Inhaltsverzeichnis

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Hinweis:
Dieses Protokoll stammt von der Seite www.chids.de (Chemie in der Schule).
Dort können unterschiedliche Materialien für den Schulunterricht heruntergeladen werden,
unter anderem hunderte von Experimentalvorträgen so wie der vorliegende:
http://online-media.uni-marburg.de/chemie/chids/veranstaltungen/uebungen_experimentalvortrag.html
Philipps-Universität Marburg
Wintersemester
2005/2006
Fachbereich 15: Chemie
Seminar: „Übungen im Experimentalvortrag für Studierende des Lehramts“
Seminarleitung: Prof. Dr. Martin Bröring
Prof. Dr. Ulrich Koert
Prof. Dr. Bernhard Neumüller
Dr. Philipp Reiß
Protokoll zum anorganisch-chemischen Vortrag vom
1.2.2006:
Silicone
Autor: Daniel Wolf
Adresse: Schillerstraße 1 in 36304 Alsfeld
Kontakt: Tel.: 06631 / 4478
e-Mail: [email protected]
Studium der Fächer Geschichte und Chemie (Gymnasiales Lehramt) im 9.Fachsemester
1
Inhaltsverzeichnis
1. Allgemeine Informationen zur Stoffklasse der Silicone
Seite 2
1.1 Silicone – Allgemeiner chemischer Aufbau
Seite 2
1.2 Silicone – Anorganische Verbindungen?
Seite 3
1.3 Historischer Abriss
Seite 5
2. Herstellung von Siliconen
Seite 6
2.1 Gewinnung von elementarem Silicium
Seite 7
2.2 Müller-Rochow-Synthese von Organylchlorsilanen
Seite 8
2.3 Hydrolyse von Chlormethylsilanen: Herstellung von Siliconen
Seite 9
Versuch 1: Hydrolyse von Dichlordimethylsilan
3. Siliconöle / Silicontenside
3.1 Physikalische Eigenschaften der Siliconöle
Versuch 2: Wasserabweisende Eigenschaft der Silicone
3.2 Chemische Eigenschaften
Versuch 3: Abbrennen von Siliconölen
3.3 Silicontenside
Versuch 4: Silicone als Antischaummittel
4. Silicongummi / Siliconkautschuk
4.1 Vernetzungstypen
Demonstration 1: Kaltvulkanisierende Siliconkautschuke
4.2 Physikalische und chemische Eigenschaften
Versuch 5: Brennbarkeit von Silicongummi im Vergleich zu
Seite 9
Seite 11
Seite 12
Seite 12
Seite 16
Seite 17
Seite 18
Seite 19
Seite 21
Seite 22
Seite 24
Seite 27
Seite 27
anderen Kunststoffen
Demonstration 2: Chemikalienbeständigkeit von Silicongummi Seite 29
5. Anwendung und Verwendung
Demonstration 3: Siliconbeschichtetes Papier
Seite 32
Seite 34
6. Schulrelevanz der Thematik
Seite 36
7. Literatur
Seite 38
2
1. Allgemeine Informationen zur Stoffklasse der Silicone
Silicone gehören zu den wichtigsten synthetischen Werkstoffe der heutigen Zeit, da
sie uns in beinahe allen Bereichen des alltäglichen Lebens begegnen.
Sie gehören dabei zu den wenigen technisch bedeutenden Polymeren, die ein
anorganisches Grundgerüst aufweisen. Im Vergleich zur Kohlenstoffchemie ist ihre
Synthese nicht direkt vom Erdöl abhängig.
Durch verschiedene Vernetzungsmoleküle und Variation der Ausgangsstoffe können
die Eigenschaften der Silicone ihrem jeweiligen Verwendungszweck angepasst
werden.
Daher beeinflusst der Anwendungsbereich die zu synthetisierende Struktur.
1.1 Silicone – Allgemeiner chemischer Aufbau
Vereinfacht gesehen sind Silicone organisch modifizierter Quarz. Im Quarzgerüst
sind die Siliciumatome tetraedrisch von je vier Sauerstoffatomen umgeben.
Bei einem Siliconmolekül wären im Idealfall zwei Sauerstoffatome durch eine
Methylgruppe (oder einen anderen organischen Rest, wie z.B. eine Phenylgruppe)
substituiert.
Die Silicone, die polymere Stoffe sind, enthalten Silicium-Sauerstoff-Bindungen
(d.h. dieselben Atomverknüpfungen, die dem Bau der Silicate zu Grunde liegen).
Die wesentlichen Bestandteile der Silicone bilden folglich die Elemente Silicium,
Sauerstoff, Kohlenstoff und Wasserstoff.
Ein typisches Charakteristikum für die Silicone ist ihre „geknäuelte“ Form, die durch
die freie Drehbarkeit der Methylgruppen um die Si-O-Si-Kette bedingt wird.
Silicone – deren systematischer Name Polyorganosiloxane ist – entstehen durch
Kondensation von Silanolen zu ring-, ketten- oder raumvernetzten Siloxanen.
Die linearen Siliconpolymere können dabei verschiedenartig über Atomgruppen
kovalent miteinander gebunden sein, was eine unterschiedlich starke Vernetzung zur
Folge hat.
3
Die folgende Abbildung soll die Struktur eines Siliconmoleküls verdeutlichen:1
1.2 Silicone - Anorganische Verbindungen?
Bezüglich ihres strukturellen Aufbaus nehmen Silicone eine Stellung zwischen
typischen anorganischen und typischen organischen Verbindungen ein. Aufgezeigt
werden sollen hier zunächst die wesentlichen Unterschiede zwischen dem Element
Silicium und dem Element Kohlenstoff, deren Ursache auf dem unterschiedlichen
Atombau der beiden Stoffe basiert:

Während in der Kohlenstoffchemie die Fähigkeit der Verbindung mehrer
Kohlenstoffatome zu stabilen Ketten- beziehungsweise Ringstrukturen sehr
ausgeprägt ist, sind analoge Verbindungen vom Silicium nur als instabile
Substanzen bekannt.
Diese Erkenntnis wird durch die folgenden Bindungsenergien gestützt:
C-C
1
347,36 kJ/mol
Si-Si
176,4 kJ/mol
Abbildung von Internetlink: www.theochem.uni-duisburg.de/DC/material/silicon/struktur/silicone.htm
4

Nach der so genannten Mehrfachbindungsregel, die besagt, dass Doppel- und
Dreifachbindungen bevorzugt in Verbindungen der ersten Achterperiode
auftreten, vermag Silicium im Gegensatz zum Kohlenstoff keine stabilen
Mehrfachbindungen auszubilden. Diese Regel besagt nämlich, dass es den
Elementen der 3. Periode des Periodensystems nicht mehr möglich ist stabile
chemische Verbindungen mit pπpπ-Mehrfachbindungen auszubilden.
Hingegen sind Elemente der 2.Periode zu stabile Verbindungen mit
Mehrfachbindungen befähigt. So weisen Elemente der 2. Periode wie
Disauerstoff und Distickstoff Mehrfachbindungen auf, während
entsprechende Verbindungen wie Dischwefel oder Diphosphor nur in der
Gasphase bei hohen Temperaturen existent sind. Unter Normalbedingungen
liegen dagegen P4 und S8-Moelküle vor, die nur σ-Bindungen enthalten. Die
Gültigkeit der Mehrfachbindungsregel wird auf schlechtere Überlappung der
3p-Orbitale bei größeren Atomrümpfen zurückgeführt. Die Elemente ab der
3. Periode bilden daher bevorzugt eine größere Anzahl von σ-Bindungen statt
π-Bindungen aus. Nach neuesten Erkenntnissen ist die diese Regel jedoch
nicht uneingeschränkt gültig.
Eine Isolierung von instabilen ungesättigten Siliciumverbindungen ist
allerdings bei hoher sterischer Abschirmung der pπpπ-Bindungen möglich.
Beispiel:
Mes
Mes
Si Si
Mes
Mes
Mes = Mesitylrest
Hierbei handelt es sich jedoch einzig um eine kinetische – keine
thermodynamische Stabilität (=Persistenz).
[Jedoch ist zu konstatieren, dass auch viele ungesättigte
Kohlenstoffverbindungen thermodynamisch gegen Polymerisation instabil
sind (z.B. Polyethylen aus Ethylen)].

Silicium besitzt eine niedrigere Elektronegativität als Kohlenstoff.
(EN für C: 2,50
EN für Si: 1,74)
Dies hat im Falle elektronegativerer Elemente X vergleichsweise kürzere
SiX-Bindungsabstände und damit höhere SiX-Bindungsenergien zur Folge.
(Vergleich: C-O: 358 kJ/mol

Si-O: 444 kJ/mol)
Kohlenstoff bildet mit Sauerstoff Einfach- und Doppelbindungen aus. Diese
sind häufig die reaktiven Zentren organischer Moleküle.
5
Hingegen ist die Silicium-Sauerstoff-Einfachbindung stabiler, weshalb es zur
Bildung mehrfachbindungsfreier polymerer Produkte kommt. Diese Polymere
basieren also auf der Stabilität der Si-O-Si-Bindungen.
Jedoch existieren auch durchaus Analogien bezüglich der Bindungsverhältnisse bei
Silicium und Kohlenstoff:
Beide Atome besitzen im Grundzustand eine s2p2-Elektronenkonfiguration. Auch
bilden Silicium und Kohlenstoff analog zusammengesetzte Verbindungen (z.B. SiH4
und CH4 oder CCl4 und SiCl4).
Übrigens ist Silicium das zweithäufigste Element im zugänglichen Teil der
Erdkruste. Dennoch kommt es ob seiner hohen Sauerstoffaffinität nur in gebundener
Form vor: entweder als entsprechende Silikatverbindungen oder in Form von
Siliciumdioxid (z.B. Sand)
1.3 Historischer Abriss
Auf Grund der hohen Bindungsenergie der Silicium-Sauerstoff-Bindungen wurde
das „Ausgangselement“ für die Silicone – nämlich das Silicium – erst relativ spät
entdeckt.
Im Jahre 1823 gelang es dem schwedischen Chemiker Jöns Jakob Berzelius (17791848), amorphes Silicium durch die Reduktion von Siliciumdioxid mittels
elementaren Kohlenstoffs darzustellen.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts versuchten einige Forscher mit Silicium wegen
seiner Stellung in der 4.Hauptgruppe des Periodensystems eine „quasi-organischeChemie“ neben der Kohlenstoffchemie aufzubauen.
Dabei gelang es v.a. dem englischen Chemiker F.S. Kipping, eine große Anzahl nicht
natürlich vorkommender Silicium-Kohlenstoff-Verbindungen zu synthetisieren.
Kipping entdeckte in diesem Zusammenhang auch Substanzen mit der
Bruttozusammensetzung R2SiO und nannte sie analog zu den Ketonen (R2CO)
Silico-Ketone bzw. Silicone. Auf Grund von zunächst mangelndem Interesse an der
neuen Verbindungsklasse vertiefte Kipping seine Forschungen jedoch nicht.
In der Zeit des 2.Weltkriegs wurden in den USA die Silicone zwecks ihres
militärischen Nutzens weiter erforscht und erprobt. Aufmerksamkeit fanden dabei
ihre hydrophobe Eigenschaft und v.a. ihre Schutzwirkung gegen stille elektrische
6
Entladungen. Somit war auch das erste richtige Siliconprodukt eine Schutzpaste, die
zum Sicherung elektrischer Zündanlagen im Flugzeugbau Verwendung fand.
Durch die Müller-Rochow-Synthese2 hatte man seit den 40er Jahren des 20.
Jahrhunderts ein preiswertes Verfahren, um die Vorstufe der Silicone darzustellen.
Dies gab auch der Siliconforschung und Siliconproduktion weiteren Auftrieb. Es galt
nun durch Einfügen verschiedener organischer Gruppen die
Anwendungsmöglichkeiten der Silicone zu vervielfältigen.
Die Entwicklung der Siliconchemie in der BRD ist eng mit der Firma WACKER
verbunden: Sie war es auch, die im Jahre 1949 das erste Siliconproduktionsgebäude
auf deutschem Boden errichtete. Der Firma WACKER gelang durch Modifikation
des Silicongerüsts mit Methyl-, Phenyl- und Vinylresten, sowie Aminogruppen, die
Verwendungsmöglichkeiten dieser Kunststoffe auszubauen.
So kamen z.B. im Jahre 1953 erste Silicon-Bautenschutzmittel auf den Markt.
2. Herstellung von Siliconen
In diesem Kapitel soll die Herstellung der Silicone kurz skizziert werden:
Als siliciumhaltige Ausgangsverbindung wird vereinfacht Quarzsand (SiO2) gewählt,
der auch derart in der Natur vorkommt. Nach der Darstellung von elementarem
Silicium aus Siliciumdioxid wird anschließend auf die Synthese von
Organylchlorsilanen (Müller-Rochow-Synthese) eingegangen. Die hierbei gewonnen
Produkte dienen schließlich als Ausgangsstoffe zur Herstellung einfacher Silicone wie auch im ersten Versuch gezeigt wird.
2
siehe Kapitel 2.2
7
2.1 Gewinnung von elementarem Silicium
Im Labormaßstab kann Silicium zweckmäßig mit Magnesium als Reduktionsmittel
dargestellt werden:
+4 -2
0
0
+2 -2
SiO2 (s) + 2 Mg (s) → Si (s) + 2 MgO (s)
Technisch lässt sich Silicium durch Reduktion von Quarz mittels Kohle bei hohen
Temperaturen (ca. 2000°C) im Lichtbogenreduktionsofen erzeugen:
+4 -2
0
0
+2 -2
SiO2 (s) + 2 C (s) → Si (s) + 2 CO (g)
∆ H = 690,36 kJ/mol
Die Beschickung des elektrischen Ofens muss dabei sorgfältig gewählt werden, da
einerseits der eingesetzte Quarz möglichst vollständig umgesetzt werden soll,
andererseits jedoch die Bildung von Siliciumcarbid durch überschüssigen
Kohlenstoff verhindert werden muss.
Nur am Rande erwähnt sei hier die Herstellung von reinstem Silicium (z.B. zur
Verwendung als Halbleiter in Transistoren): Dieses gewinnt man durch thermische
Zersetzung von reinem Silicochloroform HSiCl3 mit Wasserstoff bei 1000°C.
Man erhält auf diesem Wege polykristallines Silicium einer Reinheit von 10-8 %.3
Siliciumeinkristalle gewinnt man daraus mit dem sogenannten
Zonenschmelzverfahren. Dieses beruht auf der Tatsache, dass Verunreinigungen in
der Schmelze eine andere Konzentration als bei ihrem Erstarren im Festkörper
haben. Das polykristalline Silicium wird bei diesem Verfahren in einem Quarztiegel
geschmolzen. In die Schmelze wird ein Impfkristall getaucht, so dass das Silicium an
diesem auskristallisiert. Der auf diese Weise wachsende Einkristall wird unter
gegenläufiger Rotation von Tiegel und Kristall allmählich aus der Schmelze
herausgezogen.
Dieses Verfahren ist jedoch äußerst kostspielig. Benötigt man nicht reinstes Silicium
wird daher auf andere Herstellungsverfahren (siehe oben) zurückgegriffen.
3
Wert nach E.Riedel, Anorganische Chemie, S.516.
8
2.2 Die Müller-Rochow-Synthese von Organylchlorsilanen
Methylchlorsilane werden technisch ausschließlich durch oxidative Addition von
Methylchlorid (CH3Cl) an Silicium hergestellt. Kupfer im Zusatz von 0,5-3
Gewichtsprozent dient dabei als Katalysator. Die Reaktion wird bei einer Temperatur
von 280-320°C durchgeführt.
-2
0
-4
+4
4 CH3Cl (g) + 2 Si (s) →2 (CH3)2SiCl2 (g) [+ CH3SiCl3 (g) + (CH3)3SiCl ) (g) ]
Es entsteht dabei ein Silangemisch, wobei Dichlordimethylsilan das Hauptprodukt
ist. Die weiteren Silane – wie hier exemplarisch an Trichlormethylsilan und
Chlortrimethylsilan aufgelistet - treten nur in untergeordnetem Maße auf. Durch
Zugabe weiterer Katalysatoren (z.B. ZnO) kann die Reaktion noch selektiver
gestaltet werden.
Die Reinheit des eingesetzten Siliciums muss bei der Müller-Rochow-Synthese
mindestens 97% betragen.
Die Reinigung des entstanden Rohsilangemisches erfolgt durch fraktionierte
Destillation.
Folgend sollen die Siedepunkte einiger Silane aufgezeigt werden4:
Name
Chem. Formel
Siedetemperatur
Dichlordimethylsilan
(CH3)2SiCl2
70°C
Trichlormethylsilan
CH3SiCl3
66°C
Chlortrimethylsilan
(CH3)3SiCl
57°C
Trichlortrimethyldisilan (CH3)3Si3Cl3
4
152-156°C
Tabellenwerte nach Internetlink: www.theochem.uni-duisburg.de/DC/material/silicon/herstlg/mrochow.htm
9
2.3. Hydrolyse von Chlormethylsilanen: Herstellung von Siliconen
Chlormethylsilane enthalten Silicium-Chlor-Bindungen, die auf Grund ihrer starken
Polarisierung reaktiv und daher sehr leicht hydrolytisch spaltbar sind.
Als Zwischenprodukte entstehen Silanole, die dann wiederum durch Kondensation
zu Siloxanen polymerisieren.
Dies soll im ersten Versuch an Hand der Hydrolyse von Dichlordimethylsilan
veranschaulicht werden:
Versuch 1: Hydrolyse von Dichlordimethylsilan
(a) Benötigte Materialien:

Reagenzglas und Reagenzglasständer

2 Messspritzen (10 mL + 20 mL)
(b) Benötigte Chemikalien:

Dichlordimethylsilan: X i; F
R 11 Leichtentzündlich.
R 14 Reagiert heftig mit Wasser.
R 35 Verursacht schwere Verätzungen.
R 37 Reizt die Atmungsorgane.
S 16 Von Zündquellen fernhalten - Nicht rauchen.
S 26 Bei Berührung mit den Augen gründlich mit Wasser abspülen und Arzt
konsultieren.
S 36/37/39 Bei der Arbeit geeignete Schutzkleidung, Schutzhandschuhe und
Schutzbrille/Gesichtsschutz tragen.
S 45 Bei Unfall oder Unwohlsein sofort Arzt hinzuziehen (wenn möglich,
dieses Etikett vorzeigen).

Universalindikatorpapier
10
(c) Versuchsdurchführung:
Der Versuch muss im Abzug durchgeführt werden.
In ein Reagenzglas gibt man 2 mL Dichlordimethylsilan.
Anschließend fügt man 12 mL Wasser hinzu. Während die sofort auftretende
Reaktion abläuft, hält man ein Stück feuchtes Indikatorpapier über die
Reagenzglasöffnung.
(d) Versuchsbeobachtung:
Sobald das Wasser ins Reagenzglas zugegeben wird, tritt eine heftige Reaktion ein.
Dabei ist das Entweichen eines Gases zu verzeichnen. Es entstehen zwei Phasen,
wobei sich die untere – anfangs trübe Phase – allmählich aufklärt.
Das feuchte Indikatorpapier färbt sich rot.
(e) Versuchsauswertung:
Dichlordimethylsilan ist gegenüber Wasser nicht beständig (Polarität der Si-Cl
Bindung) und hydrolisiert zu Dimethylsilandiol und Chlorwasserstoff, das zur
Rotfärbung des Indikatorpapiers führt.
nucleophil
CH3
Cl
Si Cl
CH3
+
2
CH3
O
H H
HO Si OH
+
2 H Cl
CH3
Silandiol
Wie alle Silanole kondensiert auch das entstandene Dimethylsilandiol rasch zu
größeren Molekülen.
CH3
HO Si OH
CH3
CH3
+
HO Si OH
CH3
CH3
CH3
HO Si O Si OH
CH3
CH3
Disiloxan
bzw. Kondensation zu Polysiloxanen (nicht stöchiometrisch):
+
O
H
H
11
CH3
HO Si OH
CH3
Silandiol
CH3
CH3
HO Si O
Si O
CH3
CH3
CH3
n
Si OH
+
H O H
CH3
Wie der Versuch verdeutlicht, kondensieren Silanole zu Polysiloxanen.
Dabei reagieren Silandiole R2Si(OH)2 zu Polysiloxanen, die bei kleiner Gliederzahl
(n = 3, 4, 5, …) als Ringe, bei größerer Gliederzahl hingegen als Ketten vorliegen.
R
R
R R
Si
O
O
Si
O
Si
R
R
Die Kondensation von Silantriolen RSi(OH)3 liefert indes bei kleiner Gliederzahl (n
= 8, 10, 12, …) Käfige und bei großer Gliederzahl Schichten.
So lässt sich die Ausdehnung und Vernetzung der entstehenden Polysiloxane durch
Beimischung von R3SiOH, R2Si(OH)2 und RSi(OH)3 beliebig variieren.
Silanole dienen dabei als monofunktionelle Endgruppen, Silandiole als difunktionelle
mittlere Kettenglieder und Silantriole als trifunktionelle Verzweigungsstellen
[ebenso kann die Kieselsäure Si(OH)4 als quadrifunktionelle Verzweigungsstelle
fungieren].
Durch die exakte Mischung der Komponenten kann man den „mittleren
Kondensationsgrad“ einstellen und auf diese Art je nach Kettenlänge,
Verzweigungen und Grad der Vernetzungen leichtflüssige, ölige, kautschukähnliche
oder harzige Silicone mit charakteristischen Eigenschaften aufbauen.
3. Siliconöle / Silicontenside
Siliconöle sind zumeist acyclische Silicone des Typs Me3Si-O-[SiMe2-O]n-SiMe3,
wobei statt der Methylgruppen auch einige Phenylgruppen eingebaut sein können.
Siliconöle sind also lineare Moleküle aus verknüpften Dimethylsiloxaneinheiten. Sie
werden durch Hydrolyse und anschließende Polykondensation der Chlorsilane
12
hergestellt. Je nach Kondensationsgrad weisen die Siliconöle unterschiedliche
Viskositäten auf.
3.1 Physikalische Eigenschaften der Siliconöle
Siliconöle sind hydrophobe Flüssigkeiten, deren Viskositäten zwischen 0,65 mPa.s
und 100000 mPa.s liegen können.
Physikalische Eigenschaften, wie z.B. Wärmeleitfähigkeit und Viskosität, sind bei
den Siliconölen nicht so stark von der Temperatur abhängig wie bei vergleichbaren
mineralischen Ölen.
Auf Grund der schwachen intermolekularen Kräfte zwischen den einzelnen
Methylsiliconketten weisen sie in einem sehr weiten Spektrum ihrer
Molekulargewichte eine flüssige Konsistenz auf.
Vergleicht man niedrigviskose Silicone mit Kohlenstoffverbindungen einer
ähnlichen Konstitution, liegen die Siedepunkte der Silicone deutlich niedriger.
Ferner liegt die Kompressibilität von Siliconölen über der Kompressibilität von
mineralischen Ölen. Bei Druckbeanspruchung ändert sich die Viskosität weit
weniger als bei den mineralischen Ölen (Beispiel: bei 200000 Druckcyclen in einem
Zeitraum von über 500 Stunden ändern sich die Viskosität eines Siliconöls um 2%,
die eines mineralischen Öls indessen um 50%).5
Versuch 2: Wasserabweisende Eigenschaft der Silicone
(a) Benötigte Materialien:
5

Gestell

2 Filterringe

2 Faltenfilter

2 Glasfilter

2 Reagenzgläser

3 Bechergläser (50 mL)
Werte nach Internetlink: www.theochem.uni-duisburg.de/DC/material/silicon/struktur/silioele.htm.
13

Pasteurpipette mit Gummihütchen
(b) Benötigte Chemikalien:

Kupfer(II)sulfat Pentahydrat (CuSO4.5H2O): Xn; N
R 22 Gesundheitsschädlich beim Verschlucken.
R 36/38 Reizt die Augen und die Haut.
R 50/53 Sehr giftig für Wasserorganismen, kann in Gewässern
längerfristig schädliche Wirkungen haben.
S 22 Staub nicht einatmen.
S 60 Dieser Stoff und/oder sein Behälter sind als gefährlicher Abfall zu
entsorgen.
S 61 Freisetzung in die Umwelt vermeiden. Besondere Anweisungen
einholen / Sicherheitsdatenblatt zu Rate ziehen.

Dichlormethan: Xn
R 40 Verdacht auf krebserzeugende Wirkung.
S 23.2 Dampf nicht einatmen.
S 24/25 Berührung mit den Augen und der Haut vermeiden.
S 36/37 Bei der Arbeit geeignete Schutzhandschuhe und
Schutzkleidung tragen.

Dichlordimethylsilan: Xi; F
R 11 Leichtentzündlich.
R 14 Reagiert heftig mit Wasser.
R 36/37/38 Reizt die Augen, Atmungsorgane und die Haut.
S 26 Bei Berührung mit den Augen gründlich mit Wasser abspülen und
Arzt konsultieren.
S 39 Schutzbrille/Gesichtsschutz tragen.
(c) Versuchsdurchführung:
Im Abzug wird ein Faltenfilter mittels einer Pasteurpipette mit Trichlormethylsilan
benetzt, wobei darauf geachtet werden muss, dass der komplette Faltenfilter benetzt
wird.
14
Anschließend legt man den Filter für 15-20 Minuten zum Trocknen.
In der Zwischenzeit färbt man in einem 50 mL Becherglas Wasser mit etwas
Kupfersulfat blau an.
Nun gibt man in zwei Reagenzgläser je etwas von der blauen Kupfersulfatlösung und
fügt etwa genauso viel Dichlormethan hinzu. Da Dichlormethan eine höhere Dichte
als die Kupfersulfat-Lösung besitzt, bildet es die untere Phase (wie auch an den
Farben zu erkennen ist).
Jetzt baut man zwei Filtriergestelle mit Filtrierringen auf und befestigt zwei
Glasfilter auf diesen. In den einen Glasfilter legt man nun das siliconisierte
Filterpapier, in den zweiten Glasfilter ein unbehandeltes Filterpapier.
Danach gibt man den Inhalt eines Reagenzglases in je einen der Filter. Die filtrierte
Flüssigkeit fängt man mit einem Becherglas auf.
(d) Versuchsbeobachtung:
Unbehandelter Filter: Wie zu erwarten, geht das Wasser durch den unbehalten Filter
hindurch. Dichlormethan jedoch bleibt im Filter.
Im Becherglas befindet sich somit nur die blaue Kupfersulfat-Lösung.
Siliconisierter Filter: Im Becherglas befindet sich nur das farblose Dichlormethan.
Die blaue Kupfersulfatlösung jedoch konnte nicht durch den behandelten Faltenfilter
filtriert werden.
(e) Versuchsauswertung:
Handelsübliche Faltenfilter bestehen aus Cellulose, deren Struktur hier vereinfacht
abgebildet ist.
Es handelt sich um eine β-1,4-glykosidische Verbindung:
HO
OH
OH
OH
O
H2C
HO
OH
O
n
O
HO
CH2
OH
HO
OH
CH2
O
O
O
CH2
HO
O
OH
OH
OH
Bekanntermaßen ist das Wassermolekül ein Dipol. Die Glucose wiederum besitzt,
wie in dem Strukturausschnitt zu erkennen ist, zahlreiche Hydroxy-Gruppen, die mit
15
den Wassermolekülen Wasserstoffbrückenbindungen und Dipol-DipolWechselwirkungen eingehen können. Deswegen kann Wasser in die hydrophile
Cellulose eindringen und schließlich durch sie hindurch filtrieren, während das
hydrophobe Dichlormethan (CH2Cl2) nicht in die Cellulose eindringen kann.
Dichlormethan ist ein schwach polares Lösungsmittel (wobei die polaren Bindungen
lediglich die Kohlenstoff-Chlor-Bindungen sind) und nicht zur Ausbildung von
Wasserstoffbrückenbindungen befähigt.
Bei der Benetzung des Filterpapiers mit Trichlormethylsilan kommt es zu einer
Kondensationsreaktion, wobei ein großer Teil der Wasserstoffatome der HydroxyGruppen durch Methylsilylreste substituieret wird.
Dabei werden auch die Cellulose-Moleküle untereinander verknüpft.
Durch die zahlreichen unpolaren Methylreste entsteht ein relativ hydrophobes
Produkt.
Die auf diese Art und Weise siliconisierte Cellulose ist nun für den Dipol Wasser
nicht mehr durchlässig.
Unpolare (oder schwach polare), nicht zur Ausbildung von
Wasserstoffbrückenbindungen befähigte Lösungsmittel, wie das Dichlormethan,
können jedoch durch die siliconisierte Cellulose filtrieren.
16
Die obere Graphik zeigt die Kondensationsreaktion, während die untere Graphik den
Ausschnitt aus der Struktur einer siliconisierten Cellulose darstellt.6
3.2 Chemische Eigenschaften
Siliconöle sind pH-neutrale und chemisch relativ inerte Substanzen.
Diese Unreaktivität der Siliconöle lässt sie einen breiten Einsatz in den alltäglichen
Bereichen unseres Lebens finden.
Jedoch können, wie der nächste Versuch darlegen wird, Siliconöle verbrannt werden.
6
Graphiken nach Internetlink: www.theochem.uni-duisburg.de/DC/material/silicon/versuch/versuc13.htm.
17
Versuch 3: Abbrennen von Siliconölen
(a) Benötigte Materialien:

Teclubrenner

Dreibein

Stück Eisenblech (Auflage für das Dreibein)

Tropfpipette
(b) Benötigte Chemikalien:

Siliconöl
(c) Versuchsdurchführung:
Mit dem Teclubrenner erhitzt man das auf dem Dreibein liegende Eisenblech ca. 5
Minuten.
Sobald das Blech heiß ist, tropft man mit Hilfe der Pipette drei bis vier Tropfen des
Siliconöls in die Mitte des Bleches. Die entstehenden weißen Dämpfe zündet man
nun mittels der Brennerflamme an.
(d) Versuchsbeobachtung:
Das Siliconöl entwickelt auf dem Blech weißen Dampf. Nach Entzünden durch die
Brennerflamme verbrennt es mit einer grellen gelb-weißen Flamme. Die
Feuererscheinung hält ca. 10 Sekunden an.
Auf dem Eisenblech bleibt eine feine, weiße Asche zurück.
(e) Versuchsauswertung:
Bei hohen Temperaturen und unter Einwirkung von (Luft)-Sauerstoff verbrennen
Siliconöle zu Siliciumdioxid, Wasser und Kohlendioxid:
CH3
H3C Si O
CH3
CH3
Si O
CH3
CH3
n
Si CH3 + y O2
∆
(n + 2) SiO 2 + (2n + 6) CO 2 + m H2O
CH3
Das Siliciumdioxid liegt auf Grund der Anwesenheit von Wasser hier zum Teil als
oberflächenreiche Kieselsäure vor. Es handelt sich hierbei um winzige Körner, in
denen jedes Siliciumatom tetraedrisch von vier Sauerstoffatomen umgeben ist und
18
jedes Sauerstoffatom die Brücke zwischen zwei Siliciumatomen bildet (Si-O-SiBindung). Zudem sind die Sauerstoffatome am Rande eines Kornes mit jeweils einer
Bindung an ein Wasserstoffatom gebunden.
3.3 Silicontenside
Als Silicontenside werden kationische Polysiloxane bezeichnet.
Ein Beispiel wäre das folgende Kation:
CH3
CH3
O Si O Si O
CH3
(CH2)3
O
CH2
HO CH
CH2
+
H3C N CH3
R
HC O
O
Durch diese Modifikation am Siloxangerüst werden die sonst hydrophoben Silicone
in eine hydrophilere Struktur umgewandelt. Neben der Wasserlöslichkeit wird jedoch
auch die Tensideigenschaft, auch als Emulgatoreigenschaft bezeichnet, gesteigert.
Besitzen Siloxane, wie das hier vorliegende Silicontensid, reaktive Gruppen als
endständiges Kettenglied, so werden sie als funktionelle Siliconöle klassifiziert.
Solche reaktiven Gruppen wären z.B. Amino- oder Epxoygruppen. Man erhält sie
durch Hydrolyse der entsprechenden funktionellen Chlorsilane.
19
Versuch 4: Silicone als Antischaummittel
(a) Benötigte Materialien:

Reagenzglasständer

5 Reagenzgläser mit Gummistopfen

Tropfpipette
(b) Benötigte Chemikalien:

Spülmittel

Olivenöl

Antischaumemulsion AS-EM SRE: Xi
R 36/37/38 Reizt die Augen, Atmungsorgane und die Haut.
S 26 Bei Berührung mit den Augen sofort gründlich mit Wasser abspülen
und Arzt konsultieren.
S 36 Bei der Arbeit geeignete Schutzkleidung tragen.
(c) Versuchsdurchführung:
(1) Man füllt zwei Reagenzgläser ungefähr bis zur Hälfte mit Wasser und fügt
wenige Tropfen eines Spülmittels (=Tensidlösung) hinzu. Nun verschließt man mit
einem Gummistopfen und schüttelt kräftig durch, so dass eine gesteigerte
Schaumbildung zu verzeichnen ist.
In eines der Reagenzgläser gibt man nun einen Tropfen der Antischaumemulsion.
(2) In drei Reagenzgläser werden je 4 mL Wasser und 1 mL Olivenöl gegeben. In
eines der Reagenzgläser fügt man etwas der Tensidlösung hinzu, in ein anderes etwas
Tensidlösung mit Antischaumemulsion.
Jetzt schüttelt man alle drei Reagenzgläser kräftig durch.
(d) Versuchsbeobachtung:
(1) Durch das kräftige Schütteln entsteht in beiden Reagenzgläsern Schaum.
Nach Zugabe des Antischaummittels in ein Reagenzglas löst sich der Schaum sofort
unter einem leichten Knistern (entweichende Luft) auf.
(2) Beim Schütteln der drei Reagenzgläser entstehen gelbliche Emulsionen.
Im völlig unbehandelten Reagenzglas kommt es sehr rasch zu einer Phasentrennung
zwischen dem Olivenöl und dem Wasser.
20
Im Reagenzglas mit der Tensidlösung bleibt die Emulsion länger bestehen und es
kommt zu keiner vollständigen Entmischung.
Im Reagenzglas mit der Tensidlösung und dem Antischaummittel ist derselbe Effekt
zu beobachten – allerdings bildet sich hier weniger Schaum aus.
(e) Versuchsauswertung:
Wasser besitzt eine große Oberflächenspannung, d.h. es hat ein Bestreben seine
Oberfläche möglichst gering zu halten. Diese Kraft basiert auf den Dipol-DipolWechselwirkungen und den Wasserstoffbrückenbindungen zwischen den
Wassermolekülen. Weil jedes Wassermolekül an der Grenzfläche zur Luft, die unter
ihm (also im Inneren der Flüssigkeit) und neben ihm (also ebenfalls auf der
Grenzfläche) stärker in Wechselwirkung als mit den Luftmolekülen über ihm tritt,
kommt es zu dieser so genannten Oberflächenspannung.
Tenside wiederum sind Substanzen, die die Oberflächenspannung einer Flüssigkeit
herabsetzen.
Tenside besitzen vereinfacht ausgedrückt einen hydrophilen Kopf und einen
hydrophoben Schwanz.
Beispiel für zwei Tensidmoleküle7
An der Wasseroberfläche ordnen sich die Tensidteilchen so an, dass der hydrophile
Teil ins Wasser taucht, während der hydrophobe Schwanz aus der Wasseroberfläche
ragt:8
7
8
Graphik nach Internetlink: www.uni-essen.de/chemiedidaktik/S+WM/Tenside/TensidBsp.gif
Graphik nach Internetlink: upload.wikimedia.org/wikipedia/de/thumb/7/78/...
21
Wegen der geringeren Anziehungskräfte zwischen den unpolaren
Kohlenwasserstoffresten der Tensidteilchen (verglichen mit den Anziehungskräften
zwischen den Wassermolekülen) wird die Oberflächenspannung des Wassers
herabgesetzt.
Emulsionen werden durch die amphiphile Eigenschaft der Tenside stabilisiert.
Durch Anreicherung der Wasseroberfläche mit Tensidteilchen wird diese jedoch
luftähnlicher. Dies hat die Entstehung von Schaumblasen zur Folge.
Antischaummittel besitzen ebenfalls eine niedrigere Oberflächenspannung als
Wasser. Sie müssen im zu entschäumenden Medium schlecht löslich sein und einen
positiven Eindring- und Spreitungskoeffizienten9 besitzen. Die Moleküle des
Entschäumers verdrängen die Tensidteilchen von der Oberfläche und ersetzen sie
durch einen neuen Film mit geringerer Oberflächenspannung und geringeren
Kohäsionskräften.
Solche Antischaummittel finden Einsatz in modernen Waschmaschinen, in denen
geringere Schaumbildung die Waschwirkung verstärkt, aber auch in der Medizin
(z.B. Behandlung der Blähsucht bei Kühen, Blähungen bei Menschen (Lefax)).
4. Silicongummi / Siliconkautschuk
Im Gegensatz zu den Siliconölen, die bereits nach der Hydrolyse und anschließenden
Polykondensation fertig als lineare Moleküle vorliegen, müssen bei den
Siliconkautschuken die einzelnen Komponenten erst noch weiter miteinander
vernetzt werden: Man spricht hierbei von der Vulkanisation.
Hinsichtlich dieses Vorgangs unterscheidet man drei Vernetzungstypen, die im
folgenden Abschnitt skizziert werden sollen.
9
Spreitungskoeffizient: Beim Aufbringen einer Flüssigkeit auf eine feste oder flüssige Oberfläche, spreitet erste
auf der Oberfläche, wenn die Adhäsionsarbeit zwischen den Fremdmolekülen größer ist als die Kohäsionskraft
zwischen den Molekülen der Einzelkomponenten.
Die Differenz der beiden Arbeiten bezeichnet man als bei Spreitungskoeffizienten.
22
4.1. Vernetzungytypen
A: Additionsvernetzung:
Die Additionsvernetzung findet bei Polymeren mit Vinyl-Gruppen und Si-HGruppen im Vernetzer statt .
Als Katalysatoren können Salze oder Komplexe des Platins eingesetzt werden.
Ebenso möglich ist für diesen Zwecke die Verwendung von Palladium- oder
Rhodiumkomplexen.
Bei der Nutzung von Olefinkomplexen der Platinmetalle als Katalysator läuft die
Reaktion bereits bei Zimmertemperatur ab. Bei höheren Temperaturen werden
stickstoffhaltige Platinkomplexe eingesetzt (z.B. Platin-Komplexe des Pyridins).
R
O Si C
H
R
CH2
+
R
O
O Si C C Si R
H2 H2
R
O
H Si R
O
R Si R
Polymer
R
O Si C
H
R
CH2
O
R Si R
[Pt]
O
O
R Si R
R Si R
O
H Si R
O
R
O Si C C Si
H2 H2
R
O
Vernetzer
B: Vernetzung mit Peroxiden:
Mittels dieses Vernetzungstyps wird der so genannte HTV-Kautschuk hergestellt.
Dieser kann in Temperaturbereichen von – 50°C bis + 200°C eingesetzt werden.
HTV-Kautschuke besitzen ferner eine gute Chemikalienresistenz.
Für die peroxidische Vernetzung müssen zunächst freie Radikale gebildet werden.
Dies kann auf thermischen oder strahlungsinduzierten Wege geschehen, wobei
verschiedene organische Peroxide als Radikalbildner fungieren können.
Der Einbau von Vinylgruppen in das Polymer hat eine gezieltere Vernetzung zur
Folge. Die Folge ist eine verbesserte Vulkanisation.
O
23
→
ROOR
2 RO.
CH3
CH3
Si O
Si O
C CH2
H
+
CH2
RO .
CH2
CH3
+
ROH
CH2
Si O
Si O
CH3
CH3
C: Kondensationsvernetzung:
RTV-2-Kautschuke werden durch Kondensationsvernetzung synthetisiert.
Als Katalysatoren werden Dibutylzinndilaurat oder Zinn(II)oktoat verwendet.
Diese katalysieren die Reaktion zwischen Dihydroxypolydimethylsiloxanen und
Esterderivaten der Kieselsäure. Die Anwesenheit von Wasser hat einen
beschleunigenden Effekt auf die Reaktion. Ferner ist die Reaktionsgeschwindigkeit
vom Vernetzer (chemische Struktur, Konzentration) abhängig.
O
R Si R
R
4
O Si OH
R
Polymer
OR´
+
OR´
[Sn]
R
O
R
Si OR´
O Si O Si O Si O
OR´
R
O
+
R
R Si R
O
Wie aus den drei Vernetzungstypen zu erkennen ist, wird bei den Siliconkautschuken
im Vergleich zu den organischen Kautschuksorten kein Schwefel zur Vulkanisation
verwendet.
4 ROH
24
Demonstration 1: Kaltvulkanisierende Siliconkautschuke
(a) Benötigte Materialien:

Spatel

Wasserfarben und Pinsel

Streichholzschachteln

Bechergläser

Glasstab

2 Münzen

Waage

Pappbecher
(b) Benötige Chemikalien:

ELASTOSIL ® M 4601 A + B

ELASTOSIL ® M 4400

WACKER-Härter T 37

ELASTOSIL ® E 43

Calciumsulfat

pH-Indikatorpapier
(c) Durchführung
(1) Kaltvulkanisierender 2-Komponenten Siliconkautschuk:
Zur Herstellung der Abformmasse werden die Komponenten ELASTOSIL ® M 4601
A und B im Mischungsverhältnis 9:1 getrennt eingewogen und danach miteinander
vermischt, so dass eine einheitliche weinrote Färbung entsteht.
Zur Herstellung einer zweiten Abformmasse wiegt man 25,3 g ELASTOSIL ® M
4400 ab und fügt unter Rühren 0,7 g Härter T 37 hinzu. Es entsteht eine gelbe
zähfließende Masse.
In zwei abgeschnittene Pappbecher legt man eine Münze und gibt eine Abformmasse
hinzu.
Nun lässt man einen Tag bei Zimmertemperatur die Abformmassen vulkanisieren.
(2) Kaltvulkanisierender einkomponentiger Siliconkautschuk:
In eine Streichholzschachtel gibt man in einen Leistenhohlraum etwas
ELASTOSIL ® E 43 und drückt mit einem angefeuchteten Finger die Masse an.
25
In die gegenüberliegende Hohlleiste streicht man mittels eines Spatels etwas
Modellgips.
In beiden Hohlräumen misst man den pH-Wert mit einem Stück Indikatorpapier
Man lässt einen Tag bei Zimmertemperatur vulkanisieren.
Mit Wasserfarbe kann man jetzt versuchen, beide Dichtungsmassen in den
Hohlräumen zu bestreichen.
(d) Beobachtung:
(1) Kaltvulkanisierender 2-Komponenten Siliconkautschuk:
In beiden Pappbechern entsteht auf diese Weise eine feste gummiartige Masse, in der
die Münzform eingedrückt ist.
(2)Kaltvulkanisierender einkomponentiger Siliconkautschuk:
Das Indikatorpaper färbt sich in der Hohlleiste mit dem ELASTOSIL rot.
Der Vergleich Gips und ELASTOSIL wird folgend tabellarisch dargelegt:
Elastosil E43
Gips
Geruchsentwicklung
essigartig
geruchlos
pH-Wert
sauer
neutral
Konsistenz
weich, gummiartig fest
Überstreichbarkeit mit
Farbe schlecht
Farbe haftet sehr
Wasserfarbe
haftend,
gut
abwaschbar
Abbindzeit
1 Tag
1 Tag
(e) Auswertung:
(1) Kaltvulkanisierender 2-Komponenten Siliconkautschuk:
Bei der ersten Variante mit M 4601 A und B handelt es sich um eine
Additionsvernetzung, wobei der Vernetzer mit dem H-Siloxan sich in der
26
Kautschukkomponente A, der Katalysator hingegen in der Kautschukkomponente B
befindet.
In der zweiten Variante mit M 4400 sind Vernetzer und Katalysator beide im so
genannten Härter enthalten. Es handelt sich um eine Kondensationsvernetzung.
Die benötigen Komponenten werden also erst kurz vor der Verwendung miteinander
vermischt. Der Kaltvulkanisierende 2-Komponenten Siliconkautschuk wird z.B. als
Abformmasse in der Restaurierungstechnik oder in der Dentaltechnik verwendet.
(2)Kaltvulkanisierender einkomponentiger Siliconkautschuk:
Einkomponentige Kautschuke enthalten bereits alle zur Vulkanisation erforderlichen
Komponenten wie Polyorganosiloxane, Vernetzer und Füllstoffe.
Die endgültige Vernetzung tritt allerdings erst unter Einwirkung von Luftfeuchtigkeit
ein.
Eine allgemeine Reaktionsgleichung kann folgendermaßen formuliert werden:
X
R
R Si
O Si
X
R
X
R
R Si
O Si
O
R
X
n
O Si R
X
+
H2O
X
R
R Si
O Si
X
R
n
X
n
O Si R
X
O Si R
X
Die saure Reaktion von ELASTOSIL ist darauf zurückzuführen, dass es sich hierbei
um einen Acetoxy-Vernetzer handelt. Bei dem Hydrolyseschritt entsteht daher
Essigsäure.
Die schlechte Bestreichbarkeit des ELASTOSIL mit Wasserfarbe verdeutlicht
nochmals die hydrophobe Eigenschaft der Silicone.
Einsatz findet der einkomponentige Siliconkautschuk als Fugendichtmasse im
Bauwesen, im Sanitär-, Glas- und Autobereich und als hitzebeständiger Kleber für
Dichtungen.
Neben den kaltvulkanisierenden Siliconkautschuken (sie härten bereits bei
Zimmertemperatur aus) gibt es noch die heißvulkanisierenden Siliconkautschuke. Sie
werden u.a. als Schläuche in der Medizintechnik und Implantate für den
menschlichen Körper (z.B. Herzklappenventile) benutzt.
27
4.2. Physikalische und chemische Eigenschaften
Im Vergleich zu vielen anderen Gummitypen ist die Elastizität der Siliconkautschuke
gering von der Temperatur abhängig und bleibt daher über weite Temperaturbereiche
relativ konstant. Auch bei Druck verändert sich diese Eigenschaft verhältnismäßig
wenig.
Des Weiteren sind Siliconkautschuke schwer brennbar: Der durchschnittliche Wert
des Flammpunktes liegt bei ca. 750°C (die Zündtemperatur bei 450°C).
Silicongummi ist außerdem stabil gegenüber chemischen Einflüssen.10
Versuch 5: Brennbarkeit von Silicongummi im Vergleich zu anderen
Kunststoffen
(a) Benötigte Materialien:

Bunsenbrenner

Reagenzgläser

Tiegelzange
(b) Benötigte Chemikalien:

pH-Indikatorpapier

Silicongummi

Polyvinylchlorid (PVC)
S22 Staub nicht einatmen.
(c) Versuchsdurchführung:
Den Silicongummi bzw. das PVC gibt man in zwei verschiedene Reagenzgläser. Nun
erhitzt man beide Proben.
Mit feuchtem Indikatorpapier, das man über die Reagenzglasöffnung hält, überprüft
man den pH-Wert der Zersetzungsprodukte.
Hinweis: Der Versuch sollte auf Grund der entstehenden Zersetzungsprodukte im
Abzug durchgeführt werden.
10
hierzu siehe auch Demonstration 2
28
(d) Versuchsbeobachtung:
Während bei der Verbrennung des Silicongummis keine Verfärbung des
Indikatorpapiers zu beobachten ist, tritt bei der Verbrennung des PVC eine
merkliche Rotfärbung auf.
(e) Versuchsauswertung:
Die Verbrennungsreaktion entspricht im Wesentlichen der des Siliconöls:
CH3
CH3
H3C Si O
Si O
CH3
CH3
CH3
Si CH3 + y O2
n
(n + 2) SiO 2 + (2n + 6) CO 2 + m H2O
CH3
Die Verbrennung des PVC kann vereinfacht auf folgende Weise formuliert werden:
n
+ 2,5 n O2
2 n CO2 + n HCl + n H2O
Cl
Die Rotfärbung des Indikatorpapiers ist folgerichtig durch die Anwesenheit von
Chlorwasserstoff zu erklären.
Somit entsteht bei der Verbrennung des Kunststoffs PVC neben dem
Kohlenstoffdioxid noch das toxische Zersetzungsprodukt Chlorwasserstoff.
Die Verbrennung von Nylon würde hingegen zu Ammoniakanteilen im Produktteil
führen. Das positive Brandverhalten der Silicone im Brandverhalten kann durch die
nachfolgende tabellarische Übersicht11 unterstrichen werden:
Polymer
Rauchdichte
Brandlast [ MJ/kg ]
Polychloropren
65
20,9
Chlorsulfatpolyethylen
85
15,9
Nitril-/PVC-Mischung
136
20,5
Styrol-Butadien-Kautschuk
265
17,6
Ethylen-Propylen-
280
36,0
Polyvinylchlorid
265
22,2
Siliconkautschuk
45
15,9
Terpolymer
11
Werte nach Internetlink: www.theochem.uni-duisburg.de/DC/material/silicon/struktur/kautschu.htm.
29
Die spezifische optische Rauchdichte DS als Funktion der Prüfzeit t ist wie folgt
definiert:
DS(t) = F . lg . 1/ T (t) . 100%
Dabei ist T die Transmission des Lichtes und F der Faktor, der aus den
Prüfbedingungen ( Kammervolumen, optische Pfadlänge des Lichts, beanspruchte
Probenoberfläche) resultiert.
Demonstration 2: Chemikalienbeständigkeit von Silicongummi
(a) Benötigte Materialien:

Schnappdeckelgläser

Waage
(b) Benötigte Chemikalien:

Silicongummi

Aceton: F; Xi
R11 Leichtentzündlich.
R36 Reizt die Augen.
R66 Wiederholter Kontakt kann zu spröder oder rissiger Haut führen.
R67 Dämpfe können Schläfrigkeit und Benommenheit verursachen.
S9 Behälter an einem gut gelüfteten Ort aufbewahren.
S16 Von Zündquellen fernhalten - Nicht rauchen.
S26 Bei Berührung mit den Augen sofort gründlich mit Wasser abspülen und
Arzt konsultieren.

Heptan: F; Xi; N
R11 Leichtentzündlich
R38 Reizt die Haut.
R50/53 Sehr giftig für Wasserorganismen, kann in Gewässern längerfristig
schädliche Wirkungen haben.
R65 Gesundheitsschädlich: Kann beim Verschlucken Lungenschäden
verursachen.
R67 Dämpfe können Schläfrigkeit und Benommenheit verursachen.
S9 Behälter an einem gut gelüfteten Ort aufbewahren.
30
S16 Von Zündquellen fernhalten - Nicht rauchen.
S29 Nicht in die Kanalisation gelangen lassen.
S33 Maßnahmen gegen elektrostatische Aufladungen treffen.
S60 Dieser Stoff und/oder sein Behälter sind als gefährlicher Abfall zu
entsorgen.
S61 Freisetzung in die Umwelt vermeiden. Besondere Anweisungen einholen
/ Sicherheitsdatenblatt zu Rate ziehen.
S62 Bei Verschlucken kein Erbrechen herbeiführen. Sofort ärztlichen Rat
einholen und Verpackung oder Etikett vorzeigen.

Salzsäure, 2 molar: Xi
R36/37/38 Reizt die Augen, Atmungsorgane und die Haut.
S26 Bei Berührung mit den Augen sofort gründlich mit Wasser abspülen und
Arzt konsultieren.
S45 Bei Unfall oder Unwohlsein sofort Arzt hinzuziehen (wenn möglich,
dieses Etikett vorzeigen).

Salzsäure, konzentriert: C
R34 Verursacht Verätzungen.
R37 Reizt die Atmungsorgane.
S26 Bei Berührung mit den Augen sofort gründlich mit Wasser abspülen und
Arzt konsultieren.
S45 Bei Unfall oder Unwohlsein sofort Arzt hinzuziehen (wenn möglich,
dieses Etikett vorzeigen).

Natronlauge, 2 molar

Natronlauge, 50%-ig: C
R35 Verursacht schwere Verätzungen.
S26 Bei Berührung mit den Augen sofort gründlich mit Wasser abspülen und
Arzt konsultieren.
S37/39 Bei der Arbeit geeignete Schutzhandschuhe und
Schutzbrille/Gesichtsschutz tragen.
S45 Bei Unfall oder Unwohlsein sofort Arzt hinzuziehen (wenn möglich,
dieses Etikett vorzeigen).
(c) Durchführung:
31
Etwas Silicongummi wird rechteckig zugeschnitten, gewogen und in ein
Schnappdeckglas gegeben (jede Probe wog hier 0,7 g).
Anschließend gibt man verschiedene Chemikalien hinzu, verschließt und lässt ca.
eine Woche stehen.
Jetzt betrachtet man die Proben und wiegt sie erneut.
Glas 1: Aceton
Glas 2: Heptan
Glas 3: 2 molare HCl
Glas 4: konz. HCl
Glas 5: 2 molare NaOH
Glas 6: 50%-ige NaOH
(d) Beobachtung:
Lediglich beim Silicongummi, der in Heptan eingelegt war, nahm das Gewicht
merklich zu (von 0,7 auf 1,2 g).
Nur bei den Proben mit der 50%-igen Natronlauge und der konzentrierten Salzsäure
wurde der Gummi porös und zerfiel beim Rausnehmen in mehrere Stücke.
(e) Auswertung:
Silicongummis sind chemisch resistent gegen organische Lösungsmittel (Aceton,
Heptan), sowie verdünnten Säuren und Laugen.
Die Gewichtszunahme bei dem Versuch mit Heptan beruht lediglich auf die
Einlagerung der unpolaren Lösungsmittelmoleküle in das Silicongeflecht. Es handelt
sich dabei nicht um eine chemische Reaktion, sondern um ein physikalisches
Phänomen: Diese Materialveränderung ist reversibel.
Dagegen werden Silicone von konzentrierten Säuren und Laugen angegriffen.
Hierbei handelt es sich um eine chemische Reaktion, die einen irreversiblen Vorgang
darstellt.
Bei stark konzentrierten Säuren ist ein elektrophiler Angriff der Protonen am negativ
polarisiertem Sauerstoffatom der Si-O-Bindung möglich. Dadurch wird die Si-OBindung letztlich gespalten und das Molekül depolymerisiert.
32
Durch konzentrierte Laugen ist ein nucleophiler Angriff der Hydroxidionen an das
positiv polarisierte Siliciumatom möglich. Dadurch wird wiederum die Si-OBindung gespalten und das Molekül depolymerisiert.12
5. Anwendung und Verwendung der Silicone
Auf Grund ihrer verschiedenen Eigenschaften, die durch die verwendete
Syntheseform variiert werden können, finden Silicone – als Siliconöle,
Silicontenside, Siliconkautschuke, Siliconharze – Anwendungen in vielen Bereichen
unseres alltäglichen Lebens. Im kommenden Abschnitt sollen hier nur einige
Bereiche exemplarisch angerissen werden.
A.: Silicone im Bauwesen:
Der Einsatz von Silconen im Bauwesen ist sehr vielfältig:
Das so genannte Hydrophobierungsverfahren wird im Bautenschutz angewandt. Es
schützt vor Verwitterung durch Wassereinflüsse und Luftfeuchtigkeit.
Ferner werden Silicone als Dichtungsmassen, als Mittel der Verfugung oder zum
Kleben und Abdichten von Glasscheiben benutzt. Auch als Wärmeisolatoren werden
Silicone eingesetzt (u.a. als Ummantelung bei Fernheizrohren, wo die
schwerbrennbaren Silionschäume angebracht werden).
12
Mechanismen nach Internetlink: www.theochem.uni-duisburg.de/DC/material/silicon/versuch/versuc10.htm.
33
B.: Silicone im Verkehr:
Alleine beim wichtigen Verkehrsmittel Auto kommen Silicone in drei Teilbereichen
zum Einsatz: in der Elektronik, in der Mechanik und in der Sicherheit.
So sind Zündkabel oder Zündkerzenständer mit Siliconen ummantelt. Dabei nutzt
man v.a. die Wetterbeständigkeit dieser Stoffklasse aus.
Siliconöle finden Einsatz in der Automechanik. In der Visko-Kupplung sorgen
hochviskose Siliconöle für die Kraftübertragung. Die hohe Viskositätsbeständigkeit
der Siliconöle ist das hierfür entscheidende Eigenschaftskriterium.
Das Gewebe eines Airbags ist mit einer hauchdünnen Siliconschicht umzogen, um
eine völlige Dichte zu gewährleisten. Dies wäre ein Exempel für den
Sicherheitsaspekt.
Doch Silicone finden nicht nur beim Automobil ihren Einzug. So wird der elektrisch
leitfähige Siliconkautschuk als Türdichtgummi in Zügen verwendet, damit die
Zugtüre nicht zu einer gefährlichen Falle wird: Daher besteht der der Türdichtgummi
außen aus isolierendem Kautschuk. Im Innern des Schlauches jedoch verlaufen zwei
parallel ausgerichtete Längsstreifen aus elektrisch leitfähigem Siliconkautschuk.
Wird nun ein Objekt oder eine Person eingeklemmt, werden diese beiden Streifen
aufeinandergepresst, so dass ein Stromkreis geschlossen wird, der zu einem
Aufgehen der Zugtüre führt.
C.: Silicone in der Medizin:
Ebenso werden Silicone in der Medizin und Medizintechnik vielfach eingesetzt.
Verwendungsmöglichkeiten wären hier Abformmaterialien13 in der Zahntechnik,
Beschichtung von Bandagen, Umkapselung von Medikamenten mit Siliconharzen
(diese Kapseln wirken sich erst unter Einwirkung der Magensäure auf14).
Aber Silicone können auch direkt als Medikamente zum Einsatz kommen:
Narbencremes bestehen oft aus Siliconöl. Sie bilden auf der Narbe eine Art
Schutzfilm und schützen vor Stößen und Rissen.
Der Wirkstoff im Mittel Lefax (gegen Blähungen) ist das siliconhaltige Simethicon.15
Für all diese Anwendungsbereiche ist eine Eigenschaft der Silicone
ausschlaggebend: Sie sind physiologisch unbedenklich und dermatologisch
verträglich.
13
Vgl. Kaltvukalisierender 2-Komponenten Siliconkautschuk
Vgl. Chemikalienbeständigkeit der Silicone
15
Vgl. Silicone als Antischaummittel
14
34
D.: Silicone für Farben:
Schaumbildung bei der Auftragung von Lacken führt zu einem schlechteren Glanz.
Hier können Silicone mit Antischaumwirkung dies verhindern und den Glanz
optimieren.
Lacke auf Siliconbasis behalten ihren Glanz auch bei großer thermischer
Beanspruchung. Solche hitzebeständige Lacke finden u.a. Einsatz bei Grillen oder
auch bei farbigen Glühbirnen.
E.: Weitere Siliconanwendungen:
Eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten könnte noch aufgelistet werden, wie
z.B. Hautcremes (dermatologische Verträglichkeit der Silicone), Armbänder (z.B. bei
Uhren), siliconhaltige Trennmittel bei Weinkorken etc.
In der folgenden und letzten Demonstration wird noch der Einsatz von Siliconen
beim Kleben dargelegt.
Demonstration 3: Siliconbeschichtetes Papier
(a) Benötigte Materialien:

Glasstab

Becherglas (100 mL)

Papier

Trockenschrank

Klebestreifen (Tesa o.ä.)

Waage

Holzbrett

Spatel
(b) Benötigte Chemikalien:

WACKER-Dehesive ® 920

WACKER-Vernetzer V24

WACKER-Katalysator OL
35
(c) Durchführung:
In ein Becherglas gibt man 25 g Dehesive und fügt 0,7 g des Vernetzers hinzu. Nun
verrührt man mit einem Glasstab beide Flüssigkeiten. Jetzt gibt man 0,3 g des
Katalysators hinzu und verrührt erneut.
Das Papier befestigt man mittels Klebestreifen auf einem Holzbrett. Am Ende des
Blattes wird das hergestellte Gemisch mit einem Spatel aufgetragen.
Nun lässt man das Papier im Trockenschrank bei 130° C ungefähr eine Stunde
trocknen.
Jetzt kann man die Haftfestigkeit von Tesafilm auf der beschichteten und der
unbeschichteten Seite des Papiers testen.
(d) Beobachtung:
Bei der Darstellung des Reaktionsgemisches entsteht eine klare Flüssigkeit, die sich
leicht auf das zu beschichtende Papier auftragen lässt. Nach der Vernetzung im
Trockenschrank ist ein lackähnlicher Überzug auf dem siliconbeschichteten Teil des
Papiers entstanden.
Vergleich der Haftfestigkeit:
Auf der Seite mit der Siliconschicht wird das Papier beim Abziehen des
Tesastreifens nicht beschädigt. Dieser Tesastreifen hat noch weitere Klebefähigkeit
und kann deshalb anderweitig verwendet werden.
Beim Entfernen des Klebestreifens auf dem unbehandelten Papier wird das Papier
beschädigt. Auch der Klebestreifen hat dadurch seine klebende Eigenschaft
eingebüßt und ist unbrauchbar geworden.
(e) Auswertung:
Der verwendete Dehesive setzt sich aus Polydimethylsiloxanmolekülen mit
vernetzungsfähigen Vinylgruppen zusammen. Diese bilden durch eine
Additionsvernetzung eine gummiartige Siliconschicht auf dem Papier.
Die Methylgruppen der Siliconmoleküle werden dabei so ausgerichtet, dass sie von
der Oberfläche wegweisen.
Die Adhäsionskräfte zwischen dem siliconbeschichteten Papier und dem
Klebestreifen sind sehr schwach, da es nur zu geringen intermolekularen
Bindungskräften zwischen den Silicon-Molekülen und den Molekülen des Tesafilms
36
kommt. Daher lässt sich der Tesafilm leicht und unbeschädigt von der Oberfläche
entfernen.
Bei der unbehandelten Papieroberfläche treten jedoch stärke Wechselwirkungen
zwischen den polaren Cellulose-Molekülen des Papiers und den Molekülen des
Klebstoffs auf. Die Folge ist, dass beim Abreißen der Klebestreifen unbrauchbar und
das Papier zerstört wird.
Im Gegensatz zum Versuch „Siliconisiertes Filterpapier“ wird die Molekülstruktur
des Papiers hierbei nicht verändert. Die Cellulose-Moleküle bleiben unverändert
vorhanden. Es wird lediglich ein Siliconfilm aufgetragen.
6. Schulrelevanz der Thematik
Im thematisch äußerst enggestrickten Lehrplan für das Fach Chemie in Gymnasien
werden die Silicone als Pflichtthema weder in Grund- noch in Leistungskursen
explizit erwähnt.
Dennoch eignet sich die Thematik für den Schulgebrauch aus unterschiedlichsten
Aspekten:
Für das Kurshalbjahr 13.2 ist im hessischen Schulcurriculum das Wahlthema
„Angewandte Chemie“ formuliert. In dem Unterpunkt der Kunst- und Werkstoffe
können auch die Silicone subsumiert und somit didaktisch nach dem Lehrplan
begründet werden.
Ein weiteres Argument mit dem Instrument des Lehrplans kann man durch folgendes
Zitat aus eben selbigem erzielen: „Die Lernenden erfahren dabei die vielfältigen
Verwendungsmöglichkeiten von Stoffen und Techniken in den unterschiedlichen
Bereichen des täglichen Lebens.“
Auch die Silicone erfüllen – wie im 5.Kapitel dargelegt – diesen Aspekt. Sie
zeichnen sich nämlich durch einen hohen Alltagsbezug in vielen Bereichen unseres
Lebens aus. Damit wird die Thematik für die Schüler greifbar.
Ein weiterer Vorteil liegt in der Gefahrlosigkeit der verwendeten Stoffe. Silicone
erlauben eine praktische Einbeziehung der Schüler in die Thematik.
Die entstandenen Produkte sind größtenteils anfassbar und können sogar von den
Schülern mit nach Hause genommen werden (z.B. hergestellter Silicongummi).
37
Des Weiteren stellen Silicone ein Bindeglied zwischen organischer und
anorganischer Chemie dar: Für Schüler werden somit die Themen nicht „abgehackt“
voneinander behandelt (wie 12 I – Organik / 12 II – Biochemie / 13 I Anorganik),
sondern können sich in dieser Thematik verbinden. Somit wären die Silicone
auch als gleichzeitige Wiederholungseinheit für einige anorganische Aspekte (z.B.
Redoxchemie) und organische Aspekte (z.B. Additionsmechanismus) vor dem
Abitur denkbar.
Jedoch muss Eines bedacht werden: Die Siliconchemie ist ein äußerst komplexes
Themenfeld. Es bedarf einiger chemischer Vorarbeit und eines guten Vorwissens,
um die Silicone im Unterricht sinnvoll behandeln zu können. Es ist daher eigentlich
nur für gute Leistungskurse ein brauchbares Thema. Hier ließe es sich auch in einer
Projektarbeit o.ä. durchführen.
Fakt bleibt aber dennoch auch, dass zunächst andere Themenbereiche der Chemie
den Vorrang in der Schule haben müssen.
38
7. Literatur

Ackermann, J. / Damrath, V., Chemie und Technologie der Silicone II.
Herstellung und Verwendung von Siliconpolymeren, in ChiuZ 3, 1989, S.8699.

Ackermann, J. / Schliebs, R., Chemie und Technologie der Silicone I.
Herstellung der Ausgangsmaterialien, in: ChiuZ 4, 1987, S.121-127.

Boettinger, P., Einblick in die Chemie der Silicone, in: PdN-Ch. 11, 1978,
S.281-286.

Hollemann, A.F. / Wiberg, E., Lehrbuch der anorganischen Chemie, Berlin101
1995.

Riedel, E., Allgemeine und Anorganische Chemie, Berlin8 2004.

WACKER, Silicones. Learning by doing: School experiments with
WACKER silicones, München 2004.
Internetlinks:

http://dc2.uni-bielefeld.de/dc2/pvc/pvc_v01.htm

http://lernarchiv.bildung.hessen.de/archiv/lehrplaene/gymnasium/chemie

http://www.apv.ethz.ch/download/5_Sem/Galenik/s_l_s_grenzflaechen.p
df

http://www.bayerindustry.de/medien/inter_de/downloads/pren_45545_2_
rauchdichte_toxiziaet_2004_09.pdf

http://www.theochem.uni-duisburg.de/DC/material/silicon/

http:// www.uni-essen.de/chemiedidaktik/S+WM/Tenside/TensidBsp.gif
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