Haug: QuickStart Nährstofftherapie - Er

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Vitamin B3 (Niacin, Nikotinamid, Nikotinsäure, PP-Faktor)
Vitamin B3
(Niacin, Nikotinamid,
Nikotinsäure, PP-Faktor)
" Allgemeine Info
empfohlene Zufuhr: 13–17 mg*
therapeutische Zufuhr: 10–4000 mg
* Niacin ist kein „reines“ Vitamin, da der Organismus aus
60 mg Trytptophan, einer Aminosäure, 1 mg Niacin synthetisieren kann. Ein Mindestbedarf ist daher schwer anzuge-
▶▶Abb. 7.6 Fisch enthält viel Vitamin B2.
ben.
Vorkommen
Eigenschaften
Gemüse, Pilze, Hefe, Milchprodukte, Innereien,
Fleisch und Fisch haben viel Vitamin B2 in sich
(▶ Abb. 7.6).
Niacin ist das „Redoxreaktion-Vitamin“ – es
ist an zahlreichen Oxidations- und Reduktionsprozessen beteiligt. Die Koenzyme NAD und
NADH werden von ihm gebildet, die wiederum
an mindestens 200 enzymatischen Reaktionen
mitwirken. Niacin spielt daher eine wichtige
Rolle im Kohlenhydrat-, Eiweiß- und Fettstoffwechsel.
In hohen Dosen wirkt es gefäßerweiternd, in
sehr hohen Dosen (500–4000 mg) kann es die körpereigene Cholesterin-Produktion hemmen. Da es
oxidiertes Vitamin E und C reduzieren kann, hilft
es, diese wichtigen antioxidativen Vitamine zu
erhalten.
Labordiagnostik
Vitamin B2 kann man im Serum und im Vollblut
bestimmen. Die Kosten betragen ca. 38,20 Euro.
" Allgemeine Info
Normalwert im Serum: 136–370 μg/l
Bewertung aus praktischer Sicht
Vitamin B2 hat in den letzten Jahren Aufmerksamkeit bei der Behandlung von Migräne (Anfallsprophylaxe) erlangt. Hierzu sind allerdings extrem
hohe Dosen von 400 mg täglich erforderlich.
Präparate
▶▶Tab. 7.3 Vitamin-B2-Präparate (Auswahl).
Präparat
Gehalt in mg
Rezeptpflicht
B2-ASmedic Tabletten
10
nein
Vitamin B2 10 mg
Jenapharm Tabletten
10
nein
Orthoexpert Migräne Beutel
200 (+ 300 mg
Magnesium)
nein
Symptome eines Mangels
Bei Einnahme von Tuberkulostatika, bestimmten
Analgetika und Psychopharmaka ist ein NiacinMangel möglich. Ein schweres Niacin-Defizit (z. B.
bei einseitiger Ernährung mit Mais) heißt Pellag­
ra und hat folgende klinische Zeichen:
●● braune Hautpigmentierungen
●● Diarrhö
●● Störungen des zentralen Nervensystems (Demenz, Halluzinationen, Verwirrtheit)
Symptome einer Überdosierung
●● In hohen Dosen wirkt Vitamin B3 gefäßerweiternd, was zu unangenehmen Hautrötungen
und Kribbeln führen kann.
●● Bei Patienten mit hohen Harnsäure-Werten
kann es die Ablagerung von Harnsäure-Kristallen in den Gelenken fördern.
aus: Schmiedel, QuickStart Nährstofftherapie (ISBN 9783830478195) © 2014 Karl F. Haug Verlag
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7 Vitamine
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Gegenanzeigen und Nebenwirkungen
Gegenanzeigen für pharmakologische Dosen über
30 mg:
●● Herzinsuffizienz (NYHA-Klassifikation III–IV;
NYAH: New York Heart Association)
●● akute Blutungen
●● Magen-Darm-Geschwüre
●● schwere Leberfunktionsstörung
Nebenwirkungen (meist erst ab 500–1000 mg):
●● Flush mit Jucken und Urtikaria
●● Hauttrockenheit
●● Hautverhornungen
●● braune Hautpigmentierungen
●● Magen-Darm-Beschwerden (z. B. Sodbrennen,
Diarrhö)
●● Leberfunktionsstörungen
●● verminderte Glukose-Toleranz
●● Herzrhythmusstörungen bei Zustand nach
Herzinfarkt
Vorkommen
Vollkornprodukte, Pilze, Fleisch, Leber und Fisch
sind gute Quellen für Vitamin B3 (▶ Abb. 7.7). Das
Niacin aus Getreide wird allerdings nur schlecht
resorbiert.
Labordiagnostik
Vitamin B3 kann man im Serum bestimmen. Die
Kosten betragen etwa 61,66 Euro.
" Allgemeine Info
Normalwert im Serum: 8–52 μg/l
Bewertung aus praktischer Sicht
Viele Kombinationspräparate enthalten in niedriger Dosierung (etwa im Bereich der empfohlenen
Tageszufuhr) Vitamin B3. Mit sehr hohen Dosen
lassen sich jedoch durchaus „pharmakologische
Wirkungen“ erzielen.
Bei Durchblutungsstörungen (z. B. periphere
arterielle Verschlusskrankheit der Beine, Morbus
Raynaud) sollte ein Therapieversuch mit dem Vitamin unternommen werden. In der Kardiologie
gehört Nikotinsäure zu den klassischen Lipidsen­
kern, was in Deutschland allerdings – im Gegensatz zu den USA – sträflich vernachlässigt wird.
Niacin sollte besonders dann eingesetzt werden,
wenn die Werte für HDL (High Density Lipoprotein) niedrig und die für Triglyzeride hoch sind. Hier
wirkt es nämlich besser als Statine. Auch bei erhöhten Werten für Lipoprotein(a) (Lp[a]) kann mit
hohen Dosen eine Lp(a)-Senkung von bis zu 25 %
erzielt werden. Die Kombination von Statinen
mit hohen Dosen Nikotinsäure führte in Studien
zu einer Regression der koronaren Herzkrankheit
(vergleiche Stiefelhagen 2005; ARBITER-2-Studie).
Bei seelischen Erkrankungen wie Lernstörungen, Depression oder Schizophrenie wird eine
positive Wirkung diskutiert. Diese Therapie sollte
aber dem darin wirklich erfahrenen Therapeuten
vorbehalten bleiben.
TTTherapieempfehlungen
▶▶Abb. 7.7 Leber ist reich an Vitamin B3.
●● Wird eine hohe Vitamin-B3-Dosis angestrebt,
sollte mit 3-mal 100 mg täglich zu den Mahlzeiten begonnen werden. Je nach Verträglichkeit
ist die Dosis dann langsam zu steigern, bis
2–4 g täglich erreicht sind.
Bei retardierten Präparaten kann man die Behandlung mit 500 mg Vitamin B3 starten.
●● Treten Nebenwirkungen (Hautrötung, Kribbeln) auf, sollte die Dosis etwas zurückgenommen und nach einer Woche wieder gesteigert
werden. Der Körper „gewöhnt“ sich im Laufe
der Zeit an Nikotinsäure und „verträgt“ nach
einiger Zeit Dosierungen, die ein Mehrfaches
über derjenigen liegt, die am Anfang der
Behandlung nicht bekömmlich war. Der Patient
muss auf diese Nebenwirkung hingewiesen
werden, da er sonst das Präparat wegen Unverträglichkeit absetzt.
aus: Schmiedel, QuickStart Nährstofftherapie (ISBN 9783830478195) © 2014 Karl F. Haug Verlag
Pantothensäure (Vitamin B5)
●● Die abendliche Einnahme (etwa ½ Stunde vor
dem Zubettgehen) verbessert die Verträglichkeit, da die Nebenwirkungen dann „verschlafen“ werden.
●● Nimmt man Azetylsalizylsäure (ASS) ein,
verträgt man die Vitamin-B3-Präparate ebenfalls
besser. Wird das Niacin zur Cholesterin- oder
Lp(a)-Senkung verwendet, nimmt der Patient
meist ohnehin ASS ein. In diesem Fall sollte er
ASS nach dem Abendessen zu sich nehmen und
Vitamin B3 etwa 2–3 Stunden später.
●● Bei einer Kombination mit Statinen sollte wegen möglicher Nebenwirkungen nach einigen
Wochen eine Kontrolle der Leber- und der
Kreatin-Kinase-Werte (CK-Werte) erfolgen.
Präparate
▶▶Tab. 7.4 Vitamin-B3-Präparate (Auswahl).
Präparat
Gehalt in mg
Rezeptpflicht
Nicobion Tabletten
200
nein
Nicotinsäureamid
200 mg Jenapharm
Tabletten
200
nein
Complamin spezial
Retardtabletten
1000
nein
Niaspan
375/500/750/1000
Retardtabletten
375 / 500 /
750 / 1000
ja
Pantothensäure (Vitamin B5)
" Allgemeine Info
empfohlene Zufuhr: 6 mg
therapeutische Zufuhr: 100–1000 mg
Eigenschaften
Vitamin B5 ist das „Wundheilungsvitamin“ (siehe unten).
Die Pantothensäure ist eine „Komponente“ des
im Stoffwechsel äußerst wichtigen Koenzym A.
Dieses (bzw. Azetyl-CoA, Azyl-CoA) ist wiederum
für den Kohlenhydrat, Fett- und Eiweißstoffwechsel substanziell. Das Vitamin wird darüber hinaus
als Teil von CoA für die Bildung von Cholesterin
benötigt. Cholesterin ist u. a. eine Vorstufe von
verschiedenen Hormonen (Kortison, Aldosteron,
Sexualhormone), Gallensäure und von Vitamin D.
Vitamin B5 ist also bei der Energiegewinnung,
in der Synthese wichtiger Hormone und bei der
Bildung von Vitamin D bedeutsam.
Symptome eines Mangels
Im Tierversuch hat man bei Pantothensäure-Mangel Wachstumsstörungen, neurologische Störungen und eine Beeinträchtigung der Fruchtbarkeit
beobachtet. Beim Menschen werden verminderte
Immunabwehrkraft, Kopfschmerzen, Müdigkeit
und Diarrhö diskutiert.
Ein isoliertes Defizit an Vitamin B5 ist sehr unwahrscheinlich. Bei schwerer Resorptionsstörung
kann es u. a. auch zu einem Vitamin-B5-Mangel
kommen.
Symptome einer Überdosierung
„Echte“ Symptome einer Überdosierung sind
nicht bekannt. Selbst Megadosen von 10 g (mehr
als das Tausendfache der Zufuhrempfehlung)
führen höchstens zu vorübergehenden, leichten
Darmstörungen.
Gegenanzeigen und Nebenwirkungen
Es sind keine Gegenanzeigen und Nebenwirkungen bekannt.
Vorkommen
Vollkorngetreide, Pilze, Hefe, Gemüse, Obst (besonders Wassermelonen), Fisch, Fleisch und Leber
sind besonders reich an Vitamin B5 (▶ Abb. 7.8).
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7 Vitamine
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Vitamin B6 (Pyridoxin)
" Allgemeine Info
empfohlene Zufuhr: 1,2–1,6 mg
therapeutische Zufuhr: 1,5–300 mg
Eigenschaften
▶▶Abb. 7.8 Wassermelonen enthalten besonders viel
Vitamin B5.
Labordiagnostik
Vitamin B5 kann im Serum untersucht werden. Die
Kosten liegen hierfür bei ca. 60,33 Euro.
Pyridoxin ist Koenzym für ca. 200 Enzyme (z. B.
der Lebertransaminasen) und daher eine Art
„Hochgeschwindigkeits“-Vitamin (→ beschleunigte Reaktionen). Es ist u. a. am Aminosäurenstoffwechsel, am Stoffwechsel des zentralen Nervensystems sowie bei der Bildung von
Lezithin beteiligt; außerdem unterstützt es die
Funktion des Immunsystems. Ohne Pyridoxin
sind darüber hinaus die Synthese von Hämoglobin sowie die Zellteilung nicht möglich. Da es
an der Bildung des Neurotransmitters Serotonin
mitwirkt, ist Vitamin B6 auch für das psychische
Wohlbefinden und einen guten Schlaf mitverantwortlich.
" Allgemeine Info
Symptome eines Mangels
Normalwert im Serum: 0,2–2,0 mg/l
Bei vielen Menschen ist der Bedarf nicht gesichert. Hierzu zählen viele Jugendliche und ältere
Menschen mit einseitiger Ernährung sowie Frauen („Pille“). Einige Arzneimittel können einen
Mangel bedingen (z. B. Kontrazeptiva, Östrogene,
L-Dopa, Penicillamin). Bei Darmerkrankungen mit
Diarrhö ist die Resorption gestört. Klinische Zeichen sind:
●● Wachstumsstörungen
●● Hautveränderungen
●● neurologische Störungen
●● Depressionen
●● Schlafstörungen
●● fehlende Traumerinnerung oder Albträume
●● Infektneigung
●● mikrozytäre Anämie
Bewertung aus praktischer Sicht
Vitamin B5 hat hauptsächlich Bedeutung bei
lokaler Behandlung von Hauterkrankungen, weswegen es in vielen Heil- und Pflegesalben steckt.
In der systemischen Anwendung enthalten Multipräparate auch häufig Pantothensäure, insbesondere B-Kombinationen. Als isoliertes Vitamin
kann es bei Schleimhautschäden eingesetzt werden, z. B. als Lutschtablette bei Mund- und Halsentzündungen, Magen-Darm-Geschwüren und
entzündlichen Darmerkrankungen. Ziel der Vita­
min-B5-Gabe ist hier, die Abheilung der geschädigten Schleimhaut zu beschleunigen.
Präparate
Symptome einer Überdosierung
▶▶Tab. 7.5 Vitamin-B5-Präparat (Auswahl).
Präparat
Gehalt
in mg
Rezeptpflicht
Panthenol 100 mg
Jenapharm Tabletten
100
nein
Bei extrem hohen Dosen (ca. 1000 mg) wurden
Sensibilitätsstörungen beobachtet. Bei längerfristiger Anwendung bis 300 mg treten dagegen keine
Nebenwirkungen auf.
aus: Schmiedel, QuickStart Nährstofftherapie (ISBN 9783830478195) © 2014 Karl F. Haug Verlag
Vitamin B6 (Pyridoxin)
Gegenanzeigen und Nebenwirkungen
Während einer Schwangerschaft und der Stillzeit
sollte nicht mehr als 25 mg an Vitamin B6 eingenommen werden!
Vorkommen
Vollkorngetreide, Obst, Gemüse, Kartoffeln
(▶ Abb. 7.9), Fisch (besonders Sardinen), Innereien, Fleisch und Milch sind reich an Vitamin B6.
Trotz guter Zufuhr an solchen Lebensmitteln
und bei Ausschluss einer Malabsorption beobachte ich nicht selten einen Vitamin-B6-Mangel.
Labordiagnostik
Vitamin B6 kann sowohl im Serum als auch im
Vollblut bestimmt werden, wobei die Vollblutanalyse die exakteren Werte liefert. Die Kosten liegen
bei etwa 38,20 Euro.
" Allgemeine Info
Normalwert im Serum: 5–30 μg/l
Normalwert im Vollblut: 11–30 μg/l
Bewertung aus praktischer Sicht
Pyridoxin ist das B-Vitamin, bei dem ich mit am
häufigsten ein Defizit feststelle (siehe oben).
Treten die genannten Mangelsymptome auf,
lohnt sich auf jeden Fall eine entsprechende Untersuchung. Weitere Indikationen (nicht im The-
rapieteil ab S. 171 angegeben), bei denen aber ein
Behandlungsversuch unternommen werden sollte, sind Schwangerschaftserbrechen (maximal
25 mg), Reiseübelkeit (vorbeugend), Lernstörungen und Konzentrationsschwäche. Die Therapie
kann hier ggf. auch ohne vorherige Labordiagnostik durchgeführt werden.
TTTherapieempfehlungen
Bei einem erhöhten Homozystein-Wert, der
behandlungsbedürftig erscheint, sollte eine
Vitamin-B6-Therapie in Kombination mit Folsäure und Vitamin B12 erfolgen – unabhängig von
den Laborwerten dieser Vitamine. Es gibt nämlich Mutationen im Homozystein-Stoffwechsel
(z. B. Variante der Methylen-TetrahydrofolatReduktase), die bei etwa 10 % der Bevölkerung
vorkommen und die eine erhöhte Gabe dieser
Vitamine erforderlich machen. Die Dosis sollte
in monatlichen Abständen unter HomozysteinKontrolle solange gesteigert werden, bis der
gewünschte Zielbereich erreicht ist.
Präparate
▶▶Tab. 7.6 Vitamin-B6-Präparate (Auswahl).
Präparat
Gehalt
in mg
Rezeptpflicht
B6-ASmedic Tabletten
40
nein
B6-Vicotrat Tabletten
300
nein
Vitamin B6 Jenapharm
Tabletten
20
nein
Vitamin B6-Hevert Tabletten
100
nein
Vitamin B6-Hevert
Injektionslösung
25
nein
Vitamin B6-Injektopas
Injektionslösung
25
nein
Vitamin B6-ratiopharm
Tabletten
40
nein
Vitamin B6-ratiopharm
Injektionslösung
100
nein
▶▶Abb. 7.9 Kartoffeln enthalten viel Vitamin B6.
aus: Schmiedel, QuickStart Nährstofftherapie (ISBN 9783830478195) © 2014 Karl F. Haug Verlag
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Biotin (Vitamin B7, Vitamin H)
" Allgemeine Info
empfohlene Zufuhr: 0,3–0,6 mg
therapeutische Zufuhr: 2,5–10 mg
Eigenschaften
Biotin ist das „Haarvitamin“ (siehe unten) und
findet sich bspw. in Shampoos. Einige Enzyme
(hauptsächliche Carboxylasen) sind nämlich von
diesem Vitamin abhängig, die wichtige Funktionen im Zellstoffwechsel übernehmen. Biotin ist
zudem an der Energiegewinnung der Zelle beteiligt und bei der Verstoffwechselung von Ami­
nosäuren und der Fettsäuresynthese bedeutsam.
▶▶Abb. 7.10 In Blumenkohl steckt viel Biotin.
Symptome eines Mangels
Bei exzessiver Zufuhr von rohem Eiereiweiß
oder länger dauernder parenteraler Ernährung
ohne Vitamin B7 kann es zu einem Biotin-Mangel
kommen. Ferner wurden bei alkoholtoxischen
Leberschäden niedrige Biotin-Serumkonzentrationen gefunden. Antiepileptika scheinen die
Aufnahme dieses Vitamins zu stören. Es gibt
außerdem sehr seltene genetische Störungen im
Biotin-Stoffwechsel mit der Folge von:
●● Hautveränderungen (Dermatitis, Glossitis)
●● Haarausfall
●● Übelkeit (Anorexie, Nahrungsverweigerung)
●● Muskelschmerzen
●● neurologische Störungen (Ataxie)
●● psychische Störungen (Panikzustände, Depressionen)
●● Cholesterin-Erhöhung
Innereien und Eigelb. Der häufige Verzehr von
rohen Eiern (bedeutsam ist hier das im nicht erhitzten Eiweiß enthaltene Avidin) kann allerdings
zu einem Biotin-Mangel führen.
Symptome einer Überdosierung
Bewertung aus praktischer Sicht
Auch bei hohen Dosen bis 40 mg sind bisher keine
Nebenwirkungen beobachtet worden.
Die Domäne der Biotin-Therapie ist der Haar­
ausfall – ein entsprechender Behandlungsver-
Gegenanzeigen und Nebenwirkungen
Gegenanzeigen und Nebenwirkungen sind nicht
bekannt.
Vorkommen
Sehr reich an Biotin sind Hülsenfrüchte (besonders Sojabohnen), Gemüse (besonders Blumenkohl; ▶ Abb. 7.10), Pilze, Erdnüsse, Walnüsse,
Labordiagnostik
Bei Verdacht eines Vitamin-B7-Defizits ist eine
Bestimmung möglicherweise sinnvoll. Diese Untersuchung kann nämlich einen Hinweis darauf
geben, ob eine Therapie mit Biotin (z. B. bei Haarausfall) erfolgversprechend ist. Die Kosten für die
Analyse betragen ungefähr 16,76 Euro.
" Allgemeine Info
Normalwert im Serum: > 200 ng/l
such (eventuell zusammen mit Zink) schadet
nie. Und liegt tatsächlich ein Vitamin-B7-Defizit
vor, werden die Erfolgsaussichten hier deutlich
erhöht.
Bei psychischen Störungen vermutet man ein
Zuwenig an Vitamin B7. Wenn also wegen einer
solchen Störung ein Vitamin-B-Kombinationspräparat verordnet wird, sollte darauf geachtet werden, dass es auch Biotin enthält.
aus: Schmiedel, QuickStart Nährstofftherapie (ISBN 9783830478195) © 2014 Karl F. Haug Verlag
Folsäure (Vitamin B9)
Präparate
▶▶Tab. 7.7 Biotin-Präparate (Auswahl).
Präparat
Gehalt
in mg
Rezeptpflicht
BIO-H-TIN 5/10 Tabletten
5/10
nein
Biotin-ASmedic Tabletten
2,5
nein
Biotin Hexal Tabletten
5
nein
Biotin-ratiopharm Tabletten
5
nein
Deacura 2,5/5 Tabletten
2,5/5
nein
Gabunat Hartkapseln
5
nein
Gabunat forte Tabletten
10
nein
●● Appetitlosigkeit
●● Durchfall
●● Haarausfall
●● Mundschleimhautveränderungen
●● Depressionen und andere neurologische Störungen
●● Fehlbildungen (Neuralrohrdefekte) beim ungeborenen Kind (durch Mangel bei der Mutter)
Ein Folsäure-Mangel ist selten so dramatisch, dass
er zu den oben angegebenen Symptomen führt.
Darum sind Laboruntersuchungen sensibler.
Symptome einer Überdosierung
Folsäure (Vitamin B9)
Sehr hohe, unübliche Dosen (15 mg täglich) können zu gastrointestinalen Störungen und Schlaflosigkeit führen.
" Allgemeine Info
Gegenanzeigen und Nebenwirkungen
empfohlene Zufuhr: 0,4 mg
therapeutische Zufuhr: 0,4–5 mg
Folsäure darf nicht bei einer megaloblastischen
Anämie infolge eines Vitamin-B12-Mangels eingenommen werden, da sonst neurologische Schäden
drohen. Erst nachdem das Vitamin-B12-Defizit behoben wurde, kann sie gegeben werden.
Eigenschaften
Folsäure ist ein „Zellvitamin“ – es ist an der Bildung von DNS-Komponenten (DNS: Desoxyribonukleinsäure) beteiligt. Sie überträgt nämlich
als Koenzym C1-Gruppen (z. B. Methyl-, Methylen- und Formylgruppen). Das Vitamin ist daher
für alle Wachstumsprozesse, bei denen Zellteilungen (mit Vermehrung der DNS) stattfinden,
bedeutsam. Folsäure wirkt darüber hinaus bei der
Verstoffwechselung von Homozystein mit. Zusammen mit den Vitaminen B12 und B6 sorgt es für
einen Abbau dieser toxischen Aminosäure.
Vorkommen
Der Name Folsäure leitet sich aus dem Lateinischen Folium (= Blatt) ab. Alle grünen Gemüse und
Salate (▶ Abb. 7.11) sind daher reich an Folsäure,
besonders Spinat, Broccoli, Endivien und Hülsenfrüchte (v. a. Sojabohnen). Vollkornprodukte
enthalten deutlich mehr Folsäure als Weißmehlprodukte. Bei tierischen Lebensmitteln steckt das
Vitamin v. a. in Eiern und Leber.
Symptome eines Mangels
Das Vitamin gehört zu den Nährstoffen, bei denen
ein Mangel relativ häufig auftritt, besonders in latenter Form. Einige Autoren sehen den FolsäureMangel heute als das häufigste MikronährstoffDefizit in Industriestaaten an, wobei bis zu 15 %
der erwachsenen Bevölkerung betroffen sein
sollen. Vor allem ältere Menschen und Schwangere – speziell nach langjähriger Einnahme oraler
Kontrazeptiva – sind von einem Mangel betroffen.
Auch Morbus Crohn oder hoher Alkoholkonsum
können zu einem Zuwenig dieses Vitamins führen. Klinische Zeichen sind:
▶▶Abb. 7.11 Grünes Gemüse und Salate enthalten viel
Folsäure.
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7 Vitamine
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!!Beachte: Kochen zerstört ca. 75 % der
Folsäure in Nahrungsmitteln!
Labordiagnostik
Das Vitamin kann im Serum oder im Vollblut bestimmt werden, wobei die Vollblutuntersuchung
die etwas genauere Methode ist. Die Kosten hierfür betragen ca. 16,76 Euro. Die Normbereiche
werden jedoch nur bei einem schweren Mangel
unterschritten. Sehr viel sensibler ist die Bestimmung von Homozystein. Ist dieser Wert erhöht,
sollten Folsäure und die Vitamine B12 und B6 zur
Optimierung des Stoffwechsels zugeführt werden.
" Allgemeine Info
●● Normalwert im Serum: 4–30 nmol/l
●● Optimalwert von Homozystein (auch bei arteriosklerotischer Gefäßerkrankung anzustreben):
< 10 μmol/l
●● tolerabler Homozystein-Wert (bei Vorhandensein
von vaskulären Risikofaktoren): < 12 μmol/l
●● tolerabler Homozystein-Wert (bei Gesunden):
< 15 μmol/l
Bewertung
aus praktischer Sicht
Folsäure ist das Vitamin, welches in den letzten
Jahren für die größte Aufmerksamkeit unter allen
Vitaminen gesorgt hat. Dies liegt einerseits an der
unumstrittenen Empfehlung der prophylaktischen
Folsäure-Gabe in der Frühschwangerschaft (und
bei Kinderwunsch), andererseits an der Senkung
erhöhter Werte des allerdings umstrittenen Ho­
mozysteins. Bei makrozytärer Anämie (auch bei
Leukopenie oder Thrombozytope­nie) sollte an
einen Folsäure-Mangel gedacht und das Vitamin
(zusammen mit Vitamin B12; siehe unten) substituiert werden. Bei psychischen und neurologischen
Erkrankungen wird eine suboptimale Versorgung
mit Folsäure als eine der Ursachen für diese Beschwerden diskutiert. Vitamin-B-Kombinationen,
die deswegen gegeben werden, sollten daher Folsäure enthalten.
TTTherapieempfehlungen
●● Die prophylaktische Einnahme von Folsäure
im ersten Trimenon erfordert keine vorherige
Diagnostik. Jede Schwangere sollte Folsäure
daher unabhängig von Laborwerten oder von
der Vorernährung Folsäure substituieren.
●● Werden orale Kontrazeptiva wegen Kinder­
wunsch abgesetzt, sollte direkt mit der
Einnahme von Folsäure begonnen werden. Die
Verhütungsmittel können nämlich zu einem
entsprechenden Defizit führen.
●● Zur allgemeinen Prophylaxe reichen 400–
800 μg aus.
●● Bei Verdacht auf einen Mangel oder bei leicht
erhöhten Homozystein-Werten sind 1–2 mg zu
geben.
●● Bei einem nachgewiesenen Defizit, deutlich
erhöhten Homozystein-Werten oder einer nicht
ausreichenden Homozystein-Senkung unter der
niedrigen Dosis (= 1–2 mg) sind mitunter 5 mg
täglich erforderlich.
Präparate
▶▶Tab. 7.8 Folsäure-Präparate (Auswahl).
Präparat
Gehalt
in mg
Rezeptpflicht
Folgamma Mono Tabletten
5
nein
Fol Lichtenstein Tabletten
5
nein
Fol Injekt Lichtenstein
5
nein
Folsäure-biosyn Tabletten
5
nein
Folsäure-Hevert Tabletten
5
nein
Folsäure Hevert 5 mg/
forte Injektionslösung
5/20
nein
Folsäure-Injektopas
5
nein
Folsan 0,4/5 Tabletten
0,4/5
nein
Folverlan 0,4/5 Tabletten
0,4/5
nein
aus: Schmiedel, QuickStart Nährstofftherapie (ISBN 9783830478195) © 2014 Karl F. Haug Verlag
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