Einige Grundbegriffe zur Vorlesung Ergodentheorie geodätischer Flüsse“ ” 1 Topologie Ein topologischer Raum ist ein Paar (X, T ) bestehend aus einer Menge X und einem System von Teilmengen von X, sodass gilt X, ∅ ∈ T U, V ∈ T =⇒ (Ui )i∈N ⊆ T =⇒ U ∩V ∈T [ Ui ∈ T . i∈N Das Teilmengensystem T nennt man eine Topologie von X, die Elemente von T heißen offene Teilmengen von X. Eine Menge F ⊆ X heißt abgeschlossen genau dann, wenn ihr Komplement F c := X \ F offen ist. Eine Basis von T ist eine Teilmenge B ⊆ T mit der Eigenschaft, dass sich jedes U ∈ T als Vereinigung von Mengen aus B schreiben lässt. Eine Teilmenge A ⊆ X eines topologischen Raumes (X, T ) ist selbst wieder ein topologischer Raum versehen mit der Teilraumtopologie: Eine Menge O ⊆ A ist offen genau dann, wenn U ∈ T existiert mit U ∩ A = O. Sei x ∈ X. Eine Teilmenge V ⊆ X heißt Umgebung von x ∈ X, wenn es eine offene Menge U ∈ T gibt mit x ∈ U ⊆ V . Ein topologischer Raum ist hausdorffsch, wenn zu je zwei verschiedenen Punkten in X disjunkte offene Umgebungen existieren. Sei A ⊆ X eine Menge. Das Innere Ao von A ist die Vereinigung aller offenen Teilmengen von A, der Abschluss A von A ist der Durchschnitt aller abgeschlossenen Mengen, die A enthalten. A heißt dicht in X, falls A = X. Eine Teilmenge K ⊆ X heißt kompakt, wenn jede Überdeckung von K durch offene Mengen eine endliche Teilüberdeckung enthält. Ein topologischer Raum heißt zusammenhängend, wenn er sich nicht in zwei nichtleere disjunkte offene Teilmengen zerlegen lässt. Eine Metrik d auf einer Menge X ist eine Abbildung d : X × X → R sodass für alle x, y, z ∈ X gilt: d(x, y) ≥ 0 mit Gleichheit genau dann, wenn x = y d(x, y) = d(y, x) d(x, z) ≤ d(x, y) + d(y, z) . 1 Ein metrischer Raum ist ein Paar (X, d) bestehend aus einer Menge X und einer Metrik d auf X. Eine Metrik auf X induziert in natürlicher Weise eine Topologie auf X: Eine Menge O ⊆ X ist offen, falls für alle x ∈ O ein ε > 0 existiert sodass der Ball Bε (x) := {y ∈ X : d(x, y) < ε} ganz in O enthalten ist. Umgekehrt heißt ein topologischer Raum (X, T ) metrisierbar, wenn eine Metrik auf X existiert, die T induziert. Seien (X, T ) und (Y, S) topologische Räume und f : X → Y eine Abbildung. f heißt stetig, falls die Urbilder von offenen Mengen in Y offen in X sind. Ist f bijektiv und stetig mit stetiger Umkehrabbildung f −1 , so heißt f Homöomorphismus. Eine Abbildung f : X → Y heißt eigentlich genau dann, wenn die Urbilder kompakter Mengen in Y kompakte Teilmengen von X sind. Seien I eine Q abzählbare Indexmenge, {(Xi , Ti ) : i ∈ I} eine Menge topologischer Räume und Y := i∈I Xi das kartesische Produkt der Mengen Xi , i ∈ I. Y B := { Ui : Ui ∈ Ti , ∃ F ⊆ I endlich mit Ui = Xi ∀ i ∈ I \ F} i∈I ist Basis einer Topologie auf Y , der sogenannten Produkttopologie. Sei (X, T ) ein topologischer Raum und ∼ eine Äquivalenzrelation auf X. Für x ∈ X bezeichne [x] := {z ∈ X : z ∼ x} die Äquivalenzklasse von x. Sei X/∼ die Menge der Äquivalenzklassen und π : X → X/∼, x 7→ [x] die natürliche Projektion. Die Quotiententopologie auf X/∼ ist folgendermaßen definiert: Eine Menge U ⊆ X/∼ ist offen genau dann, wenn π −1 (U ) offen ist in X. Diese Konstruktion der Topologie für den Quotientenraum X/∼ macht π zu einer stetigen Abbildung. 2 Maßtheorie Sei X eine Menge. Eine Familie A von Teilmengen von X heißt Algebra, falls ∅∈A A∈A A, B ∈ A Ac := X \ A ∈ A A ∪ B ∈ A. =⇒ =⇒ Gilt außerdem (Ai )i∈N ⊆ A =⇒ [ Ai ∈ A , i∈N so heisst A σ-Algebra. Eine σ-Algebra A heißt von einer Familie F von Teilmengen von X erzeugt, falls jede σ-Algebra, die F enthält, auch A enthält. Sind X, Y Mengen und A, B σ-Algebren auf X bzw. Y , so heißt die von den Mengen {A × B : A ∈ A , B ∈ B} erzeugte σ-Algebra A×B auf dem kartesischen Produkt X ×Y das Produkt der σ-Algebren A und B. 2 Ist X ein topologischer Raum, so heißt die von den offenen Mengen T von X erzeugte σ-Algebra B die Borel’sche σ-Algebra von X. Elemente der Borel’schen σ-Algebra werden auch Borelmengen genannt. Sei A eine σ-Algebra auf einer Menge X, und µ : A → [0, ∞] eine Abbildung. µ heißt Maß auf X, falls µ(∅) = 0 und µ abzählbar additiv ist, d.h. falls für jede Familie (Ai )i∈N ⊂ A paarweise disjunkter Teilmengen von X folgende Gleichung gilt: ! [ X µ Ai = µ(Ai ) . i∈N i∈N Satz (Hahn-Kolmogorov Erweiterungssatz) Sei X eine Menge, A0 eine Algebra von X und µ0 : A0 → [0, ∞] eine S von Teilmengen P Abbildung mit µ0 (∅) = 0 und µ0 i∈N Ai = S i∈N µ0 (Ai ) für jede Familie (Ai )i∈N ⊂ A0 paarweise disjunkter Teilmengen von X mit i∈N Ai ∈ A0 . Ist A die von A0 erzeugte σ-Algebra, so existiert ein eindeutiges Maß µ : A → [0, ∞] mit µ|A0 = µ0 . Ein Maßraum ist ein Tripel (X, A, µ), wobei A eine σ-Algebra und µ : A → [0, ∞] ein Maß auf X ist. X heißt σ-endlich unter µ, falls X als abzählbare Vereinigung X = ∪i∈N Ai geschrieben werden kann mit Ai ∈ A und µ(Ai ) < ∞ für alle i ∈ N. Gilt µ(X) = 1, so heißt X Wahrscheinlichkeitsraum und µ ein Wahrscheinlichkeitsmaß auf X. Das Lebesgue-Maß auf der Borel’schen σ-Algebra B des RN ist das eindeutige Maß λ mit der Eigenschaft λ([a1 , b1 ] × . . . × [aN , bN ]) = (b1 − a1 ) · . . . · (bN − aN ) . Eine Menge C ⊆ X heißt Nullmenge, falls A ∈ A existiert mit C ⊆ A und µ(A) = 0. Zwei Mengen C, D ⊂ X heißen äquivalent modulo Null (C = D(mod 0) falls C M D := C \ (C ∩ D) ∪ D \ (C ∩ D) eine Nullmenge ist. Wir sagen, eine Eigenschaft für Punkte einer Menge S ⊆ X gilt fast überall (f.ü.) in S, falls die Menge von Punkten in S, für die die Eigenschaft nicht gilt, eine Nullmenge ist. Insbesondere schreiben wir für Teilmengen A, B ⊆ X A⊆B f.ü. , falls A \ (A ∩ B) eine Nullmenge ist. Satz (Produktmaß) Seien (X, A, µ), (Y, B, ν) σ-endliche Maßräume und A × B das Produkt der σ-Algebren A, B. Dann existiert ein eindeutiges Maß µ ⊗ ν auf A × B mit (µ ⊗ ν)(A × B) = µ(A)ν(B) ∀ A ∈ A 3 ∀ B ∈ B. (X × Y, A × B, µ ⊗ ν) heißt das Produkt der Maßräume (X, A, µ) und (Y, B, ν). Seien (X, A, µ) und (Y, B, ν) Maßräume. Eine Abbildung f : X → Y heißt messbar, falls Urbilder von Elementen in B in A liegen. Insbesondere ist eine Funktion f : X → C messbar, falls Urbilder von Borelmengen in C Elemente von A sind. Sind f : X → Y und g : X → Y messbare Abbildungen, so schreiben wir f = g f.ü. genau dann, wenn die Menge {x ∈ X : f (x) 6= g(x)} eine Nullmenge in X ist. Diese Eigenschaft definiert eine Äquivalenzrelation ∼ auf der Menge aller messbaren Abbildungen von X nach Y : f ∼ g :⇐⇒ f = g f.ü. Sei (X, A, µ) ein Maßraum. Für C ⊆ X bezeichne IC die charakteristische Funktion von C, d.h. I(x) = 1 für x ∈ C und I(x) = 0 für x ∈ C c . Eine Funktion s : X → C heißt einfach, falls s in der Form N X λi IAi s= i=1 mit λi ∈ C, Ai ∈ A, 1 ≤ i ≤ N , geschrieben werden kann. Gilt außerdem N X λi µ(Ai ) < ∞ , i=1 so heißt s integrierbar und Z s dµ = X N X λi µ(Ai ) i=1 das Integral von s. Man kann zeigen, dass diese Zahl nicht von der Zerlegung von s in charakteristische Funktionen abhängt. Eine Funktion g : X → C, die nicht einfach ist, heißt integrierbar, falls eine Folge (sn )n∈N einfacher integrierbarer Funktionen sn : X → C existiert mit den Eigenschaften lim sn (x) = g(x) für fast alle x ∈ X . Z lim |sn − sm | dµ = 0 . n→∞ n,m→∞ X In diesem Fall wird das Integral von g definiert durch Z Z g dµ := lim sn dµ . n→∞ X X Es kann gezeigt werden, dass dieser Limes existiert und unabhängig von der gewählten Folge (sn ) ist. Integrierbare Funktionen sind nicht notwendigerweise messbar, stimmen aber mit einer solchen f.ü. überein. Für p ∈ N und K ∈ {R, C} definieren wir nun mit Hilfe obiger Äquivalenzrelation ∼ die Banachräume Z p L (µ, K) := {f : X → K : f messbar, |f |p dµ < ∞}/ ∼ . X Mit dem Skalarprodukt hf, gi := R p X f ·ḡ dµ wird L (µ, K) zu einem Banachraum. 4