Weichteilsarkome der Extremitäten, der Brust

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M E D I Z I N
Theodor Junginger1
Volker Budach2
Dieter Harms3
Dieter Kurt Hossfeld4
Weichteilsarkome der
Extremitäten, der Brustund Bauchwand und des
Retroperitoneums
Diagnostik und Therapie bei Erwachsenen
Zusammenfassung
Nur bei frühzeitiger Entdeckung besteht bei
Weichteilsarkomen eine sehr günstige Prognose. Die Symptomatik ist zu Beginn wenig charakteristisch und wird später durch die zunehmende Raumforderung bestimmt. Die histologische Typisierung erfolgt nach dem Phänotyp,
entsprechend der WHO-Klassifikation. Die Diagnostik umfasst bildgebende Verfahren zur Beurteilung der lokalen Tumorausdehnung, Planung der operativen Strategie, Abklärung einer Metastasierung sowie die histologische
Untersuchung. Die Therapie von Weichteiltumoren erfolgt interdisziplinär und meist multimodal. Die Mehrzahl der Weichteilsarkome ist
an den Extremitäten lokalisiert und sollten unter Funktionserhalt vollständig entfernt werden. Die Kompartmentresektion oder die weite
Exzision, kombiniert bei hochmalignen Tumoren mit einer adjuvanten Radiotherapie, haben
die Amputation bis auf sehr seltene Situationen abgelöst. Bei retroperitonealen Tumoren
eröffnet nur die vollständige Tumorentfernung eine Heilungschance. Eine adjuvante
Chemotherapie ist nur unter Studienbedingun-
W
eichteilsarkome, auch Weichgewebssarkome, maligne Weichteiltumoren oder maligne
Weichgewebstumoren genannt, sind selten und kommen beim Erwachsenen bevorzugt in den proximalen Abschnitten
der Extremitäten vor. Der Rest verteilt
sich auf den Körperstamm, den Retroperitonealraum, die Kopf-Hals-Region,
das Mediastinum und die inneren Organe. Weichteilsarkome des Erwachsenen
treten bevorzugt nach dem 30. Lebensjahr auf. Weichteiltumoren bei Kindern
unterscheiden sich in ihrem biologischen
Verhalten und ihrer Therapie. Ob es gerechtfertigt ist, Jugendliche im Alter von
15 bis 21 Jahren mit Weichteiltumoren
nach den therapeutischen Schemata der
pädiatrischen Onkologie zu behandeln,
ist strittig.
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gen empfehlenswert. Wenn ein lokoregionäres
Rezidiv oder Fernmetastasen auftreten, sollte
erneut operiert werden. Ist diese nicht möglich,
sind von einer palliativen Chemotherapie Remissionsraten von 20 bis 25 Prozent zu erwarten. Die selten auftretenden Tumoren sollten
in speziell erfahrenen Kliniken interdisziplinär
behandelt werden.
Schlüsselwörter: Krebsdiagnostik, Krebstherapie, Weichteilsarkom, histologische Untersuchung, Zytostatikum
Summary
Soft Tissue Sarcomas of the Extremities,
Breast- and Abdominal Wall and Retroperitoneum
When diagnosed early the rarely occuring soft
tissue sarcomas have a very good prognosis. In
the beginning symptoms are not very characteristic and will later be determined by progressive
swelling. The histological typing follows the
phenotype according to the WHO classification.
The diagnostics include imaging techniques to
Die folgenden Empfehlungen gelten
nicht für Kaposi-Sarkome (siehe Leitlinien der Dermatologischen Onkologie
http://www.krebsgesellschaft.de/ISTO/
Standards/index.html). Sie gelten auch
nicht für Fibromatosen und für Weichteiltumoren intermediärer Dignität (zum
Beispiel Dermatofibrosarcoma protuberans). Weichteilsarkome werden von undifferenzierten mesenchymalen Zellen
1 Klinik für Allgemein- und Abdominalchirurgie (Direktor:
Prof. Dr. med. Theodor Junginger), Johannes GutenbergUniversität, Mainz
2 Klinik für Strahlentherapie (Direktor: Prof. Dr. med.
Volker Budach), Universitätsklinikum Charité, Campus
Berlin
3 Paidopathologie (Direktor: Prof. Dr. med. Dieter
Harms), Christian-Albrechts-Universität, Kiel
4 Abteilung Onkologie und Hämatologie (Direktor: Prof.
Dr. med. Dieter Kurt Hossfeld), Universitätskrankenhaus
Eppendorf, Hamburg
determine the local extension of the tumour and
hence the operating strategy as well as the
detection of metastases and the histological
examination. The therapy of soft tissue sarcomas
consists of interdisciplinary and multimodal
concepts. The majority of these tumours are
located in the extremities and should be removed completely, restoring a functional extremity.
Compartmental resection or wide excision combined with an adjuvant radiotherapy in treating
highly malignant tumours have reduced amputation to a very small number of cases. Only complete resection gives a chance for cure in retroperitoneal tumours. Adjuvant chemotherapy
is only recommended in prospective studies.
Operative removal again should be attempted
when a locoregional recurrence or distant metastases appear. Palliative chemotherapy can provide remissons of 20 to 25 per cent if a removal
is not possible. Interdisciplinary treatment in
experienced centres is recommended in patients
with these rarely occuring tumours.
Key words: cancer diagnosis, cancer therapy,
soft tissue sarcoma, histological examination,
cytostatic drug
abgeleitet. Für die Mehrzahl der Weichteilsarkome ist die tatsächliche Histogenese nicht bekannt. Deshalb erfolgt die
Klassifikation vorwiegend nach dem
Phänotyp, mit dem sich diese Tumoren
unter dem Mikroskop präsentieren, das
heißt nach den jeweils gegebenen strukturellen Merkmalen. Die Typisierung der
Tumoren wird nach der WHO-Klassifikation vorgenommen (13).
Periphere Weichteilsarkome breiten
sich vom Entstehungsort infiltrierend
entlang anatomischer Strukturen wie
Nerven, Gefäße und Faszien aus. Durch
Kompression von Nachbargewebe können sie von einer fibrösen Pseudokapsel umgeben sein. Tumorausläufer können diese Pseudokapsel durchbrechen
und zu Metastasen in der unmittelbaren
Nachbarschaft führen.
Deutsches Ärzteblatt½ Jg. 98½ Heft 50½ 14. Dezember 2001
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Lymphknotenmetastasen sind bei
Weichteilsarkomen selten (unter fünf
Prozent), abgesehen vom Rhabdomyosarkom, epitheloiden Sarkom und
Synovialsarkom (15 bis 30 Prozent).
Die hämatogene Metastasierung erfolgt vor allem in die Lunge, seltener in
Leber und Skelett.
Diagnostik
Diagnostik und Therapie von Weichteilsarkomen erfordern eine hochqualifizierte interdisziplinäre Zusammenarbeit. Deshalb sollten Patienten mit
Verdacht auf Weichteilsarkom a priori
einer hierfür ausgewiesenen Institution zugewiesen werden.
Notwendige und ergänzende
Maßnahmen
Die notwendigen klinischen Maßnahmen umfassen die Anamnese, klinische Untersuchung, kontrastmittelunterstützte MRT bei allen Lokalisationen (außer Retroperitoneum, Computertomographie bei retroperitonealen
Tumoren*), Röntgen-Thorax-Aufnahmen in zwei Ebenen sowie die histologische Diagnose. Als ergänzende Maßnahmen sollten eine Sonographie der
lokoregionären Lymphknoten und der
Leber sowie eine Computertomographie vom Thorax bei Risikopatienten
beziehungsweise bei Verdacht auf Metastasen durchgeführt werden.
Prätherapeutische mikroskopische
Diagnostik
Voraussetzung für die Entwicklung der
therapeutischen Strategie ist die histologische Diagnose. Neoadjuvante Maßnahmen setzen die definitive histologische Diagnose voraus. Alternativ kann
die vorläufige histologische Beurteilung auch mit einer intraoperativen
Schnellschnittuntersuchung erfolgen.
Sie erbringt Informationen über die
* Eine Multicenterstudie der Radiology Diagnostic Oncology Group in den USA zeigte keinen signifikanten Unterschied zwischen MRT und CT für das lokale Staging maligner Knochen- und Weichteiltumoren. Die MRT-Untersuchungen erfolgten bei dieser Studie jedoch ohne Kontrastmittelapplikation (6).
Dignität des Tumors. Da am Schnellschnittpräparat keine immunhistochemischen Untersuchungen möglich sind,
ist die definitive Tumortypisierung oft
erst nach Formalinfixation und Paraffineinbettung gegeben.
Zur prätherapeutischen Gewebegewinnung stehen die Stanzbiopsie (Trucut-Nadel), die Exzisionsbiopsie und
die Inzisionsbiopsie zur Verfügung.
Bei der Exzisionsbiopsie wird der Tumor vollständig mit einer Sicherheitszone von etwa 1 cm entfernt. Sie ist bei
Tumoren bis zu einem Durchmesser
von 3 cm geeignet. Die Inzisionsbiopsie wird bei Tumoren mit einem
Durchmesser von mehr als 3 cm
durchgeführt. Die Schnittführung erfolgt unter Beachtung der bei Malignomnachweis später erforderlich werdenden Umschneidung der Inzisionsstelle. Der Zugang zum Tumor soll auf
kürzestem Wege erfolgen ohne Eröffnung eines zusätzlichen Kompartments und unter Beachtung der geplanten definitiven operativen Strategie. Die eröffneten Faszien werden
verschlossen und eine Redondrainage
unmittelbar an der Inzisionsstelle ausgeleitet, sofern sich an die bioptische
Untersuchung nicht in der gleichen
Sitzung die definitive Therapie anschließt.
Ziel der prätherapeutischen mikroskopischen Diagnostik ist die Feststellung der Dignität sowie des Tumortyps
nach der WHO-Klassifikation (13).
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass
kleine Biopsien (insbesondere Feinnadelbiopsien) in Anbetracht der Heterogenität vieler Sarkome nicht für den
Gesamttumor repräsentativ sein können. Ferner sind in kleinen Biopsien
oft wichtige Kriterien für die Erkennung der Malignität und die Bestimmung des Malignitätsgrades, wie Mitoserate und Ausmaß der Nekrosen,
nicht zu erfassen. Wenn möglich, sollten deshalb ausreichend große Biopsate (circa 2 cm im größten Durchmesser) gewonnen werden. Die histologische Typisierung erfordert darüber
hinaus meistens die immunhistochemische Untersuchung. Zusätzliche zytogenetische und molekulargenetische
Untersuchungen können bei wenig differenzierten Tumoren die Diagnostik
präzisieren.
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Die Feinnadelpunktion zur Gewinnung zytologischen Materials setzt besondere Erfahrungen voraus und ermöglicht oft nicht die Bestimmung des
Malignitätsgrades.
Chirurgische Therapie
Die chirurgische Therapie steht im Vordergrund der Behandlung der Weichteilsarkome. Ziel ist die vollständige
Tumorresektion entsprechend den Radikalitätsprinzipien, um ein lokoregionäres Rezidiv zu verhindern. Bei Extremitätensarkomen ist es darüber hinaus Ziel der Behandlung, die betroffene
Extremität ohne wesentliche Funktionseinschränkungen zu erhalten.
Ergänzend zur operativen Therapie
werden situationsabhängig eine Reihe
weiterer Maßnahmen prä-, intra- und
postoperativ mit dem Ziel angewendet,
die Sicherheit der lokalen Tumorkontrolle zu erhöhen oder die Tumorentfernung zu ermöglichen und das Risiko
der Tumorgeneralisierung zu senken
(multimodale Therapie). Viele dieser
Therapieansätze werden derzeit in Studien überprüft; deshalb wird eindringlich empfohlen, Patienten mit Weichteiltumoren prospektiven Studien zuzuführen.
Weichteilsarkome der Extremitäten
Bei der Planung des operativen Vorgehens ist zu berücksichtigen, dass Weichteilsarkome vielfach von einer teilweise
durch Tumor infiltrierten Pseudokapsel
umgeben werden und dass in ihrer
näheren Umgebung häufig nur mikroskopisch nachweisbare diskontinuierliche Tumorherde (so genannte Satelliten) vorhanden sind. Dies erfordert die
Einhaltung eines Sicherheitsabstandes.
Grundsätzlich ist auch die Mitresektion
der Inzisionsstelle zur diagnostischen
Gewebsentnahme einschließlich Haut,
Subkutis und Muskulatur erforderlich.
Niemals sollte eine Ausschälung des
Tumors (Enukleation) beziehungsweise eine Präparation in oder an der Pseudokapsel erfolgen: „Der Operateur soll
den Tumor nicht zu Gesicht bekommen“.
Zur Resektion eines Weichteilsarkoms im Gesunden (Resektionsränder
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histologisch tumorfrei) kommen in erster Linie die Kompartmentresektion
und die weite Exzision, fallweise auch
die Amputation infrage.
Tumoren, die sich innerhalb einer
durch Hüllfaszien umgebenden Muskelgruppe ausgebreitet haben, werden
durch vollständige Entfernung der
Muskelgruppe entfernt (Kompartmentresektion). Strittig dabei ist, ob
auch Ursprünge und Ansätze der Muskeln zu resezieren sind, da diese teilweise den Insertionszug auf belassene Muskeln übertragen können und daher für
die Restfunktion von Vorteil sind. Beschränkt sich das Tumorwachstum auf
nur einen Muskel einer Muskelgruppe,
ist die Entfernung dieses Muskels (Myektomie) vermutlich ausreichend (9).
Tumoren, die sich außerhalb vorgegebener Kompartimente entwickeln,
werden durch eine weite Exzision entfernt. Dabei ist ein minimaler Sicherheitsabstand von 1 cm einzuhalten (12).
Nur dort, wo oberflächlich tumorfreie
anatomische Grenzstrukturen wie Muskelfaszien, Periost, Perineurium oder
Adventitia großer Gefäße vorliegen,
kann der Sicherheitsabstand in kurzen
Abschnitten verringert werden. Ob der
Sicherheitsabstand vor allem in longitudinaler Richtung auf 2 cm oder mehr erweitert werden soll, wird im Schrifttum
unterschiedlich beurteilt. Zur Verbesserung der lokalen Tumorkontrolle ist
gegebenenfalls die adjuvante Strahlentherapie indiziert. Bei subkutanen
Tumoren kann der Sicherheitsabstand
unter Mitentfernung der darunterliegenden Muskelfaszie allseits erweitert
werden (mindestens 3 cm), sodass eine
adjuvante Strahlentherapie entbehrlich
wird.
Wenn Tumoren der Extremitäten
Gefäße oder Nerven infiltrieren, erfolgt zur Wahrung der Radikalität die
Resektion der befallenen Strukturen
und die simultane Rekonstruktion. Arterien und Venen können durch Venentransplantate und/oder Kunststoffinterponate ersetzt werden. Bei Nervenresektion besteht die Möglichkeit
eines Suralisinterponates. Ausgedehnte Defekte nach radikaler Tumorresektion können durch freie oder gestielte
myokutane Lappen gedeckt werden
(M.-latissimus-dorsi-Lappen, M.-rectusabdominis-Lappen).
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´
Tabelle
C
´
Histologische Tumortypen (14), in die TNM-Klassifikation einbezogen sind die folgenden histologischen Tumortypen
Tumortyp (Subtyp/Variante)
Codenummer des Histologieschlüssels
Alveoläres Weichteilsarkom
9581/3
Angiosarkom
9120/3
Epitheloides Sarkom
8804/3
Chondrosarkom*
9220/3
Osteosarkom der Weichteile
9180/3
Fibrosarkom*
8810/3
Leiomyosarkom
8890/3
Liposarkom*
8850/3
Malignes fibröses Histiozytom
8830/3
Malignes Hämangioperizytom
9150/3
Malignes Mesenchymom
8990/3
Rhabdomyosarkom
8900/3
Maligner peripherer Nervenscheidentumor (MPNST)
9540/3
„Synovial“-Sarkom*
9040/3
Sarkom*
8800/3
Die folgenden histologischen Tumortypen werden nicht in diese Klassifikation einbezogen: Kaposi-Sarkom, Dermatofibrosarcoma (protuberans), so genanntes Fibrosarkom Grad I (Desmoidtumor) und Sarkome mit Ursprung in der Dura mater, im Gehirn, in parenchymatösen oder
Hohlorganen. * ohne nähere Angaben
Die Indikation zur Amputation ist
nur in Einzelfällen gegeben. Bei fehlender Resektabilität kann vor einer
primären Amputation eine neoadjuvante Therapie oder eine marginale Resektion mit anschließender multimodaler Therapie erwogen werden. Indikationen zur Amputation sind
❃ stammnahe Tumoren mit ausgedehnter Infiltration des N. ischiadicus
beziehungsweise des Plexus brachialis,
❃ Tumorinfiltration von Hand- oder
Fußwurzelknochen,
❃ nicht ausreichende Funktion der
Restextremität.
Die Indikation zur Amputation sollte nur im interdisziplinären Konsens erfolgen.
Weichteilsarkome der
Brust- und Bauchwand
Um eine Resektion im Gesunden zu erreichen, erfordern diese Tumoren oft die
Resektion der Thorax- beziehungsweise
Bauchwand in voller Schichtdicke, ein-
schließlich der betroffenen Rippen beziehungsweise aller Bauchwandschichten und der angrenzenden Pleura beziehungsweise des angrenzenden Peritoneums. Der für die Extremitätensarkome geltende Sicherheitsabstand gilt auch
für diese Tumoren. Ausgedehnte Defekte erfordern zum Verschluss myokutane Lappen (gegebenenfalls mit Stabilisierung der Thoraxwand). Bei fehlender
Resektabilität kann durch präoperative
Radiochemotherapie versucht werden,
eine Tumorverkleinerung zu erzielen,
um dann anschließend die Resektion
durchzuführen.
Weichteilsarkome des
Retroperitoneums
Die prätherapeutische histologische
Klärung ist insbesondere zur Abgrenzung von Lymphknotenmetastasen eines Keimzelltumors, von Lymphomen
oder retroperitonealen, extragonadalen Keimzelltumoren erforderlich, da
diese Tumoren primär chemotherapeu-
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tisch behandelt werden. Bei retroperitonealen Sarkomen eröffnet derzeit nur
die vollständige Resektion einschließlich
tumorbefallener benachbarter Strukturen eine Heilungschance. Ist nach explorativer Laparotomie eine vollständige
Entfernung nicht möglich, sollte nach
Markierung der Tumorausdehnung der
Versuch der Tumorverkleinerung durch
Radio- (Chemo-)Therapie mit anschließender Resektion unternommen werden.
Lymphknotendissektion
Die Lymphknotendissektion ist abgesehen von Rhabdomyosarkomen nur bei
Verdacht auf Tumorbefall und nach histologischer Bestätigung indiziert, sofern hierdurch eine vollständige Tumorentfernung möglich wird.
Untersuchung des
Operationspräparates
❃ Typisierung und Grading:
Die Diagnose ist durch eine repräsentative konventionelle Histologie (pro cm Tumordurchmesser ein Paraffinblock) und
eventuell zusätzliche Immunhistochemie
zu stellen beziehungsweise zu sichern.
Unbedingt erforderlich ist ein Tumorgrading. Obwohl derzeit noch kein einheitliches, verbindliches Grading für
Weichteiltumoren vorliegt, wird ein
Grading mit drei Malignitätsgraden
(niedrige Malignität: G1, mittlere: G2,
hohe: G3) (3) empfohlen. Wichtigste
Kriterien sind Ähnlichkeit des Tumorgewebes zum Normalgewebe, Mitoserate
und Ausmaß der Nekrosen. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass einige Tumortypen bestimmten Malignitätsratengraden
a priori zuzuordnen sind. So sind unter
anderem Rhabdomyosarkome und extraossäre Ewing-Sarkome immer G3Tumoren und alveoläre Weichteilsarkome mindestens G2-Tumoren, auch wenn
diese nur eine geringe mitotische Aktivität und keine Nekrosen aufweisen.
Das Grading eines Sarkoms setzt mithin
die Tumortypisierung voraus.
In Hinblick auf eine praktikable
Therapieplanung werden Grad 1 (3)
beziehungsweise Grad 1 und 2 (nach
den Kriterien der Union Internationale
Contre le Cancer, UICC [14]) als „low
grade“- und Grad 2 und 3 (3) bezie-
hungsweise Grad 3 und 4 (nach UICC
[14]) als „high grade“-Tumoren zusammengefasst.
❃ Bestimmung der T/pT-Kategorie
und des Resektionsstatus:
Die T/pT-Kategorie ist nach der gültigen UICC-Klassifikation zu bestimmen (14). Da die Tumorentfernung im
Gesunden für die Prognose besonders
wichtig ist, müssen die Resektionsgrenzen exakt bestimmt werden. Bei
großen, makroskopisch knapp im Gesunden entfernten Tumoren ist es nicht
möglich, die gesamte Tumorperipherie
zu untersuchen. „Kritische Stellen“
sollten durch den Operateur gekennzeichnet werden. Ist für den Pathologen die topographische Zuordnung
von Präparatgrenzen unklar, sollte die
Präparation gemeinsam mit dem Operateur (und gegebenenfalls unter Beachtung von CT- und MRT-Bildern)
erfolgen.
Inkomplette und marginale
Tumorexzision
Ist nach Tumorenukleation oder nach
Exzisionsbiopsie aufgrund des pathohistologischen Befundes von einer inkompletten Tumorresektion (R1-Resektion) oder einem nicht ausreichenden Sicherheitsabstand (< 1 cm, marginale Exzision) auszugehen, sollte eine Nachresektion erfolgen, da diese eine höhere
Sicherheit als jede andere Therapiemodalität bietet. Nur bei hohem Risiko einer Nachoperation oder großer Funktionseinbuße ist an Stelle der Nachoperation die Radiotherapie indiziert unter
bewusster Inkaufnahme einer höheren
lokoregionären Rezidivrate.
Strahlentherapie
Definitive Strahlentherapie
Mit alleiniger hochdosierter Strahlentherapie (> 70 Gy) kann bei einem
Teil der Patienten mit Weichteilsarkomen eine langdauernde Tumorkontrolle erreicht werden bei nicht unerheblicher Spätmorbidität, sodass die alleinige Strahlentherapie nur als Ultima Ratio in besonderen Situationen (hohes
Operationsrisiko, großer Funktionsverlust) gelten kann.
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Präoperative Radio- und
Radiochemotherapie
Bei ausgedehnten und fraglich resektablen Tumoren kann eine Strahlentherapie (50 Gy, vier bis fünf Wochen) mit
dem Ziel der Tumorverkleinerung
(Down-Staging) eingesetzt werden. Erfahrungen liegen hierzu erst in begrenztem Umfang vor. Zur kombinierten präoperativen Radio-Chemotherapie existieren bisher keine gesicherten
Erkenntnisse.
Intraoperative Strahlentherapie
Die Bewertung der intraoperativen
Strahlentherapie des Tumorbettes oder
eines Residualtumors ist derzeit abschließend nicht möglich.
Brachytherapie
Die Brachytherapie wurde in einer
prospektiven Phase-3-Studie in direktem Vergleich mit der alleinigen Tumorresektion eingesetzt und führte
bei hochmalignen Tumoren zu einer
signifikanten Verbesserung der lokalen Kontrollraten (7). Auch bei vorbestrahlten Rezidiven kann die Brachytherapie in Verbindung mit einer Tumorresektion nochmals eingesetzt werden.
Postoperative (adjuvante)
Strahlentherapie
Nach weiter Exzision von hochgradig
malignen Weichteilsarkomen (T1/T2,
G 2 und G 3 [3], G3 und G4 nach
UICC) führt die postoperative Strahlentherapie zu einer Reduktion der Lokalrezidivrate (7, 15). Nach weiter Exzision von niedrigmalignen Weichteilsarkomen (T1/T2, G 1 [3], G1 und G2
nach UICC) ist der Wert einer postoperativen, adjuvanten Strahlentherapie
nicht gesichert (7, 15). Bei subkutanen
Weichteilsarkomen kann nach weiter
Exzision (> 3 cm Sicherheitsabstand)
inklusive der darunter liegenden Faszie
genauso wie bei intramuskulären Tumoren nach kompletter Muskelresektion auf eine Nachbestrahlung verzichtet
werden.
Es ist bislang nicht untersucht worden, ob durch eine adjuvante Strah-
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lentherapie nach adäquater Kompartmentresektion mit ausreichenden Sicherheitsabständen das lokoregionäre
Rezidivrisiko gesenkt werden kann.
Retrospektive Studien ohne Einbeziehung der Strahlentherapie belegen für
diese Patientengruppe ein Lokalrezidivrisiko von unter fünf Prozent
(1). Deshalb kann in diesen Fällen auf
eine Nachbestrahlung verzichtet werden.
Chemotherapie
Die wirksamsten Substanzen sind Doxorubicin und Ifosfamid, gefolgt von
Dacarbazin. Für Doxorubicin und Ifosfamid besteht eine Dosis-WirkungsBeziehung. Die optimale Dosis in der
Monotherapie beträgt für Doxorubicin
70 bis 80 mg/m2 alle drei Wochen und
für Ifosfamid 9 g/m2 alle drei Wochen.
Adjuvante Therapie
Die adjuvante Chemotherapie ist bei
Patienten mit Weichteilsarkomen, ausgenommen die kleinzelligen Sarkome,
keine Standardtherapie und sollte –
wenn immer möglich – nur in kontrollierten Studien durchgeführt werden.
Die bisher vorliegenden Ergebnisse
kontrollierter Studien erbrachten zwar
überwiegend keinen Überlebensvorteil
für adjuvant behandelte Patienten, die
Patientenzahl in den meisten Studien
war jedoch so klein, dass statistisch signifikante Unterschiede in der Überlebenszeit nicht erkannt werden konnten.
Metaanalysen sprechen dafür, dass
eine adjuvante Doxorubicin-gestützte
Chemotherapie die rezidivfreie Zeit
verlängert und die Überlebensrate tendenziell verbessert (vier Prozent Verbesserung der Zehn-Jahres-Überlebensrate [11]). Bei diesen Tumoren
kann eine adjuvante Chemotherapie
zumindest erwogen werden.
Chemotherapie im Stadium der
Fernmetastasierung
Die Lungen sind der mit Abstand häufigste Ort der Fernmetastasierung. Ist
eine operative Entfernung von Lungenmetastasen nicht möglich, sollte eine Chemotherapie erwogen werden.
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Eine optimal dosierte Monotherapie
mit Doxorubicin führt zu einer Remissionsrate (überwiegend „Teilremissionen“) von etwa 20 bis 25 Prozent. Kombinationschemotherapien mit
Doxorubicin/Ifosfamid ⫾ Darcarbazin
erhöhen zwar die Remissionsrate auf
30 bis 50 Prozent, dies geht aber nicht
mit einer besseren Überlebenszeit im
Vergleich zu einer Monotherapie mit
Doxorubicin einher. Die Toxizität der
Kombinationschemotherapie ist jedoch höher als die der Monotherapie
mit Doxorubicin (2, 4, 10). Ob die
Ganzkörperhyperthermie die Resultate der Chemotherapie verbessern
kann, ist Gegenstand laufender Studien.
Neoadjuvante (präoperative) Therapie
Eine Prognoseverbesserung durch präoperative Chemotherapie bei Patienten mit resektablen Tumoren ohne
Lymphknoten- und Fernmetastasen ist
bislang nicht belegt. In besonderen Fällen kann sie gegebenenfalls in Kombination mit Bestrahlung zu einer Verbesserung der operativen Therapieresultate führen (zum Beispiel Funktionserhaltung).
Bei Patienten mit primär fernmetastasiertem Weichteilsarkom ist ein
interdisziplinäres Therapiekonzept angezeigt. Dies beinhaltet die initiale
Chemotherapie. Bei Patienten mit partieller Remission folgt die Operation
gegebenenfalls in Kombination mit
Strahlentherapie und einer nochmaligen Chemotherapie.
Bei Patienten mit primär inoperablem Primärtumor ohne Lymphknoten
- und Fernmetastasen kommen mehrere Verfahren in Betracht. Durch eine
neoadjuvante Chemotherapie kann
versucht werden, einen primär inoperablen Primärtumor so zu verkleinern,
dass eine funktionserhaltende Operation möglich wird, wenngleich das lokale
und systemische Rezidivrisiko hoch ist
(8). Ähnliches gilt für eine präoperative Strahlentherapie, kombinierte Chemo-/Strahlentherapie oder eine isolierte Extremitätenperfusion mit Zytostatika und Zytokinen. Welche Methode
angewendet wird, hängt auch von der
Erfahrung der behandelnden Kliniken
ab.
Tumorrezidiv
Die Therapie des lokoregionären Rezidivs erfolgt nach den gleichen
Grundsätzen wie die Behandlung des
Primärtumors. Auch bei einem Rezidiv
eines Extremitätensarkoms ist die
Gliedmaßenerhaltung anzustreben, wobei zur Deckung großer Defekte ausgedehnte plastische Eingriffe erforderlich
werden können. Die primär operative
Therapie von Lungenmetastasen ist indiziert, wenn der Primärtumor unter radikalchirurgischen Kriterien sanierbar
oder saniert ist, eine extrapulmonale
Metastasierung nicht nachgewiesen ist,
die Metastasen vollständig entfernbar
sind und die Restfunktion der Lunge
ausreichend ist. Bei multiplen Lungenmetastasen erfolgt in der Regel eine
zytostatische Therapie, gegebenenfalls
kann nach Rückbildung von Metastasen
die operative Entfernung verbleibender
Tumoren indiziert sein.
Nachsorge
Die Nachsorge dient der Behandlung
von Operationsfolgen, der Erfassung
von Tumorrezidiven und der Beurteilung
der Therapieergebnisse. Obgleich die
frühzeitige Erfassung von lokalen Rezidiven und Fernmetastasen sinnvoll erscheint, gibt es keine prospektiven Studien, die eine Prognoseverbesserung durch
regelmäßige Nachsorge belegen.
Supportive Maßnahmen
Supportive Maßnahmen dienen der Verminderung lokaler und systemischer Nebenwirkungen der Radio- beziehungsweise Chemotherapie, um Therapieabbrüche zu vermeiden und in inkurabler
Situation zur Linderung der Beschwerden, um die Lebensqualität adäquat zu
gestalten.
Rehabilitation
Ziele der Rehabilitation sind die Behandlung der postoperativen Behinderungen und Funktionseinschränkungen
sowie Maßnahmen zur beruflichen, psychischen oder sozialen Rehabilitation.
Deutsches Ärzteblatt½ Jg. 98½ Heft 50½ 14. Dezember 2001
M E D I Z I N
Nach Extremitäten erhaltender Operation und Amputation sind situationsabhängig intensive physiotherapeutische,
ergotherapeutische und orthopädische
Maßnahmen erforderlich. Nach Amputation ist in allen Phasen (Stumpfbehandlung, Prothesenversorgung, Gehtraining) eine enge Zusammenarbeit
zwischen Arzt, Physiotherapeut und Orthopädiemechaniker erforderlich.
Bei aufwendigen Rehabilitationsmaßnahmen empfiehlt sich die stationäre
Anschlussheilbehandlung in einer möglichst wohnortnahen und spezialisierten
Rehabilitationsklinik.
Der Inhalt entspricht den Leitlinien der DKG und der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie zur Diagnostik und Therapie von Weichteilsarkomen des Erwachsenen.
Weitere Mitglieder der Arbeitsgruppe waren:
H. Delbrück, Wuppertal; B. Hamm, Berlin; Ch. Kettelhak,
Berlin; H.-J. Sauer, München; G. Schott, Zwickau
❚ Zitierweise dieses Beitrags:
Dt Ärztebl 2001; 98: A 3380–3385 [Heft 50]
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Referiert
HIV-1 bei kalifornischen Drogenabhängigen meist
sexuell übertragen
Häufig wird HIV-1 unter Abhängigen,
die Drogen wie Heroin, Kokain oder
Crack-Kokain konsumieren, über sexuelle Kontakte übertragen.
Dank diverser gesundheitspolitischer Programme zu den Gefahren, die
vom unsachgemäßen Gebrauch des
Spritzbestecks ausgehen, trat dieser
Übertragungsweg in San Francisco in
den Hintergrund, wie kalifornische Wissenschaftler im Rahmen einer FallKontroll-Studie bei 58 serokonvertierten
Fixern und 1 134 Kontrollfällen dokumentieren konnten. Dafür ist die sexuelle Übertragung nach wie vor ein vorrangiges Problem: Unter den Drogenkonsumenten sind weiterhin homosexuelle Männer (Odds Ratio 8,8) sowie
weibliche Prostituierte (Odds Ratio
5,1) am stärksten gefährdet. Frauen unter 40 Jahren zeigten gegenüber älteren
Frauen ebenfalls ein großes Risiko
(Odds Ratio 2,8), wohingegen für Frauen, die in einer festen Beziehung mit ei-
Deutsches Ärzteblatt½ Jg. 98½ Heft 50½ 14. Dezember 2001
13. Weiss SW: Histological typing of soft tissue tumor
2nd ed. Berlin, Heidelberg, New York: Springer
1994.
14. Wittekind Ch, Wagner G, Hrsg.: UICC TNM – Klassifikation maligner Tumoren. 5. Aufl. Berlin, Heidelberg, New York: Springer 1997.
15. Yang JC, Chang AE et al.: Randomized prospective
study of the benefit of adjuvant radiation therapy in
the treatment of soft tissue sarcomas of the extremity. J Clin Oncol 1998; 1: 197–203.
Anschriften der Verfasser:
Prof. Dr. med. Theodor Junginger
Klinik für Allgemeinund Abdominalchirurgie
Klinikum der Johannes Gutenberg-Universität
Langenbeckstraße 1
55101 Mainz
E-Mail: [email protected]
Prof. Dr. med. Volker Budach
Klinik für Radiotherapie
Universitätsklinikum Charité
Schumannstraße 20
10117 Berlin
E-Mail: [email protected]
Prof. Dr. med. Dieter Harms
Paidopathologie
Klinikum der Universität
Christian-Albrechts-Universität
Michaelisstraße 11
24105 Kiel
E-Mail: [email protected]
Prof. Dr. med. Dieter Kurt Hossfeld
Abteilung für Onkologie und Hämatologie
Medizinische Klinik
Universitätskrankenhaus Eppendorf
Martinistraße 52
20246 Hamburg
E-Mail: [email protected]
nem Partner leben, der Drogen injiziert, das Infektionsrisiko kleiner war
(Odds Ratio 0,32). Obwohl diese Ergebnisse wie bei allen Untersuchungen,
die auch Eigeneinschätzungen berücksichtigen, eine potenzielle Verzerrung
bergen, weisen die Autoren auf die Erfolge der bisherigen Aufklärungskampagnen hin und empfehlen, im Rahmen
dieser Programme verstärkt auf das Risiko einer sexuellen Übertragung von
goa
HIV-1 hinzuweisen.
Kral AH et al.: Sexual transmission of HIV-1 among injection
drug users in San Francisco, USA: risk-factor analysis. Lancet 2001; 357:1397–1401.
Alex H Kral, Urban Health Study, UCSF, 3180 18th Street,
San Francisco CA 94110, USA.
A 3385
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