Haltung und Zucht der „Tunesischen Landschildkröte“

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Haltung und Zucht der „Tunesischen Landschildkröte“
Die von uns gehaltenen Schildkröten stammen aus dem nördlichen Tunesien, mit ihnen wurden 1998 und 1999
Nachzuchterfolge erzielt. Folgt man der Beschreibung von M ERTENS (1946), handelt es sich hierbei um Testudo
graeca graeca (L INNAEUS , 1758). H IGHFIELD (1990b) beschrieb sie jedoch in einer weitaus umfangreicheren
Ausarbeitung als eigene Art und stellte sie zusammen mit der von B ENNETT 1836 beschriebenen Testudo whitei
(Algerische Landschildkröte) (H IGHFIELD & MARTIN 1989) zur Gattung Furculachelys. Die „Tunesische
Landschildkröte“ wurde hierbei nach ihrer Typuslokalität Nabeul in Nordost-Tunesien als Furculachelys
nabeulensis benannt. Diese neue Nomenklatur wird in wissenschaftlichen Kreisen nach wie vor heftig diskutiert.
Inwieweit der Gattungs- oder Artstatus haltbar sein wird, bleibt abzuwarten. Wir möchten uns an dieser Diskussion
nicht beteiligen und werden deshalb im weiteren Text lediglich von einer Form sprechen.
Habitus
Die genauen Differenzierungsmerkmale dieser Form können bei H IGHFIELD (1990a, 1990b) nachgelesen werden.
Darüber hinaus fallen die Schildkröten durch ihre relativ geringe Carapaxlänge auf. Nach unseren Beobachtungen
sind weibliche Tiere bereits mit 13,5 cm und ca. 600 g und Männchen bereits mit 10 cm und 250 g adult. Der
Carapax ist in seiner Grundfärbung gelblich. Die Schilder haben klar erkennbare schwarze Flecken sowie eine
schwarze Umrandung. Allein durch diese Merkmale ist die „Tunesische Landschildkröte“ schon recht gut von
anderen Testudo graeca graeca zu unterscheiden. Das Plastron ist hornfarben, mit einem hohen Anteil nicht klar
abgegrenzter schwarzer Flächen. Bei der Beinfarbe dominieren ebenfalls Gelbbrauntöne. Auf dem dunkel
gefärbten Kopf befindet sich in der Regel ein gelber Fleck auf der Stirn. Das Schwanzschild dieser Schildkröten ist
ungeteilt. Auf den Hinterbeinen besitzen sie – wie fast alle Testudo graeca – Höckerschuppen. Die Tiere haben
fünf Krallen an den Vorderbeinen und vier Krallen an den Hinterbeinen. Bei adulten Männchen ist darüber hinaus
das Supracaudalschild (Schwanzschild), ähnlich wie bei den in Südafrika lebenden Schildkröten der Art
Psammobates geometricus, deutlich hervorgehoben (BOYCOTT & BOURQUIN 1988).
Biotop
Im September 1999 bereiste einer der Autoren (V.B.) den nordöstlichen Teil Tunesiens. Nördlich von Baloum
wurden ca. 40 km von der Küste entfernt Landschildkröten gefunden. Es handelte sich um zwei aktive männliche
Exemplare dieser Form. Sie wurden im offenen Gelände um die Mittagszeit in der Nähe eines Bachs gesichtet. Bei
Temperaturen von 34,7 °C sowie einer Luftfeuchtigkeit von 64 % wiesen die beobachteten Schildkröten eine
extrem hohe Fluchtgeschwindigkeit auf.
Dieser Fund mag einige Leser erstaunen, da von vielen Haltern angenommen wird, daß diese Schildkröten eine
Sommerruhe einlegen. Im Habitat waren aufgrund des angrenzenden Gewässers ausreichend Nahrungspflanzen
vorhanden; besonders auffällig waren sukkulentenartige Gewächse. Bei den näher in Augenschein genommenen
Landschildkröten konnte anhand von Kotabgaben eine sehr starke Verwurmung festgestellt werden.
Erwähnenswert erscheint an dieser Stelle, daß auf dem lehmigen Boden besonders viele Schneckenhäuser
gefunden wurden. Ob sie den Schildkröten als zusätzliche Kalziumquelle dienen, ist uns nicht bekannt.
Abschließend sei noch vermerkt, daß die hier wiedergegebenen Eindrücke nur eine Momentaufnahme im
Jahreszyklus der „Tunesischen Landschildkröte“ darstellen und weitere Reisen zu anderen Jahreszeiten notwendig
wären, um das Bild weiter abzurunden.
Gefährdung
Die „Tunesische Landschildkröte“ ist, wie schon für die Ägyptische Landschildkröte (Testudo kleinmanni)
beschrieben (ANTENBRINK -V ETTER & VETTER 1995), durch Ziegen gefährdet und dies in zweierlei Hinsicht: Erstens
stellen sie einen potentiellen Nahrungskonkurrenten dar, und zweitens weiden die Ziegen die Versteckplätze der
Schildkröten vollkommen ab. Somit finden die Landschildkröten keinen Schutz vor ihren Prädatoren, beispielsweise
Greifvögel. Ein weiterer Punkt ist der kommerzielle Handel; nach Beobachtungen (V.B.) aus den Jahren 1993 und
1999 werden die Landschildkröten auf den verschiedensten Wochenmärkten, bzw. den Souks, Tunesiens zum
Kauf feilgeboten. Auf den von H IGHFIELD (1990a) als Fundort angegebenen Märkten wurden folgende Stückzahlen
geschätzt: Hammamet ca. 50 Schildkröten, Nabeul ca. 50 Stück. Darüber hinaus wurden in Sousse mehrere
Hundert Individuen angeboten. Auffällig war, daß hauptsächlich Jungtiere, sogar Schlüpflinge mit Eischwiele,
gefolgt von adulten Männchen, angeboten wurden. Während adulte Weibchen nur selten im Angebot der
Straßenhändler waren. Diese Tiere werden dementsprechend sicherlich in einigen Fällen verbotenerweise als
„Urlaubssouvenir“ mit in die Heimat gebracht. Leider fehlt es den neuen Besitzern in den meisten Fällen an der
nötigen Sachkenntnis, so daß viele dieser Schildkröten binnen kürzester Zeit verenden.
Haltung
Im folgenden wird auf eine Zuchtgruppe näher eingegangen. Diese besteht aus zwei adulten männlichen Tieren,
zwei adulten Weibchen sowie einem semiadultem Weibchen. Die Schildkröten kamen als juvenile Tiere 1996 in
Autoren: Hilmar Hufer, Volker Büddefeld
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unseren Besitz. Da in der zur Verfügung stehenden Literatur (ZWARTEPOORTE, 1996) die Haltung dieser Tiere als
schwierig bezeichnet wurde, entschieden wir uns, unkonventionell vorzugehen. Dabei wurden unter anderem die
Erfahrungen aus der Haltung und Zucht des Europäischen Chamäleons (Chamaeleo chamaelon), ebenfalls aus
Tunesien, genutzt. Bereits hierbei wurde festgestellt, daß diese Echsen nur mit einer hohen Luftfeuchtigkeit
erfolgreich zu halten sind.
Unter Zuhilfenahme von Klimadaten (s. Tabelle 1) aus GRIFFITH (1972) und MÜLLER (1996) wurden die folgenden
Haltungsparameter festgelegt:
- Bedingt durch die küstennahe Verbreitung der Schildkröten ist eine hohe Luftfeuchtigkeit zu erzielen.
- Durch das milde Winterklima dieser Region entfällt eine Überwinterung.
- Die vorherrschenden hohen Sommertemperaturen sind bei uns im Freiland nicht zu erreichen.
Trotzdem sollten die Schildkröten im Sommer im Freiland gehalten werden. Ein Vergleich der Daten der
Klimastationen Tunis und Essen ergab, daß die mittleren Temperaturen in Tunis im Zeitraum von Dezember bis
April etwa denen Essens im Zeitraum von Ende April bis Ende August entsprechen (s. Tabelle 2). Hieraus resultiert
eine Verschiebung des natürlichen Zyklus der Schildkröten. Die Haltung wurde dementsprechend aufgeteilt, so daß
die Schildkröten die kalte, regenreiche Jahreszeit in unserem Frühjahr und Sommer nun im Freiland erleben,
während sie die heißtrockene Phase im Terrarium verbringen. In diesem verschobenen Zyklus stimmen bei
näherer Betrachtung die Werte der Niederschlagsmengen sowie der Globalstrahlung nicht überein.
2
(Globalstrahlung ist eine Maßeinheit für die Intensität der Sonnenstrahlung, gemessen in KW/m ). Wir vertreten die
Auffassung, daß dies allerdings vernachlässigbar ist, wenn man den Tieren Schutzhäuser zur Verfügung stellt.
Außenanlage
Die Freilandanlage ist ca. 20 qm groß und nach Südosten ausgerichtet, eingefriedet wurde sie mit 75 cm langen
Palisaden, die zur Hälfte ins Erdreich eingeschlagen sind. Der stark lehmhaltige Mutterboden wurde in einigen
Bereichen durch die Zugabe von Sand drainiert, die entstandenen trockeneren Zonen haben einen geringeren
Bewuchs und heizen sich im Vergleich zur angrenzenden Wiese stärker auf. Im Gegensatz hierzu sorgt der
Überstand eines angrenzenden Gartenhauses dafür, daß die Schildkröten einen trockenen, aber zugleich kühlen
Bereich, aufsuchen können. Zwischen den hier angepflanzten Büschen wurden Rückzugsmöglichkeiten mit Heu
angelegt.
Um den Schildkröten zusätzliche Nahrungsquellen zu erschließen, wurden verschiedenste Wiesenkräuter
eingebracht. Strukturiert wird die ganze Anlage durch eine Legesteinmauer, einen Lesesteinhaufen sowie weitere
Sträucher und einige Wurzeln. Leider beschatten einige Bäume das Areal, so daß die direkte Sonneneinstrahlung
lediglich von 10 bis 17 Uhr genutzt werden kann.
Den Schildkröten steht eine Schutzhütte mit der Grundfläche von 1,20 m × 0,60 m zur Verfügung, welche in der
Übergangszeit von April bis Anfang Juni morgens durch einen 100 Watt Baustrahler beheizt wird. Die Schutzhütte
(Frühbeetkasten der Firma Voss, Mainz) besteht aus einer Aluminiumkonstruktion mit 16 mm Doppelstegplatten
und bietet daher eine sehr gute Wärmeisolation. Ferner hat dieses Produkt den entscheidenden Vorteil, daß die
beiden Öldruckheber, die der Thermoregulierung dienen, nicht wie üblich am Deckel befestigt sind. Dadurch wird
der Zugriff von oben nicht behindert. Im Bodenbereich befindet sich unterhalb der beiden Höhlen eine geregelte
Thermolux-Heizmatte, die auf 15 °C eingestellt ist, um eine Auskühlung zu verhindern. Durch die Heizung und die
automatische Belüftung trocknet das Frühbeet schnell aus. Deshalb wird es regelmäßig gewässert, um die
Feuchtigkeit zu erhöhen.
Die Schildkröten gelangen, nachdem sie sich morgens unter der Wärmelampe aufgeheizt haben, durch eine
Aussparung im Fundament in den Außenbereich. Hier erfolgt die tägliche Fütterung mit Wiesenkräutern, wie
Löwenzahn, Klee, den verschiedenen Wegerich-Arten, Sauerampfer, Vogelmiere, Blättern, Taubnesseln und
Sukkulenten (z.B. Fetthenne). Zur Bestimmung der Wiesenkräuter können die Bücher von PALHLOW (1990) und
STEINBACH (1996) verwendet werden. Falls diese oder ähnliche Wildkräuter nicht in ausreichender Menge zur
Verfügung stehen, wird die Nahrung mit zugekauften Produkten ergänzt.
Die Mineralstoffzufuhr wird durch Gaben von Sepiaschale und Hornspänen sichergestellt. Für den Ausgleich des
Wasserhaushalts wird den Tieren jederzeit frisches Wasser in einer Trinkschale angeboten.
Terrarium
Für die Terrarienhaltung der Zuchtgruppe steht ein Vollglasbecken mit den Maßen 1,25 m × 0,75 m × 0,40 m zur
Verfügung. Dieses Terrarium wurde als transportabler Tisch konstruiert. Die Einrichtung besteht aus zwei großen
Steinhöhlen, die so eingebracht wurden, daß die Schildkröten die Oberseite als zusätzliche Lauffläche nutzen
können. Der Bodengrund bestand zunächst aus einem Lehm-Sandgemisch, welcher nach einiger Zeit aufgrund der
relativ hohen Staubbildung gegen Buchenhackspäne ausgetauscht wurde. Zudem wurde eine 20 mm
Styrodurplatte zur zusätzlichen Isolation unter das Terrarium gelegt. Auf dieser befindet sich die FlexwattFolienheizung, welche den Boden zur Hälfte beheizt. Die Regelung erfolgt über einen umgebauten elektronischen
Raumthermostaten, eingestellt je nach Jahreszeit auf Nachttemperaturen von 19 bis 23 °C, bzw.
Tagestemperaturen von 23 bis 26 °C. Die 13-stündige Beleuchtung heizt das Becken auf ca. 33 °C, sie erfolgt
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durch einen 80 W PAR38 Strahler sowie einen 150 W Halogenstrahler mit Reflektor. In dessen Lichtkegel werden
lokale Bodentemperaturen von über 45 °C erreicht. Dieser Bereich wird von den Schildkröten morgens zum
Sonnenbaden genutzt. In der Übergangsjahreszeit von Januar bis April (Schildkrötenherbst) bleibt der 80 W
Strahler abgeschaltet, gleichzeitig wird die Bodentemperatur auf die unteren Werte abgesenkt, um die Tiere auf
den Freilandaufenthalt vorzubereiten.
Die Luftfeuchtigkeit des Terrariums wird durch eine beheizte mit Meerwasser gefüllte Wanne erzeugt, der
Aquarienheizer ist dabei auf Maximum eingestellt, somit steigt nachts die Luftfeuchtigkeit automatisch an. Der
Effekt wird durch eine zugeschaltete Membranpumpe mit Ausströmerstein erhöht. Sie erzeugt ein
Meerwasseraerosol, welches Erkältungskrankheiten vorbeugen soll, beziehungsweise gegebenenfalls bestehende
Beschwerden lindern soll. Dabei ereicht die Luftfeuchtigkeit so hohe Werte, daß Wasser an den Terrarienscheiben
kondensiert und erst nach Einschalten der Beleuchtung langsam wieder abtrocknet. Selbstverständlich ist diese
ganze Konstruktion für die Schildkröten unzugänglich. Ein Blumenuntersetzer dient als Trinkschale und
vervollständigt auch hier die Einrichtung.
Ernährung
Die kleinwüchsige „Tunesische Landschildkröte“ zeichnet sich durch eine enorme Bewegungsfreudigkeit aus.
Besonders in den Morgen- und Abendstunden sind die Tiere aktiv und suchen nach Futter. Die Futterpalette reicht
von den oben beschriebenen Wildkräutern bis zu den käuflich erhältlichen Gemüse- und Salatsorten: allen voran
Römersalat (Lattuga), Radicchio, Chicoree, Ruccola, Mangold, diverse Keimlinge, Gurke, Zucchini, Aubergine,
Paprikaschoten, Radieschen, Tomaten usw. Der Rohfaseranteil des Futters wird durch die Zufütterung von
Grünmehl und eingeweichten Heupellets verbessert (D ENNERT 1999a, 1999b) und die Vitamin- und Mineralzufuhr
durch entsprechende Präparate (pulverisierte Sepiaschalen, Calcamineral und Korvimin ZVT) einmal wöchentlich
ergänzt. Obst wird nur gelegentlich, einmal im Monat, gereicht. Zusätzlich erhalten die Tiere eingeweichte
Schildkrötenpellets (Sera raffy Mineral P), die gerne gefressen werden. Versuche, den Tieren auch Tierisches
(Mehlwürmer) zu verfüttern, überraschten: Während die Männchen begierig fraßen, verschmähten die Weibchen
das Dargebotene völlig. Die Schildkröten werden alle ein bis zwei Tage ausreichend gefüttert, die verwelkten und
vertrockneten Futterreste stehen den Tieren weiter zur Verfügung, diese werden ebenfalls gefressen.
Abschließend sei hier noch einmal darauf verwiesen, daß der weitaus größte Futteranteil aus ballaststoffreichem
Grünfutter besteht und alles andere nur gelegentlich zugefüttert wird.
Haltungsproblem: Atemwegserkrankungen
Ein generelles Problem der Haltung der nordafrikanischen Landschildkröten sind Atemwegserkrankungen. Das in
der englischsprachigen Literatur (H IGHFIELD 1996) als RNS (Runny nose syndrome) bezeichnete Krankheitsbild
beginnt in Form eines Schnupfens, der sich im fortschreitendem Verlauf zu einer Lungenentzündung entwickeln
kann. Das erste Anzeichen dieser Krankheit ist ein seröser Nasenausfluß, der zunehmend intensiver wird.
Spätestens in diesem Stadium schränken die Schildkröten die Nahrungsaufnahme ein, bis sie letztendlich das
Futter völlig verweigern. Grundsätzlich sollte bereits bei Auftreten der ersten Symptome ein erfahrener Tierarzt zu
Rate gezogen werden, der dann voraussichtlich eine entsprechende Antibiotikatherapie einleiten wird.
Bis zum heutigen Tage ist die Ursache für das Auftreten derartiger Erkrankungen ungeklärt. Nach unserer
Erfahrung ist eine Optimierung der Haltungsbedingungen in jedem Fall angezeigt, um den Gesundheitszustand der
Schildkröten zu stabilisieren.
Kernpunkte sind dabei:
-
hohe Luftfeuchtigkeit
erhöhter Salzgehalt in der Luft
gute Wärmeisolation des Bodens
Vermeidung von Staubentwicklung durch den Terrariengrund
Auffällig ist die Beobachtung, daß bei uns häufiger männliche Exemplare von dieser Erkrankung betroffen sind,
während einige weibliche Tiere der gleichen Zuchtgruppe noch nie derartige Symptome aufwiesen.
Fortpflanzung
Das Paarungsverhalten der „Tunesischen Landschildkröte“ ähnelt grundsätzlich dem der Maurischen
Landschildkröten (Testudo graeca ssp.). Die Hauptpaarungszeit der beschriebenen Zuchtgruppe liegt in der kalten
Jahreszeit von Herbst bis Frühjahr, während in der heißen Jahreszeit im Terrarium die Paarungsaktivitäten
eingestellt werden. Die Männchen rennen hochbeinig auf die weiblichen Tiere zu, beriechen diese, umkreisen sie
dabei, um sie dann einige Male unvermittelt zu rammen. Flüchtet das Weibchen, versucht das männliche Tier
dieses durch Bisse in die vorderen und hinteren Extremitäten hieran zu hindern. Sobald die weibliche Schildkröte
gestellt wird, reitet das Männchen auf. Ist das Weibchen nicht paarungsbereit, versucht es zunächst durch
ruckartiges Kopfschütteln – und später durch Drehen des gesamten Körpers – das Männchen abzuschütteln, um
sich dann in einen der Versteckplätze zu flüchten. Entsprechend der jahreszeitlichen Verschiebung legen die
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Schildkröten im Zeitraum von August bis Oktober bis zu 3 Gelege mit jeweils 3 bis 4 Eiern. Die erste Eiablage
erfolgt im Freiland, während die weiteren im Terrarium bzw. in einer temperierten Eiablagekiste erfolgen. Die
Schildkröten vergraben die Eier auf die übliche Weise in einer Tiefe von ca. 12 bis 15 cm. Die Eigruben sind
birnenförmig, die Eier werden darin nebeneinander an der Wand positioniert. Auffällig ist beim Bergen der Gelege,
daß die Schildkröten die obersten Zentimeter stark verdichten, während der Bereich um die Eier sehr locker ist.
Dieser Bereich ist so angelegt, daß über den einzelnen Eiern ein Hohlraum entsteht, welcher für den
Gasaustausch der Eier, beziehungsweise für den Schlupf der Jungtiere, eine wichtige Rolle spielen könnte.
Um die Lage der Eier zu kennzeichnen, werden sie mit einer Bleistiftmarkierung versehen, anschließend werden
sie vermessen und gewogen. Die Größen liegen zwischen 27 bis 29 × 25 bis 27 mm und die Gewichte zwischen
11,5 bis 13,7 g. Ein unbefruchtetes aus drei Eiern bestehendes Erstgelege hatte abweichend davon niedrigere
Gewichte von 10,2 g, 10,3 g und 10,6 g. Leider wurden diese Eier nicht vermessen. Die Gelege werden in
geschlossene Dosen überführt, die mit trockenem Sandlehmgemisch gefüllt sind und in einem aus einer
Styroporbox gebauten Motorbrüter inkubiert. Die dort eingeklebte Folienheizung wird durch ein
Kontaktthermometer geregelt, gleichzeitig sorgt ein eingebauter Lüfter für Luftzirkulation und somit homogene
Temperaturen. Hier benötigten die Eier bei einer Inkubationstemperatur von 29,7 °C (1998) sowie 31,0 °C (1999)
71 bis 75, beziehungsweise 67 bis 68 Tage, bis zum Schlupf. Die Jungtiere hatten ein Schlupfgewicht zwischen 7,8
bis 9,0 g. Auffällig war, daß die Tiere der zweiten Brutsaison vermehrt Panzeranomalien aufwiesen. Grund hierfür
könnte die wärmere Inkubationstemperatur sein, es könnten aber auch andere Ursachen eine Rolle spielen.
Aufzucht der Jungtiere
Die Jungtiere werden nach dem Schlupf in einer Schale mit temperiertem Wasser gebadet und anschließend bis
zur völligen Auffaltung auf feuchtes Fließpapier gesetzt. Nach ein paar Tagen werden sie in ihr Terrarium gesetzt.
Die Schlüpflinge des Jahres 1998 wurden folgendermaßen gehalten: Als Terrarium diente eine Kunststoffwanne
(50 × 30 × 20 cm) mit Sand-Lehmgemisch als Bodengrund. Das Becken wurde mit Steinen, einigen
Versteckplätzen, wie zerbrochenen Tontöpfen, und einer Wasserschale ausgestattet. Die Wanne wurde zu zwei
Dritteln mit einer Glasscheibe abgedeckt, über dem anderen Bereich wurde sie mit einem gedimmten 60 W
Spotstrahler erwärmt. Der Boden wurde regelmäßig angefeuchtet. Diese Konstruktion erwies sich als ungünstig, da
die Luftfeuchtigkeit zu niedrig war und die Temperaturschwankungen zu hoch waren. Obwohl die Tiere sich
zunächst gut entwickelten, erkrankten sie nach und nach an Schnupfen.
Deshalb wurde die Haltung der Jungtiere entsprechend des Pflegekonzeptes, das sich schon bei den Alttieren
bewährt hat, umgestellt. Besonderer Wert wird dabei auf Einhaltung einer Minimaltemperatur von 22 bis 24 °C
gelegt, die durch eine geregelte Heizmatte sichergestellt wird. Genauso wichtig ist, daß nachts die Luftfeuchtigkeit
auf mindestens 90 % steigt (vgl. Tabelle 3). Statt der Wanne wird deshalb ein Vollglasbecken mit den Maßen 60 ×
40 × 40 cm als Terrarium verwendet. Die Lüftungsschlitze wurden abgeklebt, um Zug zu vermeiden und die
gleichbleibend hohe Luftfeuchtigkeit zu gewährleisten, die auf die gleiche Weise wie bei den Alttieren erzeugt wird.
Tagsüber wird das Terrarium mit einer 15 W Bioluxleuchtstoffröhre sowie einem 50 W Halogenspotstrahler
beleuchtet, daraus ergeben sich Tagestemperaturen von ca. 28 bis 32 °C. Eine große Steinhöhle ein Sonnen- und
ein Futterplatz vervollständigen auch hier die Terrarieneinrichtung. Der Bodengrund besteht aus Kakteenerde.
Um Knochenerweichung vorzubeugen, wird einmal wöchentlich raffy Mineral P der Firma Sera beigefüttert.
Darüber hinaus wird das weitere, zum größten Teil aus Wildkräutern bestehende, Futter mit Korvimin ZVT und
Knochenmehl angereichert.
Bei der hier beschriebenen Aufzuchtmethode wachsen die Jungtiere ohne Probleme, vor allen Dingen ohne
Erkrankungen der oberen Atemwege heran.
Schlußbemerkung
Die „Tunesische Landschildkröte“ ist sicherlich keine Anfängerschildkröte, bei ihr ist größte Aufmerksamkeit auf
den Gesundheitszustand zu legen. Allerdings ist diese Form aufgrund ihrer Aktivität und Größe, ein äußerst
attraktives Terrarientier. Basierend auf den natürlichen Gegebenheiten des Biotops ist der hier vorgestellte
Haltungsansatz aus kombinierter Terrarien-Freilandhaltung nur ein erster Schritt, die Pflege dieser Schildkröte zu
verbessern. Die erzielten Nachzucht- und Aufzuchterfolge geben jedoch Hoffnung, daß man diese interessante
Schildkröte durch Nachzucht auch in Zukunft in unseren Terrarien erleben kann.
Literatur
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Schildkröten, Linden, 2(3): 1-7.
BOYCOTT, R. C. & O. BOURQUIN (1988): The South African Tortoise Book: a guide to South African tortoises,
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D ENNERT, C. (1999a): Ernährung europäischer Landschildkröten Teil 1. - Reptilia, Münster, 4(3): 32-39.
Autoren: Hilmar Hufer, Volker Büddefeld
Erstellt von Eva Knon, Eva's Tierparadies München www.evastierparadies.de
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D ENNERT, C. (1999b): Ernährung europäischer Landschildkröten Teil 2. - Reptilia, Münster, 4(4): 51-58.
GRIFFITHS , J. F. (1972): Climates of Africa. – Amsterdam (Elsevier Publishing Company), 604 S.
H IGHFIELD, A. C. & J. MARTIN (1989): Testudo whitei B ENNETT 1836; New light on an old carapace – G ILBERT
W HITE’S Selborne tortoise re-discovered. – Journal of Chelonian Herpetology, London, 1(1): 13-22.
H IGHFIELD, A. C. (1990a): Preliminary report on the Taxonomic, Biotypic and Conservation status of the land
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MERTENS , R. (1946): Über einige mediterrane Schildkröten-Rassen. – Senckenbergiana, Frankfurt am Main, 27:
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MÜLLER, M. (1996): Handbuch ausgewählter Klimastationen der Erde. – Trier (Forschungsstelle Bodenerosion der
Universität Trier Mertesdorf (Ruwertal) 5) 400 S.
PAHLOW, M. (1990): Kräuter und Wildfrüchte. – München (Gräfe & Unzer Verlag), 64 S.
STEINBACH, G. (1996): Beeren, Wildgemüse, Heilkräuter. – München (Mosaik Verlag), 288 S:
ZWARTEPOORTE, H. (1996): Die Maurische Landschildkröte Testudo graeca. – EMYS, St. Pölten, 3(5): 5-16.
Autoren
Hilmar Hufer
Stiepeler Straße 131a
44801 Bochum
Volker Büddefeld
Heimstraße 2
58256 Ennepetal
Klimadiagramm
Tunis / Tunesien 36°50`N/10°14`E
°C
Mittl. Max. Temp. °C
Mittl. Min.Temp. °C
Sonnenschein h / Tag
Luftfeuchte %
Niederschlag mm
% mm / h
100
40,0
37,5
90
35,0
32,5
80
32
32
30,0
29
27,5
70
29
25,0
23
21
20,0
18
16
20
18
40
16
15
14
11,7
12,6
20
8,6
9,9
12
5,8
6,8
5,6
5,3
5,1
6,7
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7,9
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