Faltengebirge gleiten auf weichen Flächen

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Faltengebirge gleiten auf weichen Flächen
17.05.12 16:39
Veröffentlicht: 11.08.11
Science
Faltengebirge gleiten auf weichen Flächen
Das Zagros-Gebirge ist geologisch gut erforscht. Wie es jedoch
dazu kam, dass sich überwiegend Falten mit nahezu
konstanten Wellenlängen von 14 Kilometern bildeten, konnten
ETH-Wissenschaftler nun erstmals anhand von
Computersimulationen zeigen.
Simone Ulmer
Das rund 1500 Kilometer lange
Zagros-Gebirge im Iran bildete sich
erst in den vergangenen fünf
Millionen Jahren. Reiche
Ölvorkommen, mächtige
Salzablagerungen, die aus dem
Untergrund aufsteigen und als
Salzgletscher zu Tage treten, sowie
eine intensive Faltung machen
Das Salz aus dem Untergrund des
dieses Gebirgsmassiv weltweit
Zagros dringt an manchen Stellen
einzigartig. Insbesondere prägen
durch Spalten im Gestein an die
relativ regelmässig wiederkehrende
Oberfläche und breitet sich dort
und gleichmässig erscheinende
ähnlich wie ein Gletscher aus.
Falten das Zagros-Gebirge. Wie
(Bild: NASA) (Galerie)
diese geologische Besonderheit zu
erklären ist, konnten Geologen bis anhin nicht herausfinden. Doch
Boris Kaus, Assistenzprofessor am Institut für Geophysik an der ETH
Zürich, gelang es nun, das Geheimnis zu lüften.
Gebirgsbildung im Computermodel
Kaus hat, in Zusammenarbeit mit seinem Postdoc Philippe Yamato
und anderen Wissenschaftlern aus Paris und Zürich, anhand von
Computermodellen die Entstehung des Faltengebirges und dessen
Gesteinseigenschaften über geologische Zeiträume untersucht. Das
Zagros-Gebirge eignete sich besonders, da es eines der am besten
untersuchten Gebirge der Welt ist. Seine Geologie ist durch
Bohrungen in den Untergrund und seismische Profile gut erforscht.
Die Wissenschaftler versuchten mit ihren Modellen, die geologischen
Strukturen, die sich über Jahrmillionen entwickelt haben,
nachzubilden. Damit wollten sie herausfinden, wie es zu der
besonderen räumlichen Verteilung der Falten mit einer Wellenlänge
von etwa 14 Kilometern kommt und warum die Gesteinspakete vor
allem gefaltet und nicht übereinander geschoben wurden.
Faltenjura anstatt Zagros-Faltung
Mit den herkömmlichen Modellen und Parametern gelang es den
Wissenschaftlern jedoch vorerst nicht, die Falten zu reproduzieren.
Immer wieder bildeten sich auf dem Bildschirm Überschiebungen, wie
sie im Faltenjura zu finden sind. Faltenjura und Zagros-Gebirge sind
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sich zwar ähnlich, weil beide während der sogenannten Alpinen
Orogenese entstanden und somit geologisch relativ jung sind.
Ausserdem verfügen beide über Salzablagerungen an der Basis der
Gesteinsschichten. Auf den Salzschichten kamen die überliegenden
Gesteinsschichten der jeweiligen Gebirge durch tektonische Kräfte ins
Gleiten. Dabei wurden die Gesteinspakete des Zagros gefaltet, die des
Juras jedoch mehrheitlich übereinander geschoben.
Überschiebungen scheinen mit den herkömmlichen Modellen einfacher
nachzubilden sein, denn bis die Forscher im Modell die
charakteristische Faltung des Zagros erhielten, hatten sie alle
Parameter variiert und zehn- bis zwanzigtausend Simulationen
durchgeführt. Erst als sie die einzelnen Gesteinsabfolgen detaillierter
in ihre Modelle einbezogen, gelang die Faltung des Zagros-Massivs.
Die herkömmlichen Modelle betrachteten bis anhin die
Gesteinsabfolge generell als spröde. Nach all den erfolglosen
Versuchen haben Kaus und sein Team dann aber die Gesteinsabfolgen
differenzierter in ihren Modellen berücksichtigt, von unterschiedlich
harten bis hin zu weichen, leicht verformbaren Gesteinen. Dadurch
entpuppten sich neben dem Salzhorizont noch weitere
Gesteinsschichten als Gleitflächen. Offensichtlich beeinflusst, entgegen
bisheriger Annahmen, jede einzelne Gesteinsschicht den
Faltungsprozess.
Die Wissenschaftler haben zudem eine neue Methode entwickelt, über
die in Abhängigkeit der Materialparameter der Gesteine rasch und
ohne langwierige Berechnungen die Wellenlänge der Falten abgeleitet
werden kann.
Gebirgsbildung unter Wasser?
Mit der neuen Methode zeigen die Forscher, dass hauptsächlich zwei
Parameter die Faltung und deren Wellenlänge kontrollieren: Die
Fliessfähigkeit der weichen Gesteinslagen und der sogenannte
Reibungswinkel, der die Spröde des Gesteins beschreibt. Bei hartem
und trockenem Gestein beträgt der Reibungswinkel etwa 30 Grad. In
diesem Fall bilden sich Überschiebungen und keine Falten. Um die
Falten des Zagros mit einer Wellenlänge von 14 Kilometern zu
erhalten, muss der Reibungswinkel laut den Ergebnissen der Forscher
etwa 5 Grad gewesen sein. «Das ist ein überraschendes Resultat und
ein starkes Indiz dafür, dass während der Gebirgsbildung ein hoher
Fluiddruck herrschte», sagt Kaus. Das heisst, dass die Gesteine stark
von Wasser durchdrungen waren. Die Forscher vermuten deshalb,
dass der Gebirgsbildungsprozess entweder einsetzte, als die Gesteinsund Sedimentschichten noch mit Meerwasser bedeckt waren, oder
dass im Gestein sehr viel Wasser vorhanden gewesen sein muss.
Literaturhinweis
Yamato P, Kaus BJP, Mouthereau F& Castelltort S: Dynamic
constraints on crustal-scale rheology of Zagros fold belt, Iran, Geology
(2011) Vol 39. No 9. p. 815-818. doi:10.1130/G32136.1
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