1-14 BNA Berichte Biotope schützen Natur bewahren Arten erhalten Moderne Meerwasseraquaristik- wenig Fische und viele Korallen (Heiko Blessin) Aquaristik – ein perfektes Beispiel für Naturschutz in Privathand (von Heiko Blessin, JBL) So ganz langsam wird die Diskussion zum Thema Wildtierimportverbote im Bereich der Aquaristik absurd: Es stehen ungeprüfte Zahlen im Raum, deren Ursprung die selbsternannten Tierschützer nicht einmal benennen können, und es werden Beispiele aus Bereichen der Säugetiere und Reptilien stellvertretend für die Aquaristik genannt, da keine ausreichenden Negativbeispiele aus der Aquaristik selbst zur Verfügung stehen. Aufgeführte Gefährdungen durch invasive Arten und Krankheiteneinschleppung gelten ebenfalls nicht für die Aquaristik: Tropische Fische können sich in unseren Breiten nicht vermehren und es gibt nur die Fischtuberkulose, die auf Menschen übertragen werden kann – und die haben wir nicht aus den Tropen importiert (www.callistoproject.eu/ joomla/). Auch die Gefahr durch giftige Tiere ist eher vernachlässigbar, denn die wenigen wirklich giftigen Meeresbewohner, die nur sehr wenige Liebhaber finden, gefährden nur den Besitzer, wenn er sich unvorsichtig anstellt. Die zunehmende Zahl der Nachzuchten zeigt außerdem, dass die Pflegebedingungen der Tiere so schlecht nicht sein können. Interessant ist auch die Tatsache, dass es noch nie so viele Kaiserfische in Deutschland gab, wie zu der Zeit, als sie verboten waren. Als das Verbot aufgehoben wurde, reduzierte sich der Bestand auf nur noch wenige Ausnahmen, da Kaiserfische im Allgemeinen nicht für Riffaquarien geeignet sind. Erst einmal sollte die Problematik in folgende zwei Bereiche unterschieden werden: 1. Artenschutz, weil die Art als gefährdet einge- stuft wird. 2. Import-Vorschriften, falls Arten nicht oder schwer zu transportieren sind. Zu Punkt 1: Eine Diskussion hierzu ist überflüssig, da Tiere von Arten, die als streng geschützt eingestuft werden, ohnehin NICHT als Naturentnahmen für Handelszwecke importiert werden dürfen. Dies ergibt sich aus den Vorschriften von CITES und der EU-Artenschutzverordnung. Im CITES Anhang I werden alle Arten aufgeführt, die allerhöchsten Schutz erfahren, weil sie vom Aussterben akut bedroht sind. Nachzuchten dürfen nur mit Genehmigungen oder Bescheinigungen Bild 1: Heiko Blessin Seite 2 Aquaristik – ein perfektes Beispiel für Naturschutz in Privathand (von Heiko Blessin, JBL) gehandelt werden. Die neun im Anhang I genannten Fischarten werden nicht in Aquarien gehalten. Arten im Anhang II von CITES sind noch nicht unmittelbar vom Aussterben bedroht, aber ihr Handel könnte zu einer Bedrohung führen. Auch diese Fische dürfen nur mit Genehmigungen oder Bescheinigungen gehandelt werden. Im Anhang II sind 68 Fischarten aufgeführt, unter anderem die in der Aquaristik beliebten Seepferdchen (-Nachzuchten). Im Anhang III von CITES sind derzeit keine Fische gelistet. Erstaunlich ist, dass im Bereich Fische, Störe und Seepferdchen in einem Kapitel auftauchen, obwohl die Störe nicht aus aquaristischen Gründen, sondern wegen der Kaviarverwendung genannt werden. Ein reiner vorhersehbar ist, dass sie in Kürze aussterben werden. Ein Import wäre sogar dringend erforderlich, da nur Nachzuchten die Art künstlich erhalten können. Hierfür ist der Zebrawels (Hypancistrus zebra) ein Beispiel, dessen räumlich begrenzter Lebensraum in Kürze durch ein Staudammprojekt in Brasilien unwiederbringlich zerstört wird. Verweis auf die CITES ist somit kritisch, da genau nachgesehen werden muss, warum die Fischarten aufgeführt werden. Wer Stückzahlen oder Lebendgewichte von Wildtierentnahmen im Bereich Fische der CITES anführt, nennt somit hauptsächlich Speisefische und keine Aquarienfische! dieser Fische beschäftigen. Für bereits zerstörte Biotope und Fischarten, die nur noch in Aquarien gehalten und vermehrt werden, gibt es zahlreiche Beispiele (Villavicencio-Zwergbuntbarsch, EndlerGuppy usw.). Ohne Aquaristik in Privathand und Zoos wären viele Fischarten bereits ausgestorben. Es ist wissenschaftlich belegt, dass noch keine einzige Tierart jemals durch die Aquaristik ausgerottet wurde! Ein Gegenbeweis wurde nie vorgelegt. Hier liegt das Problem eindeutig in der Umweltzerstörung und damit dem Verschwinden der Lebensräume der Tierarten. Von den 61 bereits ausgestorbenen Fischarten wurde die Mehrheit noch nie in Aquarien gepflegt. Sieben weitere gefährdete Arten existieren zum Glück noch in Aquarien. Befinden sich solche Arten bereits in Privathand, ist deren Nachzucht sehr zu begrüßen und viele Aquarianer sind bereits Artenschutzprogrammen angeschlossen. Eine nicht erfasste Ausnahme bilden Fischarten, bei denen 100 % Deutsche Wissenschaftler wie Dr. Peter Finke riefen gerade noch rechtzeitig auf, sich mit der Zucht einer Labyrinthfischgattung (Parosphromenus) aus Asien zu beschäftigen, da auch ihr Lebensraum durch Waldrodung extrem bedroht ist. Es wurden Arbeitskreise gebildet, die sich mit der komplizierten Zucht Zu Punkt 2: Ein nennenswerter Import von Aquarienfischen BNA-Berichte 1-14 Aquaristik – ein perfektes Beispiel für Naturschutz in Privathand (von Heiko Blessin, JBL) Seite 3 findet nur dann statt, wenn eine Nachfrage existiert. In Deutschland haben wir ungefähr 3,5 Millionen Haushalte (IVH e.V. Der deutsche Heimtiermarkt 2013), in denen Aquarien existieren. Laut IVH beträgt das Umsatzvolumen für Zierfischfutter und Zierfischzubehör rund 260 Mio. €. Wikipedia gibt für Wassertiere und Pflanzen für 2003 einen Umsatz von 20 Mio. € an (nur Deutschland), insgesamt somit ca. 280 Mio. €. Dies entspricht von der Summe her dem Umsatz an Kaffeemaschinen in Deutschland (statista.com). Deutsche Unternehmen wie z. B. Tetra, JBL, Eheim oder Juwel gelten weltweit als führend im Bereich Aquaristikzubehör und haben eine erfolgreiche Haltung Deutschland bei etwa 70.000 Tonnen pro Jahr. Hierunter fallen auch Wildimporte, wie bereits ausgeführt. der Wasserbewohner durch geeignetes Zubehör, Pflegemittel oder Futter oft erst möglich gemacht. von 20 Mio. Fischen aus dem Ökosystem des Rio Negro schnell zu einer Verringerung der Population führen könnte. Prof. Ning Labbish Chao zeigte in einer Langzeitstudie von 1989-2012 des Projektes „Piaba“, dass der Fang des Roten Neon als nachhaltig und ohne jede negative Folge für die Population und die Umwelt geblieben ist. Wenn nun bei einer Entnahme des Roten Neon 20 Mio. Exemplare aus den natürlichen Lebensräumen entnommen werden, steigt einfach nur die Anzahl der Nachkommen, die dann den „leeren“ Platz im Ökosystem wieder auffüllen, auch wenn es natürlich nicht alle bis zur Geschlechtsreife schaffen. Für Fischexperten ist dies nicht verwunderlich, denn die Reproduktionsraten von Fischen sind ungleich Im Bereich der Süßwasseraquaristik wurden von etwa 15.000 bekannten Arten nur 4.800 jemals in Aquarien gepflegt. Davon wiederum nur 200-400 Arten regelmäßig. Die beiden größten deutschen Süßwasserfischimporteure bieten in ihren Aquarien rund 1.000 Arten (inkl. Farbschlägen) dem deutschen bzw. europäischen Zoofachhandel an. Die ersten 10 Arten der Import-Hitlisten machen bereits 80 % aller importierten Arten aus; die ersten beiden Arten (Roter und Einfacher Neon zusammen) bereits 55 %. Zum Vergleich: Die Menge an verzehrten Süßwasserfischen liegt in Von den 200 bis 400 regelmäßig gepflegten Arten im Aquarium werden 90 % in Gefangenschaft nachgezüchtet. Nur 10 % laufen unter Wildentnahmen, wobei importierte Nachzuchten ebenfalls unter „Wildimport“ laufen (z. B. Guppys aus Singapur oder Sri Lanka). Die beliebteste Wildfangart ist sicherlich der Rote Neon (Paracheirodon axelrodi), der mit etwa 20 Mio. Exemplaren jährlich aus Brasilien in die ganze Welt exportiert wird. Man könnte nun leicht glauben, dass die Entnahme Seite 4 Aquaristik – ein perfektes Beispiel für Naturschutz in Privathand (von Heiko Blessin, JBL) höher, als die anderer Wirbeltiere. Fast alle Fischarten besitzen mindestens eine fünfstellige Nachkommenschaft jährlich! Dies ist leider bei landlebenden Wirbeltieren nicht so einfach. Selbsternannte Tierschützer führen gerne Mortalitätsraten von 70 % an, um zu zeigen, dass mehr als die Hälfte aller importierten Fische auf dem Transport nach Deutschland sterben. Dr. Stefan Hetz, Präsident des VDA, hat nachgewiesen, dass diese Zahl erfunden ist (Brief an Dr. Gebhart MdB, 16.01.14): „Die im Text von pro Wildlife zitierte Arbeit (Oliveira, S. R., Souza, R. T. Y. B., Nunes, E. S. S., Carvalho, C. S. M., Menezes, G. C., Marcon, J. L., Roubach, R., Akifumi Ono, E. und Affonso, E. G. (2008). Tolerance to temperature, pH, ammonia and nitrite in cardinal tetra, Paracheirodon axelrodi, an amazonian ornamental fish. Acta Amazonica 38 (4): 773-780) selbst zitiert wiederum zwei Arbeiten (Waichman, A. V., Pinheiro, M. und Marcon, J. L. (2001) Water quality monitoring during the transport of Amazonian ornamental fish / Wohr, A. C., Hildebrand, H., Unshelm, J. und Erhard, M. H. (2005). Aspects of animal welfare and species protection in the international trade of ornamental fish and air transport to Germany. Berliner und Münchener Tierarztliche Wochenschrift 118 (5-6): 177-185.), welche ebenfalls keine auf einer wissenschaftlichen Basis nachprüfbaren Angaben zur Mortalität liefert. Infolge dieser Tatsache müssen die Daten in der zitierten Arbeit und somit bei Pro Wildlife als erfunden eingestuft werden.“ Bevor wir einen Blick auf die realen Zahlen werfen, sei nur angemerkt, dass bereits das Beherrschen von Grundrechenarten zu einem anderen Ergebnis geführt hätte: Das Teuerste am Import von Wasserbewohnern (Fische & Wirbellosen) ist die Fracht, die durch das hohe Wassergewicht bedingt ist. Bei Verlusten wird u. U. (auf Kulanz) der Warenwert der Tiere ersetzt, nicht aber die Fracht. So ist allen Beteiligten daran gelegen, dass die Tiere möglichst unbeschadet transportiert werden. Würden z. B. beim Guppy-Import (einer der beliebtesten Zierfische überhaupt) 70 % der Tiere tot in Deutschland eintreffen, würde der Endverbraucherpreis im Fachhandel nicht 3,50 € sondern 11,30 € betragen. Bereits eine simple Rechnung führt zu dem Ergebnis, dass die DOA (Dead On Arrival) Zahl bei Zierfischen unter 3 % liegt. Wer nicht rechnen kann, hat die Möglichkeit, Zahlen aus einer wissenschaftlichen Studie zu entnehmen, die Matthias Homuth durchführte (Homuth, M. (2010): Mortalitätsraten im internationalen Zier- fischhandel unter Berücksichtigung ausgewählter Wasserparameter. – Masterarbeit, HUMBOLDTUNIVERSITÄT ZU BERLIN). Homuth untersuchte bei einem der größten Zierfischimporteure, Aquarium Glaser, die Verlustrate von Zierfischen beim Eintreffen in Deutschland und innerhalb der ersten 6 Tage nach dem Eintreffen. Bei 71.218 Fischen traten Verluste (DOA) von 935 Tieren auf, was einer Verlustrate von 1,31 % entspricht (606 Wildfänge; 329 Nachzuchten). Bei den durchschnittlichen Verlustraten ist noch anzumerken, dass sie durch nur einen defekten Beutel beim Transport und dem daraus resultierenden Sauerstoffverlust mit folgendem Totalverlust der Fische in diesem Beutel, nach oben beeinflusst werden. Bei über 50 % aller Beutel traten 0 % Verluste auf (M. Homuth). Der nach eigenen Angaben größte Fischimporteur Deutschlands, EFS in Sonnefeld, bestätigt die Verlustzahlen, die bei ihm penibel an jedem einBNA-Berichte 1-14 Aquaristik – ein perfektes Beispiel für Naturschutz in Privathand (von Heiko Blessin, JBL) zelnen Aquarium protokolliert sind und jederzeit überprüft werden können. Dieses Angebot hat EFS Inhaber, Bernd Schmölzing, Ute Vogt SPD MdB und ihrem Team persönlich gemacht. Die für einige sicherlich überraschend niedrigen Verlustraten sind dennoch leicht zu erklären: Mit der heutigen Technik kann den Tieren für den Transport reiner Sauerstoff in die Transportbeutel gegeben werden, wodurch kein Sauerstoffmangel mehr auftreten kann (alle intakten Transportbeutel weisen über 100 % O2-Sättigung bei Ankunft auf). Styroporboxen stellen eine ausreichende Isolierung gegen zu hohe und zu niedrige Außentemperaturen sicher (Durchschnittliche Wassertemperatur beim Eintreffen in Deutschland 23,4 °C bei Außentemperaturen bis -10 °C im Nov.-Febr.) und auch die Frachträume der Flugzeuge weisen inzwischen optimale Temperaturen auf. Die Transportwege sind durch bessere Infrastruktur in den Exportländern Seite 5 kürzer geworden und das Fachwissen über die einzelnen Fischarten ist über die letzten Jahrzehnte enorm gewachsen: Wie viele Fische pro Beutel sind optimal, welche Tiere müssen einzeln versendet werden und wie viel Wasser wird überhaupt benötigt. Auch bei der Eingewöhnung beim Importeur sind sowohl die technischen Möglichkeiten als auch das Fachwissen gewachsen. Genaue Wassertests, eine professionelle Wasseraufbereitung, Mikroskopuntersuchungen bei Krankheitsfällen und sehr wirksame Heilmittel sind nur einige der vielen Verbesserungen. Die protokollierten Verluste in den ersten 6 Tagen nach dem Eintreffen lagen bei 1,71 % - Tendenz sinkend (Homuth). Die Regierung Sri Lankas ging sogar 2010 so weit, deutsche Fachleute einzuladen, um den dortigen Zierfischexporteuren und Züchtern ihr Fachwissen zu vermitteln. Ziel war die Qualitätsverbesserung der Fische sowie die Reduzierung der Verluste. Ich hatte bei diesem Besuch in Sri Lanka persönlich die Möglichkeit, mich von der Ernsthaftigkeit der beteiligten Personen vor Ort zu überzeugen und zu erleben, wie unsere Vorschläge direkt umgesetzt wurden. Selbst einfache Optimierungen in tropischen Ländern, wie z. B. das Beschatten der transportierten Fischtransportbehälter auf den Lastwagen durch eine Plane und das Parken im Schatten führten zu bedeutenden Erfolgen. Im Meerwasser hat sich die gesamte Aquaristik in den letzten 25 Jahren grundlegend geändert: Damals lagen Aquarien mit „großen bunten Meerwasserfischen“, die zwischen gebleichten, weißen Korallenskeletten herumschwammen, im Trend. Diese großen, untereinander oft aggressiven Arten, deren Populationsdichte im Riff deutlich geringer ist als die der kleinen Riffbewohner, möchte heute kaum noch jemand pflegen, denn sie fressen die lebenden (teuren) Korallen und andere Wirbellose, die heute in fast jedem Meerwasseraquarium gepflegt werden. Seit etwa 20 Jahren etablieren sich sogenannte Riffaquarien, die einen kleinen Riffabschnitt mit seinen Bewohnern nachbilden. Die dafür importierten Arten sind im Riff überall, meist in großer Zahl anzutreffen, leicht zu fangen und ebenso leicht im Aquarium zu pflegen. Das sehr beliebte Buch „Fische für das Riffaquarium“ von L. Gohr enthält Pflegehinweise für die 100 populärsten Meerwasserfische. Auch wenn weitere Arten importiert werden (Malediven exportieren ca. 100 Arten weltweit, Saleem & Adam 2004), kann diese Zahl eine grobe Einschätzung der gepflegten Artenzahl geben. 209 Arten, bereits inklusive groß werdender Arten, die sehr selten importiert wer- Seite 6 Aquaristik – ein perfektes Beispiel für Naturschutz in Privathand (von Heiko Blessin, JBL) den, zählt S. Fossa und A. Nielsen im Standardwerk Korallenriffaquarium Bd. 3 auf. Etwa 30-50 der beliebtesten Arten (außer Doktorfischen) werden inzwischen nachgezüchtet (Tendenz steigend). Gerne werden Importstatistiken des statistischen Bundesamtes zitiert, die für 1996 etwa 500 Tonnen Zierfischimporte für Deutschland angeben (Süßund Meerwasser). Dabei wird nur nicht berücksichtigt, dass es sich um das Gesamtgewicht der Sendungen, also geschätzte 95 % Wasser handelt. Der Meerwassertieranteil gegenüber dem Süßwasser beträgt 5-8 %, wobei von diesen Tieren 17 % aus Holland stammen, wo sie zum großen 68 % in die USA und nur 24 % in die EU exportiert werden. Innerhalb der EU ist Großbritannien der größte Abnehmer (64 %, DE 20 %, Saleem & Adam, 2004, Review of Aquarium fishery, gültig für Maledivenexporte). Auch die beliebten Anemonenfische werden in großer Zahl nachgezogen, obwohl ihr Bestand in der Natur in keiner Weise gefährdet ist (aquarienkonzept.de). Eine Umfrage bei allen marktbedeutenden Meerwasserimporteuren Deutschlands meinerseits führte zum Ergebnis, dass die Verluste bei Fischimporten bei rund 3 % (DOA) liegen und in den ersten Tagen nach der Ankunft unter 2 % sinken. Das Ergebnis dieser Umfrage zeigt auch, dass die Importeure Teil gezüchtet werden (L. Gohr 2004, Fische für das Riffaquarium). Überhaupt entwickelt sich die Meerwassernachzuchtquote sehr positiv. Durch Selektion bei der Korallenzucht stehen aus Nachzuchten schönere und stabilere (gegenüber der Wasserqualität) Tiere zur Verfügung (korallenzucht-wendel.de), denen gegenüber Wildimporten vom Aquarianer der Vorzug gegeben wird. Aus Indonesien kommen inzwischen 80 % der Korallen aus Zuchtfarmen und nur noch 20 % aus Wildentnahmen (Dr. L. Rhyne 2011), wobei davon wiederum inzwischen 5 bis 30 % ihres Bedarfs aus Nachzuchten decken – Tendenz steigend. Bis zu 37 % der importierten Meerwassertiere werden in das europäische Ausland verkauft. Die früher weit verbreitete Fischfangmethode mit dem Gift Cyanid läuft sich tot, denn die so gefangenen Tiere verendeten nach einer Weile in den Aquarien der Besitzer an Leberversagen und die Schuld wurde an den Händler weitergegeben. Dieser nahm Abstand vom Lieferanten und der wiederum kaufte keine mit Cyanid gefangenen Fische mehr. BNA-Berichte 1-14 Aquaristik – ein perfektes Beispiel für Naturschutz in Privathand (von Heiko Blessin, JBL) An dieser Stelle sei kurz darauf verwiesen, dass der Fang von Riffbewohnern mittel- und langfristig zu einem Umweltbewusstsein der Fänger und deren Familien sowie Freunden in den Herkunftsländern führt. Speisefischfang mit Dynamit und andere Zerstörung der Riffe (Nutzung des Riffmaterials für Haus- und Straßenbau) verhindert langfristig die Nutzung der Korallenriffe. Die Zierfisch-Fänger verlieren dann ihre Existenzgrundlage und betreiben so, ohne es auf der Schulbank zu lernen, eine immer nachhaltigere Fischerei in „ihren“ Riffen, die sie dann auch vor der Zerstörung gegen Kollegen schützen. Und auch wenn die Fänger beliebte Arten intensiv befischen, so ist der Aktionsradius der Fänger auf Grund ihrer begrenzten technischen Mittel und Ausrüstung sehr begrenzt. Sie erreichen nur geringe Tiefen und ufernahe Riffabschnitte. Tiefer liegende Bereiche und uferferne Riffe bleiben unangetastet. Da der Weg der gefangenen Fische bis zum Versand nach Deutschland nicht immer optimal verläuft, beraten deutsche Importeure die Fangstationen vor Ort bei Besuchen oder bauen sogar eigene Fangstationen auf, die mit deutschem Know How arbeiten (z. B. meerwasser-center-menzel.de). Die beschriebene Problematik ist hauptsächlich in Indonesien und auf den Philippinen zu beobachten. Am großen Barrier Reef Australiens (cairnsmarine.com), auf den Malediven und Hawaii laufen der Fang und die Zwischenhälterung bis zum Versand absolut professionell und vorbildhaft ab. Das Marine Research Center der Malediven hat im Auftrag der Regierung ein Fangquotensystem für jede einzelne Art entwickelt (species based quota system), das auf der Vorkommenshäufigkeit und Haltbarkeit in Gefangenschaft basiert (Saleem & Adam, 2004. Review of Aquarium Fishery) und Fanggebiete definiert. In Australien wurden ebenfalls Fangquoten und Fanggebiete regierungsseitig ausgewiesen sowie kontrolliert und Verstöße werden mit drastischen Strafen sanktioniert. In diesem Sektor (geltend für Indonesien und Philippinen) befindet sich meiner Ansicht nach das größte Potential, Verluste zu reduzieren und Umweltschutzgedanken zu transportieren. Ein deutscher Importstopp würde aber augenblicklich zurück in die Steinzeit führen und der Dynamitfischerei wieder Tür und Tor öffnen. Zum Abschluss noch eine kleine Beispielrechnung vom Biologen Frank Schäfer, die zeigen kann, dass die Vermehrungsrate von Fischen so eklatant ist, dass nur eine Zerstörung des Lebensraums zur Seite 7 Bedrohung führen kann, nicht aber eine Wildentnahme und der Import für die 3,5 % der deutschen Aquarienbegeisterten: Ein einziges Guppy-Weibchen gebärt alle 8-12 Wochen 10-150 Jungtiere. Auch wenn wir nur mit 10 Jungtieren weiterrechnen, ergeben sich nach vier Generationen knapp 20.000 Guppys. Gehen wir davon aus, dass sich 50 % männliche und 50 % weibliche Tiere ergeben, haben wir bei angenommenen 20 Jungtieren pro Wurf als Ergebnis 20.411.500 Guppys. Und dies von nur einem Weibchen nach 4 Generationen! Der Meerwasserfisch Genicanthus lamarck hat bei einer Gruppe von einem Männchen und zwei Weibchen ein Vermehrungspotential (produzierte Eier) von 600.000 Larven im Jahr. Warum sollten wir nochmal keine wild gefangenen Fische importieren und in Privathand pflegen? Bild 6: Riffaquarium oder Unterwasserfoto - man muss schon genau hinsehen, um das Aquarium zu erkennen. (Heiko Blessin) Literatur: Heiko Blessin, Dipl.-Biologe / Biologist (M.S.) Marketingleiter, Leiter JBL Forschungsexpeditionen JBL GmbH & Co. KG Dieselstraße 3 67141 Neuhofen, Deutschland Tel: +49 (0)6236 4180 390 Fax: +49 (0)6236 4180 999 Mobil: +49 (0)1778 4180 32 E-Mail: [email protected] Bundesverband für fachgerechten Natur-, Tier- und Artenschutz e.V. Geschäftsführer: Lorenz Haut Ostendstr. 4, 76707 Hambrücken, E-Mail: [email protected], Internet: www.bna-ev.de Schriftsatz und Gestaltung: Dipl.-Geograph Frank Woll, BNA Bundesverband für fachgerechten Natur-, Tier- und Artenschutz e.V. Aquaristik – ein perfektes Beispiel für Naturschutz in Privathand (von Heiko Blessin, JBL) Der Bundesverband für fachgerechten Natur-, Tier- und Artenschutz e.V. (BNA) ...bietet seit 2003 ein bundesweit einmaliges Fortbildungskonzept zur Erlangung der Sachkunde nach §11 Tierschutzgesetz. Die BNA-Schulungen sind in allen 16 Bundesländern als gleichwertig mit der Prüfung durch das Veterinäramt anerkannt und werden zentral im modernen Schulungszentrum in Hambrücken durchgeführt. Neben den Bereichen Terraristik, Kleinsäuger und Vögel liegt ein besonderer Schwerpunkt im Bereich der Aquaristik. Regelmäßig werden dreitägige Sachkundekurse angeboten, die aus zwei Seminartagen sowie der schriftlichen und mündlich-praktischen Prüfung am dritten Tag bestehen. Zur Vorbereitung der Teilnehmer wurden in allen Bereichen Schulungsordner erstellt, die inzwischen als Standardnachschlagewerke für den Zoofachhandel gelten. Der Bereich Warmwasseraquaristik umfasst die Themen Recht, Biologie, Ernährung, Wasserchemie, Haltungs- und Hygienemanagement, Krankheiten sowie eine Artenkunde mit über 100 handelsrelevanten Süßwasserfischarten. Seit 2009 besteht auch die Möglichkeit, einen spezialisierten Sachkundenachweis im Bereich Kaltwasserfische & Teich zu erwerben. Hier liegt der Schwerpunkt neben Goldfisch und Koi auf den einheimischen Biotopfischen und weiteren Kaltwasserarten. Teichbau und Teichtechnik werden ebenso behandelt wie alle relevanten Bereiche der Kaltwasseraquaristik. Im Jahr 2015 wird das Angebot durch den Schulungsordner Meerwasserfische und das dazu gehörige Sachkundeseminar erweitert. Zusätzlich bietet der BNA regelmäßig Tagesseminare und weitere Fortbildungen zu Spezialthemen aus dem Bereich der Aquaristik an. Diese Schulungen werden auf Anfrage auch bundesweit durchgeführt. Aktuelle Termine für die Sachkundeschulungen und weitere Fortbildungen finden Sie unter: www.bna-sachkunde.de Bundesverband für fachgerechten Natur-, Tier- und Artenschutz e.V. Ostendstr. 4 / 76707 Hambrücken Telefon: 07255-28 00 www.bna-ev.de Fax: 07255-83 55 [email protected] BNA-Berichte 1-14