Prof. Dr. H. Grossekettler, Sommersemester 2003 „Musterlösung

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Prof. Dr. H. Grossekettler, Sommersemester 2003
„Musterlösung“
Abschlussklausur zur Vorlesung
WETTBEWERBSPOLITIK
Aufgabe 1: Preisdifferenzierung
(1a) Was versteht man unter einer Preisdifferenzierung ersten Grades? (1 Punkt)
vollständige Preisdifferenzierung,
d.h. jeder Nachfrager muß seinen Reservationspreis zahlen;
maximale Zahlungsbereitschaft jedes einzelnen Nachfragers
wird abgeschöpft
(1b) Erläutern Sie mittels einer geeigneten Grafik, welchen zusätzliche Gewinn ein Monopolist
erzielen kann, wenn er von der Cournot-Preisbildung zur Preisdifferenzierung ersten Grades
übergeht. (5 Punkte)
vgl. Chart 5
Gewinn bei Cournot-Lösung:
BFDC
zusätzlicher Gewinn bei vollständiger Preisdifferenzierung
(d.h. wenn die Fläche unter
der Nachfragekurve dem Erlös
entspricht und die Menge xP
abgesetzt wird):
graue Fläche (ABF und CDE)
(auf Symbolerläuterung achten)
(1c) Was versteht man unter einer Preisdifferenzierung zweiten Grades? (1 Punkt)
Staffelung des Preises nach der abgenommenen Menge
(1d) Welche negativen Auswirkungen kann die Preisdifferenzierung zweiten Grades haben?
(2 Punkte)
kann Konzentration auf der Abnehmerseite fördern;
z.B. haben kleine Händler einen nicht-leistungsbedingten
Kostennachteil gegenüber großen Handelsunternehmen, wenn
diese im Einkauf unabhängig von tatsächlichen Distributionskosten) Mengenrabatte erhalten
[auch: Aufteilung in homogene Teilgruppen in Anlehnung an das
Buch von Wied-Nebbeling]
Aufgabe 2: Marktzutrittsschranken und Bestreitbarkeit von Märkten
(2a) Vervollständigen Sie bitte diese Tabelle, indem Sie für jeden der sechs Typen von Marktzutrittsschranken ein konkretes Beispiel nennen (je 1 Punkt)
vgl. Chart 8.2a
(Auf Abgrenzung zu Marktaustrittsschranken
achten: Auch wenn der erschwerte Marktaustritt mittelbar auf
die Eintrittsentscheidung wirkt, ist an dieser Stelle nach
den unmittelbar den Eintritt hemmenden Faktoren gefragt)
(2b) Welche der folgenden Aussagen zur Theorie der bestreitbaren Märkte sind richtig? (0,5 Punkte für jede richtige Antwort)
i.
falsch
ii. richtig
iii. richtig
iv. falsch
v.
falsch
vi. falsch
Aufgabe 3: Vertikale Marktmacht
(3a) Erläutern Sie knapp an einem sinnvollen Beispiel, warum die Gründung einer Genossenschaft als Maßnahme der Monopolbekämpfung angesehen werden kann. (3 Punkte)
Auf einem abgeschotteten Regionalmarkt sehen sich beispielsweise Landwirte dem Angebotsmonopol eines Saatguthändlers gegenüber.
Genossenschaftsgründung bedeutet hier den gemeinsamen Betrieb
eines Saatguthandels durch einen Verein der Landwirte zur Umgehung des Monopolisten.
Saatgut wird von dem neuen Gemeinschaftsunternehmen entweder
selbst produziert oder auf wettbewerblichen überregionalen
Märkten eingekauft und (wegen der Kontrolle der Genossen über
ihr eigenes Handelsunternehmen) ohne Monopolaufschlag an die
Genossenschaftsmitglieder weiterverkauft.
(3b) Gegeben sei eine Monopolkette mit Hersteller und Händler. Würden Sie aus volkswirtschaftlicher Sicht den Aufkauf des Händlers durch den Hersteller begrüßen oder nicht? Warum? (2
Punkte)
Durch den Aufkauf entfällt der Monopolaufschlag des Händlers
(doppelte Marginalisierung), aber der integrierte HerstellerHändler würde immer noch einen Monopolaufschlag auf alle Kosten der Wertschöpfungskette erheben.
Zwar sinkt dadurch der Verkaufspreis und die umgesetzte Menge
steigt (=Wohlfahrtsgewinn), doch handelt es sich immer noch
um eine second best-Lösung!
Insofern ist die Integration nur eingeschränkt zu begrüßen.
Zu verweisen ist auch noch auf die mögliche Veränderung der
Kostenfunktionen durch die Integration (genau erläutern!),
welche einen zusätzlichen Wohlfahrtsgewinn darstellen kann.
(3c) Volkswirte unterscheiden zwei Grundmuster für vertikale Bindungen. Bitte nennen Sie diese
beiden und geben Sie jeweils zwei Beispiele an. (5 Punkte)
vgl. Chart 11
Inhaltsbindung
Abschlussbindung
Ö Preisbindung
Ö Kopplungsverträge
Ö Kalkulationsbildung
Ö Ausschließlichkeitsbindung
[1 Punkt für die beiden Typen in der ersten Zeile zusammen
und für jedes Beispiel 1 Punkt;
Aufgabe 4: Erlangung und Messung von Marktmacht
(4a) Erläutern Sie kurz die beiden Formen der horizontalen Konzentration, die zur Erlangung von
Marktmacht führen. (2 Punkte)
aktive Konzentration:
Marktanteil eines Unternehmens steigt
durch den Aufkauf von bzw. die Fusion
mit anderen Unternehmen.
passive Konzentration:
Marktanteil eines Unternehmens steigt
durch überdurchschnittliches internes
Unternehmenswachstum (idR leistungsbedingt).
(4b) Wie ist das wettbewerbspolitische Machtmaß „Herfindahl-Index H“ definiert? (2 Punkte)
Herfindahl-Index H =
Summe der quadrierten Marktanteile
aller Unternehmen eines Marktes
[zu beachten:
Ö Abzüge, wenn nur Formel ohne exakte Symbolbezeichnung
(4c) Welche anschauliche Überlegung führt zur Festsetzung des Schwellenwerts H≤0,1 als Indikator für gefährliche Marktmacht? (2 Punkte)
Durch die Berechnung des Gleichverteilungsäquivalents n*= 1/H*
(entspräche für das gegebene H der Anzahl von Unternehmen im
Markt unter der kontrafaktischen Annahme, alle hätten gleichgroße Marktanteile) lässt sich zeigen, dass bei H=0,1 genau
zehn Unternehmen im Markt sind. Das markiert die als wettbewerbsgefährdend eingestufte Marktform des engen Oligopols.
Ein enges Oligopol ist anzunehmen für 0,1 ≥ H* < 0,5; H*=0,5
entspräche dem Duopol und H*=1 dem Monopol.
Aufgabe 5: Kartelle
(5a) Warum kann eine reine Preisführerschaft nicht als Kartell verfolgt werden? (1 Punkt)
Es fehlt die vertragliche Vereinbarung bzw. Absprache der
Beteiligten über die Preisgestaltung. Preisführerschaft kann
sich auch als Ergebnis von z.B. gemeinsamen Kosteneinflüssen
ergeben.
(5b) Welche Problem bedroht die Stabilität von reinen Preiskartellen? (2 Punkte)
Jedes Kartellmitglied bleibt bei konstantem Kartellpreis unter seiner individuell (und nur bei Aufrechterhaltung dieses
Preises) gewinnmaximalen Absatzmenge. Es besteht ein Anreiz,
die Produktion auszuweiten, um zu dem höheren Preis mehr abzusetzen. Wenn dies einige/viele tun, funktioniert aber die
Mengenverknappung durch das Kartell nicht mehr, der Preis
sinkt und das Kartell bricht auseinander.
(5c) Welche Maßnahme kann die Stabilität eines Preiskartells wiederherstellen? (1 Punkt)
Vorgabe und Überwachung von Produktionsmengen/quoten
[Hinweis: Kampfmaßnahmen (Sanktionen und Limitpreis) ok, wenn
bei der Antwort nicht zu sehr die fehlende rechtliche Durchsetzbarkeit des Kartellvertrags vergessen wurde.]
(5d) Was versteht man unter einem Submissionskartell? (1 Punkt)
Absprachen über Preise und Leistungen zwischen den Beteiligten an einem Ausschreibungsverfahren
(5e) Müssen Unternehmen Submissionskartelle anmelden oder sind diese per se erlaubt? (1 Punkt)
Weder, noch. Submissionskartelle sind immer verboten.
(5f) Welche Indizien beim Markträumungsprozeß begründen im KMD-Konzept einen Kartellverdacht?
bei der Stellgröße
über längere Zeiträume konstante
Nominalpreise,
dann sprunghafte Änderungen
bei der Regelgröße
tendenziell unterausgelastete Kapazitäten, da Reservekapazitäten für den
Zerfall des Kartells oder für Quotenkämpfe zu halten sind
Aufgabe 6: Wettbewerbspolitische Schulen
Lückentext:
(6a1) Zustands-
(6f1) effizient
(6a2) Koordinations-
(6f2) Ressourcenmonopole
(6b1) Eucken, Böhm, Erhard
(6f3) Preisabsprachen
(6b2) vollständigen Konkurrenz (6g1) Kirzner, Armentano
(6c1) dynamischen
(6g2) den Staat
(6c2) des weiten Oligopols mit (6h1) Differenzmenge (oder
mäßiger Produktdifferenzierung Erläuterung)
(6d1) bestreitet
(6h2) Preisindex
(6d2) per se-Verboten
(6h1) die Differenzmenge sich
nach Störungen immer wieder
ihrem Sollwert Null annähert
(6e) Marktstruktur-, verhalten (6h2) Vorbildmärkten
und -ergebnis
Aufgabe 7: Das deutsche Kartellrecht
(7a) Was versteht man unter einem Strukturkrisenkartell? (1 Punkt)
Absprache zwischen den Unternehmen einer Branche über den Abbau von Produktionskapazitäten als Reaktion auf einen dauerhaften Nachfragerückgang und zur Lösung des Problems der falschen Reihenfolge des Marktaustritts
(7b) Wann spricht das GWB von Marktbeherrschung? (2 Punkte)
Nennen Sie zwei der besonderen Verbote, die für marktbeherrschende Unternehmen gelten.
(2 Punkte)
vgl. Chart 36
Marktanteilsvermutungen:
CR1>1/3, CR3>1/2, CR5>2/3; jeweils 0,5 Punkte (wenn komplett
dann auch 2 Punkte, da meist nicht der Rest der Definition
(Finanzkraft etc.) genannt wurde);
besondere Verbote: je 1 Punkt für eines der vier Verbote
Antwort
2. Teil
Antwort
1. Teil
(7c) Welche grundsätzlichen Regelungen sieht das GWB für Preisbindungen und andere vertikale
Wettbewerbsbeschränkungen vor? (2 Punkte)
Preisbindungen sind immer verboten (Ausnahme: Verlagserzeugnisse)
alle anderen Bindungen sind grundsätzlich erlaubt, unterliegen aber der Mißbrauchsaufsicht
(7d) Wann kann ein Unternehmenszusammenschluss legalisiert werden, obwohl ihn das Kartellamt untersagt hat? (1 Punkt)
durch Erlaubnis des Bundeswirtschaftsministers – aber nur,
wenn die gesamtwirtschaftlichen Vorteile des Zusammenschlusses die Nachteile für den Wettbewerb überwiegen
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