Biofocus - BIOspektrum

Werbung
Biofocus
39
B I O S P E K T R U M • 1. 0 1 • 7. J A H R G A N G
Habilitierte stellen sich vor
Redox-getriebene Protonentranslokation
in methanogenen Archaea
Uwe Deppenmeier, Institut für Mikrobiologie und Genetik, Universität Göttingen
쑺 Extrem sauerstoffempfindliche, Methan-produzierende Organismen werden in
der Gruppe der methanogenen Archaea zusammengefasst. Sie spielen eine wichtige
Rolle in der anaeroben Nahrungskette an
sulfatarmen Standorten, da sie Endproduk-
te aus Gärungsvorgängen zur Methanogenese verwenden und die gasförmigen Produkte (CH4 und CO2) dem Kohlenstoffkreislauf
zuführen. Die methylotrophen Vertreter dieser Gruppe wie etwa Methanosarcina mazei
können Methanol, Methylamine, Acetat
Abb. 1: Darstellung der anaeroben Atmungskette aus Methanosarcina mazei.
FeS, Eisen-Schwefel-Zentren; MPhen, Methanophenazin, HS-CoM, Coenzym M, HS-CoB, Coenzym B
Biofocus
40
B I O S P E K T R U M • 1. 0 1 • 7. J A H R G A N G
oder H2/CO2 umsetzen. Nicht nur wegen der
ökologischen Relevanz und der Bedeutung
des Methans als Treibhaus- und Biogas haben die methanogenen Archaea ein großes
mikrobiologisches Interesse gefunden, sondern auch auf Grund ihrer ungewöhnlichen
Cofaktoren, Enzyme und Katalysemechanismen [1]. An dieser Stelle seien nur die Verbindungen Coenzym M und Coenzym B
erwähnt, die als Überträger von C1-Verbindungen beziehungsweise als Elektronendonatoren im Zuge der Methanogenese dienen. Der zentrale Elektronenüberträger im
Cytoplasma ist das Coenzym F420, das eine
ähnliche Funktion wie NAD+ in Bakterien
und Eukaryoten einnimmt.
Die Prozesse der Methanbildung [1, 2]
sind sehr komplex und können an dieser
Stelle nicht im Detail beschrieben werden.
Hervorzuheben ist jedoch, dass alle Stoffwechselwege zur Synthese eines gemischten Disulfids aus Coenzym M und Coenzym
B führen, das als Heterodisulfid (CoM-S-SCoB) bezeichnet wird. Es fungiert als Elektronenakzeptor von verschiedenen membrangebundenen Elektronentransport-Systemen. Als Elektronendonatoren können
H2, reduziertes F420 (F420H2) oder reduziertes Ferredoxin genutzt werden. Die anaeroben Atmungsketten [2], die an der Umsetzung der Substrate beteiligt sind, werden im
Folgenden näher beschrieben:
Reduziertes F420 wird über ein neuartiges membrangebundenes Enzym, das als
F420H2-Dehydrogenase bezeichnet wurde,
reoxidiert. Die Reduktionsäquivalente werden von der Heterodisulfid-Reduktase zur
reduktiven Spaltung des Heterodisulfids
verwendet (Abb. 1). Dieses System ist von
essentieller Bedeutung beim Wachstum auf
Methanol und Methylaminen.
F420H2 + CoM-S-S-CoB 씮
HS-CoM + HS-CoB + F420
(∆G0'= -30,9 kJ/mol)
In Anwesenheit von H2 (Wachstum auf
H2 + CO2) dient eine membrangebundene
Hydrogenase zur Bereitstellung von Reduktionsäquivalenten, die ebenfalls auf die Heterodisulfid-Reduktase übertragen werden
(Abb. 1).
H2 + CoM-S-S-CoB 씮
HS-CoM + HS-CoB
(∆G0' = -40 kJ/mol)
Der Transfer von Elektronen zwischen
der Hydrogenase beziehungsweise F420H2Dehydrogenase und der Heterodisulfid-Reduktase wird von dem in meiner Arbeitsgruppe entdeckten Cofaktor Methanophenazin katalysiert [3]. Hierbei handelt es
sich um ein 2-Hydroxyphenazin-Derivat, das
über eine Etherbindung mit einer Pentaisoprenoid-Einheit verknüpft ist. Kürzlich gelang uns die chemische Synthese dieses ungewöhnlichen Elektronenüberträgers [4]. Es
zeigte sich, dass der Cofaktor die Funktion
von Chinonen übernimmt, die in methanogenen Archaea nicht vorkommen.
Die Redox-Reaktionen in der Membran
von Methanosarcina mazei sind mit Protonentranslokationen über die Cytoplasmamembran verbunden [5, 6]. Dabei ist die Reduktion des Methanophanzins durch die
membrangebundene Hydrogenase beziehungsweise durch die Dehydrogenase als
auch die Oxidation des reduzierten Cofaktors durch die Heterodisulfid-Reduktase
mit einem Transfer von zwei Protonen gekoppelt (Abb.1). Der entstehende elektrochemische Protonengradient wird von einer
A1Ao-ATP Synthase zur Bildung von ATP
genutzt [2].
Interessanterweise zeigen die initialen
Enzyme der Elektronentransportketten von
Methanosarcina mazei große Ähnlichkeiten zu
Atmungskomponenten von Bakterien. So ist
die membrangebundene Hydrogenase homolog zu Hydrogenasen zahlreicher Gramnegativer Bakterien [2, 6]. Die Organismen
enthalten ein b-Typ-Cytochrom, das mit
dem Kern-Enzym, bestehend aus der großen und kleinen Untereinheit, verbunden
ist. Das aktive NiFe-Zentrum zur H2-Oxidation befindet sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auf der Außenseite der Membran,
so dass es im Zuge der H2-abhängigen Methanophenazin-Reduktion zur Freisetzung
von zwei skalaren Protonen kommt. Überraschend war auch die Erkenntnis, dass die
F420H2-Dehydrogenase ähnlich aufgebaut ist
wie die protonentranslozierende NADHDehydrogenase (Komplex 1 der Atmungskette) aus E. coli [7]. Das methanogene Enzym setzt sich wie das bakterielle Gegenstück aus drei Subkomplexen zusammen
und enthält FAD und verschiedene EisenSchwefel-Zentren [5]. FpoF stellt das InputModul dar und ist für die Oxidation von
F420H2 verantwortlich (Abb. 1). Das membranassoziierte Modul (FpoB, C, D und I)
und der membranintegrale Subkomplex
(FpoA, H, J, K, L, M, und N) sind völlig
homolog zu dem entsprechenden Modulen
von bakteriellen NADH-Dehydrogenasen.
Die Elektronen aus der F420H2-Oxidation
werden vermutlich auf Methanophenazin
übertragen (Abb. 1). Der Mechanismus der
Protonentranslokation ist bisher unbekannt.
Die detaillierte Untersuchung der F420H2-
Dehydrogenase soll fortgesetzt werden und
zur Aufklärung des Reaktionsmechanismus
von Komplex I aus Bakterien und Mitochondrien beitragen.
Literatur
[1] Thauer, R. K. (1998) Biochemistry of methanogenesis: a tribute to Marjory Stephenson. Microbiology
144, 2377-2406
[2] Deppenmeier, U., Lienard, T. & Gottschalk, G.
(1999) Novel reactions involved in energy conservation by methanogenic archaea. FEBS Lett. 457, 291-297
[3] Abken, H. J., Tietze, M., Brodersen, J., Bäumer,
S., Beifuss, U. & Deppenmeier, U. (1998) Isolation
and characterization of methanophenazine and
function of phenazines in membrane-bound electron
transport of Methanosarcina mazei Gö1, J. Bacteriol.
180, 2027-2032
[4] Beifuss, U., Tietze, M., Bäumer, S. & Deppenmeier, U. (2000) Methanophenazine: structure, total
synthesis and function of a new cofactor from
methanogenic archaea, Angew. Chem. Int. Ed. 39,
2470-2472
[5] Bäumer, S., Ide, T., Jacobi, C., Johann, A.,
Gottschalk, G. & Deppenmeier, U. (2000). The
F420H2 dehydrogenase from Methanosarcina mazei
Gö1 is a redox-driven proton pump closely related to
NADH dehydrogenases, J. Biol. Chem. 275, 1796817973
[6] Ide, T., Bäumer, S. & Deppenmeier, U. (1999).
Energy conservation by the H2:heterodisulfide
oxidoreductase from Methanosarcina mazei Gö1. J.
Bacteriol. 181, 4076-4080
[7] Friedrich, T. (1998) The NADH:ubiquinone
oxidoreductase (complex I) from Escherichia coli,
Biochim. Biophys. Acta 1364, 134-146
Korrespondenzadresse
PD Dr. Uwe Deppenmeier
Institut für Mikrobiologie & Genetik
Georg-August-Universität Göttingen
Grisebachstr. 8
D- 37077 Göttingen
Tel.: 0551-393812
Fax: 0551-393793
eMail: [email protected]
Uwe Deppenmeier
Jahrgang 1962, Biologiestudium (1982-1988) an der
Universität Göttingen. 1988-1991 Promotion bei Prof.
Dr. G. Gottschalk am Institut für Mikrobiologie in
Göttingen. 1991-1992 Postdoktorand im Labor von
Prof. R. P. Gunsalus, UCLA, Los Angeles, USA. Seit
1993 Wissenschaftlicher Assistent am Institut für
Mikrobiologie und Genetik, Universität Göttingen.
1999 Habilitation für das Fachgebiet Mikrobiologie an
der Georg-August Universität Göttingen.
Herunterladen