Berichte - BNA e.V.

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BNA
Berichte
Biotope schützen
Natur bewahren
Arten erhalten
Moderne Meerwasseraquaristik- wenig Fische und viele Korallen (Heiko Blessin)
Aquaristik – ein perfektes Beispiel für
Naturschutz in Privathand (von Heiko Blessin, JBL)
So ganz langsam wird die Diskussion zum Thema Wildtierimportverbote im Bereich der Aquaristik absurd: Es stehen
ungeprüfte Zahlen im Raum, deren Ursprung die selbsternannten Tierschützer nicht einmal benennen können, und es
werden Beispiele aus Bereichen der Säugetiere und Reptilien stellvertretend für die Aquaristik genannt, da keine
ausreichenden Negativbeispiele aus der Aquaristik selbst zur Verfügung stehen.
Aufgeführte Gefährdungen durch invasive Arten
und Krankheiteneinschleppung gelten ebenfalls
nicht für die Aquaristik: Tropische Fische können
sich in unseren Breiten nicht vermehren
und es gibt nur die Fischtuberkulose, die auf Menschen
übertragen werden kann
– und die haben wir nicht
aus den Tropen importiert
(www.callistoproject.eu/
joomla/). Auch die Gefahr durch giftige Tiere
ist eher vernachlässigbar,
denn die wenigen wirklich giftigen Meeresbewohner, die
nur sehr wenige Liebhaber finden, gefährden nur
den Besitzer, wenn er sich unvorsichtig anstellt.
Die zunehmende Zahl der Nachzuchten zeigt
außerdem, dass die Pflegebedingungen der Tiere
so schlecht nicht sein können. Interessant ist auch
die Tatsache, dass es noch nie so viele Kaiserfische in Deutschland gab, wie zu der Zeit, als
sie verboten waren. Als das Verbot aufgehoben
wurde, reduzierte sich der Bestand auf nur
noch wenige Ausnahmen, da Kaiserfische im
Allgemeinen nicht für Riffaquarien geeignet
sind.
Erst einmal sollte die Problematik in folgende
zwei Bereiche unterschieden werden:
1. Artenschutz, weil die Art als gefährdet einge- stuft wird.
2. Import-Vorschriften, falls Arten nicht oder
schwer zu transportieren sind.
Zu Punkt 1:
Eine Diskussion hierzu ist überflüssig,
da Tiere von Arten, die als streng
geschützt eingestuft werden, ohnehin NICHT als Naturentnahmen für
Handelszwecke importiert werden
dürfen. Dies ergibt sich aus den
Vorschriften von CITES und der
EU-Artenschutzverordnung. Im
CITES Anhang I werden alle
Arten aufgeführt, die allerhöchsten
Schutz erfahren, weil sie vom Aussterben akut bedroht sind. Nachzuchten dürfen nur mit Genehmigungen oder Bescheinigungen
Bild 1: Heiko Blessin
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Aquaristik – ein perfektes Beispiel für Naturschutz in Privathand (von Heiko Blessin, JBL)
gehandelt werden. Die neun im Anhang I genannten
Fischarten werden nicht in Aquarien gehalten.
Arten im Anhang II von CITES sind noch nicht unmittelbar vom Aussterben bedroht, aber ihr Handel könnte
zu einer Bedrohung führen. Auch diese Fische dürfen
nur mit Genehmigungen oder Bescheinigungen
gehandelt werden. Im Anhang II sind 68 Fischarten
aufgeführt, unter anderem die in der Aquaristik beliebten Seepferdchen (-Nachzuchten). Im Anhang III
von CITES sind derzeit keine Fische gelistet. Erstaunlich ist, dass im Bereich Fische, Störe und Seepferdchen in einem Kapitel auftauchen, obwohl die Störe
nicht aus aquaristischen Gründen, sondern wegen
der Kaviarverwendung genannt werden. Ein reiner
vorhersehbar ist, dass sie in Kürze aussterben werden. Ein Import wäre sogar dringend erforderlich,
da nur Nachzuchten die Art künstlich erhalten
können. Hierfür ist der Zebrawels (Hypancistrus
zebra) ein Beispiel, dessen räumlich begrenzter
Lebensraum in Kürze durch ein Staudammprojekt
in Brasilien unwiederbringlich zerstört wird.
Verweis auf die CITES ist somit kritisch, da genau
nachgesehen werden muss, warum die Fischarten
aufgeführt werden. Wer Stückzahlen oder Lebendgewichte von Wildtierentnahmen im Bereich Fische
der CITES anführt, nennt somit hauptsächlich
Speisefische und keine Aquarienfische!
dieser Fische beschäftigen. Für bereits zerstörte
Biotope und Fischarten, die nur noch in Aquarien
gehalten und vermehrt werden, gibt es zahlreiche
Beispiele (Villavicencio-Zwergbuntbarsch, EndlerGuppy usw.). Ohne Aquaristik in Privathand und
Zoos wären viele Fischarten bereits ausgestorben.
Es ist wissenschaftlich belegt, dass noch keine
einzige Tierart jemals durch die Aquaristik ausgerottet
wurde! Ein Gegenbeweis wurde nie vorgelegt. Hier
liegt das Problem eindeutig in der Umweltzerstörung und damit dem Verschwinden der Lebensräume der Tierarten.
Von den 61 bereits ausgestorbenen Fischarten wurde die Mehrheit noch nie in Aquarien gepflegt. Sieben weitere gefährdete Arten existieren zum Glück
noch in Aquarien. Befinden sich solche Arten bereits in Privathand, ist deren Nachzucht sehr zu begrüßen und viele Aquarianer sind bereits Artenschutzprogrammen angeschlossen. Eine nicht erfasste
Ausnahme bilden Fischarten, bei denen 100 %
Deutsche Wissenschaftler wie Dr. Peter Finke riefen
gerade noch rechtzeitig auf, sich mit der Zucht einer
Labyrinthfischgattung (Parosphromenus) aus Asien
zu beschäftigen, da auch ihr Lebensraum durch
Waldrodung extrem bedroht ist. Es wurden Arbeitskreise gebildet, die sich mit der komplizierten Zucht
Zu Punkt 2:
Ein nennenswerter Import von Aquarienfischen
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Aquaristik – ein perfektes Beispiel für Naturschutz in Privathand (von Heiko Blessin, JBL)
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findet nur dann statt, wenn eine Nachfrage
existiert. In Deutschland haben wir ungefähr 3,5
Millionen Haushalte (IVH e.V. Der deutsche Heimtiermarkt 2013), in denen Aquarien existieren. Laut
IVH beträgt das Umsatzvolumen für Zierfischfutter
und Zierfischzubehör rund 260 Mio. €. Wikipedia
gibt für Wassertiere und Pflanzen für 2003 einen
Umsatz von 20 Mio. € an (nur Deutschland), insgesamt somit ca. 280 Mio. €. Dies entspricht von
der Summe her dem Umsatz an Kaffeemaschinen
in Deutschland (statista.com). Deutsche Unternehmen wie z. B. Tetra, JBL, Eheim oder Juwel
gelten weltweit als führend im Bereich Aquaristikzubehör und haben eine erfolgreiche Haltung
Deutschland bei etwa 70.000 Tonnen pro Jahr.
Hierunter fallen auch Wildimporte, wie bereits
ausgeführt.
der Wasserbewohner durch geeignetes Zubehör,
Pflegemittel oder Futter oft erst möglich gemacht.
von 20 Mio. Fischen aus dem Ökosystem des Rio
Negro schnell zu einer Verringerung der Population
führen könnte. Prof. Ning Labbish Chao zeigte
in einer Langzeitstudie von 1989-2012 des Projektes „Piaba“, dass der Fang des Roten Neon als
nachhaltig und ohne jede negative Folge für die
Population und die Umwelt geblieben ist. Wenn
nun bei einer Entnahme des Roten Neon 20 Mio.
Exemplare aus den natürlichen Lebensräumen
entnommen werden, steigt einfach nur die Anzahl
der Nachkommen, die dann den „leeren“ Platz im
Ökosystem wieder auffüllen, auch wenn es natürlich
nicht alle bis zur Geschlechtsreife schaffen. Für
Fischexperten ist dies nicht verwunderlich, denn
die Reproduktionsraten von Fischen sind ungleich
Im Bereich der Süßwasseraquaristik wurden von
etwa 15.000 bekannten Arten nur 4.800 jemals in
Aquarien gepflegt. Davon wiederum nur 200-400
Arten regelmäßig. Die beiden größten deutschen
Süßwasserfischimporteure bieten in ihren Aquarien
rund 1.000 Arten (inkl. Farbschlägen) dem deutschen bzw. europäischen Zoofachhandel an.
Die ersten 10 Arten der Import-Hitlisten machen
bereits 80 % aller importierten Arten aus; die
ersten beiden Arten (Roter und Einfacher Neon
zusammen) bereits 55 %. Zum Vergleich: Die
Menge an verzehrten Süßwasserfischen liegt in
Von den 200 bis 400 regelmäßig gepflegten
Arten im Aquarium werden 90 % in Gefangenschaft
nachgezüchtet. Nur 10 % laufen unter Wildentnahmen, wobei importierte Nachzuchten ebenfalls
unter „Wildimport“ laufen (z. B. Guppys aus Singapur
oder Sri Lanka). Die beliebteste Wildfangart
ist sicherlich der Rote Neon (Paracheirodon
axelrodi), der mit etwa 20 Mio. Exemplaren jährlich aus Brasilien in die ganze Welt exportiert wird.
Man könnte nun leicht glauben, dass die Entnahme
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Aquaristik – ein perfektes Beispiel für Naturschutz in Privathand (von Heiko Blessin, JBL)
höher, als die anderer Wirbeltiere. Fast alle Fischarten besitzen mindestens eine fünfstellige Nachkommenschaft jährlich! Dies ist leider bei landlebenden Wirbeltieren nicht so einfach.
Selbsternannte Tierschützer führen gerne
Mortalitätsraten von 70 % an, um zu zeigen, dass
mehr als die Hälfte aller importierten Fische auf
dem Transport nach Deutschland sterben. Dr.
Stefan Hetz, Präsident des VDA, hat nachgewiesen,
dass diese Zahl erfunden ist (Brief an Dr. Gebhart
MdB, 16.01.14): „Die im Text von pro Wildlife
zitierte Arbeit (Oliveira, S. R., Souza, R. T. Y. B.,
Nunes, E. S. S., Carvalho, C. S. M., Menezes, G.
C., Marcon, J. L., Roubach, R., Akifumi Ono, E.
und Affonso, E. G. (2008). Tolerance to temperature, pH, ammonia and nitrite in cardinal tetra,
Paracheirodon axelrodi, an amazonian ornamental fish. Acta Amazonica 38 (4): 773-780) selbst
zitiert wiederum zwei Arbeiten (Waichman, A. V.,
Pinheiro, M. und Marcon, J. L. (2001) Water quality monitoring during the transport of Amazonian
ornamental fish / Wohr, A. C., Hildebrand, H.,
Unshelm, J. und Erhard, M. H. (2005). Aspects
of animal welfare and species protection in the
international trade of ornamental fish and air
transport to Germany. Berliner und Münchener
Tierarztliche Wochenschrift 118 (5-6): 177-185.),
welche ebenfalls keine auf einer wissenschaftlichen Basis nachprüfbaren Angaben zur Mortalität liefert. Infolge dieser Tatsache müssen die
Daten in der zitierten Arbeit und somit bei Pro
Wildlife als erfunden eingestuft werden.“
Bevor wir einen Blick auf die realen Zahlen werfen,
sei nur angemerkt, dass bereits das Beherrschen
von Grundrechenarten zu einem anderen Ergebnis geführt hätte: Das Teuerste am Import von
Wasserbewohnern (Fische & Wirbellosen) ist die
Fracht, die durch das hohe Wassergewicht bedingt
ist. Bei Verlusten wird u. U. (auf Kulanz) der Warenwert der Tiere ersetzt, nicht aber die Fracht.
So ist allen Beteiligten daran gelegen, dass die
Tiere möglichst unbeschadet transportiert werden.
Würden z. B. beim Guppy-Import (einer der
beliebtesten Zierfische überhaupt) 70 % der Tiere
tot in Deutschland eintreffen, würde der Endverbraucherpreis im Fachhandel nicht 3,50 € sondern
11,30 € betragen. Bereits eine simple Rechnung
führt zu dem Ergebnis, dass die DOA (Dead On
Arrival) Zahl bei Zierfischen unter 3 % liegt. Wer
nicht rechnen kann, hat die Möglichkeit, Zahlen
aus einer wissenschaftlichen Studie zu entnehmen,
die Matthias Homuth durchführte (Homuth, M.
(2010): Mortalitätsraten im internationalen Zier-
fischhandel unter Berücksichtigung ausgewählter
Wasserparameter. – Masterarbeit, HUMBOLDTUNIVERSITÄT ZU BERLIN). Homuth untersuchte
bei einem der größten Zierfischimporteure, Aquarium Glaser, die Verlustrate von Zierfischen beim
Eintreffen in Deutschland und innerhalb der ersten
6 Tage nach dem Eintreffen. Bei 71.218 Fischen
traten Verluste (DOA) von 935 Tieren auf, was einer
Verlustrate von 1,31 % entspricht (606 Wildfänge;
329 Nachzuchten). Bei den durchschnittlichen
Verlustraten ist noch anzumerken, dass sie durch
nur einen defekten Beutel beim Transport und dem
daraus resultierenden Sauerstoffverlust mit
folgendem Totalverlust der Fische in diesem Beutel,
nach oben beeinflusst werden. Bei über 50 % aller
Beutel traten 0 % Verluste auf (M. Homuth).
Der nach eigenen Angaben größte Fischimporteur
Deutschlands, EFS in Sonnefeld, bestätigt die
Verlustzahlen, die bei ihm penibel an jedem einBNA-Berichte 1-14
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zelnen Aquarium protokolliert sind und jederzeit
überprüft werden können. Dieses Angebot hat
EFS Inhaber, Bernd Schmölzing, Ute Vogt SPD
MdB und ihrem Team persönlich gemacht.
Die für einige sicherlich überraschend niedrigen
Verlustraten sind dennoch leicht zu erklären: Mit
der heutigen Technik kann den Tieren für den
Transport reiner Sauerstoff in die Transportbeutel
gegeben werden, wodurch kein Sauerstoffmangel
mehr auftreten kann (alle intakten Transportbeutel
weisen über 100 % O2-Sättigung bei Ankunft auf).
Styroporboxen stellen eine ausreichende Isolierung
gegen zu hohe und zu niedrige Außentemperaturen sicher (Durchschnittliche Wassertemperatur
beim Eintreffen in Deutschland 23,4 °C bei Außentemperaturen bis -10 °C im Nov.-Febr.) und auch
die Frachträume der Flugzeuge weisen inzwischen
optimale Temperaturen auf. Die Transportwege
sind durch bessere Infrastruktur in den Exportländern
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kürzer geworden und das Fachwissen über die
einzelnen Fischarten ist über die letzten Jahrzehnte enorm gewachsen: Wie viele Fische pro
Beutel sind optimal, welche Tiere müssen einzeln
versendet werden und wie viel Wasser wird überhaupt benötigt.
Auch bei der Eingewöhnung beim Importeur
sind sowohl die technischen Möglichkeiten als
auch das Fachwissen gewachsen. Genaue Wassertests, eine professionelle Wasseraufbereitung,
Mikroskopuntersuchungen bei Krankheitsfällen
und sehr wirksame Heilmittel sind nur einige der
vielen Verbesserungen. Die protokollierten Verluste in den ersten 6 Tagen nach dem Eintreffen
lagen bei 1,71 % - Tendenz sinkend (Homuth).
Die Regierung Sri Lankas ging sogar 2010 so weit,
deutsche Fachleute einzuladen, um den dortigen
Zierfischexporteuren und Züchtern ihr Fachwissen
zu vermitteln. Ziel war die Qualitätsverbesserung
der Fische sowie die Reduzierung der Verluste.
Ich hatte bei diesem Besuch in Sri Lanka persönlich
die Möglichkeit, mich von der Ernsthaftigkeit der
beteiligten Personen vor Ort zu überzeugen und
zu erleben, wie unsere Vorschläge direkt umgesetzt wurden. Selbst einfache Optimierungen in
tropischen Ländern, wie z. B. das Beschatten der
transportierten Fischtransportbehälter auf den
Lastwagen durch eine Plane und das Parken im
Schatten führten zu bedeutenden Erfolgen.
Im Meerwasser hat sich die gesamte Aquaristik
in den letzten 25 Jahren grundlegend geändert:
Damals lagen Aquarien mit „großen bunten Meerwasserfischen“, die zwischen gebleichten, weißen
Korallenskeletten herumschwammen, im Trend.
Diese großen, untereinander oft aggressiven Arten,
deren Populationsdichte im Riff deutlich geringer
ist als die der kleinen Riffbewohner, möchte heute
kaum noch jemand pflegen, denn sie fressen die
lebenden (teuren) Korallen und andere Wirbellose,
die heute in fast jedem Meerwasseraquarium gepflegt werden. Seit etwa 20 Jahren etablieren sich
sogenannte Riffaquarien, die einen kleinen Riffabschnitt mit seinen Bewohnern nachbilden. Die
dafür importierten Arten sind im Riff überall, meist
in großer Zahl anzutreffen, leicht zu fangen und
ebenso leicht im Aquarium zu pflegen. Das sehr
beliebte Buch „Fische für das Riffaquarium“ von
L. Gohr enthält Pflegehinweise für die 100 populärsten Meerwasserfische. Auch wenn weitere
Arten importiert werden (Malediven exportieren ca.
100 Arten weltweit, Saleem & Adam 2004), kann
diese Zahl eine grobe Einschätzung der gepflegten
Artenzahl geben. 209 Arten, bereits inklusive groß
werdender Arten, die sehr selten importiert wer-
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Aquaristik – ein perfektes Beispiel für Naturschutz in Privathand (von Heiko Blessin, JBL)
den, zählt S. Fossa und A. Nielsen im Standardwerk Korallenriffaquarium Bd. 3 auf. Etwa 30-50
der beliebtesten Arten (außer Doktorfischen) werden
inzwischen nachgezüchtet (Tendenz steigend).
Gerne werden Importstatistiken des statistischen
Bundesamtes zitiert, die für 1996 etwa 500 Tonnen
Zierfischimporte für Deutschland angeben (Süßund Meerwasser). Dabei wird nur nicht berücksichtigt, dass es sich um das Gesamtgewicht der
Sendungen, also geschätzte 95 % Wasser handelt.
Der Meerwassertieranteil gegenüber dem Süßwasser beträgt 5-8 %, wobei von diesen Tieren
17 % aus Holland stammen, wo sie zum großen
68 % in die USA und nur 24 % in die EU exportiert werden. Innerhalb der EU ist Großbritannien
der größte Abnehmer (64 %, DE 20 %, Saleem &
Adam, 2004, Review of Aquarium fishery, gültig für
Maledivenexporte). Auch die beliebten Anemonenfische werden in großer Zahl nachgezogen,
obwohl ihr Bestand in der Natur in keiner Weise
gefährdet ist (aquarienkonzept.de). Eine Umfrage
bei allen marktbedeutenden Meerwasserimporteuren Deutschlands meinerseits führte zum Ergebnis, dass die Verluste bei Fischimporten bei
rund 3 % (DOA) liegen und in den ersten Tagen
nach der Ankunft unter 2 % sinken. Das Ergebnis
dieser Umfrage zeigt auch, dass die Importeure
Teil gezüchtet werden (L. Gohr 2004, Fische für
das Riffaquarium). Überhaupt entwickelt sich die
Meerwassernachzuchtquote sehr positiv. Durch
Selektion bei der Korallenzucht stehen aus Nachzuchten schönere und stabilere (gegenüber der
Wasserqualität) Tiere zur Verfügung (korallenzucht-wendel.de), denen gegenüber Wildimporten
vom Aquarianer der Vorzug gegeben wird. Aus
Indonesien kommen inzwischen 80 % der Korallen
aus Zuchtfarmen und nur noch 20 % aus Wildentnahmen (Dr. L. Rhyne 2011), wobei davon wiederum
inzwischen 5 bis 30 % ihres Bedarfs aus Nachzuchten decken – Tendenz steigend. Bis zu 37 %
der importierten Meerwassertiere werden in das
europäische Ausland verkauft. Die früher weit
verbreitete Fischfangmethode mit dem Gift Cyanid läuft sich tot, denn die so gefangenen Tiere
verendeten nach einer Weile in den Aquarien der
Besitzer an Leberversagen und die Schuld wurde
an den Händler weitergegeben. Dieser nahm Abstand vom Lieferanten und der wiederum kaufte keine mit Cyanid gefangenen Fische mehr.
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Aquaristik – ein perfektes Beispiel für Naturschutz in Privathand (von Heiko Blessin, JBL)
An dieser Stelle sei kurz darauf verwiesen, dass
der Fang von Riffbewohnern mittel- und langfristig
zu einem Umweltbewusstsein der Fänger und deren Familien sowie Freunden in den Herkunftsländern führt. Speisefischfang mit Dynamit und andere
Zerstörung der Riffe (Nutzung des Riffmaterials
für Haus- und Straßenbau) verhindert langfristig
die Nutzung der Korallenriffe. Die Zierfisch-Fänger
verlieren dann ihre Existenzgrundlage und betreiben so, ohne es auf der Schulbank zu lernen,
eine immer nachhaltigere Fischerei in „ihren“ Riffen, die sie dann auch vor der Zerstörung gegen
Kollegen schützen. Und auch wenn die Fänger
beliebte Arten intensiv befischen, so ist der Aktionsradius der Fänger auf Grund ihrer begrenzten
technischen Mittel und Ausrüstung sehr begrenzt.
Sie erreichen nur geringe Tiefen und ufernahe
Riffabschnitte. Tiefer liegende Bereiche und uferferne Riffe bleiben unangetastet.
Da der Weg der gefangenen Fische bis zum Versand
nach Deutschland nicht immer optimal verläuft,
beraten deutsche Importeure die Fangstationen
vor Ort bei Besuchen oder bauen sogar eigene
Fangstationen auf, die mit deutschem Know How
arbeiten (z. B. meerwasser-center-menzel.de).
Die beschriebene Problematik ist hauptsächlich in
Indonesien und auf den Philippinen zu beobachten.
Am großen Barrier Reef Australiens (cairnsmarine.com), auf den Malediven und Hawaii laufen
der Fang und die Zwischenhälterung bis zum Versand absolut professionell und vorbildhaft ab. Das
Marine Research Center der Malediven hat im
Auftrag der Regierung ein Fangquotensystem für
jede einzelne Art entwickelt (species based quota
system), das auf der Vorkommenshäufigkeit und
Haltbarkeit in Gefangenschaft basiert (Saleem &
Adam, 2004. Review of Aquarium Fishery) und
Fanggebiete definiert. In Australien wurden ebenfalls Fangquoten und Fanggebiete regierungsseitig
ausgewiesen sowie kontrolliert und Verstöße werden
mit drastischen Strafen sanktioniert.
In diesem Sektor (geltend für Indonesien und
Philippinen) befindet sich meiner Ansicht nach
das größte Potential, Verluste zu reduzieren und
Umweltschutzgedanken zu transportieren. Ein
deutscher Importstopp würde aber augenblicklich
zurück in die Steinzeit führen und der Dynamitfischerei wieder Tür und Tor öffnen.
Zum Abschluss noch eine kleine Beispielrechnung
vom Biologen Frank Schäfer, die zeigen kann,
dass die Vermehrungsrate von Fischen so eklatant
ist, dass nur eine Zerstörung des Lebensraums zur
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Bedrohung führen kann, nicht aber eine Wildentnahme und der Import für die 3,5 % der deutschen
Aquarienbegeisterten: Ein einziges Guppy-Weibchen gebärt alle 8-12 Wochen 10-150 Jungtiere.
Auch wenn wir nur mit 10 Jungtieren weiterrechnen, ergeben sich nach vier Generationen knapp
20.000 Guppys. Gehen wir davon aus, dass sich
50 % männliche und 50 % weibliche Tiere ergeben,
haben wir bei angenommenen 20 Jungtieren pro
Wurf als Ergebnis 20.411.500 Guppys. Und dies
von nur einem Weibchen nach 4 Generationen!
Der Meerwasserfisch Genicanthus lamarck hat
bei einer Gruppe von einem Männchen und zwei
Weibchen ein Vermehrungspotential (produzierte
Eier) von 600.000 Larven im Jahr. Warum sollten
wir nochmal keine wild gefangenen Fische importieren und in Privathand pflegen?
Bild 6: Riffaquarium oder Unterwasserfoto - man muss
schon genau hinsehen, um das Aquarium zu erkennen.
(Heiko Blessin)
Literatur:
Heiko Blessin, Dipl.-Biologe / Biologist (M.S.)
Marketingleiter, Leiter JBL Forschungsexpeditionen
JBL GmbH & Co. KG
Dieselstraße 3
67141 Neuhofen, Deutschland
Tel:
+49 (0)6236 4180 390
Fax: +49 (0)6236 4180 999
Mobil: +49 (0)1778 4180 32
E-Mail: [email protected]
Bundesverband für fachgerechten Natur-, Tier- und
Artenschutz e.V.
Geschäftsführer: Lorenz Haut
Ostendstr. 4, 76707 Hambrücken,
E-Mail: [email protected], Internet: www.bna-ev.de
Schriftsatz und Gestaltung: Dipl.-Geograph Frank Woll, BNA
Bundesverband für fachgerechten
Natur-, Tier- und Artenschutz e.V.
Aquaristik – ein perfektes Beispiel für Naturschutz in Privathand (von Heiko Blessin, JBL)
Der Bundesverband für fachgerechten
Natur-, Tier- und Artenschutz e.V. (BNA)
...bietet seit 2003 ein bundesweit einmaliges Fortbildungskonzept zur Erlangung der
Sachkunde nach §11 Tierschutzgesetz. Die
BNA-Schulungen sind in allen 16 Bundesländern als gleichwertig mit der Prüfung durch
das Veterinäramt anerkannt und
werden zentral im modernen
Schulungszentrum in Hambrücken durchgeführt.
Neben den Bereichen Terraristik, Kleinsäuger und Vögel liegt
ein besonderer Schwerpunkt im
Bereich der Aquaristik. Regelmäßig werden dreitägige Sachkundekurse angeboten, die aus
zwei Seminartagen sowie der
schriftlichen und mündlich-praktischen Prüfung am dritten Tag
bestehen. Zur Vorbereitung der
Teilnehmer wurden in allen Bereichen Schulungsordner erstellt, die inzwischen als Standardnachschlagewerke für den Zoofachhandel gelten.
Der Bereich Warmwasseraquaristik umfasst
die Themen Recht, Biologie, Ernährung,
Wasserchemie, Haltungs- und Hygienemanagement, Krankheiten sowie eine Artenkunde mit über 100 handelsrelevanten Süßwasserfischarten.
Seit 2009 besteht auch die Möglichkeit, einen spezialisierten Sachkundenachweis im Bereich Kaltwasserfische & Teich zu erwerben. Hier liegt der
Schwerpunkt neben Goldfisch und Koi auf den einheimischen Biotopfischen und weiteren Kaltwasserarten. Teichbau und Teichtechnik werden ebenso
behandelt wie alle relevanten Bereiche der Kaltwasseraquaristik.
Im Jahr 2015 wird das Angebot
durch den Schulungsordner Meerwasserfische und das dazu gehörige Sachkundeseminar erweitert.
Zusätzlich bietet der BNA regelmäßig Tagesseminare und weitere
Fortbildungen zu Spezialthemen
aus dem Bereich der Aquaristik an.
Diese Schulungen werden auf Anfrage auch bundesweit durchgeführt.
Aktuelle Termine für die Sachkundeschulungen
und weitere Fortbildungen finden Sie unter:
www.bna-sachkunde.de
Bundesverband für fachgerechten
Natur-, Tier- und Artenschutz e.V.
Ostendstr. 4 / 76707 Hambrücken
Telefon: 07255-28 00 www.bna-ev.de
Fax:
07255-83 55 [email protected]
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