Antworten zum Drittem Reich 1. Im christlich-theologischen Verständnis bezeichnet der Begriff ein Zeitalter der Herrschaft des Heiligen Geistes. Nach Joachim von Fiore, der zwischen 1190 und 1195 während der Meditation über der Johannes-Apokalypse seine entscheidende Erleuchtung empfing,sei das erste Reich das göttliche Reich des Alten Bundes (das alttestamentliche „Reich des Vaters“), das zweite das christliche („Reich des Sohnes“) und das dritte das der dritten göttlichen Person („Friedensreich des heiligen Geistes“, „Zeitalter der Erlösung“).Von den Nationalsozialisten wurde der Begriff ideologisch verwendet und weder staats- noch verfassungsrechtlich ausgearbeitet. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs bezeichnet der Begriff eine rückblickende Perspektive auf die Zeit des Nationalsozialismus beziehungsweise das Deutsche Reich zwischen 1933 und 1945. Diese Anwendung geht auf Arthur Moeller van den Bruck zurück. Seine im Jahre 1923 veröffentlichte Schrift Das dritte Reich spricht vom ersten Reich, dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. Das zweite Reich war nach diesem nationalkonservativen Denker das Deutsche Kaiserreich Bismarcks und das dritte, das noch folgen sollte, ein Reich, in dem sich der Nationalismus mit dem Sozialismus verbinden sollte. Während Ernst Bloch den politischen Sprachgebrauch vom Dritten Reich von Moeller van den Bruck ableitet, sucht Claus Ekkerhard Bärsch seine Wurzeln bei dem Ibsen-Übersetzer Dietrich Eckart: „Es ist nicht Moeller van den Bruck, von dem die Nationalsozialisten den Begriff ›Drittes Reich‹ übernommen hatten, sondern ein einflußreicher Mitbegründer der gesamten Bewegung hat diesen Begriff schon 1919 – also vor der ersten Auflage des Buches von Moeller van den Bruck aus dem Jahre 1923 – im eindeutigen Kontext politisch-ideologischer Schriften gebraucht. Es ist der zum Politiker mutierte Poet Dietrich Eckart.“ Als Herausgeber der Wochenschrift "Auf gut deutsch" propagiert er einen rassistisch begründeten Antibolschewismus und Antisemitismus und prägt dabei das Schlagwort "Deutschland erwache". Am 17. Dezember 1920 wird Eckart Chefredakteur des "Völkischen Beobachters", ddes offiziellen Parteiorgans der NSDAP. Die Nationalsozialisten haben also den Begriff seit 1926 okkupiert. Am 10. Juli 1939 wies das Reichspropagandaministerium die reichsdeutsche Presse an, den Begriff „Drittes Reich“ zukünftig zu meiden bzw. durch den Begriff "Tausendjähriges Reich“ oder zu ersetzen, weil nach dem Dritten ihrer Ansicht nach ja kein "Viertes Reich" mehr kommen sollte. Nach dem „Anschluss“ Österreichs 1938 wurde der Begriff „Großdeutsches Reich“ zunächst inoffiziell, ab dem 26. Juni 1943 dann als amtliche Staatsbezeichnung verwendet. 2. Ohne den für Deutschland katastrophalen Ausgang des Ersten Weltkriegs, die Herausforderung durch die bolschewistische Revolution in Deutschland und realtiv gemäßigte Praktiken des italienischen Faschismus, der seit 1922 an der Macht war, wäre Hitler, trotz er Wirtschaftskrise, auf einen entschiedeneren Widerstand gestoßen. 3. Seit 1930 regierte in Deutschland eine Minderheitsregierung und dem Zentrumspolitiker Heinrich Brüning. Er ersetzte drei sozialdemokratischen Minister durch Vertreter der "Wirtschaftspartei", der "Volkskonservativen Vereinigung" (Minister für die besetzten Gebiete Gottfried Treviranus) und der DNVP (Ernährungsminister Martin Schiele, Vorsitzender des nationalkonservativen, großagrarisch-beherrschten "Reichslandbundes"). Erstaunlicherweise arbeitete die DDP erstmals mit der DNVP zusammen. Bei den Deutschnationalen konnte sich Brüning zwar auf den gemäßigten Flügel um den Fraktionsvorsitzenden Graf Westarp, nicht aber auf den radikalen Flügel um den Parteivorsitzenden Hugenberg stützen. Die neue Regierung besaß also keine Mehrheit. Die neue Regierung wollte notfalls ohne und gegen das Parlament arbeiten, mit Hilfe der Machtmittel des Reichspräsidenten: Notverordnungen nach Artikel 48 WV und Reichstagsauflösung nach Artikel 25 WV. Sie verstand sich als "Präsidialkabinett", als "Hindenburg-Regierung". Eine solche Konstruktion war in der Verfassung nicht vorgesehen. Die liberale DDP (ab 1930 Deutsche Staatspartei) und die DVP waren nach verheerenden Niederlagen in der Reichstagswahl am 14. September 1930 kaum noch als ernstzunehmende politische Kräfte wahrnehmbar. Dagegen begann der Aufstieg der NSDAP zur Massenbewegung, und auch die KPD gewann immer neue, von der politischen und sozialen Situation frustrierte Wähler hinzu. Um eine weitere Stärkung der radikalen Flügelparteien zu verhindern, tolerierte die SPD weitgehend die auf Abbau der Sozialausgaben basierende Spar- und Deflationspolitik Brünings sowie die Zerstörung des parlamentarischen Systems. Bei der Reichspräsidentenwahl 1932 kandidierte gegen Hindenburg Hitler. Gestärkt durch die im Oktober 1931 ins Leben gerufene Harzburger Front und den Massenzulauf zu den Nationalsozialisten rechnete er sich als Herausforderer des Amtsinhabers gute Wahlchancen aus. Hindenburg wurde mit Unterstützung der SPD im zweiten Wahlgang für sieben Jahre wiedergewählt. Nachdem im Juni 1932 die Reichskanzlerschaft von Brüning auf Franz von Papen übergegangen war, nahmen die Rechtskräfte den "Altonaer Blutsonntag" zum Anlaß, um den seit 1920 amtierenden preußischen Ministerpräsidenten Otto Braun von der SPD abzusetzen. 4. Götz Alys Argument, die arischen Deutschen hätten vor allem von der NS-Diktatur profitiert und die durch soziale Fürsorge verwirklichten egalitären Prinzipien begrüßt, polemisiert gegen Jonah Goldhagens These aus dessen Buch Hitler´s Willing Executioners (1996) / Hitlers willige Vollstrecker, die meisten Deutschen hätten die Eliminierung der Juden aus Deutschland für gerechtfertigt gehalten und Hitler deshalb unterstützt. Hitler hätte, so Goldhagen, nur Bedingungen geschaffen, unter denen aus den eliminatorischen Maßnahmen, aus der Ausgrenzung und Ausschaltung, schließlich Ausrottung werden konnte. Die deutschen Soldatenfrauen erhielten im Zweiten Weltkrieg das Doppelte an Familienunterhalt wie ihre britischen und US-amerikanischen Kolleginnen. Sie verfügten über mehr Geld als im Frieden.Zuerst bezahlte die Kosten dieser populisitsischen Politik die Arisierung des jüdischen Besitzes, später die Plünderung und Ausbeutung der besetzten Gebiete. Aly sieht vor allem die Korrumpierbarkeit, Goldhagen den seit dem Kaiserreich anwesenden Antisemitismus als die wichtigste Vorausgesetzung für Hitlers Erfolg bei den Wälhern. 5. Ernt Noltes Feststellung, dass alles das, was die Nationalsozialisten später taten, mit alleiniger Ausnahme des technischen Vorgangs der Vergasung, primär als Reaktion auf den Bolschewismus geschah, dass der nationalsozialistischen „Rassenmord" als Antwort auf den bolschewistischen „Klassenmord" zu deuten sei, entfachte den Historikerstreit. Nolte nannte den Holocaust eine ‚asiatische‘ Tat und führte sie darauf zurück, dass sich die NS-Anhänger als potentielle Opfer einer ‚asiatischen‘ Tat betrachteten. Dadurch, dass der Gulag früher da war als die deutschen KZs, sollte der NS-Terror in einen außenpolitischen Kontext eingebettet werden. Abgesehen von den zaristischen Arbeitslagern und dem rusischen Bürgerkrieg, entstand der erste Gulag (russisch Главное Управление Лагерей) 1922. Damals überließ die Sowjetregierung der GPU (Glawnoje Polititscheskoje Uprawlenije (Politische Hauptverwaltung, eigentliche die Stasi in Sowjetrusslanbd, die Vorläuferin des KGB) die Solowezki-Inseln, fünf Inseln im Weißen Meer nahe Archangelsk und richtete dort Lager ein. Für die gesamte leninistisch-stalinistische Ära von 1918-1991 rechnet man mit 39 Millionen Gulag-Toten. Noltens prominenter Polemiker war Jürgen Habermas. Er veröffentlichte einige Wochen später in der ZEIT "Eine Art Schadensabwicklung." In seinem so betitelten Essay wandte er sich scharf gegen die „apologetischen Tendenzen in der deutschen Zeitgeschichtsschreibung“.[5] Gegen Nolte gewandt schrieb er: „Die Naziverbrechen verlieren ihre Singularität dadurch, daß sie als Antwort auf (heute fortdauernde) bolschewistische Vernichtungsdrohungen mindestens verständlich gemacht werden. Auschwitz schrumpft auf das Format einer technischen Innovation und erklärt sich aus der ‚asiatischen‘ Bedrohung durch einen Feind, der immer noch vor unseren Toren steht.“ An der Seite Noltes griffen noch Hillgruber und Michael Stürmer in die Deabtten ein. Rudolf Augstein, der Chefredakteur des Spiegel, bezichtigte dabei in seinem Text "Die AuschwitzLüge" („Der Spiegel“ vom 6.10.1986) Andreas Hillgruber, den Mitstreiter an der Seite Noltes undVerfasser des Buches Zweierlei Untergang. Die Zerschlagung des Deutschen Reiches und das Ende des europäischen Judentums, er sei ein "konstituioneller Nazi".Der Zeithistoriker Imanuel Geiss versuchte in seinem Beitrag Der Hysterikerstreit. Ein unpolemischer Essay (Schriftenreihe Extremismus & Demokratie Bd. 1), Bonn-Berlin,1992, S. 243-249, die Einseitigkeit der Habermas-Kontroverse zu zeigen.