Ausarbeitung des Fragenkatalogs zur VO Einführung in die Grammatiktheorie 2. März 2012 Kritik/Verbesserungsvorschläge? [email protected] 1 Allgemeines 1. (Aus dem Protokoll erste Sitzung) Welche Idee steckt hinter der Universal Grammar? — Dahinter steht die Hypothese, dass alle Menschen eine spezifische kognitive Ausstattung zur Verarbeitung von Sprache haben. Der Spracherwerb erfolgt also nicht durch die Anwendung allgemeinen Regelwissens auf das Objekt Sprache, sondern durch einen speziellen Mechanismus ( lan” guage acquisition device“), dessen Eigenschaften die Menge der möglichen Grammatiken menschlicher Sprachen einschränken. 2. Was ist das Ziel der Grammatiktheorie-Forschung? — Eine Grammatiktheorie soll (1) ein Instrumentarium zur Analyse möglichst vieler Sprachen bereitstellen und (2) eine adäquate Beschreibung der kognitiven Prozesse liefern, die bei der Sprachverarbeitung in unseren Köpfen ablaufen (nicht auf neurologischer, sondern auf symbolischer Ebene). Dabei möchte man durch die Analyse verschiedener Sprachen auf eine universelle Theorie kommen, welche die Unterschiede zwischen den Sprachen erklären kann. Eine Grammatiktheorie macht Vorhersagen über die Wohlgeformtheit von Ausdrücken bezüglich einer Sprache. Im Idealfall sollten sich diese Vorhersagen mit den Grammatikalitätsurteilen kompetenter Sprecher/innen decken. 3. Wie definiert eine generative Sprachtheorie die Konzepte Sprache‘ und Grammatik‘? ’ ’ — Eine Sprache wird in der generativen Linguistik mit der Menge aller Ausdrücke identifiziert, die von Muttersprachler/innen als akzeptabel bewertet werden. Eine Grammatik ist eine Beschreibung einer Sprache L, die Aussagen darüber trifft, welche Ausdrücke akzeptabel sind (sozusagen die charakterisierende Funktion von L), oder auch ein formales System, das genau die Ausdrücke von L erzeugt. 4. Was ist der Unterschied zwischen präskriptiver und deskriptiver Grammatik? — Präskriptive Grammatiken postulieren eine richtige“ Sprachvarietät und bewerten Abwei” chungen von dieser Norm als falsch oder unlogisch, auch wenn sie im alltäglichen Sprachgebrauch vorkommen und von den Sprecher/innen als akzeptabel bewertet werden. Deskriptive Grammatiken stehen auf dem Standpunkt, dass alles, was die Sprecher/innen akzeptabel finden, auch zur Sprache gehört. Die linguistische Grammatikforschung versucht, deskriptiv vorzugehen, was in der Praxis aber oft schwierig ist, da viele Leute von der präskriptiven Schulgrammatik geprägt sind. 1 2 Theta-Theorie, X-bar-Theorie und lexikalische Einträge 5. (Aus dem Protokoll 4.2 (27.10.)) Was besagt das Theta-Kriterium? — Jede thematische Rolle muss genau einem Argument zugewiesen werden und jedes Argument trägt genau eine thematische Rolle. 6. Erklären Sie die (Un-)Grammatikalität folgender Sätze: (1) a. Mary laughed. b. *Mary laughed Bill. c. *Mary laughed Bill a funny book. — Die Sätze (1b) und (1c) sind ungrammatisch, weil das Verb laugh nur eine thematische Rolle vergibt und diese Rolle dem Subjekt zuweist. Nach dem θ-Kriterium muss jedes syntaktisch realisierte Argument eine thematische Rolle erhalten. In (1a) ist das gewährleistet, weil Mary das einzige Argument von laugh ist und wie im Lexikoneintrag vorgesehen in der Subjektsposition steht. Die DPs Bill und a funny book in (1b) und (1c) nehmen in der Struktur der Sätze die Positionen von Argumenten ein, erhalten aber keine thematischen Rollen. Daher schließt das θ-Kriterium diese Sätze aus. Wie viele Argumente ein Kopf selektiert und welche thematischen Rollen er an diese Argumente vergibt, muss in seinem Lexikoneintrag spezifiziert sein. Der lexikalische Eintrag von laugh könnte etwa so aussehen: phon: kat: spec: subcat: sem: kasus: /lA:f/ (oder dergleichen) V DP1 — x1 lacht — Das einzige Argument ist die Subjekts-DP; weitere Argumente darf es nicht geben, weil die subcatListe leer ist. 7. Leiten Sie aus den folgenden Sätzen den lexikalischen Eintrag von be likely ab. Welche Eigenschaft(en) muss das Subjekt vorweisen? (2) a. *John is likely that he’s a spy. b. It is likely that John is a spy. c. There is likely to be a spy in the room. — Wie (2b) und (2c) zeigen, kann likely eine TP oder eine CP als Argument nehmen und vergibt eine thematische Rolle an dieses Argument. Die Ungrammatikalität von (2a) zeigt, dass likely keine thematische Rolle an das Subjekt vergibt. Das Subjekt kann also kein Argument sein. Sowohl in (2b) als auch in (2c) sind die Subjekte Expletiva. Ein sehr einfacher Lexikoneintrag könnte daher so aussehen: phon: kat: spec: subcat: sem: kasus: /.../ V DP[+ expletiv] TP1 / CP1 Es ist wahrscheinlich, dass P1 — Diese Analyse hat einige Probleme: 2 • Auch wenn die Daten in (2a-2c) es nicht zeigen, ist be likely ein Anhebungsprädikat. Bei Anhebung (John is likely to be a spy) fällt das expletive Subjekt weg. Mir ist etwas unklar, wie man diese Tatsache in einem Lexikoneintrag formalisieren kann. • Die Wahl des Expletivums hängt von der syntaktischen Kategorie des Komplements ab: (3) a. *There is likely that John is a spy. b. It is likely to be a spy in the room. (* mit expletivem it, sonst akzeptabel) Man muss also entweder zusätzlich zum Lexikoneintrag einen syntaktischen Prozess annehmen, der das richtige Expletivum einsetzt, oder man braucht eine Notation, mit der man im Lexikoneintrag Abhängigkeiten zwischen verschiedenen Argumenten ausdrücken kann. • be likely sollte eigentlich nicht als einzelnes lexikalisches Element analysiert werden (vgl. It is very likely that...). Wenn man aber zwei getrennte Lexikoneinträge annimmt, ist es unklar, welche syntaktische Kategorie das Argument von be haben soll, da ja nicht jede Adjektivphrase als Komplement von be mit expletivem Subjekt auftreten kann. 8. Was sind die beiden wichtigsten Kombinationsmodi beim Aufbau von syntaktischen Phrasen? Geben Sie Definitionen und Beispiel. — Die zwei Kombinationsmodi sind Ergänzung/Komplementation: Ergänzungen werden von lexikalischen Eigenschaften des Kopfes ausgewählt und stehen im unmarkierten Fall meistens nahe am Kopf. Im X-Bar-Schema nimmt man an, dass alle Ergänzungen eines Kopfes innerhalb der Projektion dieses Kopfes stehen müssen. Modifikation: Modifikatoren stehen im unmarkierten Fall weiter vom Kopf entfernt. Sie können frei hinzugefügt und weggelassen werden. Ein wichtiger Unterschied zu Ergänzungen ist, dass Modifikatoren nicht vom Kopf der Phrase selektiert werden, die sie modifizieren: Wenn eine XP eine YP modifizieren kann, ist das eine lexikalische Eigenschaft des Kopfes der XP (also des Modifikators) und nicht eine Eigenschaft der YP (des modifizierten Elements). Im XBar-Schema nimmt man an, dass Modifikatoren nach allen Ergänzungen angefügt (auch: adjungiert) werden. Ein Beispiel: (4) am Donnerstag im Beisl ein Bier trinken Die PPs am Donnerstag und im Beisl modifizieren die VP ein Bier trinken. Das erkennt man daran, dass diese PPs fast mit jeder VP kombiniert werden können, unabhängig von der Argumentstruktur des Verbs. Die DP ein Bier ist hingegen eine Ergänzung (= ein Argument) des Verbs trinken. Dass ein Bier kein Modifikator ist, erkennt man beispielsweise daran, dass vergleichbare Konstruktionen mit intransitiven Verben ungrammatisch sind: *ein Bier einschlafen, *ein Bier arbeiten. Unter Annahme des X-Bar-Schemas sieht die Struktur von (4) so aus: VP PP am Donnerstag VP PP im Beisl VP DP V0 ein Bier trinken 9. Erörtern Sie am Beispiel zweier lexikalischer Kategorien (also A, N, V, P) das X-Bar-Schema. — Beim X-Bar-Schema wird angenommen, dass jede Phrase einen Kopf hat, der ihre kategorialen Merkmale bestimmt. Ein Kopf X kann erstens Ergänzungen, die innerhalb der XP stehen, und 3 zweitens Modifikatoren haben, die nach allen Ergänzungen an die XP adjungiert werden. Bei der Kombination eines Kopfes mit einer Ergänzung spricht man von einer Projektion des Kopfes. Konstituenten, die durch Projektion eines Kopfes X entstehen, aber keine XPn sind, werden mit X′ bezeichnet. Die grundlegende Hypothese der X-Bar-Theorie ist, dass jede Phrase diese Struktur hat, unabhängig davon, welche syntaktische Kategorie der Kopf hat. Beispiel NP: Ergänzungen zu Nomina können im Deutschen unter anderem PPn, CPn und DPn sein: (5) a. Hoffnung [PP auf einen Neubeginn] b. Vorschlag [CP dass wir einen Ausflug machen] c. Verarbeitung [DP des Metalls] NPn können unter anderem von Adjektivphrasen und Präpositionalphasen modifiziert werden: (6) a. [AP etwas unpassender] Vorschlag b. Haus [PP mit dem weißen Dach] Abgesehen von den Kategorien der Ergänzungen und Modifikatoren entsprechen diese Phrasen alle folgendem Schema, wenn man die Kategorie N für X einsetzt: (7) a. XP ZP Modifikator XP X0 b. YP Ergänzung XP XP X0 ZP Modifikator YP Ergänzung Grundsätzlich kann es beliebig viele Modifikatoren und (zumindest bei deverbalen Nomina) mehr als eine Ergänzung geben: NP NP AP unerwartete AP NP sehr aktive N′ PP N DP Teilnahme der Schüler an der Veranstaltung Beispiel VP: Ergänzungen von Verben können unter anderem DPn, CPn, VPn und PPn sein: (8) a. [DP das Buch] lesen b. sagen, [CP dass es dir schlecht geht] c. [VP heute mitfahren] wollen 4 d. fragen, [CP ob es dir schlecht geht] e. [PP auf den Berg] steigen f. [DP dem Onkel] [DP das Buch] geben Zu den Modifikatoren von VPn zählen Adjektivphrasen, Präpositionalphrasen und CPn: (9) a. [AP offen und ehrlich] sagen, dass es mir reicht b. [PP am Montag] [PP in Wien] eine Party schmeißen c. auf Urlaub fahren, [CP obwohl das Semester noch nicht aus ist] Anstatt eigene Phrasenstrukturregeln für VPn aufzuschreiben, kann man also auch die Konstituentenstruktur von VPn mit dem Schema aus (7) beschreiben, wenn man nur die Reihenfolge von Kopf und Ergänzung ändert. 10. Was ist der Koordinationstest und wozu dient er? Geben Sie Beispiele! — Der Koordinationstest dient dazu, zu überprüfen, ob eine Wortfolge innerhalb eines Satzes eine Konstituente ist oder nicht. Er beruht auf zwei Annahmen: 1. Man kann nur vollständige Konstituenten koordinieren. 2. Wenn man eine Konstituente in einem Satz durch das Ergebnis der Koordination zweier gleich aufgebauter Konstituenten ersetzt, ändert das nichts an der Grammatikalität des Satzes. Der Koordinationstest sagt also voraus, dass eine Wortfolge genau dann eine Konstituente bildet, wenn man sie durch die Koordination von zwei oder mehr gleich aufgebauten Wortfolgen ersetzen kann. Ein Beispiel: Für die Nominalgruppe der schlechte Schüler könnte man folgende Strukturen annehmen: (10) a. D AP N der schlechte Schüler b. D AP N schlechte Schüler der Der Koordinationstest liefert ein Argument dafür, dass (10b) die bessere Struktur ist. Phrasen wie (11), in denen mehrere Bausteine“ aus einer Adjektivphrase und einem Nomen koordiniert ” werden, sind akzeptabel. Daher liegt die Annahme nahe, dass die Abfolge [AP N] wie in (10b) eine Konstituente bildet. (11) der [[gute Fußballspieler] und [schlechte Schüler]] 11. Die Phrase junge ledige Männer und Frauen ist strukturell ambig. Stellen Sie klar da, was die Lesarten sind (und wieviele) und geben Sie die dazugehörigen Strukturbäume an (ignorieren Sie etwaige Kommas; diese sind nicht Teil des sprachlichen Materials). — Die Phrase hat drei Lesarten: (12) a. (synonym mit Frauen und junge ledige Männer ) 5 NP NP AP junge & NP und N NP Frauen AP NP ledige N Männer b. (synonym mit junge Frauen und junge ledige Männer ) NP AP NP junge NP AP NP ledige N & NP und N Frauen Männer c. (synonym mit junge ledige Frauen und junge ledige Männer ) NP AP NP junge AP NP ledige NP & NP N und N Männer Frauen 12. Bietet das folgende Beispiel Evidenz für eine flache oder eine hierarchische ( tiefe“) VP im ” Deutschen? Erörtern Sie knapp den Gang des Arguments. (13) Ich will dem Onkel das Buch wegnehmen und das Glas geben. — Das Beispiel spricht für eine tiefe“ VP, also dafür, dass Projektionen von Verben, die zwei ” Komplemente verlangen, im Deutschen die Struktur (14a) und nicht (14b) haben. (14) a. VP V′ DP1 DP2 b. V0 VP DP1 6 DP2 V0 Unter der Annahme, dass nur Konstituenten koordiniert werden können (Koordinationstest), kann man so argumentieren: Wenn die Struktur (14a) richtig ist, bilden DP2 und V eine Konstituente. Dann ist zu erwarten, dass man Ausdrücke der Form [DP V] ohne das zweite DP-Komplement des Verbs koordinieren kann. Genau das scheint in (13) der Fall zu sein: Die DP dem Onkel muss semantisch gesehen ein Argument von wegnehmen und auch von geben sein. Die naheliegende Konstituentenstruktur für die VP in (13) ist daher VP V′ DP dem Onkel V′ V′ & DP V0 das Buch wegnehmen und DP V0 das Glas geben Mit der Struktur (14b) wäre eine solche Koordination nicht möglich, da es keine Konstituente gibt, die V und DP2 einschließt und DP1 ausschließt. 13. Was ist an dem folgenden Beispiel problematisch (für die syntaktische Analyse): (15) Ich will dem Onkel das Buch wegnehmen und der Tante geben. Im Gegensatz zu (13) gibt es bei diesem Satz keine sinnvolle Konstituentenstruktur, die berücksichtigt, dass das Buch semantisch auch ein Objekt von geben und nicht nur von wegnehmen ist. Wenn man bei der Annahme bleibt, dass eine Konstituente aus einer ununterbrochenen Wortfolge bestehen muss, wären die Strukturen in (16) denkbar. In (16a) und (16b) kann das Buch nicht in der maximalen Projektion des Verbs geben stehen; es ist daher unklar, wie der Satz zu seiner Bedeutung kommt. Die Strukturen (16b) und (16c) kann man ausschließen, da aus ihnen folgen würde, dass dem Onkel ein Argument von geben ist. (16) a. [dem Onkel das Buch wegnehmen] und [der Tante geben] b. dem Onkel [[das Buch wegnehmen] und [der Tante geben]] c. dem Onkel das Buch [[wegnehmen] und [der Tante geben]] Es gibt mehrere Lösungen“ für dieses Problem, von denen aber keine wirklich befriedigend ” ist. Zum Beispiel könnte man Überschneidungen im Konstituentenstrukturbaum erlauben. Dann würde die Konstituentenstruktur aber nicht mehr viel über die Wortstellung aussagen und man bräuchte eine eigenständige Theorie der zulässigen Überschneidungen. Eine andere Möglichkeit wäre, dass der Satz durch eine Transformation von Ich will das Buch dem Onkel wegnehmen und der Tante geben abgeleitet ist. Dann wäre immer noch unklar, was die Transformation ausgelöst hat. Die heute übliche Analyse ist, anzunehmen, dass der Satz durch eine Tilgung aus dem Onkel das Buch wegnehmen und der Tante das Buch geben entstanden ist. Dann braucht man aber eine Theorie, die einschränkt, was getilgt werden darf, da sonst der Koordinationstest jede Aussagekraft verlieren würde. 14. Wie wird lineare Abfolge von Konstituenten in der Grammatiktheorie, spezieller im Zusammenhang der X-Bar-Theorie erklärt? Was ist universell, was Sprach-, was Kategorie-, was Lexem-spezifisch? Geben Sie Beispiele. — Die X-Bar-Theorie nimmt an, dass die hierarchische Struktur von Phrasen universell ist, die Anordnung von Kopf und Komplement, Kopf und Spezifikator bzw. Kopf und Adjunkt aber nicht. In vielen Sprachen ist die Anordnung von Kopf und Komplement/Spezifikator/Adjunkt für alle 7 Kategorien gleich, es kann aber Unterschiede zwischen den Konfigurationen geben (z.B. Spezifikator vor Kopf, aber Kopf vor Komplement). Solche Sprachen sind z.B. das Englische (die meisten Modifikatoren kommen vor dem Kopf, aber Komplemente nach dem Kopf) oder das Japanische (Komplemente immer vor dem Kopf). Dass die Anordnung für unterschiedliche Kategorien gleich ist, ist aber nur eine allgemeine Tendenz. Es gibt auch disharmonische Sprachen, in denen die lineare Abfolge nicht nur von der Konfiguration, sondern auch von der syntaktischen Kategorie abhängt. Im Deutschen kommen beispielsweise Nomina und Determinatoren vor ihren Komplementen, Adjektive (und nach heutigem Forschungsstand auch Verben) kommen danach. Es liegt also nahe, Direktionalitätsparameter anzunehmen, die sprach- und kategoriespezifisch gesetzt werden müssen. Ein Problem für diese Annahme ist, dass es auch Sprachen gibt, in denen innerhalb einer Kategorie unterschiedliche Anordnungen vorkommen. Ein Beispiel sind die Prä- und Postpositionen im Deutschen, bei denen die Anordnung von Kopf und Komplement offenbar lexemspezifisch ist. 3 Deutscher Satzbau, allgemein 15. Welche besondere Rolle spielt die C-Projektion bei der Analyse deutscher Sätze? Erläutern sie dies anhand der Diskussion von Beispielen. — Deklarative Hauptsätze und bestimmte Typen von Nebensätzen weisen im Deutschen Verbzweitstellung auf. Das bedeutet, dass genau eine Konstituente vor dem finiten Verb stehen muss. In Nebensätzen scheint Verbzweitstellung nur dann möglich zu sein, wenn kein Komplementierer vorhanden ist: (17) a. Mein Freund hat ein Buch geschrieben. b. Ein Buch hat mein Freund geschrieben. c. *Mein Freund ein Buch geschrieben hat. d. *Ich glaube, dass mein Freund hat ein Buch geschrieben. e. Ich glaube, dass mein Freund ein Buch geschrieben hat. f. Ich glaube, mein Freund hat ein Buch geschrieben. Die komplementäre Distribution von Komplementierern und V2 kann man mit der Annahme begründen, dass das finite Verb in V2-Sätzen in die C-Position bewegt wird. Zusätzlich muss in deklarativen Hauptsätzen und w-Fragen SpecCP besetzt sein. Aus dieser Analyse von V2-Sätzen folgt, dass im Deutschen (im Gegensatz zum Englischen) auch Hauptsätze immer CPn sind. 16. Leiten Sie aus der Baumstruktur des deutschen Nebensatzes (18) weil die Autorin in einer Nacht einen Roman geschrieben hat mindestens drei Hauptsatzvarianten ab (mit genauer Baumstruktur, wobei Sie nur eine für den Nebensatz zeichnen müssen und die Hauptsatzstrukturen in dieser einen Struktur indizieren können). — Ausgangsstruktur: 8 CP C′ Spec C0 TP weil T′ DP die Autorin1 T0 VP V0 VP hat PP VP in einer Nacht V′ DP t1 9 DP V0 einen Roman geschrieben CP C′ DP die Autorin1 C0 TP hat2 T′ DP t1 ′ T0 VP t2 ′ V0 VP t2 PP VP in einer Nacht V′ DP t1 10 DP V0 einen Roman geschrieben CP C′ PP in einer Nacht3 C0 TP hat2 T′ DP die Autorin1 T0 VP t2 ′ V0 VP t2 PP VP t3 V′ DP t1 DP V0 einen Roman geschrieben CP C′ DP einen Roman3 C0 TP hat T′ DP die Autorin1 T0 VP t2 ′ V0 VP t2 VP PP in einer Nacht t1 11 V′ DP DP V0 t3 geschrieben 17. Welche Optionen zur Analyse der Basisposition von Subjekten gibt es im Deutschen und allgemein? — Im Allgemeinen gibt es zwei Analysemöglichkeiten: • Die Basisposition des Subjekts ist SpecTP. Der Nachteil dieser Analyse ist, dass Subjekte dann eine Ausnahme von der Generalisierung sind, dass alle Argumente eines Kopfes innerhalb seiner Projektion stehen müssen. Das Subjekt ist ein thematisches Argument des Verbs; die Generalisierung ist daher nur haltbar, wenn es in der VP steht. • Die Basisposition ist SpecVP. Diese Analyse hat den Nachteil, dass zur Analyse von hauptinitialen Sprachen, in denen T-Elemente nach dem Subjekt stehen müssen, zusätzliche Transformationen nötig sind. In solchen Sprachen scheint das Subjekt zumindest oberflächlich in SpecTP zu stehen. Im Deutschen gibt es keine Evidenz dafür, dass das Subjekt in SpecTP steht. Es ist sogar umstritten, ob es im Deutschen überhaupt eine TP gibt oder ob die deutschen Auxiliare V-Köpfe sind, die VP-Komplemente verlangen. In VO-Sprachen wie dem Englischen leitet man die Existenz der TP aus Wortstellungsalternationen von Auxiliarverben, Adverbien und Vollverben ab. Ein analoges Argument für das Deutsche kann es aber nicht geben, da VPn (und, wenn es sie geben sollte, auch TPn) im Deutschen hauptfinal sind, AdvP-Modifikatoren aber im Allgemeinen vor den Elementen stehen, die sie modifizieren. 4 Satzbau, komparativ 18. Mit Hilfe welcher syntaktischen Kategorie wird der einfache Hauptsatz, z.B. im Englischen, analysiert? Geben Sie ein oder zwei Beispiele, samt Strukturbäumen. — In Sprachen wie dem Englischen, in denen es keine Verbzweitstellung im Hauptsatz gibt, kann man annehmen, dass ein einfacher Deklarativsatz die Kategorie TP hat. Die deklarativen Hauptsätze des Englischen liefern zumindest keine Evidenz für eine Position über“ der TP. ” (19) a. TP T′ DP he1 T0 has VP t1 b. V′ DP V0 DP read the book CP C0 [- wh] TP T′ DP he1 T0 has VP DP V′ t1 read the book Da die übliche Analyse englischer Fragesätze annimmt, dass die TP in eine CP eingebettet ist, könnte man im Prinzip annehmen, dass auch deklarative Hauptsätze immer CPn mit einem phonologisch leeren C-Kopf sind (wie im Deutschen). Wie gesagt sprechen die Daten aber nicht für 12 eine solche Analyse – man könnte sie nur mit Analogien zu anderen Sprachen und Satztypen begründen. 19. Auf welchen Unterschied wird folgender Kontrast zwischen Englisch und Französisch zurückgeführt: (20) a. Romeo carefully words his letters b. *Roméo soigneusement formule ses lettres c. *Romeo words carefully his letters d. Roméo formule soigneusement ses lettres — Der Unterschied wird auf einen Parameter zurückgeführt, der bestimmt, ob ein finites Vollverb in der Position V oder T steht. Als zugrundeliegende Struktur nimmt man für beide Sprachen (21) an: (21) TP T′ DP T0 VP AdvP VP V′ DP V0 DP Die strukturelle Position des Adverbs soigneusement bzw. carefully ist also in beiden Sprachen gleich. Aus dieser Struktur folgt, dass das Element an der T0 -Position vor dem Adverb und das Element in V0 nach dem Adverb stehen muss. Im Französischen wird das Vollverb immer von seiner Basisposition V0 in die T0 -Position bewegt, wenn diese nicht durch ein Auxiliar besetzt ist. Daher ist (20d) grammatisch, das Beispiel (20b), in dem das finite Verb nach dem Adverb steht, aber nicht. Im Englischen bleibt das Vollverb immer in V0 stehen, auch wenn kein Auxiliar auftritt. Daher kann das Vollverb nicht wie in (20c) vor dem Adverb stehen. Ein Problem tritt bei dieser Analyse auf, wenn man die (theoretisch sinnvolle) Annahme trifft, dass das englische Flexionssuffix -s in der T0 -Position generiert wird. Dann müsste sich das Suffix nach V0 bewegen und durch irgendeinen zusätzlichen grammatischen Prozess mit dem Verb verschmelzen. 20. Der folgende Satz ist aus dem Bambarra, einer Mande-Sprache aus der Niger-Kongo-Familie. Geben Sie einen Strukturbaum für diesen Satz und erörtern Sie knapp, wie die Kopfparameter im Bambarra gesetzt zu sein scheinen. Ist das Bambarra eine harmonische Sprache? Erörtern Sie Ihre Antwort. (22) tabalitigi bè alimèti feere table.merchant AUX matches sell ‘The table merchant sells matches.’ — Die Struktur des Satzes könnte so aussehen: 13 TP T′ DP tabalitigi1 T0 bè VP V′ DP t1 DP V0 alimèti feere Das Auxiliar bè steht vor der VP. Wenn man analog zu anderen Sprachen annimmt, dass die Position des Auxiliars im Baum T0 ist, scheint der Satz dafür zu sprechen, dass T-Elemente vor ihrem Komplement stehen. Der Kopf der VP steht hingegen offensichtlich nach seinem DP-Komplement. Das Subjekt steht vor der VP und dem Auxiliar, was dafür spricht, dass Spezifikatoren einer TP im Bambarra vor dem Kopf stehen. Im Satz ist kein anderer klarer Fall einer besetzten Spezifikatorposition erkennbar. Da die Anordnung von Kopf und Komplement nicht über alle Kategorien hinweg einheitlich ist, ist das Bambarra keine harmonische Sprache. Ob die Anordnung von Kopf und Spezifikator auch uneinheitlich ist, ist aus dem Satz nicht erkennbar. 21. Der folgende komplexe Satz ist aus dem Bengali (Bangla), einer indo-europäischen Sprache, die in Bangladesh gesprochen wird. Geben Sie einen Strukturbaum für diesen Satz und erörtern Sie knapp, wie die Kopfparameter im Bengali gesetzt zu sein scheinen. Ist das Bengali eine harmonische Sprache? Erörtern Sie Ihre Antwort. (23) chele-Ta [ or baba aS -be bole ] Suneche boy-CF his father come -will that heard ‘The boy heard that his father will come.’ [Hinweis: Der Satz gibt Ihnen keine Hinweise darauf, ob das Matrixverb in V steht oder nach T angehoben wurde. Nehmen Sie an, dass es in V verbleibt.] — Die Struktur des Satzes könnte so aussehen: 14 TP T′ DP chele-Ta1 T0 VP V′ DP t1 V0 CP Suneche C0 TP bole T′ DP2 D0 NP or N0 DP V0 baba t2 aS T0 VP -be Sowohl im Matrixsatz als auch im Komplementsatz stehen die Subjekte vor der VP. Das führt auf die Vermutung, dass Spezifikatoren im Bangla vor dem Kopf stehen müssen. Die beiden VPn sowie die TP und die CP im eingebetteten Satz sind hauptfinal. In der Subjekts-DP des eingebetteten Satzes steht or vor baba. Wenn das Possessivpronomen or, wie sein Äquivalent im Englischen, der Kopf der DP ist, bedeutet das, dass DPn im Bangla hauptinitial sein können und somit auch, dass das Bangla keine harmonische Sprache ist. Die innere Struktur der DP chele-Ta ist aus dem Satz nicht klar erkennbar. Sie scheint aber nicht gegen die Vermutung zu sprechen, dass Determinatoren vor ihrem Komplement stehen. 5 Bewegung, lange Bewegung 22. K-Kommando ist eine Relation, die zwischen der Landeposition eines Elements und seiner Basis besteht. Geben Sie die Definition an und erläutern Sie diese anhand einer Baumstruktur. — Ein Knoten α k-kommandiert einen Knoten β genau dann, wenn • α β nicht dominiert und • der erste verzweigende Knoten [ungleich α], der α dominiert, auch β dominiert. Man nimmt an, dass Dominanz eine reflexive Relation ist, d.h. jede Konstituente dominiert sich selbst. (24) A B C D E F In diesem Baum k-kommandiert D B, denn D dominiert B nicht und der erste verzweigende Knoten, der D dominiert – A – dominiert auch B. Da A auch C und sich selbst dominiert, kkommandiert D auch diese Knoten. D k-kommandiert aber weder sich selbst noch seine Kinder E und F, weil das die erste Bedingung (keine Dominanz) verletzen würde. 15 Der Knoten C k-kommandiert alle anderen Knoten. Das ergibt sich daraus, dass der erste verzweigende Knoten, der C dominiert, A und nicht B ist. C k-kommandiert also alle Knoten, die von A und nicht von C dominiert werden. Da A die Wurzel des Baumes ist und C nur sich selbst dominiert, kommen alle Knoten außer C in Frage. (Wenn man ausschließen möchte, dass C B und A k-kommandiert, könnte man die Bedingung hinzufügen, dass in einer K-Kommando-Relation keiner der beiden Knoten den anderen dominieren darf.) Im Gegensatz dazu k-kommandiert E nur D und F, weil der erste verzweigende Knoten, der E dominiert, D ist. 23. Warum ist (25a) ambig und (25b) nicht? Geben Sie die jeweils möglichen Interpretationen an, und geben Sie eine Erklärung für diesen Kontrast (kein Strukturbaum notwendig). (25) a. Wann hat dein Bruder dir gemailt, dass die Vernissage stattfindet? b. Wann hat dein Bruder dir gemailt, wo die Vernissage stattfindet? — Der Satz (25a) hat folgende Interpretationen: 1. Dein Bruder hat dir gemailt, dass die Vernissage stattfindet. Wann hast du seine Mail erhalten? 2. Dein Bruder hat dir gemailt, wann die Vernissage stattfindet. Wann findet sie laut seiner Mail statt? Die einzige Interpretation des Satzes (25b) ist dagegen: Dein Bruder hat dir gemailt, wo die Vernissage stattfindet. Wann hast du seine Mail erhalten? Die Ambiguität von (25a) kommt daher, dass es zwei mögliche Basispositionen für das Fragewort wann gibt. In der Lesart (1) modifiziert wann die VP des Matrixsatzes mit dem Kopf gemailt. In der Lesart (2) modifiziert es die VP des eingebetteten Satzes mit dem Kopf stattfindet. Im Satz (25b) kann wann nur die VP des Matrixsatzes modifizieren; eine zu (2) parallele Interpretation als Mehrfachfrage gibt es nicht. Die übliche theoretische Erklärung für diesen Kontrast ist, dass eine w-Phrase, die aus einem eingebetteten Satz bewegt wird, einen Zwischenschritt“ über die SpecC-Position dieses Satzes ” machen muss. In (25a) kann sich wann aus dem eingebetteten Satz hinaus bewegen, weil die SpecC-Position des eingebetteten Satzes nicht besetzt ist. In (25b) ist diese Position besetzt, weil die w-Phrase wo dorthin bewegt wurde. 24. Warum sprechen die folgenden Daten für eine schrittweise Verschiebung von Fragepronomina? Kommentieren Sie eines der folgenden Beispiele (und machen Sie klar, welches): • Belfast English: (26) Who did John say did Mary claim had John feared would Bill attack? • West Ulster English: (27) a. What all did he say (that) he wanted? b. What did he say (that) he wanted all? c. What did he say all (that) he wanted? • Child English: (28) What do you think what Cookie Monster eats? — Zu (27): In (27a) wird eine wh-Phrase, die einen Quantor enthält, aus dem eingebetteten Satz extrahiert. (27b) zeigt, dass der Quantor all in der Basisposition der wh-Phrase gestrandet“ ” werden kann, so dass nur what bewegt wird. Wenn (27c) das Gleiche bedeutet wie (27a) und (27b), müssen what und all auch hier in ihren Basispositionen eine Konstituente bilden. Die ersten beiden Sätze wären auch mit der Annahme kompatibel, dass lange Bewegung ohne Zwischenschritte vor sich geht. Die Position von all in (27c) könnte man dann aber nicht erklären. 16 Mit der Annahme, dass die bewegte wh-Phrase eine Zwischenlandung“ in der SpecC-Position ” des eingebetteten Satzes machen muss, kann man (27c) beschreiben: Im ersten Schritt wird die gesamte wh-Phrase bewegt (wie in (27a)), im zweiten Schritt kommt es zu Stranding wie in (27b). 25. Analysieren sie folgenden deutschen Satz (Baum) und diskutieren sie die Regularitäten der Verb-zweit-Verschiebung. (29) Gegen den Hans, hat Georg gesagt, wird die Polizei niemals vorgehen. — CP C′ PP gegen den Hans1 C0 VP hat2 V′ DP Georg3 V0 VP t2 V′ DP t3 V0 CP gesagt C′ PP t1 C0 VP wird5 V′ DP die Polizei4 T0 VP AdvP niemals t5 VP V′ DP t4 PP V0 t1 vorgehen Da der eingebettete Satz keinen Komplementierer enthält, muss sich das finite Verb wird in die CPosition bewegen. Das Gleiche geschieht auch im Matrixsatz. Die Verbzweitverschiebung geschieht in zwei Schritten, mit einer Zwischenlandung“ in der SpecCP-Position des eingebetteten Satzes. ” Für diese Analyse spricht, dass V1-Wortstellung in einem deutschen Nebensatz nur dann möglich ist, wenn aus dem Satz extrahiert wurde und wenn seine SpecCP-Position nicht besetzt ist (vgl. Frage 28). Der eingebettete Satz steht – im Widerspruch zu den üblichen Generalisierungen über das Deutsche – nach dem Matrixverb (Extraposition). Es ist umstritten, ob extraponierte Sätze an die VP 17 adjungiert werden oder ob ihre Basisposition rechts vom Verb ist. Ich habe mich für letztere Analyse entschieden. Die Hilfsverben wird und hat habe ich als V und nicht als T analysiert. Ich nehme an, dass sich das Subjekt aus seiner Basisposition in die Spezifikatorposition des finiten Verbs bewegt. Dafür spricht unter anderem, dass das Subjekt mit dem finiten Verb kongruiert und nicht mit dem Verb, von dem es seine thematische Rolle erhält. 26. Wir haben Topikalisierung im Englischen als Adjunktion an TP analysiert, wh-Bewegung als Bewegung in den Spezifikator von C. Argumentieren Sie anhand von Beispielen warum... • man davon ausgeht, dass Sätze mit wh-Bewegung eine andere Kategorie haben, als solche ohne, und • man davon ausgeht, dass eine Bewegung einen Kopf und Spezifikator involviert, die andere aber nicht — Sätze mit Topikalisierung kann man unter einen Komplementierer einbetten, Sätze mit whBewegung aber nicht: (30) a. This book, she has read. b. I think (that) she has read this book. c. I think (that) this book, she has read. d. Which book has she read? e. I don’t know which book she has read. f. *I don’t know that which book she has read. g. *I don’t know if which book she has read. Für viele Sprecher/innen scheinen Sätze wie (30c) akzeptabel zu sein. Eingebettete Sätze mit Topikalisierung haben also für diese Sprecher/innen die gleiche Distribution wie solche ohne Topikalisierung. Es liegt daher nahe, beiden Satztypen die gleiche syntaktische Kategorie (TP) zuzuweisen. Sätze mit wh-Bewegung können dagegen im Unterschied zu normalen“ Deklarativsätzen ” nur ohne Komplementierer eingebettet werden, wie (30e-30g) zeigen. Diesen Distributionsunterschied kann man erfassen, indem man annimmt, dass Sätze mit whBewegung CPn sind und dass die wh-Bewegung von einem speziellen phonetisch leeren C-Kopf ausgelöst wird, der eine wh-Phrase als Spezifikator verlangt. Damit ist auch erklärt, dass in solchen Sätzen keine Komplementierer auftreten dürfen. Außerdem beschreibt dieser Ansatz richtig, dass wh-Bewegung in englischen wh-Fragesätzen obligatorisch ist (abgesehen von Echofragen) und dass sich bei Mehrfachfragen nur eine wh-Phrase bewegt. Bei Topikalisierung gibt es hingegen keine Evidenz dafür, dass die Bewegung von einem Kopf ausgelöst wird: Die Ausgangsstrukturen sind bereits akzeptable Sätze des Englischen, die sich nur pragmatisch von den Sätzen mit Topikalisierung unterscheiden, und es gibt auch keine Kontexte, in denen Topikalisierung obligatorisch ist. 27. Geben Sie Argumente dafür an, dass die Phrase diesem Mann in beiden der folgenden Sätze vom Verb subkategorisiert ist. (31) a. Man kann sicherlich diesem Mann vertrauen. b. Diesem Mann kann man sicherlich vertrauen. — • Beide Sätze werden inakzeptabel, wenn man wie in (32a) und (32b) ein intransitives Verb statt vertrauen einsetzt. Wenn man aber wie in (32c) und (32d) ein intransitives Verb einsetzt und diesem Mann durch einen Modifikator ersetzt, entstehen akzeptable Sätze. Wenn diesem Mann kein Argument des Verbs wäre, so wäre diese Asymmetrie schwer zu erklären. (32) a. *Man kann sicherlich diesem Mann arbeiten. b. *Diesem Mann kann man sicherlich arbeiten. 18 c. Man kann sicherlich an diesem Tag arbeiten. d. An diesem Tag kann man sicherlich arbeiten. • Die DP diesem Mann erhält ihren Kasus vom Verb vertrauen. Wenn man Verben mit anderen Kasuszuweisungseigenschaften einsetzt, ändert sich auch der Kasus von diesem Mann: (33) a. b. c. d. e. f. g. h. i. j. *Man kann sicherlich diesen Mann vertrauen. *Diesen Mann kann man sicherlich vertrauen. *Man kann sicherlich dieses Mannes vertrauen. *Dieses Mannes kann man sicherlich vertrauen. Man kann sicherlich dieses Mannes gedenken. Dieses Mannes kann man sicherlich gedenken. Man kann sicherlich diesen Mann mitnehmen. Diesen Mann kann man sicherlich mitnehmen. *Man kann sicherlich diesem Mann mitnehmen. *Diesem Mann kann man sicherlich mitnehmen. Es gibt zwar Fälle, in denen ein Verb einer DP einen Kasus zuweist, die kein Argument ist (ECM-Konstruktionen). Solche Konstruktionen treten aber nur bei Verben auf, die – im Gegensatz zu vertrauen – eine TP als Komplement nehmen. 28. Eingebettete Aussagesätze im Deutschen müssen nicht immer mit dass eingeleitet werden, wie Beispiele wie Du glaubst, sie haben den Fritz eingeladen zeigen. Extraktionen aus solchen eingebetteten Sätzen zeigen ein komplexes Muster, das sich durch bestimmte Annahmen zur generellen Mechanik von langer Extraktion (also Extraktion aus einem eingebetteten Satz in den SpezC des Matrixsatzes) erklären lässt. Präsentieren Sie die einschlägigen Daten und erörtern Sie die Analyse/die Annahmen. — Beispiele (aus dem Skriptum): (34) a. Du glaubst, Marion hat ihn eingeladen. b. *Du glaubst, hat Marion ihn eingeladen. c. Wen, glaubst du, hat Marion eingeladen? d. *Wen, glaubst du, Marion hat eingeladen? e. Warum, glaubst du, hat Marion ihn eingeladen? f. Warum glaubst du, Marion hat ihn eingeladen? Die Daten zeigen, dass V1-Komplementsätze nur dann möglich sind, wenn aus dem eingebetteten Satz etwas extrahiert wurde (wie in (34c) und (34e)). Verbzweitstellung ist hingegen nur bei Komplementsätzen möglich, aus denen nichts extrahiert wurde (wie in (34a) und (34f)). Die Kontexte für V1- und V2-Komplementsätze schließen einander also aus. (Dass (34e) und (34f) beide akzeptabel sind, ist kein Gegenbeispiel für diese Behauptung, da warum in (34f) nur die Matrix-VP und in (34e) nur die VP des eingebetteten Satzes modifizieren kann.) Dieser Kontrast lässt sich mit folgenden Annahmen erklären: • Lange Extraktion findet schrittweise statt: In jedem Schritt kann sich die bewegte Konstituente nur in die nächsthöhere SpecCP-Position bewegen. Diese Position darf nicht besetzt sein. Sätze mit langer Bewegung sind also nur dann grammatisch, wenn alle SpecCP-Positionen zwischen der Basisposition und der Zielposition des bewegten Elements (bis auf Effekte der Bewegung selbst, wie gestrandete Elemente) frei sind. • Die Verbzweitstellung im Deutschen entsteht dadurch, dass das Verb in die C-Position und eine beliebige Phrase in die SpecCP-Position bewegt wird. Verbinitiale Sätze wie der eingebettete Satz in (34c) entstehen, wenn sich nur das Verb bewegt und SpecCP frei bleibt. 19 6 Inseln 29. Was ist eine Insel (im grammatiktheoretischen Sinne), warum nennt man sie so und welche Phänomene ergeben sich daraus? — Eine Insel ist eine Konstituente, aus der nichts extrahiert werden kann. Das heißt, es darf keine Bewegungstransformation geben, bei der die Basisposition des bewegten Elements innerhalb und die Landeposition außerhalb der Insel ist. Inseln erkennt man also daran, dass lange Bewegung (w-Bewegung, Topikalisierung) einer Konstituente aus einer Insel zu inakzeptablen Sätzen führt. Die Metapher hinter dieser Bezeichnung ist, dass man eine Insel nicht oder nur schwer verlassen kann. 30. Konstruieren Sie (deutsche oder englische) Beispiele für (unakzeptable) Extraktionen aus den folgenden Arten von Inseln: • Relativsatz • Fragesatz • Subjektsatz • Adjunkt • Koordination • Komplexe NP — (35) a. *[Welches Buch]1 kennst du die Autorin, die t1 geschrieben hat? (Relativsatz) b. *[Which records]1 are you wondering if you should sell t1 ? (Fragesatz; klingt im Deutschen besser) c. *[Which records]1 did it bother you that you couldn’t sell t1 ? (Subjektsatz) d. *[Which film]1 did you stay at home because you wanted to watch t1 ? (Adjunkt) e. *Was1 hast du einen Kaffee getrunken und t1 gegessen? (Koordination) f. *[Welche Platten]1 hast du den Einfall gehabt, dass wir t1 verkaufen sollten? (Komplexe NP) 31. Welcher Art Inseln sind die folgenden? Markieren Sie die Insel (mit Klammern) und fügen Sie die insulare Basisposition des extrahierten Elements mit einer indizierten Spur an. (36) a. *What did they reject the idea that a composer should write? b. *What did Valerie provide the biscuits yesterday but William bake? c. *Which opera did she see the composer who wrote? d. *What kind of books does reading irritate you? e. *Who is John proud of and tired of his mother? f. *Who does Mary know a girl who is jealous of? g. *Who did that Mary was going out with bother you? — (36a) Komplexe NP: What1 did they reject the idea [that a composer should write t1 ]? (36b) Koordination: What1 did [Valerie provide the biscuits yesterday but William bake t1 ]? (36c) Relativsatz: [Which opera]1 did she see the composer [who wrote t1 ]? (36d) Subjektsatz: [What kind of books]1 does [reading t1 ] irritate you? (36e) Koordination: Who1 is John [proud of t1 and tired of his mother]? (36f) Relativsatz: Who1 does Mary know a girl [who is jealous of t1 ]? (36g) Subjektsatz: Who1 did [that Mary was going out with ti ] bother you? 20 32. Es gibt viele theoretische Ansätze mit dem Ziel, den Inselstatus einer Konstituente vorauszusagen. Eine Klasse von Analysen rekurriert auf die Frage, ob eine Konstituente Theta-markiert ist. Erörtern Sie diese anhand von Beispielen: Was ist die Generalisierung, welche Arten von Inseln (im Sinne der obigen Liste) lassen sich daraus ableiten? — Die Generalisierung ist, dass Konstituenten, die nicht theta-markiert sind, also keine thematische Rolle erhalten, Inseln sind. Dieser Ansatz kann also erklären, dass Adjunkte und Relativsätze Inseln sind. Wenn man annimmt, dass nicht Theta-Markierung, sondern Subkategorisierung ausschlaggebend ist – also dass eine Konstituente eine Insel ist, wenn sie auf keiner Subkategorisierungsliste steht – erklärt sie auch den Inselstatus von Subjektsätzen. Dass Fragesätze, komplexe NPs und Koordinationsstrukturen Inseln sind, kann man aus dieser Generalisierung nicht ableiten, denn eingebettete Fragesätze werden vom Verb und Komplementsätze eines Nomens von diesem Nomen selektiert. Koordinationsstrukturen sind auch dann Inseln, wenn sie eine thematische Rolle tragen. 33. Es gibt viele theoretische Ansätze mit dem Ziel, den Inselstatus einer Konstituente vorauszusagen. Eine Klasse von Analysen rekurriert auf die Füllung der Position SpezC in eingebetteten Sätzen. Erörtern Sie diese anhand von Beispielen: Was ist die Generalisierung, welche Annahmen machen solche Analysen, und welche Arten von Inseln (im Sinne der obigen Liste) lassen sich daraus ableiten? — Die Generalisierung ist, dass ein eingebetteter Satz, dessen SpecCP-Position besetzt ist, eine Insel ist. Dieser Analyse liegt die Annahme zugrunde, dass die bewegte Konstituente bei langer Bewegung in jeder SpecCP-Position zwischen Basis- und Landeposition zwischenlanden“ muss, ” und dass die Bewegung blockiert“ wird, wenn eine SpecCP-Position schon besetzt ist. ” Dieser Ansatz sagt voraus, dass Relativsätze und eingebettete Fragesätze, in deren SpecCP ein wh-Fragepronomen steht, Inseln sind. Er ist aber nicht auf komplexe NPn, Subjektsätze, Adjunkte, Koordinationsstrukturen und Fragesätze mit einem Komplementierer wie if/whether anwendbar. 7 Raising (Anhebung) 34. Perlmutters Generalisierung (bisweilen auch Burzios Generalisierung genannt) ist eine Beobachtung, die feststellt, dass ein Verb, das keine externe Theta-Rolle (Subjekt) vergibt, auch keinen strukturellen Kasus (Akkusativ) zuweisen kann. In welchem Kontext bzw. aus welcher Art Konstruktion ist dies ersichtlich? Führen Sie ein Beispiel an. — Passive Verbformen unterscheiden sich von den entsprechenden Aktivformen darin, dass die Akkusativzuweisung und die thematische Rolle des Subjekts wegfallen. Dass generell – nicht nur bei der Passivbildung – ein Zusammenhang zwischen Akkusativzuweisung und Vorhandensein eines thematischen Subjekts besteht, zeigen die sogenannten Anhebungsverben. Das sind Verben, die eine infinite TP als Komplement nehmen und im Aktiv kein thematisches Subjekt besitzen, wie scheinen und drohen in (21). (37) a. Er scheint mich zu mögen. b. Der Regen droht stärker zu werden. In diesen Sätzen wurde das thematische Subjekt des eingebetteten Satzes in die syntaktische Subjektsposition des Anhebungsverbs bewegt. Ein Test“ für Perlmutters Generalisierung ist, ” ob Anhebungsverben einer DP innerhalb ihres Komplements einen strukturellen Kasus zuweisen können, also ob sie in ECM-Konstruktionen auftreten können. Beispiel (38c) zeigt, dass das nicht der Fall ist: Im Gegensatz zum ECM-Verb expect in (38b), das ein thematisches Subjekt besitzt, kann das Anhebungsverb seem keinen Akkusativ vergeben. (38) a. He1 seems [TP t1 to like me]. b. I expect [TP him to like me]. c. *It seems [TP him to like me]. 21 35. Zeichnen Sie einen Strukturbaum für den folgenden Satz und bezeichnen Sie (durch Pfeile) Theta- und Kasusmarkierung: (39) Katrin seemed to win the race. — Gestrichelte Pfeile stehen für Thetarollenzuweisung und durchgezogene Pfeile für Kasusmarkierung. Ich nehme an, dass ein Kopf seine thematischen Rollen schrittweise abarbeitet“, d.h. ” bei transitiven Verben wird die thematische Rolle des Subjekts von einer Zwischenprojektion und nicht vom V-Kopf zugewiesen. TP T′ DP Katrini T0 [+ fin] VP V0 seemed TP T′ DP ti ′ T0 to [– fin] VP V′ DP ti V0 DP win the race 36. Im Passiv wird die externe Theta-Rolle absorbiert. Was ist die Folge und wie kommen die Elemente in folgendem (Neben)Satz zu ihren Fällen und Thetarollen? (Zeichnen Sie einen Strukturbaum und markieren Sie durch Pfeile.) (40) weil dieses Buch gern gelesen wird — Das thematische Objekt des Verbs steht in einem Passivsatz in der Subjektsposition und erhält seine thematische Rolle vom Verb und seinen Kasus vom finiten T-Kopf. Die Zuweisung der thematischen Rolle Gelesenes“ an dieses Buch in (40) kann man erklären, indem man annimmt, ” dass die Basisposition von dieses Buch das Komplement von lesen ist. In ihrer Basisposition könnte die DP dieses Buch keinen Kasus erhalten, weil passive Verbformen prinzipiell keinen strukturellen Kasus zuweisen können. Die Bewegung von dieses Buch in die Subjektsposition kann man auf zwei Arten motivieren. Entweder man nimmt an, dass der T-Kopf in seinem Lexikoneintrag einen besetzten Spezifikator verlangt“, oder man nimmt ein allgemeines ” Prinzip an, das besagt, dass sich eine DP in die nächsthöhere Position mit Kasusmarkierung bewegen muss, wenn sie in ihrer Basisposition keinen Kasus zugewiesen bekommt. Gestrichelte Pfeile stehen für Thetarollenzuweisung und durchgezogene Pfeile für Kasusmarkierung. 22 CP C0 TP weil T′ DP dieses Buchi T0 VP [+ fin] V0 VP AdvP gern 8 wird VP DP V0 ti gelesen ECM (Exceptional Case Marking) und Kontrolle 37. Was ist das Besondere an ECM? Kann das jedes Verb? Geben Sie mindestens zwei (deutsche oder englische) Beispiele an. — Unter ECM versteht man Konstruktionen, in denen ein Verb eine infinite TP als Komplement nimmt und dem thematischen Subjekt der eingebetteten TP einen strukturellen Kasus (Akkusativ) zuweist. Das Subjekt des eingebetteten Satzes verhält sich also syntaktisch wie ein Objekt des Matrixverbs. Beispiele: (41) a. I want [TP him to clean his room]. b. He expects [TP her to come]. Ob eine ECM-Konstruktion akzeptabel ist, hängt von lexikalischen Eigenschaften des Verbs ab. Für das Englische gilt, dass Verben, die ein TP-Komplement und ein thematisches Subjekt verlangen, im Regelfall ECM-Verben sind. 38. Zeichnen Sie einen Strukturbaum für die folgenden Sätze und erläutern Sie die Kasuszuweisung: (42) a. Bertram wants for Corinna to win the race. b. Bertram expected Corinna to win the race. 23 — TP T′ DP Bertrami T0 VP [+ fin] V′ DP ti V0 CP wants C0 TP for T′ DP Corinnaj T0 VP to [– fin] V′ DP tj V0 DP win the race TP T′ DP Bertrami T0 VP [+ fin] V′ DP ti V0 TP expected T′ DP Corinnaj T0 to [– fin] VP V′ DP tj V0 DP win the race In (42a) bekommt Corinna vom Komplementierer for einen lexikalischen Kasus, den Akkusativ, zugewiesen. Das Verb want kann keinen Kasus an eine DP innerhalb seines Komplements zuweisen, weil die Kasusmarkierung von der CP blockiert“ wird. ” Das Verb expect in (42b) ist ein ECM-Verb, also ein Verb, das ein thematisches Subjekt besitzt und ein TP-Komplement nimmt. Die DP Corinna bekommt einen (strukturellen) Akkusativ von expect zugewiesen. 39. Wie unterscheidet sich das Element pro von einer lexikalischen DP und wo kommt es vor? — pro ist ein phonetisch leeres Pronomen, das im Gegensatz zu allen anderen DPn keinen Kasus braucht. Es tritt in Kontrollkonstruktionen als Subjekt einer infiniten TP auf. Beispiele: 24 (43) a. Er versprach, [TP pro es zu tun]. b. Ich habe Sie gebeten, [TP pro mitzukommen]. Semantisch gesehen ist er in (43a) ein Argument von versprechen und von tun. Genauso ist Sie in (43b) ein Argument von bitten und von mitkommen. Wenn beide Verben ihre thematischen Rollen direkt an er bzw. Sie zuweisen würden, wäre aber das Theta-Kriterium verletzt. Daher nimmt man an, dass in der Subjektsposition der eingebetteten TP ein phonetisch leeres Element steht. Gewöhnlich wird pro von einem Argument des Matrixverbs kontrolliert. Welches Argument das ist, hängt von lexikalischen Eigenschaften des Matrixverbs ab. 40. Um welche Art Konstruktion handelt es sich bei folgenden Sätzen? Zeichnen Sie einen Strukturbaum und erläutern Sie Thetarollenvergabe und Kasuszuweisung und geben Sie ein deutsches Beispiel mit selber Struktur an. (44) a. [pro To talk about syntax] is fun. b. [pro To steal hexes from witches] is dangerous. — Diese Konstruktion wird als arbiträre Kontrolle bezeichnet. Das thematische Subjekt dieser Sätze ist eine infinite TP. Offenbar darf diese DP kein lexikalisches Subjekt haben (vgl. *Someone to talk about syntax is fun). Das liegt daran, dass ein infiniter T-Kopf seinem Spezifikator keinen Kasus zuweisen kann. Da das Subjekt von talk about syntax eine DP sein muss, aber keinen Kasus bekommen kann, liegt es nahe, anzunehmen, dass das leere Element pro das Subjekt ist. Im Gegensatz zu den normalen“ Kontrollkonstruktionen wird das pro hier nicht von einem anderen ” Argument des Matrixverbs kontrolliert. TP T′ TP1 T0 T′ DP [+ fin] pro2 T0 to [– fin] VP VP t1 V′ DP V′ TP V0 AP is dangerous t2 V′ PP V0 DP steal hexes from witches Analoge Beispiele aus dem Deutschen: (45) a. Über Syntax zu sprechen, macht Spaß. b. Bei diesem Spiel zu gewinnen, ist praktisch unmöglich. 41. Warum ist nachstehender Satz ungrammatisch? (46) There tried to pro be a strike. — Das Verb try verlangt zwei thematische Argumente: eine DP und eine infinite TP. Ein expletives Subjekt wie in (46) verletzt das Theta-Kriterium, weil es keine thematische Rolle tragen kann. 25 Dazu kommt, dass try ein Subjektskontrollverb ist, d.h. das Subjekt von try muss das leere Pronomen pro in der eingebetteten TP kontrollieren. Das ist vermutlich eine lexikalische Eigenschaft des Verbs. Man könnte argumentieren, dass zwei DPn, zwischen denen eine Kontrollbeziehung besteht, immer koreferent sein müssen, und dass das semantisch leere Pronomen there deshalb nichts kontrollieren kann. 42. Erklären Sie den Unterschied folgender zwei Sätze. Was macht (47a) gut und (47b) ungrammatisch? (47) a. Maria expected the kettle to boil over. b. *Maria persuaded the kettle to boil over. — (47a) ist eine ECM-Konstruktion, (47b) aber eine Kontrollkonstruktion. Das Verb expect in (47a) verlangt zwei Argumente: ein DP-Subjekt und eine TP. Obwohl sie infinit ist, darf die TP the kettle to boil over ein phonetisch realisiertes Subjekt haben, weil expect diesem Subjekt einen Kasus zuweisen kann. Die DP the kettle erhält also einen Kasus von expect, obwohl sie ein thematisches Argument von boil over und nicht von expect ist. Das Kontrollverb persuade in (47b) nimmt (in der üblichen Analyse) drei Argumente: ein DPSubjekt, ein DP-Objekt (the kettle) und eine infinite CP (pro to boil over ). Das phonetisch leere Subjekt der CP wird von der DP the kettle kontrolliert. Die CP kann kein phonetisch realisiertes Subjekt haben, weil dieses Subjekt keinen Kasus erhalten würde (man nimmt an, dass das Vorhandensein einer C-Schicht“ ECM ausschließt). ” In (47b) ist the kettle also ein Argument des Matrixverbs, in (47a) aber nicht. Eine naheliegende Erklärung für die unterschiedliche Akzeptabilität der beiden Sätze ist, dass die Subkategorisierungseigenschaften von persuade eine semantische Bedingung an das DP-Objekt enthalten (etwa Belebtheit oder Fähigkeit zu intentionalem Handeln), die von the kettle verletzt wird. In (47a) kann the kettle keiner solchen Bedingung unterliegen, weil es kein Argument von expect ist. 9 V2-Sprachen 43. Vergleiche die deutsche mit der englischen Nebensatzstruktur! Was ist anders? Worauf ist das zurückzuführen? — In typischen deutschen Nebensätzen, die unter einem Komplementierer eingebettet sind, steht das Verb an letzter Stelle. Im Englischen steht das Verb genau wie im Hauptsatz vor seinen Komplementen, aber nach dem Subjekt. Dieser Unterschied ist auf unterschiedlich gesetzte Direktionalitätsparameter zurückzuführen: Im Deutschen sind VPn und, wenn es sie geben sollte, TPn immer hauptfinal. Im Englischen sind dagegen alle Phrasen hauptinitial. Manche Verben des Deutschen lassen Nebensätze ohne Komplementierer zu, die wie deutsche Hauptsätze Verbzweitstellung aufweisen. Im Englischen ändert das Vorhandensein eines Komplementierers hingegen nichts an den möglichen Wortstellungen im Nebensatz. Das liegt daran, dass das Deutsche im Unterschied zum Englischen eine Verbzweitsprache ist (vgl. nächste Frage). 44. Wie unterscheidet sich die deutsche Hauptsatzstruktur von der des Nebensatzes? Welchem Sprachtypus wird daher das Deutsche zugeordnet? — In deutschen Nebensätzen steht das Verb (abgesehen von Extraposition, vgl. nächste Frage) an letzter Stelle. In deklarativen Hauptsätzen und w-Fragen darf hingegen nur eine beliebige XP vor dem Verb stehen. Daher wird das Deutsche üblicherweise als Verbzweitsprache analysiert. Man nimmt an, dass die zugrundeliegende Wortstellung OV ist. In der üblichen Analyse werden deutsche V2-Sätze von den zugrundeliegenden OV-Strukturen in zwei Schritten abgeleitet: Das finite Verb wird in die C-Position bewegt und eine beliebige Phrase nach SpecCP. In Ja/Nein-Fragen und Imperativen fällt der zweite Schritt weg. 45. Was sind Extraposition und Scrambling? Auf was weisen sie hin? 26 wurde in der VO nicht durchgenommen 46. Wie sieht die Analyse einer festlandskandinavischen Sprache aus? Welche Eigenschaften kennzeichnen sie? — Die festlandskandinavischen Sprachen sind Verbzweitsprachen; die zugrundeliegende Wortstellung ist aber im Unterschied zum Deutschen VO. Daher gibt es sowohl Hauptsätze als auch Nebensätze mit SVO-Wortstellung. In Hauptsätzen können wegen der Verbzweitstellung auch andere Konstituenten vor dem Verb stehen; in Nebensätzen nicht. Im Gegensatz zum Deutschen gibt es in den festlandskandinavischen Sprachen bestimmte Verben, die eingebettete V2-Sätze mit Komplementierer zulassen. In diesen Sprachen ist auch entscheidbar, ob es eine TP gibt und, wenn ja, ob sich das Verb im Nebensatz von V nach T bewegt. Diese Fragen kann man für die OV-Sprache Deutsch nicht eindeutig beantworten. 47. Wie sehen im Vergleich dazu die inselskandinavischen Sprachen und das Jiddische aus? Was ist deren Spezialität? — Wie die festlandskandinavischen Sprachen weisen diese Sprachen Verbzweitstellung und VO als zugrundeliegende Wortstellung auf (wobei die zugrundeliegende Wortstellung beim Jiddischen nicht ganz klar ist). Im Unterschied zu den festlandskandinavischen Sprachen und dem Deutschen schließen sich Verbzweitstellung im eingebetteten Satz und das Vorhandensein eines Komplementierers in diesen Sprachen nicht aus. 48. Nach welchen drei grundlegenden Eigenschaften werden die germanischen Sprachen analysiert? Welche Sprachen haben welche Eigenschaften? — • Grundlegende Wortstellung: Deutsch, Niederländisch, Afrikaans und Friesisch weisen OV-Wortstellung auf; die anderen germanischen Sprachen sind VO. • V2 im Hauptsatz: Alle germanischen Sprachen außer Englisch haben Verbzweitstellung in deklarativen Hauptsätzen. • V2 in eingebetteten Sätzen: Das Jiddische und die inselskandinavischen Sprachen lassen in allen eingebetteten Sätzen Verbzweitstellung zu. In den anderen germanischen Sprachen ist das nicht oder nur bei den Komplementen bestimmter Lexeme möglich. 10 Bindungstheorie 49. Was ist ein Binder und was ist Bindung (im technischen Sinne)? — Bindung ist eine Relation zwischen DPn innerhalb eines Satzes. Wenn A und B DPn sind, so ist A der Binder von B, wenn A und B koreferent sind und A B k-kommandiert. 50. Welche Klassen von DPn werden bzgl. der Bindungstheorie im Deutschen unterschieden und was sind die einschlägigen Generalisierungen ( Bindungsprinzipien‘) zu diesen Klassen? Geben Sie ’ Beispiele. — Im Deutschen werden drei Klassen unterschieden: 1. Reflexive und reziproke Pronomen: Müssen innerhalb ihrer Bindungsdomäne einen Binder haben. (= Prinzip A) 2. Nicht-reflexive Pronomen: Müssen innerhalb ihrer Bindungsdomäne frei sein. (= Prinzip B) 3. Volle (auch lexikalische“) DPn: Müssen innerhalb des ganzen Satzes frei sein. (= Prinzip ” C) Die Bindungsdomäne einer DP A kann man [etwas umformuliert nach dem Skriptum] als kleinste Phrase definieren, die • A selbst enthält, 27 • den Kasuszuweiser von A enthält und • eine definite DP oder eine TP mit Subjekt ist. Beispiele aus dem Deutschen: (48) a. Maxi hasst sichi/∗ j . b. Maxi hasst ihn∗ i/j . c. [Max und Peter]i hassen einanderi/∗ j . d. Maxi hört sichi/∗ j im Radio sprechen. e. Maxi hört ihn∗ i/j im Radio sprechen. f. Maxi weiß nicht, werj ihni/∗ j/k angerufen hat. g. Maxi weiß nicht, werj sich∗ i/j angerufen hat. h. Peteri hat seinei/j Schwester schon lange nicht gesehen. i. Er??i/j hasst Maxi . j. Peteri hat Peters??i Schwester schon lange nicht gesehen. k. Maxi hört Max??i im Radio sprechen. In (48a) und (48b) ist die Bindungsdomäne des Objekts sich bzw. ihn die gesamte TP. Der einzig mögliche Binder innerhalb dieser TP ist Max. Die Bindungsprinzipien sagen voraus, dass das Reflexivpronomen sich mit Max koreferent sein muss und dass das nicht-reflexive Pronomen ihn nicht mit Max koreferent sein darf. Das reziproke Pronomen einander funktioniert in dieser Hinsicht wie sich. Die ECM-Konstruktionen (48d) und (48e) haben die gleichen Bindungseigenschaften, da die Bindungsdomäne für sich bzw. ihn die TP des Matrixsatzes ist. In (48f) und (48g) ist die Bindungsdomäne von ihn bzw. sich die TP des eingebetteten Satzes. Das Pronomen ihn bzw. sich ist also in seiner Bindungsdomäne frei, wenn es mit Max koreferent ist, und gebunden, wenn es mit wer koreferent ist. In (48h) ist die Bindungsdomäne des nicht-reflexiven Pronomens seine nur die DP seine Schwester. Das Pronomen ist also in seiner Bindungsdomäne frei, egal ob es von Peter gebunden wird oder nicht. Die Bindungsprinzipien sagen richtig voraus, dass beide Versionen akzeptabel sind. Die Beispiele (48i-48k) illustrieren die Bindungseigenschaften von vollen DPn. (48i) ist nur akzeptabel, wenn man er und Max nicht koreferent interpretiert. Die volle DP Max darf also nicht von einem nicht-reflexiven Pronomen in ihrer Bindungsdomäne gebunden werden. (48k) scheint zu zeigen, dass auch Bindung einer vollen DP durch eine andere volle DP nicht zulässig ist. In (48j) dürfen die beiden Vorkommen von Peter nicht koreferent sein, obwohl die Bindungsdomäne des zweiten Vorkommens nur die DP Peters Schwester ist. Das zeigt, dass volle DPn nicht nur innerhalb ihrer Bindungsdomäne, sondern im ganzen Satz frei sein müssen. 51. Geben Sie Beispiele für Bindung von Pronomen in Komplement- oder Modifikatorposition zu DPn. Welche Eigenschaften der DP sind wichtig, und was ist die einschlägige Generalisierung? — (Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich die Frage richtig verstehe, denke aber, dass es hier um definite DPn als Bindungsdomäne geht.) Beispiele aus dem Deutschen: (49) a. Peteri hat seinei/j Schwester schon lange nicht gesehen. b. Peteri kennt die Gerüchte über ihni/j . c. ?Peteri kennt die Gerüchte über sichi . d. Gerüchte über ihn??i/j hat Peteri schon oft gehört. e. Gerüchte über sichi/∗ j hat Peteri schon oft gehört. Die Beispiele (49a-49b) zeigen, dass ein nicht-reflexives Pronomen, das innerhalb einer DP auftritt, einen Binder innerhalb seines Teilsatzes haben kann, solange er außerhalb dieser DP steht. (49c) zeigt, dass ein reflexives Pronomen im gleichen Kontext nicht besser klingt. (Laut Skriptum sind solche Sätze inakzeptabel, was ich persönlich nicht wirklich nachvollziehen kann.) Die Pronomina 28 in (49d) und (49e) verhalten sich aber komplementär zu den vorhergehenden Beispielen, obwohl sie auch innerhalb von DPen stehen. Die relevante Generalisierung ist, dass definite DPn Bindungsdomänen für ein Pronomen sein können, indefinite DPn aber nicht. Die DP die Gerüchte über ihn/sich ist klar definit. Die Annahme, dass sie eine Bindungsdomäne ist, die indefinite DP Gerüchte über ihn/sich in (49d) und (49e) aber nicht, kann zusammen mit den Bindungsprinzipien den Akzeptabilitätsunterschied zwischen diesen Beispielen erklären. Auch die DP seine Schwester in (49a) ist semantisch gesehen definit und bildet daher eine Bindungsdomäne für das Pronomen seine. 52. Welche Bindungen von Reflexivpronomen sind in ECM Sätzen möglich? Geben Sie wenigstens drei Beispiele, erörtern Sie die sich daraus ergebende(n) Generalisierung(en) und geben Sie ggf. eine Definition. — (50) a. Er hört [die Schüler]i im Radio miteinanderi sprechen. b. [Die Schüler]i hören ihn im Radio mit ihneni /?sichi /*einanderi sprechen. c. [Die Schüler]i hören sichi /einanderi /*siei im Radio sprechen. (50a) zeigt, dass ein reflexives oder reziprokes Pronomen als (Präpositional-)Objekt des eingebetteten Satzes auftreten kann, wenn es vom eingebetteten Subjekt gebunden wird. In (50b) kann das Subjekt des Matrixsatzes das eingebettete Präpositionalobjekt nur dann binden, wenn letzteres nicht reflexiv oder reziprok ist. (50c) zeigt schließlich, dass das Subjekt des Matrixsatzes ein Reflexivpronomen in der Subjektsposition des eingebetteten Satzes binden kann. Eine vereinfachte Definition der Bindungsdomäne eines Pronomens ist die kleinste TP mit Subjekt ” oder definite DP, die das Pronomen enthält“. Dann wäre die Bindungsdomäne der Pronomen in (50a) und (50b) die eingebettete TP. Das scheint zu stimmen; für (50c) würde diese Definition aber voraussagen, dass nur nicht-reflexive Pronomen als Subjekt des eingebetteten Satzes zulässig sind. Man kann (50c) richtig beschreiben, wenn man zusätzlich annimmt, dass die Bindungsdomäne des eingebetteten Subjekts auch das ECM-Verb enthalten muss. Eine sinnvolle Generalisierung wäre, dass die Bindungsdomäne einer DP das Element enthalten muss, das der DP ihren Kasus zuweist. 53. Liegt im folgenden Satz Bindung des eingebetteten Objektreflexivums durch das Matrixsubjekt vor? Erörtern Sie Ihre Antwort und die Implikationen. (51) Hans versprach, sich nicht vorzudrängeln. — Da versprechen ein Subjektkontrollverb ist, wäre die übliche Analyse, dass das Subjekt des eingebetteten Satzes das leere Pronomen pro ist. Dieses wird vom Matrixsubjekt kontrolliert. Da die Bindungsdomäne von sich der eingebettete Satz und nicht die TP des Matrixsatzes ist, wird sich nicht von Hans, sondern vom durch Hans kontrollierten pro gebunden. (Die Definition im Skriptum setzt voraus, dass eine TP ein Subjekt enthalten muss, um eine Bindungsdomäne zu sein. Ich gehe davon aus, dass pro als Subjekt zählt.) Semantisch gesehen macht es keinen Unterschied, ob der Binder Hans oder pro ist, da diese beiden Elemente koreferent sein müssen. Ein Argument für die Hypothese, dass die eingebettete TP die Bindungsdomäne für sich ist, liefern vergleichbare Sätze mit Objektkontrolle wie Hansi befahl ihmj , sich∗ i/j nicht vorzudrängeln. Wenn die Bindungsdomäne von sich die TP des Matrixsatzes wäre, müssten beide Argumente von befahl mögliche Binder für sich sein. 54. Was erklärt den folgenden Akzeptabilitätsunterschied? (52) a. Wir versprachen ihm, einander zu helfen. b. *Wir befahlen ihm, einander zu helfen. — Versprechen und befehlen sind Kontrollverben. Die übliche Analyse solcher Verben ist, dass eines ihrer Argumente ein leeres Pronomen pro im eingebetteten Satz kontrolliert (das leere Pronomen ist koreferent mit diesem Argument). Im Fall von versprechen ist es das Subjekt und bei befehlen das Objekt. 29 Die unterschiedliche Akzeptabilität der beiden Sätze lässt sich mit der Annahme erklären, dass die Bindungsdomäne des reziproken Pronomens einander nur die eingebettete TP und nicht der ganze Satz ist. Da ein reziprokes Pronomen in seiner Bindungsdomäne gebunden sein muss, kommt nur pro als Binder in Frage. In (52a) ist pro koreferent mit wir und kann einander problemlos binden. In (52b) ist pro aber mit ihm koreferent. Das Problem scheint zu sein, dass einander ein Antezedens im Plural benötigt, was Bindung durch das von ihm kontrollierte Subjekt ausschließt (vgl. den akzeptablen Satz Wir befahlen ihm, sich (selbst) zu helfen). Mir ist nicht ganz klar, wie das pro zu seinem Plural-Merkmal kommt. 55. Was erklärt den folgenden Kontrast? (53) a. Er/Ich bestätigt unsere Meinung über ihn, dass er stalinistisch und undemokratisch handelt. b. Jeder/*Ich kann einmal im Jahr kostenlos eine solche Auskunft über sich von der Schufa fordern. — Der Unterschied folgt aus den Bindungsprinzipien, der Definition von Bindungsdomänen im Skriptum und der Annahme, dass ein Binder mit dem gebundenen Element kongruent sein muss. Die DP unsere Meinung über ihn, dass er stalinistisch und undemokratisch handelt in (53a) ist semantisch gesehen definit. Daher ist nur diese DP und nicht der gesamte Satz die Bindungsdomäne des Pronomens ihn. Die DP eine solche Auskunft über sich ist dagegen indefinit. Sie kann daher nicht die Bindungsdomäne von sich in (53b) sein; die Bindungsdomäne ist der ganze Satz. Laut Bindungsprinzipien darf ein nicht-reflexives Pronomen keinen Binder innerhalb seiner Bindungsdomäne haben. Diese Bedingung ist in (53a) erfüllt. Da das Subjekt außerhalb der Bindungsdomäne von ihn steht, ist es für die Bindungsprinzipien unwichtig, ob das Subjekt ihn binden kann (Version mit er ) oder nicht (Version mit ich). Das reflexive Pronomen sich muss dagegen einen Binder innerhalb seiner Bindungsdomäne haben. Das Pronomen jeder ist ein möglicher Binder für sich. Ich kann sich aber nicht binden, weil diese beiden Pronomen bezüglich der Person nicht kongruieren. 56. Was erklärt den folgenden Kontrast? (54) a. ??Er bestätigt unsere Meinung über sich, dass er stalinistisch und undemokratisch handelt. b. Er bestätigt unsere Meinung über ihn, dass er stalinistisch und undemokratisch handelt. c. Jederi kann einmal im Jahr kostenlos eine solche Auskunft über sichi von der Schufa fordern. d. Jederi kann einmal im Jahr kostenlos eine solche Auskunft über ihn∗ i von der Schufa fordern. — Der Kontrast ergibt sich aus dem Definitheitsunterschied zwischen den DPen unsere Meinung über ihn/sich, dass . . . und eine solche Auskunft über ihn/sich. Die definite DP unsere Meinung über ihn/sich, dass er stalinistisch und undemokratisch handelt kann die Bindungsdomäne des Pronomens ihn oder sich sein. In (54c) und (54d) ist die Bindungsdomäne für ihn/sich hingegen der ganze Satz, weil eine solche Auskunft über sich indefinit ist. Das reflexive Pronomen sich muss einen Binder innerhalb seiner Bindungsdomäne haben. Das ist in (54a) nicht der Fall, weil innerhalb der Bindungsdomäne unsere Meinung über ihn, dass . . . keine DP als Binder in Frage kommt. In (54c) kann dagegen jeder ein Binder für sich sein. Das nicht-reflexive Pronomen ihn darf in seiner Bindungsdomäne keinen Binder haben. Daher ist (54b) grammatisch, (54d) in einer Interpretation, in der jeder ihn bindet, aber nicht. 30