Liebe Gemeinde, Sie werden sich fragen: Was hat bayerischer

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Liebe Gemeinde, Sie werden sich fragen: Was hat bayerischer Tourismus mit Martin Luther zu tun?
Nun gut, ich werde später zur Beantwortung dieser Frage kommen. Vorweg jedoch mein Dank für die
Einladung, hier als Gast sein zu dürfen, als Kanzelredner sprechen zu dürfen. Dies, lieber Pfarrer
Wagner, ehrt mich außerordentlich.
Eins vorab: ich bin Katholik. Und als ehemaliger katholischer Ministrant nicht sehr vertraut mit den
Taten und Ansichten Martin Luthers. Trotzdem haben meine Eltern mich auf den Namen Martin
getauft: da gab es den Heiligen, der den Mantel geteilt hat, also katholisch sicheres Gelände, da gab
es damals einen populären Anführer einer Bewegung in den USA, Martin Luther King, auch positiv
besetzt, und da gab es dann diesen Martin von der anderen Konfession, den „Ober-Protestanten“
Martin Luther. Erstaunlich, dass ich den gleichen Vornamen habe. In der Generation meiner Eltern,
dies muss an dieser Stelle angemerkt werden, erschien es noch undenkbar, was für meine Ehefrau
und mich normal ist, dass Protestanten und Katholiken zusammenleben, dass evangelische und
katholische Christen heiraten. Kurz: ich bin definitiv nicht im Zeichen der Ökumene erzogen worden
und von daher eigentlich die absolut letzte Wahl, wenn es darum geht, Kanzelredner für das
Reformationsjubiläum zu suchen. Zumindest eine mutige Wahl, die Sie hier getroffen haben, Herr
Wagner.
Und dann bin ich auch noch eingeladen als Kanzelredner aus der Wirtschaft. Auch noch so etwas,
dass jetzt nicht immer so einfach passend zu machen ist mit Kirche. Laut Rednerliste werden
Persönlichkeiten wie Minister Söder oder auch Altbischof Huber auf dieser Kanzel zu Ihnen sprechen.
Aber kein anderer Kanzelredner aus der Wirtschaft ist - außer mir - dabei.
Und um es noch schlimmer zu machen, heißt meine Firma auch noch Bayern Tourismus Marketing.
Und Marketing gilt in Kirchenkreisen ja als ziemlich unfein. Marketing braucht man schließlich für
Dinge, die sich nicht verkaufen lassen. Nur Produkte, die mehr kosten als sie wert sind, brauchen
Marketing. Also eigentlich Betrug. Oder zumindest sehr, sehr nahe daran. So, sehr verkürzt
ausgedrückt, schaut das Image von Werbeverantwortlichen, von Marketingmenschen in religiösen
Kreisen aus.
Diese gewisse Distanz zwischen Marketing und Kirche ist, fachlich betrachtet jedenfalls, ziemlich
amüsant. Denn: Das berühmteste „Werbe-Logo“ der Welt ist das christliche Kreuz. Jeder weiß
weltweit, was man damit verbindet. Das ist so seit 2000 Jahren. Und auch die gerade angesagteste
Werbestrategie in Fachkreisen, das sogenannte Content-Marketing, also das Werben durch Inhalte,
durch das Erzählen von Geschichten ist eigentlich von den Kirchen erfunden worden, nicht von
heutigen Marketing-Professoren oder Consultant-Unternehmern, die aktuell ziemlich hohe
Beratungskosten im Markt für diese angeblich neue Strategie realisieren können. Das Werben für die
eigene Sache mittels dem Erzählen von Geschichten - Fachchinesisch Storytelling - ist etwas, dass die
christlichen Kirchen seit Jahrhunderten mit Erfolg praktizieren.
Und auch die Reformation, die Verbreitung der Gedanken von Martin Luther, ist über die letzten 500
Jahre betrachtet, nicht nur Kirchengeschichte, sondern vor allem auch eine extrem erfolgreiche
Marketinggeschichte. Denken sie alleine daran, dass Luther das neueste Werbemittel, das neueste
Werbemedium der damaligen Zeit einsetzte, um seine Gedanken zu verbreiten und sein Wirken zu
verbreitern: das Buch. Das nichts weniger war als eine Marketinginnovation und Medienrevolution.
Von daher macht es dann schon wieder ein wenig Sinn, einen Marketing-Geschäftsführer einzuladen.
Und an dem Beispiel Kirche ist vielleicht auch schon klar geworden: Marketing dient nicht
ausschließlich nur dem Verkaufen von überteuerten Produkten, die eigentlich niemand will. Sondern,
und damit wäre ich bei meinem Kernthema angelangt: manchmal machen Marketingleute auch
Werbung für Dinge, die Sinn machen. Zumindest, wenn sich die evangelische Landeskirche Bayern
mit der Bayern Tourismus Marketing zusammen tut.
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Was verbindet nun also Martin Luther und mich über den Vornamen hinaus? Was ist entstanden, als
sich evangelische Kirche und Tourismusmarketing zusammen getan haben in Bayern?
Mein Unternehmen hat seit Ende letzten Jahres ein neues Urlaubsprodukt auf den Markt gebracht:
„stade zeiten“. Dieses Angebot steht für eine neue Perspektive im Tourismus. Im Zentrum steht das
in der heutigen Gesellschaft präsente Bedürfnis nach Entschleunigung. Nach Ruhe. Und das große
Bedürfnis nach Sinn. Fachleute sprechen schon von „Stille als dem neuen Luxus“.
Motive wie „Entspannung“, “Abstand zum Alltag“ oder „frische Kraft sammeln“ zählen zu den
wichtigsten Urlaubsmotiven der deutschsprachigen Bevölkerung. Und das nicht ohne Grund: Viele
Arbeitnehmer sehen sich heutzutage komplett im Berufsalltag gefangen. Durch die zunehmende
Digitalisierung ist ständige Erreichbarkeit gerade in Positionen mit hoher Verantwortung ein Muss.
Doch die Hälfte der Deutschen stehen dieser Dauererreichbarkeit skeptisch gegenüber und sehnt
sich nach einem Pausenknopf, der ihren Alltag entschleunigt.
„Burnout“ war vor kurzem noch ein Tabuthema. Zumindest am Arbeitsplatz. Heute wird darüber
schon am Mittagstisch in der Arbeit locker geplaudert, so verbreitet ist das Gefühl des ausgebranntsich-Fühlens. Überlastet von der großen Informationsflut, die tagtäglich auf uns einprasselt, und den
hohen Anforderungen die an jedes Individuum gestellt werden, können wir manchmal nicht mehr
sehen was wirklich wichtig im Leben ist.
Würde Luther heute leben, würde er sich wundern über die Hamsterräder, die unseren Alltag
bestimmen. Er würde sich wundern, wie wenig Zeit wir uns für uns selbst nehmen. Er würde sich
wundern, wie wenig Zeit wir uns nehmen, um die Natur, Gottes Schöpfung, nicht nur fix mit dem
Mountainbike zu durchqueren, sondern die Natur mal wieder wirklich als solche wahrzunehmen.
Der Wunsch nach Authentischem und Konkretem ist heute präsenter denn je, auch um der
Dauerrotation des Alltags zu entfliehen. Sinnliche, greifbare Erlebnisse werden gesucht. Reales statt
Digitales. Mehr als die Hälfte der Deutschen sagen, sie „starren ständig nur noch auf Bildschirme“.
Und, sie sagen, sie fühlen sich gar nicht mehr so wohl dabei. Es gibt den schönen im Internet
kursierenden Hinweis, mit der die Netz-Community sich über sich selbst lustig macht: „Das Unscharfe
am Rand Deines Smartphones hat einen Namen: man nennt es Leben.“
Vielleicht ist es sogar das eigene Leben, müsste man mal nachschauen ….
Viele Menschen haben irgendwann den Punkt erreicht, an dem sie anfangen, über ihr Leben
nachzudenken. Das eigene Leben wird – meist kritisch - reflektiert. Bin ich noch auf dem richtigen
Weg? Bin ich glücklich mit dem, was ich tue? Was ist mir eigentlich wichtig im Leben?
Hier kommt nun wieder Martin Luther ins Spiel. Auch er hat sich diese Fragen gestellt. Warum tat er
das? Als junger Mann folgte Luther unbedacht dem Rat seines Vaters und fing an Jura zu studieren.
Er war ein lebensfroher Student und führte wohl für damalige Verhältnisse ein sehr ausgelassenes
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Studentenleben. Auch mit Gott und dem Glauben hatte er zunächst nicht viel am Hut. Doch wie die
Überlieferung besagt, vollzog er Anfang seiner 20er Jahre einen Sinneswandel.
Was war passiert? Während eines starken Gewitters traf ihn um ein Haar ein Blitz. Im Angesicht des
Todes beschloss er Mönch zu werden. Der Blitzschlag, der ihn beinahe traf, stellte den Wendepunkt
in Luthers Leben dar, der ihn nach dem Sinn des Lebens suchen ließ. Wie eine wortwörtliche
Erleuchtung brach dieses Ereignis über ihn ein. Plötzlich sah er völlig klar und wusste genau, wofür es
sich für ihn zu leben lohnt. Luther brach sein Jura-Studium ab und fand den Sinn seines Lebens im
Glauben an Gott - so besagt es die Legende, hier heute verkürzt zusammengefasst von einem
Katholiken.
Die Übertragung der Legende in die heutige Zeit darf natürlich nicht 1:1 vollzogen werden. Aber
lassen Sie mich trotzdem einfach mal den Bogen über mehr als 500 Jahre spannen. Genauso wie
Luther damals irgendwann erkannt hat "ich muss etwas an meinem Leben ändern", geht es heute
vielen Menschen in wichtigen Positionen. Und wichtig ist nun nicht ausschließlich beruflich gemeint.
Auch die Position als Mutter oder Vater, die Positionen in Ehrenämtern, das Pflegen von Angehörigen
gehören hier dazu.
Das Hamsterrad einmal anzuhalten. Sich einfach mal Abstand vom Alltag zu nehmen und das
Lebenstempo zu verlangsamen, um wieder zu sich und den wirklich wichtigen Dingen im Leben zu
finden. Sicher wäre das heute in Luthers Sinne. Schließlich hat Luther einmal gesagt: „Man kann Gott
nicht allein mit Arbeit dienen, sondern auch mit Feiern und Ruhen.“
Dass der Mensch sowieso nicht allein durch Arbeit glücklich werden kann, sondern auch die Zeit der
Besinnung und der stillen Auseinandersetzung mit Gott benötigt, um zu sich selbst zu finden, macht
Luther in einem weiteren Ausspruch deutlich: „Ich habe so viel Arbeit, dass ich nicht auskomme
ohne täglich mindestens drei Stunden meiner besten Zeit dem Gebet zu widmen.“
Gerade also weil ich viel zu tun habe, muss ich darauf achten, dass ich auch zur Ruhe kommen kann.
Dass ich stille Zonen für mich finden kann.
Das sich-in-Frage-Stellen in der jeweiligen Lebenssituation, dafür ist in unserer Leistungsgesellschaft
fast nur noch im Urlaub Zeit. Im Alltag, auch in der von uns freiwillig komplett durchgetakteten
Freizeit, haben wir keine Zeit mehr dafür. Auch nicht am Wochenende. Es bleibt nur noch der Urlaub
als einziger noch nicht verplanter Freiraum, um sich wie Luther mal selbst in Frage zu stellen. Um
überhaupt mal wieder ein Selbstgespräch zu führen.
Das gilt besonders für Workaholics, rastlose Führungskräfte, Urlaubsabstinenzler, die sich nur einen
Bruchteil des Urlaubs nehmen, der ihnen zustünde, da sie ja an ihrem Arbeitsplatz unersetzbar sind.
Gerade für die haben wir – auch in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Landeskirche – „stade
zeiten“, die stillen Zeiten im Urlaub entwickelt.
Sich in Frage stellen als Mönch einer als korrupt erlebten Kirche, war nach dem Blitz die zweite
elementare Situation im Leben des Reformators. Martin Luther hat die Kirche reformiert und ein
Umdenken in der Gesellschaft initiiert. Er hat durch die innere Einkehr nicht nur sein eignes Leben
überdacht, sondern auch die von der römisch-katholischen Kirche dominierte Gesellschaft in
der frühen Neuzeit nachhaltig verändert - durch seine Predigten, Schriften oder durch
seine Bibelübersetzung. Man könnte sagen, er ist ein besonderes Beispiel dafür, wie Selbst- und
Sinnfindung zu einer bedeutenden Veränderung in der gesamten Gesellschaft führen kann.
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Bevor ich den 500 Jahre weiten Bogen jetzt überspanne: mache ich hier Halt. Wer unsere stillen
Urlaubszonen, die bayerischen „staden zeiten“ heute nutzt, tut dies zunächst einmal für sich selbst
und seinen inneren Frieden, für die eigene Suche nach Sinn im Leben.
Im Zuge eines Selbstfindungsprozesses im Urlaub einen gesellschaftlichen Wandel oder gar eine
Revolution, wie es Luther auszulösen vermochte, steht nicht als das Entscheidende im Vordergrund.
Zumindest nicht bei uns. Vielmehr stehen bei unseren Gästen die eigene Person, das Thema
„Sinnfindung“ und persönliche Fragen oben auf der Agenda. Und zwar bei offenem Ausgang, was die
Antworten auf die Fragen sein werden.
Bayern bietet Sinnsuchenden viele Möglichkeiten ihre Suche zu beginnen. Die dafür erstmal
notwendige Entschleunigung des Lebens kann – ganz schlicht - durch stille Tage und Nächte an
abgelegenen und ruhigen Orten stattfinden, z.B. in am Waldrand liegende Hotels. Aber auch durch
eine aktive Auszeit mitten in der Natur, auf dem Bauernhof oder bei der Mitarbeit auf einer Alm.
Aber eine ganz wichtige Möglichkeit mit „stade zeiten“ zur Ruhe zu kommen ist das Angebot der
spirituellen Auszeit.
Heutzutage wird in Westeuropa besonders der buddhistische Glauben von Vielen mit Meditation und
Achtsamkeit verbunden. Warum eigentlich? Innere Einkehr und Ruhe nahmen schon immer im
Christentum eine bedeutende Rolle ein. Den Kirchen und Klöstern, auch bei uns in Bayern, wohnt
eine besondere, eigentümliche Kraft inne - durch den weiten Raum in ihrem Inneren und die Stille,
die sie ausstrahlen. Schon immer waren Kirchen und Klöster ruhende Pole im rastlosen Wandel der
Zeiten. Sie schenken uns genau das, nach dem sich so viele sehnen: Entschleunigung, Stille,
Besinnung.
Wie sieht spirituelle Selbstfindung, innere Einkehr und Kraft schöpfen im Rahmen von „stade zeiten“
nun konkret aus? Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern begleitet in den Urlaubsregionen
Gäste bei ihrer Suche nach Stille und Ruhe. In Oberstaufen haben wir das schöne Programm der
„Atempausen“. Es zudem finden Gottesdienste im Freien statt – im Kurpark oder auf den
Berggipfeln. Gerade die Bergmessen sind eine besondere Form der Erfahrung geworden. In der
Gemeinschaft. Aber auch mitten in der Natur. Auch spirituelle Bergtouren oder die Meditationswege
sind Möglichkeiten, um sich unterwegs in der Natur genügend Zeit für wichtige Fragen des Lebens zu
nehmen.
Lobenswert für uns, die den Tourismus in Bayern organisieren, ist es, dass es bayernweit rund 700
offene evangelische Kirchen gibt, die als Orte der Stille und als Rastplatz für die Seele einladen.
Jeder zehnte Deutsche gibt an, im Urlaub Gott und den Glauben neu zu erfahren. Oder es wenigstens
zu wollen. Deshalb ist auch das Pilgern in den vergangenen Jahren wieder so populär geworden. Wer
die Reformation und die Suche nach innerer Ruhe und Einkehr auch pilgernd angehen will, dem kann
der Lutherweg empfohlen werde, ein über 400 km langer Pilgerweg mit über 50 Orten in
Deutschland, der zu einem Teil durch die bayerische, oberfränkische Landschaft führt. Pilgern
bedeutet nicht nur entschleunigen, sondern vor allem auch: nachdenken, sich mit wichtigen Dingen
beschäftigen, mit wirklich wichtigen Dingen des Lebens. Es bedeutet nicht nur Abschalten, sondern
die Sinne wieder einschalten. Wieder hören, sehen, riechen, tasten …
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Damit wären wir bei einer anderen möglichen Bedeutungsfacette des Begriffs Reformation:
Erneuerung, Wiederherstellung. Hier jetzt nicht, wie vor 500 Jahren, auf die Organisation einer Kirche
bezogen, sondern auf den einzelnen Menschen. Auf uns.
An der möglichen „Erneuerung“ des Menschen im 21. Jahrhunderts, daran arbeitet die evangelische
Kirche heute. Und in Bayern tut sie das mit uns Tourismusmanagern gemeinsam. Natürlich, und da
sind wir wieder am Anfang meiner Kanzelrede, ist das wirtschaftliches Interesse des Tourismus an
mehr Übernachtungen, mehr Buchungen, mehr Umsatz, mehr Gewinn grundsätzlich mal vorhanden.
Das will ich heute hier gar nicht verschweigen. Das ist gut für die Wirtschaft, auch hier in
Oberstaufen, und gut für die Sicherheit der Arbeitsplätze hier im Allgäu. Aber: es ist zugleich auch gut
für die rastlosen sich unersetzlich empfindenden Workaholics ohne Sinn im Leben.
Wir bieten gemeinsam Produkte an, touristische Produkte, für die wir Werbung machen, Produkte,
die Sinn machen. Vor allem, wenn man einmal wahrgenommen hat, wie vielen in der heutigen
Gesellschaft der innere Kompass im Leben komplett abhandengekommen ist. Wir bieten Angebote,
teils ohne religiösen Bezug, bieten Angebote, die spirituell aufgeladen sind, die von den Kirchen
selbst offeriert werden in unserem Programm.
Gott ist dabei - auch bei uns - nicht buchbar geworden. Man kann Gott finden im Urlaub, wenn man
will. Aber das steht nicht im Vordergrund. Es muss nicht passieren.
Sie werden sich nun fragen: Warum haben wir das ganze Stille-Programm nun ausgerechnet „stade
zeiten“ genannt? Im Grunde ist das doch wirklich der wahrscheinlich untauglichste Begriff für das
Thema „Stille“ überhaupt. Die stade Zeit, die Adventszeit - wir sind ja grad mittendrin - die letzten
Wochen vor dem großen Geschenkefinale unterm Christbaum, das ist doch eigentlich der hektischste
Monat des gesamten Jahres. Keiner hat für nichts mehr Zeit, alle sind gestresst, der an sich schöne
Vorgang des Schenkens wird zum wochenlangen Geschenkeerwerbsstress.
Und was wird verschenkt? Drei Viertel der Deutschen schenkten im vergangenen Jahr digitale
Technik. Also wieder etwas, was Zeit frisst, was Unruhe in den Tagesablauf bringt, was uns weg vom
Realen treibt.
Mal nicht aufs Handy schauen, nicht auf Facebook checken, ob ich noch immer Freunde habe, mal
nicht in virtuelle Spielwelten abtauchen. Das wäre es, was eigentlich unterm Christbaum passieren
sollte. Wäre an dieser Stelle ja mal interessant, nur einmal hypothetisch hinterfragt, was Luther zum
Zeitfresser Smartphone gesagt hätte. Der Luther-Biograph Winkler beschreibt Luther ja eher als
einen „Modernitätsverweigerer“. Werden wir leider nie erfahren. Können wir nur spekulieren.
Aber wir können uns sicher sein, dass Martin Luther es gut gefunden hätte, was wir heute im
bayerischen Tourismus mit seiner bayerischen Kirche so erarbeiten. Marketing für Stille. Für eine
Zeit, in der man mal auf nichts anderes hören muss als auf die eigene Stimme.
Unsere stillen Landschaften sind – kostenlos. Die Bergmessen sind kostenlos. Die offenen Kirchen
sind kostenlos. Das Hören der Stille ist kostenlos. Das, wofür wir hier Werbung machen, liegt quasi in
der alten Tradition der Kirchen. Marketing für Dinge, die nichts kosten, aber im wörtlichen Sinne,
Sinn machen. Sinn machen für den urlaubenden Gast, der erst einmal nicht Kunde für uns ist, nicht
Zielgruppe ist, sondern Mensch.
Zum Abschluss noch ein Satz des Reformators, welcher meines Erachtens nach Luthers
höchstaktuelle Position zur Sinnfindung durch Stille gut beschreibt: „Wenn du erleuchtet werden
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möchtest, dass dein Herz entbrenne, so werde stille und lass dir das Bild der Gnade tief ins Herz
gehen. Dann wirst du Wunder über Wunder finden.“
Über die Stille Wunder über Wunder finden.
Amen.
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