Vom Historismus zum Funktionalismus Die Schule von Chicago

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Vom Historismus zum Funktionalismus
Die Schule von Chicago
http://www.die-wolkenkratzer.de/wolkenkratzer-geschichte.html
www.ci.chi.il.us/Landmarks/Architects/Jenney.html
3/18/2007
- marcelle medernach - ebac -
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Die Schule von Chicago
Großbrand in Chicago
Ein Großbrand bricht am 8.Oktober 1871 in Chicago,
Illinois aus und dauert bis zum 10. Oktober an.
Chicago besteht damals fast ausschließlich aus
Holzhäusern. Das Feuer frisst sich wie eine
Zündschnur durch 18 000 Gebäude. Auch die bisher
verwendeten Stahlkonstruktionen sind diesem
Großbrand nicht gewachsen.
Die Stadt wird kurz danach wieder aufgebaut. Zwischen
Karte von Chicago, 1871. Die dunklere Fläche 1880 und 1890 kommt es zu einem intensiv
wird vom Feuer zerstört.
geförderten Bauboom, welcher sich in einer Neuordnung
der städtischen Struktur wiederfindet. Bei der Errichtung
eines neuen Geschäfts- und Bürokomplexes im Zentrum
der Stadt werden neue Bausysteme eingesetzt.
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Die Schule von Chicago
Leiter II Building, 1891
William Le Baron Jenney
3/18/2007
Die Schule von Chicago
Die mit dem Wiederbau beauftragten Architekten
und Ingenieure werden mit dem Sammelnamen
"Schule von Chicago" bezeichnet. Man
unterscheidet verschiedene Generationen.
Zu der ersten Generation, die gleich nach dem
Brand ihre Arbeiten beginnt, zählen:
W. Le Baron Jenny, W. W. Boyington,
J. M. Van Osdel. Aus dem Architekturbüro von
Jenny geht die zweite Generation hervor, zu
denen D.H. Burnham, W. Holabird, L. H. Sullivan
und D. Adler gerechnet werden. Sie entwickeln
Ende des 19. Jahrhunderts die moderne
Hochhausarchitektur.
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Die Schule von Chicago
Reliance Building
1894-95,
Daniel H. Burnham
und
Charles B. Atwood
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Neue Materialien - neue Bauformen
Die Wohnungsnot nach dem Stadtbrand und
der daraus resultierende Massenwohnungsbau
zwingen zur Kargheit der Formensprache.
Das neue Bauen setzt konsequent auf
Materialien wie Glas, Stahl, Beton und
Backstein. Damit lassen sich vor allem einfache
Formen und deren Dekomposition realisieren
- einfache kubische Formen, ineinander
geschobene Raumvolumen, kühne Auskragungen.
Zwischen 1894 und 1895 bauen
Daniel H. Burnham und Charles B. Atwood das
Reliance Building, welches als Vorläufer der
gläsernen Vorhangkonstruktionen gilt, die später
den „internationalen Stil“ bestimmen.
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Die Schule von Chicago
Wiliam Le Baron Jenney
William Le Baron Jenney schlägt ein Gebäudetyp
von hoher Nutzungsdichte vor. 1879 baut er den
ersten Hochbau, das Leiter Building I.
Großflächige Verglasung sowie der Verzicht auf
Ornamentierung lassen den Bau sachlichfunktional wirken. Die Reduktion tragender Teile
auf einzelne Punkte und Flächen erlaubt neue
Gestaltungsmöglichkeiten. Der konstruktive
Aufwand bleibt dabei begrenzt.
Leiter Building I von 1879, W. Le Baron Jenney
3/18/2007
Der neue Baustil der Chicagoer Schule entzieht
sich den traditionellen Sehgewohnheiten. Die
Innovationen des Hochbaus erfordern von nun an
neue Kriterien zur Beurteilung der Bauweise, der
Form und des Stadtbildes.
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Die Schule von Chicago
Home Insurance Building, 1885
William Le Baron Jenney
3/18/2007
Jenneys Home Insurance Building
Jenneys Home Insurance Building von 1885
(1931 abgerissen) ist, mit seinen zehn Etagen,
das erste Hochhaus, bei dem die tragende
Struktur ganz in Stahl ausgeführt ist. Es entsteht
das sogenannte Stahlskelett, welches die Last
der Etagen gleichmäßig auf die Träger und nicht
mehr auf die Wände verteilt. Auf diese Weise
werden die Außenmauern von der Traglast
befreit, sodass die Wandstärke verringert und
die kostbare Nutzfläche vergrößert werden
kann. Die Verringerung des Materialgewichts
ermöglicht es wesentlich höher zu bauen. Befreit
von den Einschränkungen der traditionellen
Bauweise können die Fassadenflächen jetzt mit
großen Fenstern aufgebrochen werden, die mehr
Tageslicht in die Gebäude einlassen.
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Die Schule von Chicago
Fundamente
Um die Lasten der Pfeiler aufzunehmen werden neue
Systeme steinerner Fundamente entwickelt und
eingeführt. Erstmalig tauchen 1894
Betonfundamente auf. Der Wolkenkratzer belastet
die Fundamente stärker als jeder andere
Gebäudetyp. Das Empire State Building zum
Beispiel drückt mit einer Last von 365 000 Tonnen
auf den Boden. Man kann im Boden ein
Fundament in Form einer starken Betonplatte
verankern, die für ein Gebäude wie das Empire
State Building bis zu 15 m in die Tiefe reichen muss.
Dort wo der Untergrund weich ist werden Betonpfähle
in tiefere Gesteinsschichten versenkt und das
Fundament des Wolkenkratzers wird auf diesen
Pfählen errichtet.
Rookery Building, 1887,
Daniel H. Burnham
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Die Schule von Chicago
Sonstige technische Errungenschaften
Nicht nur die Entwicklung des Metallskeletts
sondern auch andere neue Techniken und
Materialien machen den Bau des
Wolkenkratzers überhaupt erst funktionsfähig:
- 1870 wird in Chicago der erste hydraulische
Aufzug eingebaut
- ab 1887 verbreitet sich der elektrische Aufzug
- Lift, Telefon und Rohrpost fördern den Betrieb
von Hotels, Kaufhäusern und Bürogebäuden
mit jeder beliebigen Anzahl von Stockwerken
und in jeder Größe.
Ludington Building, 1891, Le Baron Jenny
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Die Schule von Chicago
Auditorium Building in Chicago, 1886-93
Louis Henry Sullivan
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Louis Henry Sullivan
Louis Henry Sullivan wird allgemein als der
herausragendste Architekt der ‚Schule von
Chicago’ angesehen. Von ihm stammt die
Formel „form follows function“, kurz: fff.
Sullivans erstes bedeutsames Projekt ist das
Auditorium Building in Chicago. Er baut es in
Zusammenarbeit mit dem Ingenieur Dankmar
Adler. In dem Gebäudekomplex befinden sich
ein Luxushotel, Büroräume und ein Opernsaal.
Mit dem Auditorium Building bricht das
Architektenteam sämtliche Rekorde: Das
Bauwerk ist mit seinem 17 Stockwerke hohen
Turm das höchste Gebäude der Welt. Der
Konzertsaal ist mit seinen 4.500 Sitzplätzen der
größte der Vereinigten Staaten. Der Bau wird
zusätzlich als das erste Meisterwerk Amerikas in
der Architekturgeschichte eingestuft.
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Die Schule von Chicago
Mittelteil des Auditorium Building
in Chicago, 1886-93,
Louis Henry Sullivan
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Spuren vergangener Baustile in der
Fassadengestaltung der ersten Hochhausbauten
Die frühen Wolkenkratzer besitzen Fassaden aus
Stein. Die Rahmenkonstruktion macht die Mauerhülle
zwar größtenteils überflüssig, doch kann Sullivan
- sowie viele andere Architekten auch - sich nicht von
der traditionellen Auffassung der Fassadengestaltung
loslösen. Immer wieder tauchen Baulemente
vergangener, europäischer Architekturstile in den
Hochhausbauten auf.
Das Auditorium Building in Chicago (1886-93)
weist neoromanische Züge auf. Pilaster gehen in
Rundbögen über und verbinden mehrere Stockwerke
miteinander. Das Mauerwerk des Erdgeschosses
erinnert an die Rustikafassaden der florentinischen
Renaissancepaläste.
Dies ist der Beweis, dass der moderne Hochhausbau
zu dem Zeitpunkt noch eng mit den historischen
Fassaden verbunden bleibt.
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Die Schule von Chicago
Die Außenhaut
Sullivan begreift sehr früh, dass die fortschreitende
technische Entwicklung ästhetische Probleme
aufwirft. Ihm ist es schlussendlich zu verdanken,
dass der Rahmen des Gebäudes offen gezeigt
wird anstatt dass er weiterhin, wie vorher üblich,
hinter einer Steinfassade im historischen Stil
versteckt bleibt. Das Innere des Gebäudes wird
somit nach außen gekehrt, d.h. dass sich das
statische Tragwerk an der Fassade abzeichnet.
Bei Entwürfen wie dem Guaranty Building in
Buffalo, New York (1885) lässt er die Reihen von
Geschossdecken erstmals sichtbar werden.
Guaranty Building, Buffalo,
New York, 1894-96,
Adler and Sullivan
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Die Schule von Chicago
Ornament und puristische Formensprache
Sullivan bevorzugt einfache Bauformen. Diese
dekoriert er jedoch stets mit Ornamenten aus
organischen Symbolen. Trotz puristischer
Gestaltung verzichtet er also nicht ganz auf das
Ornament.
Seine Überlegungen und Zielsetzungen hält er in
mehreren Schriften fest. So stellt er in seinem
1896 veröffentlichten Beitrag „Das große
Bürogebäude aus künstlerischer Sicht“ das Modell
eines funktionsgerechten Hochhauses vor.
Guaranty Building, Buffalo, New York (1894-96),
Adler and Sullivan, Nahansicht
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Die Schule von Chicago
Fassadengliederung eines funktionsgerechten
Hochhauses (1)
In seinem Artikel 'Das große Bürogebäude aus
künstlerischer Sicht' formuliert Sullivan die
Dreiteilung des Gebäudes in Sockelgeschoss,
rasterförmigen Turmschaft und abschließendes
Dachgesims. Damit schafft er die Grundlage für die
Fassadengliederungen vieler Wolkenkratzer.
Das Wainwright Building, 1890-92
3/18/2007
Für die Entwicklung des Hochhausbaus sind das
Wainwright Building in St.Louis (1890/91) und
das Guaranty Building in Buffalo (1894/96)
wichtige Meilensteine. Das Wainwright Building
ist eine Konstruktion aus schmalen, hoch
aufstrebenden, mit Mauerwerk verkleideten
Metallstützen und einem abschließenden
dekorativen Ornamentfries aus üppigen
Pflanzenformen.
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Die Schule von Chicago
Das Wainwright Building, 1890-92
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Fassadengliederung eines funktionsgerechten
Hochhauses (2)
Sullivan gliedert das Wainwright Building, ein
zehngeschossiges Bürogebäude, nach drei
Funktionen:
•
Das Erdgeschoss dient für Läden und zur
Erschließung der oberen Etagen.
•
Ihm folgt eine beliegige Anzahl gleichartiger
Geschosse mit Bürozellen. Ein uniformes
Raster von Fenstern und Pfeilern gestaltet die
Fassade.
•
Die großen Schaufenster und die darüber
liegenden Reihen von Öffnungen sind vom
restlichen Gebäude durch ein weit
herausragendes Gesims abgeschlossen.
Das Wainwright Building zeigt sich im Aufbau
wie eine klassische Säule mit Basis, Schaft und
Kapitell.
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Die Schule von Chicago
Erklärungen zu Sullivans Architekturauffassung "Form follows function":
Der Leitsatz, der aufs Engste mit dem Namen Louis Henry Sullivan verbunden ist,
entstammt einem Aufsatz aus dem Jahre 1896. Sinngemäß übersetzt heißt er soviel wie "Die
Form eines Gebäudes oder eines Gegenstandes leitet sich von seiner Funktion, von seinem
Nutzungszweck ab". Die Funktion der Dinge beeinflusst also die Gestaltung der Form. Dies bedeutet
jedoch nicht, dass auf jedwede Ornamentik verzichtet werden muss, wie Sullivans Motto oftmals
verstanden wird. Vielmehr ist nach dieser Logik z.B. bei Repräsentationsbauten auch Zierrat ein
funktionales Element und somit zulässig und möglicherweise gefordert.
Nach Sullivan bestimmt also die Funktion eines Gebäudes seine innere Organisation und seine
äußere Erscheinungsform, sowohl im Ganzen wie im Detail. Nicht konstruktive Gesetzmäßigkeiten
sollen vorrangig die architektonische Erscheinungsform bestimmen, sondern die menschlichen
Bedürfnisse. Individuum, Gesellschaft und Architektur stehen für Sullivan in einem direkten
wechselseitigen Verhältnis: "As you are, so are your buildings." - „So wie du bist, so sind auch deine
Gebäude“ (Sullivan, 1924). Verschnörkelte Fassaden stehen somit auch für einen verschnörkelten
Lebensstil. Eine gerade, klare Gestaltung distanziert sich von einer solchen "Façon de vivre" und
formuliert sich, entsprechend der sich ausbildenden modern-industriellen Gesellschaft, als adäquat
und zeitgemäß.
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Form follows function
Internationaler Stil
Nach dem Ersten Weltkrieg übernehmen die
Vertreter des „internationalen Stils“ Sullivans
Leitsatz. Sie unterscheiden sich jedoch
grundsätzlich von ihm indem sie gänzlich auf
jeden Fassadenschmuck verzichten.
Das Seagram Building in New York,
Mies van der Rohe
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