Synapsen des ZNS wird die kognitive Leistungsfähigkeit herabgesetzt. - War der Stressauslöser nur von kurzer Dauer, z.B. ein Knall, dann folgt die Erholungsphase und alle physiologischen Parameter gehen zum Ausgangspunkt zurück. 68 - Resistenzphase (Anhaltender-Stress) - Hält die Stresssituation länger an, dann geht der Körper in die Widerstandsphase über. - Dieser Wechsel hat zwar den Vorteil, dass die Widerstandsfähigkeit gegenüber dem ursprünglichen Stressor erhöht ist, jedoch wird das Immunsystem geschwächt und somit können Krankheitserreger schwerer unschädlich gemacht werden. Weitere Folgen können sein: - Das Schwächen und Schrumpfen der Thymusdrüse steht mit der Krebsentstehung und dem Krebswachstum in engem Zusammenhang (SELYE 1979; RILEY 1981, zit. in: BURISCH 2006,82). - Werden Fett- und Zuckerreserven aus den Speichern freigesetzt und nicht durch körperliche Arbeit abgebaut, so erhöhen diese das Risiko einer Arteriosklerose und in weiterer Folge auch eines Infarktes. - Verstärkte Blutgerinnungsfaktoren erhöhen die Thromboseneigung. - Erhöhte Magensäureproduktion und Darmverkrampfungen führen zu Magenund Darmgeschwüren. - Sexualfunktionen werden dauerhaft beeinträchtigt sowie Konzentrations- und Lernschwierigkeiten können auftreten (VESTER 1978; HUBER 1983, zit. in: BURISCH 2006,82). Ein Organismus ist natürlich in der Lage mehrere solche Phasen zu überstehen, ohne gleich daran zu erkranken. Voraussetzungen dafür sind ausreichend lange Erholungsphasen und die Belastung darf nicht zu lange andauern oder zu schwer sein (vgl. BURISCH 2006,82). Erschöpfungsphase - Sind Belastungen zu lang und zu intensiv, so folgt die Erschöpfungsphase. - Wirkt der Stressor, an den sich der Körper angepasst hat, weiter, kommt es zur völligen Verausgabung. - Die Symptome der Alarmreaktion treten wieder ein, jedoch sind sie nicht mehr rückgängig zu machen und die Person stirbt (vgl. SELYE 1977,47) 69 Abb.9: Das AAS nach SELYE (1956) „Die gleichen Reaktionen des Körpers treten auch als Folge von psychischen Stressoren auf, zu deren Bewältigung sie jedoch nicht angemessen sind, da oftmals keine körperliche Aktivität, die zusätzliche Kraft und Energie verbraucht, erforderlich ist. Vielmehr kann wiederholt auftretende oder chronische Erregung infolge von Stress, die nicht durch geeignete körperliche Aktivitäten abgebaut wird, im Laufe der Zeit sogar zu Funktionsstörungen führen“ (ZIMBARDO & GERRIG 1999,372). Eine Zusammenfassende Darstellung der physiologischen Stressreaktion bietet Abb.10. Abb.10: Die Reaktion des Körpers auf Stress 70 Werden Ermüdungssignale übersehen, führt dies zu Daueranspannung und zu negativen Stressfolgen bzw. zu Krankheiten (vgl. LITZCKE & SCHUH 2007,23). Tabelle 6: Stressfolgen nach LITZCKE & SCHUH (2007) Auswirkungen auf das Vegetativ-hormonelle System - Herz-Kreislauf-Störungen: Koronarerkrankungen und Herzinfarkt, Herzklopfen, Herzrhythmusstörungen, Engegefühl oder Stechen in der Brust. - Bluthochdruck - Gastritis, Magen- und Darmgeschwüre - Verdauungsbeschwerden - Schlafstörungen, chronische Müdigkeit. - Verschiebung des Hormonhaushalts, Zyklusstörungen, Verminderung der Samenproduktion. - Sexuelle Funktionsstörungen - Hautveränderungen - Schwindelanfälle - Atembeschwerden - Migräne Muskuläre Reaktionen a. Kurzfristige Reaktionen - Starre Mimik - Fingertrommeln - Zittern, Zähneknirschen, Fuß wippen, Zucken - Spannungskopfschmerz - Rückenschmerzen - Faust ballen, Gesicht verzerren, fahrige Gestik - Stottern b. Langfristige Reaktionen - Chronische Verspannung - Raschere Ermüdung durch ständige Anspannung - Zusammengepresste Blutgefäße durch einseitige Belastungen führt zu verminderter Blutzufuhr. Dadurch gelangen nur wenige Sauerstoff und Nährstoffe in die Muskeln sowie Abfallprodukte wie Kohlendioxyd und Milchsäure können nicht ausreichend abtransportiert werden. Das erzeugt Schmerzen, welche sich manifestieren und später auch ohne Auslöser auftreten. 71 6.2.2.2 Verhaltensbezogene Veränderungen Stress wirkt sich nicht nur auf der körperlichen Ebene negativ aus, sondern hat auch Auswirkungen auf das Verhalten eines Menschen. Tabelle 7: Verhaltensauswirkungen bei zu viel Stress nach LITZCKE & SCHUH (2007) Verhaltensauswirkungen bei zu viel Stress - Sprechprobleme nehmen zu. Stottern und stockendes Sprechen verstärkt sich oder kann auch bei nicht betroffenen Personen vorkommen. - Interessen und Begeisterungsfähigkeit verringern sich. Kurz- und langfristige Ziele können aufgegeben werden. Hobbys werden fallen gelassen. Früher wichtige persönliche Dinge werden weggegeben. - Abwesenheiten vom Arbeitsplatz häufen sich. Durch tatsächliche oder eingebildete Krankheiten und erfundene Entschuldigungen häufen sich Verspätungen oder Abwesenheiten vom Arbeitsplatz. - Verstärkter Drogenmissbrauch. Der Konsum von Alkohol, Koffein, Nikotin, verschriebener oder illegaler Mittel steigt. - Energieniveau ist niedrig und sinkt täglich weiter ab. - Das Einschlafen oder das Durchschlafen für mehr als vier Stunden wird schwieriger. - Zynismus und die Schuldzuweisung an andere wachsen. - Neue Informationen werden nicht mehr wahrgenommen. - Probleme werden oberflächlich „gelöst“. Notlösungen und kurzfristige Lösungen werden gewählt. Versuche, Dinge tiefer zu ergründen oder zu verändern, werden aufgegeben. Ein wichtiger Faktor in der Theorie von LAZARUS (1998, zit. in: HILLERT & MARWITZ 2006,148) sind die Bewältigungsmöglichkeiten (engl. Coping). LAZARUS unterscheidet drei verschiedene Bewältigungsformen: - emotionszentrierte Bewältigung Die emotionszentrierte Bewältigung wird vor allem dann eingesetzt, wenn eine Veränderung der belastenden Situation nicht möglich erscheint. Emotionale Folgen einer Stressreaktion werden zwar minimiert, jedoch kommt es nicht zu einer Veränderung der Bewertung. Herbert FREUDENBERGER versuchte z.B. durch intensive Selbstanalyse und das Niederschreiben seiner Erfahrungen die psychischen und physischen Folgen seiner Überforderung (Burnout) zu reduzieren (konstruktive Form der emotionszentrierten Bewältigung). Eine destruktive Bewältigungsform wäre, wenn versucht wird, durch vermehrten Konsum von Alkohol oder Drogen die 72 Beschwerden zu lindern. Sport, Entspannung oder Meditation zählen zu den weiteren Möglichkeiten einer emotionszentrierten Bewältigung (vgl. LAZARUS 1998, zit. in: HILLERT & MARWITZ 2006,148). - problemzentrierte Bewältigung Hier wird versucht, entweder die Stress auslösende Situation zu verändern oder deren innere Verarbeitung. Bewältigungsmöglichkeiten dieser Art sind z.B. Reduktion der Arbeitszeit, häufiger in Urlaub zu gehen oder die Inanspruchnahme einer Supervision. Kommt es zu einer Veränderung der idealistischen Einstellung, so hat dies eine Reduktion des Überengagements zur Folge. Bei der problemzentrierten Bewältigungsform wird entweder eine Situation aktiv verändert oder, bedingt durch eine Einstellungsänderung, diese weniger belastend dargestellt (vgl. LAZARUS 1998, zit. in: HILLERT & MARWITZ 2006,148). - Inanspruchnahme sozialer Unterstützung Familienangehörige, Freunde, Bekannte oder auch professionelle Unterstützung (z.B. Beratungsstellen, Psychotherapeuten, Ärzte usw.) können dazu beitragen, dass die Folgen von belastenden Situationen bewältigt werden (vgl. LAZARUS 1998, zit. in: HILLERT & MARWITZ 2006,149). 6.2.2.3 Emotionale Veränderungen Die am Häufigsten auftretenden Veränderungen sind aggressive und gereizte Handlungen, allgemeine Passivität und Hilflosigkeit, vermehrter Selbstzweifel und negative Selbsteinschätzung ebenso können Fluchtreaktionen zu vermehrter Ängstlichkeit führen. Weiters können Schreck, Panik, Nervösität, Verunsicherungen, Ärger,Wut, Versagensgefühle resultieren. Bei Dauerstress besteht die Gefahr, dass sich bestimmte Symptome wie eine erhöhte Aggressionsbereitschaft, Unsicherheit, Unzufriedenheit, Unausgeglichenheit, Gefühlsschwankungen, Depression und Apathie manifestieren (vgl. LITZCKE & SCHUH 2007,25). 73 Tabelle 8: Emotionale Folgen nach LITZCKE & SCHUH (2007) Emotionale Folgen - Hypochondrie nimmt zu. Eingebildete Beschwerden fügen sich in die wirklichen Stresssymptome ein. - Gefühlsausbrüche werden häufiger. - Moralische und emotionale Zwänge schwächen sich ab. Verhaltensnormen und Kontrolle der Sexualimpulse werden schwächer. - Selbstwertgefühl sinkt. Gefühle von Unfähigkeit und Wertlosigkeit stellen sich ein. - Depression und Hilflosigkeit können entstehen. - Veränderung der Persönlichkeitszüge. Ordentliche und vorsichtige Menschen können unordentlich und nachlässig werden, engagierte Menschen gleichgültig, tolerante Menschen autoritär. - Apathie - Angstgefühle, Unsicherheit, Unzufriedenheit, Unausgeglichenheit. - Erhöhte Aggressionsbereitschaft. 6.2.2.4 Kognitive Veränderungen Beim Einwirken eines Stressors verengt sich die Wahrnehmung und konzentriert sich auf die wichtigsten Reize. Dabei beeinträchtigen emotionale Erregungen, wie z.B. Angst, Wut oder Deprimiertheit, die Informationsverarbeitung und stören somit das Denken, die Konzentration und die Aufmerksamkeit. Weiters kann durch eine kognitive Beeinträchtigung ein rigides Verhaltensmuster entstehen. Handlungsalternativen werden nicht einmal mehr in Erwägung gezogen und verstärken dadurch ein bestimmtes Verhalten, z.B. werden vorsichtige Menschen noch vorsichtiger oder ein aggressiver Mensch verliert vielleicht völlig die Kontrolle (vgl. LITZCKE & SCHUH 2007,25). Tabelle 9: Kognitive Reaktionen auf Stress nach LITZCKE & SCHUH (2007) Kognitive Reaktionen auf zu viel Stress - Abnahme der Konzentration, Aufmerksamkeit und Beobachtungsfähigkeit. - Fähigkeit zu langfristigem Denken nimmt ab. - Einschätzung der Realität wird schwieriger bzw. Denkmuster kann verwirrt und irrational werden. - Täuschungen und Denkstörungen nehmen zu. - Kreativitätsleistung nimmt ab. - Ablenkbarkeit nimmt zu. Beim Denken und Sprechen den Faden verlieren. 74 - Kurz- und Langzeitgedächtnis werden schlechter. Das Erinnern und Wiedererkennen von Bekanntem verschlechtert sich. - Die Reaktionsgeschwindigkeit nimmt ab und der Versuch zur Kompensation kann zu übereilten Entscheidungen führen. - Als Folge der aufgeführten Einschränkungen wächst das Fehlerrisiko 6.3 Zusammenhänge von Burnout und Stress BURISCH (2006,81) ist der Meinung, (…) dass die körperlichen Anzeichen des Burnout-Syndroms identisch sind mit dem, was SELYE (z.B. 1976) das Allgemeine Anpassungssyndrom (General Adaptation Syndrome, GAS) genannt hat“. HILLERT & MARWITZ (2006,138) fassen zusammen, dass „die Parallelen zwischen Burnout und der Erschöpfungsphase des GAS unübersehbar sind. Beide markieren einen Endzustand, der sich als Folge einer lang anhaltenden Überlastung (Dauerstress) einstellt“. Der Unterschied liegt darin begraben, dass SELYE die physiologischen Vorgänge der Stressreaktion erforschte, während für Freudenberger die psychologischen Ursachen und Folgen von Burnout interessant waren. Ein weiterer Unterschied ist jener, dass Burnout keine Reaktion auf irgendeine Anforderung an den Organismus darstellt, sondern dass Burnout durch spezifische, arbeitsbezogene Stressoren hervorgerufen wird. Burnout ist im Zusammenhang mit dem Stressmodell nach LAZARUS „als eine langfristige Stressfolge aufgrund lang anhaltender Überlastung, die von der betroffenen Person nicht erfolgreich bewältigt werden kann“, zu finden (HILLERT & MARWITZ 2006,150). Bevor Betroffene erkennen, dass sie schon über einen längeren Zeitraum erschöpft, lustlos, überfordert, gereizt usw. gewesen sind, geht eine Phase voraus, in der sie eben über zu lange Zeit, z.B. zu große Klassen, zu lange Vertretungszeiträume, zu viele Patienten usw. hatten. Ausschlaggebend für den endgültigen Zusammenbruch ist dann häufig noch eine zusätzliche belastende Situation, z.B. ein Konflikt mit einem Kollegen oder Vorgesetzten usw., die dann das Fass zum Überlaufen bringt. Im Berufsleben löst eine Antizipation einer Bedrohung oder eines Verlustes der beruflichen Leistungsfähigkeit im Sinne der beschriebenen primären Bewertungsprozesses Stress 75 aus. Die Wahrscheinlichkeit „auszubrennen“ ist umso höher, je geringer die Fertigkeiten sind, diese Stresssituation zu bewältigen (vgl. HILLERT & MARWITZ 2006,151). Perfektionismus, Selbstbehauptungsdefizite und Idealismus sind wesentliche Persönlichkeitsmerkmale, welche eine entsprechende Stressbewältigung erschweren. Hinzu kommen Merkmale, wie eine hohe Leistungsorientierung mit perfektionistischen Ansprüchen und das Problem, sich vor Überforderungssituationen abzugrenzen. Weiters wird das Bemühen um soziale Unterstützung abgelehnt, da der Anspruch, es selbst schaffen zu wollen und sich keine Blöße zu geben, sehr wichtig erscheint (vgl. BURISCH 1994, zit. in: HILLERT & MARWITZ 2006,151). Als stressverschärfende Einstellungen, welche zum Burnout führen können, bezeichnet KALUZA (2004,37-40) folgende Merkmale: - Perfektionistische Kontrollambitionen Menschen haben das Verlangen alles in ihrer Umgebung kontrollieren zu wollen. Das Bestreben keinen Fehler zu machen und alles selbst zu erledigen bewahrt vor Kontrollverlust. Alles muss nach Plan ablaufen. Zeit zum Entspannen bedeutet Zeit für sich zu nehmen und nicht um etwas zu kontrollieren. Diese Ambitionen beziehen sich nicht nur auf die Arbeit, sondern auch auf ehrenamtliche Tätigkeiten, die Familie, die Hobbys, die Arbeit in Vereinen, usw. - Arbeitssucht (workaholism) Als Arbeitssucht (…) „wird ein unaufhörlicher Drang oder Zwang, ständig arbeiten zu müssen bzw. ständig an die Arbeit denken zu müssen, bezeichnet“ (KALUZA 2004,38). Dieses Merkmal bezieht sich im Gegensatz zur perfektionistischen Kontrollambition ausschließlich auf die Arbeit. Hintergründe eines arbeitssüchtigen sind die Sucht nach Anerkennung, ein labiles Selbstbewusstsein und Versagensängste sowie die Flucht vor innerer Leere und persönlichen Problemen. Durch die Arbeit gelangen diese Menschen zu ihrem Selbstwert und ihrer Identität. - Enttäuschte Erwartungen Hierbei geht es um das Ausbleiben von erwarteten Belohnungen, welche zu Enttäuschungen führen können. Meistens werden gerade die Berufseinsteiger am meisten enttäuscht. Die Anfangs sehr hoch gesteckten Ziele, der Optimismus und die Selbstüberschätzung eigener Möglichkeiten sind leider nicht immer positive 76 Einstellungsmerkmale. Ihre idealistische und enthusiastische Anfangsmotivation wird sich allmählich in Frustrationen umwandeln. Die erhöhten Anstrengungen um zu einer Belohnung zu kommen fordern ihren Tribut und führen zu körperlicher und emotionaler Erschöpfung. In der Tabelle 10 werden alle, bislang in dieser Arbeit genannten (siehe Seite 25-30, 65 sowie 71-75) Symptome aufgelistet, welche sowohl bei Burnout als auch bei Stress vorkommen. Dabei wurden die Symptome in 5 Kategorien unterteilt: emotionale, kognitive, motivationale, körperliche und verhaltensbezogene Symptome Tabelle 10: Burnout- und Stresssymptome Kategorie 1: Emotionale Symptome - Emotionale Erschöpfung: Niedergeschlagenheit und Verzweiflung - Verlust positiver Gefühle: Liebe, Freude, Interesse - Entstehung negativer Gefühle und Einstellung zum Leben: 1) Selbstwertgefühl sinkt 2) Angstgefühle 3) Kühl und emotionslos 4) Gleichgültigkeit 5) Unfähigkeit und Wertlosigkeit 6) Unzufriedenheit und Unsicherheit 7) Gefühl mangelnder Anerkennung 8) Hoffnungs- und Sinnlosigkeit - Erhöhte Aggressionsbereitschaft sowie Neigung zu gewaltsamen und aggressivem Verhalten 1) Wutausbrüche 2) Reizbarkeit 3) Kompromissunfähigkeit 4) Suchen von Konflikten mit anderen Personen 77 Kategorie 2: Kognitive Symptome - Konzentrations- und Lernschwierigkeiten - Störung der Aufmerksamkeits- und Beobachtungsfähigkeit - Entscheidungsunfähigkeit - Geringes Selbstwertgefühl - Hilf- und Hoffnungslosigkeit - Starrheit und schematisches Denken: 1) Unfähigkeit zu komplexen Aufgaben 2) Kreativitätsleistung nimmt ab 3) Unfähigkeit zu klaren Anweisungen 4) Zunahme von Denkstörungen - Einschränkung der Wahrnehmung Kategorie 3: Motivationale Symptome - Antriebsstörungen - Verlust von Interessen - Verringerte Initiative, Produktivität, Kreativität, Phantasien, Spontanität, Flexibiltät - Resignation - Widerstand gegen Veränderungen aller Art - Informationen werden nicht wahrgenommen - Oberflächliches Problemlösen Kategorie 4: Körperliche Symptome - Physische Erschöpftheit 1) Chronische Müdigkeit 2) Energiemangel 3) Niedergeschlagenheit - Muskelverspannungen, chronische Verspannungen, Muskelschmerzen - Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, Migräne und Übelkeit - Körpergefühlsstörungen: fehlendes Gefühl der Erholung und Entspannung - Schlafstörungen - Herz-Kreislauf-Störungen 1) Herzklopfen und beschleunigter Puls 2) Engegefühl oder Stechen in der Brust 3) Erhöhter Blutdruck - Atembeschwerden, Kurzatmigkeit, Hyperventilation - Schwächung des Immunsystems, schneller und leichter erkältet bzw. krank - Nervöse Tics, Zittern, Unruhiges Verhalten, Schwindelanfälle - Risiko einer Arteriosklerose und eines Infarktes, erhöhter Cholesterinspiegel - Magen-Darm-Geschwüre 78 Kategorie 5: Verhaltensbezogene Symptome - Hyperaktivität zu Beginn der Phase - Soziale Isolation und Zurückgezogenheit 1) Meidung informeller Kontakte 2) Meidung von Gesprächen 3) Interesse und Begeisterungsfähigkeit sinkt: Kurz- und langfristige Ziele können aufgegeben werden. Früher wichtige persönliche Dinge werden weggegeben. 4) Aufgeben von Hobbys, Freunde treffen 5) Desinteresse und Langeweile 6) Einsamkeit - Selbstzerstörerisches Verhalten 1) Verstärkter Drogenmissbrauch 2) Der Konsum von Alkohol, Koffein, Nikotin, verschriebener oder illegaler Mittel steigt - Energieniveau ist niedrig und sinkt weiter ab - Zynismus und die Schuldzuweisung an andere wachsen 6.4 Zusammenfassung BURISCH (2006,103) fasst die Beiträge der Stressforschung für das Verständnis des Burnout-Syndroms folgendermaßen zusammen: - Durch die physiologische Stressforschung konnten die Symptome von Burnout mit jenen des GAS gleichgestellt werden. - Die psychologische Stressforschung ist wichtig für die Erklärung des Begriffs Bedrohung und wie jeder damit umgeht. So kann unter äußerlich sehr ähnlichen Zuständen einer ins Burnout geraten und ein anderer nicht. - Als umfassendes Modell für Stress- als auch für Burnout-Prozesse wird das Person-Environment-Fit gesehen. „Eine Umwelt, die ein Individuum zu häufig oder zu intensiv vor subjektiv bedrohliche Situationen stellt oder ihm zu häufig oder zu nachhaltig wichtige Bedürfnisbefriedigungen vorenthält, sorgt für Stress, unter Umständen Dauerstress. Scheitern die Bewältigungsversuche oder sorgen sie für Bedrohungen/Frustrationen, dann ist der Weg für einen BurnoutProzess bereitet“. Das Stressmodell von ZIMBARDO & GERRIG (1999) stellt eine Zusammenfassung über einen gesamten Stressablauf dar. Wie schon LAZARUS erwähnte, hängt zu Beginn alles von der kognitiven Bewertung ab. Je nach Beurteilung, Bedrohung oder 79 Herausforderung, besitzt jeder Mensch Ressourcen, welche zur Bewältigung von Stress zur Verfügung stehen. Mögliche Reaktionen auf Stresssituationen können zu physiologischen, verhaltensbezogenen, emotionalen, kognitiven und motivationalen Veränderungen führen. Burnout und Stress sind eng miteinander verbunden und ob jemand noch im Stress oder schon „ausgebrannt“ ist, bleibt demnach ein subjektives Empfinden (vgl. HILLERT & MARWITZ 2006, 155). Abschließend kann Burnout (...) "als eine berufsspezifische Reaktion auf stressreiche Bedingungen in der Arbeit mit anderen Menschen verstanden werden" (ENZMANN & KLEIBER 1989,94). Natürlich spielen auch Persönlichkeitsfaktoren (siehe Seite 52) bei der Entstehung zum Burnout eine wesentliche Rolle. 7. Burnout und Depression Da Burnout „noch“ nicht offiziell als Krankheit anerkannt ist, wird oft der Bezug zur Depression hergestellt. Für ENZMANN & KLEIBER (1989,87) ist dieses Thema deshalb so interessant, weil Burnout und Depression sehr viele Gemeinsamkeiten aufweisen. Trotzdem wird versucht, beide voneinander abzugrenzen. 7.1 Was sind Depressionen? Nach dem ICD-10 werden Depressionen den affektiven Störungen zugeteilt. Eine Störung der Affektivität bedeutet, dass die Stimmung und die Gefühle der Betroffenen beeinträchtigt sind. Bei den meisten dieser Störungen kommt es zu Rückfällen. Auslöser hierfür sind oft belastende Ereignisse oder Situationen (vgl. DILLING, MOMBOUR & SCHMIDT 2008,140). 80 Depressionen zählen zu den gefürchtetsten Krankheiten. Das Leiden wird nur schwer verkraftet und kann im schlimmsten Fall zum Selbstmord führen (vgl. FAUST 2007,144). Weiters besteht die Gefahr für Betroffene, dass soziale Fähigkeiten beeinträchtigt und Symptome chronisch werden (vgl. PAULITSCH 2004,89). HEGERL & NIESCKEN (2008,14) beschreiben ein Beispiel, wie es tagtäglich viele Menschen erleben können: „Die Nacht ist schon schlimm, aber dann kommt der Morgen. Schonungslos. Mein Gott, wieder ein Tag. Wie steh‟ ich ihn durch? Am besten wäre Liegenbleiben. Aber das hab‟ ich bald gemerkt, dass dies noch schlimmer ist, zumindest bei mir. Doch kostet es ungeheure Kraft aufzustehen. Es gibt ja nichts, worauf man sich freuen könnte. Warum überhaupt leben? Alles ist so mühsam. Mir hat am Morgen die Aussicht auf den Abend geholfen. Abends wurde es bei mir immer etwas besser. Wenn die Sonne untergeht, geht auch die Depression unter. Das habe ich auch so empfunden“. Unvorstellbar für jemanden, der „normal“ seinen Tag verbringen kann und den nicht solche Gedanken plagen, wie z.B. den angebrochenen Tag überstehen zu können ohne sich das Leben nehmen zu müssen, damit endlich Ruhe einkehrt. Depressionen sind zwar schwere Erkrankungen, jedoch von Geisteskrankheiten stark abzugrenzen. Freud-, Lust-, Hoffnungs-, Appetit-, Antriebs-, Hilf-, und Wertlosigkeit, sowie Schlaf- und Körpergefühlsstörungen sind nur einige Symptome einer Depression, die bis hin zu Angst-, Panikzuständen oder Manien führen können. Doch nicht nur die Gefühlswelt der Betroffenen ist dabei gemeint, sondern man spricht von einer „seelischkörperlichen-Herabgestimmtheit“, die den Menschen, sein Denken, seine Gefühle, seine Bezüge zur Umwelt und besonders zu seiner eigenen Person umfasst. Folglich bekommt die Krankheit überhand und verhindert so an sich, an die Umwelt, an die Zukunft, aber auch an Hilfe- und Behandlungsmöglichkeiten zu glauben. Entsteht das Gefühl der totalen Hoffnungslosigkeit kann die Situation lebensbedrohlich, im Sinne von Selbstmord, werden (vgl. WOLFERSDORF 2008,19-35). 81 7.1.1 Ursachen und Auslöser einer Depression Dieses Kapitel soll erklären, welche Gründe für die Entstehung einer Depression verantwortlich sein können. Bei dem Thema „Depression“ handelt es sich nach WOLFERSDORF (2002,37) um ein „multifaktorielles Geschehen“. Depressionen werden nicht von einem einzigen Faktor ausgelöst, sondern „viele Bedingungen sind an der Entstehung und der Auslösung sowie Aufrechterhaltung einer depressiven Erkrankung beteiligt“. 7.1.1.1 Ursachen einer Depression WOFERSDORF (2002,39-45) beschreibt drei Faktoren: - Genetische Faktoren Hier ist zu erwähnen, dass die Möglichkeit besteht, nicht nur körperliche Charakteristika von den Eltern vererbt zu bekommen, sondern auch psychische. Sind bereits die Eltern oder Großeltern an einer Depression erkrankt, so besteht auch die Möglichkeit, dass es einen selber trifft. Genetische Faktoren alleine sind für eine Entstehung zu wenig. Interessant wird dann die Kombination mit den lebensgeschichtlich-biographischen Bedingungen. - Psychologische Faktoren Zu den psychologischen Faktoren werden drei Modelle dargestellt. Das erste, nach WOLFERSDORF (1992a, b, 1995, 2001), ist ein tiefenpsychologisches Modell und geht auf die frühkindlichen Erfahrungen ein. Betrachtet wird vor allem die Beziehung zur Mutter bzw. der frühen Bezugsperson. Hauptsächlich führen schwere Versagenserlebnisse zu einer Hemmung der Entwicklung. Sowohl ein ungleicher Wechsel von „Verwöhnung und Versagung als auch eine unzureichende emotionale Förderung und Anerkennung in der Interaktion Bezugsperson (Mutter)-Kind“ führt zu frühkindlichen Mangelerfahrungen. Die Erfahrungen des Kindes sehen dann folgendermaßen aus: „Um mich kümmert sich niemand, also bin ich niemandem etwas wert, also bin ich Nichts…und es fällt gar nicht auf, wenn es mich nicht mehr gibt“. Daraus ergeben sich Gefühle des „existentiellen Zuwenig“, „ein Gefühl von Nicht82 geliebt-, Nicht-versorgt-Werden, Nicht-gemocht-, Nicht-anerkannt-, Nicht- wertgeschätzt-Werden“. Jene Gefühle bilden die Grundvoraussetzung, um später an einer Depression erkranken zu können. Die psychologische Entwicklung endet bei „Selbstwertproblemen, Minderwertigkeitsgefühlen, einer negativen und entwertenden Einstellung zu sich selbst, seiner Leistungsfähigkeit und Wertigkeit“. Daraus kann sich ergeben, dass nach Zuwendung, Anerkennung und Nähe gesucht wird. Das nächste Modell ist das Konzept der gelernten Hilflosigkeit von SELIGMANN (1975, zit. in: WOLFERSDORF 2002,43), und beschreibt die Depression als Folge „mangelnder Kontrolle“. Menschen mit depressiver Symptomatik geben sich selbst die Schuld für alles was schief geht, z.B. einen Fehler gemacht zu haben, Missgeschicke oder verlassen zu werden. Aus welchen Gründen auch immer es dazu kam, der Betroffene führt das Geschehen auf seine Unfähigkeit zurück. Diese Wahrnehmungen verankern sich und führen zu einer überzeugten „Hilflosigkeitseinstellung“, die weder kontrollierbar, noch veränderbar oder beeinflussbar ist. Das dritte Konzept nach BECK (1967, zit. in: WOLFERSDORF 2002,43-44) versucht die Depression als Folge einer kognitiven Störung zu erklären. Ausgang ist ein in der Kindheit und Jugend erworbenes „negatives Selbstbild“. Ausgelöst wird der Prozess durch bestimmte Ereignisse, wobei sofort negative Schlussfolgerungen daraus gezogen werden. Depressive Menschen neigen dazu „sich auf negative Details zu stürzen, Leistungen anderer Personen zu überschätzen und die der eigenen Person zu entwerten“. Dieses Schema manifestiert sich und kann auch eventuell aufgetretene positive Gedanken nicht zulassen. Das Leben des Betroffenen ist gekennzeichnet durch negative Einstellungen zu sich selbst, seiner Umwelt, seiner Leistungsfähigkeit und seiner Zukunft. WOLFERSDORF (2002,44) fasst die Konzepte zusammen und beschreibt einen zur Depression neigenden Menschen folgend: 1. Sie neigen zu überstarker Leistungsorientierung (zu 150% perfektionistisch veranlagt). Einschränkungen in ihren Tätigkeiten verstärken Versagensängste und führen zu einem verminderten Selbstwertgefühl, welches sich auf die Leistungsfähigkeit negativ auswirkt. 2. Sie gelten auch als stark normbezogen, passen sich im Beruf und in der Beziehung an. Werden als sogenannte „Mitläufer“ bezeichnet, die hinter vorgegebenen oder vermeintlichen Regeln, Gesetzen, Normen und 83 Entwicklungsnotwendigkeiten zurückbleiben. Durch ständiges Anpassen und Vermeidung von Individualität entstehen allmählich Schuldgefühle und ein negatives Selbstbild. 3. Eine überstarke Beziehungsabhängigkeit bedeutet, dass jede Trennung, ja sogar bereits Trennungsvermutungen sowie Verluste von Personen, zu Gefühlen der Kränkung, Verletztheit, Lebensunfähigkeit und Existenzbedrohtheit führen. - Biologische Faktoren Depressionen können auch durch neurobiologische Veränderungen verursacht werden. Dabei spielen die Neurotransmitter (dienen der Informationsübertragung innerhalb des Nervensystems) Serotonin und Noradrenalin im zentralen Nervensystem (ZNS-Gehirn) eine wichtige Rolle. Menschen mit Depressionen weisen einen Noradrenalin- und Serotoninmangel auf. Die Veränderung der Neurotransmittersysteme durch psychosoziale Belastungen, traumatische Erfahrungen und Verlustereignisse führen zu Symptomen depressiven Verhaltens, Denkens und Fühlens. Verantwortlich für die Entstehung sind biologische als auch psychologische Ausgangs- und Entwicklungsbedingungen (vgl. WOLFERSDORF 2008,75). 7.1.1.2 Auslöser einer Depression Bei den auslösenden Faktoren gibt es psychologische und biologische. - Psychologische Auslöser Faktoren wie „eine erwartende, angedrohte oder vollzogene Trennung, jede Infragestellung der Fremdwertschätzung, jede Kritik an der eigenen Leistungsfähigkeit, aber auch jede Unfähigkeit, den überhöhten Leistungsnormen (z.B. in Folge von körperlicher Erkrankung wie bei der Depression nach Herzinfarkt) nachzukommen“, kann zu einer Depression führen. Das Gefühl der Geborgenheit, von anderen gemocht bzw. geliebt, respektiert und/oder anerkannt zu werden, hat einen extrem hohen Stellenwert im Leben eines depressiv kranken Menschen. Der Verlust dieser Sicherheit führt zu „Gefühlen der Hilflosigkeit und zur Existenzunfähigkeit“. Um jegliche Auseinandersetzung zu vermeiden, üben Betroffene auch keine Kritik in der Partnerschaft oder in der Arbeit aus. Weiters meiden sie Situationen, in denen es zu 84 Streitigkeiten kommen kann. Charakteristisch sind ebenfalls ein nicht Wehren, jede Überbelastung hinzunehmen, übermäßiges zu leisten (z.B. Überstunden ohne Bezahlung) oder keine eigenen Ideen zu entwickeln. Kennzeichnend sind also „Anpassung, Vermeidung von Individualität, Vermeidung von Aggressionen, Vermeidung von Distanzierung und von Eigeninitiative“. - Biologische Auslöser Damit sind Veränderungen im Hormonsystem (z.B. Wochenbettdepression, Klimakterium), körperliche Erkrankungen, Jahreszeit oder chronische Überlastungen gemeint. HEGERL & NIESCKEN (2008,44-45) fassen zusammen, dass für die Entstehung einer Depression zwei Ebenen verantwortlich sind. Die erste Ebene ist die psychologische. Hier werden das Verhalten des Betroffenen, der Umgang mit den Mitmenschen und die gesamte Lebenssituation betrachtet. Die zweite Ebene beschäftigt sich mit den physiologischen Auslösern. Neurobiologische Veränderungen im Gehirn können der Grund für Depressionen sein. Zu beachten ist, dass die beiden nicht getrennt voneinander betrachtet, sondern gemeinsam angesehen werden sollen. Abb.11: Psychosoziale und neurobiologische Aspekte der Depression Weitere auslösende Situationen können z.B. kritische Lebensereignisse (Tod des Partners oder anderer Familienmitglieder, Scheidung oder Trennung vom Partner, Arbeitslosigkeit, Krankheit, Pensionierung oder Umzug in eine andere Stadt), Mobbing (Psychoterror am Arbeitsplatz), Stress, Nebenwirkungen von Medikamenten, 85 Schwangerschaft und Geburt sowie das Lebensalter sein (vgl. GERHARDT & NIESCKEN 2003,33-38). 7.1.2 Formen und Symptomatik der Depression „Die Hauptsymptome bestehen aus einer Veränderung der Stimmung oder der Affektivität, mit oder ohne begleitende Angst, oder zur gehobenen Stimmung. Dieser Stimmungswechsel wird in der Regel von einem Wechsel des allgemeinen Aktivitätsniveaus begleitet (DILLING, MOMBOUR & SCHMIDT 2008,140). Folgend werden im Wesentlichen die unterschiedlichen Arten der Depression mit den dazugehörigen Symptomen nach dem ICD-10 (vgl. DILLING, MOMBOUR & SCHMIDT 2008,137-139) aufgelistet: - Manische Episode (Hypomanie und Manie) Symptome einer manische Episode: 1. Gesteigerte Aktivität oder motorische Ruhelosigkeit 2. Gesteigerte Gesprächigkeit 3. Konzentrationsstörungen und Ablenkbarkeit 4. Vermindertes Schlafbedürfnis 5. Gesteigerte Libido 6. Übertriebene Einkäufe oder andere Arten von leichtsinnigem und verantwortungslosem Verhalten 7. Gesteigerte Geselligkeit oder übermäßige Vertrautheit 8. Ideenflucht und subjektives Gefühl von Gedankenrasen 9. Verlust normaler sozialer Hemmungen, was zu einem den Umständen unangemessenen Verhalten führt 10. Überhöhte Selbsteinschätzung oder Größenwahn 11. Tollkühnes oder leichtsinniges Verhalten, dessen Risiken die Betroffenen nicht erkennen, Lokalrunden ausgeben, törichte Unternehmungen, rücksichtsloses Fahren 86 - Bipolare affektive Störung Charakteristisch ist der Wechsel zwischen einer gehobenen (Hypomanie und Manie) und einer gesenkten (Depression) Stimmung. Symptome einer bipolaren affektiven Störung sind daher jene von einer manischen Episode und einer depressiven Episode. - Depressive Episode Symptome einer depressiven Episode: 1. Depressive (gedrückte) Stimmung 2. Verlust von Interesse oder Freude 3. Ermüdbarkeit und Energieverlust 4. Verlust von Selbstvertrauen 5. Schuldgefühle und unangemessene Selbstvorwürfe 6. Suizidgedanken oder suizidales Verhalten 7. Verminderung der Konzentration 8. Veränderte psychomotorische Aktivität (agitiert-unruhig oder gehemmtverlangsamt) 9. Schlafstörungen 10. Veränderung des Appetits, auch Körpergewichtsveränderungen Charakteristisch ist, dass Stimmungsänderungen nicht von Tag zu Tag auftreten, sondern dass sie Tagesschwankungen unterlegen sind. Es kann auch vorkommen, dass zeitweilig Angst, Gequältsein und motorische Unruhe mehr im Vordergrund stehen als die Depression. Weiters werden Symptome wie Reizbarkeit, exzessiver Alkoholgenuss, Verstärkung früher vorhandener phobischer oder zwanghafter Symptome oder hypochondrische Grübelein vermehrt verspürt. Für alle drei Schweregrade muss die Dauer mindestens zwei Wochen betragen und soll nur für eine einzelne depressive Episode verwendet werden. Kommt es zum Auftreten weitere Phasen, ist eine rezidivierende depressive Störung in Betracht zu ziehen (vgl. DILLING, MOMBOUR & SCHMIDT 2008,149-150). Die Episoden werden zusätzlich in leicht, mittelgradig oder schwer unterteilt. Weiters gibt es noch zwei zusätzliche Charakterisierungen: einerseits das „somatische Syndrom“ und andererseits die „psychotischen Symptome“. Das „somatische Syndrom“, früher als „endogene Depression“ (endogen bedeutet so viel wie „von innen heraus; vgl. GERHARDT & NIESCKEN 2003,20) bezeichnet, soll das körperliche Leid und Empfinden ausdrücken. Das Wort „psychotisch“ beinhaltet 87 das Auftreten von Halluzinationen, Wahn und Formen schweren abnormen Verhaltens. Bei Halluzinationen werden anklagende Stimmen gehört (z.B. „du bist nichts Wert“) oder Betroffene sind der Meinung, nach verwesendem Fleisch zu riechen (Geruchshalluzinationen). Wahnvorstellungen äußern sich in einer Verarmung oder in einer Schuldhaftigkeit, für die sich der Patient verantwortlich macht (z.B. der Schuldige an einer bevorstehenden Katastrophe zu sein). Eine weitere schlimme Auswirkung ist die motorische Hemmung. Dabei kann es sein, dass der Betroffene regungslos an einer Stelle verharrt oder gleich den ganzen Tag im Bett bleibt (vgl. PAULITSCH 2004,9596). - Rezidivierende depressive Störung Charakteristisch für eine rezidivierende depressive Störung sind die wiederholten depressiven Episoden ohne Phasen von gehobener Stimmung und vermehrtem Antrieb (Manie). - Anhaltende affektive Störungen (Dysthymia) Symptome einer Dysthymia: 1. Antriebsminderung 2. Schlaflosigkeit 3. Verlust des Selbstvertrauens oder Gefühl von Unzulänglichkeit 4. Konzentrationsschwierigkeiten 5. Neigung zum Weinen 6. Verlust des Interesses oder der Freude an Sexualität und anderen angenehmen Aktivitäten 7. Gefühl der Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung 8. Erkennbares Unvermögen mit den Routineanforderungen des täglichen Lebens fertig zu werden 9. Pessimismus im Hinblick auf die Zukunft oder Grübeln über die Vergangenheit 10. Sozialer Rückzug 11. Verminderte Gesprächigkeit 88 Charakteristisch ist die langdauernde (mindestens 2 Jahre), depressive Verstimmung, die aber für eine leichte depressive Störung nicht schwer genug ist. Es kann vorkommen, dass Patienten Tage oder Wochen haben, in denen sie sich gut fühlen. Dieser Phase stehen dann wiederum einige Monate voller Antriebslosigkeit, Müdigkeit, Schlaflosigkeit, Grübelein und Hoffnungslosigkeit gegenüber. Betroffene sind aber in der Lage alltägliche Aufgaben zu erledigen (vgl. DILLING, MOMBOUR & SCHMIDT 2008,161). Als allgemeine Zusammenfassung der Symptome depressiver Menschen dient die Einteilung nach STRAUB & KOPITTKE (zit. in: HUBER 1990,54). Die Symptome werden nach emotionalen, vegetativ/physiologischen, motivationalen und kognitiven Veränderungen sowie des motorischen Ausdrucks zugeordnet. Ergänzend wurden wesentliche Aspekte nach KNAUDER (1996,34), HUBER (1990,52-53) und WOLFERSDORF (2008,31-71) hinzugefügt. Tabelle 11: Symptomatische Aspekte der Depression nach STRAUB & KOPITTKE (1983) Emotionale Veränderungen - Angst, soziale Ängste, Panikzustände (WOLFERSDORF) - Negative Gefühle sich selbst gegenüber - Depressive Stimmung, Herabgestimmtheit (WOLFERSDORF) - Selbsthass - Verlust befriedigender Gefühle - Affektive Störungen: Liebe, Mitleid, Trauer, Freude werden eingeengt, Gefühllosigkeit entsteht (HUBER) - Gefühle der Niedergeschlagenheit, Verstimmung, Gleichgültigkeit, Leere, Unlebendigkeit, Tot (HUBER) - Genussunfähigkeit: schmecken, riechen, fühlen, sehen, hören (WOLFERSDORF) Vegetativ/physiologische Symptome - Erschöpfung mit ständiger Müdigkeit (HUBER) - Niedergeschlagenheit (HUBER) - Herzbeschwerden, Herzklopfen, Herzbeklemmung, Pulsbeschleunigung oder Pulsverlangsamung (KNAUDER & HUBER) - Bluthochdruck - Magen- und Darmbeschwerden - Verdauungsbeschwerden, Bauchweh 89 - Schlafstörungen, verkürzte Schlafdauer (HUBER) - Sexuelle Funktionsstörungen - Feuchte Hände - Klos im Hals - Atembeschwerden (HUBER) - Appetitverlust, Gewichtsabnahme oder Vielesserei (KNAUDER) - Mundtrockenheit (KNAUDER) - Kopfschmerzen, Schwindelgefühl (KNAUDER & HUBER) - Druck- und Engegefühl im Hals (KNAUDER) - Häufig nächtliche Schweißausbrüche (KNAUDER) - Beeinträchtigung im sensorischen Bereich: Hör-, Seh- und Tastvermögen, - Körpergefühlsstörungen: fehlendes Gefühl der Erholung (WOLFERSDORF) - Reduzierte Vitalität: rasche Ermüdbarkeit, Kraft- und Schwunglosigkeit (WOLFERSDORF) Motivationale Veränderungen - Interessenverlust - Passivität - Rückzugverhalten - Flucht - Vermeiden von Verantwortung - Keine Spontanität - Sozialer Rückzug - Isolierung - Selbstmordgedanken - Antriebsstörungen (WOLFERSDORF) Kognitive Manifestationen - Negative Einstellung gegenüber sich selbst, der Umwelt und der Zukunft - Selbstabwertung - Negative Selbsteinschätzung - Hoffnungslosigkeit - Pessimismus - Selbstkritik - Sich für alles verantwortlich fühlen - Entscheidungsunfähigkeit - Ständige Klagen über somatische Beschwerden - Suizidgedanken - Konzentrations- und Merkfähigkeit (WOLFERSDORF) - Langsames Denken (WOLFERSDORF) 90 Motorischer Ausdruck - Mimik: kein Lachen, wenig Blickkontakt - Gestik: kaum sprachbegleitende Gestik - Körperhaltung: gespannt oder zusammengesunken - Stimme: leise, monoton - Motorische Hemmung und mangelnde Reaktivität - Bewegungsabläufe verlangsamt - Agitiertheit und erhöhte Häufigkeit nichtproduktiver Aktivitäten wie: nicht still sitzen können, Augenreiben, mit den Fingern spielen, Bewegungsstereotypien, Kopfkratzen, Gesicht und Haut reiben 7.2 Zusammenhänge von Stress und Depression Stress beherrscht das Leben vieler Menschen, sei es in belastenden Situationen am Arbeitsplatz, in der Familie oder unter Freunden. Was Stress ist, wie und wann er entsteht und welche Folgen es gibt, wurden beim Kapitel „Burnout und Stress“ (siehe Seite 60-79) ausführlich erklärt. Um den Zusammenhang besser zu verstehen, wird verkürzt noch einmal die Stresssituation erläutert. Bei der Einwirkung eines Stressors wird der Körper in Alarmbereitschaft versetzt. Dabei wird aus dem Hypothalamus das CRH (Cortikotropin-Releasing-Hormon) freigesetzt. Bei der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) angelangt, setzt es das Hormon Adrenokortikotropin (ACTH) frei und dieses wiederum sorgt dafür, dass aus der Nebennierenrinde das Stresshormon Cortisol ausgeschüttet wird. Ein erhöhter Cortisolanstieg im Blut führt zu körperlichen Reaktionen wie sie unter Punkt 6 aufgelistet wurden. Unter bestimmten Umständen, wie z.B. bei einer Infektionserkrankung oder bei chronischem Stress, bleibt die Produktion des Cortisols dauerhaft erhöht (vgl. HEGERL & NIESCKEN 2003,53). Auf Grund der Tatsache, dass depressive Patienten einen erhöhten Cortisolwert im Blut aufweisen, kann Dauerstress zu Depressionen führen (vgl. GERHARDT & NIESCKEN 2003,35). Das Leben wird immer stressiger, sei es durch die Anspannung und den Leistungsdruck am Arbeitsplatz, durch Machtkämpfe in der Familie oder durch Lärmbelästigung und Umweltgifte. Belastende und unangenehme Erlebnisse gehören zu den Erfahrungen eines jeden Menschens. Das hat aber noch lange nicht zu bedeuten, dass gleich jeder an einer Depression erkranken muss. Die Verbindung zum Thema Stress liegt darin begraben, in welcher Weise Stressoren wahrgenommen und wie diese bewertet werden. Dauerstress 91 verkürzt die Entspannungsphasen und kann zu typischen depressiven Symptomen, wie Angst, Konzentrationsschwierigkeiten oder Schlafstörungen führen. Allerdings erhöhen auch Infektionskrankheiten wie Tuberkulose, Grippe oder Hepatitis den Cortisolwert und tragen auch zu einer höheren Depressionsanfälligkeit bei, macht sie jedoch nicht automatisch depressiv (vgl. GERHARDT & NIESCKEN 2003,40-41) 7.3 Zusammenhänge von Burnout und Depression Die Symptome von Burnout und Depressionen sind sehr ähnlich. Im Phasenmodell von FREUDENBERGER und NORTH (2002) wird die Stufe vor der völligen BurnoutErschöpfung mit Depression umschrieben. Aufgrund der vielen Gemeinsamkeiten haben FREUDENBERGER & RICHELSON (1983) eine eigene Form eingeführt, in welcher sie die Depression als Symptom beginnenden Burnouts sehen (vgl. ENZMANN & KLEIBER 1989,87). Tatsächlich treten Symptome auf, die in ihren Gefühlslagen ähnlich sind, jedoch ist eine chronische Depression von einer Burnout-Depression beträchtlich zu unterscheiden. Den Zeitpunkt zu bestimmen, ab wann genau sich ein Betroffener in diesem Stadium befindet, kann kaum festgelegt werden. Burnout, hervorgerufen von Überlastung und tiefgreifender Müdigkeit, „ist gekennzeichnet durch einen fortschreitenden Verfall der persönlichen Energie“. Wird die Depression vereinfacht betrachtet, so sind kritische Lebensereignisse, welche mit einem Verlust zu tun haben, die Auslöser der Krankheit. Die Grundsymptome, wie eine gedrückte, traurige, freudlose und niedergeschlagene Stimmung, meistens kombiniert mit Apathie und Antriebsschwächen führen im schlimmsten Fall zur totalen Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung. Begleitende körperliche Symptome wie z.B. Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Mundtrockenheit, Druck- und Engegefühl im Hals, nächtliche Schweißausbrüche, Herzklopfen, Herzbeklemmung, Pulsbeschleunigung oder Pulsverlangsamung, Appetitverlust, Gewichtsabnahme oder Vielesserei, träge Verdauung, Bauchweh, Nierenbeschwerden, gestörte Sexualfunktion und Störung der Vitalgefühle, treten auch beim BurnoutProzess auf (vgl. KNAUDER 2005,31-34). ENZMANN & KLEIBER (1989,91) sehen weitere Zusammenhänge im Modell von CHERNISS (1980c). Auf der Grundlage der Stresstheorie von LARAZUS und der Theorie der erlernten Hilflosigkeit von SELIGMAN entwickelte CHERNISS (1980c) 92 das transaktionale Burnoutmodell. Beim Stresskonzept von SELYE wird der Phase der Erschöpfung besonderer Aufmerksamkeit geschenkt. Da Burnout auch im ICD-10 unter Erschöpfungssyndrom zu finden ist, stellt es wohl das wichtigste Symptom dar. Gleiche Bedeutung erhält der Begriff auch bei Depressionen, allerdings „nicht wegen körperlich bedingter Übermüdungszustände, sondern diese sind Folgen einer Erschöpfung der emotionellen Lebenskraft, der affektiven Seite der Persönlichkeit“ (KIELHOLZ 1971, zit. in: ENZMANN & KLEIBER 1989,90). PINES und MASLACH können sich eine Deckung von Burnout und Erschöpfungsdepressionen vorstellen (vgl. ENZMANN & KLEIBER 1989,90). LAZARUS & LAUNIER (1981, zit. in: ENZMANN & KLEIBER 1989,91) „bezeichnen Depressionen zum einen als Stressemotion, zum anderen determiniert nach ihrer Hilflosigkeit, die sich bis zur Depression steigern kann. Depression wird also in ähnlicher Weise wie Burnout als Stressreaktion angesehen“. Tabelle 12 beinhaltet eine zusammenfassende Darstellung aller bereits bisher genannten Symptome (siehe Seite 25-30 sowie 86-91) von Burnout und Depression. Gleich wie bei Burnout und Stress (Siehe Tabelle 10, Seite 77) wurden die Symptome in 5 Kategorien unterteilt: emotionale, kognitive, motivationale, körperliche und verhaltensbezogene Symptome Tabelle 12: Symptome für Burnout und Depression Kategorie 1: Emotionale Symptome - Emotionale Erschöpfung: Niedergeschlagenheit und Verzweiflung, gedrückte Stimmung - Verflachung und Verlust positiver Gefühle: Liebe, Freude, Interesse - Entstehung negativer Gefühle und Einstellung zum Leben: 1) Verlust von Selbstvertrauen 2) Reduzierte Selbstachtung 3) Gleichgültigkeit 4) Schuldgefühle und unangemessene Selbstvorwürfe 5) Angstgefühle 6) Abstumpfung, Leere, Tod 7) Schwächegefühl 8) Ohnmachtsgefühle 9) Hilf-, Hoffnungs- und Sinnlosigkeit - Affektive Störungen: Liebe, Mitleid, Trauer, Freude werden nicht verspürt - Entstehung von Gefühllosigkeit - Genussunfähigkeit: schmecken, riechen, hören, sehen, fühlen 93 - Überhöhte Selbsteinschätzung oder Größenwahn - Gefühl der Unentbehrlichkeit - Soziale Ängste und Panikzustände - Wutausbrüche, Ungeduld, Kompromissunfähigkeit, Reizbarkeit - Selbstmordgedanken, Selbsthass Kategorie 2: Kognitive Symptome - Konzentrations- und Gedächtnisschwäche, leicht ablenkbar - Vergesslichkeit und reduzierte Merkfähigkeit - Zunahme von Denkstörungen, Einschränkung der Wahrnehmungen - Kreativitätsleistung nimmt ab - Negative Selbsteinschätzung 1) Schuldgefühle 2) Negatives Selbstwertgefühl 3) Selbstabwertung 4) Einsamkeit - Entscheidungsunfähigkeit - Angstgefühle: Sinn-, Hoffnungs- und Hilflosigkeit - Konstante Beschäftigung mit sich selbst, ständiges Klagen über somatische Beschwerden - Selbstmord Kategorie 3: Motivationale Symptome - Antriebsstörungen - Verlust von Interessen - Keine Spontanität - Passivität, Verringerte Initiative - Vermeidung von Verantwortung 1) Resignation 2) Flucht 94 Kategorie 4: Körperliche Symptome - Körperliche Erschöpfung 1) Chronische Müdigkeit 2) Energiemangel und Energieverlust 3) Veränderte psychomotorische Aktivität: agitiert-unruhig oder gehemmt-verlangsamt 4) Antriebsminderung 5) Niedergeschlagenheit 6) Reduzierte Vitalität, rasche Ermüdbarkeit, Kraft- und Schwunglosigkeit - Körpergefühlsstörungen: fehlendes Gefühl der Erholung und Entspannung - Beeinträchtigung im sensorischen Bereich: Hör-, Seh- und Tastvermögen - Muskelverspannungen, chronische Verspannungen, Muskelschmerzen - Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, Migräne und Übelkeit - Schlafstörungen - Herz-Kreislauf-Störungen 1) Herzklopfen und beschleunigter Puls, Herzbeschwerden und Herzbeklemmung 2) Engegefühl oder Stechen in der Brust 3) Erhöhter Blutdruck - Atembeschwerden, Kurzatmigkeit, Hyperventilation - Magen-Darm-Geschwüre - Gewichtsveränderungen, Veränderung des Appetits und der Essgewohnheiten Kategorie 5: Verhaltensbezogene Symptome - Gesteigertes Aktivitätsniveau (zu Beginn der Phase) oder motorische Ruhelosigkeit und gesteigerte Gesprächigkeit (manische Episode) - Hyperaktivität - Sozialer Rückzug 1) Meidung informeller Kontakte 2) Meidung von Gesprächen 3) Interesse und Begeisterungsfähigkeit sinkt: Kurz- und langfristige Ziele können aufgegeben werden. Früher wichtige persönliche Dinge werden weggegeben. 4) Aufgeben von Hobbys, Freunde treffen 5) Desinteresse und Langeweile 6) Einsamkeit - Selbstzerstörerisches Verhalten und erhöhte Risikobereitschaft 1) Verstärkter Drogenmissbrauch 2) Der Konsum von Alkohol, Koffein, Nikotin, verschriebener oder illegaler Mittel steigt 3) Veränderte Essgewohnheiten 4) Tollkühnes und leichtsinniges Verhalten, z.B. rücksichtsloses Fahren - Energieniveau ist niedrig und sinkt weiter ab - Zynismus und die Schuldzuweisung an andere wachsen 95 Abb.12 zeigt, dass je ausgeprägter Burnout ist, umso mehr korreliert es mit einer depressiven Episode. Abb.12: Burnout-Symptome überlappen bei zunehmender Intensität mit den Symptomen einer Depression nach HELL (2007) JAGGI (2008,11-12) versucht Burnout und Depression wie folgt zu unterscheiden: - Burnout ist vor allem auf berufliche Überlastungen beschränkt. - Depression ist nicht auf berufliche oder andere psychosoziale Belastungen (Arbeits- oder Partnerverlust) beschränkt, sondern schließt auch körperliche Symptome ein. - Die wahren Ursachen einer Depression bleiben meist unbekannt. FREUDENBERGER & NORTH (2005,39-41) fassen die Unterschiede von Burnout und Depression wie folgt zusammen: Tabelle 13: Unterschiede von Burnout und Depression Burnout - Als Auslöser wird Stress und tiefgreifende Depression - Müdigkeit gesehen. Verursacht durch ein oder mehrere Ereignisse, die mit einem Verlust zu tun haben. - Gekennzeichnet durch Verfall der Energie - Gekennzeichnet durch und der Werte. Veränderung der Gefühle Niedergeschlagenheit, Schwäche und und Wahrnehmungen durch Gefühle von Trauer. Kontrollverlust gegenüber der Umwelt sowie mit den Ansprüchen und den inneren Erwartungen fertigzuwerden. - Bezieht sich meist auf einen Lebensbereich, d.h. dass Menschen am - Beeinträchtigt die Gefühle und Stimmung in allen Lebensbereichen. Gefühle wie 96 - - Arbeitsplatz ausbrennen können, hingegen Freud-, Lust- oder Wertlosigkeit, Ekel zu Hause oder unter Freunden aufleben oder Kummer sind ständiger Begleiter des können. ganzen Lebens. Aufgegeben wird im Sinne durch - Neigt eher zum Aufgeben. Wenn Alkohol vermehrten Konsum von Alkohol und und Drogen konsumiert werden, dann um Drogen um den Energieverlust die schmerzlichen, depressiven Gefühle zu auszugleichen. verleugnen. Charakteristisch sind Veränderungen der - Persönlichkeit und im Verhalten: statt Charakteristisch sind Gefühle der Hoffnungs- und der Hilflosigkeit. ruhig und ausgeglichen – wütend und gereizt, statt vertrauensvoll – zynisch 7.4 Zusammenfassung ENZMANN & KLEIBER (1989,94) fassen zusammen, dass sehr viele Gemeinsamkeiten herrschen. Werden Entstehungsbedingungen, theoretische Konzepte, und Symptome betrachtet, so können große Ähnlichkeiten festgestellt werden. Die Unterschiede sind, dass von einer Depression als Krankheit erst dann gesprochen wird, wenn Symptome zwei Jahre präsent sind. Weiters können alle Lebensbereiche einer Person betroffen sein und sie machen sich zusätzlich für alles Schlechte verantwortlich. Jene Gefühle ziehen sich meistens durch das gesamte Leben. Burnout hat keine zeitliche Eingrenzung. Es besteht sogar die Möglichkeit, dass Betroffene privat aufleben und sich der Schuldzuweisungen entziehen können (vgl. KNAUDER 2005,34). Ein Vorteil auf der Seite des Burnouts ist jener, dass z.B. durch einen Arbeitsplaztwechsel bereits der Prozess aufgehoben werden kann und es dann auch keiner weiteren Therapie bedarf. Wird eine Depression durch ein kritisches Lebensereignis ausgelöst, so bedarf dies ein besonderes Therapieprogramm (vgl. ENZMANN & KLEIBER 1989,94). Die Folgen beider Krankheiten können dramatische Veränderungen im Leben eines Menschen hervorrufen. Symptome wie völlige Erschöpfung, Rückzug vom Leben, Verlust von positiven Gefühlen und Entwicklung von ausschließlich negativen Gefühlen sind nicht genug. Das Denken an Selbstmord bzw. der Vollzug oder die Ausübung ist die katastrophalste Folge. Egal wo die Zusammenhänge oder die Unterschiede, Auslöser oder Ursachen beider Konzepte liegen. Entscheidend ist, dass 97 betroffene Menschen einen hohen Preis dafür bezahlen müssen. 8. Bewältigungsstrategien Durch die Popularität von Burnout sind viele unterschiedliche Konzepte für eine Behandlung entwickelt worden. Als erster Weg für Betroffene, sich bestimmte Informationen einzuholen, würde sich eine Buchhandlung oder das Internet anbieten. In Büchern finden sich entsprechende Ratgeber oder Selbsthilfemanuale, welche erste Behandlungsperspektiven ermöglichen. Das Internet listet zahlreiche Anregungen und auch Angebote von möglichen Behandlungsmaßnahmen auf. Führen ausgesuchte Methoden zu einer Linderung bzw. Besserung der Beschwerden, so wurden die, für die jeweilige Person betreffenden, richtigen Strategien ausgewählt. Sind die Versuche, dem Burnout entgegenzuwirken, fehlgeschlagen und hat sich beim Betroffenen ein Gefühl von Hilflosigkeit entwickelt, so muss eine professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden. (vgl. HILLERT & MARWITZ 2006,234). Auf der Grundlage des Wissens, dass Burnout einerseits durch personenbezogene und andererseits durch arbeitsbezogene Faktoren ausgelöst werden kann, wird das Sichtfeld für Bewältigungsmaßnahmen enorm erweitert. Somit müssen nicht „nur“ Menschen eigene Strategien zur Behandlung bzw. zur Prävention von Burnout entwickeln, sondern auch Betriebe bzw. Organisationen. Wobei vorauszuschicken ist, dass Veränderungen von Seiten der Organisation eher unwahrscheinlicher sein werden. 8.1 Bewältigungsstrategien im Alltag Was kann jeder einzelne gegen das Burnout-Syndrom unternehmen bzw. welches Verhalten führt möglicherweise nicht in ein Burnout? FAUST (2007,133) findet als „wirkungsvollste Behandlung eine rechtzeitige und konsequente Vorbeugung“. 98 8.1.1 Individuelle Interventionsmöglichkeiten 8.1.1.1 Probleme erkennen und sich eine Auszeit gönnen Als erster Schritt ist eine gründliche Situations- bzw. Ursachenanalyse erforderlich. Das Eingestehen ein Problem zu haben wird meistens als Schwäche empfunden und daher auch anfangs nicht akzeptiert. Der menschliche Körper ist und bleibt ein Phänomen. Dies zeigt sich wie lange Menschen sich dahinschleppen und selbstquälerisch sein können, bis endlich die Einsicht erfolgt, doch etwas zu unternehmen, bevor ein Zusammenbruch eine Entscheidung erleichtert. Eine Analyse könnte folgende Fragen beinhalten (vgl. FAUST 2007,133): - „Welche Umweltbedingungen sind belastend?“ - „Welche eigenen Bedürfnisse und Ziele wurden vernachlässigt?“ - „Welche Fähigkeiten blieben unterentwickelt?“ - „Welche Vorstellungen sind unrealistisch?“ - „Wie gelangt man zu mehr Autonomie?“ - „Wie kann man mehr Freiheit für sich selbst gewinnen?“ Dauerstress und Überforderung wirken sich auf physischer, psychischer und/oder emotionaler Ebene aus. Das Verleugnen entsprechender Symptome sollte nicht mehr stattfinden, denn Leiden ist nicht normal (vgl. SAVAL & WENDT 2008, zit. in: WENDT & ENSLE 2008,89). Dazu beschreiben LAMMERT (1981), ALEXANDER (1980), sowie SCHAUFELI & ENZMANN (1998, zit. in: JAGGI 2008,28) Empfehlungen, dass Selbst- und Fremdwahrnehmungen geschärft werden sollten: - „Wo trage ich zu meinem Burnout bei?“ - „Welche Umweltfaktoren sind beteiligt?“ - „Welche Faktoren lassen sich beeinflussen, welche nicht?“ In Zeiten höchster Anstrengung mobilisieren Menschen alle Kraftreserven um durchzuhalten. Aussagen wie „nur noch eine Woche, einen Monat oder ein Jahr, dann ist es vorbei“ werden häufig geäußert. In solch einer Phase sind Menschen jedoch sehr verwundbar. Burnout wird als schleichender Prozess bezeichnet. Der Grund ist, dass Personen die eigenen Grenzen nicht kennen bzw. übersehen und Warnsignale nicht wahrgenommen werden. An dieser Stelle kann das Nehmen einer Auszeit große Erfolge leisten. Zusätzlich mit einem Freund oder einer Freundin kann die Situation leichter durchgestanden werden und sie helfen einem auch bei der Findung der Entscheidung, 99 ob man sich selbst oder seine Umwelt verändern muss (vgl. LITZCKE & SCHUH 2007,172-173). 8.1.1.2 Prioritäten setzen Das Setzen von Prioritäten hört sich einfach an, wird aber in der Praxis nicht so empfunden. Das Schreiben einer Liste mit den zu erledigenden Terminen reicht nicht aus. Viel schwieriger ist es die Termine nach Wichtigkeit und Dringlichkeit zu ordnen. Das richtige Zeitmanagement sollte dahin gelenkt werden, dass mehr Zeit für sich und andere (z.B. die Familie) da ist um das Leben auszuschöpfen und in vollen Zügen zu genießen (vgl. ROMING 1998, zit. in: LITZCKE & SCHUH 2007,82-83). Der Unterschied zwischen wichtigen und dringlichen Aufgaben ist jener, dass sich wichtige Aufgaben auf langfristige Ziele beziehen. Dringliche Tätigkeiten sind kurzfristiger und drängen sich in einem Arbeitsverlauf häufiger in den Vordergrund. Dadurch bleibt oft keine Zeit mehr das Wichtige zu erledigen und das Unerledigte wird daher in die Freizeit verlegt. Unerledigte Aufgaben verschaffen ein beklemmendes Gefühl, den Aufgaben nicht gewachsen zu sein. Ein erfolgreiches Zeitmanagement könnte auf folgenden Faustregeln basieren (vgl. LITZCKE & SCHUH 2007,86-88): - Vorlieben zurückstellen Im Arbeitsalltag wird Unwichtiges eher als angenehm und Wichtiges als unangenehm empfunden. Weiters ist die Dauer der Beschäftigung mit angenehmen Angelegenheiten höher als die mit Unangenehmen (Zeitfalle). Konsequenz: das notwendige Unangenehme vor dem angenehmen Unnötigen erledigen (vgl. LITZCKE & SCHUH 2007,88). - Vor Überlastungen schützen Um sich selbst vor Arbeitsüberlastung zu schützen, muss gelernt werden, die Arbeit abzugeben bzw. zu teilen und nicht immer alles alleine zu machen. Konsequenz: Delegieren lernen (vgl. LITZCKE & SCHUH 2007,88). - Kein schlechtes Gewissen mehr Bereitet das Unerledigte ein schlechtes Gewissen, so muss auch hier etwas dagegen gemacht werden. Es kann nicht alles zugleich und sofort erledigt werden. Eine weitere 100 Möglichkeit sich vor Zeitnot zu bewahren, wäre z.B. ein Terminkalender und/oder ein „Wiedervorlagesystem“, welches helfen soll, Termine zu verlegen und unerledigte Aufgaben vorübergehend zu vergessen ohne ein schlechtes Gewissen zu haben (vgl. LITZCKE & SCHUH 2007,88). - Perfektionismus Perfektionismus ist ein Persönlichkeitsmerkmal, welches zusammen mit anderen, ausschlaggebend für einen Burnout-Prozess sein kann (siehe Seite 52). Konsequenz: nur so viel Perfektion wie nötig! Schluss mit den überhöhten Ansprüchen an sich selbst. Eine Korrektur der Selbsteinschätzung in Richtung „geistige Leistungsfähigkeit, seelische Stabilität, die körperliche Belastbarkeit, die psychosozialen Bedingungen der Partnerschaft, der Familie, des beruflichen Umfeldes usw.“ durchführen (FAUST 2007,133). - Nein sagen Ganz wichtig ist der Mut zum „Nein“ sagen. „Das jetzt nicht, das andere ist wichtiger“, „jetzt nicht, kommt erst später dran“, „ist nicht meine Aufgabe“ oder „das reicht, es geht nicht mehr“ kann eine gute Strategie gegen die Zeitnot, das Unerledigte und den Perfektionismus sein. Durch ein gutes Zeitmanagement kann der Tag besser strukturiert werden (Abb.13) und auch ein stressfreieres Arbeiten ermöglichen (vgl. LITZCKE & SCHUH 2007,89). Abb.13: Ein möglicher Weg zum stressfreien Arbeiten 101 8.1.1.3 Kontrolle zurückgewinnen Das Spüren und Wahrnehmen der eigenen Grenzen („jetzt ist es genug“) ist entscheidend, um Veränderungen an sich und seiner Umwelt vorzunehmen. Das Ziel, wie ein Roboter zu funktionieren, sollte nicht angestrebt werden. Nur wer sich die Zeit nimmt, um über seine Arbeits- und Lebensziele nachzudenken und auch gegebenenfalls nachzuverbessern, kann bei verlorener Sinnhaftigkeit wieder zu neuem Lebensmut gelangen. Um die Kontrolle zurückzugewinnen, müssen eigene Bedürfnisse und Wünsche bewusst gemacht werden: - „Was braucht man, um ein glückliches und zufriedenes Leben zu führen?“ - „Was braucht man, um wieder mit Interesse und Leichtigkeit der beruflichen Aufgabe nachzukommen?“ Das Einrichten eigener Puffer bzw. Filter kann eine ständige Überforderung verhindern, z.B. ein zeitlicher oder technischer Filter (Anrufbeantworter oder ein personeller wie eine Sekretärin) dient dazu, nicht ständig erreichbar zu sein, um so seine Arbeit abzuschließen ohne permanent herausgerissen zu werden (vgl. LITZCKE & SCHUH 2007,173). SAVAL & WENDT (2008, zit. in: WENDT & ENSLE 2008,90) beschreiben mögliche Filter, wie Urlaubs- und Erholungstage einplanen, Freizeit von der Arbeit zu trennen sowie Handy, Laptop und/oder Unterlagen zu Hause zu lassen und Gestalten von regelmäßigen Pausen während der Arbeit. 8.1.1.4 Nein sagen Der Schutz der eigenen Gefühle und Zeit vor erhöhten Anforderungen und Ansprüchen kann durch ein klares und deutliches „nein“ erfolgen (vgl. SAVAL & WENDT 2008, zit. in: WENDT & ENSLE 2008,89). Allerdings sollten zum Nein Begründungen und/oder Alternativvorschläge angeboten werden, wie z.B. (vgl. LITZCKE & SCHUH 2007,174): - „Das schaffe ich nicht in der Zeit, die wir dafür zur Verfügung haben. Mögliche ist das nur, wenn ich im Gegenzug eine weniger wichtige Aufgabe abgeben kann“. - „Wir können es schaffen, aber nur mit mehr Personal und mehr Zeit“. - „Ich weiß nicht, wie wir diesen Termin erfüllen können. Was würde denn 102 passieren, wenn wir erst eine Woche später fertig wären?“ Erleichternde Umstände werden durch das Ansprechen von kritischen Themen, das Pflegen von Kommunikation und das Aushalten von höflicher Kritik herbeigeführt. Ständiges Nachdenken und Sorgen um bestimmte Dinge nimmt viel Zeit in Anspruch, welche für wirkliche Bedürfnisse eingenommen werden könnte. Das Auftreten von Sorgen und Ängsten kann durch ein Gespräch mit Freunden, mit der Familie oder mit einer professionellen Beratung bewältigt werden. Entweder werden die Umstände in der Arbeit oder in der Beziehung geändert oder wenn gar keine Lösung greifbar erscheint, hilft es nur mehr sich zu trennen (vgl. SAVAL & WENDT 2008, zit. in: WENDT & ENSLE 2008,90). 8.1.1.5 Pause machen Das Einhalten von Pausen dient der wichtigen Phase der Regeneration. Das Prinzip der Erholung ist genau so entscheidend für die Arbeitsleistung wie die Arbeit selbst. Häufig wird die unerledigte Arbeit zu Hause fortgeführt und verhindert damit die Entspannungsphase. Die Trennung von Beruf und Privat sollte ein fester Bestandteil des Lebens sein. Die abendlichen Arbeitspausen sollten für persönliche Bedürfnisse und die Pflege eigenständiger Lebensgestaltungen genutzt werden. Außerdem sollten Urlaubs-, Sonn- und Feiertage zur Erholung genutzt und nicht durch Freizeitstress ersetzen werden (vgl. LITZCKE & SCHUH 2007,174). Die richtige Balance zwischen Arbeit, Familie und Freizeit wird als wichtiger Faktor für die Erholung von Burnout gesehen (vgl. CHERNISSE 1999, zit. in. LITZCKE & SCHUH 2007,174). Pausen helfen: - „sich in einem hektischen Umfeld zu stabilisieren“ - „Strukturen im Arbeitsalltag zurückzuerobern“ - „Zeit zur Reflexion und damit für gute Ideen zu gewinnen“ Eine Pause stellt eine gute Möglichkeit dar, kurzfristige Stressbewältigungsstrategien zum Einsatz zu bringen. Kurzfristige Strategien haben eine Stressreaktions mildernde und Stressspitzen kappende Funktion. Diese Maßnahmen werden unmittelbar nach der stressauslösenden Situation durchgeführt. Sie müssen schnell wirken und sind daher einfache und weniger komplexere Strategien (vgl. LITZCKE & SCHUH 2007,53-55). 103 - Spontane Erleichterung z.B. tief durchatmen, Kurzentspannung, sich ausstrecken (vgl. HILLERT & MARWITZ 2006,238). Zum Thema Kurzentspannung ist zu erwähnen, dass Entspannungstechniken erlernt werden müssen um eine aktuelle Erregung zu minimieren. Eine Möglichkeit zur Kurzentspannung könnte vielleicht folgende Übung sein (vgl. LITZCKE & SCHUH 2007,53-55): 1. Bequem hinsetzen und Augen schließen. 2. Hände hinter dem Kopf verschränken, Ellenbogen nach hinten drücken, Kopf gegen die Hände pressen. 3. Zähne und Lippen fest aufeinander pressen. 4. Beine vorstrecken, Fußspitzen nach unten drücken, alle Muskeln anspannen. 5. Beim Einatmen wölbt sich die Bauchdecke nach außen. Beim Ausatmen durch den Mund fällt sie locker nach hinten. 6. Dann alle Glieder fallen lassen, lockeres Gefühl im ganzen Körper. Eine Minute völlig entspannt bleiben, ruhig durchatmen. 7. Langsam aufstehen und die Arme hoch strecken. 8. Nun sagen: „Ich fühle mich wohl und erfrischt. Ich bin hellwach und ganz ruhig“. - Wahrnehmungslenkung z.B. aus dem Fenster ins Grüne schauen, das Foto der Kinder auf dem Schreibtisch betrachten, ein Lied im Radio hören usw. (vgl. HILLERT & MARWITZ 2006,238). Weiters hilft z.B. am Computer spielen, zum Kopieren gehen, mit Freunden telefonieren, Schreibtisch aufräumen, spazieren gehen und Blumen gießen. Kurze körperliche Übungen könnten folgend aussehen (vgl. LITZCKE & SCHUH 2007,5355): 1. Rundblick: Kopf langsam nach links beugen und langsam nach rechts beugen. 2. Gefesselte Hände: Hände fassen sich auf dem Rücken. Schultern weit nach vorne und dann weit nach hinten ziehen. 3. Katzenbuckel im Sitzen: Hände auf die Oberschenkel legen. Kopf und Brust langsam senken, so weit es geht. Dann langsam aufrichten, Wirbel um Wirbel und schließlich Brust nach vorne schieben. 104 4. Klavierübung: Hände in Schulterhöhe vor sich halten. Zur Faust ballen und dann abwechselnd kräftig spreizen. 5. Wachsen: Im Stehen einen Arm so hoch recken wie möglich. Dann den anderen Arm hoch strecken. Mehrmals durchführen und jedes Mal etwas höher kommen. 6. Beine im Sitzen strecken und knapp vom Boden abheben. Langsam abwechselnd die gestreckten Beine anheben. - Positive Selbstgespräche z.B. „Das schaffe ich schon“, „So schnell gebe ich nicht auf“, „In der Ruhe liegt die Kraft“ (vgl. HILLERT & MARWITZ 2006,238). - Abreaktion z.B. auf den Tisch hauen, mit Schwung eine Treppe hinauflaufen (vgl. HILLERT & MARWITZ 2006,238). STOLLREITER (2000, zit. in: LITZCKE & SCHUH 2007,55) meint, dass das Abreagieren kurzfristig eine Lösung darstellt, weil dadurch die Stresshormone gleich abgebaut werden, längerfristig jedoch nicht zu empfehlen ist. Das Gefühl nach einem Wutausbruch, z.B. lautes Schimpfen im Auto, auf den Tisch hauen, mit dem Fuß auf den Boden stampfen, wird als angenehm empfunden. Aussagen wie: „Jetzt geht‟s mir wieder besser“, schließen die Aktion ab. Allerdings gerät man immer öfter und immer leichter in Rage, was langfristig nicht förderlich ist da solche Reaktionen zu einem Aggressionsaufbau führen können. Sinnvolle Maßnahmen zur Abreaktion wären z.B. sportliche Wettkämpfe (Kampfsport), die Treppe hoch rennen, Holz hacken, etc. (vgl. LITZCKE & SCHUH 2007,55). 8.1.1.6 Gesunde Lebensweise Der am Häufigsten geäußerte Wunsch lautet: „Gesund zu bleiben!“ In Wirklichkeit dagegen sieht es ganz anders aus. - Ausreichend Schlaf Durch die Verminderung der Schlafdauer droht ein schleichendes Schlaf- bzw. Regenerationsdefizit. Genügend Schlaf ist eine wichtige präventive Maßnahme gegen das Burnout-Syndrom (vgl. FAUST 2007,134). 105 - Ausreichend körperliche Aktivität Aufgrund der Vielfalt der Sportarten ist es wichtig, sich für eine Bewegungsform zu entscheiden, die einem Spaß und Freude bereitet. Um die Reserven wieder aufzufüllen sollten körperliche Aktivitäten in regelmäßigem und vernünftigem Maße betrieben werden. Der tägliche Spaziergang, wenn möglich bei Tag und im Wald, Fahrradfahren, Schwimmen, Gymnastik, Gartenarbeit, usw. sind empfehlenswert (vgl. FAUST 2007,135). Genauer dann bei Kapitel 9 (Sport- und Körpertherapie bei Burnout). - Gesunde Ernährung Ein zu viel oder ein zu wenig ist auch bei der Ernährung nicht von Vorteil. Wichtig wäre es, einen Mittelweg zu finden. Es sollte mehr Obst und Gemüse gegessen werden, weiters werden selbstgeschrotetes Vollkornprodukte Müsli) sowie empfohlen. faserreiche Außerdem hilft Nahrungsmittel eine (z.B. ausreichende Flüssigkeitszufuhr in Form von Wasser, dass Gifte und Abfallstoffe aus dem Körper transportiert werden (vgl. FAUST 2007,136). - Verzicht auf Genuss- und Suchtmittel Verminderung von Tabak, Koffein, Süßigkeiten, Alkohol und aufputschenden Getränken (vgl. FAUST 2007,136). - Keine Drogen Absoluter Verzicht auf Drogen, sowohl auf harte als auch auf sogenannte weiche Drogen wie Haschisch, Marihuana oder Ecstasy (vgl. FAUST 2007,136). - Kontakte pflegen Kontakt zu der Familie, Nachbarn, Bekannte, Freunde und Kollegen müssen unbedingt beibehalten werden. Der Verlust von zwischenmenschlichen Beziehungen bedeutet in Zeiten der Not komplett zu vereinsamen, da vielleicht keiner mehr da ist, mit dem man reden kann um sich etwas Zuspruch zu holen. Deshalb sollten Beziehungen zu Freunden und zur Familie stets aufrechterhalten werden (vgl. FAUST 2007,137). - Hobbys pflegen Sowie körperliche Aktivitäten nehmen auch Hobbys einen hohen Stellenwert in der Prävention ein. Sie sind ein „wichtiger Teil der Gesundheitserhaltung, eine wirksame 106 Selbstheilungsmaßnahme sowie ein angspartes Vermögen für psychosoziale Notzeiten“ und dienen vor allem der Regenerationsphase und als Ausgleich für einen stressigen Tag (vgl. FAUST 2007,136-137). - Zufriedenheitserlebnisse im Alltag Zufriedenheitserlebnisse im Alltag sollten durch Hobbies bzw. andere angenehme Freizeitaktivitäten vermittelt werden. Als präventive Maßnahme dient Sport als Ablenkung, als Vermittler von Spaß, Entspannung, Zufriedenheit und auch um den Körper fit zu halten. Das Vernachlässigen von Hobbies und sozialen Aktivitäten durch ständiges Arbeiten führt zur Schieflage von Anspannung und Entspannung (vgl HILLERT & MARWITZ 2006,242-243). - Erlernen von Entspannungstechniken Entspannungstechniken sollten nicht erst erlernt werden, wenn man akut betroffen ist, sondern, man soll sie vorbeugend üben. Dazu zählen z.B. Autogenes Training, Yoga, Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson usw. (vgl. FAUST 2007,136). Ebenfalls genauer dann bei Kapitel 9 (Sport- und Körpertherapie bei Burnout). 8.1.2 Interventionen im Bereich des Arbeitgebers Wenn Burnout aus einer Fehlpassung zwischen Arbeiter und Organisation entstanden ist, so besteht die Möglichkeit, dass Maßnahmen von Seiten der Organisation oder der Arbeiter erfolgen können. Von Seiten der Organisation sollten Strategien entwickelt werden, welche auf die Bedürfnisse und Interessen der Mitarbeiter abgestimmt sind. 8.1.2.1 Maßnahmen für den einzelnen Mitarbeiter SAVAL & WENDT (2008, zit. in: WENDT & ENSLE 2008,104-105) nennen folgende Möglichkeiten für den Arbeitnehmer, sich vor einem berufsbedingten Burnout zu schützen: - Gesundheits-Checks und Vorsorgeuntersuchungen - Informationsveranstaltungen - Seminare, Trainings und Beratungen, z.B. zu den Themen Stress, Entspannung, Ernährung, Rückenschule, Richtiges Heben und Tragen etc. 107 - Coaching und Supervision - Sportangebote, z.B. Lauf- und Walkingtreffs, verschiedene Bewegungspraktiken, Anschaffung von Fitnessgeräten etc. - Umstellung der Betriebsküche auf ausgewogene Ernährung - Ergonomisch richtige Gestaltung von Arbeitsplätzen und Tätigkeiten sowie die Möglichkeit der persönlichen Gestaltung des Arbeitsplatzes - Stressmechanismen verstehen – im Menschen, in Organisationen - Bestandsaufnahme der eigenen Stressbelastung, der Energiefresser Weitere Burnout-Interventionen sind nach BURISCH (2006,248): - Verbesserung des Zeitmanagements - Training in sozialer Geschicklichkeit - Bekämpfung unrealistischer Erwartungen - Optimierung der Work-Life-Balance - Kollegiale Unterstützungsgruppen - Individuelle kollegiale Unterstützung - Coaching und Beratung - Karriereplanung - Arbeitsplatzwechsel Eine wichtige Maßnahme für jeden Mitarbeiter ist das Setzen von Prioritäten (siehe Seite 100). Dabei werden Erfahrungen im Unterscheiden zwischen den Anforderungen seitens des Betriebes und den selbst auferlegten Pflichten gemacht und dies führt zu mehr Autonomie. Weiters kann durch Zielvereinbarungen oder durch ein Nichteinhalten des strengen Dienstplans mehr Handlungsfreiheit erlangt werden. Ein vermehrter Einsatz in Richtung Anbietung umsetzbarer Verbesserungsvorschläge kann zu Erfolgserlebnissen und zu einer Selbstbelohnung führen. Ein harmonisches Arbeitsteam erhöht die Leistung und das Engagement und steigert die Wertschätzung unter Kollegen (vgl. LITZCKE & SCHUH 2007,172). 8.1.2.2 Betriebliche Maßnahmen Möglichkeiten wären z.B. die Verkürzung von Schichten, längere oder mehrere Arbeitspausen, das Gewähren von Sonderurlaub, Jobrotationen, Rückmeldungen über 108 Leistungen, mehr Entscheidungsfreiheit bzw. Selbstbestimmung von Arbeitsausführung oder die Teilnahme an Supervisionen und Coaching (vgl. LITZCKE & SCHUH 2007,171). Zu den betrieblichen Maßnahmen zählen SAVAL & WENDT (2008, zit. in: WENDT & ENSLE 2008,105-106) folgende Möglichkeiten: - Optimierung betrieblicher Arbeitsabläufe - Teamsupervision - Teamworkshops zur Prävention - Belastungsreduktion durch Einführung eines Schichtmodells - Erarbeitung von Pausenplänen und -regelungen - Einführung lebensphasenorientierter Arbeitszeitmodelle (Wochenarbeitszeitverkürzung ab 50, flexible Arbeitszeiten, Gleitpension, Wahlarbeitszeiten, bedürfnisorientierte Teilzeitarbeit, Arbeitszeitkonten etc.) - Individuelle Tätigkeitserweiterungen - Verbesserung der innerbetrieblichen Informationsflüsse - Erstellung von Arbeitsplatzbeschreibungen und Anforderungsprofilen - Erarbeitung individueller Qualifizierungs- und Weiterbildungspläne - Lernen am Arbeitsplatz durch Lernzeiten oder E-Learning - Gesundheitszirkel einführen - Personalplanung - Personalentwicklung betreiben - Wichtig ist darüber hinaus eine fundierte Ausbildung der Personalvertreter und Betriebsräte sowie der Sicherheitsvertrauenspersonen, damit diese in der Lage sind, stresserzeugende Arbeitsbedingungen rechtzeitig zu erkennen und diese wirkungsvoll und aktiv im Interesse der Beschäftigten verändern zu können. - Analyse der Faktoren, die im gemeinsamen Arbeiten „stressen“ - Betriebliche Stressanalyseverfahren „IMPULS“ zum Erkennen von Stressoren und Optimieren von Ressourcen im Betrieb BURISCH (2006,250-252) hat ebenfalls viele Maßnahmen aufgelistet und beschrieben, welche jedoch bereits von SAVAL & WENDT erwähnt wurden. Hinzuzufügen sind noch folgende Möglichkeiten: - Konfliktmanagement, Informationsfluss und Entscheidungsbeteiligung 109 CHERNISS (1995) umschreibt dieses Thema mit „Trainings zur Verbesserung des organisationalen Verhandlungsgeschick“. „Es geht um die Fähigkeit Konflikte mit Kollegen und Vorgesetzten zu vermeiden oder zu lösen; die Fähigkeit für eigene Initiativen die Unterstützung der Organisationen zu finden; einen analytischen und bedeutsamen Umgang mit Schwierigkeiten innerhalb der Organisation“ (CHERNISS 1995, zit. in: BURISCH 2006,251). - Mitarbeiterbefragung und psychosozialer Check-up - Vorbeugende Sozialisierung Bewerber sollten gleich beim ersten Gespräch mit der Realität vertraut gemacht werden. Garantieren eines langsamen Einführens in den Arbeitsprozess wäre gerade für Berufsanfänger eine enorme Erleichterung. Weiters ist von Vorgesetzten zu erwarten, dass bei erkennbaren anfänglichen Erschöpfungssymptomen sofort gehandelt werden sollte. Betroffene könnten bei einem externen Mentor, der ein unabhängiges Verhältins zum Betrieb hat, über belastende Erfahrungen sprechen und Hilfe erwarten. - Keine Überzeitexzesse - Firmeneigene Hilfsangebote Ursprünglich für Alkoholiker gedacht, werden heutzutage auch Themen wie Familie, Gesundheit, Ehe und Stress aufgegriffen. - Sozialplan (Outplacement) Das Vorschlagen von neuen Arbeitstellen für entlassene Mitarbeiter. 8.1.2.3 Maßnahmen für die Führungskräfte Das Verhalten von Führungskräften leistet einen höheren Beitrag an Burnout zu leiden als eine hohe Arbeitsbelastung (vgl. CHERNISS 1980b, 1999, zit. in: LITZCKE & SCHUH 2007,171). Die ständigen Forderungen noch schneller und noch mehr zu arbeiten führen allmählich zu negativen Arbeitseinstellungen. Das Erhöhen der Arbeitsmenge und es dann auch noch als selbstverständlich zu betrachten, dass diese erledigt wird, ohne dementsprechend gelobt zu werden, führt mit großer Wahrscheinlichkeit in ein Burnout. Weiters steht für Führungskräfte oft nicht die Qualität im Vordergrund, sondern die Quantität. Mitarbeiter ziehen allerdings die Qualität vor und so entstehen oft nicht lösbare Konflikte. Verfolgt man die eigenen Bedürfnisse, nämlich die Arbeit nach seinen Vorstellungen zu erledigen, so ist oft die 110 Führungsebene unzufrieden, erledigt man die Arbeit aber nach den Vorstellungen der anderen, dann ist man mit sich selbst unzufrieden. Die Mitarbeiter erleben ihren Sinn und Wert des eigenen Handelns in der Institution durch ihre Führungskräfte (vgl. LITZCKE & SCHUH 2007,171-172). SAVAL & WENDT (2008, zit. in: WENDT & ENSLE 2008,106) beschreiben folgende Maßnahmen für Führungskräfte: - Einführung von Mitarbeitergesprächen - Führungskräfte-Coaching - Feedbackgespräche von Mitarbeitern an Führungskräfte - Weiterbildungsaktivitäten für Führungskräfte - Prämien für Verbesserungsvorschläge von Mitarbeitern (gesunheitsfördernde Verbesserungen) - Aufklärung/Information über Gruppenprozesse - Gruppen- und Teamtraining (z.B. Konflikttraining, Kommunikationstraining) - Führungstraining (Training von Führungsverhalten) - Regelmäßige Supervision (zumindest in jenen Teilen der Organisation, in denen von der Arbeitsaufgabe her besondere Belastungen auftreten wie z.B. in Beratungsdiensten mit persönlichem Kundenkontakt) - Stressmechanismen verstehen – im Menschen, in Organisationen - Potenzialanalysen - Bestandsaufnahme der eigenen Stressbelastung, der Energiefresser 8.2 Bewältigungsstrategien mit professioneller Unterstützung Können Menschen sich selbst nicht helfen, so muss eine Unterstützung auf eine andere Art und Weise geschehen. Aus diesem Grunde gibt es Menschen, die einem helfen können und auch wollen. Die folgenden Therapien wurden nach BURISCH (2006,278282) zusammengefasst. Weites wird erwähnt, wann eine Therapie sinnvoll ist und wann sie nicht eingesetzt werden sollte. Da es sich bei der professionellen Unterstützung um Psychotherapie handelt, wird nur kurz darauf eingegangen. 111 8.2.1 Gesprächspsychotherapie (GT, Nondirektive Therapie, Klientenzentrierte Psychotherapie) Ziel: nicht-akzeptierte Wesensteile zutage zu fördern, sie anzunehmen und in die Persönlichkeit integrieren zu lernen. Die GT ist als erster Versuch sehr empfehlenswert. Der Therapeut versucht die Selbstanalyse des Betroffenen zu fördern und leistet somit Hilfe zur Selbsthilfe. Außerdem finden „Ausbrenner“ schwer einen Zugang zu ihren Gefühlen und werden daher auch dementsprechend behandelt. 8.2.2 Logotherapie (LT) Ziel: den Klienten Antworten auf die fundamentale Sinn-Frage finden zu lassen, die ab einem gewissen Stadium gestellt wird. Die LT sollte stützend vom Betroffenen erlebt werden und nicht aufdeckend. 8.2.3 Rational-emotive Therapie (RET) Ziel: aufsuchen von gespeicherten Glaubenssätzen oder „Mythen“ und in Frage stellen. Im Allgemeinen sollen äußere oder innere Ereignisse nicht direkt zu emotionalen oder Verhaltensreaktionen führen, sondern über eine Bewertungsinstanz vermittelt werden. Ein Gefühl der Niedergeschlagenheit wird sich dann verankern, wenn eine Abweisung oder Kritik im eigenen „Glauabenssystem“ nie erlebt werden darf. Unrealistische Einstellungen und Ziele sind häufig zum Scheitern verurteilt. 8.2.4 Transaktionsanalyse (TA) Ziel: Klient und Therapeut einigen sich auf die Therapieziele und ihre beiderseitigen Zuständigkeiten, um die Ziele zu erreichen. Die TA ist für Betroffene aussichtsreich und sinnvoll. Klienten lernen wieder Verantwortung für ihr Leben zu übernehmen. Die Grundprobleme wie z.B. die Selbstbewertung, die gestörten Sozialkontakte, die unrealistischen Anspruchssetzung oder die Erschöpfung werden von der TA in Behandlung genommen. Dazu werden auch frühere Erlebnisse und die dazu entstandenen Gefühle aufgearbeitet. 112 8.2.5 Gestalttherapie Ziel: Erfahrungen im Hier-und-Jetzt, Experimente mit dem eigenen Verhalten und seinen emotionalen Folgen, Wiederfindung der Selbstverantwortung für das eigene Leben Symptome wie z.B. Spontanitätslosigkeit, Emotionsunterdrückung oder Vermeidung von Erfahrungen mit sich und anderen finden sich oft bei Burnout. Die Gestalttherapie versucht mit handgreiflichen Erfahrungen, gespielten oder imaginierten Verhaltensweisen entgegenzuwirken. 8.2.6 Psychodrama (PD) Ziel: Förderung der Spontanität und Aktivierung der ansonsten sehr zurückgehaltenen „Ausbrenner“. Das Psychodrama wird grundsätzlich nur in Gruppen durchgespielt. Es handelt sich hierbei um Rollenspiele, welche „Rekonstruktionen biographisch relevanter Szenen eines Protagonisten“ herbeiführen können (BURISCH 2006,281). Die anderen Teilnehmer schlüpfen dabei in verschiedene Rollen, helfen so der Hauptfigur in Kontakt mit oft bewegenden Gefühlsregungen zu kommen und bewirken dadurch unter Umständen korrigierende Erfahrungen zu machen. 8.2.7 Katathymes Bilderleben (KB) Ziel: Über imaginierte Vorstellungen symbolisierte Personen zu finden und auch typische Konfliktsituationen aufzudecken. Das Versetzen durch den Therapeuten in einen leicht entspannten Zustand und dazu die Vorstellung z.B. einer Wiese oder eines Bachs lassen die Imagination starten. Selbstständig entwickelte spontane Szenen werden vom Klienten weitergeführt und vom Therapeuten kontrolliert gesteuert. BURISCH sieht diese Therapieform als sehr geeignet für „Ausbrenner“. 113 8.2.8 Körpertherapien Ziel: Denken, Fühlen und Handeln vermehrt Aufmerksamkeit schenken. Die Arbeit richtet sich direkt an Muskeln und Gelenke, Haltung und Atmung und besteht hauptsächlich aus Atem-, Streck-, Beuge- und Massagetechniken. Negative Emotionen (wie z.B. Angst) können durch bestimmte Methoden (z.B. Atemübungen) überwunden werden. Das Auflösen von Verspannungen in den betroffenen Körperregionen kann eine befreiende Wirkung für das gesamte Leben beinhalten. Zu bedenken ist, dass nicht gleich beim ersten Mal der richtige Therapeut gefunden werden kann. Anfangs ist auch gleich klarzumachen, dass das Verhältnis von beiden Seiten gelöst werden kann, sowohl nach der ersten als auch nach mehreren Sitzungen. 9. Sport- und Körpertherapie bei Burnout Die Ansätze zur Behandlung von psychischen Erkrankungen stammen aus dem Bereich der Psychotherapie. Dadurch haben sich unterschiedliche Verfahren entwickelt, welche speziell auf die Psyche positive Auswirkungen haben. Dem Körper selbst wurde dabei weniger Aufmerksamkeit geschenkt und durch die Trennung von Körper und Geist geriet der Aspekt der psychophysischen Ganzheitlichkeit des Menschen anfangs immer weiter in den Hintergrund. MÜLLER (1987, zit. in: WILHELMI 1991,45) beschreibt, dass der Körper ein wichtiges Element für den Menschen darstellt und sich daher die Psychologie und Psychotherapie in diesem Bereich einer Weiterentwicklung nicht entziehen konnten. Neue Verfahren mit Einbeziehung des Körpers fanden in der Psychotherapie ihren Ursprung und sind heute als sogenannte Körperzentrierte Psychotherapie bekannt. Die positiven physischen und psychischen Auswirkungen des Sports sind unumstritten. „Bewegung und Sport einerseits als Zugang zur erkrankten Psyche und andererseits als Brücke zur Umwelt verdienen eine gesteigerte Aufmerksamkeit“ (WILHELMI 1991,45). Leider finden sie gerade im Bereich der psychischen Erkrankungen nur zögerlich Eingang. Durch welche Eigenschaften können Sport und Bewegung zu einer effektiven Rehabilitation bzw. Prävention von Burnout beitragen? Zuerst wird ein Blick in die Sporttherapie der Psychiatrie geworfen, um die Grundkenntnisse des Sports für psychisch Erkrankte zu verstehen. Die beiden Themen, Stress und Depression, haben 114 für Burnout, vorallem was die Entstehung und Auswirkung betrifft, eine große Bedeutung. Aufgrund der engen Beziehung von Burnout und Stress, Burnout und Depression sowie Stress und Depression können Stress- sowie Depressionsbewältigungsmaßnahmen für die Burnout-Problematik herangezogen werden. 9.1 Begriffliche Eingrenzungen 9.1.1 Prävention Unter Prävention wird im allgemeinen nach SCHWARTZ & WALTER (2000, zit. in: BJARNASON-WEHRENS in: ROST (Hrsg.) 2005,402) folgendes verstanden: „Die Prävention umfasst alle Maßnahmen, die gezielt darauf ausgerichtet sind, das Entstehen einer Krankheit zu verhindern, weniger warhscheinlich zu machen oder zu verzögern – oder ihren Verlauf zu verlangsamen“. Burnout kann als psychische Erkrankung gesehen werden und wird auch größtenteils nur im psychiatrischen und psychosozialen Bereich behandelt. Der Prävention von psychischen Erkrankungen müsste die gleiche Aufmerksamkeit geschenkt werden wie der Prävention von physischen. Laut WHO wird in eine Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention unterschieden. 9.1.1.1 Primärprävention „Primärprävention umfasst alle Maßnahmen, die das erstmalige Auftreten psychischer Störungen verhindern“ (ENQUETE 1975, zit. in: WILHELMI 1991,12). Bei der sogenannten Erstvorbeugung geht es darum, dass im Vorfeld Maßnahmen gesetzt werden, die beim gesunden Menschen zur Anwendung kommen ohne dass bereits Symptome aufgetreten sind (vgl. SCHÜLE 1987, zit. in: WILHELMI 1991,12) und welche die Widerstandsfähigkeit des Individuum erhöhen um vor krankheitsfördernden und schädigenden Faktoren zu schützen (vgl. ENQUETE 1975, zit. in: WILHELMI 1991,12). 115 9.1.1.2 Sekundärprävention „Sekundärprävention soll die weitere Ausprägung und Verfestigung früh erkannter psychischer Störungen verhindern oder ihre Verlaufsform und -dauer beeinflussen“ (ENQUETE 1975, zit. in: WILHELMI 1991,14). Bereits in dieser Phase vermischen sich die Interventionsmöglichkeiten der Prävention und der Rehabilitation miteinander (vgl. SCHÜLE 1987, zit. in: WILHELMI 1991,14). 9.1.1.3 Tertiärprävention „Tertiärprävention umfasst alle Maßnahmen, die beim Vorliegen pathologischer Symptome angewendet werden, um einerseits weitere möglicherweise hieraus resultierende Schäden körperlicher, psychischer und sozialer Art (Sekundärschäden) zu verhüten, andererseits jene (Risiko-) Faktoren zu minimieren oder auszuschalten, die die Symptome verursacht haben“ (SCHÜLE 1987, zit. in: WILHELMI 1991,15). Die Aufgabenbereiche der Tertiärprävention sind inhaltlich mit denen der Rehabilitation gleichzustellen (vgl. WILHELMI 1991,15). 9.1.2 Rehabilitation „Rehabilitation ist ein umfassender und einheitlicher Prozess, indem ein körperlich, seelisch, geistig oder sozial bleibend oder langfristig Behinderter oder ein von Behinderung Bedrohter mit differenzierten und fachgerechten Hilfen der Gesellschaft lernt, seine Behinderung zu beheben oder zu verringern und soweit wie möglich durch Entfaltung verbliebener Fähigkeiten und Begabungen auszugleichen, sowie eine der bleibenden Behinderung angepasste Stellung in der Gesellschaft, und wenn möglich im Arbeitsleben (wieder) einzulernen“ (BLUMENTHAL & JOCHHEIM 1976, zit. in: BJARNASON-WEHRENS in: ROST (Hrsg.) 2005,403). Die Ziele der psychischen Rehabilitation sind nach HÄFNER (1976, zit. in: HUBER (Hrsg.) in: WILHELMI 1991,22-23): - die Folgen der Krankheit und eventuelle ungünstige Folgen ihrer Behandlung soweit abzubauen als möglich. - das Risiko von Krankheitsrückfällen und Wiederaufnahme zu verringern. 116 - Die verbleibenen oder hinzugewonnen Fähigkeiten so einzusetzen, dass die psychischen und ökonomischen Belastungen für die Betroffenen selbst, ihre Angehörigen und für die Gesellschaft möglichst gering bleiben. Die Rehabilitation basiert auf einem stufenförmigen Prinzip. Als erstes werden die verbliebenen Fähigkeiten so gut als möglich stabilisiert. Danach erfogt über ein Anheben der zu bewältigenden Aufgaben eine Steigerung des Grundniveaus. Mit dieser erhöhten Ausgangsposition können weitere schwierigere Aufgaben gelöst werden, welche in weiterer Folge die Basis weiter festigen und zusätzlich Reserven bilden (vgl. WILHELMI 1991,23). Den Sinn der Rehabilitation trifft MÜLLER (1987, zit. in: WILHELMI 1991,16) mit seiner Defintion sehr gut. MÜLLER sieht die Rehabilitation „als die Wiedereingliederung in die Gesellschaft mit Hilfe einer umfassenden Betreuung und Versorgung durch medizinische, psychologische und soziale Maßnahmen“. 9.1.3 Sport- und Bewegungstherapie Auf die viel diskutierte Frage, was unter Sport- und was unter Bewegungstherapie verstanden werden kann, gibt der Deutsche Verband für Gesundheitssport und Sporttherapie (1986, zit. in: RIEDER, HUBER & WERLE (Hrsg.) 1996,72) folgende Antwort: „Bewegungstherapie ist ärztlich indizierte und verordnete Bewegung, die vom Therapeuten geplant und dosiert, gemeinsam mit dem Arzt kontrolliert und mit dem Patienten allein oder in der Gruppe durchgeführt wird“. Der Begriff „Sporttherapie“ wird als Teilbereich der Bewegungstherapie gesehen und wie folgt definiert: „Sporttherapie ist eine bewegungstherapeutische Maßnahme, die mit geeigneten Mitteln des Sports gestörte körperliche, psychische und soziale Funktionen kompensiert, regeneriert, Sekundärschäden vorbeugt und gesundheitlich orientiertes Verhalten fördert. Sporttherapie beruht auf biologischen Gesetzmäßigkeiten und bezieht besonders pädagogische, psychologische und soziotherapeutische Verfahren mit ein und versucht eine überdauernde Gesundheitskompetenz zu erzielen“. 117 SCHULKE-VANDRE (1983, zit. in: HUBER 1990,79) fordert, dass Sporttherapie keinesfalls nach Leistung streben darf. Aus einer Kombination von funktionellsomatischer und pädagogisch-psychologischer Maßnahmen müssen Möglichkeiten für den „Kranken“ geboten werden, welche auf seine spezifischen Störungen abgestimmt sind. 9.2 Bewegungs- und körperorientierte Therapien in der Psychiatrie Bewegungs- und körperorientierte Therapien finden ihren Ursprung aus dem Bereich der Psychotherapie und wurden aus den verschiedenen therapeutischen Ausrichtungen abgeleitet (vgl. STAMMER & WERLE, zit. in: RIEDER, HUBER & WERLE (Hrsg.) 1996,377). 9.2.1 Bewegungs- und Sporttherapie Aus den verschiedenen Techniken der Verhaltenstherapie entstand die Bewegungs- und Sporttherapie (vgl. GRAWE 1992, zit. in: STAMMER & WERLE in: RIEDER, HUBER & WERLE (Hrsg.) 1996,377). „Unter Berücksichtigung einer individuellen Verhaltensanalyse wird das sporttherapeutische Setting als realitätsnahes Handlungsfeld gesehen, in dem sich problematische Verhaltensweisen zeigen können (EHRHARDT 1990, zit. in: STAMMER & WERLE in: RIEDER, HUBER & WERLE (Hrsg.) 1996,377), die verschiedenen verhaltenstherapeutischen Techniken zugänglich sind, z.B. Verstärkung, Modellernen, Reizkonfrontation, Selbstsicherheitstraining, Angstbewältigungstraining“ (STAMMER & WERLE in: RIEDER, HUBER & WERLE (Hrsg.) 1996,377). 9.2.2 Integrative Bewegungstherapie Die Integrative Bewegungstherapie (IBT) leitet ihre Therapieverfahren aus dem Bereich der humanistischen und psychoanalytischen Psychotherapie ab. Der Mensch wird als ganzheitliches Konzept gesehen, indem (…) „Körper und Geist eine Einheit zusammen mit der sozialen, kulturellen und ökologischen Umwelt bildet“ (DREFKE 1990, zit. in: STAMMER & WERLE in: RIEDER, HUBER & WERLE 1996,377). Die Inhalte sind z.B. Atemschulung, Körperwahrnehmungsübungen, Spiel- und Sportformen sowie 118 expressive und kreative Tanzformen (vgl. STAMMER & WERLE in: RIEDER, HUBER & WERLE 1996,377). 9.2.3 Konzentrative Bewegungstherapie „Die Konzentrative Bewegungstherapie (KBT) ist eine Methode für Gruppen- und Einzelpsychotherapie tiefenpsychologischer auf der Denkmodelle. Basis entwicklungspsychologischer Ausgehend von der Theorie, dass und sich Wahrnehmung zusammensetzt aus Sinnesempfindung und Erfahrung, geht die KBT den Weg der bewussten Körperwahrnehmung im „Hier und Jetzt“ – auf dem Hintergrund der individuellen Lebens- und Lerngeschichte. Die therapeutische Arbeit entsteht im Zusammenwirken von Handeln zur körperlichen Wahrnehmung, Interaktion und Gespräch, in dem das Erlebte ausgesprochen, seine Bedeutung reflektiert und durch Assoziationen vertieft wird“ (POKORNY, HOCHGERNER & CSERNY 1996,20-21). 9.3 Sporttherapie in der Psychiatrie Sport und Gymnastik haben auch auf psychische Erkrankungen positive Auswirkungen. Dies stellte bereits HEYER (1928), KAUDERS (1937), STEGER & HEYER-GROTE (1970) in den 30-iger Jahren fest. Sie sehen Sport als „Hilfsform der Psychotherapie, welche das gestörte Körper-Seele-Verhältnis normalisieren und verbessern, das Körperempfinden neu entwickeln und den Selbsterkennungsprozess fördern kann“ (THUNHART 1993,8-9). Ebenso sieht BRAUN (1983, zit. in: RIEDER, HUBER & WERLE (Hrsg.) 1996,373), dass Sport- und Bewegungstherapeutische Maßnahmen bereits einen festen Platz in der Prävention und Rehabilitation von psychischen Erkrankungen haben. Die Inhalte und Methoden werden nach den Bedürfnissen und Möglichkeiten der psychisch Erkrankten gerichtet (vgl. FRITZ 1986, zit. in: WILHELMI 1991,149). 119 Tabelle 14: Zielvorstellungen psychiatrischer Sporttherapie nach DEIMEL (1978) Kategorie 1: Entängstigung der Patienten - Charakteristisch für psychisch Kranke ist sich selbst zu unterschätzen und sich in „sichere“ Räume zurückzuziehen. Ein weiterer Verlust des Selbstbildes wird durch die ständige Furcht vor Misserfolgen und Kritik von anderen verstärkt. - Ziel: 1. Aufbau von Mut und Selbstwertgefühl durch Zuführen von Könnenserlebnissen und positiven Rückmeldungen. 2. Vermeidung von Überforderungssituationen und dem zur „Schau“ stellen des Patienten. 3. Die Entängstigung des Patienten ist die Grundvoraussetzung für weiterführende Maßnahmen. Kategorie 2: Stabilisierung der psychischen Konstitution - Weiters tendieren psychisch Kranke zu Rückfällen. Der Verlust der Fähigkeit sich den Tag zu strukturieren sowie soziale Kontakte zu schließen und ein vermindertes Selbstwertgefühl sind weitere Merkmale. - Ziel: 1. ICH-Stärkung durch weitere Erfolgserlebnisse sind grundlegend für weitere Anforderungen. 2. Anpassung des Anforderungsmuster an das momentane Könnensrepertoire. 3. Festigung der Fertigkeiten durch wiederholtes Üben bilden die Grundlage für weitere positiven Erfahrungen. 4. Durch das Wiederholen wird das Maß an Kontinuität und Regelmäßigkeit leichter gegeben, das für die Tages- und Zeitstrukturierung und zum Aufbau von Handlungskompetenzen benötigt wird. 5. Erhöhung des Selbstwertgefühls und Aufbau von sozialen Kontakten durch freiwilliges und individuell dosiertes Leisten. Kategorie 3: Aktivierung der Patienten - Psychisch Kranke neigen zu großer Passivität, sind sehr antriebsschwach und die Antriebsarmut ist durch ein „Nichtwollenkönnen“ gekennzeichnet. - Ziel: 1. Erhöhung des Antriebs durch Vermittlung der Sinnhaftigkeit des Handelns und der daraus resultierenden positiven Auswirkungen auf die psychische Stabilität. 2. Erhöhung des Reizniveaus in der materiellen und personellen Umwelt und die Steigerung der extrinsischen, später dann der intrinsischen Motivation. Kategorie 4: Initiierung guppendynamischer Prozesse auf verbaler und nonverbaler Ebene - Ziel: 1. Angebot zum Knüpfen sozialer Kontakte. 2. Das „Spiel“ in all seinen Variationen bekommt hier eine große Bedeutung zugeschrieben. 120 Kategorie 5: Aufbau und Weiterentwicklung einer positiven Beziehung zum eigenen Körper durch handelnde Selbsterfahrung - Ziel: 1. Körper- und Selbsterfahrungsübungen fördern den Zugang zur Lebensbewältigung sowie den Realitätsbezug zur Umwelt. 2. Die Verbindung von Körper und Geist öffnet neue Möglichkeiten des Zugangs zu sich selbst und zu anderen. Kategorie 6: Die Vermittlung sportbezogenen „Rüstzeugs“ für die Zeit nach der stationären psychiatrischen Behandlung - Ziel: 1. Vermittlung von Formen des Sports, die im außerklinischen Bereich zur Anwendung kommen. 2. Vermittlung von Kenntnissen und Verhaltensweisen zur Regulation und Normalisierung psycho-physischer Erregungsprozesse im Sinne einer Hilfe zur Selbsthilfe. 3. Desensibilisierungs- und Entspannungstechniken zur Verbesserung der Wahrnehmungs-, Konzentrations- und Koordinationsfähigkeit. 4. Entwicklung von grundlegenden sportmotorischen Fähig- und Fertigkeiten um einen Anschluss an Freizeitsportgruppen zu erleichtern bzw. zu ermöglichen. 5. Dadurch ergeben sich soziale Kontakte und der Aufbau einer Tagesstruktur wird ebenfalls erleichtert. Kategorie 7: Die Stabilisierung und Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit - Besonders charakteristisch ist der oft mit sehr schwach, bzw. „schlecht“ zu bezeichnende körperliche Zustand von Patienten. Sie weisen eine reduzierte Leistungsfähigkeit des HerzKreislauf-Systems auf, dazu Übergewicht durch Bewegungsmangel und falsche Lebensweise (Ernährung, Alkohol, etc.) sowie eine verspannte, verkürzte und abgeschwächte Muskulatur. - Ziel: 1. Wiederherstellen der körperlichen Leistungsfähigkeit durch eine Verbesserung der motorischen Grundeigenschaften Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit/Flexibilität und Koordination/Geschicklichkeit. 2. Natürlich ist die rein physische Leistungssteigerung nicht das primäre Ziel des Sports in der Psychiatrie, dennoch stellt sie für den Patienten eine verbesserte Ausgangsposition für das gesamte Handeln dar. 3. Alltagsanforderungen können leichter bewältigt werden (langsamere Ermüdung durch bessere Ausdauer). 4. Leistungen sind leicht abrufbar, z.B. Zeit und Kilometer am Ergometer, sind somit sehr gut zu kontrollieren und der Beweis einer Leistungssteigerung fördert weiter das Selbstvertrauen. 121 Als Ergänzung werden noch nach WEISS (1985, zit. in: WILHELMI 1991,154) weitere Zielbereiche genannt: - Entwicklung einer differenzierenden, aufmerksamen Wahrnehmungsfähigkeit. - Vermittlung motorischer Grunderfahrungen und eines breiten Spektrums an Fertigkeiten. - Zulassen der eigenen Kreativität und die Entwicklung der Fähigkeit, sich durch Bewegung auszudrücken und mitzuteilen. Weiters sind folgende Zielsetzungen hinzuzufügen, die sich zum Teil mit den bereits genannten überschneiden, dennoch nicht unerwähnt bleiben sollen (THUNHART 1993, 28-33): - Persönlichkeitsstabilisierung (siehe Tabelle 14, Seite 120-121) - Patientenaktivierung (siehe Tabelle 14, Seite 120-121) - Angstabbau des Patienten (siehe Tabelle 14, Seite 120-121) - Verbesserung der Wahrnehmungs- und Konzentrationsfähigkeit Die Gedanken und Gefühle drehen sich um einen selbst und spielen sich in der Vergangenheit ab. Der Sport bietet hierbei hervorragende Möglichkeiten von sich selbst und seinen Problemen abzulenken und sich auf andere Dinge zu konzentrieren. Ausgewählte Übungen sollten Anforderungen im Aufmerksamkeits-, Kombinationsvermögens- und Konzentrationsbereich beinhalten (vgl. DÖRNER & PLOG 1978; POHL 1976, zit. in: THUNHART 1993, 29). - Verbesserung, bzw. Aufbau eines Körperbewusstsein Psychisch Kranke haben ein gestörtes Bewusstseins zum eigenen Körper. Die Sporttherapie soll helfen, die Beziehung zum eigenen Körper wiederherzustellen um sich auch letztlich wieder in seinem Körper wohlzufühlen (vgl. KRIETSCHMEDERER in: REIMER (HG.) 1977, zit. in: THUNHART 1993, 30). - Kontaktfähigkeit fördern Wie schon in Tabelle 14 (Siehe Seite 120-121) häufig erwähnt, haben psychisch Kranke oft nicht den Mut andere Menschen anzusprechen. Das Initiieren von gruppendynamischen Prozessen auf verbaler und nonverbaler Ebene soll hier nochmals erwähnt werden. Weiters sollten Partner- und Kontaktübungen zur Lösung der Kontaktprobleme durchgeführt werden (vgl. PETZOLD & BERGER in: PETZOLD (HG.) 1977, zit. in: THUNHART 1993, 31). 122 - Entwicklung positiver Verhaltensmuster Die Sporttherapie sollte weiters darauf abzielen, den Menschen grundlegende Handlungskompetenzen, für die Gestaltung zwischenmenschlicher Beziehung, beizubringen, wie z.B. sich anpassen, einfügen, sich durchsetzen, Ziele selbst bestimmen, Führung übernehmen, führen lassen, Vertrauen vermitteln, sich gegenseitig Halt geben, miteinander in Einklang kommen (vgl. BORNKAMP-BAAKE 1981, zit. in: THUNHART 1993, 31). - Gemeinschaftsbewusstsein und Wohlbefinden Ein weiteres Ziel des Sports ist das Vermitteln von Gefühlen nicht allein zu sein. Der Sport lehrt, dass es möglich ist, sich in einer Gemeinschaft wohl- und geborgen zu fühlen und dient so dem allgemeinen Wohlbefinden des Menschen. Inhalte können Gruppenarbeiten und Mitgestaltung der Therapiestunde sein (vgl, POHL 1976, zit. in: THUNHART 1993, 32). Zusammenfassend kann behauptet werden, dass die psychiatrische Sporttherapie eine wichtige Rolle im Präventions- und Rehabilitationssystem darstellt. Die Verwirklichung von Zielen kann nur durch bestimmte Inhalte erfolgen. Mögliche Inhalte der Sporttherapie in der Psychiatrie sind nach DEIMEL (1983, zit. in: HUBER 1990,109) folgendermaßen verteilt worden: Abb.14: Inhalte der psychiatrischen Sporttherapie nach DEIMEL (1983) 123 9.4 Sporttherapie als Möglichkeit zur Bewältigung von Burnout Aufgrund der Popularität von Burnout steigt auch das Interesse, Maßnahmen gegen dieses Problem zu entwickeln. Zahlreiche Präventions- und Therapiestudien wurden durchgeführt und publiziert. Viele Studien behandelten nicht Burnout, sondern entweder eine Form von chronischem Stress oder eine psychische Störung des depressiven Spektrums. Aufgrund der engen Beziehung von Burnout, Stress und Depression ist es sinnvoll, sich an Studien über Stress und/oder Depression zu orientieren, da diese bereits gesicherte Befunde darstellen. Für einen richtigen Ansatz sollten daher Bewältigungsmaßnahmen gegen Stress und Depression herangezogen werden, um eine effektive Behandlung gegen die Burnout-Problematik zu erzielen (vgl. HILLERT & MARWITZ 2006,236-237). 9.4.1. Ziele des Sporttherapieprogramms Die Sporttherapie, genauso wie die Psychotherapie oder die Pharmakotherapie, als alleiniges Heilmittel zu bezeichnen, wäre unglaubwürdig. Der Sinn liegt in einer Kombination von therapeutischen Maßnahmen, in welcher die Sporttherapie als wichtiges Element einzuordnen ist. Die Sporttherapie bietet ein großes Areal an sportspezifischen Möglichkeiten als unterstützendes Hilfsmittel der zu erreichenden Behandlungsziele (vgl. BENKERT & HIPPIUS 1974,1986, zit. in. HUBER 1990,164). HELMCHEN (zit. in. HUBER 1990,168) beschreibt ein symptomorientierteskompensierendes Vorgehen zur Entwicklung von Möglichkeiten für die Sporttherapie. Da der Begriff, bzw. die „Krankheit“ „Burnout“ immer im Zusammenhang mit Stress oder Depression gebracht wird, ist es bei der Findung von geeigneten Bewältigungsstrategien wichtig, Stress und Depression miteinzubeziehen. Aufgrund der Differenzierungsschwierigkeiten zwischen Burnout, Stress und Depression wurde versucht, alle drei Aspekte in einem Modell zu integrieren. Angesichts dessen, wurden alle in dieser Arbeit beschriebenen Symptome, welche bei Burnout, Stress und Depression auftreten, erfasst, und in Tabelle 15 dargestellt. Weiters wurden die Ziele der Sporttherapie nach ERKELENS & GOLZ (1998), HUBER (1990) und SCHMEDT (1993), unter Berücksichtigung der Zielvorstellungen psychiatrischer Sporttherapie 124 nach DEIMEL (siehe Tabelle 14, Seite 120-121) zusammengefasst. Die Symptome und Ziele sind in 5 Kategorien unterteilt: emotionale, motivationale, kognitive, verhaltensbezogene und körperliche Symptome. Tabelle 15 soll zeigen, welche Ziele angestrebt werden müssen, um auf die entsprechenden Symptome einwirken zu können. Tabelle 15: Ziele des Sporttherapieprogramms für die Burnout-Problematik Symptome für Burnout, Stress und Ziele der Sporttherapie Depression Kategorie 1: Verbesserung der Befindlichkeit zur Bekämpfung emotionaler Symptome - Emotionale Erschöpfung: Niedergeschlagenheit und Verzweiflung, gedrückte Stimmung - Verflachung und Verlust positiver Gefühle: Liebe, Freude, Interesse - 1) Steigerung des Wohlbefindens durch Erfolgserlebnisse Entstehung negativer Gefühle und Einstellung zum Leben: 1) Verlust von Selbstvertrauen 2) Selbstwertgefühl sinkt 3) Gefühl mangelnder Anerkennung 2) Steigerung des Wohlbefindens durch Spiele 4) Unfähigkeit und Wertlosigkeit 5) Unzufriedenheit und Unsicherheit 6) Gleichgültigkeit 7) Entstehung von Gefühllosigkeit, Liebe, 3) Durchbrechung negativer Mitleid, Trauer, Freude, emotionslos und Gedankenkreise/Steigerung der kühl Konzentration 8) Angstgefühle 9) Hilf-, Hoffnungs- und Sinnlosigkeit - Genussunfähigkeit: schmecken, riechen, hören, sehen, fühlen - Soziale Ängste und Panikzustände - Erhöhte Aggressionsbereitschaft sowie 4) Entwicklung von Eigenverantwortlichkeit und Selbstvertrauen Neigung zu gewaltsamen und aggressivem Verhalten 1) Wutausbrüche, Ungeduld, Kompromissunfähigkeit, Reizbarkeit 125 Kategorie 2: Förderung der Aktivität zur Bekämpfung motivationaler Symptome - Antriebsstörungen - Verlust von Intressen - Keine Spontanität und Phantasien, 1) Entwicklung von Aktivitäten Verringerte Initiative, Produktivität, Kreativität und Flexibilität - Vermeidung von Verantwortung 2) Entwicklung von Antrieb 1) Resignation oder Flucht Kategorie 3: Kognitive Veränderungen zur Bekämpfung kognitiver Symptome - Konzentrations- und Lernschwierigkeiten, Gedächtnisschwäche, leicht ablenkbar - Vergesslichkeit und reduzierte Merkfähigkeit - Zunahme von Denkstörungen, 1) Durchbrechung negativer Einschränkung der Wahrnehmungen Gedankenkreise/Steigerung der - Kreativitätsleistung nimmt ab Konzentration - Störung der Aufmerksamkeits- und Beobachtungsfähigkeit - Vergesslichkeit und reduzierte Merkfähigkeit - Entscheidungsunfähigkeit Kategorie 4: Förderung sozialer Kompetenz zur Bekämpfung verhaltensbezogender Symptome - Gesteigertes Aktivitätsniveau (zu Beginn der Phase) oder motorische Ruhelosigkeit und gesteigerte Gesprächigkeit (manische Episode) - Hyperaktivität - Sozialer Rückzug (Verschlechterte Kommunikations-, Kooperations-, Interaktions- und Kontaktfähigkeit, Probleme beim Finden von 1) Erhöhung der Beteiligung an sozialen Interaktionen Konfliktlösungen) 1) Meidung informeller Kontakte 2) Meidung von Gesprächen 3) Interesse und Begeisterungsfähigkeit sinkt: Kurz- und langfristige Ziele können aufgegeben werden. Früher wichtige persönliche Dinge werden weggegeben. 126 4) Aufgeben von Hobbys, Freunde treffen 5) Desinteresse und Langeweile 6) Einsamkeit - Selbstzerstörerisches Verhalten und erhöhte Risikobereitschaft 1) Verstärkter Drogenmissbrauch 2) Der Konsum von Alkohol, Koffein, Nikotin, verschriebener oder illegaler Mittel steigt 2) Vergrößerung der Reichweite der sozialen Interaktionen 3) Veränderte Essgewohnheiten 4) Tollkühnes und leichtsinniges Verhalten, z.B. rücksichtsloses Fahren - Energieniveau ist niedrig und sinkt weiter ab - Zynismus und die Schuldzuweisung an andere wachsen Kategorie 5: Verbesserung der körperlichen Gesundheit zur Bekämpfung körperlicher Symptome - Physische Erschöpftheit 1) Chronische Müdigkeit 2) Energiemangel und Energieverlust 3) Niedergeschlagenheit 4) Veränderte psychomotorische Aktivität: agitiert-unruhig oder gehemmtverlangsamt 5) Reduzierte Vitalität, rasche Ermüdbarkeit, 1) Sinneswahrnehmung und Sensibilisierung von Körperwahrnehmungsfähigkeit Kraft- und Schwunglosigkeit - Körpergefühlsstörungen: fehlendes Gefühl der Erholung und Entspannung - Muskelverspannungen, chronische Verspannungen, Muskelschmerzen - Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, Migräne und Übelkeit - Schlafstörungen - Herz-Kreislauf-Störungen 2) Sinneswahrnehmung und Sensibilisierung von Körperausdrucksfähigkeit 1) Herzklopfen und beschleunigter Puls, Herzbeschwerden und Herzbeklemmung 2) Engegefühl oder Stechen in der Brust 3) Erhöhter Blutdruck - Atembeschwerden, Kurzatmigkeit, Hyperventilation 127 - Magen-Darm-Geschwüre - Gewichtsveränderungen, Veränderung des Appetits und der Essgewohnheiten 9.4.1.1 Verbesserung der Befindlichkeit zur Bekämpfung emotionaler Symptome „Als übergeordnetes Ziel des Sporttherapieprogramms kann die Verbesserung der Befindlichkeit bzw. der Stimmung gesehen werden“ (ERKELENS & GOLZ 1998,121). Erreicht wird diese Verbesserung der depressiven (gedrückten) Stimmung durch Sporttreiben in der Gruppe oder in der Natur sowie durch Erhöhung der Antriebs- und Aktivitätenrate und durch Vermittlung von Erfolgserlebnissen (vgl. ERKELENS & GOLZ 1998,121). Der Sport hat zwar die Möglichkeit, aus einem großen Repertoire zu schöpfen, jedoch gibt es keine Gewähr, dass immer positive Empfindungen hervorgerufen werden können. Deshalb sollten Angebote so gemacht werden, dass diese mit hoher Wahrscheinlichkeit als angenehm empfunden werden (vgl HUBER 1990,147) - Steigerung des Wohlbefindens durch Erfolgserlebnisse Der Zusammenhang zwischen Erfolg und positiver Stimmung ist bekannt. Es sollten Voraussetzungen geboten werden, in welchen Überforderungen ausgeschlossen werden können (vgl. ERKELENS & GOLZ 1998,121). Ein Abbau des positiven Selbstbildes und der Motivation wird durch die Furcht vor Misserfolgen und ständiger Kritik von anderen verstärkt. Deshalb ist ein wichtiges Ziel der Aufbau von Mut und Selbstwertgefühl durch Zuführen von Könnenserlebnissen und positiven Rückmeldungen (vgl. KRÜGER 1977, MAURER-GROELI 1976b, zit. in. WILHEMLI 1991,151). SCHMEDT (1993,66) sieht eine mögliche Steigerung des Wohlbefindens im „Erkennen und Schaffen von positiven, unmittelbar verstärkervermittelnden Aktivitäten und Meiden von negativen Handlungen“. Zur Stärkung des Selbstwertgefühls sollten realistische Ziele im Sport entwickelt und über sportliches Handeln erreicht werden (vgl. SCHMEDT 1993,72). Angebote, welche mit hoher Wahrscheinlichkeit als angenehm empfunden werden, sind z.B. Spielformen mit oder ohne Bälle, Spiele aus dem Bereich der „New Games“, spezielle Übungen auf dem Trampolin, usw. Weiters können durch einfache Übungen wie Ballfangen, Ballprellen, Zielwerfen oder Balancieren Erfolgserlebnisse, im Sinne einer wieder- oder neuerlernten Fertigkeit, vermittelt werden (vgl. HUBER 1990,147). 128 - Steigerung des Wohlbefindens durch Spiele in der Natur Das Spiel selbst dient als Ablenkung von den Problemen und fördert das Lachen. Lustige und spannende Situationen fördern einerseits das Wohlbefinden und andererseits lassen sie die Probleme vergessen. Übungen in der Natur wirken sich wohltuender auf die Psyche aus und fördern die Naturverbundenheit (vgl. ERKELENS & GOLZ 1998,122). - Durchbrechung negativer Gedankenkreise/Steigerung der Konzentration Negative Gedankengänge können durch Lenkung der Aufmerksamkeit auf externe (Natur, Materialien, Personen) und interne (Bewegung, Atmung, Pulsfrequenz) Stimuli durchbrochen werden. Dabei erfahren Betroffene, dass es Möglichkeiten gibt, welche die Stimmung verbessern können. Ausgewählte Übungen müssen einen hohen Anforderungscharakter beinhalten (vgl. ERKELENS & GOLZ 1998,123). - Entwicklung von Eigenverantwortlichkeit und Selbstvertrauen Das Ziel der Sporttherapie ist, dass Betroffene in der Lage sind, „eigenverantwortlich sportlich aktiv zu sein“ (ERKELENS & GOLZ 1998,124). Durch die Mitgestaltung der Stunde wird das Handeln in eigener Sache gefördert und steigert das Selbstvertrauen. Weiters soll vermittelt werden, dass positiv entwickelte Verbesserung auf das eigene Handeln zurückzuführen ist. Betroffene müssen bewusst erleben, dass sie selbst es geschafft haben, sportlich aktiv zu sein oder Kontakte zu anderen geknüpft zu haben (vgl. ERKELENS & GOLZ 1998,124). 9.4.1.2 Förderung der Aktivität zur Bekämpfung motivationaler Symptome Zu bekämpfen gelten folgende wichtige Symptome wie Antriebsstörungen, Verlust von Interesse, verringerte Initiative und Resignation. - Entwicklung von Aktivitäten Durch den Verlust von jeglichem Interesse und einer verringerten Initiative steht eine Erhöhung der Aktivitätsrat im Vordergrund um die Grundstimmung anzuheben (vgl. ERKELENS & GOLZ 1998,121). 129 - Entwicklung von Antrieb Der verminderte Antrieb ist ein Hauptsymptom der Burnout-Problematik. Der Sport versucht zu vermitteln, dass durch eigenständiges Handeln der Antrieb gesteigert werden kann (vgl. DEIMEL 1978, zit. in. WILHEMLI 1991,151). Ein ausdauerorientiertes Laufen bietet die Möglichkeit um sich fortzubewegen. Das Erhöhen des Reizniveaus kann durch kurzzeitig schnelleres Laufen, Springen und Spielen erfolgen. Der Antriebsimpuls wird dadurch noch stärker entwickelt und fördert die Antiebssteigerung mehr als ein Dauerlauf (vgl. ERKELENS & GOLZ 1998,121). 9.4.1.3 Kognitive Veränderungen zur Bekämpfung kognitiver Symptome Die negativen Wahrnehmungs- und Denkstrukturen über sich selbst, die Umwelt und die Zukunft sind charakteristische Symptome für Betroffene. - Steigerung der Konzentration/Durchbrechung negativer Gedankenkreise Die Aufmerksamkeit bzw. die Konzentration liegt auf den negativen Gedanken. Um die Konzentrationsfähigkeit zu steigern bzw. negative Gedanken zu beseitigen, müssen Wahrnehmungs- und Erlebnisstrukturen vermittelt werden (vgl. ERKELENS & GOLZ 1998,123). Dies gelingt durch Konkretisieren von angesprochenen Erlebnissen in welcher der Betroffene seine Einstellungen zu relativieren vermag (vgl. HUBER 1990,158). 9.4.1.4 Förderung sozialer Kompetenz zur Bekämpfung verhaltensbezogener Symptome Das Fehlen von sozialer Kompetenz ist ein weiteres Hauptsymptom für Burnout. Betroffene leiden nicht nur an einem Mangel an sozialer Einbettung, sondern auch an sozialen Defiziten (vgl. ERKELENS & GOLZ 1998,125). Der Sport bietet die Möglichkeit der spielerischen und nonverbalen Kommunikation, der sozialen Unterstützung und zum sozialen Lernen (vgl. HUBER 1990,153). Angstfrei erlebte Situationen ermöglichen soziale Ängste abzubauen und soziale Defizite auszugleichen. Gruppen- und Partnerübungen verbessern die soziale Fähigkeit, wieder Kontakt zu anderen aufzunehmen (vgl. ERKELENS & GOLZ 1998,125). „Die gruppentherapeutischen Maßnahmen greifen auf Möglichkeiten der Angstreduktion und des sozialen Verhaltens- und Interaktionsaufbaus zurück“ (SCHMEDT 1993,63). 130 - Erhöhung der Beteiligung an sozialen Interaktionen Gerade am Anfang einer Stunde sollten Kennenlernspiele oder eine andere Spielform stehen, welche taktile oder verbale Kommunikationen ermöglicht (vgl. HUBER 1990,153). - Vergrößerung der Reichweite der sozialen Interaktion Die Sporttherapie kann sowohl mit einzelnen als auch mit mehreren Personen gleichzeitig arbeiten. Das Arbeiten in Gruppen hat hier den Vorteil, dass durch eine entsprechende Übungsauswahl das Interaktionsverhalten des Patienten gesteuert werden kann, indem Übungen zu zweit, in Kleingruppen oder verschiedenen Mannschaften stattfinden können. Der Kontakt zu ständig neuen Personen vergrößert dadurch die soziale Reichweite (vgl. HUBER 1990,155). - Die Bedeutung der nonverbalen Kommunikation Der Wiederaufbau nonverbaler Verhaltensweisen ist ein wesentliches Therapieziel. Hierbei dreht sich alles um den Gesichtsausdruck, Blickkontakt, Gestik/Handbewegung und die Körperhaltung (vgl. SCHERER 1979; SCHERER & WALLBOTT 1979, zit. in. HUBER 1990, 128). Die Förderung von nonverbaler Kommunikation kann durch Kontakt- und Kooperationsspiele sowie Partnerübungen und kleine Spiele erfolgen (vgl. HUBER 1990,128; SCHMEDT 1993,64). - Soziale Unterstützung im Sport Zur Förderung der sozialen Unterstützung müssen ganz bestimmte Inhalte ausgewählt werden. Der vermehrte Einsatz von kooperationsorientierten Inhalten erhält den Vorzug gegenüber konfliktorientierten. Der Aspekt der sozialen Unterstützung steht in enger Verbundenheit mit dem sozialen Lernen (vgl. HUBER 1990,130). - Soziales Lernen innerhalb der Sporttherapie HUBER (1990,131) sieht die Verwirklichung des sozialen Lernens vor allem in Spielformen verschiedenster Art. Nach BENESCH (1980, zit. in: HUBER 1990,133134) dient das Spiel als Gemeinschaftserlebnis (Förderung der sozialen Kompetenz innerhalb der Gruppe), Selbstverwirklichung (vergessene Fähigkeiten werden zum Leben erweckt), Verstärkerquelle (Mitpatienten/Mitspieler und nicht nur durch den Therapeuten) und Aktivierungsmöglichkeit (Spiele motivieren und fördern die 131 Aktivierung). UNGERER-RÖHRICH & SINGER (1986, zit. in: HUBER 1990,131) beschreiben, dass depressive Patienten durch die Sporttherapie gelernt haben (…) „ein Gleichgewicht zwischen eigenen Wünschen und Erwartungen und denen der Interaktionspartner herzustellen“. Ein weiterer wichtiger Ansatz der Sporttherapie liegt in der Reduzierung der Wettbewerbsorientierung und vermehrter Schaffung von Freiräumen zu Eigen-Realisationen (vgl. HUBER 1990,131). 9.4.1.5 Verbesserung der körperlichen Gesundheit zur Bekämpfung körperlicher Symptome Besonders charakteristisch ist der oft mit sehr schwach bzw. „schlecht“ zu bezeichnende körperliche Zustand. Eine reduzierte Leistungsfähigkeit des HerzKreislauf-Systems, Übergewichtig durch Bewegungsmangel und falscher Lebensweise (Ernährung, Alkohohl, etc.), eine verspannte, verkürzte und abgeschwächte Muskulatur sind weitere körperliche Merkmale. Die Ziele werden in Richtung Wiederherstellung der körperlichen Leistungsfähigkeit durch eine Verbesserung der motorischen Grundeigenschaften Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit/Flexibilität und Koordination/Geschicklichkeit gelenkt (vgl. DEIMEL 1978, zit. in. WILHEMLI 1991,153). Um den Unterschied zwischen Spannung und Entspannung am eigenen Körper wahrzunehmen, werden Entspannungs- und Körperübungen durchgeführt (vgl. ERKELENS & GOLZ 1998,125). - Sinneswahrnehmung und Sensibilisierung von Körperwahrnehmungsfähigkeit Ein weiteres wichtiges Ziel der Sporttherapie ist das Erlernen, den Körper in positiver Art und Weise wahrzunehmen um unterschiedliche Körperempfindungen zu spüren. Dabei geht es um das Annehmen von unangenehmen Körpergefühlen und das Aufbauen von angenehmen Gefühlen (vgl. ERKELENS & GOLZ 1998,123). - Sinneswahrnehmung und Sensibilisierung von Körperausdrucksfähigkeit Die Ausdrucksmöglichkeiten sind erheblich eingeschränkt. Die Darstellung von Gefühlen und Gedanken kann durch bestimmte Körperhaltungen und Körperausdrucksübungen erlernt werden (vgl. ERKELENS & GOLZ 1998,124). 132 9.4.2 Inhalte des Sporttherapieprogramms Aufgrund der Zielsetzungen des Sporttherapieprogramms ergeben sich unterschiedliche Therapieinhalte. Im folgenden werden Inhalte angeboten, welche auf die spezifischen Symptome der Problematik abgestimmt wurden. 9.4.2.1 Sportspiele Neben einer Verbesserung der allgemeinen Fitness (Ausdauer, Kraft, Beweglichkeit und Koordination) und dem Kennenlernen der eigenen Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit, können Sportspiele vor allem Erfolgserlebnisse, sowie das Erleben von Spaß, Freude und Geselligkeit vermitteln. Durch das Vermitteln von positiven Erlebnissen wird die Motivation in Richtung einer Steigerung der Aktivität und somit der Vitalität gefördert. Weiters liegt ein Schwerpunkt in der Verbesserung der Kommunikations- und Interaktionsfähigkeit, sowie im Kennenlernen von Konfliktlösungsmöglichkeiten. Durch die Konzentration auf bestimmte Aufgaben, werden unter anderem die Konzentrationsfähigkeit und die Aufmerksamkeit verbessert. Zur Verbesserung der sozialen Kompetenz dienen Kontakt- und Kooperationsspiele, welche Kreativität und Fantasie fördern. Weiters kann dadurch ein positives Miteinander in der Gruppe erlebt werden. Zusätzlich können positive Effekte hinsichtlich von Angst- und Aggressionsabbau erzielt werden, was den Umgang mit Aggressionen erleichtert. Es kommt auch zu einer Erhöhung der Ausgeglichenheit und des körperlich-seelischen Wohlbefindens (vgl.BERGMANN SPÄTI & WHYBRA-DÖTTELBECK 2002,51). Ein weiterer zusätzlicher positiver Effekt ist, dass Sportspiele über die Hebung und Stabilisierung des Selbstwertgefühls zu einer „Entängstigung“ beitragen können (vgl. SCHÖTTLER 2006,24). Die Liste von Sportspielen ist sehr lang. Zu den klassischen Spielen in der Sporttherapie zählen Basketball, Volleyball, Handball, Fußball, Badminton, Tischtennis, Hockey und Frisbee (vgl.BERGMANN SPÄTI & WHYBRA-DÖTTELBECK 2002,53). 133 Tabelle 16 zeigt genau, auf welche Symptome Sportspiele Einfluss nehmen können und wie diese wirken bzw. welche Veränderungen hervortreten können: Tabelle 16: Mögliche Wirkung von Sportspielen auf die Burnout-Problematik Kategorie 1: Verbesserung der Befindlichkeit zur Bekämpfung emotionaler Symptome Defizite - Emotionale Erschöpfung: Ziele - Niedergeschlagenheit und Erleben von Spaß, Freude und Mögliche Wirkung von Sportspielen Geselligkeit Verzweiflung, gedrückte Stimmung - - Verflachung und Verlust - Schaffen positiver Gefühle positiver Gefühle: Liebe, durch Vermitteln von Freude, Interesse Erfolgserlebnissen Entstehung negativer Gefühle und Einstellung zum Leben: 1) Verlust von Selbstvertrauen 1) Steigerung und Stabilisierung des Selbstvertrauens 2) Selbstwertgefühl sinkt 2) Erhöhung des Selbstwertgefühls 3) Gefühl mangelnder 3) Erreichung von Anerkennung Anerkennung 4) Unfähigkeit und Wertlosigkeit durch gute Leistungen 4) Lernen, den eigenen Fähigkeiten zu vertrauen 5) Unzufriedenheit und 5) Schaffen von Zufriedenheit Unsicherheit 6) Gleichgültigkeit und Sicherheit 6) Für sich selbst und andere Verantwortung übernehmen 7) Entstehung von Gefühllosigkeit, 7) Emotionen zulassen bzw. Liebe, Mitleid, Trauer, Freude, ausleben, Freude, Trauer oder emotionslos und kühl Aggressionen 8) Angstgefühle 8) Abbau von Angstgefühlen 9) Hilf-, Hoffnungs- und 9) Durchbrechung negativer Sinnlosigkeit - Genussunfähigkeit: schmecken, Gedankengänge - riechen, hören, sehen, fühlen - Soziale Ängste und Panikzustände Sensibilisieren von positiven Wahrnehmungen - Sammeln von positiven Erlebnissen mit Gruppen 134 - Erhöhte Aggressionsbereitschaft - Senkung des sowie Neigung zu gewaltsamen Aggressionspotentials und und aggressivem Verhalten lernen mit Aggressionen umzugehen 1) Wutausbrüche, Ungeduld, 1) Erhöhung der Kompromissunfähigkeit, Ausgeglichenheit und des Reizbarkeit körperlich-seelischen Wohlbefindens Kategorie 2: Förderung der Aktivität zur Bekämpfung motivationaler Symptome Defizite Ziele Mögliche Wirkung von Sportspielen - Antriebsstörungen - Steigerung der Aktivität - Verlust von Intressen - Stärkung der Interessen für eine sinnvolle Freizeitgestaltung - Keine Spontanität und - Verbesserung der Phantasien, Verringerte Produktiviät, Kreativität und Initiative, Produktivität, Flexibilität, Förderung zu Kreativität und Flexibilität spontanen Entschlüssen und Anregung der Phantasien sowie Steigerung der Eigeninitiative - Vermeidung von - Verantwortung Lernen Verantwortung zu übernehmen 1) Resignation 2) Flucht Kategorie 3: Kognitive Veränderungen zur Bekämpfung kognitiver Symptome Defizite - Konzentrations- und Ziele - Verbesserung der Lernschwierigkeiten, Konzentrations- und Gedächtnisschwäche, leicht Lernfähigkeit Mögliche Wirkung von Sportspielen ablenkbar - Vergesslichkeit und reduzierte - Erhöhung der Merkfähigkeit - Sensibilisieren von positiven Merkfähigkeit - Zunahme von Denkstörungen, 135 Einschränkung der Wahrnehmungen Wahrnehmungen - Kreativitätsleistung nimmt ab - Steigerung der Kreativität - Störung der Aufmerksamkeits- - Verbesserung der und Beobachtungsfähigkeit Aufmerksamkeits- und Beobachtungsfähigkeit - Entscheidungsunfähigkeit - Förderung Entscheidungen zu treffen Kategorie 4: Förderung sozialer Kompetenz zur Bekämpfung verhaltensbezogener Symptome Defizite - - Gesteigertes Aktivitätsniveau Ziele - Senkung des (zu Beginn der Phase) oder Erregungsniveaus, Erhöhung motorische Ruhelosigkeit und der Ausgeglichenheit und gesteigerte Gesprächigkeit Erreichung einer (manische Episode) zunehmenden Gelassenheit Hyperaktivität - Förderung eines bewussten Mögliche Wirkung von Sportspielen Ruhezustandes - Sozialer Rückzug - Erhöhung der sozialen (Verschlechterte Kompetenz, Verbesserung der Kommunikations-, Kommunikations-, Kooperations-, Interaktions- Kooperations-, Interaktions-, und Kontaktfähigkeit, Kontakt- und Probleme beim Finden von Konfliktfähigkeit Konfliktlösungen) 1) Meidung informeller Kontakte 1) Fähigkeit Informationen auszutauschen 2) Meidung von Gesprächen 2) Erkennen der Notwendigkeit von Kommunikation 3) Interesse und 3) Wiederentdeckung alter Begeisterungsfähigkeit sinkt: Interessen bzw. neue Kurz- und langfristige Ziele Zielorientierung können aufgegeben werden. Früher wichtige persönliche Dinge werden weggegeben. 4) Aufgeben von Hobbys, Freunde treffen 4) Anschluss an Freizeitgruppen, Sinnvolle Freizeitgestaltung 136 5) Desinteresse und Langeweile 5) Motivation für Neues 6) Einsamkeit 6) Sammeln von positiven Erlebnissen mit Gruppen - Selbstzerstörerisches Verhalten - und erhöhte Risikobereitschaft Ausbildung einer positiven Grundeinstellung zum Leben und Aufbau eines positiven Körperbewusstseins 1) Verstärkter Drogenmissbrauch 1) Aufhören mit dem 2) Der Konsum von Alkohol, Koffein, Nikotin, Drogenkonsum 2) Verringerter Konsum von verschriebener oder illegaler Alkohol, Koffein, Nikotin Mittel steigt oder illegaler Mittel 3) Veränderte Essgewohnheiten 3) Entwicklung eines gesunden Ernährungsverhaltens 4) Tollkühnes und leichtsinniges 4) Erkennen der eigenen Grenzen - Verhalten, z.B. rücksichtsloses Fahren - Zynismus und die Akzeptieren der Schuldzuweisung an andere Verhaltensweisen anderer, wachsen lernen sich gegenseitig zu unterstützen Kategorie 5: Verbesserung der körperlichen Gesundheit zur Bekämpfung körperlicher Symptome Defizite - Physische Erschöpftheit Ziele - Stabilisierung und Mögliche Wirkung von Sportspielen Verbesserung der allgemeinen körperlichen Leistungsfähigkeit 1) Chronische Müdigkeit 1) Steigerung der Aktivität 2) Energiemangel und 2) Erhöhung der Energiemenge 3) Niedergeschlagenheit 3) Erleben von Spaß und Freude 4) Veränderte psychomotorische 4) Erhöhung der Energieverlust Aktivität: agitiert-unruhig oder Ausgeglichenheit und des gehemmt-verlangsamt körperlich-seelischen Wohlbefindens 5) Reduzierte Vitalität, rasche 5) Steigerung der Vitalität, 137 Ermüdbarkeit, Kraft- und Entwicklung von Schwunglosigkeit grundlegenden sportmotorischen Fähigkeiten (Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit und Koordination) - - - Körpergefühlsstörungen: - Verbesserung der fehlendes Gefühl der Erholung Wahrnehmungsfähigkeit zur und Entspannung Erholung und Entspannung Muskelverspannungen, - Abnahme des Muskeltonus, chronische Verspannungen, Entspannung und Lockerung Muskelschmerzen der Muskulatur Rückenschmerzen, - Milderung von Problemen im Kopfschmerzen, Migräne und Rückenbereich, Abnahme von Übelkeit Migräne- und Übelkeitanfällen - Schlafstörungen - Abnahme von Schlafstörungen - Herz-Kreislauf-Störungen - Verbesserung des Herz- Kreislauf-Systems 1) Herzklopfen und beschleunigter 1) Senkung der Herzfrequenz, Puls, Herzbeschwerden und Steigerung der Herzbeklemmung Wahrnehmungsfähigkeit der Herztätigkeit unter Belastung 2) Abnahme von Angstgefühlen 3) Erhöhter Blutdruck 3) Senkung des Blutdrucks - - 2) Engegefühl oder Stechen in der Brust - Atembeschwerden, Abnahme der Atemfrequenz Kurzatmigkeit, und des Sauerstoffverbrauchs, Hyperventilation Sensibilisierung der Atmung Magen-Darm-Geschwüre - Veränderungen im Magen- Darm-Bereich - Gewichtsveränderungen, - Erhöhung der Muskelmasse und Abnahme der Fettmasse - Veränderung des Appetits und der Essgewohnheiten - Entwicklung eines gesunden Ernährungsverhaltens 9.4.2.2 Entspannung Das Prinzip zwischen Anspannung und Entspannung sollte sich ständig im Gleichgewicht befinden. Dauerstress, Dauerbeanspruchung bzw. Daueranspannung sind häufige Auslöser von psychosomatischen Störungen. Um das Gleichgewicht aufrecht zu 138 erhalten, ist es wichtig, in Zeiten erhöhter Anspannung mehr auf die Entspannungsphase zu achten. Bei einem zugunsten der Anspannung gestörten Gleichgewicht, muss die Fähigkeit zu wirksamer Entspannung wieder erlernt werden. Es dürfen keine außergewöhnlichen Effekte erwartet werden, sondern es werden verlorene Verhaltensmuster bewusst wieder in Erinnerung gerufen, z.B. nicht noch nach der Arbeit zu Hause weiterarbeiten, sondern sich die Zeit für ein Entspannungsbad nehmen, oder Sport zu treiben, um abzuschalten. Das Einlernen und Üben von Entspannungstechniken erfordert viel Geduld und Zeit bis diese richtig angewendet werden können. Werden sie beherrscht, kommt es zu einer Senkung des Erregungsniveaus, zu einer Erhöhung der Belastbarkeit und zum Abbau bereits bestehender psychosomatischer Beschwerden (vgl. LITZCKE & SCHUH 2007,93). Das Ziel von verschiedenen Entspannungstechniken ist die unmittelbare Reduktion von stressbedingter Anspannung. Die Entspannung selbst stellt ein „psychophysisches Reaktionsmuster dar, welches zum natürlichen Verhaltensrepertoire des Menschen gehört und unter günstigen Bedingungen leicht abrufbar ist“ (VAITL 1993, zit. in: HILLERT & MARWITZ 2006,240). Das Erlernen von Entspannungstechniken zielt darauf ab, dass die Fähigkeit, sich in eine Entspannung hineinzuversetzen und darin zu verweilen, erlernt wird (vgl. HILLERT & MARWITZ 2006,240-241). In der Entspannungsphase ist das parasympathische Nervensystem aktiviert und führt zu psychophysischen Veränderungen. - Physische Veränderungen nach VAITL (2004a, zit. in: LITZCKE & SCHUH 2007,93): Abnahme des Muskeltonus in der Skelettmuskulatur Erweiterung der peripheren Blutgefäße (wird als Wärme oder Kribbeln in den Händen oder Füßen wahrgenommen) Verlangsamung des Herzschlags Senkung des Blutdrucks Abnahme der Atemfrequenz und des Sauerstoffverbrauchs Veränderung der hirnelektrischen und neurovaskulären Aktivität Veränderungen im Magen-Darm-Bereich Reduktion von Schilddrüsenüberfunktionen 139 - Psychische Veränderungen nach HILLERT & MARWITZ (2006,241): Entstehung einer affektiven Indifferenz (Emotionen werden weniger intensiv wahrgenommen) Einstellung des Gefühls von mentaler Frische und Ausgeruhtsein Außenreize werden nicht mehr oder weniger eindringlich wahrgenommen MEYER (2006,22) zählt die Entspannungsverfahren zu den psychoregulativ wirkenden Verfahren, die zu einer Verbesserung der Konzentrations- und Wahrnehmungsfähigkeit, des Körperbewusstseins und des Selbstbewusstseins führen. Weitere Wirkungen sind die Ausbildung einer positiven Grundeinstellung, die Förderung eines bewussten Ruhezustandes, die Erreichung einer zunehmenden Gelassenheit, die Gewinnung größerer Übersicht durch Ruhe in schwierigen Situationen (vgl. JORDAN 1997,54) sowie die Erhöhung der Ausgeglichenheit und des körperlichseelischen Wohlbefindens. Zusätzlich dient das Entspannungstraining als Erholungsund Ausgleichsfunktion zur Arbeit und zum Alltag (vgl.BERGMANN SPÄTI & WHYBRA-DÖTTELBECK 2002,211). Zu den bekannten Entspannungstechniken zählen die progressive Muskelrelaxation nach Jacobson, das autogene Training, Yoga, Tai Chi, Qui Gong und andere. Die genannten Entspannungstechniken haben bewiesene positive Effekte und erfüllen auch als Anti-Stress-Hilfsmittel ihren Zweck. Das größte Problem ist die Umsetzung des Gelernten in den Alltag. Weiters erfordert das Einüben viel Geduld und Regelmäßigkeit sowie eine Identifizierung mit dem jeweiligen Verfahren. Das halbherzige Absolvieren von Übungen sowie eine unregelmäßige Teilnahme führt zu keinem angestrebten Ziel. Andere Strategien könnten z.B. Bücherlesen, Wandern, Gartenarbeiten, Joggen oder andere diverse Sportarten sein, um sich zu entspannen. Es gibt auch kein Patentrezept, welche die beste Möglichkeit zur Entspannung wäre. Auf welche Art und Weise dies geschieht bzw. welche Technik dazu verwendet wird, bleibt jedem einzelnen selbst überlassen (vgl. HILLERT & MARWITZ 2006,241-242). 140 Tabelle 17 zeigt genau, auf welche Symptome Entspannungsmethoden Einfluss nehmen können und wie diese wirken bzw. welche Veränderungen hervortreten können: Tabelle 17: Mögliche Wirkung von Entspannungsmethoden auf die BurnoutProblematik Kategorie 1: Verbesserung der Befindlichkeit zur Bekämpfung emotionaler Symptome Defizite - Emotionale Erschöpfung: Ziele - Niedergeschlagenheit und Erleben von Spaß, Freude Mögliche Wirkung von Entspannungsmethoden und Geselligkeit Verzweiflung, gedrückte Stimmung - - Verflachung und Verlust - Schaffen positiver Gefühle positiver Gefühle: Liebe, durch Vermitteln von Freude, Interesse Erfolgserlebnissen Entstehung negativer Gefühle und Einstellung zum Leben: 1) Verlust von Selbstvertrauen 1) Steigerung und Stabilisierung des Selbstvertrauens 2) Selbstwertgefühl sinkt 2) Erhöhung des Selbstwertgefühls 3) Gefühl mangelnder Anerkennung 3) Erreichung von Anerkennung durch gute Leistungen 4) Unfähigkeit und Wertlosigkeit 4) Lernen, den eigenen Fähigkeiten zu vertrauen 5) Unzufriedenheit und Unsicherheit 6) Gleichgültigkeit 5) Schaffen von Zufriedenheit und Sicherheit 6) Für sich selbst und andere Verantwortung übernehmen 7) Entstehung von 7) Emotionen zulassen bzw. Gefühllosigkeit, Liebe, ausleben, Freude, Trauer Mitleid, Trauer, Freude, oder Aggressionen emotionslos und kühl 8) Angstgefühle 8) Abbau von Angstgefühlen 9) Hilf-, Hoffnungs- und 9) Durchbrechung negativer Sinnlosigkeit Gedankengänge 141 - Genussunfähigkeit: - schmecken, riechen, hören, Sensibilisieren von positiven Wahrnehmungen sehen, fühlen - Soziale Ängste und - Panikzustände - Erhöhte Sammeln von positiven Erlebnissen mit Gruppen - Senkung des Aggressionsbereitschaft sowie Aggressionspotentials und Neigung zu gewaltsamen und lernen mit Aggressionen aggressivem Verhalten umzugehen 1) Wutausbrüche, Ungeduld, 1) Erhöhung der Kompromissunfähigkeit, Ausgeglichenheit und des Reizbarkeit körperlich-seelischen Wohlbefindens Kategorie 2: Förderung der Aktivität zur Bekämpfung motivationaler Symptome Defizite Ziele Mögliche Wirkung von Entspannungsmethoden - Antriebsstörungen - Steigerung der Aktivität - Verlust von Intressen - Stärkung der Interessen für eine sinnvolle Freizeitgestaltung - Keine Spontanität und - Verbesserung der Phantasien, Verringerte Produktiviät, Kreativität und Initiative, Produktivität, Flexibilität, Förderung zu Kreativität und Flexibilität spontanen Entschlüssen und Anregung der Phantasien sowie Steigerung der Eigeninitiative - Vermeidung von Verantwortung - Lernen Verantwortung zu übernehmen 1) Resignation 2) Flucht 142 Kategorie 3: Kognitive Veränderungen zur Bekämpfung kognitiver Symptome Defizite - Konzentrations- und Ziele - Verbesserung der Lernschwierigkeiten, Konzentrations- und Gedächtnisschwäche, leicht Lernfähigkeit Mögliche Wirkung von Entspannungsmethoden ablenkbar - Vergesslichkeit und reduzierte - Erhöhung der Merkfähigkeit - Sensibilisieren von positiven Merkfähigkeit - Zunahme von Denkstörungen, Einschränkung der Wahrnehmungen Wahrnehmungen - Kreativitätsleistung nimmt ab - Steigerung der Kreativität - Störung der Aufmerksamkeits- - Verbesserung der und Beobachtungsfähigkeit Aufmerksamkeits- und Beobachtungsfähigkeit - Entscheidungsunfähigkeit - Förderung Entscheidungen zu treffen Kategorie 4: Förderung sozialer Kompetenz zur Bekämpfung verhaltensbezogener Symptome Defizite - - Gesteigertes Aktivitätsniveau Ziele - Senkung des (zu Beginn der Phase) oder Erregungsniveaus, Erhöhung motorische Ruhelosigkeit und der Ausgeglichenheit und gesteigerte Gesprächigkeit Erreichung einer (manische Episode) zunehmenden Gelassenheit Hyperaktivität - Förderung eines bewussten Mögliche Wirkung von Entspannungsmethoden Ruhezustandes - Sozialer Rückzug - Erhöhung der sozialen (Verschlechterte Kompetenz, Verbesserung Kommunikations-, der Kommunikations-, Kooperations-, Interaktions- Kooperations-, Interaktions-, und Kontaktfähigkeit, Kontakt- und Probleme beim Finden von Konfliktfähigkeit Konfliktlösungen) 1) Meidung informeller Kontakte 1) Fähigkeit Informationen 143 auszutauschen 2) Meidung von Gesprächen 2) Erkennen der Notwendigkeit von Kommunikation 3) Interesse und 3) Wiederentdeckung alter Begeisterungsfähigkeit sinkt: Interessen bzw. neue Kurz- und langfristige Ziele Zielorientierung können aufgegeben werden. Früher wichtige persönliche Dinge werden weggegeben. 4) Aufgeben von Hobbys, 4) Anschluss an Freunde treffen Freizeitgruppen, Sinnvolle Freizeitgestaltung 5) Desinteresse und Langeweile 5) Motivation für Neues 6) Einsamkeit 6) Sammeln von positiven Erlebnissen mit Gruppen - Selbstzerstörerisches - Ausbildung einer positiven Verhalten und erhöhte Grundeinstellung zum Leben Risikobereitschaft und Aufbau eines positiven Körperbewusstseins 5) Verstärkter Drogenmissbrauch 5) Aufhören mit dem Drogenkonsum 6) Der Konsum von Alkohol, 6) Verringerter Konsum von Koffein, Nikotin, Alkohol, Koffein, Nikotin verschriebener oder illegaler oder illegaler Mittel Mittel steigt 7) Veränderte Essgewohnheiten 7) Entwicklung eines gesunden Ernährungsverhaltens 8) Tollkühnes und leichtsinniges 8) Erkennen der eigenen Verhalten, z.B. rücksichtsloses Grenzen Fahren - Zynismus und die - Akzeptieren der Schuldzuweisung an andere Verhaltensweisen anderer, wachsen lernen sich gegenseitig zu unterstützen 144 Kategorie 5: Verbesserung der körperlichen Gesundheit zur Bekämpfung körperlicher Symptome Defizite - Physische Erschöpftheit Ziele - Stabilisierung und Mögliche Wirkung von Entspannungsmethoden Verbesserung der allgemeinen körperlichen Leistungsfähigkeit 1) Chronische Müdigkeit 1) Steigerung der Aktivität 2) Energiemangel und 2) Erhöhung der Energiemenge 3) Erleben von Spaß und Energieverlust 3) Niedergeschlagenheit Freude 4) Veränderte psychomotorische 4) Erhöhung der Aktivität: agitiert-unruhig oder Ausgeglichenheit und des gehemmt-verlangsamt körperlich-seelischen Wohlbefindens 5) Reduzierte Vitalität, rasche 5) Steigerung der Vitalität, Ermüdbarkeit, Kraft- und Entwicklung von Schwunglosigkeit grundlegenden sportmotorischen Fähigkeiten (Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit und Koordination) - - - Körpergefühlsstörungen: - Verbesserung der fehlendes Gefühl der Erholung Wahrnehmungsfähigkeit zur und Entspannung Erholung und Entspannung Muskelverspannungen, - Abnahme des Muskeltonus, chronische Verspannungen, Entspannung und Lockerung Muskelschmerzen der Muskulatur Rückenschmerzen, - Milderung von Problemen Kopfschmerzen, Migräne und im Rückenbereich, Übelkeit Abnahme von Migräne- und Übelkeitanfällen - Schlafstörungen - Abnahme von Schlafstörungen - Herz-Kreislauf-Störungen - Verbesserung des HerzKreislauf-Systems 1) Herzklopfen und beschleunigter Puls, 1) Senkung der Herzfrequenz, Steigerung der 145 Herzbeschwerden und Wahrnehmungsfähigkeit der Herzbeklemmung Herztätigkeit unter Belastung 2) Engegefühl oder Stechen in der 2) Abnahme von Brust Angstgefühlen 3) Erhöhter Blutdruck 3) Senkung des Blutdrucks - - Atembeschwerden, Abnahme der Atemfrequenz Kurzatmigkeit, und des Hyperventilation Sauerstoffverbrauchs, Sensibilisierung der Atmung - Magen-Darm-Geschwüre - Veränderungen im Magen- Darm-Bereich - Gewichtsveränderungen, - Erhöhung der Muskelmasse und Abnahme der Fettmasse - Veränderung des Appetits und - der Essgewohnheiten Entwicklung eines gesunden Ernährungsverhaltens 9.4.2.3 Körpererfahrung und Körperwahrnehmung Der Begriff „Körpererfahrung steht für die Sammlung von sinnlichen Eindrücken und ihrer Verarbeitung“ (FUNKE 1983, zit in: LANGE 1992,32). Dabei geht es um „Wahrnehmen und Erleben, um die Entfaltung der Sinne (KÜKELHAUS 1982, zit in: LANGE 1992,32), um das Ungenormte und um die Sensibilität für die eigene Körperlichkeit“ (LANGE 1992,32). Als Oberbegriff für „Körperwahrnehmung und Körpererleben“ eignet sich für BIELEFELD (1986,16-18) der Begriff „Körpererfahrung“ am Besten. BIELEFELD (1986,17) definiert den Begriff „Körpererfahrung als die Gesamtheit aller im Verlaufe der individuellen wie gesellschaftlichen Entwicklung erworbenen Erfahrungen mit dem eigenen Körper, die sowohl kognitiv wie affektiv, bewusst wie unbewusst sein können“. Körpererfahrungsübungen dienen der Verbesserung der Kenntnisvermittlung bezüglich des eigenen Körpers auf kognitiver und affektiver Ebene. Die Sammlung neuer Erfahrungen, sozialer und emotionaler, erweitert die Handlungsfähigkeit, fordert aber auch, dass die eigenen Erfahrungen mitgeteilt werden müssen. Der Körper bietet weiter die Möglichkeit sich auszudrücken. Die Körperhaltung und Körpersprache können auf das Befinden hindeuten. Das Wahrnehmen einer Reaktion des Körpers auf verschiedene Situationen kann durch spezielle Übungen geschult werden. Zusätzlich werden die Kreativität, bzw. die Bewegungsgestaltung, das Verlassen bekannter Bewegungsmuster 146 sowie das Einlassen auf neue Erfahrungen gefördert. Körpererfahrungsübungen führen zu einer gesteigerten Bewusstheit, welche eine gesteigerte Form der Wahrnehmung ist und eine erhöhte oder verbesserte Handlungskompetenz verleiht. Es wird durch bestimmte Übungen ein bekanntes Bewegungsmuster durchbrochen, woraus neue Erfahrungen gesammelt werden können und welche dann in das Selbstkonzept integriert werden sollten (vgl. LANGE 1992,40-42). Unter dem Begriff der „Körperwahrnehmung“ ist ein Prozess von Wahrnehmen und Bewusstmachen des eigenen Körpers in Bewegung und Ruhe durch Einzel-, Partnerund Gruppenübungen zu verstehen. Diese bildet nicht nur die Grundlage für Entspannungsverfahren, sondern ist auch Voraussetzung für die effektive Durchführung von funktioneller Gymnastik und Sportspielen“ (BERGMANN SPÄTI & WHYBRADÖTTELBECK 2002,159). Körpererfahrungsübungen haben die Fähigkeit, die Einstellung zum eigenen Körper zu verändern. Das Bewusste hinterfragen, wie „Individuen ihren eigenen Körper erleben, welche Beziehung sie zu ihrem Körper haben und wie sie mit ihm umgehen“ (PAULUS 1982, zit. in: HUBER 1990, 119) verstärkt den Aufbau eines positiven Körperbildes (vgl. HUBER 1990, 119). Besondere Aufmerksamkeit muss der Sensibilisierung von positiven Wahrnehmungen geschenkt werden, d.h. z.B. angenehme Müdigkeit nach einer Sportstunde oder Empfindungen beim Springen auf dem Trampolin (vgl. MRAZEK 1986, zit. in: HUBER 1990, 126). Wenn sich depressive Patienten aus ihrer Passivität lösen, kann der eigene Körper in angenehmer Weise gespürt und die meist negativen Signale durch positive ersetzt werden (vgl. LOIBL & LEIST 1986, zit. in: HUBER 1990, 126). HUBER (1990,122) beschreibt die „Entwicklung des Körperschemas als notwendige Voraussetzung für weitere motorische und psychische Entwicklungsschritte“. Körpererfahrungs- und Körperwarhnehmungsübungen sind verschiedene Tätigkeiten, Maßnahmen und Übungen mit sehr unterschiedlichen Charakteren (vgl. LANGE 1992,32). 147 Zusammengefasst verbessern körperorientierte Wahrnehmungsübungen die eigene Körperwahrnehmung und vergrößern die Handlungskompetenz. Die Entwicklung eines positiven Körpergefühls, die Förderung und Verbesserung der Kommunikations-, Interaktions-, Kooperations- und Kontaktfähigkeit sowie das Erkennen des Zusammenhanges von Körper, Geist, Seele und sozialen Komponennten sind weitere wichtige Aspekte. Beim Sammeln neuer Erfahrungen stößt man auch an die eigenen Grenzen und lernt dabei sich Abzugrenzen. Zusätzlich wirken sich Körpererfahrungsübungen positiv auf die Entspannungs- und Konzentrationsfähigkeit sowie die Aufmerksamkeit aus. Das Arbeiten in Gruppen fördert das Verantwortungsbewusstsein, die Rücksichtnahme, das Erleben von Freude und Spaß, das Erfahren von gegenseitiger Unterstützung und Vertrauen. Körpererfahrungen und Körperwahrnehmungen können in jeder Bewegung gemacht werden. LANGE (1992,34-35) sieht diese in alternativen Bewegungsreizen und spielen, in „neuen“ Bewegungssystemen (z.B. Tai Chi oder Yoga) und in den traditionellen Sportarten. Abgestimmt auf die Ziele der Körperwarhnehmungsübungen beschreiben BERGMANN, SPÄTI & WHYBRA-DÖTTELBECK (2002,160) folgende Stundenreihen: Kennenlernen, Belastung und Erholung einschätzen lernen, Raum- und Zeitgefühl entwickeln, Verbesserung des Gleichgewichts, Führen und Folgen lernen, Nähe und Distanz, Gruppe erleben, Miteinander und Gegeneinander, Verabschieden. HUBER (1990,151) betont die Wichtigkeit des Bewusstmachens der Wahrnehmung des Körpers in verschiedenen Situationen. Nur so können Erfahrungen gesammelt und in das Selbstkonzept integriert werden. Tabelle 18 zeigt genau, auf welche Symptome Körpererfahurungs- und Körperwahrnehmungsübungen Einfluss nehmen können und wie diese wirken bzw. welche Veränderungen hervortreten können: 148 Tabelle 18: Mögliche Wirkung von Körpererfahrungs- und Körperwahrnehmungsübungen auf die Burnout-Problematik Kategorie 1: Verbesserung der Befindlichkeit zur Bekämpfung emotionaler Symptome Defizite - Emotionale Erschöpfung: Ziele - Niedergeschlagenheit und Erleben von Spaß, Freude Mögliche Wirkung von Körpererfahrungsübungen und Geselligkeit Verzweiflung, gedrückte Stimmung - - Verflachung und Verlust - Schaffen positiver Gefühle positiver Gefühle: Liebe, durch Vermitteln von Freude, Interesse Erfolgserlebnissen Entstehung negativer Gefühle und Einstellung zum Leben: 1) Verlust von Selbstvertrauen 1) Steigerung und Stabilisierung des Selbstvertrauens 2) Selbstwertgefühl sinkt 2) Erhöhung des Selbstwertgefühls 3) Gefühl mangelnder 3) Erreichung von Anerkennung Anerkennung durch gute Leistungen 4) Unfähigkeit und 4) Lernen, den eigenen Wertlosigkeit 5) Unzufriedenheit und Fähigkeiten zu vertrauen 5) Schaffen von Zufriedenheit Unsicherheit 6) Gleichgültigkeit und Sicherheit 6) Für sich selbst und andere Verantwortung übernehmen 7) Entstehung von 7) Emotionen zulassen bzw. Gefühllosigkeit, Liebe, ausleben, Freude, Trauer Mitleid, Trauer, Freude, oder Aggressionen emotionslos und kühl 8) Angstgefühle 8) Abbau von Angstgefühlen 9) Hilf-, Hoffnungs- und 9) Durchbrechung negativer Sinnlosigkeit - Genussunfähigkeit: schmecken, riechen, hören, Gedankengänge - Sensibilisieren von positiven Wahrnehmungen 149 sehen, fühlen - Soziale Ängste und - Panikzustände - Erhöhte Sammeln von positiven Erlebnissen mit Gruppen - Senkung des Aggressionsbereitschaft Aggressionspotentials und sowie Neigung zu lernen mit Aggressionen gewaltsamen und umzugehen aggressivem Verhalten 1) Wutausbrüche, Ungeduld, 1) Erhöhung der Kompromissunfähigkeit, Ausgeglichenheit und des Reizbarkeit körperlich-seelischen Wohlbefindens Kategorie 2: Förderung der Aktivität zur Bekämpfung motivationaler Symptome Defizite Ziele Mögliche Wirkung von Körpererfahrungsübungen - Antriebsstörungen - Steigerung der Aktivität - Verlust von Intressen - Stärkung der Interessen für eine sinnvolle Freizeitgestaltung - Keine Spontanität und - Verbesserung der Phantasien, Verringerte Produktiviät, Kreativität Initiative, Produktivität, und Flexibilität, Förderung Kreativität und Flexibilität zu spontanen Entschlüssen und Anregung der Phantasien sowie Steigerung der Eigeninitiative - Vermeidung von Verantwortung - Lernen Verantwortung zu übernehmen 1) Resignation 2) Flucht 150 Kategorie 3: Kognitive Veränderungen zur Bekämpfung kognitiver Symptome Defizite - Ziele Konzentrations- und - Verbesserung der Lernschwierigkeiten, Konzentrations- und Gedächtnisschwäche, leicht Lernfähigkeit Mögliche Wirkung von Körpererfahrungsübungen ablenkbar - Vergesslichkeit und reduzierte - Merkfähigkeit - Erhöhung der Merkfähigkeit Zunahme von Denkstörungen, - Sensibilisieren von Einschränkung der positiven Wahrnehmungen Wahrnehmungen - Kreativitätsleistung nimmt ab - Steigerung der Kreativität - Störung der Aufmerksamkeits- - Verbesserung der und Beobachtungsfähigkeit Aufmerksamkeits- und Beobachtungsfähigkeit - Entscheidungsunfähigkeit - Förderung Entscheidungen zu treffen Kategorie 4: Förderung sozialer Kompetenz zur Bekämpfung verhaltensbezogener Symptome Defizite - - Gesteigertes Aktivitätsniveau Ziele - Senkung des (zu Beginn der Phase) oder Erregungsniveaus, motorische Ruhelosigkeit Erhöhung der und gesteigerte Ausgeglichenheit und Gesprächigkeit (manische Erreichung einer Episode) zunehmenden Gelassenheit Hyperaktivität - Förderung eines bewussten Mögliche Wirkung von Körpererfahrungsübungen Ruhezustandes - Sozialer Rückzug - Erhöhung der sozialen (Verschlechterte Kompetenz, Verbesserung Kommunikations-, der Kommunikations-, Kooperations-, Interaktions- Kooperations-, Interaktions- und Kontaktfähigkeit, , Kontakt- und Probleme beim Finden von Konfliktfähigkeit 151 Konfliktlösungen) 1) Meidung informeller 1) Fähigkeit Informationen Kontakte 2) Meidung von Gesprächen auszutauschen 2) Erkennen der Notwendigkeit von Kommunikation 3) Interesse und 3) Wiederentdeckung alter Begeisterungsfähigkeit sinkt: Interessen bzw. neue Kurz- und langfristige Ziele Zielorientierung können aufgegeben werden. Früher wichtige persönliche Dinge werden weggegeben. 4) Aufgeben von Hobbys, 4) Anschluss an Freunde treffen Freizeitgruppen, Sinnvolle Freizeitgestaltung 5) Desinteresse und Langeweile 5) Motivation für Neues 6) Einsamkeit 6) Sammeln von positiven Erlebnissen mit Gruppen - Selbstzerstörerisches - Ausbildung einer positiven Verhalten und erhöhte Grundeinstellung zum Risikobereitschaft Leben und Aufbau eines positiven Körperbewusstseins 1) Verstärkter 1) Aufhören mit dem Drogenmissbrauch 2) Der Konsum von Alkohol, Drogenkonsum 2) Verringerter Konsum von Koffein, Nikotin, Alkohol, Koffein, Nikotin verschriebener oder illegaler oder illegaler Mittel Mittel steigt 3) Veränderte Essgewohnheiten 3) Entwicklung eines gesunden Ernährungsverhaltens 4) Tollkühnes und 4) Erkennen der eigenen leichtsinniges Verhalten, z.B. Grenzen rücksichtsloses Fahren - Zynismus und die - Akzeptieren der Schuldzuweisung an andere Verhaltensweisen anderer, wachsen lernen sich gegenseitig zu unterstützen 152 Kategorie 5: Verbesserung der körperlichen Gesundheit zur Bekämpfung körperlicher Symptome Defizite - Physische Erschöpftheit Ziele - Stabilisierung und Mögliche Wirkung von Körpererfahrungsübungen Verbesserung der allgemeinen körperlichen Leistungsfähigkeit 1) Chronische Müdigkeit 1) Steigerung der Aktivität 2) Energiemangel und 2) Erhöhung der Energieverlust 3) Niedergeschlagenheit Energiemenge 3) Erleben von Spaß und Freude 4) Veränderte psychomotorische 4) Erhöhung der Aktivität: agitiert-unruhig oder Ausgeglichenheit und des gehemmt-verlangsamt körperlich-seelischen Wohlbefindens 5) Reduzierte Vitalität, rasche 5) Steigerung der Vitalität, Ermüdbarkeit, Kraft- und Entwicklung von Schwunglosigkeit grundlegenden sportmotorischen Fähigkeiten (Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit und Koordination) - Körpergefühlsstörungen: - Verbesserung der fehlendes Gefühl der Erholung Wahrnehmungsfähigkeit und Entspannung zur Erholung und Entspannung - Muskelverspannungen, - Abnahme des chronische Verspannungen, Muskeltonus, Muskelschmerzen Entspannung und Lockerung der Muskulatur - Rückenschmerzen, - Milderung von Problemen Kopfschmerzen, Migräne und im Rückenbereich, Übelkeit Abnahme von Migräne- und Übelkeitanfällen - Schlafstörungen - Abnahme von Schlafstörungen - Herz-Kreislauf-Störungen - Verbesserung des Herz- Kreislauf-Systems 153 1) Herzklopfen und 1) Senkung der beschleunigter Puls, Herzfrequenz, Steigerung Herzbeschwerden und der Herzbeklemmung Wahrnehmungsfähigkeit der Herztätigkeit unter Belastung 2) Engegefühl oder Stechen in 2) Abnahme von der Brust Angstgefühlen 3) Erhöhter Blutdruck 3) Senkung des Blutdrucks - - Atembeschwerden, Abnahme der Kurzatmigkeit, Atemfrequenz und des Hyperventilation Sauerstoffverbrauchs, Sensibilisierung der Atmung - Magen-Darm-Geschwüre - Veränderungen im Magen- Darm-Bereich - Gewichtsveränderungen, - Erhöhung der Muskelmasse und Abnahme der Fettmasse - Veränderung des Appetits und der Essgewohnheiten - Entwicklung eines gesunden Ernährungsverhaltens 9.4.2.4 Fitnesssport Nach ARONSON, PINES & KAFRY (2006,27) wird „Burnout als körperliche, emotionale und geistige Erschöpfung“ definiert. Ein wichtiges Ziel der Sporttherapie in der Psychiatrie ist nach DEIMEL (1978, zit. in: WILHELMI 1991,150-153) die Stabilisierung und Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit (siehe hierzu Seite 129). Durch eine Wiederherstellung der körperlichen Leistungsfähigkeit bzw. der Entwicklung von grundlegenden sportmotorischen Fähigkeiten (Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit/Flexibilität und Koordination) können Alltagsanforderungen leichter bewältigt werden sowie den Anschluss an Freizeitsportgruppen zu finden wird erleichtert (vgl. DEIMEL 1978, zit. in: WILHELMI 1991,153). Die Wirkung von sportlicher Aktivität dient allgemein der Verbesserung der körperlichen Fitness (Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit/Flexibilität und Koordination). Weiters wird die Motivation für Neu- oder Wiedereinstieg in sportliche Tätigkeiten 154 sowie ein gewisses Maß an Willen und Bereitschaft gefördert. Die nächsten wichtigen Aspekte sind, dass Freude, Spaß und Geselligkeit in Gruppen erlebt werden, eine sinnvolle Freizeitgestaltung erlernt wird, diese somit als Ausgleichsfunktion dient und dadurch das körperlich-seelische Wohlbefinden erhöht. Weiters können Erfolgserlebnisse durch selbstständiges Kontrollieren der Leistung (Zeit, Kilometer, Watt, Herzfrequenz, etc.) vermittelt werden (vgl. BERGMANN SPÄTI & WHYBRADÖTTELBECK 2002,93). Eine allgemeine erhöhte Leistungsfähigkeit stärkt weiter das Selbstvertrauen und fördert die Entstehung von positiven Gefühlen. Die Verbesserung der physischen Leistungsfähigkeit kann durch Ausdauertraining (Geh- und/oder Lauftraining, Ausdauersportarten wie z.B. Laufen, Radfahren, Langlaufen, Schwimmen, Walking, etc.), funktionelle Gymnastik (Kräftigen und Dehnen, Wirbelsäulengymnastik, etc.) und Koordinationsübungen erreicht werden. Da die Inhalte wie Sportspiele, Entspannung und Körperwahrnehmung bereits erklärt wurden, aber auch einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit leisten, werden diese in diesem Zusammenhang nur aufgezählt (vgl. BERGMANN SPÄTI & WHYBRA-DÖTTELBECK 2002,93). Tabelle 19 zeigt genau, auf welche Symptome Fitnesssport Einfluss nehmen kann und wie dieser wirkt bzw. welche Veränderungen hervortreten können: Tabelle 19: Mögliche Wirkung von Fitnesssport auf die Burnout-Problematik Kategorie 1: Verbesserung der Befindlichkeit zur Bekämpfung emotionaler Symptome Defizite - Emotionale Erschöpfung: Ziele - Niedergeschlagenheit und Erleben von Spaß, Freude Mögliche Wirkung von Fitnesssport und Geselligkeit Verzweiflung, gedrückte Stimmung - - Verflachung und Verlust - Schaffen positiver Gefühle positiver Gefühle: Liebe, durch Vermitteln von Freude, Interesse Erfolgserlebnissen Entstehung negativer Gefühle und Einstellung zum Leben: 1) Verlust von Selbstvertrauen 1) Steigerung und Stabilisierung 155 des Selbstvertrauens 2) Selbstwertgefühl sinkt 2) Erhöhung des Selbstwertgefühls 3) Gefühl mangelnder 3) Erreichung von Anerkennung Anerkennung 4) Unfähigkeit und Wertlosigkeit durch gute Leistungen 4) Lernen, den eigenen Fähigkeiten zu vertrauen 5) Unzufriedenheit und 5) Schaffen von Zufriedenheit Unsicherheit 6) Gleichgültigkeit und Sicherheit 6) Für sich selbst und andere Verantwortung übernehmen 7) Entstehung von Gefühllosigkeit, 7) Emotionen zulassen bzw. Liebe, Mitleid, Trauer, Freude, ausleben, Freude, Trauer oder emotionslos und kühl Aggressionen 8) Angstgefühle 8) Abbau von Angstgefühlen 9) Hilf-, Hoffnungs- und 9) Durchbrechung negativer Sinnlosigkeit - Genussunfähigkeit: schmecken, Gedankengänge - riechen, hören, sehen, fühlen - Soziale Ängste und Erhöhte Aggressionsbereitschaft - Sammeln von positiven Erlebnissen mit Gruppen - Senkung des sowie Neigung zu gewaltsamen Aggressionspotentials und und aggressivem Verhalten lernen mit Aggressionen umzugehen 1) Wutausbrüche, Ungeduld, Wahrnehmungen Panikzustände - Sensibilisieren von positiven 1) Erhöhung der Kompromissunfähigkeit, Ausgeglichenheit und des Reizbarkeit körperlich-seelischen Wohlbefindens Kategorie 2: Förderung der Aktivität zur Bekämpfung motivationaler Symptome Defizite Ziele Mögliche Wirkung von Fitnesssport - Antriebsstörungen - Steigerung der Aktivität - Verlust von Intressen - Stärkung der Interessen für eine sinnvolle Freizeitgestaltung - Keine Spontanität und - Verbesserung der Phantasien, Verringerte Produktiviät, Kreativität und Initiative, Produktivität, Flexibilität, Förderung zu 156 Kreativität und Flexibilität spontanen Entschlüssen und Anregung der Phantasien sowie Steigerung der Eigeninitiative - Vermeidung von - Verantwortung Lernen Verantwortung zu übernehmen 1) Resignation 2) Flucht Kategorie 3: Kognitive Veränderungen zur Bekämpfung kognitiver Symptome Defizite - Konzentrations- und Ziele - Verbesserung der Lernschwierigkeiten, Konzentrations- und Gedächtnisschwäche, leicht Lernfähigkeit Mögliche Wirkung von Fitnesssport ablenkbar - Vergesslichkeit und reduzierte - Erhöhung der Merkfähigkeit - Sensibilisieren von positiven Merkfähigkeit - Zunahme von Denkstörungen, Einschränkung der Wahrnehmungen Wahrnehmungen - Kreativitätsleistung nimmt ab - Steigerung der Kreativität - Störung der Aufmerksamkeits- - Verbesserung der und Beobachtungsfähigkeit Aufmerksamkeits- und Beobachtungsfähigkeit - Entscheidungsunfähigkeit - Förderung Entscheidungen zu treffen 157 Kategorie 4: Förderung sozialer Kompetenz zur Bekämpfung verhaltensbezogener Symptome Defizite - - Gesteigertes Aktivitätsniveau Ziele - Senkung des (zu Beginn der Phase) oder Erregungsniveaus, Erhöhung motorische Ruhelosigkeit und der Ausgeglichenheit und gesteigerte Gesprächigkeit Erreichung einer (manische Episode) zunehmenden Gelassenheit Hyperaktivität - Förderung eines bewussten Mögliche Wirkung von Fitnesssport Ruhezustandes - Sozialer Rückzug - Erhöhung der sozialen (Verschlechterte Kompetenz, Verbesserung der Kommunikations-, Kommunikations-, Kooperations-, Interaktions- Kooperations-, Interaktions-, und Kontaktfähigkeit, Kontakt- und Probleme beim Finden von Konfliktfähigkeit Konfliktlösungen) 1) Meidung informeller Kontakte 1) Fähigkeit Informationen auszutauschen 2) Meidung von Gesprächen 2) Erkennen der Notwendigkeit von Kommunikation 3) Interesse und 3) Wiederentdeckung alter Begeisterungsfähigkeit sinkt: Interessen bzw. neue Kurz- und langfristige Ziele Zielorientierung können aufgegeben werden. Früher wichtige persönliche Dinge werden weggegeben. 4) Aufgeben von Hobbys, Freunde 4) Anschluss an Freizeitgruppen, treffen Sinnvolle Freizeitgestaltung 5) Desinteresse und Langeweile 5) Motivation für Neues 6) Einsamkeit 6) Sammeln von positiven Erlebnissen mit Gruppen - Selbstzerstörerisches Verhalten und erhöhte Risikobereitschaft - Ausbildung einer positiven Grundeinstellung zum Leben und Aufbau eines positiven Körperbewusstseins 1) Verstärkter Drogenmissbrauch 1) Aufhören mit dem Drogenkonsum 2) Der Konsum von Alkohol, 2) Verringerter Konsum von 158 Koffein, Nikotin, Alkohol, Koffein, Nikotin verschriebener oder illegaler oder illegaler Mittel Mittel steigt 3) Veränderte Essgewohnheiten 3) Entwicklung eines gesunden Ernährungsverhaltens 4) Tollkühnes und leichtsinniges 4) Erkennen der eigenen Grenzen - Verhalten, z.B. rücksichtsloses Fahren - Zynismus und die Akzeptieren der Schuldzuweisung an andere Verhaltensweisen anderer, wachsen lernen sich gegenseitig zu unterstützen Kategorie 5: Verbesserung der körperlichen Gesundheit zur Bekämpfung körperlicher Symptome Defizite - Physische Erschöpftheit Ziele - Stabilisierung und Mögliche Wirkung von Fitnesssport Verbesserung der allgemeinen körperlichen Leistungsfähigkeit 1) Chronische Müdigkeit 1) Steigerung der Aktivität 2) Energiemangel und 2) Erhöhung der Energiemenge 3) Niedergeschlagenheit 3) Erleben von Spaß und Freude 4) Veränderte psychomotorische 4) Erhöhung der Energieverlust Aktivität: agitiert-unruhig oder Ausgeglichenheit und des gehemmt-verlangsamt körperlich-seelischen Wohlbefindens 5) Reduzierte Vitalität, rasche 5) Steigerung der Vitalität, Ermüdbarkeit, Kraft- und Entwicklung von Schwunglosigkeit grundlegenden sportmotorischen Fähigkeiten (Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit und Koordination) - Körpergefühlsstörungen: - Verbesserung der fehlendes Gefühl der Erholung Wahrnehmungsfähigkeit zur und Entspannung Erholung und Entspannung 159 - - Muskelverspannungen, - Abnahme des Muskeltonus, chronische Verspannungen, Entspannung und Lockerung Muskelschmerzen der Muskulatur Rückenschmerzen, - Milderung von Problemen im Kopfschmerzen, Migräne und Rückenbereich, Abnahme von Übelkeit Migräne- und Übelkeitanfällen - Schlafstörungen - Abnahme von Schlafstörungen - Herz-Kreislauf-Störungen - Verbesserung des Herz- Kreislauf-Systems 1) Herzklopfen und beschleunigter 1) Senkung der Herzfrequenz, Puls, Herzbeschwerden und Steigerung der Herzbeklemmung Wahrnehmungsfähigkeit der Herztätigkeit unter Belastung 2) Abnahme von Angstgefühlen 3) Erhöhter Blutdruck 3) Senkung des Blutdrucks - - 2) Engegefühl oder Stechen in der Brust - Atembeschwerden, Abnahme der Atemfrequenz Kurzatmigkeit, und des Sauerstoffverbrauchs, Hyperventilation Sensibilisierung der Atmung Magen-Darm-Geschwüre - Veränderungen im Magen- Darm-Bereich - Gewichtsveränderungen - Erhöhung der Muskelmasse und Abnahme der Fettmasse - Veränderung des Appetits und - der Essgewohnheiten Entwicklung eines gesunden Ernährungsverhaltens 9.4.2.5 Erlebnisorientierte Interventionen Beiträge hierzu bieten die Erlebnispädagogik und das Outdoor-Training. Unter Erlebnispädagogik ist „eine handlungsorientierte Methode, in der durch Gemeinschaft und Erlebnisse in naturnahen oder pädagogisch unerschlossenen Räumen neue Raum und Zeitperspektiven erschlossen werden, die einem pädagogischen Zwecke dienen. Sie trägt zur zwischenmenschlichen Begegnung und Beziehung bei, weil sie durch die oft notwendige persönliche Nähe neue Sichtweisen der Fremd- und Selbstwahrnehmung eröffnet, weil bisher feste Einstellungen und Urteile ins Wanken kommen können“ (HECKMAIR & MICHL 1994, zit. in: LAKEMANN (Hrsg.) 2005,9). 160 Der Begriff „Outdoor-Training“ ist die Übersetzung des Begriffs „Erlebnispädagogik“ in der Sprache der betrieblichen Personalentwicklung. Der Einsatz des OutdoorTrainings dient hauptsächlich zur Teamentwicklung in einem Unternehmen (vgl. GROSSER 2002; KÖNIG & KÖNIG 2002; SCHAD & MICHL 2002, zit. in: LAKEMANN (Hrsg.) 2005,10). Die Erlebnispädagogik und das Outdoor-Training bieten Möglichkeiten zur Bewältigung von nicht alltäglichen Situationen an, wie z.B. Klettern, Segeln oder Interaktionsübungen in der Gruppe. Es sollen Erlebnisse entstehen, welche den Menschen in seinen Handelns, Verhaltens- und Kommunikationsformen vollständig fordern (vgl. FELTEN 1998; CSIKSZENTMIHALYI 1999; PLÖHN 1998, zit. in: LAKEMANN (Hrsg.) 2005,10). Eine kombinierte Form von Spielpädagogik, Gruppendynamik und Erlebnispädagogik nennt sich „kooperative Abenteuerspiele“ nach GILSDORF & KISTNER (2007). Die Einsatzfelder sind je nach Institution, spezieller Zielsetzung und zeitlichen Möglichkeiten unterschiedlich. Hauptsächlich werden diese im schulischen Bereich, also in der Arbeit mit Jugendlichen, aber auch bei Lehrern, Sozialpädagogen und Erziehern eingesetzt (vgl. GILSDORF & KISTNER 2007,23). Die grundlegenden Ziele von Outdoor-Training und Erlebnispädagogik sind nahezu identisch. Es geht um die Persönlichkeitsbildung und die Stärkung von Gruppen bzw. Teams. JAGENLAUF (1994, zit. in: LAKEMANN (Hrsg.) 2005,30) beschreibt positive Auswirkungen auf das Verhalten, die Teamfähigkeit, das Selbstvertrauen und Ausdauer. Die Untersuchung von KLAWE & BRÄUER (1998, zit. in: LAKEMANN (Hrsg.) 2005,30) an Jugendlichen hat ergeben, dass Konfliktsituationen in der Erlebnispädagogik optimale Lernchancen bieten, damit umgehen zu können. AMESBERGER (1992, zit. in: LAKEMANN (Hrsg.) 2005,31) untersuchte die Veränderung bei sozial benachteiligten Jugendlichen. Es wurde nachgewiesen, dass sich die allgemeine Befindlichkeit, das Selbstwertgefühl, die Zielorientierung, die Beziehungs- und Konfliktfähigkeit eindeutig verbessert hat. Wichtig sind die Untersuchungen von SCHWIERISCH (1995), PLÖHN (1998) und KOTH (1996). Die Erlebnispädagogik hat auch im Sinne eines therapeutischen Settings positive Wirkungen. SCHWIERISCH (1995, zit. in: LAKEMANN (Hrsg.) 2005,32) beschreibt 161 Einflüsse auf Bewusstsein und Aufmerksamkeit. PLÖHN (1998, zit. in: LAKEMANN (Hrsg.) 2005,32) beobachtet Einflüsse auf Motivation und Problemlösungsfähigkeiten. Die Erlebnispädagogik wird auch in der Therapie von psychosomatischen Krankheiten sowie bei Alkohol- und Medikamentenmissbrauch eingesetzt und erhält den Titel „Erlebnistherapie“ (vgl. KOTH 1996, zit. in: LAKEMANN (Hrsg.) 2005,32). Innerhalb der „Erlebnistherapie“ konnten Patienten von einem positiven Körpergefühl, mehr Lebensqualität, einer Aktivierung der eigenen Energieressourcen, einer gelockerten Stimmung und einem wachsenden Selbstvertrauen sprechen (vgl. KOTH 1996, zit. in: LAKEMANN (Hrsg.) 2005,32). Die schnelle Integration von neuen Mitgliedern innerhalb einer Therapiegruppe konnte ebenfalls durch erlebnistherapeutische Aktivitäten nachgewiesen werden. SCHWIERISCH (1996, zit. in: LAKEMANN (Hrsg.) 2005,32) deutet auf die Wichtigkeit der Wirkungsimpulse aus der Erlebnispädagogik und dem Outdoor-Training hin, meint aber auch, dass „erlebnistherapeutische Aktivitäten niemals von anderen therapeutischen Ansätzen getrennt werden darf, sondern dass diese in einem Gesamtkonzept integriert werden müssen“. Wirkungsimpulse von Outdoor-Training nach WAIDER (zit. in: LAKEMANN (Hrsg.) 2005,32): - Akzeptanz und Toleranz Vorbehaltlos und offen auf andere zugehen Akzeptieren der Verhaltensweisen anderer Konfliktfähigkeit - Kommunikationsfähigkeit Fähigkeit, gegenseitig Informationen auszutauschen Erkennen der Notwendigkeit von Kommunikation Zuhören können - Kooperations- und Teamfähigkeit Erkennen und Akzeptieren verschiedener Rollen innerhalb einer Gruppe Erkenntnisse über Gruppenprozesse Ausgleich von Stärken und Schwächen Sich gegenseitig unterstützen Führung in Gruppen 162 - Persönlichkeitsentwicklung Authentizität Selbstbewusstsein Selbstfindung Grenzen und Ängste - Körperliches Training Körperliches Training und gutes Körpergefühl Durchhaltevermögen Entspannung - Planung und Zielorientierung Erkennen der Notwendigkeit des Planungsprozesses Orientierung des Handelns an Zielen - Teambuilding Andere kennen lernen Andere anders kennen zu lernen und zu erleben Teamzusammenführung Neztwerkbildung - Wahrnehmungsfähigkeit Sensibilisierung der Sinne Wahrnehmung anderer - Sonstiges Spaß Motivation Schätzen von „einfachem“ Leben Vertrauen in andere GILSDORF & KISTNER (2007,22-23) beschreiben Ziele aus dem Bereich des sozialen Lernens und der Persönlichkeitsförderung. Diese sind die Verbesserung der Kooperations- und Konfliktfähigkeit, helfen und sich helfen lassen, Übernahme von 163 Initiative und Verantwortung, Stärkung des Selbstwertgefühls, realistische Selbsteinschätzung lernen, der Aufbau eines positiven Körperbewusstseins und abbauen von Berührungsängsten. Tabelle 20 zeigt genau, auf welche Symptome erlebnisorientierte Interventionen Einfluss nehmen können und wie diese wirken bzw. welche Veränderungen hervortreten können: Tabelle 20: Mögliche Wirkung erlebnisorientierter Interventionen auf die BurnoutProblematik Kategorie 1: Verbesserung der Befindlichkeit zur Bekämpfung emotionaler Symptome Mögliche Wirkung Defizite Ziele erlebnis. Interventionen - Emotionale Erschöpfung: - Niedergeschlagenheit und Erleben von Spaß, Freude und Geselligkeit Verzweiflung, gedrückte Stimmung - - Verflachung und Verlust - Schaffen positiver Gefühle positiver Gefühle: Liebe, durch Vermitteln von Freude, Interesse Erfolgserlebnissen Entstehung negativer Gefühle und Einstellung zum Leben: 1) Verlust von Selbstvertrauen 1) Steigerung und Stabilisierung des Selbstvertrauens 2) Selbstwertgefühl sinkt 2) Erhöhung des Selbstwertgefühls 3) Gefühl mangelnder Anerkennung 4) Unfähigkeit und Wertlosigkeit 3) Erreichung von Anerkennung durch gute Leistungen 4) Lernen, den eigenen Fähigkeiten zu vertrauen 5) Unzufriedenheit und Unsicherheit 6) Gleichgültigkeit 5) Schaffen von Zufriedenheit und Sicherheit 6) Für sich selbst und andere Verantwortung übernehmen 7) Entstehung von Gefühllosigkeit, Liebe, Mitleid, Trauer, Freude, 7) Emotionen zulassen bzw. ausleben, Freude, Trauer oder 164 emotionslos und kühl Aggressionen 8) Angstgefühle 8) Abbau von Angstgefühlen 9) Hilf-, Hoffnungs- und 9) Durchbrechung negativer Sinnlosigkeit - Genussunfähigkeit: schmecken, Gedankengänge - riechen, hören, sehen, fühlen - Soziale Ängste und Erhöhte Aggressionsbereitschaft Wahrnehmungen - Panikzustände - Sensibilisieren von positiven Sammeln von positiven Erlebnissen mit Gruppen - Senkung des sowie Neigung zu gewaltsamen Aggressionspotentials und und aggressivem Verhalten lernen mit Aggressionen umzugehen 1) Wutausbrüche, Ungeduld, 1) Erhöhung der Kompromissunfähigkeit, Ausgeglichenheit und des Reizbarkeit körperlich-seelischen Wohlbefindens Kategorie 2: Förderung der Aktivität zur Bekämpfung motivationaler Symptome Mögliche Wirkung Defizite Ziele erlebnis. Interventionen - Antriebsstörungen - Steigerung der Aktivität - Verlust von Interessen - Stärkung der Interessen für eine sinnvolle Freizeitgestaltung - Keine Spontaneität und - Verbesserung der Phantasien, Verringerte Produktivität, Kreativität und Initiative, Produktivität, Flexibilität, Förderung zu Kreativität und Flexibilität spontanen Entschlüssen und Anregung der Phantasien sowie Steigerung der Eigeninitiative - Vermeidung von Verantwortung - Lernen Verantwortung zu übernehmen 1) Resignation 2) Flucht 165 Kategorie 3: Kognitive Veränderungen zur Bekämpfung kognitiver Symptome Mögliche Wirkung Defizite Ziele erlebnis. Interventionen - Konzentrations- und - Verbesserung der Lernschwierigkeiten, Konzentrations- und Gedächtnisschwäche, leicht Lernfähigkeit ablenkbar - Vergesslichkeit und reduzierte - Erhöhung der Merkfähigkeit - Sensibilisieren von positiven Merkfähigkeit - Zunahme von Denkstörungen, Einschränkung der Wahrnehmungen Wahrnehmungen - Kreativitätsleistung nimmt ab - Steigerung der Kreativität - Störung der Aufmerksamkeits- - Verbesserung der und Beobachtungsfähigkeit Aufmerksamkeits- und Beobachtungsfähigkeit - Entscheidungsunfähigkeit - Förderung Entscheidungen zu treffen Kategorie 4: Förderung sozialer Kompetenz zur Bekämpfung verhaltensbezogener Symptome Mögliche Wirkung Defizite Ziele erlebnis. Interventionen - - Gesteigertes Aktivitätsniveau - Senkung des (zu Beginn der Phase) oder Erregungsniveaus, Erhöhung motorische Ruhelosigkeit und der Ausgeglichenheit und gesteigerte Gesprächigkeit Erreichung einer (manische Episode) zunehmenden Gelassenheit Hyperaktivität - Förderung eines bewussten Ruhezustandes - Sozialer Rückzug - Erhöhung der sozialen (Verschlechterte Kompetenz, Verbesserung der Kommunikations-, Kommunikations-, Kooperations-, Interaktions- Kooperations-, Interaktions-, und Kontaktfähigkeit, Kontakt- und Probleme beim Finden von Konfliktfähigkeit 166 Konfliktlösungen) 1) Meidung informeller Kontakte 1) Fähigkeit Informationen auszutauschen 2) Meidung von Gesprächen 2) Erkennen der Notwendigkeit von Kommunikation 3) Interesse und 3) Wiederentdeckung alter Begeisterungsfähigkeit sinkt: Interessen bzw. neue Kurz- und langfristige Ziele Zielorientierung können aufgegeben werden. Früher wichtige persönliche Dinge werden weggegeben. 4) Aufgeben von Hobbys, Freunde 4) Anschluss an Freizeitgruppen, treffen Sinnvolle Freizeitgestaltung 5) Desinteresse und Langeweile 5) Motivation für Neues 6) Einsamkeit 6) Sammeln von positiven Erlebnissen mit Gruppen - Selbstzerstörerisches Verhalten - und erhöhte Risikobereitschaft Ausbildung einer positiven Grundeinstellung zum Leben und Aufbau eines positiven Körperbewusstseins 1) Verstärkter Drogenmissbrauch 1) Aufhören mit dem Drogenkonsum 2) Der Konsum von Alkohol, 2) Verringerter Konsum von Koffein, Nikotin, Alkohol, Koffein, Nikotin verschriebener oder illegaler oder illegaler Mittel Mittel steigt 3) Veränderte Essgewohnheiten 3) Entwicklung eines gesunden Ernährungsverhaltens 4) Tollkühnes und leichtsinniges 4) Erkennen der eigenen Grenzen Verhalten, z.B. rücksichtsloses Fahren - Zynismus und die - Akzeptieren der Schuldzuweisung an andere Verhaltensweisen anderer, wachsen lernen sich gegenseitig zu unterstützen 167 Kategorie 5: Verbesserung der körperlichen Gesundheit zur Bekämpfung körperlicher Symptome Mögliche Wirkung Defizite Ziele erlebnis. Interventionen - Physische Erschöpftheit - Stabilisierung und Verbesserung der allgemeinen körperlichen Leistungsfähigkeit 1) Chronische Müdigkeit 1) Steigerung der Aktivität 2) Energiemangel und 2) Erhöhung der Energiemenge 3) Niedergeschlagenheit 3) Erleben von Spaß und Freude 4) Veränderte psychomotorische 4) Erhöhung der Energieverlust Aktivität: agitiert-unruhig oder Ausgeglichenheit und des gehemmt-verlangsamt körperlich-seelischen Wohlbefindens 5) Reduzierte Vitalität, rasche 5) Steigerung der Vitalität, Ermüdbarkeit, Kraft- und Entwicklung von Schwunglosigkeit grundlegenden sportmotorischen Fähigkeiten (Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit und Koordination) - - - Körpergefühlsstörungen: - Verbesserung der fehlendes Gefühl der Erholung Wahrnehmungsfähigkeit zur und Entspannung Erholung und Entspannung Muskelverspannungen, - Abnahme des Muskeltonus, chronische Verspannungen, Entspannung und Lockerung Muskelschmerzen der Muskulatur Rückenschmerzen, - Milderung von Problemen im Kopfschmerzen, Migräne und Rückenbereich, Abnahme von Übelkeit Migräne- und Übelkeitanfällen - Schlafstörungen - Abnahme von Schlafstörungen - Herz-Kreislauf-Störungen - Verbesserung des HerzKreislauf-Systems 1) Herzklopfen und beschleunigter 1) Senkung der Herzfrequenz, Puls, Herzbeschwerden und Steigerung der Herzbeklemmung Wahrnehmungsfähigkeit der Herztätigkeit unter Belastung 168 2) Abnahme von Angstgefühlen 3) Erhöhter Blutdruck 3) Senkung des Blutdrucks - - 2) Engegefühl oder Stechen in der Brust - Atembeschwerden, Abnahme der Atemfrequenz Kurzatmigkeit, und des Sauerstoffverbrauchs, Hyperventilation Sensibilisierung der Atmung Magen-Darm-Geschwüre - Veränderungen im Magen- Darm-Bereich - Gewichtsveränderungen - Erhöhung der Muskelmasse und Abnahme der Fettmasse - Veränderung des Appetits und - der Essgewohnheiten Entwicklung eines gesunden Ernährungsverhaltens 10. Schlusswort Der Begriff „Burnout“ hat sich vor allem in der Arbeitswelt durchgesetzt und seinen festen Sitz dabei erhalten. Der Prozess selbst wird als schleichend bezeichnet und kann jeden treffen. Studien belegen, dass im 21. Jahrhundert psychische Erkrankungen, nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen, an zweiter Stelle liegen werden. Die Ursachen für ein Burnout sind klar auf beiden Seiten (Person vs. Umwelt) zu suchen. Es geht um die Interaktion zwischen Person und Umwelt, d.h. wie die Person mit den Anforderungen der Umwelt zurechtkommt. Während sich Burnout auf einen Lebensbereich beschränkt, manifestiert sich, d.h. über den Arbeitsplatz hinaus, die Depression in allen Lebensbereichen. Dies erfordert eine komplexe Behandlung, während Burnout-Betroffene bereits durch eine geeignete Maßnahme (z.B. Arbeitsplatzwechsel) den Prozess aufheben können. Auch wenn Burnout und Depression ein ähnliches Erscheinungsbild aufweisen sind sie doch als eigenständige Krankheiten anzusehen. Die Folgen bei beiden können von völliger Erschöpfung, Rückzug vom Leben bis hin zum Selbstmord führen. Stress spielt sowohl bei der Entstehung von Burnout als auch bei Depressionen eine entscheidende Rolle. Das Stressmodell von ZIMBARDO & GERRIG (1999) stellt eine Zusammenfassung über einen gesamten Stressablauf dar. Die Theorie von LAZARUS liefert für das Verständnis von Burnout und Stress wichtige Informationen. Stress bzw. Dauerstress wird als ein Faktor gesehen, der einen Burnout-Prozess in Gang setzen und auslösen kann. Bei der Theorie von LAZARUS entsteht Stress dann, wenn Personen nicht über die notwendigen Bewältigungsstrategien verfügen, welche aufgrund einer 169 bestimmten Situation mit den damit verbundenen Anforderungen erforderlich wären. Aufgrund der Tatsache, dass jeder Mensch unterschiedlich ist, kann eine Situation für einen Menschen eine Bedrohung darstellen und für einen anderen kann diese zur täglichen Routine gehören. Können stressreiche Situationen nicht verarbeitet werden, entsteht Dauerstress und dieser führt zu physiologischen, verhaltensbezogenen, emotionalen, kognitiven und motivationalen Veränderungen. Ungünstige Personenfaktoren, wie ein labiles Selbstbild, geringe Selbstachtung, das Ignorieren von Belastbarkeitsgrenzen, Selbstüberforderungs- und Verausgabungstendenz sowie Perfektionsstreben, können einen Burnout-Prozess fördern. Die große Herausforderung unserer heutigen Zeit liegt darin, mit oder trotz Stress leben zu lernen bzw. mit dem Stress fertig zu werden (vgl. VESTER 1978,15). Schon SELYE (1977,78-79) wies darauf hin, dass andere Beschäftigungen (wie z.B. Sport) helfen, sich vor geistiger Übermüdung zu schützen oder sich einfach abzulenken. Aufgrund der Vielseitigkeit der sportlichen Möglichkeiten haben vor allem Sportspiele, Entspannungstechniken, Körpererfahrungs- und Körperwahrnehmungsübungen, Fitnesssportarten und erlebnisorientierte Interventionen positive Wirkungen auf die spezielle Symptomatik der Burnout-, Stress- und Depressionsproblematik (siehe ab Seite 134, Tabelle 16-20). Dabei konnte festgestellt werden, dass besonders Sportspiele (z.B. Basketball, usw.) das Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl erhöhen und die Kommunikations-, Interaktions-, Kooperations- und Kontaktfähigkeit verbessern können. Positive Erlebnisse in Gruppen fördern die Motivation und steigern den Antrieb. Zur Verbesserung der Befindlichkeit gegen emotionale Symptome (Kategorie 1) dienen vor allem Sportspiele, da diese auf die Symptome wie Emotionale Erschöpftheit und negative Gefühle, Niedergeschlagenheit, gedrückte Stimmung, Verlust des Selbstvertrauens, Senkung des Selbstwertes, Unsicherheit, Unzufriedenheit und Wertlosigkeit einwirken. Gute Leistungen führen zu Anerkennung und schaffen Zufriedenheit und Sicherheit. Weiters wirken Sportspiele auf motivationaler (wie z.B. Steigerung des Antriebs) und verhaltensbezogener (Förderung der sozialen Kompetenz) Ebene. Verschiedene Entspannungsmethoden (wie z.B. die progressive Muskelrelaxation nach Jacobson, das autogene Training, Yoga, Tai Chi, usw.) haben das Ziel, das Gleichgewicht zwischen Anspannung und Entspannung herzustellen. Entspannungstechniken führen zu einer Senkung des Erregungsniveaus, erhöhen die Ausgeglichenheit des körperlich-seelischem Wohlbefindens, führen weiters zu einem 170 Zustand zunehmender Gelassenheit und können dadurch zu einer Veränderung des Verhaltens beitragen. Das Thema „Burnout“ ist geprägt von fehlenden Entspannungsphasen und diese sind aus diesem Grund stark zu fördern. Der Einsatz von Entspannungsmethoden dient weiters zur Verbesserung der körperlichen Gesundheit (Kategorie 5), da körperliche Symptome wie Energiemangel, Energieverlust, Körpergefühlsstörungen, Muskelverspannungen und Herz-Kreislauf-Beschwerden bekämpft werden. Körpererfahrungs- und Körperwahrnehmungsübungen dienen dazu, den eigenen Körper wahrzunehmen und diese Wahrnehmungen mit Empfindungen und Gefühlen zu verbinden und auszudrücken. Das Wahrnehmen und Erkennen von belastenden Situationen stellt für Burnout-Betroffene eine große Schwierigkeit dar. Körperorientierte Wahrnehmungsübungen lehren die Fähigkeit sich abzugrenzen und fördern die Ausbildung zu einer positiven Grundeinstellung zum Leben und zum Aufbau eines positiven Körperbewusstseins. Zur Bekämpfung kognitiver Symptome (Kategorie 3) werden Körpererfahrungs- und Körperwahrnehmungsübungen bevorzugt, da Symptome wie eine eingeschränkte Wahrnehmung, Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen behandelt werden körperorientierte Wahrnehmungsübungen auf können. motivationaler Weiters wirken (Vermeidung von Verantwortung) und emotionaler (Entstehung von Gefühllosigkeit, Hilf-, Hoffnungsund Sinnlosigkeit) Ebene. Fitnesssportarten (z.B. Ausdauersportarten wie Laufen, Nordic Walking, Schwimmen oder funktionelle Gymnastik wie kräftigende und dehnende Übungen) führen zu einer Stabilisierung und Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit und dadurch können Alltagsanforderungen leichter bewältigt werden. Das Erleben von Spaß, Freude und Geselligkeit in Gruppen fördert sowohl die Ausgleichs- als auch die Ablenkungsfunktion von einem stressigen Alltag. Eine Steigerung des körperlichen Zustandes dient vor allem der Verbesserung körperlicher Symptome, wie Niedergeschlagenheit, z.B. physische reduzierte Erschöpftheit, Vitalität sowie chronische Müdigkeit, Herz-Kreislauf-Beschwerden. Verhaltensbezogene Symptome, wie z.B. Desinteresse und Langeweile, das Aufgeben von Hobbys sowie das Vernachlässigen von Freundschaften, können durch Gruppenaktivitäten bekämpft werden. Bei den erlebnisorientierten Interventionen ist zu erwähnen, dass diese vor allem für die Förderung sozialer Kompetenzen zur Bekämpfung verhaltensbezogener Symptome (Kategorie 4) sehr gut geeignet sind. Die Ziele von Outdoor-Training gehen in Richtung Persönlichkeitsbildung und die Stärkung von Gruppen bzw. Teams. Symptome wie, eine verschlechterte Kommunikations-, 171 Kooperations-, Interaktions-, Kontakt- und Konfliktfähigkeit oder das Akzeptieren der Verhaltensweisen anderer Personen, können durch erlebnisorientierte Interventionen verbessert werden. In Bezug auf Burnout, Stress und Depression fördert Sport und Bewegung die Verbesserung der Befindlichkeit, der Aktivität, der sozialen Kompetenz und der körperlichen Gesundheit. Sport und Bewegung stellt ein ideales Medium dar, um ein Gleichgewicht von Spannung und Entspannung bzw. um ein körperlich-seelisches Wohlbefinden herzustellen. Sport ist also nicht nur als rehabilitative sondern auch als präventive Maßnahme zu sehen. Dabei steht nicht die Sportart im Vordergrund, sondern der Spaß an der Bewegung. Als Sportwissenschafter bietet sich hiermit ein breites Arbeitsfeld auf dem Gebiet der vorbeugenden Strategien gegen Burnout, Stress und Depression. Die entscheidende Aufgabe liegt in der Sensibilisierung für die Wahrnehmung von Stressoren und die Motivation zur Anwendung der passenden Maßnahmen. Abschließend sollte noch einmal erwähnt werden, dass nicht eine Therapieform alleine, sondern nur ein Zusammenwirken unterschiedlicher Ansätze zur Genesung beitragen können. Jede Therapieform für sich liefert einen wichtigen Beitrag um einen Burnout-Prozess bewältigen zu können. 172 11. Abbildungsverzeichnis Abb.1 in: http://images.google.at/images?gbv=2&hl=de&q=burnout&sa=N&start=40&ndsp=20 zugriff am 07.10.2008 um 09.20 Uhr Abb.2 in: FREUDENBERGER & NORTH (2005). Burnout bei Frauen. Über das Gefühl des Ausgebranntseins. Frankfurt am Main. S.123 Abb.3 in: SCHMID, A.C. (2003). Stress, Burnout und Coping: eine empirische Studie an Schulen zur Erziehungshilfe. Rieden. S.28 Abb.4 in: RÖHRIG, S. & REINERS-KRÖNCKE, W. (2003). Burnout in der sozialen Arbeit. Augsburg. S.46 Abb.5 in: LITZCKE, S.M. & SCHUH, H. (2007). Stress, Mobbing und Burnout am Arbeitsplatz. Heidelberg. S.12 Abb.6 in: LITZCKE, S.M. & SCHUH, H. (2007). Stress, Mobbing und Burnout am Arbeitsplatz. Heidelberg. S.35 Abb.7 in: LITZCKE, S.M. & SCHUH, H. (2007). Stress, Mobbing und Burnout am Arbeitsplatz. Heidelberg. S.36 Abb.8 in: ZIMBARDO, P. & GERRIG, R.J. (1999). Psychologie. Berlin, Heidelberg, New York. S.371 Abb.9 in: ZIMBARDO, P. & GERRIG, R.J. (1999). Psychologie. Berlin, Heidelberg, New York. S.373 Abb.10 in: ZIMBARDO, P. & GERRIG, R.J. (1999). Psychologie. Berlin, Heidelberg, New York. S.372 173 Abb.11 in: HEGERL, U. & NIESCKEN, S. (2008). Depressionen bewältigen. Die Lebensfreude wiederfinden. Stuttgart. S.45 Abb.12 in: JAGGI, F. (2008). Burnout – praxisnah. Stuttgart. S.12 Abb.13 in: LITZCKE, S.M. & SCHUH, H. (2007). Stress, Mobbing und Burnout am Arbeitsplatz. Heidelberg. S.89 Abb.14 in: HUBER, G. (1990). Sport und Depression. Ein bewegungstherapeutisches Modell. Frankfurt am Main, Thun. S.109 174 12. Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Archiv Hochreiter Tabelle 2: in: BURISCH, M. (2006). Das Burnout-Syndrom. Theorie der inneren Erschöpfung. Heidelberg. S.25-26 Tabelle 3: in: RÖSING, I. (2003). Ist die Burnout-Forschung ausgebrannt? Analyse und Kritik der internationalen Burnout-Forschung. Heidelberg, Kröning. S.61-63 Tabelle 4: in: BURISCH, M. (2006). Das Burnout-Syndrom. Theorie der inneren Erschöpfung. Heidelberg. S.39-40 Tabelle 5: in: RÖHRIG, S. & REINERS-KRÖNCKE, W. (2003). Burnout in der sozialen Arbeit. Augsburg. S.29 Tabelle 6: in: LITZCKE, S.M. & SCHUH, H. (2007). Stress, Mobbing und Burnout am Arbeitsplatz. Heidelberg. S.26-29 Tabelle 7: in: LITZCKE, S.M. & SCHUH, H. (2007). Stress, Mobbing und Burnout am Arbeitsplatz. Heidelberg. S.29-30 Tabelle 8: in: LITZCKE, S.M. & SCHUH, H. (2007). Stress, Mobbing und Burnout am Arbeitsplatz. Heidelberg. S.25-26 Tabelle 9: in: LITZCKE, S.M. & SCHUH, H. (2007). Stress, Mobbing und Burnout am Arbeitsplatz. Heidelberg. S.23-24 Tabelle 10: Archiv Hochreiter Tabelle 11: in: HUBER, G. (1990). Sport und Depression. Ein bewegungstherapeutisches Modell. Frankfurt am Main, Thun. S.54 Tabelle 12: Archiv Hochreiter 175 Tabelle 13: Archiv Hochreiter Tabelle 14: in: WILHELMI, U. (1991). Bewegung und Sport in der psychiatrischen und psychosozialen Versorgung. Frankfurt am Main, Bern, New York, Paris. S.150-153 Tabelle 15: Archiv Hochreiter Tabelle 16: Archiv Hochreiter Tabelle 17: Archiv Hochreiter Tabelle 18: Archiv Hochreiter Tabelle 19: Archiv Hochreiter Tabelle 20: Archiv Hochreiter 176 13. Literaturverzeichnis BERGMANN SPÄTI, D. & WHYBRA-DÖTTELBECK, N. (2002). Praxisbuch Sporttherapie. Aachen. BERGNER, T.M.H. (2008). Burnout bei Ärzten. Arztsein zwischen Lebensaufgabe und Lebens-Aufgabe. Stuttgart. BIELEFELD, J. (Hrsg.) (1986). Körpererfahrung. Grundlage menschlichen Bewegungsverhaltens. Göttingen, Toronto, Zürich. BURISCH, M. (2006). Das Burnout-Syndrom. Theorie der inneren Erschöpfung. Heidelberg. CHERNISS, C. (1999). Jenseits von Burnout und Praxisschock. Hilfen für Menschen in lehrenden, helfenden und beratenden Berufen. Weinheim und Basel. DILLING, H., MOMBOUR, W. & SCHMIDT, M.H. (2008). Internationale Klassifikation psychischer Störungen. ICD-10 Kapitel V(F). Klinisch-diagnostische Leitlinien. Bern. ENZMANN, D. (1996). 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Aus der therapeutischen Praxis-Psychotherapie, Unterstüztung, Medikamente-Einfühlsam und verständlich. Berlin, Heidelberg, New York, Barcelona, Hongkong, London, Mailand, Paris, Tokio. ZIMBARDO, P. & GERRIG, R.J. (1999). Psychologie. Berlin, Heidelberg, New York. 181 Elektronische Medien: http://www.statistik.at/web_de/presse/032606, zugriff am 30.09.2008 um 19.45 Uhr. http://www.bmgfj.gv.at/cms/site/presse_detail.html?channel=CH0616&doc=CMS1208 167770865 zugriff am 30.09.2008 um 20.00 Uhr. http://www.research-team.at/deutsch/BurnOut%20Folder%20rt.pdf, zugriff am 01.10.2008 um 10.30 Uhr. 182 Anhang A.1: Messung von Burnout - Der MBI Die einzelnen Fragen werden auf einer 7-Punkte-Skala bewertet (vgl. MASLACH & LEITER 1996,162) und dabei wird erfragt, wie oft (Zahlen von 0-6) entsprechende Gefühle oder Gedanken auftreten (vgl. ENZMANN & KLEIBER 1996,119) und dann wie stark (Zahlen von 0-7) diese sind (vgl. RÖHRIG & REINERS-KRÖNCKE 2003,131): - 0 = nie 0 = nie - 1 = maximal einmal im Jahr 1 = sehr schwach - 2 = einige Male im Jahr 2= - 3 = etwa einmal im Monat 3= - 4 = etwa einmal pro Woche 4 = mäßig - 5 = einige Male pro Woche 5= - 6 = so gut wie täglich 6= 7 = bedeutend, sehr stark Items des „Maslach Burnout Inventory“ nach MASLACH & JACKSON (1986, zit. in: ENZMANN & KLEIBER 1996,334): - Emotionale Erschöpfung: 1) Durch meine Arbeit fühle ich mich ausgelaugt. 2) Am Ende des Arbeitstages fühle ich mich erledigt. 3) Ich fühle mich schon müde, wenn ich morgens aufstehe und wieder einen Arbeitstag vor mir habe. 4) Den ganzen Tag mit Leuten zu arbeiten, ist wirklich eine Strapaze für mich. 5) Durch meine Arbeit bin ich gefühlsmäßig am Ende. 6) Meine Arbeit frustriert mich. 7) Ich glaube, ich arbeite zu hart. 8) Mit Menschen in der direkten Auseinandersetzung zu arbeiten, belastet mich zu sehr. 9) Ich glaube, ich bin mit meinem Latein am Ende. (reduziertes) Wirksamkeitserleben: 1) Es gelingt mir gut, mich in meine Klienten hineinzuversetzen. 2) Mit den Problemen meiner Klienten kann ich sehr gut umgehen. 3) Ich glaube, dass ich das Leben anderer Menschen durch meine Arbeit positiv beeinflusse. 4) Ich fühle mich voller Tatkraft. 5) Es fällt mir leicht, eine entspannte Atmosphäre mit meinen Klienten herzustellen. 6) Ich fühle mich aufgeregt, wenn ich intensiv mit meinen Klienten gearbeitet habe. 7) Ich habe viele wertvolle Dinge in meiner derzeitigen Arbeit erreicht. I 8) In der Arbeit gehe ich mit emotionalen Problemen sehr ruhig und ausgeglichen um. Depersonalisierung: 1) Ich glaube, ich behandle Klienten zum Teil ziemlich unpersönlich. 2) Seit ich diese Arbeit mache, bin ich gleichgültiger gegenüber Menschen geworden. 3) Ich befürchte, dass diese Arbeit mich emotional verhärtet. 4) Bei manchen Klienten interessiert es mich im Grunde nicht, was aus/mit ihnen wird. 5) Ich habe den Eindruck, Klienten geben mir die Schuld für ihre eigenen Probleme. - Die Überdrussskala Die Fragen werden nach einer 7-Punkte-Skala beantwortet, wobei diese sieben Punkte von ARONSON, PINES & KAFRY (2006,235) wie folgt definiert wurden: - 1 = niemals - 2 = ein einziges Mal - 3 = selten - 4 = manchmal - 5 = oft - 6 = meistens - 7 = immer Die Überdrussskala von ARONSON, PINES & KAFRY (2006,236): 1) Ich bin müde. 2) Ich fühle mich niedergeschlagen. 3) Ich habe einen guten Tag. 4) Ich bin körperlich erschöpft. 5) Ich bin emotional erschöpft. 6) Ich bin glücklich. 7) Ich bin „erledigt“. 8) Ich bin „ausgebrannt“. 9) Ich bin unglücklich. 10) Ich fühle mich abgearbeitet. 11) Ich fühle mich gefangen. 12) Ich fühle mich wertlos. 13) Ich bin überdrüssig. 14) Ich bin bekümmert. 15) Ich bin über andere verärgert oder enttäuscht. 16) Ich fühle mich schwach und hilflos. 17) Ich fühle mich hoffnungslos. 18) Ich fühle mich zurückgewiesen. 19) Ich bin optimistisch. II 20) Ich fühle mich tatkräftig. 21) Ich habe Angst. Werte nach ARONSON, PINES & KAFRY (2006,50): 1 → wird nicht herauskommen Zwischen 2 und 3 → es geht Ihnen gut Zwischen 3 und 4 → Sie erleben Ausbrennen oder Überdruss und müssen unbedingt etwas dagegen tun > 5 → Ihre Krise ist akut und Sie benötigen dringend Hilfe 7 → wird nicht herauskommen Die Werte 1 oder 7 können nicht auftreten. Der Grund liegt darin, dass niemand im Zustand der ewigen Euphorie (Wert 1) leben kann und umgekehrt würde man sich nicht entschließen, bei einem Forschungsprojekt teilzunehmen, wenn man körperlich, emotional und geistig erschöpft ist (Wert 7). Mit dem Fragebogen kann festgestellt werden, wie jemand seine Arbeit oder sein Leben empfindet, wie man sich im allgemeinen oder auch nur an diesem Tag fühlt (vgl. HILLERT & MARWITZ 2006,92). Berechnung des Wertes nach ARONSON, PINES & KAFRY (2006,50): Addieren Sie die für die folgende Fragen angegebenen Werte: 1, 2, 4, 5, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 21 → (A) Addieren Sie auch die für diese Fragen angegebenen Werte: 3, 6, 19, 20 → (B) Subtrahieren Sie (B) von 32 → (C) Addieren Sie A und C → (D) Dividieren Sie D durch 21, und Sie haben Ihren Überdrusswert - Der SBS-HP Man soll für jede Aussage diejenige Antwort aussuchen, die am besten ausdrückt, inwieweit man der Aussage zustimmt bzw. ablehnt: - 1 = stimmt vollständig - 2 = stimmt überwiegend - 3 = stimmt eher - 4 = stimmt eher nicht - 5 = stimmt überwiegend nicht - 6 = stimmt überhaupt nicht III Die deutsche Fassung der SBS-HP nach ENZMANN & KLEIBER (1989, 201): 1) Während des Arbeitstages fühle ich mich müde. 2) Ich habe in letzter Zeit wegen Erkältungen, Grippe, Fieber oder anderen Krankheiten auf der Arbeit gefehlt. 3) Hin und wieder verliere ich bei der Arbeit die Geduld und werde ärgerlich. 4) Mein gesamter Arbeitsstil ist gut und vorbildlich. 5) Ich habe öfters Kopfschmerzen während der Arbeit. 6) Ich habe oft das Bedürfnis, mich nach der Arbeit mit Alkohol zu entspannen. 7) Ich quatsche nicht über andere Leute am Arbeitsplatz. 8) Ich glaube, dass die Arbeitsbelastungen zu Ehe- und Familienproblemen in meinen Leben beigetragen haben. 9) Ich komme nie zu spät zu einer Verabredung. 10) Während meiner Arbeit habe ich oft das Bedürfnis, Medikamente zu nehmen (z.B. Beruhigungsmittel), um mich besser zu fühlen. 11) Ich habe das Interesse an meinen Klienten verloren und habe die Tendenz, diese Menschen in einer distanzierten, fast mechanischen Art zu behandeln. 12) Ich denke, während meiner Arbeit oft an Dinge, von denen ich nicht möchte, dass andere davon wissen. 13) Bei meiner Arbeit fühle ich mich oft entmutigt und denke darüber nach, ob ich den Job aufgeben soll. 14) Auf meine Klienten reagiere ich häufiger ärgerlich und gereizt. 15) Während der Arbeit bin ich manchmal reizbar. 16) Ich habe Schwierigkeiten, mit meinen Kollegen klarzukommen. 17) Ich achte sehr darauf, dass es mir bei der Arbeit gut geht und ich mich behaglich fühle. 18) Ich meide meine(n) Vorgesetzten. 19) Ich mag meine Kollegen wirklich alle. 20) Ich mache bei meiner Arbeit, was man von mir erwartet, egal wie unangenehm es auch ist. 21) Wegen unkooperativer Klienten habe ich in letzter Zeit einige Probleme mit meiner Arbeitsleistung. 22) All diese Richtlinien und Vorschriften in meiner Arbeit hindern mich dran, meine Aufgaben optimal zu erfüllen. 23) Ich verschiebe manchmal Dinge, die ich sofort erledigen sollte, auf den nächsten Arbeitstag. 24) Ich sage meinen Vorgesetzten und Kollegen nicht immer die Wahrheit. 25) Meine Arbeitsumgebung empfinde ich als deprimierend. 26) Meine Arbeit behindert meine Kreativität und unterfordert mich. 27) Ich denke oft daran, mir einen neuen Job zu suchen. 28) Grübeleien über meine Arbeit haben mir schon schlaflose Nächte bereitet. 29) Ich denke, dass ich auf meinem gegenwärtigen Arbeitsplatz nur geringe Aufstiegschancen habe. 30) Bei meiner Arbeit vermeide ich Kontakt mit Klienten. IV