pdf - Musikverlag Doblinger

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26 | Frühjahr 08
klan punkte
sound:files
Carlos Álvarez
(Foto: Johannes Ifkovits)
Doblinger Verlagsnachrichten
editorial
edito
Liebe Leserinnen, liebe Leser!
ser!
tig „klingende
achDiesmal laden wir Sie ein, vielfältig
„klingenden Worten“ nachmas
zulauschen, soll heißen: literarisch inspirierter Musik. Thomas
Daniel Schlee etwa hat in seinem jüngsten W
Werk Körper in
che Gedichte
Gedicht von Robert
Cafés auf subtile Weise humoristische
Gernhardt vertont – Grund genug für Walter We
Weidringer, dieser und weiterer auf Schriftstellerworten basiere
basierender (Kammer-)Musik nachzuspüren, etwa von Norbert Ster
Sterk (Ingeborg
Bachmann) und Helmut Schmidinger (Arthur Schnitzler).
Großen Erfolg im Wiener Musikverein gab es freilich
fr
nicht
nur für Schlee: Gerhard Schedls Strindberg-Oper Julie
J
& Jean
ging dort konzertant über die Bühne, Iván Eröds LLiederzyklus
Schwarzerde nach Mandelstam und Richard Düns
Dünsers Die letzft fanden in Adrian Eröd
ten Dinge auf Texte von Thomas Höft
pos Interpreten:
Interpret
einen engagierten Interpreten. Apropos
Kein Geringerer als Eröds Bariton-Kollege Carlos Álvare
Álvarez nimmt sich
gemeinsam mit Rafael Catalá der von diesem bei Doblinger
herausgegebenen Volkslieder an, die Federico García Lorca
at mit den b
gesammelt hat – Renate Publig hat
beiden Künstlern
n den Mus
gesprochen. Nochmals zurück in
Musikverein: Wo Egon
er Shakespeare-Vertonung
Shakesp
Wellesz vor 70 Jahren mit seiner
Proen Urauff
speros Beschwörungen einen
Uraufführungstriumph feiern
konnte, machte das Werk nun erne
erneut Furore – und es erfüllt
enugtuu
den Musikfreund mit Genugtuung,
dass Wellesz’ Ächtung
urch Ve
durch die Nazis nicht durch
Vergessenheit nachwirkt.
chlich Anlässe zum Feiern: Aus der FeAußerdem gibt es reichlich
b Vogg stammt ja zudem eine ganze
der des Achtzigers Herbert
Reihe von Texten für Musik, während Heinrich Gattermeyer
(85) und besonders Fridolin Dallinger (75) gerne mal zum Pinsel greifen, wenn sie nicht an neuen Kompositionen arbeiten.
Eine solche schickte Michael Radulescu (65) in die alte, längst
abgelegte Heimat Rumänien, gespielt vom Orchester Spirit of
Europe. Der Benjamin unter den Jubilaren ist die Reihe Diletto
musicale mit juvenilen 50 – aber für sein Alter schon ziemlich
erfolgreich, wie wir finden.
Was noch? Gerald Schwertberger erinnert an Franz Ippisch,
und Claudia Böckle hat mit dem Duo Stump-Linshalm über
neue Musik für den Klarinettenunterricht gesprochen, die in
unserer Reihe update erschienen ist. Außerdem gratulieren wir
ganz herzlich Ferdinand Weiß (75) und Hans Haselböck (80)!
Eine anregende, erfrischende Sommer-Lektüre mit diesen und
vielen weiteren Berichten und Neuigkeiten wünscht Ihnen
Ihr klang:punkte-Team
DEAR READER!
In this issue we invite you to hark back to music inspired by
literature. In his newest work, Thomas Daniel Schlee has set
humorous poems by Robert Gernhardt – reason enough
to explore this music as well as other (chamber) works
based upon literature, e.g. by Norbert Sterk (Ingeborg
Bachmann) or by Helmut Schmidinger (Arthur Schnitzler).
Gerhard Schedl’s Strindberg opera Julie & Jean was performed in concert in the Vienna Musikverein; Egon Wellesz’
Shakespeare setting Prosperos Beschwörungen made,
once again, a huge impact in the same venue; and the two
song cycles, Schwarzerde after Mandelstam by Iván Eröd
and Richard Dünser’s Die letzten Dinge on texts by Thomas Höft found a dedicated performer in Adrian Eröd.
None other than Eröd’s fellow baritone Carlos Álvarez
tackles, together with Rafael Catalá, the folk songs collected by Federico García Lorca.
Also, there are plenty of occasions for celebration: the
85th birthday of Heinrich Gattermeyer, the 80th of Herbert
Vogg, the 75th of Fridolin Dallinger and the 65th of Michael
Radulescu, whose newest work was premiered by the orchestra “Spirit of Europe” in Sibiu. The youngest among
our celebrated circle is the series Diletto musicale – but,
as we think, rather successful for its mere 50 years.
What else? Gerald Schwertberger remembers Franz
Ippisch, Claudia Böckle has talked to the Stump-Linshalm
duo about the role of New Music in clarinet teaching; their
collection has appeared in our update series. Furthermore
we wish to congratulate Ferdinand Weiß (75) and Hans
Haselböck (80)!
We wish you an inspiring, refreshing summer read with
these and many more articles and news items,
Your sound:files team
Impressum
klang:punkte 26 (99 526), unverkäufliche Promotion-Zeitschrift des Musikverlags Doblinger: Musikverlag Doblinger, Dorotheergasse 10, A-1010 Wien. Redaktion: Walter Weidringer. Für den Inhalt
verantwortlich: Helmuth Pany. Beiträge von Mag. Claudia Böckle, Katharina Knessl, Renate Publig
MA, Peter Pany, Prof. Gerald Schwertberger, Walter Weidringer. Englische Übersetzungen: Mag.
Nicolas Radulescu. Layout: Barbara Ployer (Konzept), Mira Valenta, Andrea Wimmer (Ausführung).
Erscheinungsweise: Zweimal jährlich, jeweils Frühjahr und Herbst. Für weitere Informationen: INFODoblinger, Postfach 882, A-1011 Wien, Telefon: +43 1 515 03-0, Telefax: + 43 1 515 03-51, info@
doblinger.at, www.doblinger-musikverlag.at
klang:focus
Klingende Worte
EINIGE SCHLAGLICHTER AUF DIE LITERARISCHEN SEITEN DES DOBLINGER-KATALOGS: MIT WERKEN VON
THOMAS DANIEL SCHLEE, NORBERT STERK, HELMUT SCHMIDINGER UND ANDEREN.
Nicht immer so ernst wie hier in der Stiftskirche
Ossiach: Thomas Daniel Schlee
Über das wechselvolle Verhältnis von Text und Musik sind von
Antonio Salieri bis Richard Strauss ganze Opern geschrieben worden: Nicht nur die Theoretiker, sondern auch die Praktiker haben
sich also ganz konkret mit dieser zentralen Frage des Musiktheaters beschäftigt. Spiegelte die einstige Rivalität zwischen Librettist und Komponist die Gepflogenheiten eines auf und hinter der
Bühne auf Ranküne und Kabale spezialisierten Genres wider, ist
man mittlerweile längst bei einem künstlerischen Miteinander
im Dienste des Werkes angelangt. Doch auch im Konzertsaal
spielten und spielen Textbezüge immer wieder eine große Rolle
– sogar abseits von Vokalwerken. Denn viele scheinbar absolute
Kompositionen vergangener Zeiten nehmen auf geheim gehaltene literarische Vorbilder Bezug, wie die Forschung herausfinden konnte. Der in Musik gesetzte Text, die innige Verbindung
von Wort und Ton in der ganzen Bandbreite vom intimen Lied
zum großformatigen Oratorium stellt jedoch nach wie vor eine
Königsdisziplin des Komponierens dar.
Thomas Daniel Schlee, auf dem Gebiet der Vokalmusik zuletzt
mit einer Kirchenoper beim Carinthischen Sommer erfolgreich,
hat sich jüngst auf mindestens so schwieriges, wenn nicht noch
Seite 4
Foto: Helge Bauer
Von Walter Weidringer
heikleres Terrain gewagt: auf jenes des Humors. Körper in Cafés
auf Gedichte des 2006 verstorbenen deutschen Schriftstellers
und Satirikers Robert Gernhardt wirft in der Verbindung von
Text und Musik vergnüglich-ironische Blicke auf Menschlich-Allzumenschliches im (nicht nur: Liebes-)Leben: Mit diesem hintersinnigen Augenzwinkern in musikalischer Gestalt hat Schlee bei
Publikum und Kritik einen großen, einhelligen Uraufführungserfolg errungen (siehe auch Seite 11), der sich in Ildikó Raimondi
(Sopran), Matthias Schulz (Flöte), Milan Turković (Fagott) und
Charles Spencer (Klavier) freilich auch auf ein illustres Interpreten-Ensemble stützen konnte.
Im Gespräch mit Petra Haiderer (Musikfreunde, April 2008) hat
sich der Komponist etwas in die Karten blicken lassen: „Gernhardts Gedichte erzählen eine Geschichte. Es beginnt mit einer ganz alltäglichen Situation. Ein Mann sitzt im Kaffeehaus.
Der ‚wirklich gute Mann‘ sucht die ‚wirklich schöne Frau‘. Er
erwartet die Damen, die seine Annonce beantwortet haben.
Der musikalische Aufbau schmiegt sich eng an das Wort, um
das sich alles in diesem ersten Text dreht: DA!“ Der rechte Augenblick für den Schritt von der Einsamkeit zur Zweisamkeit ist
dennoch nicht leicht zu finden… Folgt das zweite Lied, „Die Lust
kommt“ – schon wieder ein Zeitpunkt, der sich nicht planen lassen will: „Über die Lust – etwas so Elementares, oft Herbeigesehntes – so bürokratisch zu berichten, wie es Gernhardt hier
tut, ist nicht zu überbieten. Nach dem musikalisch Zerklüfteten
des ersten Stückes passt das zweite ganz in die gebundene Liedform. Der relativen Illusionslosigkeit der Betrachtung im Text
habe ich einen musikalischen Kontrapunkt gegenübergestellt.
Das Klavier spielt Oktavengänge, die gegen den Rhythmus gehen, dadurch entsteht subkutan etwas Bedrohliches. Erst ganz
am Schluss – ‚erst als sie wegblieb, blieb mir für sie Zeit‘ – gibt
es einen kleinen Moment fürs Theater.“ Wie schwierig die (hier:
englische) Kommunikation sein kann, selbst wenn man sich eigentlich einig ist, belegt die dritte der Fünf Szenen über das Thema „Zu mir oder zu dir?“ – denn nur einer der Gesprächspartner
ist der Sprache wirklich mächtig. Musikalisch gab es für Schlee
da keine Frage: „Es ist herrlich. Man muss am langsamen Walzer nur anstreifen, und schon steht die Atmosphäre des Geschehens im Raum.“ Diese wird durch instrumentale Hinweise belebt
und erklärt: „Das Fagott spielt die Bassgänge des langsamen
Walzers, während die Flöte die kleinen Kommentare mit Flatterzunge verzerrt. Im Klavier liegen ganz zart angedeutet Harmonien, wie wir sie aus der gehobenen Unterhaltungsmusik kennen.“ Im Laufe der Zeit kann sich aber gehörig Sand im Getriebe
der Zweisamkeit ansammeln, der sich dann, „Immer dasselbe“,
ausgerechnet vor dritten unüberhörbar bemerkbar macht: „Ein
Ostinato-Scherzo, das auf einer Figur beruht, die metrisch ausgeweitet und durch Transpositionen geschickt wird. Die Musik
ändert sich ununterbrochen und ist doch immer das Gleiche.“
Als Abschluss dämmert dann die „Nacht der deutschen Dichter“
mit ihren Allusionen an ein nicht ganz unbekanntes Weihnachtslied – und einem Reigen ebensolcher Autorinnen und Autoren
(darunter Einar Schleef, Günter Grass, Stefan Heym), die Gern-
Foto: Stephan Trierenberg
Lauscht dem Klang im Innern
von Bachmanns Worten:
Norbert Sterk
hardt nacheinander in eigenen Variationen auftreten lässt. „Der
gnadenlose Witz um ihre Namen steht in herrlichem Kontrast zu
den Ambitionen der angesprochenen Literaten. Für die Musiker
kommt noch hinzu, dass die liebliche pastorale Weihe des Liedes
in ganz eigenwilligem Gegensatz zum ‚deutschen‘ Titel steht.“
Thomas Daniel Schlee wird von Körper in Cafés übrigens auch
eine Fassung für Gesang und Klaviertrio erstellen.
In zwei Versionen, nämlich für Klaviertrio mit und ohne Gesangsstimme existiert auch Hôtel de la Paix nach Worten von Ingeborg Bachmann, entstanden anlässlich des 80. Geburtstages
der 1973 verstorbenen großen österreichischen Dichterin. Der
Komponist Norbert Sterk, dem soeben der renommierte TheodorKörner-Preis 2008 zuerkannt wurde, hat sich dabei ganz der musikalischen Qualität von Bachmanns Lyrik angenähert: „In die
Mulde meiner Stummheit/ leg ein Wort/ und zieh Wälder groß
zu beiden Seiten,/ dass mein Mund/ ganz im Schatten liegt.“
(Psalm in Sämtliche Gedichte, Piper 1978). „Dem Klang im Innern dieser Worte lauschend“, beschreibt Sterk seinen kompositorischen Prozess, „die Farbqualität der Vokale und Konsonanten
erspürend, dem Weiß inmitten der Worte Gehör schenkend,
ersteht Musik.“ Fünf Texte aus Bachmanns Zyklen Die gestundete Zeit und Anrufung des großen Bären sowie der Sammlung Gedichte 1957–61, „deren poetische Bilder sich assoziativ
verknüpfen ließen“ (Sterk), fügen sich zu einer Art Hommage
an Ingeborg Bachmann zusammen, wobei die Inhalte, so der
Komponist weiter, vom „Rückzug in die Stille, dorthin, wo Kunst
entstehen kann, vom Wahrnehmen einer ‚brüchig werdenden
Existenz’ (Hans Höller), vom Ich in der Fremde, von Liebe, Gewalt
und von Erlösung“ handeln. Der Singstimme „fällt dabei die Rolle des singend Imaginierenden zu, der das Wort ‚unverfälscht’
zum Klingen bringt. Er wird einerseits Impulsgeber für instrumentale Verwandlung, andererseits, den Streichern in Modulationsvielfalt und mikrotonalen Möglichkeiten verwandt, scheint
er verwoben in deren instrumentale Strukturen, wird selbst Ensembleinstrument. Violine und Violoncello, eine Art ‚alter ego’
der Stimme, sind Schatten, Vervielfältigung, Spiegelungen. Darin aber leuchtet fremd das Klavier in vermeintlicher Einfärbigkeit...“ In der Fassung für Klaviertrio allein „fällt die Stimme weg,
sie wird abstrahiert zu instrumentalem Klang.“
Das poetisch karge, vornehmlich auf Klangwirkungen basierende Werk wurde in der Fassung mit Stimme im Rahmen des
Projektes „Schreiben gegen den Krieg – Bachmann vertont“ von
Christian Hilz (Bariton) und dem Haydn Trio Eisenstadt auf CD
eingespielt (Capriccio 71 095).
Ganz auf die menschliche Stimme verzichtet hat Helmut Schmidinger in seinem Klaviertrio „...schickt sich wahrscheinlich nicht
in einem so ernsten Konzert“. Zehn Sätze aus Leutnant Gustl
von Arthur Schnitzler. Schmidingers literarische Neigungen, die
sich durch sein ganzes Schaffen ziehen, sind hier also wie so oft
rein instrumental repräsentiert – und zu Recht: Handelt es sich
doch bei Schnitzlers 1900 entstandener Novelle Leutnant Gustl
zur Gänze um einen „Inneren Monolog“, den freien Gedankenstrom eines jungen kakanischen Offiziers – übrigens damals ein
Novum in der deutschsprachigen Literatur. Nach einem Konzert
im Musikverein, dem der unmusikalische Gustl nur sehr zerSeite 5
klang:focus
streut Gehör geschenkt hat, wird er von einem „nicht satisfaktionsfähigen“ Bäckermeister an der Garderobe „beleidigt“ und
muss sich deshalb, will er dem Ehrenkodex der Armee folgen,
erschießen – auch wenn niemand den Vorfall mitbekommen
hat. Aufgewühlt durchlebt er eine zwischen Todesangst und
krausem Pflichtbewusstsein zerrissene Nacht, bis er morgens
die erlösende Mitteilung erhält, dass der Bäcker einem Schlaganfall erlegen ist. Garantierte Schmidingers zweite Existenz als
Veranstalter dabei das ironische Interesse für Gustls Unaufmerksamkeit im Konzert, hat den Komponisten freilich die Erzählstruktur besonders interessiert: „Typisch für einen ‚Inneren
Monolog’ sind neben dem Prinzip der freien Assoziation kurze,
unvollständige, gebrochene oder oftmals fragmentierte Sätze.“ Das ließ sich kompositorisch aufgreifen: „In einigen Sätzen
habe ich den Sprachrhythmus des Satztitels als Grundlage der
musikalisch rhythmischen Textur verwendet. In anderen Sätzen
wiederum habe ich der Assoziation an bekannte Musikstücke
(Das Gebet einer Jungfrau von Thekla Badarczewska) freien
Lauf gelassen.“
Verbindet in
seinen Werken
Literatur und
Musik: Helmut
Schmidinger
Weitere konzertante Werke
rke mit literarischem
Michael Amann: Schatten Rose Schatten
chatten für Singstimme
und Klavier (Ingeborg Bachmann)
Rainer Bischof: „Und so sink ich leise in mich selbst hinein.“
Österreichischer Liederzyklus für Mezzosopran
zzosopran und Violine
op. 17 (Ingeborg Bachmann, Felix Braun,
un, Nikolaus Lenau,
Christine Busta, Alois Hergouth, Linus Kefer, Franz Theodor Csokor, Richard von Schaukal)
Bernd Richard Deutsch: Martyrium oder Die Dinge sind.
Neurotisches Oratorium in zwei Teilen für Sprecher,
er, Soli,
Chor, Orchester und Elektronik (Nr. 12, 2001–05) (Dante
Alighieri, Andreas Gryphius, Vincent van Gogh, Konrad
Bayer, Hugo Wolf, Peter Sloterdijk, Werner Schwab, Ingeborg Bachmann, Cesare Pavese)
Gottfried von Einem: Tier-Requiem für Soli, Chor und
Orchester op. 104 (Lotte Ingrisch)
Alchemistenspiegel für Bariton und Orchester op. 90 (Lotte
Ingrisch)
Prinzessin Traurigkeit oder Ein Känguruh im Schnee.
Duette in allen Farben für Mezzosopran, Bassbariton und
Klavier op. 100 (Lotte Ingrisch)
Foto: Renate Publig
Iván Eröd: Schwarzerde. Fünf Gesänge für Bariton und
Orchester op. 49 (Ossip Mandelstam)
Vox Lucis. Kantate für Bariton, Oboe und Orchester op. 56
(T. S. Eliot, Paul Claudel, Ossip Mandelstam, Rainer Maria
Rilke, Giuseppe Ungaretti, Sándor Weöres)
RESOUNDING WORDS – MUSIC AND LITERATURE
BY WALTER WEIDRINGER
Thomas Daniel Schlee, composer, organist and director of the festival Carinthischer Sommer, recently entered the difficult terrain
of humor. Körper in Cafés (“Bodies in Cafés”) on poems by the
German writer and satirist Robert Gernhardt (d. 2006) refers,
in its marriage of text and music, in an entertaining and ironic
way to human and all-too human aspects of (not only love-) life.
The world premiere of this subtly tongue-in-cheek music has given Schlee a great, unanimous success, both with the audience
and the critics (see also page 11); this was certainly also due to
the illustrious ensemble of performers: Ildikó Raimondi (soprano),
Matthias Schulz (flute), Milan Turković (bassoon) and Charles
Spencer (piano). Körper in Cafés will be published not only in its
original scoring, but also in a version for voice and piano trio.
Hôtel de la Paix on words of Ingeborg Bachmann (d. 1973) was
written for the occasion of the great Austrian poet’s 80th birthday and also exists in two versions: for piano trio with or without
voice. The composer, Norbert Sterk, who recently was awarded
Seite 6
the renowned Theodor Körner Prize 2008, has kept very close
to the musical quality of Bachmann’s poetry. Five texts selected
from Bachmann cycles join in a sort of homage to the author;
according to the composer their contents deal with “retreat into
silence, to the place where art can develop; with the perception
of an ‘existence becoming fragile’ (Hans Höller), with the individual in strange parts, with love, violence and redemption”. The
voice takes the part of “the human being who imagines by singing, who makes the words resonate ‘in a pure way’”. In the version for piano trio alone “the voice is left out, it becomes abstract
in instrumental sound.”
The version including voice of the poetically austere work, mainly
based upon sound effects, has been recorded on CD (Capriccio
71 095).
Helmut Schmidinger has completely renounced the use of the human voice in his piano trio “...schickt sich wahrscheinlich nicht
in einem so ernsten Konzert” (… is probably not respectable in
such a serious concert”) - Ten Movements from Leutnant Gustl
klang:echo
Bezug (kleine Au
Auswahl; komplette Liste online):
Fü
Paul Walter Fürst:
„Bitte keine Musik“. Sieben Gedichte für
u Streichorchester op. 65/2 (Ernst Jandl)
Mezzosopran und
Lauer
Herbert Lauermann:
Verbum IV (An die Sonne) für großes
(Ing
Orchester (Ingeborg
Bachmann)
Verbum V – Fuge „...ins Innere...“ 12 Sätze in unterschiedlicher Bese
Besetzung für Fl., Kl., Vl., Vc. und Klav. oder Kl., Hr.,
Vl., Vc. und Klav. (Ingeborg Bachmann)
E
Ernst
Ludwig Leitner: „...und kein Friede auf Erden“.
Reflexionen für Sprecher und Orchester (Ingeborg Bachmann)
Martin Lichtfuss: Kafka-Fragmente für Sprecher, Bariton,
Chor, Orchester und Synthesizer (Franz Kafka)
Kurt Rapf: Nachtflug. Eine Elegie für Tenor, Chor und
Orchester (Ingeborg Bachmann)
Shih: Mann, Weib – Weib, Mann (Robert Gernhardt) – in
Arbeit
Alfred Uhl: Wer einsam ist, der hat es gut. Heitere Kantate für Soli, Chor und Orchester (Wilhelm Busch, Christian
Morgenstern, Joachim Ringelnatz)
Egon Wellesz: Duineser Elegie für Sopran, Chor und
Orchester op. 90 (Rainer Maria Rilke)
Friedrich Wildgans: Der mystische Trompeter für hohe
Stimme, Trompete und Klavier op. 47 (Walt Whitman)
by Arthur Schnitzler. Schmidinger’s literary inclinations, which
can be seen throughout his entire oeuvre, are represented
here, as so often, exclusively by the use of instruments – and
justly so: Schnitzler’s 1900 novella, Leutnant Gustl, is, in its
entirety, an internal monologue, the free stream of consciousness of a young Imperial Austrian officer – this being, by the
way, the first use of this literary technique in German-language literature.
After a concert in the Musikverein, to which the unmusical
Gustl had paid only very loose attention, he is “insulted” near
the cloakroom by a master baker, who, of course, cannot be
dueled. Following the strict army code of honor, Gustl is obliged
to shoot himself – even if nobody has witnessed the event.
In turmoil, he spends a night torn between mortal fear and
an abstruse sense of duty before the morning brings the news
that the baker has died of a stroke. The work selects ten significant sentences uttered by Gustl, translates them into music
and thus creates a new context.
Die Stirn geboten
HELMUT SCHMIDINGERS „... WENN ER IMMER SO
EINEN RIESEN HINTER SICH MARSCHIEREN HÖRT.“
Er zähle „zu den herausragendsten Komponisten Oberösterreichs. Seine Musik ist modern und basiert dennoch auf der
Tradition, die wiederum durch ein unerschütterlich gutes Handwerk fundiert ist. Musik, die ohne sich anbiedern zu wollen
auch ins Gehör einer breiteren Zuhörerschaft den Weg findet“:
So charakterisierten die OÖ Nachrichten (25. März 2008)
Helmut Schmidinger anlässlich der Loisiarte, bei der Intendant
Christian Altenburger Werke des in Wels lebenden Komponisten und seines Kollegen Gerhard Schedl ins zeitgenössische
Zentrum stellte. Doch bereits im Jänner kam es in Graz zu einer
großen Schmidinger-Uraufführung, die Publikum und Presse
ebenso begeisterte wie die Musiker von recreation – GROSSES
ORCHESTER GRAZ und deren Chef Andrés Orozco-Estrada,
der übrigens seit seinem klang:punkte-Porträt (Frühjahr 2007)
mittlerweile designierter Nachfolger von Kristjan Järvi an der
Spitze des Tonkünstler-Orchesters Niederösterreich ist.
„Die Schmidinger-Partitur ist ein Auftragswerk des Grazer Orchesters, das als einzige inhaltliche Vorgabe einen Bezug auf
Beethovens Violinkonzert nannte. Der Werktitel will verdeutlichen: Wie geht es einem Komponisten heute, der den übermächtigen Riesen ‚Tradition’ im Konzertbetrieb ständig hinter
sich marschieren hört? Für den Welser bestand die Lösung des
Problems darin, ‚den Riesen bewusst in sein Werk einzubeziehen’“, schrieb Franz Zamazal.
„Das geschah mit transformiertem Originalmaterial aus dem
Violinkonzert und in der Abfolge kleiner Solokonzerte (Klarinette, Pauke, Violine, Trompete) mit Orchesterzwischenspielen.
Das Ergebnis: Eine große symphonische Partitur voll von Einfällen und Kontrasten, von Abwechslung und Spannungen in
maßvoller moderner Formulierung, die alle für Aufmerksamkeit sorgen.“ (Kulturbericht OÖ, März 2008) Ein „klanglich abwechslungsreiches, geschickt instrumentiertes“ Werk, war sich
auch die Kleine Zeitung sicher (WN, 30. Jänner 2008).
„Das Publikum goutierte die Nachklänge, fühlte sich aufgehoben in dieser affirmativ postromantischen Musiksprache, die
vielfach an Schostakowitsch gemahnte. Doch Schmidingers
Beethoven-Reflexion enthält mehr als nur traditionell verarbeitete Zitate“, hieß es in der Österreichischen Musikzeitschrift,
die sogar nachsetzte:
„Die Spur Ironie im Umgang mit dem ‚Riesen’ auf dieser ästhetischen Ebene ist neu. Ein Wegweiser für Komponisten im
21. Jahrhundert?“ (U. A.-G., ÖMZ 3-4/2008) Jedenfalls sei
Schmidinger „ein knatternd-knisterndes und zugleich sanftes
Revolutionsstück gelungen“, ist die Kronenzeitung sicher.
„Rhythmisch kapriziös scheint seine Klanglandschaft milde,
aber unnachgiebig den Aufstand gegen den Titanen zu
proben, und doch weht es immer wieder hochbrisante Sehnsuchtsmelodien ins Geschehen. Ein spannendes Stück, das von
‚Recreation’ ausdruckswilligst umgesetzt wurde.“
(NT, 1. Februar 2008)
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klang:echo
Bis aufs Blut
GERHARD SCHEDLS JULIE & JEAN KONZERTANT
Fotos: Armin Bardel
Was Regisseur G. H. Seebach 2003 als
„Totentanz der Begierden“ auf die Bühne
gebracht hat, entfachte nun auch konzertant seine mitreißende Kraft.
Es war der Sensationserfolg des Festivals Klangbogen Wien
2003, als Maria Husmann und Wolfgang Koch als Gerhard
Schedls Julie & Jean ihre Beziehungsscharmützel austrugen,
musikalisch angefeuert vom Wiener Kammerchor und dem
Ensemble Kontrapunkte unter Peter Keuschnig. Im Wiener Musikverein kam es im Dezember 2007 nun zur willkommenen Neuauflage des packenden Musikdramas in konzertantem, aber
nicht minder fesselndem Rahmen.
„Der ewige Kampf der Geschlechter“
„Schon seit mehr als 30 Jahren bestreitet Peter Keuschnig mit
seinem Ensemble Kontrapunkte einen eigenen Musikvereinszyklus. Eine Leistung, die nicht genug gewürdigt werden kann: Mit
der Fokussierung auf die ‚klassische Moderne’ wird hier eine Lücke zwischen der Avantgarde-Lastigkeit von ‚Wien modern’ und
dem klassisch-romantischen Mainstream des Musikbetriebes
geschlossen. Was nicht heißen soll, dass das qualitätsvolle Neue
zu kurz käme. Mit einer konzertanten Aufführung seiner Kammeroper Julie & Jean erinnerte jetzt das Ensemble an Gerhard
Schedl: Der ebenso hochbegabte wie überaus erfolgreiche österreichische Komponist wäre heuer fünfzig Jahre alt geworden.
Nach wie vor ist es unbegreiflich, dass er vor sieben Jahren freiwillig aus dem Leben schied. Julie & Jean mit dem Untertitel
‚Ein Match in zwölf Runden’ (Libretto: Bernhard Glocksin) komprimiert Strindbergs Fräulein Julie auf die beiden Protagonisten und ihren letal endenden Geschlechterkampf, erweitert um
symmetrisch angeordnete Traumsequenzen. Das alles vor dem
Hintergrund eines Chores, der mit dem katholischen Ordinarium Missae die ‚gesellschaftliche Ebene’ verkörpern soll. Was
dramaturgisch vielleicht anfechtbar erscheinen mag, erweist
Seite 8
sich musikalisch als ungemein reizvoller Kontrast zur Hauptebene: Plastisch hebt sich von
der archaischen Ruhe des Chorsatzes die eruptive Gestik des kleinen Orchesters ab; da findet
Schedl mit unerschöpflicher Fantasie immer
wieder bestürzende Klangbilder zur Erhellung
und Überhöhung des Geschehens. Keuschnig,
Dirigent der szenischen Uraufführung vor vier
Jahren, hat mit seinem brillanten Ensemble die
Partitur auch diesmal auf das Prägnanteste
formuliert. Und auch die beiden exzellenten
Solisten von damals waren wieder zur Stelle:
Maria Husmann mit ihrem intelligent geführten, durchschlagskräftigen Sopran, Wolfgang
Koch mit seinem virilen, in der Höhe tenoral
gefärbten Bariton. Reicher Beifall.“ (Gerhard Kramer, Wiener
Zeitung, 5. Dezember 2007)
„Wie bei der Uraufführung 2003 begeisterten auch diesmal die
Akteure: die Sopranistin Maria Husmann, der Bariton Wolfgang
Koch, der Wiener Kammerchor (Leitung: Michael Grohotolsky)
sowie der Dirigent Peter Keuschnig mit seinem bravourösen Ensemble Kontrapunkte. Sie alle verstehen es, Schedls Gefühlswelt
und Freude an raffinierten Effekten zum Klingen zu bringen. Eindrucksvolle Lyrik wechselt mit Orchesterausbrüchen; Eckpfeiler
der beiden Akte sind Momente von melancholischem Kirchengesang. Eine hinreißende Aufführung!“ (Florian Krenstetter, Kronen Zeitung, 5. Dezember 2007)
Erleben, erleiden, erdulden:
Maria Husmann und Wolfgang Koch
klang:echo
Aufwühlender Orchester-Zauber
EGON WELLESZ’ PROSPEROS BESCHWÖRUNGEN
Als Egon Wellesz, damals gefeierter Bühnenkomponist, um
das Jahr 1930 nach einem neuen Opernstoff Ausschau hielt,
kam er auf Shakespeares Tempest, verwarf den Plan aber bald
wieder: Die Fülle der Charaktere und die komplexen Dialoge
wollten sich nicht befriedigend auf ein Libretto verknappen lassen. Dafür wandte er sich dem Stoff auf instrumentalem Wege
zu. 1934 skizzierte er in Alt-Aussee fünf symphonische Stücke
als musikalische Porträts der Hauptcharaktere.
Die Uraufführung fand am 19. Februar 1938 mit den Wiener
Philharmonikern unter Bruno Walter statt, der das Werk wegen des großen Erfolges dann auch in Amsterdam mit dem
Concertgebouw Orkest vorstellte – am 13. März 1938, dem
Tag der Annexion Österreichs durch Nazideutschland. Wellesz
kehrte nicht mehr nach Wien zurück, sondern ging von den
Niederlanden aus nach England in die Emigration. Prosperos
Beschwörungen aber gingen in die ganze Welt – und errangen
jüngst an der Uraufführungsstätte mit den Wiener Symphonikern unter Manfred Honeck einen neuerlichen Triumph:
„Gewaltig massiv und Lust auf mehr Wellesz“
„Die Realisierung der fünfsätzigen Komposition Prosperos
Beschwörungen nach Shakespeares Sturm von Egon Wellesz
am Mittwoch im Wiener Musikverein machte Lust auf weitere
Werke des gebürtigen Österreichers. Die Umsetzung besonders der drei mittleren Sätze gelang den Wiener Symphonikern aber auch wirklich toll: wahrlich ‚stürmisch‘ der zweite,
mit feinen Einzelleistungen der Orchestermusiker der dritte
und wie ein purer Höllenritt der vierte Satz. Das Finale leitete
schließlich stimmig zu Bruckners ‚Romantischer‘ über. [...] Viel
Applaus.“ (Alexander Opatrny, Kurier, 1. Februar 2008)
„Eine uneitle Meisterleistung“
„[...] Zu mehr Konzentration fähig schien das Publikum vor der
Pause bei Prosperos Beschwörungen von Egon Wellesz (1885–
1974). Der in Wien geborene Komponist hat Shakespeares
Sturm im Jahr 1936 farben- und ideenreich in Töne gegossen.
Er schuf impressionistische Gemälde, Szenen von Mahlerscher
Jenseitigkeit und einen mächtigen, martialischen Tanz, der
jeden Hollywood-Triumphmarsch mickrig erscheinen lässt.
Ein Werk, das eigentlich ins Repertoire jedes großen Orchesters gehört. [...] Ergreifend.“ (r. e., Wiener Zeitung, 1. Februar
2008)
„Romantisches Feuer“
„Nicht minder gewichtig [...] erwies sich der erste Teil des Konzertes mit Prosperos Beschwörungen, fünf symphonischen
Stücken nach Shakespeares Sturm von Egon Wellesz. Wellesz
(1885–1974) nähert sich Shakespeare klugerweise nicht durch
Vertonung, sondern durch atmosphärische Annäherung an diverse Schlüsselszenen, die er mit wachem Instinkt für wirksame
Theatralik und hohe Sensibilität für Klangfarben zu gestalten
weiß. Honeck und die Symphoniker waren auch diesem in seiner
eindringlichen Rhetorik sehr spannenden Werk die optimalen
Interpreten.“ (Peter Vujica, Der Standard, 1. Februar 2008)
BildtextPat. An endrem
nonse dipit autQuismolorem ip ea amcore cor
aliquat alit prat in utem
vel ercinismod el utp
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klang:splitter
FRIEDRICH CERHA
Foto: media wien
Am 7. März 2008 empfing Friedrich Cerha das
Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das
Land Wien aus den Händen von Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny, der Cerha als
„einen der bedeutendsten zeitgenössischen
Komponisten unserer Zeit“ würdigte. Lothar
Knessl in seiner persönlich gefärbten Laudatio: „Schritt für Schritt war Cerha suchend, forschend, erforschend unterwegs, um musikalisches Neuland auszuprobieren“, immer dem
„Auftrag nur von innen, als schöpferisches
Muss“ folgend. In seinen Werken habe er sich besonders „dem
Einzelnen, dem Individuum“ zugewendet, als „Gegenpol einer
derangierten, Werte missachtenden, machtorientierten, sensationsgierigen Gesellschaft“.
ht bessere
lung bis zum Ausblick auf eine vielleicht
e er dank
Zukunft reichen; diese Wandlung erzielte
lfältiger
differenzierter Instrumentierung und vielfältiger
esichts
klanglicher Nuancen. Adrian Eröd, angesichts
e gefrüher Kenntnis der väterlichen Musiksprache
em
wissermaßen mit Heimvorteil (und exzellentem
Bariton) singend, vermittelte eindrucksvoll den
Wechsel von Aufruhr zu milder Zuversicht im
Lichte des eigenen Endes.“ (Markus Hennerfeind,
Wiener Zeitung, 10. Mai 2008)
„Einen besseren Solisten konnte sich der im Saal
anwesende Komponist und Sängervater Iván
Eröd für dieses expressive, den kryptischen Textvorlagen adäquate Werk nicht wünschen.“ (opal, Kurier, 10. Mai 2008)
„[Adrian Eröd] und dem Orchester gelang es, sowohl den ernsthaften Charakter als auch die melodiöse Stimmung überzeugend zu gestalten.“ (FK, Kronen Zeitung, 15. Mai 2008)
JOSEF FRIEDRICH DOPPELBAUER
Doppelbauer-Tage
David Trio – Wels, Stadttheater, 27. Februar 2008
„Am Mittwoch eröffnete das oö. David-Trio die von den Welser
Abonnementkonzerten initiierten Josef-Friedrich-DoppelbauerTage. Der in Wels geborene Komponist hätte heuer seinen 90.
Geburtstag gefeiert. […] Diese Musik hat Seele […] Das DavidTrio bewies hier seine Meisterschaft im leidenschaftlich mitreißenden Musizieren und seinem sinnlich nachvollziehbaren Zugang zu scheinbar spröder Musik, deren Qualitäten nur durch
minutiöse Arbeit freigelegt werden kann.“ (Michael Wruss, OÖ
Nachrichten, 29. Februar 2008)
DAVID NELSON
RICHARD DÜNSER
GERALD RESCH
Die letzten Dinge. Liederzyklus für Bariton und Kammerorchester
Wien, Musikverein – Brahmssaal. Adrian Eröd – Bariton, Ensemble
Kontrapunkte, Dirigent: Peter Keuschnig
„Die von starken Gegensätzen und heterogenen Elementen
geprägte Musik orientiert sich an vom Text evozierten Bildern,
die wiederum katholisch geprägte Vorstellungen benutzen. Das
Spannungsfeld zwischen Licht und Dunkel der Textvorlage ist in
alle Schichten der musikalischen Struktur getragen und entlädt
sich in ekstatischen Ausbrüchen und grotesken Mitreißend
Kulminationspunkten, wobei die Verarbeitung und eintraditioneller Stilmittel nicht gescheut wird, und drucksvoll:
spätromantisch und expressionistisch anmu- Adrian Eröd
tende Welten erstehen. Adrian Eröd gelang mit
dem Ensemble eine brillante und in ihren Extremen authentische, mitreißende Aufführung.“ (E.
H., ÖMZ 1/2008)
Knoten für Fagott und Kammerorchester
Wien, Musikverein – Brahmssaal, 11. November 2007. Robert
Buschek – Fagott, Wiener Concert-Verein, Dirigent: Konstantin
Ilievsky
„Wie der Titel bereits verrät, weist diese Komposition für Fagott
und Kammerorchester eine Verbindung unterschiedlicher Stränge auf: Sowohl tonale als auch atonale Elemente werden verknüpft, ebenfalls wird die Auflösung des 12-Ton-Systems durch
Glissandi eingebunden. Zeigt sich in manchen
Passagen die Gleichberechtigung von Solist
und Orchester, geht das Fagott kurzzeitig im
dichteren Klang der orchestralen Masse unter;
neben dem solistischen Auftreten finden aber
auch Duette, u.a. mit Horn oder Klarinette. ihren Raum. Wechselnde Klangfarben entstehen
durch die Übernahme von einzelnen Tönen oder
gesamten Motiven des Fagotts durch andere
Instrumente, die sich immer weiter verdichten.
um dann doch wieder zu reduzierteren Passagen zurück zu finden, bis am Ende ein tonales,
absteigendes Motiv des Fagotts, das plötzlich abbricht, fragend im Raum stehen bleibt.
Durch die Verknüpfung dieser vielfältigen Komponenten, lässt
Resch ein abwechslungsreiches Gebilde entstehen, dessen Abschnitte starke Kontraste aufweisen und dennoch durch erneutes Aufgreifen zuvor erklungener Elemente zueinander in Bezug
IVÁN ERÖD
Schwarzerde. Fünf Gesänge für Bariton und
Orchester op. 49 – Wien, Musikverein, 8. Mai
2008: Adrian Eröd – Bariton, RSO Wien, Dirigent: Anders Nelsons
„Iván Eröds Schwarzerde, nach Gedichten von Ossip Mandelstam,
stand im Zentrum eines ungarisch umflorten Konzertes des RSO
Wien im Musikverein. Mitte der 80er Jahre komponiert, traf
Eröd genau das Herz der Texte, die von anfänglicher VerzweifSeite 10
Der 1957 in Chicago geborene Dr. David Nelson ist Universitätsprofessor, Dirigent, Musikwissenschaftler und Buchautor:
Sein Wien-Führer Vienna for the Music Lover, 2006 auf englisch und deutsch erschienen, kommt wegen der großen Nachfrage demnächst in einer chinesischen Ausgabe heraus. „Selbst
für einen Kenner und Musikliebhaber der Stadt lassen sich hier
noch Dinge entdecken […] eine Fundgrube!“ (Rubinstein World,
1-2008). Nun erhielt dieser musikalische Freund und Botschafter
Wiens aus der Hand von Landesamtsdirektor Dr. Ernst Theimer
das Goldene Verdienstzeichen des Landes Wien.
stehen; besonders fasziniert dabei d
das Gespür des Komponisten
für den Spannungsaufbau. Robert Buschek/Fagott erfüllte die
hohen technischen wie musikalisc
musikalischen Anforderungen mit Feingefühl, und auch der Wiener Co
Concert-Verein unter Konstantin
Ilievsky setzte das Werk überze
überzeugend um – vor begeistertem
Publikum.“ (D. W., ÖMZ 1/200
1/2008)
von 150 Euro) errungen. Piotrowska war zuvor bereits als Solistin
wie Kammermusikerin mehrfach ausgezeichnet worden und hat
mit den bedeutendsten Orchestern ihres Heimatlandes zusammengearbeitet. Ein weiterer Nachweis für das wache Interesse
des polnischen Musiknachwuchses an zeitgenössischer Musik
aus Österreich und für die verdienstvolle Tätigkeit des Kulturforums. Wir gratulieren herzlich!
KARL SCHISKE
THOMAS DANIEL SCHLEE
Körper in Cafés. Fünf Szenen op. 69 auf
Gedichte von Robert Gernhardt: Wien,
Musikverein, Brahms-Saal, 23. April
2008 – Ildikó Raimondi (Sopran), Matthias
Schulz (Flöte), Milan Turković (Fagott),
Charles Spencer (Klavier) „Knisternde
Töne der Zweisamkeit“
„Ein schillernder Abend über Zweisamkeit: Zentral waren Thomas Daniel
Schlees neue Szenen Körper in Cafés
[…] Die Texte Robert Gernhardts bringen den ‚knisternden Alltag’ köstlich
ans Licht, Schlee hat die Musik zur feinsinnigen Begleitung als zwinkernden
Kommentar geformt.“ (Petra Haiderer,
Der Standard, 26. April 2008)
„Kunst des Humors in virtuoser Musik“
„Im Zentrum der Aufmerksamkeit stand
[...] die Uraufführung von Thomas Daniel Schlees Szenenfolge Körper in Cafés op. 69, die auf Gedichten Robert
Gernhards basiert. Dem unikalen Humor des sprachgewaltigen Dichters
setzte Schlee subtil-witziges, ebenso
eloquentes, geradezu spitzbübisches musikalisches Material
gegenüber. Die virtuose Verbindung aus beidem ergab eine
der ersprießlichsten musikalischen Viertelstunden der letzten
Jahre.“ (Markus Hennerfeind, Wiener Zeitung, 25. April 2008)
WOLFRAM WAGNER
Im Zyklus „junges musikforum“ des Österreichischen Kulturforums Warschau war im vergangenen Herbst ein herzlich akklamiertes Porträtkonzert von Wolfgang Wagner zu erleben.
Dabei hat die 1978 in Legnica geborene Fagottistin mit ihrer
Aufführung der Zehn Haiku für Fagott solo in Anwesenheit des
(höchst zufriedenen) Komponisten den von Doblinger für diese
Reihe gestifteten Interpretationspreis (Notengutscheine im Wert
ERICH ZEISL
Requiem ebraico
Cincinnati, Music Hall, May 17, 2008: May Festival Chorus, Cincinnati Symphony Orchestra, conductor: James Conlon
“It was fitting that Beethoven’s Ninth would share a program
with music by a survivor of the Holocaust. Conlon, who has
made it his mission to resurrect music that might otherwise be
lost to history, led the festival premiere of Eric Zeisl’s Requiem
Ebraico (Hebrew Requiem) […]. Zeisl, a Jewish composer born in
Vienna, barely escaped the Holocaust,
Glänzte mit Wagner: eventually fleeing to Hollywood (as did
Katarzyna Piotrowska other important refugee composers and
artists) where he worked for Metro-Goldwyn-Mayer. His movie scores included
Lassie Come Home and The Postman
Always Rings Twice, although his list of
classical works is impressive.
He dedicated his Requiem Ebraico of
1942, a setting of Psalm 92, to his father,
who perished in a concentration camp,
and to the countless other victims of the
Nazis. For the performance, the Cincinnati Children’s Chorus, prepared by Robyn Lana, joined the May Festival Chorus
and soprano Ellie Dehn, mezzo-soprano
Catherine Keen and baritone William
McGraw.
It was a piece with moments of enormous
beauty […] Zeisl’s gift for melody was evident in his hauntingly beautiful themes,
orchestrated with cinematic sweep. The
opening chorus, sung in Hebrew, was
deeply moving, as if these words of
thanks were being sung against a veil
of tears.” (Janelle Gelfand, The Enquirer,
May 18, 2008)
Fotos: Piotr Tarasewicz
Bereits 2007 mit einer Aufführung von Karl Schiskes Trompetermusik feierlich eröffnet, lädt der SCHISKE-Raum im museum
ORTH (Schloss Orth) auch im zweiten Jahr von Frühlingsbeginn
bis Allerheiligen an Wochenenden und Feiertagen alle Musikbegeisterten zu einer spannenden Begegnung mit dem schon
1969 verstorbenen Komponisten und Lehrer ein: Der SüdwestTurm wurde als Gedenk- und Ausstellungsraum eingerichtet, in
dem nicht zuletzt über Kopfhörerstationen sein musikalisches
Wirken nachvollziehbar wird (Gestaltung und Rauminszenierung: Hilde Fuchs).
NEUE INTERNATIONALE DOBLINGER-AUSLIEFERUNG
Ab 1. Juli 2008 lässt Doblinger seinen Verkaufskatalog von
der deutschen Auslieferungsfirma mds – music distribution
services an den internationalen Handel ausliefern. mds betreut neben Doblinger eine ganze Reihe prominenter Verlage
(Boosey&Hawkes, Schott-Music, Universal Edition u.a.), gilt als
größte Notenauslieferung in Europa und bietet weltweit ein
ausgezeichnetes Lieferservice. In Kombination mit unserer
Werbung aus Wien erwarten wir uns wertvolle Synergieeffekte
– u. a. geringere Portobelastungen für den Handel durch gebündelte Bestellmöglichkeit mehrerer Verlage von einer Adresse – und eine noch breitere internationale Präsenz als bisher.
Seite 11
klang:jubiläum
Der Talenteschmied
mied
HERBERT VOGG ZUM 80. GEBURTSTAG
„Hast brav dei’ Aufgab’
g’macht?“ musste er sich in
den langen Jahren seiner vielfältigen Tätigkeiten bei Doblinger ebenso wenig fragen
lassen wie als Geschäftsführer und Präsident des Musikwissenschaftlichen Verlages, denn der (gerade in Wien?) weit
verbreitete Satz „Tun ma uns nix an!“ war niemals seine Devise:
Prof. Dr. Herbert Vogg vollendete am 17. Mai sein 80. Lebensjahr – und alle, die ihn kennengelernt, mit ihm zusammengearbeitet haben und sein reiches Wirken hochachten, werden einer
Meinung sein: „Das muss g’feiert werd’n!“
Geboren in Wien, studierte Vogg Musikwissenschaft und Germanistik, wurde nach seiner Promotion Musikkritiker und kam
ANNIVERSARIES: HERBERT VOGG 80,
FRIDOLIN DALLINGER 75, DILETTO MUSICALE 50
Herbert Vogg studied musicology, became music critic and soon
after joined Doblinger’s staff, where he became responsible for
the editorial office, for production and advertising. Over several
decades of developmental work, Vogg turned the former operetta publisher into a center for Austrian contemporary music and
orientated the house’s program towards educational publications,
choir and sacred music. One of the most enduring ‘children’ of his
activity will shortly turn 50: the Diletto musicale series. Intimately
connected to the composer Joseph Haydn and his indefatigable
advocate and expert H. C. Robbins Landon, Diletto musicale made
many beautiful early music works performable both by experts
and amateurs, and even printed many works for the first time, thus
saving them from oblivion. Doblinger celebrates Diletto’s golden
jubilee and the Haydn anniversary of 2009 with a special edition:
the score edition of the master’s complete string quartets in an
elegant slipcase.
Herbert Vogg, who celebrates his 80th birthday this year, is also a
composer and, most importantly, a librettist – among others for Fridolin Dallinger. The latter, already the bearer of the Grand Austrian
State Prize for Music and of other awards, received the Province of
Upper Austria Culture Medal at the occasion of his 75th birthday.
As a composer, musician, teacher, critic and painter he was, over
the decades, not only a contemporary witness, but a contributor
to the overall cultural development of Upper Austria and the entire country. Dallinger’s compositional output embraces almost
all fields of the musical art. Curiosity, fondness of experimenting,
versatility and openness towards current tendencies characterize
his works.
Seite 12
bald darauf als Lektor zu Doblinger, wo er auch noch die Lehre als Musikalienhändler absolvierte. Unter der Ägide von
Doblinger-Geschäftsführer Christian Wolff rückte Vogg zunächst
als Verlagsleiter in die Verantwortung für Lektorat, Produktion
und Werbung auf, wurde schließlich auch Prokurist. Sein enges,
auch persönliches Verhältnis zu den zeitgenössischen Komponisten Österreichs beflügelte ihn, dem einstigen Operetten-Verlag ein neues, aktuelles Gesicht zu geben: In jahrzehntelanger
Aufbauarbeit machte Herbert Vogg den Musikverlag Doblinger
recht eigentlich zu dem, was er heute ist – ein Zentrum der österreichischen Gegenwartsmusik. Daneben wurde der Verkaufskatalog in die Richtungen Pädagogik, Chor- und Kirchenmusik
geschickt ausgebaut, wobei Vogg freilich die Ressourcen der damals noch groß besetzten Herstellungsabteilungen des Hauses
voll zur Verfügung standen. Eines der nachhaltig erfolgreichsten
Im Rahmen der
Gegenwart
FRIDOLIN DALLINGER 75
Er ist Träger des Österreichischen Staatspreises für Musik, des
Goldenen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich sowie des Bruckner-Preises – und nun wurde Fridolin
Dallinger bei einem Festakt in Linz mit der Kulturmedaille des
Landes Oberösterreich ausgezeichnet. Wie Landeshauptmann
Pühringer in seiner Laudatio ausführte, lebe Dallinger das Leben eines erfolgreichen Künstlers: als Komponist, Musiker, Pädagoge, Kritiker und Maler. Er war Jahrzehnte nicht nur Zeitzeuge,
sondern Mitgestalter der Kulturentwicklung in Oberösterreich
und darüber hinaus in der ganzen Republik.
Dallingers musikalisches Schaffen umfasst nahezu alle Bereiche
der Tonkunst. Neugierde, Experimentierfreude, Vielseitigkeit
und Offenheit gegenüber aktuellen Strömungen prägen seine
Werke. Er ist Mitglied der Eferdinger Künstlergilde und bevorzugt die Landschaftsmalerei. Modern, aber moderat, so lautet
seine Devise in der Malerei wie in der Musik. „Meine Bekanntschaft mit dem Komponisten und Pädagogen Dallinger“, so
erinnert sich dessen Freund und Weggefährte Herbert Vogg,
„reicht weit zurück in den Umkreis von Robert Schollum und vor
allem Helmut Eder. Doblingers erste, vom Kulturamt der Stadt
Linz herausgegebene Druckausgabe war 1963 der Chorsatz
Der blüahadö Kerschbam auf einen Text von Franz Stelzhamer.
„Kinder“ seiner Tätigkeit bei Doblinger wird demnächst unglaubliche fünfzig Jahre alt, ist aber immer noch im Wachstum begriffen: die Reihe Diletto musicale.
Voggs musikalisch-literarische Doppelbegabung brach sich freilich auch neben diesen verantwortungs- und verdienstvollen
Tätigkeiten Bahn: Als Librettist von Komponisten wie Robert
Schollum, Helmut Eder, Thomas Christian David, Herbert
Lauermann und Gerhard Schedl (um nur einige zu nennen!), hat
er die Texte zu einer stattlichen Zahl an Vokal- und Bühnenwerken
geschrieben, die Geschichte des Hauses Doblinger 1976 in der
umfangreichen Festschrift (09 549) zum Hunderter des Musikverlages protokolliert, unter dem Titel Am Beispiel Egon Wellesz
(09 665) den aufschlussreichen Briefwechsel zwischen Komponist und Verleger herausgegeben (1996), war als Bearbeiter und
Übersetzer tätig – und hat für die eingangs als Titel-Zitate eingestreuten Schlager sowohl Text als Musik geschrieben.
Die Aufzählung von Herbert Voggs Werken und Verdiensten
kann hier nicht vollständig sein; nicht unerwähnt darf freilich der
Band Bilder einer Einstellung (09 694) bleiben, in dem viele von
Voggs Texten für Musik zu einem Lesebuch zusammengefasst
sind. Der Titel verweist auf eine Kantate von Fridolin Dallinger –
und auch er zählt zu den Jubilaren dieses Jahres.
W. W.
Viel Kammermusik folgte.
1966 freuten wir uns
gemeinsam über das erfolgreiche Concerto per
orchestra d’archi, 1968
über das in Linz uraufgeführte Ballett Die sieben
Todsünden, das 1971 in
das Programm der Wiener Festwochen integriert
wurde, und überhaupt
gab es immer wieder Gelegenheit,
Aufführungserfolge ausgiebig (und in
jüngeren Jahren auch recht übermütig) zu feiern, denn über
mangelnden Beifall des Publikums und der Fachwelt hatten wir
nie zu klagen. Rezensionen betonten in Zeiten stilistischer Unruhe Dallingers kluge Position in der Mitte und trafen damit
wohl den Kern seines ehrlichen, immer musikantisch-blutvollen
Aussagewollens. Nebenbei: Mit Vergnügen erinnere ich mich
an die von Dallinger initiierten alljährlichen Führungen seiner
Pädagogikklassen durch die Verlagsräume (mit dem Schwerpunkt
Notenherstellung). Schönster Ausdruck gemeinsamen Wollens
und Sehens aber war und bleibt die glückliche Zusammenarbeit von Librettist und Komponist bei der Kantate Bilder einer
Einstellung.“ Diese für das Linzer Brucknerfest 1984 geschaffene Kantate, fürwahr ein „Werk mit besonderem Stellenwert“,
nimmt auch im gleichnamigen Kapitel der jüngst publizierten
Biographie des Komponisten einen wichtigen Platz ein: Nach
ihrem Kropfreiter-Buch hat sich die Musikjournalistin Georgina
Szeless nun mit der Persönlichkeit Fridolin Dallingers auseinandergesetzt und eine ähnlich umfassende, lesenswerte Arbeit
Für Kenner und
Liebhaber
DOBLINGERS
DILETTO
MUSICALE
WIRD 50
Als 1958 die Nummer
eins, Joseph Haydns
Es-Dur-Trio für Horn,
Violine und Violoncello
(1767) erstmals in Druck
erschien, konnte noch
niemand den riesigen
und nachhaltigen internationalen Erfolg bei
Fachwelt, Profis und Laien ahnen, den die Reihe Diletto musicale
innerhalb kurzer Zeit zu erringen fähig war. Dennoch war bereits
diese Initialzündung symptomatisch, prangen doch jene zwei
Namen auf dem Titelblatt, mit denen die mittlerweile jenseits
der 1400 Veröffentlichungen rangierende Reihe untrennbar verbunden ist: der Joseph Haydns und jener seines unermüdlichen
Anwalts und Experten, H. C. Robbins Landon. Dieser war anlässlich des bevorstehenden Haydn-Jahres 1959 mit einer langen Wunschliste unverlegter Stücke in den Verlag gekommen –
und Herbert Vogg griff zu. Seither konnten auf diesem bald bewährten Wege viele wunderbare Werke älterer Musik aus allein
der Wissenschaft dienenden Denkmäler-Ausgaben in spielbares
Notenmaterial sowohl für Kenner, als auch für Liebhaber verwandelt oder überhaupt erstmals gedruckt und damit der Vergessenheit entrissen werden. Der Katalog reicht besetzungsmäßig
von Cembalo, Orgel und Klavier über Kammermusik bis hin zu
Orchesterwerken, etwa Haydns Sinfonien Nr. 1–49.
Das goldene Diletto-Jubiläum und das Haydn-Jahr 2009 feiert
Doblinger mit einer Sonderausgabe: Alle Streichquartette des
Meisters als Partitur im repräsentativen Schuber (Stp. 750).
vorgelegt. Der im Trauner Verlag erschienene Band zeichnet die
familiäre Herkunft aus Eferding, Kindheit und Jugend, das Studium bei Schollum und Eder (Komposition) sowie bei Hans Swarowsky (Dirigieren), Ausbildung und Tätigkeit zum Lehrer ebenso
nach wie Stilfindung, wichtige Aufführungen, Auszeichnungen
und das Privatleben im Kreise einer großen Familie.
Schlaglichter auf das bildnerische Schaffen sowie Zeugnisse von
Freunden, Kollegen sowie ehemaligen Schülerinnen und Schülern runden das gelungene Porträt ab.
W. W.
Seite 13
klang:interpreten
Lorca: Canciónes Españolas
RAFAEL CATALÁ UND CARLOS ÁLVAREZ IM GESPRÄCH ÜBER DIE BERÜHMTE
Ü
LIEDERSAMMLUNG VON
FEDERICO GARCÍA LORCA UND ÜBER GEMEINSAME CD-PLÄNE
Von Renate Publig
Probe bei Doblinger:
Carlos Álvarez und
Rafael Catalá
Spaniens großer Dichter und Dramatiker Federico García Lorca
(1898–1936) war ein großer Bewunderer des Volksliedschatzes
seiner Heimat, hat Texte und Melodien populärer Lieder aufgeschrieben, gesammelt und selber gerne musiziert. Erstmals sind
die bislang bekannten dreizehn Klassiker nun, erweitert um zwei
unveröffentlichte Manuskripte, in einer Fassung für Gitarre und
mittlere Stimme erhältlich, bearbeitet von Rafael Catalá. Die
Anregung dazu kam von der berühmten spanischen Mezzosopranistin Teresa Berganza, und auf einer gemeinsamen JapanTournee wurden bereits einige dieser Arrangements zum Besten
gegeben.
Im Zuge seiner Recherchen traf Catalá mit Manuel Fernández
Montesinos, Neffe von Lorca und Präsident der Lorca-Gesellschaft zusammen, der zwei weitere Manuskripte präsentierte,
die jedoch lediglich als Melodie ohne Begleitung existierten:
Duérmete niñito mío und Canción de otoño. Ausführliche Erläuterungen über Lorca und seine Zeit sowie zu den Canciónes
können im Vorwort der Notenausgabe nachgelesen werden.
Für Catalá war es essentiell, die jedem Lied eigene spezielle
charakteristische Stimmung herauszuarbeiten, um so eine Vielfalt an Stilen anzubieten: „Mittlerweile existieren viele Arrangements, aber ich finde es schade, daraus nur Flamenco oder
nur Jazz zu machen. Es gibt Romanzen, sehr alte Lieder, auch
Flamencos, es ist wie ein Regenbogen!“ Einige Lieder wurden
bisher vereinfacht in vier ¾-Takten notiert, diese stehen nun im
vom Flamenco kommenden Rhythmus 1-2-3/ 1-2-3/ 1-2/ 1-2/
1-2: „Ich wollte die Möglichkeit aufzeigen, rhythmisch anders zu
denken, dadurch ergibt sich eine andere Spannung. Das ist wie
rhythmisches Yoga: Warten… warten… Jetzt! Jetzt! Jetzt! Man
muss eine gewisse ,Geduld‘ entwickeln, mit dem Zählen aufhören und versuchen, diese Taktwechsel zu spüren!“
Demnächst wird Catalá seine Bearbeitungen auf CD einspielen,
ein idealer Partner war in Carlos Álvarez gefunden, der diese
Seite 14
Lieder bereits in verschiedenen Versionen gesungen hat: Als
Orchesterlieder (wie auf seiner CD „Andalucía“ zu hören) und
mit Klavierbegleitung in Liederabenden. Ein Großteil der Lieder
stammt aus Andalusien, wie Catalá und auch Carlos Álvarez:
„Das Spezielle für mich ist die volkstümliche Art, diese Lieder zu
singen. Diese Musik liegt mir sehr am Herzen, sie ist mit meiner
eigenen Kultur verbunden, hier kann ich mich mit meiner eigenen Sprache, sogar mit meinem Dialekt ausdrücken!“
Muss man aus Spanien kommen, um diese Lieder interpretieren
zu können? Dazu Álvarez: „Man muss vor allem bei den andalusischen Liedern auf die Aussprache, auf den Akzent achten. Ich
singe keine deutschen Lieder, weil ich die Sprache nicht spreche,
und somit die Feinheiten nicht herausarbeiten kann. Je besser
man die Kultur versteht, umso besser kann man die Lieder interpretieren. Andererseits ist diese Art der Musik sehr mit dem
Herzen verbunden, man ist sofort involviert.“
Auch für den Gitarrepart muss man vor allem die „Sprache“
beherrschen. Rein technisch nicht übermäßig anspruchsvoll,
braucht man das richtige Gefühl für diese Musik: „Es muss leicht
klingen – das ist die eigentliche Schwierigkeit!“
Álvarez sah sich zunächst mit anderen Anforderungen konfrontiert: „Durch die Oper bin ich an Orchester gewöhnt. Von
einem einzelnen Instrument begleitet zu werden bedeutet
eine große Umstellung! Das Klavier kann dann trotzdem kaschieren, aber mit der Gitarre fühlt man sich quasi nackt. Dadurch muss man noch mehr als sonst an den Feinheiten des
Ausdrucks arbeiten. Das eine war eine gute Lektion, die ich nie
vergessen werde!“
Immer wieder betonen beide ihre gegenseitige Wertschätzung,
einen Partner gefunden zu haben, der mit dieser Art der Musik
vertraut ist: „Das gemeinsame Proben war sehr aufregend, eigentlich das Schönste an dem ganzen. Wir konnten für jedes
Lied unsere eigene Interpretation entwickeln, so kann das eine
ganz gute Sache werden!“
Zu den einzelnen Liedern erzählt Álvarez: „Für mich war Duérmete
eine Überraschung. Es handelt sich um ein sehr schlichtes Lied,
eine zweizeilige Melodie mit Kontrapunkt. Die Schwierigkeit lag
darin, das Lied zu arrangieren, ohne es zu überfrachten. Rafael
ist das in einer simplen, aber sehr feinen Art wunderbar gelungen.“ Stimmlich ist für dieses Wiegenlied ein weiches, aber
gleichzeitig dichtes Piano erforderlich. „Da muss man die Stimme sehr gut unter Kontrolle haben. Wir hatten jedoch auch genau gegenteilige Lieder, Zorongo oder Anda, jaleo, wo man die
Stimme in der Emotion quasi explodieren lassen darf!“
tion in langDer Zorongo wird vor allem in der Flamencotradition
en durch die
samem Tempo gespielt, Catalá und Álvarez fanden
d durch eine
Wahl eines wesentlich energischeren Tempos und
änzlich unterleicht perkussive Gitarrebegleitung zu einer gänzlich
schiedlichen Interpretation. Für die Rezitative von Los Mozos de
Monleon hat Catalá eine eigene Musik komponiert, wodurch
dieses Lied einen sehr modernen Schliff erhält. Von seinen Bearbeitungen schätzt Catalá die Romance de Don Boyso besonders: „Dieses Lied ist einfach perfekt für Gitarre und Gesang.“
Das Spielen der eigenen Bearbeitungen ist für Catalá immer
wieder eine interessante Erfahrung: „Ich muss diese Stücke lernen, als ob sie etwas ganz Neues, Fremdes wären!“ Ob er an der
Notenausgabe etwas ändern würde? „Man kann und soll nicht
alles hineinschreiben. Vielleicht ein paar Spiel- und Interpretationshinweise, die aber eher als Anregungen gedacht wären.
Ich möchte niemanden einschränken, weil ich großen Respekt
vor anderen Interpretationsmöglichkeiten habe! Die Noten sind
ja nur das Fundament, alles Weitere muss man selbst finden.
Und letzten Endes haben auch wir unsere Geheimnisse!“ (Beide
lachen) „Wenn sich die Leute unsere CD anhören, dann bekommen sie ohnehin viele Hinweise!“
Die CD wird bei GRAMOLA erscheinen, über das Projekt berichtet Inhaber Richard Winter, dass er beide Künstler das erste Mal
bei einer Probe in der Steiermark traf und sehr beeindruckt war,
wie beide diese Lieder behandelten: „Die CD wollte ich sofort
machen, aber es war ein besonderer Aspekt, die feine Gitarre mit
dieser mächtigen Stimme zu verbinden. Deshalb machten wir
Probeaufnahmen in Raiding, und aus dem gleichen Grund haben
wir eine längere Zeitspanne für die Aufnahmen einkalkuliert. Wie
beiden Herren des Öfteren betont haben, ist durch das gemeinsame Erarbeiten und durch das tiefe Verständnis für einander
eine wunderbare Stimmung in diesen Liedern entstanden.“
Aus Zeitgründen finden die Aufnahmen erst im Juni statt, für
Álvarez zwischen La forza del destino in Wien und Otello in Salzburg: „Aber so ist gewährleistet, dass wir geblockt mehrere Tage
aufnehmen können. Im Februar hätte ich während der Proben
zu Forza nur einzelne Tage Zeit gehabt. Da hätte ich Sorge um
die CD gehabt, die Stimme braucht ihre Zeit, um sich zwischen
diesen Extremen umstellen zu können!“
Die CD soll in Salzburg anlässlich seines Jago präsentiert werden,
spätestens zu Saisonbeginn in Spanien. Wir dürfen jedoch sicher
sein, mit dieser CD etwas ganz Besonderes zu bekommen!
Fotos: Renate Publig
LORCA:
CANCIÓNES ESPAÑOLAS
BY RENATE PUBLIG
The thirteen classics are available for the first time augmented
by two so far unpublished manuscripts. They were originally
arranged for guitar and medium voice by Rafael Catalá on
a suggestion made by Teresa Berganza. Manuel Fernández
Montesinos, a nephew of Lorca and president of the Lorca
society, supplied two further songs: Duérmete niñito mio and
Cancion de otoño. Catalá found it essential to highlight the
characteristic atmosphere inherent to each song, thus providing a variety of styles. The preface of the sheet music edition
contains detailed explanations of the canciónes in English.
In the near future, Catalá will record his versions of the songs
on CD, together with Carlos Álvarez, who has sung the songs
already with orchestral and piano accompaniment. A majority of the songs comes from Andalusia, as do Catalá and Carlos Álvarez: ‘This music is very close to me, it is connected to
my own culture and I can express myself in my own language,
even in my own dialect!’
But is it absolutely necessary to come from Spain in order to
be able to perform these songs? ‘The better one understands
the culture, the better one can interpret the songs. But, on the
other hand, this type of music is very immediately connected
to the heart, and one becomes involved at once.’ Not especially difficult in a strict technical sense, one still needs the real
feeling for this music: ‘It must sound easy – that is the actual
difficulty!’
Álvarez was at first confronted with different requirements:
‘Through opera I have become used to the orchestra, but with
guitar accompaniment one has to work even more intensively
than usual on the fine shadings of expression!’
Both musicians stress their mutual esteem: ‘Our rehearsing
together was very exciting, actually the most beautiful part of
the whole!’ The highlights were, for both, the unostentatious
Duermete niñito mio, the Zorongo – which can be here heard
in a faster and more percussive variant –, and Don Boyso’s
romance, which Catalá thinks especially well suited for the
guitar.
The CD will be published by GRAMOLA, and its owner,
Richard Winter, let us know: ‘It was a special aspect to combine the subtle guitar with this powerful voice. As the two
men have repeatedly stated, their deep mutual understanding has created a wonderful atmosphere in these songs.
The recording sessions will take place in June, by which time
the booklet etc. will already be completed, so that the CD can
be presented in Salzburg at the occasion of Álvarez’ singing
Iago, or, at the latest, at the season’s beginning in Spain.’
WEITERFÜHRENDE INFORMATIONEN:
zu Rafael Catalá: www.rafael-catala.com
zu Carlos Álvarez: www.alfonsoleoz.com,
www.wiener-staatsoper.at
Zu Lorca und den 15 Canciónes españolas:
im Vorwort der Notenausgabe, Bestellnummer: 08 951
Seite 15
klang:jubiläum
Musik von allen Seiten
HEINRICH GATTERMEYER ZUM 85. GEBURTSTAG
MUSIC FROM ALL DIRECTIONS
HEINRICH GATTERMEYER’S 85TH BIRTHDAY
“From folk music to elaborate forms of new composition techniques, from parody to hardly distorted sentimentality: his
music incorporates the entire vocabulary of Austrian musical
thought; effectively orchestrated and comprehensible at first
hearing”. This press quotation about Gattermeyer’s opera
Kirbisch is valid for his entire output. The composer, born in
1923, has never forgotten his “grounding”; this has also enabled him to write meaningful pieces for enthusiastic amateurs. “I pledge myself to the elaborate, but practicable”. After service in the War, which had led Gattermeyer (who came
from a religious and humanistic background) to contemplate
suicide, he studied at Vienna’s Music Academy: piano, conducting and composition (with Alfred Uhl) – after meeting Logothetis, attending a conducting master class of Furtwängler
and spending a year as an apprentice of Hauer. He taught
music and German at Viennese secondary schools, and, from
1977, music theory and composition at the renamed Music
University. A choir conductor of many years standing, he has
his roots in the musical practice of amateur choirs, and wrote
several well-liked choral works, but he also wrote in all other
genres – from the popular Besenbinder variations for violin
to chamber music, from the saucy Symphonische Tanzstücke
and a double concerto to the opera (the impressive Kirbisch
suite for orchestra has entered the concert repertoire), and for
film and television. “He has remained faithful to his very own,
highly musical style which gains its effectiveness not least by
the confident mastery of the rhythmical component”, for “it is
his aim, far from any ivory tower of puristical music ideology,
to write attractive music in a conventional sense.” (Hartmut
Krones)
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ist es nötig, „klar
und deutlich“ zu
sprechen,
war
sich Gattermeyer stets sicher:
„Es ist eine große
Kunst, schwierige
Gedanken einfach und doch
poetisch darzustellen“. Sein künstlerischer Schluss daraus: „Ich
bekenne mich daher immer zum Kunstvollen, aber Musizierbaren“. Als Musiker im umfassenden Sinne war ihm das stets
ein Leichtes.
Nach dem Kriegsdienst (1941–45), der den religiös-humanistisch
geprägten Gattermeyer bis zu Selbstmordabsichten getrieben
hatte, studierte er an der damaligen Musikakademie in Wien
Klavier bei Hans Weber und Bruno Seidlhofer, Dirigieren bei
Ferdinand Grossmann und Komposition bei Alfred Uhl, wobei
wichtige Begegnungen mit Anestis Logothetis, ein Dirigentenkurs
bei Wilhelm Furtwängler und eine einjährige Lehrzeit bei Josef
Matthias Hauer vorausgegangen waren. Als Lehrer für Musik
und Deutsch unterrichtete er in der Folge bis 1969 an Wiener
Gymnasien (galt dabei aufgrund seiner regen Tätigkeit in der
Rosasgasse als „Musikpapst von Meidling“) und wurde 1964 an
die Musikakademie berufen, wo er ab 1977 zehn Jahre lang als
Professor für Tonsatz und Komposition der nunmehrigen Hochschule für Musik und darstellende Kunst wirkte. Seine Verwurzelung in der Musizierpraxis von Laienchören (Gattermeyer war
fast 25 Jahre lang als Chorleiter tätig, nicht zuletzt beim Wiener
Schubertbund) trieb auch kompositorisch viele schöne und ungebrochen beliebte Blüten. Doch neben wichtiger Funktionärstätigkeit etwa als ÖGZM-Vorsitzender (1973–84), AKM-Präsident (1984–90) und ÖKB-Präsident (1992–2001) hat er Musik in
allen hehren Gattungen geschaffen – von den populären Besenbinder-Variationen für Solovioline (1983) über diverse Kammermusik, die malerisch-schmissigen Symphonischen Tanzstücke
(1980) und ein Doppelkonzert für Flöte, Violine und Orchester
(1998) hin zu der eingangs erwähnten Oper, die in Gestalt einer
beeindruckenden Kirbisch-Suite für Orchester (1988) in den
Konzertsaal Eingang gefunden hat. Zahlreiche Preise, darunter
das Große Silberne Ehrenzeichen der Republik, zeugen von der
auch internationalen Anerkennung seiner Verdienste. Ebenso
wie bei zahlreichen Arbeiten für Film und Fernsehen „blieb er“,
wie Hartmut Krones einmal feststellte, „seinem ureigenen, stets
musikantischen und durch die souveräne Beherrschung der
rhythmischen Komponente effektvollen Stil treu“, denn „fern von
jedwedem elfenbeinernen Turm puristischer Musikideologien
geht es ihm darum, ansprechende Musik in herkömmlichem
Sinne zu schreiben, wobei ein gewisser ‚romantischer’ Gestus
durchaus erwünscht ist.“
W. W.
Foto: Archiv Doblinger
„Von der Volksmusik bis zu kunstvollen Formen neuer Kompositionstechniken, von Parodie und Persiflage bis hin zu kaum
verfremdeter Sentimentalität bezieht Gattermeyers Musik das
ganze Vokabular österreichischer Musikvorstellungen mit ein;
wirkungsvoll instrumentiert, durchaus sangbar und für den
Hörer ohne Schwierigkeiten nachvollziehbar“: Was einst in der
Presse zu Heinrich Gattermeyers überaus erfolgreicher Oper
Kirbisch nach Anton Wildgans (UA 1987 in Linz) zu lesen war,
darf in bestem Sinne auch für sein gesamtes Schaffen gelten.
Denn niemals hat der 1923 in Sierning bei Steyr geborene Oberösterreicher, der als Professor der Wiener Musikhochschule nicht
nur mit den längst erprobten, sondern stets auch mit den jüngsten kompositionstechnischen Entwicklungen aus eigener und
lehrender Praxis vertraut war, jene „Erdung“ vergessen, die ihn
befähigte, auch maßgeschneiderte, aussagekräftige Stücke für
begeisterte Laien zu schreiben. Soll eine Botschaft viele erreichen,
klang:jubiläum
„Perfekte Gestalt zum Gesang
ang erhoben“
MICHAEL RADULESCU: 65. GEBURTSTAG IN WIEN, URAUFFÜHRUNG IN SIBIU UND EIN JUNGES ORCHESTER
Als Michael Radulescu 1968, also im Alter von 25 Jahren, als
Professor an die Wiener Musikhochschule berufen wurde, hatte
er bereits bewegte, ja schwierige Zeiten durchlebt und durchlitten: In Bukarest als Sohn einer Musikerfamilie geboren, war er
„in einem ohnehin von der Geschichte fast durchwegs malträtierten Lande in der stalinistischen Zeit gnadenloser Verfolgung
preisgegeben“, wie Thomas Daniel Schlee in seiner Laudatio auf
den Komponisten- und Organistenkollegen, Freund und einstigen
Lehrer anlässlich der Verleihung des Würdigungspreises für Musik 2007 formulierte. „Über Monate lebte die Familie versteckt,
ins Gedächtnis Radulescus bleiben Wochen geätzt, in denen er
kein Tageslicht erblickte.“ 1965 emigrierte er endgültig in den
Westen, studierte in Wien Dirigieren bei Hans Swarowsky und
vor allem Orgel bei Anton Heiller. „War Michael Radulescu von
jeher davon beseelt, in seinem Tun zur Perfektion zu gelangen
(und alle, die ihn als Interpreten, als Komponisten und als Lehrer
kennen, wissen, dass er sein Ziel erreicht hat), so bereicherte ihn
das gütige, im allgemeinen Sinne großzügige Wesen seines väterlichen, ja beinahe: brüderlichen Freundes um eine wahrhaft
künstlerische Dimension: Bei Heiller, dann bei Radulescu, wird
die perfekte Gestalt zum Gesang erhoben, sie wird beseelt, ihr
Rhythmus – der nicht bloße Rasterung der Zeit, sondern harmonisches Schwingen und beziehungsreiches Verhältnis verschiedener Dichtegrade des Diskurses sein soll – ihr Rhythmus
also gerät in Bewegung, und das bedeutet Leben. Auch die für
das Denken Radulescus so bedeutsam gewordene subkutane
Schicht des Symbolischen in der Musik hat ihren Ausgangspunkt
in der Lehre Heillers.“
In seinem kompositorischen Schaffen hat Radulescu so unterschiedliche, ja zum Teil offen widersprüchliche Positionen wie
beispielsweise jene Schönbergs, Hindemiths, Messiaens oder
Boulez’ verinnerlicht, ist aber längst durch die schöpferische
MICHAEL RADULESCU: 65TH BIRTHDAY IN VIENNA,
WORLD PREMIERE IN SIBIU, AND A YOUNG ORCHESTRA
Born in 1943 in Bucharest into a family of musicians, Michael Radulescu was persecuted in many ways by the communist
dictature before he, a composition pupil of Mihail Jora, was
able to emigrate into the West in 1965. In the following years
he studied in Vienna: conducting with Hans Swarowsky, and,
most importantly, organ with Anton Heiller. After 40 years in
Heiller’s footsteps as an organ professor, Radulescu has, in his
oeuvre as a composer, internalized positions as diverse as those taken by Schoenberg, Hindemith, Messiaen, and Boulez; but
through creative reassessment and re-implementation of earlier
concepts and strategies (plainchant, early polyphony) he has
long since arrived at creating a highly individual world of sound
Seite 17
Foto: Spirit of Europe
Von Walter Weidringer
Probe mit dem Komponisten: Pirjo
Kalinowska, Michael Radulescu und
Martin Sieghart
Neubewertung und -erfüllung älterer, etwa mittelalterlicher
Konzepte und Strategien (Gregorianik, frühe Mehrstimmigkeit)
zu einer Klangwelt gelangt, die auch dort, wo sie nicht explizit
auf Spirituelles verweist, stets unter die Oberfläche dringt, der
Conditio humana nachspürt, mit Intellekt und Emotion den tieferen Sinn sucht. Das gilt auch für die jüngste Uraufführung,
Soliloquia. Monologe für Singstimme und Orchester (2006/07).
Darin verarbeitet Radulescu Texte aus dem Alten Testament,
das Wessobrunner Gebet und das Gebet der antiken Stadt Ebla
sowie ein Distichon aus Ovids Fasti in den Sprachen deutsch,
altdeutsch, englisch und lateinisch. Musikalisch basiert das rein
homophon angelegte Werk auf symmetrischen Achtton-Modi,
wobei das in großer Ausdrucksbreite vom Meditativen bis hin
which, even where it does not explicitly refer to the spiritual, always penetrates the surface, explores the human condition and
searches for a deeper sense with intellect and emotion. This is
also true for Soliloquia. Monologe für Singstimme und Orchester
(Soliloquia. Monologues for Voice and Orchestra, 2006/07) written on biblical, antique and medieval texts. Pirjo Kalinowska and
the orchestra Spirit of Europe, conducted by Martin Sieghart,
celebrated an impressive success with this stirring work in Sibiu,
European Capital of Culture 2007. The work was commissioned
by Spirit of Europe, a young, international orchestra based in
Lower Austria and sponsored by European companies, whose
next concerts will take place mainly in countries of the European
Union and whose repertoire reaches from baroque music to the
present day.
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zu leidenschaftlichen Ausbrüchen reichende Sopransolo im Orchester als Resonanz, als sensibel reagierendes Echo nachklingt.
Dass die Sopranistin Pirjo Kalinowska und das Orchester Spirit
of Europe unter der Leitung von Martin Sieghart das eindrucksvolle Werk in Sibiu, einer europäischen Kulturhauptstadt 2007,
aus der Taufe hoben, konnte den Komponisten freilich nicht
von einem einst gefassten Entschluss abbringen: „Radulescu,
er hat schon vor vielen Jahren Rumänien verlassen, weigert
sich beharrlich, das Land jemals wieder zu besuchen“, berichtete Thomas Jorda in den Niederösterreichischen Nachrichten
(50/2007). „Sein Soliloquia – Monologe für Singstimme und Orchester, das die aufwühlenden Erlebnisse des Komponisten und
seine verwirrenden Gefühle der ehemaligen Heimat gegenüber
musikalisch zur Sprache bringt, ging auch dem rumänischen
Publikum im neuen Konzertsaal ‚Thalia’ nahe. Man wusste die
Qualität der Tonschöpfung zu würdigen. Die polnische Solistin
Pirjo Kalinowska meisterte den sehr anspruchsvollen Part [...] diszipliniert und mit großer Gestaltungskraft. Dass es Orchestern
immer gut tut, sich mit zeitgenössischer Musik auseinander zu
setzen, war auch hier deutlich zu spüren.“
Das gilt freilich auch umgekehrt: Das anlässlich der EU-Erweiterung 2004 gegründete Orchester „Spirit of Europe“ ist eine
willkommene qualitätsvolle Erweiterung in der europäischen
Klangkörperlandschaft. Im niederösterreichischen Melk ansässig, besteht das international zusammengesetzte Orchester aus
35 Musikern vor allem aus Ungarn, der slowakischen sowie der
tschechischen Republik und Österreich, wobei internationale
Unternehmen dem Orchester als Sponsoren die notwendige
finanzielle Basis bieten. „Spirit of Europe“ wird in erster Linie in
den Ländern der EU auftreten und zumindest ein Mal jährlich im
Rahmen des von St. Pölten initiierten „Dialogs der Kulturen“ im
islamischen Nahen Osten konzertieren. Unter der Leitung des
renommierten Chefdirigenten Martin Sieghart werden Werke
vom Barock bis zur Gegenwart erarbeitet; regelmäßig vergebene Kompositionsaufträge vertiefen die Beziehungen zu zeitgenössischen Komponisten und ihrer Musik – etwa auch anlässlich
von Michael Radulescus Soliloquia.
klang:echo
Oscar-Star brummt mit Vergnügen
KARL MARKOVICS ERZÄHLT TRISTAN SCHULZES „DER BÄR“
Foto: Armin Plankensteiner
Neunmal zwischen Dornbirn und Zwettl ließen Dirigent Guntram
Simma und das Jugendsinfonieorchester Dornbirn im April 2008
Tristan Schulzes Bären seine Zirkus-Abenteuer erleben: „eine astreine Kindergeschichte“ (Tiroler Tageszeitung). Als Sprecher war kein Geringerer
als Film- und Fernsehstar Karl Markovics
aufgeboten – „und zog jung und alt in
seinen Bann“ (Neue Vorarlberger Zeitung). „Markovics spricht und spielt, als
wär’s ein Auftritt an der Burg […]. Er gibt
u.a. den geldgierigen Zirkusdirektor, den
ungarischstämmigen Clown Bela, das
kichernde Eichhörnchen, den gutmütigen Elefanten und randalierende Paviane - das Kinderpublikum zerkugelt sich“
(Tiroler Tageszeitung). „Dieser berühmte
Künstler ohne irgendwelche Allüren gewann durch sein jungenhaftes, fröhliches
Auftreten sofort die Herzen wohl aller
Konzertbesucher. Der Bär, dieses musikalische Märchen mit seiner reizvollen,
lautmalerischen und oft etwas modernschrägen Tonsprache (Tierstimmen!)
kann in der Nachfolge von Saint-Saens’
Karneval der Tiere gesehen werden und
Seite 18
hatte in Guntram Simma und seinem allemal für Neues aufgeschlossenes Jugendorchester die richtigen Interpreten. […] Ein
Jubelorkan für eine gewiss singuläre Jugendveranstaltung!“ (VN
Heimat) – „Der von herrlich schräg blasendem Blech illuminierte Wald verwandelte sich ‚in ein Honigfass’, was durch
einen schleimtriefenden Streichersatz gelungen dargestellt wurde. Die Solo-Instrumente, die der fein ‚ungarnende’ Clown
Bela den Bären lehrte, konnten bei ihren
Soli überzeugen, genau wie Marimba
und Xylophon bei den Kunststücken des
Jongleurs. Als sich nach der Rettung der
Seiltänzerin Philo (feine Piccolo-Flöte!)
Bärs Geigen-Arpeggien mit dem ganzen
Orchester zum großen Finale vereinte,
war allseits kein Halten mehr. Langer
Applaus, große gemeinsame Freude
aller Beteiligten“ (Neue Vorarlberger
Zeitung). „Tristan Schulze weiß, was ein
qualitätsvolles Kinderstück ist, und der
titelgebende Bär ist aber auch so was
von witzig, dass das kleine und das große
Publikum heftig applaudierte.“ (Vorarlberger Nachrichten)
klang:gedenken
Von Wien nach Guatemala
Von Gerald Schwertberger
„Ich denke oft mit Vergnügen zurück an die Zeit der ersten Konzerte, die du […] arrangiert hast“, schrieb Bernhard Herzmansky
junior am 11. Dezember 1946 an Franz Ippisch nach Guatemala:
Es handelte sich um so genannte Hauskonzerte im Barocksaal in
der Dorotheergasse 10, Anfang der Zwanzigerjahre, Ippisch war
damals rund um die 40 Jahre alt und offenbar höchst aktiv.
Schon ein Jahr nach dem Ende des 2. Weltkriegs hatte Bernhard
Herzmansky die Hauskonzerte neu eingeführt, allerdings „aus
Spesengründen“ und schweren Herzens bald wieder „eingestellt“, wie er Ippisch berichtete.
Franz Ippisch war offenbar gut im Überzeugen, im Organisieren, im Durchziehen von Plänen, er scheute aber auch keinen
Zeit- und Arbeitsaufwand, um Publikum und Musikern, die mit
den radikalen musikalischen Veränderungen des frühen 20.
Jahrhunderts nicht mitgehen konnten, einen stilistisch „abgesicherten“ Rahmen zur Vorstellung neuer Werke zu bieten.
Im Frühjahr 1922 war Ippisch Mitgründer eines Vereins, der sich
– heute vielleicht etwas seltsam bis anmaßend wirkend – „Kunstkommission der Vereinigung Wiener Musiker“ nannte.
Auf Ippischs Initiative kam es zu einer Zusammenarbeit mit dem
Haus Doblinger, so fanden 1923/24 und 1924/25 je sechs Konzerte in Doblingers Barocksaal statt, das erste am 19. November
1923. Um nicht jedes Mal nach neuen Musikern suchen zu müssen, regte Ippisch den Opern- und Philharmoniker-Cellisten Fritz
Sedlak zur Bildung eines Quartetts an, das als Sedlak-WinklerQuartett bald sehr gefragt war. Komponisten konnten dieser
„Kunstkommission“ ihre Arbeiten zur Aufführung bei den Konzerten einreichen, Ippisch war bei der Auswahl der Werke und
Zusammenstellung der Programme offenbar „federführend“,
weil von anderen „Kommissionsmitgliedern“ meist allein gelassen, unterstützt teilweise von Bernhard Herzmansky (junior), der
seinerseits Kompositionen zur Aufführung vorschlug und etliche
neue Werke dieser Abende dann auch verlegte. Weitere „K. K.“Konzerte fanden in Salzburg und Graz statt. Ippisch verscherzte
es sich allerdings mit der Salzburger Kritik dadurch, dass er
von Kritikern eingereichte, eher dilettantische Werke ablehnte.
Ippisch stellte immer hohe Ansprüche an sich – schon in den
„Tagebüchern“ aus seiner Studienzeit am Wiener Konservatorium findet sich ab 1904 mehrmals programmatisch die Eintragung: „Der Welt kann nur mit Außerordentlichem gedient sein“
– ein Grundsatz, dem er lebenslang treu zu bleiben versuchte
und den er schonungslos auch anderen gegenüber anwandte.
Ippisch ließ es nie an Fleiß fehlen, schon der Umfang seiner
Arbeiten im Nachlass (Wiener Stadt- und Landesbibliothek)
ist überzeugender Beleg dafür. Neben seiner Tätigkeit an der
Volksoper, 1898 als Kaiser-Jubiläums-Stadttheater gegründet,
unterrichtete er privat, erhielt einen Substitutenposten bei der
Dommusik am Stephansdom, in den Sommerferien musizierte er
in Streichquartetten oder Kurorchestern, er nahm privaten Un-
Da schien die Welt
noch in Ordnung:
Franz Ippisch 1927
Foto: Archiv Doblinger
FRANZ IPPISCH ZUM 50. TODESTAG
FROM VIENNA TO GUATEMALA
50TH ANNIVERSARY OF THE DEATH OF FRANZ IPPISCH
The cellist and composer Franz Ippisch was born in 1883 in
Vienna. He studied cello, piano and composition at the Vienna
conservatory before becoming a private pupil of Franz Schmidt.
1903–33 he was principal cellist in the orchestra of the Vienna Volksoper, and became a leading spirit behind organizing
the house concerts held from 1923 in the baroque hall of the
publishing house Doblinger. For this occasion he also became
a co-founder of the famous Sedlak-Winkler string quartet. A
successful composer and, from 1934 through 1938, military
band leader in Salzburg, he was banned from his profession
by the Nazis, but managed to emigrate with his family to Guatemala in 1939. There he remained faithful to his motto “one
can help the world only with the extraordinary” – by working
as director general of the military bands, as a conductor and
theory teacher at the national conservatory, thus becoming
an invaluable musical pioneer in his adopted country, where
he died 50 years ago. His substantial, often highly chromatic
and polyphonically charged music which encompasses many
genres deserves to be newly discovered.
Seite 19
klang:gedenken
ng:gedenken
terricht bei Franz Schm
Schmidt, kurzfristig offenbar auch bei Arnold
kompon
Rosé, und komponierte
ausgiebig für verschiedene Ensembles
Kirchenmusik (u. a. eine Messe für Soli, Chor, großes Orchester,
k
im konservativen
Kirchenmusikstil), Streichquartette, Werke für
kleinere Besetzungen, Lieder mit Klavier- und Orchesterbegleitung, später auch (vier) Symphonien, zum Teil hochchromatisch,
polyphon durchsetzt, dennoch auch mit Anzeichen, dass er im
20. und nicht im 19. Jahrhundert komponierte.
Dass Ippisch mit dieser stilistischen Positionierung nicht allein
war, zeigen auch heute noch anerkannte traditionsbezogene
Werke von Franz Schmidt, Joseph Marx, Richard Strauss, Hans
Pfitzner, Otto Siegl und vielen heute weniger bekannten Komponisten der Zeit, allesamt unzweifelhaft hervorragende Musiker.
Ippisch war – vor allem als Kammermusikkomponist – in den
Jahren 1920–35 doch einigermaßen erfolgreich, auch im neuen Medium Rundfunk kam es zu etlichen Aufführungen. Seine
Streichquartette wurden von renommierten Ensembles wie
dem Rosé-Quartett (Streichquartett e-Moll, 1927), dem SedlakWinkler-Quartett (Streichquartett in C-Dur aus 1928, UA 1929;
D-Dur-Quartett 1932) und dem Wiener Konzerthausquartett
(Streichquartett c-Moll, 1936) gespielt. Diese Quartett-Werke erlebten jedoch keine weitere Verbreitung – sicher auch, weil nicht
gedruckt – im Unterschied zur oben genannten Serenade für
Streichquartett aus dem Jahr 1924, bei Doblinger verlegt und
1925 vom Michl-Quartett in Graz uraufgeführt.
Nach dreißig Jahren Volksoperndienst – allerdings mit Unterbrechungen in der Anfangsphase ab 1903 –, erhielt der 50-jährige
Ippisch vom Bundespräsidenten den Professorentitel verliehen,
bildete sich aber noch zum Militärkapellmeister weiter und wur-
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de Dirigent der Militärmusik in Salzburg, wo er deutlich seinen
Eifer entfaltete, seine Musiker menschlich und fachlich weiterzubilden.
Ippisch hatte eine Frau jüdischer Herkunft geheiratet, was im
liberalen Wien zunächst keine Rolle gespielt hatte. 1938 wurde seine Frau Maria aber schlagartig von den Damen der
Salzburger Gesellschaft gemieden, und im Dezember bekam
Ippisch einen Bescheid zugestellt: Weil er die „nach der Reichskulturkammergesetzgebung erforderliche Eignung im Sinne der
nationalsozialistischen Staatsführung“ nicht besitze, habe er
„das Recht zur weiteren Betätigung auf jedem zur Zuständigkeit
der Reichsmusikkammer gehörenden Gebiete“ verloren – ohne
weitere Argumente. Durch reinen Zufall erfuhr er, dass man in
Guatemala gerade einen Dirigenten für die Militärmusik suchte.
Mit List, Vorsicht und unter großen Ängsten gelang ihm und seiner Frau, bald danach auch seinem Sohn, die Ausreise, und am
5. August 1939 wurde Ippisch per Dekret des Diktators Jorge
Ubico zum Dirigenten der guatemaltekischen Polizei- und Militärmusiken und des Studentenorchesters des „Conservatorio
Nacionál“ ernannt, 1952 dann auch Professor.
Für mich steht Franz Ippisch in der Reihe der großartigen
Musiker und Lehrer, die von Österreich in die Welt gezogen
sind oder hinaus gedrängt wurden und dort nachhaltige
musikpädagogische Pionier- und Aufbauarbeit geleistet haben. Zu diesen gehören u. a. Egon Kornauth (1891--1959), Jenö
Takács (1902–2005), Herbert Zipper (1904–1997), und Eric(h)
Zeisl (1905–1959).
Bleibt nur noch zu wünschen, dass auch Ippischs Musik nicht
vergessen wird.
klang:pädagogik
Neue Musik fürr junge Klarinettisten
Klari
CLARINET UPDATE, HERAUSGEGEBEN VON PETRA STUMP UND HEINZ-PETER LINSHALM
Von Claudia Böckle
Als einen „wichtigen Bestandteil der Studienliteratur, der die exakte Ausführung vieler kompliziert scheinenden Spielweisen der
Klarinette ‚spielend’ spielerisch ermöglicht“, rühmte Peter Schmidl, Soloklarinettist der Wiener Philharmoniker und selbst Lehrer
mit jahrzehntelanger Erfahrung, das Heft clarinet update. „Vorzüglich“, urteilte etwa die Zeitschrift „Üben & Musizieren“ über
diese „wichtige Neuerscheinung des Verlages Doblinger“, die „Bestandteil in jeder Lehrerbibliothek sein sollte“. Claudia Böckle
hat mit dem erfolgreichen Klarinetten- und Herausgeber-Duo über diesen wunderbaren Einstieg in neue Klangwelten junger
Komponisten gesprochen.
Aus welchem Grund wolltet
ihr clarinet update machen?
bringen will, wird das auch sicherlich gelingen. Die ehrliche Begeisterung überträgt sich.
Es gibt viel zu wenig bis keine „einfache“ Literatur im Bereich der
zeitgenössischen Musik und mit
clarinet update wollten wir diese
Lücke schließen. Clarinet update
soll die Ohren für zeitgenössische
Musik öffnen, sodass erst gar keine Berührungsängste entstehen
können. Clarinet update soll auch
die Neugierde zum Experimentieren mit dem Instrument und zum freien Spiel – Improvisation –
anregen.
Was ist eurer Meinung nach eine Ursache dafür, dass
Lehrer vor der Vermittlung von Neuer Musik zurückschrecken?
Welche „Bedingungen“ hat es für die Komponisten bzw.
die Kompositionen gegeben?
Jeder Komponist durfte sich eine Spieltechnik aussuchen und
damit ein Stück komponieren. Also prinzipiell gibt es immer nur
ein Thema oder eine spezielle Technik pro Stück, damit man
nicht überfordert ist. In einigen wenigen Stücken werden dann
auch schon mehrere zeitgenössische Spieltechniken kombiniert.
Die Details bezüglich der Techniken (z.B. welcher Mehrklang
am leichtesten geht, welche Glissandi gut funktionieren oder
welche Mikrotöne grifftechnisch einfach sind) wurden von uns
vorgegeben.
Zu wenig Erfahrung und Kontakt mit Neuer Musik oder einfach
auch zu wenig Interesse, genauer hinzuschauen und hinzuhören. Neue Musik braucht Zeit und auch Offenheit, dann lässt
sich viel Interessantes entdecken. Die ersten Schritte sind natürlich mühsam.
Auf welche Weise finden Lehrer Zugang zu Neuer Musik?
Wie versucht ihr in clarinet update den Lehrern den Einstieg zu erleichtern?
Wir können nur die Neugierde wecken und versuchen, die Berührungsängste abzubauen. Das gelingt am leichtesten in Workshops. Damit beschäftigen und weiterentwickeln muss man sich
aber alleine. Der Einstieg mit clarinet update ist insofern leicht,
Wie waren die Rückmeldungen in der Testphase?
Gab es Kritik, mit der ihr vorher nicht gerechnet habt?
Eigentlich nicht, vielmehr das Gegenteil trat ein und wir waren
immer wieder verwundert, wie einfach und gut schon Kinder ab
9 Jahren mit diesen Klängen umgehen können! Es gab natürlich
schon ein paar kleine Schwierigkeiten in den Kompositionen, die
aber in der Testphase alle gelöst worden sind.
Spielt die Lehrerpersönlichkeit im Vermittlungsprozess in
Bezug auf zeitgenössische Musik eine besondere Rolle?
Ein Lehrer ist immer auch ein Vorbild, und wenn der Lehrer zeitgenössische Musik interessant findet und dem Schüler nahe
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klang:pädagogik
weil alle Stücke sofort funktionieren und man nicht lange herumtüfteln muss. Clarinet update setzt auch keinerlei Grundwissen
oder Erfahrungen mit Neuer Musik voraus.
Auf welche Weise finden Schüler Zugang zu Neuer Musik?
Spielen spielen spielen. Zeitgenössische Musik und Improvisationen werden oft aufgrund ihrer Andersartigkeit gerne angenommen (z.B. ein Stück mit Bewegung oder Schauspielelementen,
spezielle Aufstellung der Musiker ...).
Welche Erfahrungen macht ihr im Unterricht mit Kindern
mit „euren“ Stücken?
Stump-Linshalm
Petra Stump und Heinz-Peter Linshalm haben sich in kurzer Zeit als Klarinetten-Duo im Bereich der klassischen und zeitgenössischen Musik
einen Namen gemacht. Die Vermittlung der Freude an Musik ist ihnen
nicht nur in Form von Konzerten wichtig: Sie halten regelmäßig Workshops sowohl mit Lehrern als auch mit Kindern über zeitgenössische
und klassische Klarinettenmusik.
Fotos: stump-linshalm
Immer wieder mal eine moderne Komposition im Unterricht
einbauen funktioniert eigentlich sehr gut. Und das Publikum ist
auch dankbar für etwas Abwechslung, etwas Frisches und Neues.
The Stump-Linshalm duo aims to reduce instrument teachers’ fears concerning contemporary music by working with them in workshops. Prejudices can only be overcome by playing and working with new music. In clarinet update, a collection of pieces which are
suitable also for working with younger children, each composition deals with one single aspect. Stump-Linshalm have also added
instructions and tips to each piece. Some problems with certain pieces could be fixed after a test phase, so that clarinet update now
supplies an easy introduction into contemporary music – because all pieces ‘work’ at once.
klang:novitäten
Notenneuerscheinungen
einungen
zeitgenössischer Musik
Rainer BISCHOF: Tronco – Rama – Hojas
(Stamm – Ast – Blätter) für Gitarre solo
Bestellnr.: 35 927
Richard DÜNSER: Die letzten Dinge
Vier Lieder für Bariton und Klavier
(Text: Thomas Höft)
Bestellnr.: 08 693
Herbert LAUERMANN: Vater unser
für gemischten Chor und Orgel
Bestellnr.: 45 466
Seite 22
Peter PLANYAVSKY (J. P. HAYDN):
Ankunftssymphonie für Orchester
Bestellnr.: Stp. 733 (Aufführungsmaterial leihweise)
Ein parodistisches Gegenstück zu Haydns Abschieds-Symphonie – ein musikalisches
Vergnügen auf höchstem Niveau.
Michael RADULESCU: Ecce Virgo für Sopran und Orgel (Neufassung)
Bestellnr.: 08 886
Helmut SCHMIDINGER: Zupf di! Rondo für Streichquartett op. 62 / Four and
more… (strings) op. 50 für Streichquartett
Bestellnr.: 06 184 Partitur und Stimmen
klang:träger
Neue CDs
Iván ERÖD
Sonata milanese für Fagott und Klavier
(+ Schubert, Saint-Saens, Dutilleux u.a.)
David Seidel – Fagott, Herbert Rüdisser – Klavier
CD „Bassoon and Piano“, ORF / Classic Concert Records
CCR 62051
Eugene HARTZELL
“An American in Vienna” – Porträt-CD
Monologue 6 für Kontrabass, Monologue 8 für Trompete, u. a.
Michael Seifried – Kontrabass, Martin Angerer – Trompete,
Ensemble Wiener Collage, Dirigent: René Staar
VMS / Zappel Music, VMS 175
Christian OFENBAUER
Albumblatt für Karl Wagner für Klavier, Zerstörung des
Zimmers / der Zeit (Klavierfassung) (+ Heinisch)
Janna Polyzoides – Klavier
CD ein klang_records EKR 33/34/35 (3 CDs)
Gerald RESCH
Passagen für Fagott solo
(+ De La Cuesta, Klement, Herndler,
Sanchez-Chiong)
Robert Buschek – Fagott
CD ein klang_records 32
GEBURTSTAGE 2008 (AB JUNI)
06. 06.:
19. 06.:
09. 07.:
18. 07.:
26. 07.:
01. 08.:
05. 08.:
01. 09.:
15. 09.:
22. 09.:
14. 10.:
15. 10.:
07. 12.:
11. 12.:
19. 12.:
Ferdinand WEISS 75
Michael RADULESCU 65
Heinrich GATTERMEYER 85
Franz IPPISCH 125 (gest. 1958)
Hans HASELBÖCK 80
Hans ROTT 150 (gest. 1884)
Josef Friedrich DOPPELBAUER 90 (gest. 1989)
Hans BAUERNFEIND 100 (gest. 1985)
Anton HEILLER 85 (gest. 1979)
Helmuth FROSCHAUER 75
Ernst Ludwig LEITNER 65
Augustin KUBIZEK 90
Georg PIRCKMAYER 90 (gest. 1977)
Wolfgang LIEBHART 50
Erich EDER DE LASTRA 75
GEBURTSTAGE 2009
22. 01.: Petr EBEN 80 (gest. 2007)
23. 01.: Alexander MÜLLENBACH 60
26. 01.: Ernst KÖLZ 80
Egon WELLESZ
Wie ein Bild op. 3 für Sopran und Klavier
(+ Zemlinsky, Mittler, Urbancic, Korngold)
Judith Kopecky – Sopran, Julia Tinhof - Klavier
CD „Exiles“, Extraplatte, EX 662-2
klang:daten
URAUFFÜHRUNGEN JUNI – DEZEMBER 2008
Gerald RESCH: Neues Werk für Orchester
Bruckner Orchester Linz
14. September 2008 Linz, Brucknerhaus (Eröffnung des Internationalen
Brucknerfestes)
Christian OFENBAUER: Bruchstück VIII für Violine solo
01. November 2008 Salzburg (Wettbewerb Gradus ad Parnassum)
27. 02.:
18. 03.:
21. 03.:
21. 04.:
01. 05.:
03. 05.:
11. 05.:
05. 06.:
23. 06.:
11. 07.:
28. 07.:
08. 08.:
8.:
03. 09.:
17. 09.:
10. 10.:
06. 11.:
14. 11.:
Heimo ERBSE 85 (gest. 2005)
Kurt SCHMIDEK 90 (gest. 1986)
Karl Heinz FÜSSL 85 (gest. 1992)
Karl SCHEIT 100 (gest. 1993)
Richard DÜNSER 50
Martin LICHTFUSS 50
Helmut SCHMIDINGER
INGER 40
Alfred UHL 100 (gest. 1992)
Hans
ns Ulrich STAEPS (gest. 1988)
Erich ROMANOVSKY 80
Hans-Dieter VERMEER 75
Walther NUSSGRUBER 90
José CARLI 80
Gerhard TRACK 75
Michael LANGER 50
Robert NESSLER 90 (gest. 1996)
Paul ENGEL 60
schüre „Geburtstage/Gedenktage 2007 – 2011“ ka
Die Broschüre
kann
kostenlos über unsere Informationsabteilung bezogen w
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Seite 23
> EIN MOL IG
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