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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
Europäische Wirtschafts- und
Währungsunion – Quo Vadis?
Wintersemester 2012 / 13
Kapitel 2 – Verschiedene Gründe für Außenhandel
Prof. Dr. Jochen Michaelis
WS 2012 / 13
EWWU – Quo vadis?
1
Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
Literatur: alle einschlägigen Lehrbücher
In diesem Kapitel soll gezeigt werden,
• dass bereits der reine Gütertausch die Wohlfahrt der Volkswirtschaften
verbessert
•
dass diese Vorteile durch eine Spezialisierung (Umschichtung der
Produktions-faktoren) ausgedehnt werden können,
•
dass durch Handel nicht nur bestehende Produktionsmöglichkeiten
besser ausgeschöpft werden können, sondern sich die
Produktionsmöglichkeiten selbst erhöhen
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
2.1 Reiner Tausch
Modellrahmen:
 zwei Länder: H und F
 zwei Güter: x1 , x2
 für beide Länder fixe Ausstattungen an beiden Gütern (endowment
economies)
 keine Transportkosten, vollkommener Wettbewerb
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
Abbildung 1: geschlossene Volkswirtschaft
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
Abbildung 2: Handelsvorteile in einer Ausstattungsökonomie, Land H
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
H
p 
• In Autarkie (Land H) sei das Preisverhältnis gegeben durch  1  , der
 p2  A
Ausstattungspunkt A ist auch der Konsumpunkt
• Auf dem Weltmarkt sei Gut x1 relativ teurer und damit Gut x2 relativ
H
 p1 
 p1 


 

billiger, m.a.W. auf dem Weltmarkt gilt 

 p2 W  p2  A





für Land H dreht sich die Budgetgerade im Ausstattungspunkt A, sie wird steiler
neuer optimaler Konsumpunkt ist B in Abb. 2
der Konsum des billiger gewordenen Gutes x2 ist gestiegen
der Konsum des teurer gewordenen Gutes x1 ist gesunken
Wohlfahrtsniveau ist gestiegen
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
Abbildung 3: Handelsvorteile in einer Ausstattungsökonomie, Land F
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
• In Land F möge die Situation umgekehrt sein, d.h. hier ist auf dem Weltmarkt Gut 1
F
 p1 
p 
   1 
 p2 W  p2  A
relativ günstiger im Vergleich zur Autarkiesituation, also 

 auch für Land F dreht sich die Budgetgerade im Ausstattungspunkt A, sie wird jedoch
flacher (vgl. Abb. 3)
 neuer optimaler Konsumpunkt ist B
 der Konsum des billiger gewordenen Gutes x1 ist gestiegen
 der Konsum des teurer gewordenen Gutes x2 ist gesunken
 Wohlfahrtsniveau ist gestiegen
Zentrales Ergebnis:
Durch Änderung des Preisverhältnisses bei Zulassung von Freihandel wird eine Änderung
der Konsumstruktur induziert, die wohlfahrtssteigernd wirkt.
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
Abbildung 4: Weltmarktgleichgewicht
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
• In Land H ist Gut 1 relativ billig (niedriger Autarkiepreis), in Land F relativ teuer,
H
F
p 
p 
es gilt  1    1 
p 
 
 2  A  p2  A
• Weil der Preis für Gut 1 in F höher ist als in H, wird H Gut 1 exportieren (Exportangebotsfunktion von Land H eine steigende Funktion von p1 / p2 )
• Weil Gut 1 in Land H billiger zu erwerben ist als in F, wird F eine Importnachfrage nach
Gut 1 entwickeln; je geringer der Relativpreis p1 / p2 , desto höher die
Importnachfrage
• Weltmarktgleichgewicht im Schnittpunkt beider Kurven gegeben, Gleichgewicht
determiniert Handelsmenge und den Relativpreis.
• Der Weltmarkt-Relativpreis liegt zwischen den beiden Autarkie-Relativpreisen, damit
sind durch eine Änderung der Konsumstruktur Tauschgewinne und Wohlfahrtssteigerungen möglich.
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
Anpassung der Produktionsstruktur
Anpassung der Produktionsstruktur anstelle von Ausstattungsökonomien
Abbildung 5: Außenhandelsgewinn bei Anpassung der Produktionsstruktur
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
Autarkie: Punkt A mit Relativpreis
nach Freihandel:
 Gut 1 auf dem Weltmarkt relativ teurer, Relativpreis steigt auf
 Punkt A als Ausstattungspunkt und Punkt C als Konsumpunkt
Produktionsanpassung:
 Gut 1 ist relativ teurer geworden, Land H schichtet seine Ressourcen um (weniger von
Gut 2 und mehr von Gut 1),
 neuer Produktionspunkt ist B
 neuer Konsumpunkt ist D
 EB wird exportiert, DE importiert
 Punkt D hat höheres Nutzenniveau als Punkt C = Handelsgewinn
Zentrales Ergebnis:
Umschichtung der Produktion zugunsten des relativ teurer gewordenen Gutes erhöht den
Handelsgewinn
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
2.2 Absolute und komparative Kostenunterschiede (D. Ricardo 1772 - 1823)
In diesem Abschnitt wird gezeigt,
 wie Handelsgewinne durch Spezialisierung (Produktionsanpassung)
entstehen
 welche Spezialisierungsmuster sich durch Freihandel ergeben, wenn sich die
Technologien der Volkswirtschaften unterscheiden
 von welchen Faktoren die Verteilung der Handelsgewinne abhängt
 wie sich die Reallöhne in den Volkswirtschaften durch Handel verändern
können
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2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
1Kapitel
/ ai
Absolute Kostenunterschiede
Beide Länder haben unterschiedliche Technologien
Faktor Arbeit intersektoral vollständig mobil, international vollständig immobil
Produktion sei gegeben durch:
F
F F
Land H: LiH  aiH xiH
Land F: Li  ai xi
Mit ai als Arbeitskoeffizienten und
Home (England)
Foreign (Portugal)
Wein
6
1
i  1,2
als Arbeitsproduktivität
Tuch
2
6
Zur Produktion einer Einheit Wein benötigt England 6 Arbeitskräfte, Portugal nur 1
Arbeitskraft. Für Tuch gilt analoges.
Für Wein gilt: 6  a H  a F  1 , d.h. Land H (F) hat absoluten Kostennachteil (-vorteil)
Für Tuch gilt: 2  a H  a F  6 , d.h. Land H (F) hat absoluten Kostenvorteil (-nachteil)
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
Durch die Aufnahme von Außenhandel entsteht ein Handelsgewinn:
England
Portugal
Welt
zusätzlicher Wein
-1
+18
+17
zusätzliches Tuch
+3
-3
0
Prinzip der absoluten Kostenvorteile:
 Produziere und exportiere das Gut, bei dem man absolute Kostenvorteile hat und
importiere das Gut, bei dem man einen absoluten Kostennachteil hat.
 Die Spezialisierung ermöglicht eine Mehrproduktion an Gütern = Handelsgewinn
 Der Handelsgewinn entsteht durch die Umverteilung der Ressourcen eines Landes hin
zur produktivsten Verwendung, d.h. zu dem Gut, bei dem man gegenüber dem
Ausland einen absoluten Kostenvorteil aufweist.
 Tendenz zur vollständigen Spezialisierung
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
Komparative Kostenunterschiede
Home (England)
Foreign (Portugal)
Wein
2
4
Tuch
1
6
England hat bei beiden Gütern einen absoluten Kostenvorteil. Ist es daher sinnvoll, dass
England beide Güter herstellt und auf Außenhandel verzichtet? NEIN!
England
Portugal
Welt
zusätzlicher Wein
-1
+3
+2
zusätzliches Tuch
+2
-2
0
Salopp formuliert:
 Der absolute Kostenvorteil Englands ist bei Tuch größer als bei Wein, folglich hat
England bei Tuch nicht nur einen absoluten, sondern auch komparativen Kostenvorteil
 Der absolute Kostennachteil Portugals ist bei Wein kleiner als bei Tuch, folglich hat
Portugal bei Wein zwar einen absoluten Kostennachteil, aber einen komparativen
Kostenvorteil!
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
Ein wenig exakter:
Nominaleinkommen in Sektor i und Land j = nominaler Produktionswert
w j Lij  pij xij
für den Preis von Gut i in Land j gilt somit:
für das Preisverhältnis in Land H bei Autarkie folgt:
Lij j
pi  j w  aij w j
xi
j
p1H a1H
 H
H
p2
a2
Das Autarkie-Preisverhältnis der Güter wird bestimmt durch das Verhältnis der
Arbeitskoeffizienten bzw. durch das Verhältnis der Arbeitsproduktivitäten
p1H a1H a1F p1F
 H  F  F
H
p2
a2
a2
p2
p1H a1H a1F p1F
 H  F  F
H
p2
a2
a2
p2
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Relativpreis von Gut 1 in Land H kleiner als in F, folglich hat H
komparativen Kostenvorteil bei Gut 1
H (F) hat komparativen Nachteil (Vorteil) bei Gut 1
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
obiges Beispiel:
Gut 1 = Wein; Gut 2 = Tuch
p1H a1H 2 4 a1F p1F
 H    F  F
H
1 6 a2
p2
a2
p2
Der Relativpreis von Wein ist in Home (England) größer als in Foreign (Portugal), also hat
England einen komparativen Nachteil bei Wein und einen komparativen Vorteil bei Tuch.
Entsprechend hat Portugal einen komparativen Nachteil (Vorteil) bei Tuch (Wein).
Prinzip des komparativen Kostenvorteils:
Produziere und exportiere das Gut, bei dem man einen komparativen Kostenvorteil hat und
importiere das Gut, bei dem man einen komparativen Nachteil hat.
Gründe für komparative Kostenunterschiede:
unterschiedliche Technologien, staatliche Infrastruktur, Bildungssystem, klimatische
Unterschiede, Rohstoffvorkommen, Kapitalausstattung, Arbeitsausstattung etc.
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
Die Verteilung von Handelsgewinnen: die Nachfrageseite
Abbildung 6: Güterangebot bei Autarkie
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
pW 4

Bei einem Relativpreis von
bietet kein Land Wein an, beide produzieren Tuch
pT 6
pW 4
 ist Portugal indifferent zwischen beiden Gütern;
Bei
pT 6
es sei angenommen, alle portugiesischen Arbeitskräfte werden für die Wein-Produktion
eingesetzt, horizontale Güterangebotsfunktion
für England analog, d.h. unterhalb des Relativpreises
pW 2
 kein Weinangebot, ab
pT 1
diesem Preis horizontale Angebotsfunktion bis zur Ressourcenbeschränkung
nationale Güterangebotskurven horizontal wegen konstanter Grenzkosten (konstante
Skalenerträge)
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
Abbildung 7: Weltmarkt
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
Durch horizontale Aggregation erhält man geknickte Güterangebotsfunktion
Weltnachfrage nach Wein ist an sich aus Nutzenmaximierungs-Kalkül der Haushalte
abzuleiten, der Einfachheit halber wird die Weinnachfrage als negative Funktion des
relativen Wein-Preises angenommen
Schnittpunkt von Weltnachfrage und Weltangebot determiniert den gleichgewichtigen
Relativpreis und die Art der Spezialisierung
1. Szenario:Schnittpunkt im vertikalen Bereich der Angebotsfunktion
 Portugal produziert nur Wein, England nur Tuch (vollständige Spezialisierung
beider Länder)
 Je größer die Differenz der Autarkie-Preisverhältnisse, desto größer dieser vertikale
Bereich, desto größer die Wahrscheinlichkeit dieses Szenarios
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
2. Szenario: Schnittpunkt liegt im ersten horizontalen Abschnitt der Angebotskurve
 Portugal produziert Wein und Tuch, England nur Tuch
 Weltmarkt-Relativpreis ist identisch mit Relativpreis in Portugal; Portugal profitiert
nicht von Freihandel, da Tauschverhältnis unverändert
 Handelsgewinn fällt einzig und allein England zu
3. Szenario: Schnittpunkt liegt im zweiten horizontalen Bereich der Angebotskurve
 Portugal produziert nur Wein, England produziert Wein und Tuch
 Weltmarkt-Relativpreis ist identisch mit Relativpreis in England; England profitiert
nicht von Freihandel, da Tauschverhältnis unverändert
 Handelsgewinn fällt ausschließlich Portugal zu
Zentrales Resultat:
Je größer die Differenz zwischen Autarkie-Relativpreis und Weltmarkt-Relativpreis, desto
größer der Handelsgewinn für eine Volkswirtschaft.
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
• Parameteränderungen
1. Tuchindustrie in England wird effizienter, der Arbeitskoeffizient sinkt von 1 auf 0,5
 rechter Teil der Angebotsfunktion verschiebt sich nach oben
 vertikaler Bereich nimmt zu
 Differenz zwischen englischem Autarkie-Preis und Weltmarktpreis steigt
 England realisiert höheren Handelsgewinn
2. Portugals Weinindustrie wird effizienter, Arbeitskoeffizient sinkt von 4 auf 3
-linker Teil der Angebotskurve verschiebt sich nach unten
-Portugals Handelsgewinn steigt (1. Teileffekt)
-Maximale Weinproduktion von Portugal steigt (Verlängerung der Angebotskurve)
-Weltmarkt-Relativpreis sinkt, Portugals Handelsgewinn sinkt (2. Teileffekt)
-Netto-Effekt auf Handelsgewinn von Portugal in der Regel positiv
3. Präferenzen der Haushalte werden „weinlastiger“
 Rechtsverschiebung der Weltnachfragekurve
 Weltmarkt-Relativpreis steigt (wenn Schnittpunkt im vertikalen Bereich)
 Portugal mit komparativen Vorteil bei Wein profitiert, höherer Handelsgewinn
 England realisiert geringeren Handelsgewinn
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
4. Portugal sei ein sehr kleines Land
 das dritte Szenario wird wahrscheinlicher
 Differenz zwischen Autarkie- und Weltmarktpreis für kleines Land i.d.R. größer als für
großes Land, da Weltmarktpreis vom großen Land maßgeblich mitbestimmt
 kleines Land profitiert tendenziell stärker vom Freihandel als großes Land
5. Zahl der Arbeitskräfte in Portugal nimmt zu
 Verlängerung des ersten Abschnitts der Angebotsfunktion
 Weltmarkt-Relativpreis sinkt
 Handelsgewinn von Portugal sinkt
 Englands Handelsgewinn steigt
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
• Handel und Löhne
Lit: Freeman; Richard (1995): Are Your Wages Set in Bejing?, Journal of Economic
Perspectives, 9: 15-32.
Populäre These:
durch Güterhandel (Konkurrenz mit Billiglohnländern) sinken in den
Industrieländer die Löhne, dies verschlechtert den Lebensstandard, Güterhandel
ist zu beschränken
Hochlohnländer: „Wie sollen wir Handel treiben können mit Ländern, die ein um
den Faktor 10 niedrigeres Lohnniveau haben? Handel wird für uns zum Jobkiller.
Wir brauchen die Hilfe der Regierung, am besten ein Importverbot aus
Niedriglohnländern.“
Niedriglohnländer: „Wie sollen wir Handel treiben können mit Ländern, die ein
um den Faktor 10 höheres Produktivitätsniveau haben? Handel wird zum
Jobkiller für uns werden. Wir brauchen die Hilfe der Regierung, und am besten
ein Importverbot aus den Ländern mit hoher Produktivität.“
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
Abbildung 8: Internationales Lohngefälle
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
Konsumentenreallohn in Land H:
H
 Konsumenten kaufen Gut 1 zum Preis P1H und Gut 2 zum Preis P2 ,
 die Ausgaben-Anteile seien  und 1  
 Preisindex für de
 n repräsentativen Warenkorb (Konsumentenpreisindex): PC , H  ( P1H ) ß  ( P2H )1 ß
Nominaleinkommen = nominaler Produktionswert:
-
H
W

C,H
P
 WH
-  C,H
P

 X1H
L1H
P1H

1
PC , H

 P1H

  H

 Autarkie  P2

P1H
( P1H ) ß  ( P2H )1 ß
1 ß





W H L1H  P1H  X1H
1  P1H
 H   H
a1
 P2
1 ß





1
a1H
1
a1H
ß
 WF 
 P2F 
1
  F   F
Konsumenten-Reallohn in Land F:  C , F 
P
 Autarkie  P1  a2
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
Verhältnis der Reallöhne bei Autarkie:
1 ß
W H / PC , H
W F / PC , F
 P1H 
1
 H  H
P 
a1

2 

ß
 P2F 
1
 F  F
P  a
 1 
2
Das Preisverhältnis in den Ländern ist durch das Verhältnis der
Arbeitskoeffizienten gegeben:
P1H a1H
für Land H: H  H
P2
a2
einsetzen:
H
C,H
W /P
W F / PC , F
F
F
P
a
für Land F: 1  1
P2F a2F
 a1F
  H
 a1




ß
 a2F
 H
a
 2
1 ß




zentrales Ergebnis:
Unterschiede in den Reallöhnen spiegeln Unterschiede in den
Arbeitsproduktivitäten
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
Handel mit „Billiglohnländern“ unproblematisch, sofern höherer Reallohn gerechtfertigt ist
durch höhere Produktivität
mit Freihandel:
aus Sicht von Land H steigt Relativpreis, aus Sicht von Land F sinkt Relativpreis, d.h. neuer
Weltmarkt-Relativpreis liegt zwischen beiden Autarkie-Relativpreisen
 P1F
 F
P
 2

 P1H 
 P1 
      H 



 A  P2 W  P2  A
für Land H:
 WH
 C,H
P

1 ß
 P1  


   

 Freihandel  P2 W 
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1  WH
 H   C , H
a1
P
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


 Autarkie
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
für Land F:
zentrales Ergebnis:
Beim Übergang von Autarkie zu Freihandel steigt in beiden Ländern der Reallohn.
 Arbeit ist der einzige Produktionsfaktor, der Reallohnanstieg ist Spiegelbild des
Handelsgewinns
 in H steigt Reallohn, da Gut 2 billiger in F eingekauft werden kann als in H
 in F steigt Reallohn, da Gut 1 in H billiger eingekauft werden kann als in F
Achtung: bisher keine Unterscheidung zwischen hoch- und niedrig qualifizierte Arbeit,
in diesem Fall müssen nicht alle Arbeiter profitieren (vgl. Kap. 2.3)
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
Kommt es durch Freihandel zu einer Angleichung der Reallöhne?
 Der Handelsgewinn zeigt sich in einem Anstieg des Reallohns, in beiden Ländern
 Handelsgewinn wird determiniert durch die Differenz zwischen AutarkieRelativpreis und Relativpreis auf dem Weltmarkt, je größer die Differenz, desto
größer der eigene Handelsgewinn
 Differenz zwischen Autarkie- und Weltmarktpreis für kleines Land i.d.R. größer
als für großes Land, da Weltmarktpreis vom großen Land maßgeblich
mitbestimmt
 kleines Land profitiert tendenziell stärker vom Freihandel als großes Land
 Konsequenz: Reallohnanstieg in kleinen Ländern größer als in großen Ländern,
d.h. Tendenz zur Angleichung der Reallöhne
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
Abbildung 9: Lohnniveaus im Zeitablauf
Vereinigte
Staaten
Südkorea
Taiwan
Hongkong
Singapur
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Entlohnung pro
Stunde, 1975
100
Entlohnung pro
Stunde, 2000
100
5
6
12
13
41
30
28
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
Erweiterungen des Ricardianischen 2x2-Modells
 mehrere Länder
 mehrere Güter (Dornbusch/Fischer/Samuelson 1977)
 nicht-handelbare Güter (Balassa-Samuelson)
 Zulassung von Kapital als Produktionsfaktor (Heckscher/Ohlin-Modell)
 Unterscheidung zwischen high-skilled labour und low-skilled labour
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
2.3 Skalenerträge und Produktdifferenzierung
Lit.: Krugman/Obstfeld/Melitz (2012), Kapitel 7-8, Baldwin und Wyplosz, Kap . 6
Gemäß Handelstheorie à la Ricardo sollten primär verschiedene Güter getauscht werden.
In diesem Kapitel wird gezeigt,
-
dass die Handelsströme gerade zwischen Industrieländern primär ein Handel mit sehr
ähnlichen Güter ist (Dominanz des intra-industriellen Handels)
-
dass der intra-industrielle Handel mit steigenden Skalenerträgen in Verbindung mit
Produktdifferenzierung erklärt werden kann,
-
dass durch die Kostendegression Wohlfahrtsgewinne des Handels entstehen,
-
dass durch Freihandel die Zahl der jeweils in einem Land tätigen Unternehmen und
produzierten Produktvarietäten zurückgeht,
-
dass die Konsumenten in beiden Ländern mehr Varietäten zu einem günstigeren Preis
erhalten können.
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
Messung der Bedeutung des intra-industriellen Handels
Ii  1 
Exporte  Im porte
Exporte  Im porte
Ricardo: ein Gut i entweder exportieren oder importieren, aber nicht beides:
Ii  0
wenn Exp. und Imp. eines Gutes gleich, dann starker intra-industrieller Handel: I i  1
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
Tabelle 8.2 aus Krugman/Obstfeld/Melitz S. 199, Indexes of Intra-Industry Trade for U.S.
Industries, 2009
Metalworking Machinery
Inorganic Chemicals
Power-Generating Machines
Medical and Pharmaceutical Products
Scientific Equipment
Organic Chemicals
Iron and Steel
Road Vehicles
Office Machines
Telecommunications Equipment
Furniture
Clothing and Apparel
Footwear
0.97
0.97
0.86
0.85
0.84
0.79
0.76
0.70
0.58
0.46
0.30
0.11
0.10
Bedeutung des intra-industriellen Handels bei Industriegütern bedeutsamer als bspw. bei
Möbel, Kleidung, Schuhe
Intra-industrieller Handel in seiner Bedeutung kontinuierlich im Zeitablauf gestiegen, er
umfasst heute gut 2/3 aller Handelsströme der Industrieländer.
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
Skalenerträge und Marktform
(zunehmende) Skalenerträge
= bei Verdoppelung der Inputfaktoren steigt Output um mehr als das Doppelte
= bei Verdoppelung des Outputs ist keine Verdoppelung des Inputs erforderlich
= Durchschnittskosten (Kosten pro Einheit Output) sinken mit zunehmendem Output
Externe Skalenerträge (Alfred Marshall)
- Spezialisierte Anbieter
- Labour Market Pooling
- Wissens-Spillover
Technologie:
Produktivität der Firma i ist eine positive Funktion des Outputs des Sektors (der gesamten
Volkswirtschaft):
xi  A( X )  K i  N i1
Interne Skalenerträge
- Fixkosten
- Spezialisierung
- Learning by doing
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
Technologie:
Produktivität der Firma i ist eine positive Funktion des eigenen Outputs:
xi  A( xi )  K i  N i1
Beispiel: xi  A  xi   K i  N i1
mit
 0
Umgeformt:
xi1  A  K i  N i1
xi  A1/(1 )  ( K i )

1
xi  B  ( K i )  ( N i )
)( N i )
1
1
mit
  1
Learning by doing (Lernkurve):
Produktivität ist eine positive Funktion des kumulativen Outputs
T 1
xiT  A(  xit )  K iT  N iT 1
t 1
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
Produktionsfunktion:
x  K N 
Kostenfunktion:
C  a  cx
Grenzkosten:
GK 
Durchschnittskosten:
C
a
DK   c 
x
x
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mit     1
C
c
x
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
Abbildung 11: Kostenverläufe bei Skalenerträgen
GK,
DK
DK
Pi
Verlust
GK
Menge
Xi
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
Achtung:
zunehmende Skalenerträge unvereinbar mit der Marktform vollständiger Konkurrenz!
Bei vollständiger Konkurrenz ist die Regel Preis = Grenzkosten optimal.
Angesichts von Skalenerträgen gilt jedoch Grenzkosten < Durchschnittskosten, d.h. ein
Preis in Höhe der Grenzkosten deckt nicht die Durchschnittskosten, die Unternehmen
machen Verluste
Skalenerträge sind Basis für monopolistische Marktstrukturen, im Grenzfall natürliches
Monopol
Effiziente Ressourcenallokation erfordert Subventionierung des Monopolisten!
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
Skalenerträge und Handelsgewinn
Modellrahmen:
- zwei Länder, zwei Güter, identische Technologien, identische Nachfragestrukturen
- die Technologie zur Herstellung von Automobilen hat abnehmende durchschnittliche
Arbeitskosten (= Skalenerträge)
Automobil-Technologie
Menge Arbeit
durchschnittl.
Arbeitskosten
1
4
4
2
5
2,5
3
6
2
4
7
1,75
5
8
1,6
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Weizen-Technologie
Menge Arbeit
durchschnittl.
Arbeitskosten
1
1
1
2
2
1
3
3
1
4
4
1
5
5
1
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
England und Portugal mögen über je 8 Arbeitskräfte verfügen, die sie gleichmäßig auf die
Produktion von Automobilen und Weizen verteilen.
England:
1 Automobil
4 Einheiten Weizen
Portugal:
1 Automobil
4 Einheiten Weizen
Welt:
2
8
Nach Aufnahme von Außenhandel vollständige Spezialisierung
Annahme: England spezialisiert sich auf Automobile, Portugal auf Weizen.
England:
Portugal:
Welt:
5 Automobile
0 Automobile
5
0 Einheiten Weizen
8 Einheiten Weizen
8
Handelsgewinn: 3 Automobile
- Entstehungsursache: nur ein Land muss die hohen Fixkosten aufbringen
- Tendenz zur vollständigen Spezialisierung, aber Handelsrichtung unbestimmt
Ursachen für Skalenerträge: Spezialisierung (Arbeitsteilung), learning by doing, Einsatz
von Spezialgeräten (Automation)
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
Industrien mit hohen Skalenerträgen: Flugzeugbau, Kfz, Chemische Industrie
Monopolistische Konkurrenz (Dixit/Stiglitz AER 1977)
Güter nicht homogen, es gibt sehr viele Produktvarianten (Bsp. Automobile).
Annahme: Konsumenten nicht nur an der reinen Konsummenge interessiert, sondern sie
schätzen auch eine Produktvielfalt (love for variety)

 1
Nutzenfunktion: U ( j )     x ( j )     1
i 1 i

n

-

Nutzenfunktion hat positiven und abnehmenden Grenznutzen
additiv-separabel in den Argumenten
je mehr Produktvarietäten n, desto höher der Nutzen
jede Varietät wird von genau einer Firma hergestellt, n = Zahl der Firmen
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
Konsumenten maximieren diese Nutzenfunktion unter der Nebenbedingung, dass Ausgaben
n
für Konsumgüterkäufe gleich sind dem exogenen Einkommen : E :  pi xi  E
i 1
Nachfragefunktion nach Gut i:
mit   1 als Preiselastizität der Güternachfrage und z const.
xi  z  ( pi ) 
Je größer die Zahl der Firmen (Produktvarietäten) n, desto homogener die Produkte
untereinander, desto größer die Preiselastizität der Güternachfrage:  (n)  0
Firma i maximiert den Gewinn unter der Nebenbedingung der Nachfrage nach Gut xi ,
Aktionsparameter ist der Preis pi
Gewinnfunktion:
 i  pi xi  a  cxi
Nebenbedingung:
xi  z  ( pi ) 
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
Einsetzen:  i  pi  z  ( pi )   a  cz  ( pi ) 
Bedingung erster Ordnung für Gewinnmaximum:
d i
 (1   ) z  ( pi )   cz  ( )( pi )  1  0
dpi
gewinnmaximaler Preis:
pi 

 1
c
- Preis = mark-up auf die Grenzkosten
- Preisaufschlag sinkt mit der Preiselastizität der Güternachfrage 
- Spezialfall: vollständige Konkurrenz mit    und folglich pi  c
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
Abbildung 12: Marktgleichgewicht bei monopolistischer Konkurrenz
P
DK
DK0
DK1
A
B
P
Zahl der Firmen n
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
Je höher die Zahl der Varietäten (Firmen), desto kleiner der Output der einzelnen Firma,
desto höher die Durchschnittskosten (DK eine steigende Funktion in n)
Je höher die Zahl der Varietäten, desto größer die Preiselastizität der Güternachfrage,
desto kleiner der mark-up auf die Grenzkosten, desto kleiner der Preis (Preis ist eine
negative Funktion von n)
Monopolistische Konkurrenz und Güterhandel
Durch Güterhandel erweitert sich für jede einzelne Firma das Marktvolumen
Der Output jeder einzelnen Firma steigt, die Durchschnittskosten sinken, Verschiebung der
DK-Kurve nach unten
Beim alten Gleichgewicht gilt jetzt Preis größer DK, d.h. es gibt Gewinne
Neue Firmen treten in den Markt, die Preiselastizität der Güternachfrage steigt, der Preis
beginnt zu sinken. Neues Gleichgewicht bei niedrigerem Preis und höherer Produktvielfalt
(höheres n).
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
Konsumenten gewinnen zweifach: Preise sinken, mehr Produktvarietäten erhältlich
Broda und Weinstein (QJE 2006):
von 1972 bis 2001 Verdreifachung der Produktvielfalt durch Importe!!
Wohlfahrtsteigerung durch zunehmende Produktvielfalt ca. 2,6% des US-BIPs.
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
2.4 Handel und Einkommensverteilung: Sektorspezifische fakten
Lit: Caves/Frankel/Jones, Kap. 6
Krugman/Obstfeld/Melitz, Kap.4
Erweiterung des Ricardianischen Modells um weitere Produktionsfaktoren, dies
ermöglicht die Diskussion von Fragen der Einkommensverteilung
Modellrahmen
- Arbeit intersektoral mobil
- Kapital (Boden) in einem Sektor gebunden, kann nicht „wandern“
- vollständige Konkurrenz auf Güter- und Faktormärkten
Es soll gezeigt werden,
dass sich durch Handel die relative Verteilungsposition der Faktoren verändert
dass die Verteilungsposition des mobilen Faktors weniger stark betroffen ist als diejenige
der immobilen, sektorspezifischen Faktoren
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
;
;
; Modell:
;
(1)
x1  f ( L1, K1 )
mit ; ; f L , f K  0
f LL , f KK  0
f LK  f KL  0
(2)
x2  g ( L2 , K 2 )
mit ; ; g L , g K  0 g LL , g KK  0
g LK  g KL  0
(3)
K1  K1
(4)
K2  K2
(5)
L1  L2  L
Autarkiegleichgewicht:
Unternehmen agieren als Gewinnmaximierer, d.h. sie fragen den mobilen Faktor Arbeit
nach bis zu dem Punkt, an dem das Wertgrenzprodukt dieses Faktors dessen Entlohnung (=
Nominallohn) entspricht
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pKapitel
2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
1
Gewinnfunktion des Sektors 1:
(6) 1  p1x1  wL1  r1K1
mit
w = Nominallohn und
r1 = Kosten für eine Einheit K1
Gewinnmaximierung über die Wahl der optimalen Beschäftigung :
(7)
1
f
 p1 
w0
L1
L1
p1 

f
w
L1
Gleichung (7) bezeichnet die Grenzproduktivitätsentlohnung des Faktors Arbeit
Das gleiche Kalkül im Sektor 2 führt zu:
(8) p2 
g
w
L2
Die Gleichungen (7), (8) und (5) bilden ein System von drei Gleichungen mit den drei
Unbekannten w, L1 , L2 . Exogen sind die Preise p1 und p2 und die Gesamtmenge an
Arbeit L .
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
Abb. 14: Intersektorale Allokation von Arbeit
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
Eigentümer der sektorspezifischen Faktoren K1 und K 2 erhalten die Differenz von
Erlösen und Arbeitskosten als Residualeinkommen.
Freihandelsgleichgewicht in einer kleinen offenen Volkswirtschaft
Annahmen:
Preis p1 des Gutes 1 steigt durch Übergang zum Außenhandel
Preis p2 bleibt unverändert (numéraire)
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
Abb. 15: Sektorale Reallokation von Arbeit durch Außenhandel
w
f
P10 
L1
P2 
P1
g
L2
w
B
w
A
P11 
f
L1
L20
01L1
2
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
Verschiebung der Wertgrenzproduktkurve des Sektors 1 im Ausmaß der Preiserhöhung
nach oben
Bei der alten Allokation ist Wertgrenzprodukt in Sektor 1 jetzt größer als in Sektor 2
Sektor 1 fragt zusätzliche Arbeitskräfte nach und zahlt einen höheren Nominallohn
Neues Gleichgewicht in Punkt B
Nominallohn w ist gestiegen
Preiserhöhung von p1 ist größer als die Nominallohnerhöhung
Sektor 1 dehnt Beschäftigung aus, Sektor 2 reduziert die Beschäftigung
Reallokation der Arbeit zugunsten des Sektors, dessen Preis durch den Außenhandel
relativ gestiegen ist
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
Verteilungseffekte:
Gewinner: Eigentümer von K1
 durch Außenhandel steigt der Preis des Gutes, zu dessen Produktion der Faktor
benötigt wird
 Preisanstieg für p1 ist größer als der Lohnanstieg
 Produktion und Erlöse in Sektor 1 steigen
 Anstieg der Erlöse ist größer als der Anstieg der Lohnkosten, Residualeinkommen steigt
Verlierer: Eigentümer von K 2
 Preis p2 (annahmegemäß) konstant
 Nominallohn steigt
 Produktion und Erlöse sinken
 Residualeinkommen sinkt
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
„neutral“: Bezieher von Arbeitseinkommen
 Nominallohn w steigt
 p1 - Anstieg größer als w-Anstieg, Reallohn in Kategorien des Gutes 1 sinkt:
w

p1
w

 Preis p2 bleibt konstant, d.h. Reallohn in Kategorien des Guts 2 steigt :
p2
 für die Wirkung auf den Konsumentenreallohn
w
c

1
c mit p  ( p1 ) ( p2 )
p
kommt es auf die Gewichtung  der beiden Güter im Warenkorb an
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Kapitel 2- Verschiedene Gründe für Außenhandel
zentrales Resultat:
Im Modell mit spezifischen Produktionsfaktoren gewinnt derjenige Faktor durch den
Übergang zu Freihandel, der fest in dem Sektor verankert ist, dessen Output international
relativ teurer wird.
Es verliert derjenige Faktor, der fest in dem Sektor mit einem komparativen Nachteil
gebunden ist.
Die Wirkung auf die Verteilungsposition des mobilen Faktors ist vom Vorzeichen her
unbestimmt.
Übergang zum Außenhandel ist keine Pareto-Verbesserung, aber es ist ein PositivsummenSpiel!
Alternative Spezifikation der Faktoren:
Kapital mobil, Arbeit ist sektorspezifisch
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