VAAM-Nachrichten 63 B I O S P E K T R U M • 1. 0 1 • 7. J A H R G A N G Neues aus den VAAM-Fachgruppen Fachgruppe Biotransformationen „Biologische Oxidationen“ – Tagungsbericht vom 5. Workshop 쑺 60 Teilnehmer kamen zum 5. Workshop der Fachgruppe Biotransformation am 28. und 29. September 2000 an der Universität Konstanz. Gastgeber war Alasdair Cook (Microbial Ecology, Universität Konstanz); die wissenschaftliche Organisation lag bei Bernhard Hauer (BASF AG) und Kurt Faber (Organische und Bioorganische Chemie, Universität Graz). Der zusammen mit dem österreichischem SFB Biokatalyse veranstaltete Workshop war nicht auf ein spezielles Arbeitsgebiet fokussiert, doch zog sich das Thema der enzymkatalysierten Oxidationsreaktionen durch die Mehrzahl der 14 Vorträge. Offensichtlich ist hier – auch von industrieller Seite – das Interesse im Moment am größten. Chantu Saha-Möller (Organische Chemie, Universität Würzburg) beschrieb die Darstellung optisch aktiver oxyfunktioneller Substrate. Besonders interessant ist hier der mögliche Einsatz von Peroxidasen, beispielsweise der Meerrettichperoxidase oder der Peroxidase aus dem Pilz Coprinus cinereus. Betrachtet man diese Enzyme meist wegen ihrer Fähigkeit zur Oxidation eines breiten Spektrums verschiedener Substrate, so sind sie auch in der Lage, eine Racematspaltung optisch aktiver Peroxide durchzuführen. Unterschiedliche Peroxidasen können dabei die entgegengesetzte Stereoselektivität aufweisen. Glycolatoxidase kann für eine Racematspaltung von α-Hydroxycarbonsäuren eingesetzt werden. Nur eines der beiden Enantiomere wird zum entsprechenden Aldehyd oxidiert, wobei als Nebenprodukt Wasserstoffperoxid entsteht, welches durch Katalase entfernt werden kann. Das Enzym ist bei aliphatischen, nicht jedoch mit aromatischen α-Hydroxycarbonsäuren aktiv. Eine weitere Möglichkeit zur Darstellung optisch aktiver α-Hydroxycarbonsäuren ist die Oxidation von Fettsäuren durch α-Oxidase aus dem Fettsäureabbau, beispielsweise von Erbsenkeimlingen. Bei einer Racematspaltung kann maximal eine Ausbeute von 50 Prozent ereicht werden. Racemasen können die Ausbeute steigern. Solche Enzyme sind allerdings nicht leicht zu finden. So wurden von einer japanischen Arbeitsgruppe bei einem Screening von 48.000 Stämmen auf N-Acetylaminosäure-Racemase-Aktivität nur 14 aktive Stämme entdeckt. Anne de Radt (TU Graz) berichtete vom Einsatz von Schutzgruppen in der Biotransformation. Dieses Verfahren, über das kürzlich ein Artikel in „Angewandte Chemie Int. Ed.“ erschienen ist, ermöglicht die Hydroxylierung von ansonsten nicht zugänglichen Substraten. Zur Verfügung stehen Schutzgruppen für Carboxyl-, Aldehyd-, Keto- und Alkohol-Gruppen. Neben der Schutzfunktion können chirale Schutzgruppen auch einen Einfluss auf die Stereoselektivität der Reaktion haben. Tobias Waage (TU Dresden) charakterisierte die Halogenasen aus der PyrolnitrinSynthese. Beide dort vorkommenden Halogenasen sind FADH2-abhängig. Vermutlich ist das aktive Agens FADHOOH, wodurch ein Epoxid gebildet wird. Der Beitrag von Marina Vogel (Universität Leipzig) beschäftigte sich mit dem Einsatz von Cyclohexan-Monooxygenase in Gegenwart organischer Lösungsmittel (geeignet sind polare organische Lösungsmittel (Aceton, Ethanol, Glycerol) in Konzentrationen von fünf bis zehn Prozent (v/v)). Hierbei wurde insbesondere die Katalyse der Bayer-Villiger-Reaktion betrachtet. Je nach Substrat und Lösungsmittel wurden enantioselektive Reaktionen mit ee-Werten über 90 Prozent erreicht. Einen interessanten Ansatz für die Etablierung einer Bibliothek von Monooxygenasen stellte Jan van Beilen (ETH Zürich) vor. Ausgehend von der Sequenz einer Alkan-Monooxygenase wurden mit Hilfe von PCR-Sonden mehrere Gene kloniert. Deren funktionelle Analyse setzt eine heterologe Expression voraus, für die verschiedene Wirtsstämme mit Rubredoxin/RubredoxinReduktase zur Verfügung stehen. Frank Hollman (ETH Zürich) stellte ein außergewöhnliches Verfahren zur CofaktorRegenerierung vor, die elektrochemische NADH-Regeneration. Es basiert auf einer elektrochemischen Zelle mit KohlenstoffElektrode (E = -750 mV vs. Ag/AgCl-Elektrode) und Rhodiumbipyridinen als Mediatoren des Elektronentransfers. Kritisch sind dabei die angelegte Spannung (NAD+-Inaktivierung an der Kathode) und die Sauerstoff-Konzentration. Sauerstoff ist Voraussetzung für die Monooxygenase-Reaktion, scheint aber auch zur H2O2-Bildung und damit der Inaktivierung der Rhodium-Komplexe zu führen. Bisher wurden 50 Prozent der Ausbeuten einer entsprechenden Ganzzell-Biotransformation erreicht. Zum Thema Monooxygenasen stellte Sabine Lutz-Wahl (Universität Stuttgart) ein Beispiel zur gerichteten Evolution dar. Als Modell diente die P450-Monooxygenase aus Bacillus megaterium, da das Enzym ein natürliches Fusionsprotein aus Reduktase und Monooxygenase darstellt, in Escherichia coli exprimierbar ist und sowohl Kristallstruktur als auch das aktive Zentrum bekannt sind. Die dargestellten Ergebnisse zeigten, dass dieses Enzym auf Grund seiner geringen Enantioselektivität vermutlich nur als Modellbeispiel dienen kann. Für den Umsatz schlecht wasserlöslicher Substrate können organische Lösungsmittel erforderlich sein, die jedoch häufig die Aktivität der Enzyme herabsetzen oder vollständig hemmen. Eine Lösung für diese Problematik könnte die Immobilisierung der Enzyme in Gelkugeln bieten, die in das Lösungsmittel gegeben werden (Marion Ansorge-Schumacher, RWTH Aachen). Diese Methode stellt ein Zweiphasensystem dar, bei dem die Enzyme mit dem organischen Lösungsmittel nicht in Kontakt kommen. Als Lösungsmittel eignet sich beispielsweise Hexan, als Gel Alginat (plus Tensid, um die Aggregation der Gelkugeln zu vermeiden) oder Polyacrylamid. Der Biotransformations-Workshops verdeutlichte die wachsende Bedeutung der Redoxenzyme und die zunehmende Akzeptanz von Enzymen als Katalysatoren in der organischen Synthese-Chemie. Dies wurde auch durch die häufig Industrie-finanzierten Forschungsarbeiten und den Anteil an Chemikern unter den Teilnehmern und Vortragenden belegt. Das nächste Treffen der VAAM-Fachgruppe Biotransformation findet während der VAAM-Frühjahrstagung in Oldenburg statt. Hingewiesen werden soll an dieser Stelle auch auf die BioTrans vom 3. bis 7. September 2001 in Darmstadt (http://www. biotrans.tu-darmstadt.de/). Rainer Russ Universität Kaiserslautern LB Biotechnologie Paul-Ehrlich-Straße 23 D- 67663 Kaiserslautern eMail: [email protected] VAAM-Nachrichten 64 B I O S P E K T R U M • 1. 0 1 • 7. J A H R G A N G 쑺 Dr. Joachim Morschhäuser vom Zentrum Prof. Dr. Riesenberg gestorben 쑺 Mit Erschütterung haben wir die Nachricht erhalten, dass am 28. August 2000 nach kurzer, schwerer Krankheit Prof. Dr. Dieter Riesenberg in Jena im Alter von nur 48 Jahren gestorben ist. Dieter Riesenberg, langjähriges Mitglied der VAAM, war Leiter der Abteilung „Bioregulation“ am Hans-Knöll-Institut für Naturstoffforschung und seit 1994 Professor für Angewandte Mikrobiologie der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. Er hat sich sehr erfolgreich mit der Produktbildung bei Mikroorganismen beschäftigt und sich insbesondere bei der Entwicklung und Optimierung biotechnischer Verfahren große Verdienste erworben. In beispielhafter Weise hat gerade er es verstanden, Ergebnisse der Bakterienphysiologie mit der biotechnischen Anwendung zu verknüpfen. Sein Tod hinterlässt eine schmerzliche Lücke in den Reihen der VAAM-Mitglieder. Alle, die ihn persönlich kannten, werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren. 쑺 쑺 Michael Hecker 쑺 Personalia 2000 1. Habilitationen 쑺 PD Dr. Winfried Hausner habilitierte sich 쑺 쑺 쑺 쑺 쑺 쑺 쑺 쑺 im Januar 2000 an der Universität Kiel („Transkription in Archaea“). Dr. Reinhard Rauhut habilitierte sich am 9. Februar 2000 an der Universität Gießen („Ribonuklease: Beiträge zum Verständnis ihrer Funktion und RNA-Protein-Wechselwirkungen in den drei taxonomischen Bereichen“). Dr. Matthias Ullrich habilitierte sich am 9. Februar 2000 an der Universität Marburg („Temperaturabhängige Expression von Virulenzfaktoren in dem pflanzenpathogenen Bakterium Pseudomonas syringae“). Dr. Andreas Brune habilitierte sich am 16. Februar 2000 an der Universität Konstanz („Mikrobielle Ökologie des Termitendarms“). Dr. Markus Pietzsch habilitierte sich am 3. März 2000 an der Universität Stuttgart („Enantioselektive Biotransformationen zur Synthese von Molekülen mit zentraler, axialer und planarer Chiralität: Vom Screening zur präparativen Synthese“). Dr. Martin Loessner habilitierte sich am 2. Mai 2000 an der TU München („Bakteriophagen als molekulare Werkzeuge zur Detektion, Analyse und Kontrolle von pathogenen Bakterien“). Dr. Reiner Hedderich habilitierte sich am 17. Mai 2000 an der Universität Marburg („Neuartige membrangebundene [NiFe]-Hydrogenasen in methanogenen Archaea“). Dr. Arnulf Kletzin habilitierte sich am 26. Juni 2000 an der TU Darmstadt („Oxidoreduktasen aus dem Energiestoffwechsel extrem thermophiler und schwefelabhängiger Archaea“). Dr. Anke Becker habilitierte sich am 28. Juni 2000 an der Universität Bielefeld („Molekulargenetische Analyse der Biosyn- these bakterieller Polysaccharide am Beispiel der Exopolysaccharide aus Sino-rhizobium meliloti und Xanthomonas campestris“). 쑺 Dr. Fritz Titgemeyer habilitierte sich am 19. Oktober 2000 an der Universität Osnabrück (kumulativ). 쑺 Herrn Dr. Eckhard Boles habilitierte sich am 21. Dezember 2000 an der Universität Düsseldorf („Regulation des Glukosetransportes und des Glukosestoffwechsels in Hefen“). . 쑺 쑺 2. Ruf angenommen 쑺 Prof. Dr. Regine Kahmann wechselte zum 1. Januar 2000 von der LMU München an das Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie in Marburg als Direktorin der Abteilung „Organismische Interaktionen“. 쑺 Prof. Dr. Jörg Overmann von der Universität Oldenburg wurde zum 1. Oktober 2000 zum C3-Professor für Mikrobiologie an der Universität München ernannt. 쑺 Prof. Dr. Ingo Autenrieth von der Universität München wurde Leiter des Lehrstuhls für Medizinische Mikrobiologie an der Universität Tübingen. 3. Emeritierungen 쑺 Prof. Dr. Franz Fiedler von der Universi- tät München wurde zum 30. September 2000 in den Ruhestand verabschiedet. 쑺 Prof. Dr. Hans Diekmann von der Universität Hannover wurde zum 30. September 2000 emeritiert; sein Nachfolger wird im April 2001 Prof. Dr. Axel Brakhage von der TU Darmstadt. 4. Wissenschaftliche Preise (sofern nicht bereits in BIOspektrum gemeldet) 쑺 Dr. Karin Sauer von der Universität Mar- burg, Trägerin des VAAM-Preises 2000, erhielt die Otto-Hahn-Medaille 2000 der Max-Planck-Gesellschaft. 쑺 für Infektionsforschung der Universität Würzburg erhielt auf der Jahrestagung im März in München den Nachwuchspreis der „Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie“ (DGHM) für seine Arbeiten zur Pathogenität von Candida albicans. Prof. Dr. Dieter Gallwitz, Direktor am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen, wurde in Anerkennung für seine Arbeiten über den Spleißmechanismus von Ribonukleinsäure am 19. August 2000 zum Mitglieder der American Academy of Microbiology gewählt. Prof. Dr. Heidrun Moll vom Institut für Molekulare Infektionsbiologie der Universität Würzburg erhielt am 12. November 2000 den Siebold-Nagasaki-Medical-Award der Nagasaki University Medical School. Dr. Gottfried Schroll vom Max-NornGymnasium in Germering erhielt am 8. Dezember 2000 den Lehrerpreis der Karl Heinz Beckurts-Stiftung für die Anregungen seiner Schüler zu mikrobiologischen Forschungsarbeiten. Prof. Dr. Dieter Oesterhelt, Direktor am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried, wurde am 13. Dezember für seine Arbeiten zum Bacteriorhodopsin mit dem Werner-von-Siemens-Ring ausgezeichnet. Prof. Dr. Dr. h.c. Hans Günter Schlegel wurde am 18. Dezember 2000 die Ehrenpromotion der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen-Technischen Fakultät der Universität Halle-Wittenberg verliehen – auf den Tag 50 Jahre nach seiner Promotion. Stefan Graupner (Universität Oldenburg) und Prof. Dr. Michael Lorenz von der Universität Bremen erhielten diverse Preise für ihre Firmen-Ausgründung (Entwicklung und Vermarktung von Enzymen), darunter Platz 5 des Gründerwettbewerbs „Science4Life“ (5.000 Mark) und je einen zweiten Platz der „promotion Weser-Ems“ (80.000 Mark) und des Bremerhavener Gründerpreises.