! MATERIALIEN ZUR INSZENIERUNG ! DER GEBURTSTAG DER INFANTIN nach Oscar Wilde mit der Musik von Franz Schreker ! Der Hofstaat der Infantin: Kathrin Blüchert Kristine Stahl Heinrich Bennke Regie und Bühne Kostüme Puppen Christian Georg Fuchs Norbert Ballhaus Christian Werdin ! ! DIE HANDLUNG Die einzige Tochter des spanischen Königs (Infantin) feiert ihren zwölften Geburtstag. Der Hofstaat ist bestrebt, ihr alle Wünsche zu erfüllen und der kleinen Herrscherin alles von den Augen abzulesen. Ein Geschenk unter den anderen ist ein Zwerg, der im Wald gefunden wurde. Er tanzt für die Infantin, sie tanzt für ihn. Der Zwerg verliebt sich in die strahlende Erscheinung der Prinzessin. Als er kurz darauf das erste Mal in seinem Leben vor einem Spiegel steht, muss er erkennen, dass er so hässlich ist, dass er für die verehrte Frau nur ein Monster, sein kann. Der Schmerz darüber tötet ihn. Für die verwöhnte Infantin ist er nur ein kaputtes Spielzeug. ! DER AUTOR Oscar Wilde wurde am 16. Oktober1854 in Dublin geboren. Der bekannte Dandy und Verfasser von Erzählungen und Theaterstücken wie „Das Bildnis des Dorian Gray“ und „Salome“, veröffentlichte 1891 die für seine Söhne geschriebene Märchensammlung „Das Granatapfelhaus“. Darin enthalten ist „Der Geburtstag der Infantin“. Zu diesem Kunstmärchen ließ sich Wilde von dem berühmten Gemälde „Las Meninas“ („Die Hoffräulein“) des spanischen Barock-Malers Diego Velázques inspirieren. Oscar Wildes – für die damalige Zeit – offener Umgang mit seiner Homosexualität brachte ihm 1895 die Verurteilung zu zwei Jahren Kerker mit schwerer Zwangsarbeit wegen „Unzucht“ ein. Er starb am 30. November1900 in Paris. Der Geburtstag der Infantin - Materialien zur Inszenierung - Seite 2 ! !DAS GEMÄLDE „Las Meninas“ („Die Hoffräulein“) heißt ein Gemälde des spanischen Malers Diego Velázquez (1599-1660). Das 2,76 Meter × 3,18 Meter große Gemälde entstand im Jahr 1656 und befindet sich heute im Museo del Prado in Madrid. Es zeigt einen großen Raum des Alcázar von Madrid, der Hauptresidenz von König Philipp IV. von Spanien. Zu sehen sind mehrere Personen des spanischen Hofes. Im Mittelpunkt befindet sich die fünfjährige Königstochter Margarita umgeben von Hoffräulein, einem Wächter, zwei so genannten Hofzwergen und einem Hund. Links von ihnen steht Velázquez, der gerade an einer großen Leinwand arbeitet und seinen Blick zum Betrachter richtet. Ein Spiegel hängt im Hintergrund und reflektiert die Oberkörper von König und Königin. Wegen seines kunstvollen Aufbaus und der darin enthaltenen Rätsel und Verweise gehört „Las Meninas“ zu den meistdiskutierten Gemälden der Kunstgeschichte. Der Geburtstag der Infantin - Materialien zur Inszenierung - Seite 3 ! DIE INFANTIN Das historische Vorbild für die Infantin in Wildes Erzählung ist Margarita Theresa (* 12. Juli 1651 in Madrid; † 12. März 1673 in Wien). Sie war Infantin von Spanien und wurde im Alter von 15 Jahren mit Leopold I., dem römischdeutschen Kaiser verheiratet. Leopold war ihr Onkel und zugleich Cousin. Sie nannte ihn in der Ehezeit „Onkel“ und er sprach sie „Gretl“ an. Zwar hatte Margarita nicht so sehr unter den Folgen der Inzucht zwischen den spanischen und österreichischen Habsburgern zu leiden, wie ihr Bruder König Karl II. von Spanien. Sie war aber seit ihrer Jugend sehr zart und litt unter Struma, einer Krankheit der Schilddrüse. Als deutsche Kaiserin drängte sie ihren Gatten mit Erfolg zur Vertreibung der Juden aus Wien, denen sie die Schuld an ihren zahlreichen Fehlgeburten gab. Von ihren sechs Kindern überlebten nur zwei. Sie selbst starb mit 21 Jahren im Kindbett. ! DER ZWERG In den vergangenen Jahrhunderten war es für Herrscher üblich, sich mit Hofzwergen zu umgeben. Sie folgten damit einem allgemeinen Interesse an skurrilen Erscheinungen. Zumeist fasste man es als Ausdruck von Reichtum auf, wenn ein Herrscher sich erlauben konnte, Menschen wie Sammelobjekte um sich zu scharen. Die Zwerge auf dem Gemälde „Las Meninas“ sind namentlich bekannt: es sind die aus Deutschland stammende Maria Bárbola und der Italiener Nicolasito Pertusato, der spielerisch versucht, mit seinem Fuß den schlafenden Hund aufzuwecken. ! Das nebenstehende Portrait des Hofzwerges Sebastián de Morra fertigte Diego Velásquez 1645 an. Der Geburtstag der Infantin - Materialien zur Inszenierung - Seite 4 ! ! DIE MUSIK oben: „Der Kuss“(1908) von Gustav Klimt ! links: Franz Schreker ! unten: Grete Wiesenthal Der Geburtstag der Infantin - Materialien zur Inszenierung - Seite 5 Wildes Erzählung „Der Geburtstag der Infantin“ bildet die Vorlage zu der gleichnamigen Tanzpantomime, die der Wiener Komponist Franz Schreker (1887-1934) für Kammerorchester komponierte. Die Anregung dazu kam von dem Maler Gustav Klimt (1862-1918), einem der bekanntesten Vertreter des Wiener Jugendstils, auch Wiener Secession genannt. Für seine Kunstschau im Jahr 1908 plante er die Uraufführung. Getanzt wurde das Werk von den Schwestern Grete und Elsa Wiesenthal die aus dem Ballettkorps der Wiener Hofoper ausgeschieden waren, um sich ganz der neuen Disziplin des „Ausdruckstanzes“ zu widmen. Für Franz Schreker war „Der Geburtstag der Infantin“ der Durchbruch und ermöglichte ihm, wenige Jahre später seine erste Oper „Der ferne Klang“ in Frankfurt am Main auf die Bühne zu bringen. Mit seiner Klangwelt zwischen glanzvollem Jugendstil und düster eruptivem Expressionismus steht das Werk an einem entscheidenden Wendepunkt im Wiener Kulturleben des frühen zwanzigsten Jahrhunderts. Von dieser Aufführung sehr berührt, schuf wiederum der Komponist Alexander von Zemlinsky (1871-1942) seine Oper „Der Zwerg“, die 1922 in Köln uraufgeführt wurde. Für die Nationalsozialisten war Franz Schreker ein Vertreter der „Entarteten Musik“, sie verboten die Aufführung seiner Werke. Schreker verwand die Demütigungen nicht und starb kurz nach der Regierungsübernahme der NSDAP an einem Herzschlag. Redaktion und Texte: Christian Fuchs, Dramaturgie Theater Waidspeicher Domplatz 12, 99084 Erfurt Bilder: Lutz Edelhoff (1,2) Wikipedia (übrige)