Medienmitteilung vom 2. April 2014 SCHAUSPIEL

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Medienmitteilung vom 2. April 2014
SCHAUSPIEL
Do 10. April 2014 20 Uhr
NORA ODER EIN PUPPENHAUS
Von Henrik Ibsen in der Regie
von Barbara-David Brüesch
Liebe als reine Tauschwertbeziehung
Am Donnerstag, 10. April 2014 zeigt das Theater Chur «Nora oder ein Puppenhaus»
von Henrik Ibsen in der Regie der Churer Regisseurin Barbara-David Brüesch. Ibsen
zeichnet ein Bild menschlicher Beziehungen, die von Status, Macht und Besitzdenken bestimmt sind. Als kritische Beschreibung von Liebe als reine Tauschwertbeziehung hat Nora bis heute nicht an Sprengkraft verloren und bleibt eine der berühmtesten Frauenfiguren des Welttheaters.
Es ist kurz vor Weihnachten, die Vorbereitungen auf das Fest im Haushalt der Familie Helmer – Vater, Mutter, drei Kinder – laufen auf Hochtouren. Das seit zehn Jahren
verheiratete Paar hat es sich in seiner Ehe scheinbar behaglich eingerichtet, die Rollen sind klassisch verteilt, hält doch Torvald Helmer seine Frau Nora für ein unselbständiges und leichtsinniges Wesen, das auf die Hilfe und die Kontrolle durch ihn als
Mann angewiesen ist.
Aber Nora ist viel selbständiger, als er ahnt, denn es gibt Dinge, die er nicht weiss:
Nora hat vor einigen Jahren mit Hilfe einer gefälschten Unterschrift von Rechtsanwalt
Krogstad Geld geliehen, um dem damals schwerkranken Torvald eine Erholungsreise in den Süden zu ermöglichen. Inzwischen ist er zum Bankdirektor aufgestiegen
und will seinen Angestellten Krogstad wegen nachgewiesener Urkundenfälschung
entlassen. Dieser weiss allerdings, dass auch Nora damals eine Unterschrift fälschte
und setzt sie unter Druck. Nora versucht daraufhin alles, um ihren Mann von der
Kündigung Krogstads abzubringen. Doch vergeblich, Helmer bleibt bei seinem Entschluss.
Krogstad verrät nun dem Bankdirektor Noras sorgsam gehütetes Geheimnis. Helmer
ist entsetzt: Zu ihrer grenzenlosen Enttäuschung muss Nora feststellen, dass er in ihr
eine Verbrecherin sieht. Als Krogstad durch den Einfluss von Noras Jugendfreundin
Christine Linde den Schuldschein zurückgeschickt hat, ist Helmer bereit, Nora zu
vergeben. Diese aber erkennt, dass ihr Mann sie nur als ein Spielzeug betrachtet
hat, und verlässt ihr «Puppenheim», um fortan ein eigenes Leben zu führen.
Mit Noras Türenknall und ihrem finalen Ausbruch aus dem «Puppenheim» hat das
Stück Theatergeschichte geschrieben. Dass eine Mutter Mann und Kinder sitzen
lässt, führte anlässlich der Uraufführung 1879 zu Protesten von konservativen Theatergängern und sorgte für zahlreiche Fort- und Umschreibungen, Verfilmungen und
Parodien. Trotz veränderter Konstellationen im Verhältnis der Geschlechter hat das
Stück bis heute nicht an Brisanz verloren: Nora ist und bleibt eine der berühmtesten
Frauenfiguren des Welttheaters.
Henrik Ibsen (1828 – 1906) ist einer der bekanntesten norwegischen Theaterautoren.
Seine Stücke sind bis heute auf Europas Bühnen präsent. Inszeniert wird «Nora oder
ein Puppenhaus», eine Produktion des Theater Kanton Zürich, von der Churer Regisseurin Barbara-David Brüesch, die am Theater Chur zuletzt «Die Möwe» sowie
«Kabale und Liebe» gezeigt hat. Für die Bühne zeichnet die Churer Künstlerin Corinne L. Rusch verantwortlich, die in «Kabale und Liebe» bereits für die Kostüme zuständig war.
«Nora oder ein Puppenhaus»: Von Henrik Ibsen, Regie: Barbara-David Brüesch
Donnerstag, 10. April, 20 Uhr
Online-Ticketing www.theaterchur.ch
Mit: Katharina von Bock – Frau Linde, Annalisa Derossi – Anne-Marie (Kindermädchen bei Helmers), Stefan Lahr – Rechtsanwalt Krogstad, Pit Arne Pietz – Advokat
Helmer, Andreas Storm – Doktor Rank, Miriam Wagner – Nora Helmer
Regie: Barbara-David Brüesch
Bühne: Corinne L. Rusch
Kostüme: Heidi Walter
Musik: Annalisa Derossi
Deutsche Übersetzung: Hinrich Schmidt-Henkel
Produktion: Theater Kanton Zürich (Premiere am Do 27. März 2014)
Preise: CHF 42.– / 21.– erm.
Henrik Ibsen – Autor
Wurde 1828 in Skien/Norwegen geboren. Seine Familie hat deutsche, dänische und
schottische Vorfahren. Schon in seiner Kindheit beschäftigt sich der junge Ibsen mit
Theater und Malerei. 1844 geht er auf Wunsch seines Vaters bei einem Apotheker in
die Lehre. Als 17-jähriger wird er nach einem Verhältnis mit einer Dienstmagd Vater
und zu Unterhaltszahlungen verpflichtet. Während der Vorbereitung auf das Abitur
entsteht sein erstes Drama «Catalina». 1864 erhält er ein Stipendium des norwegischen Parlaments; Ibsen arbeitet für vier Jahre in Rom. In dieser Zeit vollendet er
«Peer Gynt» und pendelt in den Jahren 1867 und 1885 zwischen Rom, Sorrent,
Dresden und München und erreicht den Höhepunkt seines Schaffens. Seine Stücke
wie «Nora» (1879), «Gespenster» (1881), «Ein Volksfeind» (1882), «Die Wildente»
(1884), «Hedda Gabler» (1890) sind auf Europas Bühnen präsent. 1891 kehrt er in
seine Heimat Norwegen zurück. Am 23. Mai 1906 stirbt Henrik Ibsen in Oslo und
wird mit einem Staatsbegräbnis geehrt.
Barbara-David Brüesch – Regie
Geboren in Chur, studierte Regie an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst
Busch in Berlin. 2001 Gründung der Zürcher Gruppe «HundinHose». Seit 2001 In-
szenierungen an verschiedenen Häusern im In- und Ausland. In Deutschland am bat
Berlin/Berliner Festwochen, am TiF/Staatsschauspiel Dresden, am Staatstheater
Mainz und seit 2005 regelmässig am Staatstheater Stuttgart. In Österreich am
Schauspielhaus Graz, sowie mehrfach am Schauspielhaus Wien, in Koproduktionen
mit den Wiener Festwochen, den Bregenzer Festspielen und der Ruhrtriennale. In
der Schweiz Inszenierungen an der Gessnerallee Zürich, am Theater Neumarkt Zürich, in Bern, St. Gallen, Chur, Luzern, Winterthur sowie für die Schlossoper Haldenstein. Zuletzt inszenierte sie am Theater Basel Arthur Millers «Der Tod eines Handlungsreisenden». Am Theater Kanton Zürich inszenierte Barbara-David Brüesch
2011 Schillers «Kabale und Liebe» und 2012 «Die Möwe» von Anton Tschechow.
Ibsen über die Genesis von «Ein Puppenheim»:
Ibsen erzählte an diesem Abend in bester Stimmung die Entstehungsgeschichte von
«Ein Puppenheim».
Eine in Dänemark ansässige Frau hatte ihm in Briefen anvertraut, sie sei so unglücklich... Ibsen kannte sie aus Dresden, wo sie sich als junges Mädchen aufgehalten
hatte. Sie wohnte damals nicht weit von Ibsens in einer Pension und machte häufige
Besuche bei ihnen. Ibsen und seine Frau hatten sehr freundschaftliche Gefühle für
die nette kleine Landsmännin, die so aufgeweckt und begabt war, nicht am wenigsten in literarischer Beziehung.
Es betrübte Ibsen, dass sie in ihrer Ehe weniger zufrieden war, obwohl sie einen braven und ehrenwerten Mann hatte. Ibsen hatte ihn selbst kennengelernt, als das Paar
ihn auf einer Reise nach Italien in München besuchte und einen Abend in seinem
Haus verbrachte. Aber die Frau hatte auch andere Sorgen. Sie offenbarte Ibsen,
dass sie trotz ihrer schwachen Gesundheit ununterbrochen schreiben müsse, ein
Romankapitel nach dem andern, und wenn sie nicht umgehend einen Verleger fände
und den grossen Betrag verdiene, den sie gerade jetzt brauche, dann wär es aus mit
ihr. Ibsen gab ihr teilnehmend literarische Ratschläge.
Plötzlich kam ein Brief von ihrem Mann, der Ibsen mitteilte, dass seine Frau sich in
einer Nervenklinik befand. Das eigentliche Motiv ihrer Geisteskrankheit sollte er auch
bald erfahren.
In Ibsens Phantasie entstand allmählich das Bild seiner Nora der mutigen jungen
Ehefrau, die Urkundenfälschung begeht, um zu Geld zu kommen und das Leben ihres Mannes retten zu können, und die am Ende, da «das Wunder» nicht eintrifft, aus
der Ehe ausbricht.
Wenn Ibsen einen Mann wie Krogstad in «Ein Puppenheim» so ausgezeichnet schildern konnte, so auf Grund persönlicher Studien und bitterer Erfahrungen. Diese sogenannten Advokaten waren oft heimliche Wucherer, wie Ibsen sie in seiner ökonomischen Jugendmisere aufsuchen musste. Für Krogstad hat somit ein Rechtsanwalt
in Bergen Modell gestanden. Ibsen hat mir selbst den Namen genannt, der im Stück
nur leicht verändert ist.
Ich erlaubte mir, Ibsen zu fragen, warum er die weibliche Hauptperson in «Ein Puppenheim» Nora genannt hatte. Ohne sich zu bedenken, antwortete er: «Sie wissen
doch, dass sie eigentlich Leonore hiess, aber alle nannten sie Nora, denn sie war
das verhätschelte Kind in der Familie.»
Da die dänischen Rezensenten sich viel mit der Frage beschäftigten, ob Nora wiederkommt oder nicht, fragte ich Ibsen nach seiner Meinung. Er nahm die Frage
durchaus nicht übel. «Was weiss ich?» sagte er, und indem er Nora als ein selbstän-
diges, von ihm unabhängiges Wesen erklärte, fügte er hinzu: «Sie kann vielleicht zu
ihrem Mann und ihren Kindern zurückkehren, sie kann aber auch als Zirkuskünstlerin
umherziehen.»
John Olaf Paulsen, norwegischer Schriftsteller (1851 – 1924)
Medienmitteilung und Bildmaterial finden Sie im Bereich Medien unter
www.theaterchur.ch/medien
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