Dichten, kleben, schützen, schmieren Spuren auf dem Mond Silicone: 1001 Anwendungen an jedem Tag September 2003 – Wer setzte als erster seinen Fuß auf dem Mond? Wie der Astronaut hieß, das wissen viele – aber wussten Sie auch, dass die Sohlen seiner „Moonboots“ aus Silicon bestanden? Die Spuren dieser Sohlen werden noch viele tausend Jahre an den Besuch des Menschen erinnern. Was sind Silicone? Bekannt aus dem Baumarkt 2003 ist das Jahr der Chemie. Anlässlich des Jahrs der Chemie wollen wir Ihnen jeden Monat ein Molekül, ein Bild und eine Geschichte dazu präsentieren. und der Schönheitschirurgie begegnen sie uns in 10 1001 Anwendungen. Aber was steckt dahinter? Silicone sind lange kettenförmige Moleküle, ganz ähnlich wie „klassische“ Kunststoffe, sie werden Molekül des Monats September ist Silicon. jedoch nicht wie etwa das Polyethylen der Plastiktüte aus Erdöl gewonnen. Basis sind die beiden häufigsten Elementen der Erdkruste: Sauerstoff und Silicium. Die Verbindungen dieser beiden Elemente sind bekannt als Sand, Quarz oder Kiesel. Aus Sand und Kohle wird Silicium: In riesigen 20 Öfen „verbrennt“ mit Sand vermischter Koks. Der Koks reagiert allerdings nicht nur mit Sauerstoff aus der Luft, sondern er entreißt auch dem zugemischten Sand den Sauerstoff aus dem Molekül. Übrig bleibt Silicium. Ein Teil des so gewonnenen Siliciums geht in die Mikroelektronik – daraus werden Mikrochips für Computer oder Mobiltelefone gemacht. Ein weiterer Teil ist Ausgangsstoff für Silicone: Dafür reagiert das Silicium mit Chlormethan, letztendlich hergestellt 30 aus Erdöl und Kochsalz. Das Ergebnis sind lange Molekülketten aus abwechselnd Silicium und Sauerstoff, begleitet von Seitenketten aus Glas und Metall der Hochhausfassade sind mit Siliconen verklebt. Die Fuge gleicht Schwankungen von Temperatur und Gebäude aus. Bild: Wacker Chemie Kohlenwasserstoffgruppen, die wie Arme am Silicium hängen. Diese Seitenketten bewirken die besonderen Eigenschaften von Siliconen: Sie weisen Wasser ab, sie können sich je nach Kettenlänge untereinander verbinden und so klebrig oder elastisch werden, sie können Schaum stabilisieren oder in sich zusammen40 fallen lassen. Fest oder flüssig? Je nach Länge der Molekülkette erhält man flüssige Silicone, Emulsionen, Schmiermittel, Harze oder elastische, kautschukartige Verbindungen. Ein Spielzeug, das die Bandbreite der Silicone zeigt, ist hüpfender Kitt – in den USA als „Silly Putty“ bekannt. Der bunte Klumpen springt wie ein Gummiball, als Wurfgeschoss würde er Scheiben durchschlagen. Lässt man ihn aber in Ruhe, so fließt er wie 50 Pfannkuchenteig – einmal in den Teppich gelaufen, ist er von dort zum Schrecken vieler Eltern kaum mehr zu entfernen. Silicone im Bauch und im Kölner Dom Silicone sind ungiftig wie Sand, aus dem sie gemacht werden. Deshalb ist ein Siliconöl eine der ersten synthetischen Substanzen, die ein Baby zu schlucken bekommt: Ein Entschäumer, der sich wie ein Film über den schaumigen Mageninhalt legt. Die Blasen, die zu Blähungen 60 und den berüchtigten nervenaufreibenden Koliken führen, fallen so in sich zusammen. Silicone sind wasserabweisend und schützen andere Materialien vor dem Eindringen von Wasser – und vor elektrischen Entladungen. Das erste Produkt, das in den vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts auf den Markt kam, war deshalb eine Paste, die elektrische Zündanlagen in Flugzeugen isolierte. Umwelteinflüsse bedrohen eine Vielzahl von 70 Bauten und Baudenkmälern – ob Brücken oder der Kölner Dom, Silicone helfen auch hier, den Verfall aufzuhalten: Eine Siliconpaste, auf den Beton einer Autobahnbrücke aufgetragen, dringt tief in das Material ein – als enger chemischer Verwandter des Baumaterials haften die Silicone fest am Stein, geben ihm Halt und wehren das Wasser ab. Denn das Wasser transportiert Schadstoffe wie Salze, Stickoxide oder saure Materialien aus der Umwelt in das Bauwerk – 80 einmal mit Siliconen getränkt, sind auch filigrane Teile wieder für Jahrzehnte bewahrt. Damit der Airbag nicht undicht wird Ein Airbag liegt im Idealfall viele Jahre ungenutzt im Lenkrad oder Armaturenbrett verborgen. In Sekundenbruchteilen muss er aufgeblasen sein – und dicht halten. Dazu ist das Gewebe mit einer hauchdünnen Siliconschicht überzogen. Im Auto schützt ein Mantel aus Siliconkautschuk viele Teile der Elektrik vor Feuchtigkeit. Zähe 90 Siliconöle sorgen für die Kraftübertragung in Viscokupplungen beim Allradantrieb. Und auch die Bahn kommt nicht ohne Silicone aus: Elektrisch leitender Siliconkautschuk im Türgummi sichert die Fahrgäste im ICE – sollte jemand eingeklemmt werden, schließt sich ein Stromkreis und die Tür öffnet wieder. Cremes, Make-up oder Deo – auch in der Kosmetik stößt man überall auf Silicone. Im Shampoo sind sie die entscheidenden Zutaten,, 100 die raue, strapazierte Haare wieder glatt, glänzend und geschmeidig machen. Rasierklingen zählten zu den ersten Anwendungen von Siliconen für die Schönheit: Äußerlich sieht man der Klinge die Beschichtung nicht an, aber bei den ersten Versuchen verlief eine Rasur damit so Verantwortlich für den Inhalt: sanft und glatt wie nie zuvor. Den Patentantrag Wissen-M Axel Fischer Oetztaler Straße 5 B 81373 München für diese Beschichtung bewilligten die amerika- Rückfragen an [email protected] Diesen Text finden Sie auch im Internet unter nischen Beamten in Rekordzeit: Jeder hatte ein Päckchen Klingen bekommen, um die Neuheit 110 am eigenen Körper zu testen. (ca. 4.800 Zeichen) www.gdch.de, zusammen mit einer Reihe von Links und der Abbildung unter www.chemie-m.de Weitere Informationen und Links zu Siliconen und ihren Anwendungen finden Sie im Internet unter www.chemie-m.de