Mündig - Deutsches Ärzteblatt

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P O L I T I K
le vorzeitig. Klonversuche an Primaten
wie Affen blieben bislang erfolglos. Die
angeblich bereits zur Welt gebrachten
Klonbabys konnten bisher nicht wissenschaftlich verifiziert werden.
Zum umstrittenen therapeutischen
Klonen mit dem Ziel, in Erkrankungen
heilend, lindernd oder rehabilitierend
einzugreifen, werden menschliche Embryos mit dem alleinigen Zweck geklont, aus ihnen embryonale Stammzellen zu gewinnen, die aufgrund ihrer Totipotenz gezielt zur Ausdifferenzierung
bestimmter Gewebe oder Organe geführt werden sollen. Bislang war zur
Klonierung eines menschlichen Embryos die Eispende einer Frau nötig.
Jüngste Forschungsergebnisse der
deutschen Biologen Hans Schöler und
Karin Hübner in den USA zeigen am
Tiermodell, dass aus embryonalen
Stammzellen auch Eizellen entstehen
können. Diese In-vitro-Oozytenvermehrung – vorausgesetzt, sie sei auch
beim Menschen erreichbar – würde die
ethischen und rechtlichen Bedenken
über die Tötung von Embryos beim therapeutischen Klonen wesentlich abmildern. Ob nämlich der solchermaßen
entstandene Klon tatsächlich noch als
Embryo anzusehen ist, wird bereits
kontrovers diskutiert, und dies spräche
eher für als gegen eine Zulassung des
therapeutischen Klonens.
Im Wesentlichen verdeutlichte die
Konferenz mit ihren geschliffen formulierten Reden namhafter Wissenschaftler, dass sie im Grunde nur eine politische Tagung war. Am Schluss betonte
Bulmahn vor der Presse, Deutschland
schütze mit seiner Gesetzgebung vor
dem reproduktiven und therapeutischen Klonen bei Menschen, und sie
wolle sich dafür auch auf dem internationalen Parkett einsetzen. Hierzu bedürfe es jetzt mehrerer Sondierungsgespräche mit anderen Staaten.
Die Journalistenfrage, ob möglicherweise die neue therapeutische Klonierungstechnik mit der In-vitro-Oozytenzüchtung einen Dammbruch bis hin zum
reproduktiven Klonen von Menschen
erzeugen könne, blieb im Raum stehen,
ebenso wie das viel zitierte „Unbehagen“, das immer dann auftritt, wenn Forschungsfreiheit, politische Ansprüche
und ethisch-moralische Grundwerte aufDr. Barbara Nickolaus
einander treffen.
 Jg. 100
 Heft 23
 6. Juni 2003
Deutsches Ärzteblatt
Ä
rztlicher Alltag gleicht einem rasenden Stakkato von Anamnese, Diagnostik und Therapie. Anders kommt man auf keinen grünen Zweig,
sondern läuft sogar Gefahr, wegen unzumutbarer Wartezeiten dreistellige Eurosummen als Entschädigung aus dem Portemonnaie zu kramen.
In den heutigen Zeiten, in denen die Buchhalter und Consulting-Firmen mit
ihren Effizienzbeschleunigern auch Einzug in unsere Praxen halten, müssen
wir ständige Kosten-Nutzen-Analysen machen. Als ärgster Zeitfresser
schält sich immer wieder heraus (eigentlich überflüssig zu notieren): das Patientengespräch. Seien wir doch mal ehrlich – eine Gastroskopie dauert nur
einen Bruchteil der Zeit, die für Aufklärung und Diskussion über die kleinfleckige Rötung im Antrum draufgeht. Genau wie Sie halte ich hinter meinem Rücken die deutschsprachige Ausgabe des Harrison griffbereit. Falls
sich jemand beschwert, ich sei zu kurz angebunden, und nach lehrbuchartiger Auskunft verlangt, schiebe ich dieses 5,4 Kilogramm eng bedruckte Papier über den Tisch und empfehle die Lektüre in einer ruhigen Minute. Re-
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gelhaft wird dieser Rat weit von sich gewiesen, das möchte sich keiner antun. Aber als hätte Ulla Schmidt mir dabei auf die Finger geschaut, bin ich
kürzlich wieder harsch von unserer Fachpresse ermahnt worden, alle möglichen Nebenwirkungen sämtlicher diagnostischer und therapeutischer Verfahren bis ins molekulare Detail auszuleuchten. Mit hochroten Ohren und
voller Reue beginne ich nun meinen Arbeitstag. Als erster Testpatient sitzt
mir ein sehr differenzierter und kritischer Herr gegenüber, den nach primär
erfolgreicher PTCA erneut eine Angina pectoris plagt. Das Prozedere ist ihm
klar, er muss sich wieder in einer Kardiologie zwecks Herzkatheter vorstellen. Er habe nun gehört, da gäbe es ein Krankenhaus mit Herzchirurgie, ob
er nicht lieber dahin gehen solle, was ich denn dazu sagen würde.Ausführlich
berichte ich ihm nunmehr von primären Erfolgsraten, sekundären Komplikationen, optimalen Begleitmedikationen und Inzidenzen von Notfallrevaskularisationen.Vom Saulus zum Paulus gewandelt, lasse ich nicht locker, bis
er über die Vor- und Nachteile aller Optionen Bescheid weiß, alle Kardiologien des Umlandes bis hin zu den Assistenzärzten kennt. Quasi als Krönung
meiner Darbietung trage ich ihm auf, diese minutiöse Ausleuchtung seiner
potenziellen Werdegänge in Ruhe zu überlegen. Wir wollen dann am nächsten Tag, beide gestärkt durch die Kraft des Wissens aller Details, eine gemeinsame tragfähige Entscheidung fällen.Wie versprochen, sitzt er mir am nächsten Tag gegenüber: „Was Sie
da gestern von sich gegeben haben, das war schlicht
und einfach nur verwirrend! Was sollte denn dieser
ganze Quatsch?“ Ich bin zutiefst betroffen. Mein Gegenüber fährt fort: „Jetzt hören Sie mir mal gut zu:
Mein alter Hausarzt, der hat das richtig gemacht! Der
hat mir einfach nur gesagt, was ich zu tun habe! Der hat
nicht so rumgefaselt wie Sie!“ Dr. med. Thomas Böhmeke
A 1589
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