Mit allen Sinnen heilen 21.- 23.September 2007 Veranstaltung der Evangelischen Akademie Tutzing in Heilsbronn Dr. Annette Cramer: „Hören und Fühlen“ Einführung in die Musiktherapie 1 Hören und Fühlen – Einführung in die Musiktherapie Dr. Annette Cramer 2007 Inhalt: • Musiktherapie – Methoden, Inhalte, Ziele und Inhalte • Hören und Fühlen - auditive und neurologische Verabeitung • Der menschliche Körper – ein großes Ohr • Ein Blick in die Zukunft 2 Was macht Musikhören und Musikausüben zur Therapie? 1. Der therapeutische Dialog 2. Der therapeutische Prozeß 3. Intensivierung der Sinneswahrnehmung 3 Musiktherapie ist die „wissenschaftliche Anwendung der Musik zum Zwecke therapeutischer Ziele“ (National Association of Music Therapy,NAMT). Sie ⇒spricht unmittelbar das emotionale Erleben an ⇒kann körperliche Funktionen verändern ⇒kann Sprache ersetzen ⇒führt in die vierte Dimension von Zeit und Raum 4 Man unterscheidet Pädagogische Musiktherapie: umfaßt die Gruppen- und Einzeltherapie bei Kindern, zeitweise auch bei Erwachsenen mit unterschiedlichen Behinderungen (heilpädagogische Musikerziehung). Musiktherapie als psychotherapeutische Methode: umfaßt die averbale Psychotherapie z. B. bei Psychosen als Persönlichkeitsformung bis zum Abbau von Kontaktstörungen und Kommunikationsmangel. Musik in der Medizin oder MusikMedizin: hier wird Musiktherapie im somatogen-medizinischen Bereich wie ein Medikament eingesetzt Alle drei Methoden stehen miteinander in Verbindung. 5 Die Ziele: Pädagogische Musiktherapie: Wissensvermittlung Rehabilitation Behinderter Musiktherapie als Psychotherapie: einen Zugang zum Unbewußten öffnen Regulierung von psychischen und physischen Spannungszuständen Sprachersatz emotional aktivieren Kreativität fördern MusikMedizin Körperlich und seelisch stabiliseren medizinische Behandlungen unterstützen 6 ergotrop trophotrop musikalische Eigenschaften harmonisch kann aber auch dissonant sein oft polyphon - manchmal homophon oft staccato, bzw. akzentuierter Rhythmus dynamisch moll oder keine erkennbare Harmonik oft homophon legaten, bzw. fließender Rhythmus oder kein erkennbarer Rhythmus wenig Dynamik körperliche Reaktionen Blutdruck Atmung Herzfrequenz Hautwiderstand periphere Durchblutung Verdauungsmobilität innere Sekretion (Drüsen) Muskelspannung Pupillen sympathische Tonuslage: steigt steigt steigt steigt fällt fällt gehemmt steigt weit parasympathische Tonuslage: fällt fällt fällt fällt steigt steigt angeregt fällt eng 7 Formen der Musiktherapie aktiv Im Mittelpunkt steht die selbst gestaltete musikalische Tätigkeit des Patienten. Ziele: durch musikalische Aktivität individuelle seelische Strukturen entdecken die Ich-Organisation fördern kommunikative Fähigkeiten entwickeln rezeptiv sämtliche Methoden, bei denen der Klient nicht selbst musiziert Ziele: Intensivierung der Sinnes- und Körperwahrnehmung Entspannung Unterstützung von Heilprozessen Aufarbeiten unbewußter Prozesse (KIP, GIM) 8 Unser Innenohr mit Gleichgewichtsorgan 9 akustische Schwingung mechanische Schwingung flüssige Schwingung neuronale Energie 10 Das passiert bei der Wahrnehmung von Musik ⇒ Es findet eine akustische Analyse statt ⇒ Das auditorische Gedächtnis wird angesprochen ⇒ Es findet eine auditorische Gestaltbildung sowie Verarbeitung musikalischer Syntax und Semantik statt ⇒ Es kommt zu Reaktionen durch ausgelöste Emotionen ⇒ Das vegetative Nervensystem wird angesprochen ⇒ Das Hormon- und das Immunsystem wird aktiviert ⇒ Es kann zu motorischen Reaktionen kommen 11 Das Zusammenspiel von Gehör und Gehirn im neurophysiologischen Modell der Emotion. Das Blockschaltbild zeigt stark vereinfacht den Informationsfluss im auditorischen System und den Einfluss von aufmerksamkeits- und emotionssteuernden Systemen auf die Verarbeitung von akustischen Signalen. 12 Das Gehirn schüttet Endorphine aus Die Hypophyse beruhigt sich Der Blutdruck wird gesenkt Der Herzschlag beruhigt sich Die Atemfrequenz wird niedriger Die Nebenniere schüttet Noradrenalin aus Die Muskulaturentspannt sich So wirkt entspannende Musik 13 14 Ein Blick in die Zukunft Die Musikrezeption gewinnt zunehmend an Bedeutung ⇒ Die Naturwissenschaften liefern ständig neue Erkenntnisse über die Bedeutung von Schwingungen. Die Wirkung von Musik, von Klang und von Schwingungen wird laufend weiter erforscht. ⇒ Neurologische Erkenntnisse über den auditorischen Cortex und die auditive Verarbeitung werden für die Musiktherapie bahnbrechend sein 15 Der Körper ist ein großes Ohr Der Vibrationssinn steht mit dem gesamten Körper über verschiedene Rezeptororgane direkt in Verbindung. Er ist der phylogenetische Vorfahre des Hörsinns und wird über die Pacini-Körperchen vermittelt. 16 VAT = Vibroakustische Musiktherapie kann ⇒ die Körperwahrnehmung verbessern ⇒ die Muskulatur entspannen ⇒ die Durchblutung fördern ⇒ Schmerzen lindern ⇒ Spannungen und Streß abbauen ⇒ Schwindelgefühle mindern 17 Das therapeutische Monochord 18 Das therapeutische Monochord 19 Die Verteilung der Stromflüsse im menschlichen Körper. Das Messergebnis vor dem Hören von Klängen des Monocords (nach Kapteina und Zhang 2002) 20 Nach ca. fünf Minuten, in denen die Versuchsperson den Klängen zuhört, wird diese Verteilung der Stromflüsse gemessen. Aus anderen Untersuchungen ist bekannt, dass das erste Messergebnis bei Stresszuständen auftritt, das zweite bei entspannter Aktivität, etwa nach Meditationsübungen (Kapteina und Zhang 2002). 21 Die Macht des Klangs Diese Melodie regt das Wachstum von Tomaten an 22 Hirnstrommessungen (EEG) und Herzfrequenz (EKG) während einer entspannten Schlafphase. Rhythmisch wechselnde Aktivität des Sympathikus und Parasympathikus (Seelenklang-Therapie nach Graus) 23 „Seelenklang-Design“ nach Graus. In Anlehnung an die Psychofonie werden Gehirn- und Herzrhythmus aufgezeichnet und mittels FFT in Musik umgewandelt. Die Melodien werden synthetisch erzeugt und wiedergegeben. 24 Die patentierte „Sensophonie®“ analysiert die Stimme nach den drei Hauptfrequenzen. Die gewählte Frequenz kann dem Patienten wieder aufbereitet zugespielt werden (nicht synthetisch!) und je nach Wahl 25 zur Entspannung, zum Ausgleich oder zur Vitalisierung genutzt werden. Merke: musikalische Strukturen spiegeln sich exakt in der Hirnrinde wieder Naturtöne regen den auditorischen Cortex um 25 % mehr an als Sinustöne (synthetische Klänge) 26 Literatur Benenzon, R.O.: Einführung in die Musiktherapie. München 1983 Bild der Wissenschaft 8/94, S. 12 Birbaumer, N. 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