R. K. Universität Luzern Rechtswissenschaftliche Fakultät Prüfungssessionen Wintersemester 2006/07 Teststoff und Testbeispiel für die Lehrveranstaltung Einführung in die Rechtswissenschaft Prof. Paul Richli I. Teststoff Lehrbuch von Prof. Seiler bis S. 234 Skriptum von Prof. Richli einschliesslich in der Lehrveranstaltung behandelter Stoff sowie im Skriptum enthaltene Fragen und darauf bezügliche Urteile. Zum Teststoff gehören auch die Literaturauszüge im Skriptum. Es wird nicht erwartet, dass die Studentinnen und Studenten ganze Schemata und Aufzählungen sowie Urteile auswendig lernen. Wichtig ist, dass die Grundstrukturen und Grundgedanken präsent sind. II. Testbeispiel Fragebogen für die schriftliche Prüfung im Fach: Einführung in die Rechtswissenschaft Examinator/in: Prof. Paul Richli Zeitpunkt der Prüfung: Ort der Prüfung: ………………………………………......... Matrikel-Nr. ................................................................ Maturitätssprache ................................................................ Allgemeine Hinweise zur Prüfung 1. Dieser Prüfungsfragebogen umfasst 16 Seiten à 7.5 min. / Seite (die vorliegende Seite inbegriffen). Sollte eine Seite fehlen, so melden Sie sich bitte sofort bei der Prüfungsaufsicht; nachträgliche Reklamationen können nicht berücksichtigt werden. 2. Total sind bei korrekter Beantwortung der Fragen 92 Punkte erreichbar. 3. Für die Beantwortung der Fragen stehen zwei Stunden zur Verfügung. Am Ende der Prüfungsdauer w erden Sie von der Prüfungsaufsicht aufgefordert, Ihre Antworten in den Umschlag zu legen, diesen in die Kiste bei der Aufsicht zu legen, das Abgabeprotokoll zu unterschreiben und den Raum zu verlassen. Falls Sie weniger als zwei Stunden brauchen, um die Fragen zu beantworten, können Sie Ihre Lösung nach dem beschriebenen Verfahren vor dem Zeitablauf abgeben und gehen. 4. Lesen Sie bitte sämtliche Fragen sorgfältig durch, bevor Sie mit der Beantwortung beginnen. 5. Alle Antworten sind zu begründen, soweit kein gegenteiliger Hinweis bei einer einzelnen Aufgabe steht bzw. soweit angesichts der Fragestellung eine Begründung nicht entbehrlich ist. Beschränken Sie Ihre Antworten auf das Wesentliche. Pflegen Sie aber Argumentationsstil und Sprache. Richtige Antworten werden nur bewertet, soweit sie bei den gestellten Fragen stehen. 6. Es sind keine Hilfsmittel zugelassen. -1- 2 7. Bitte schreiben Sie Ihre Antworten gut leserlich auf diesen Fragebogen; falls der für die Beantwortung vorgesehene Platz nicht ausreicht, können Sie auf die Rückseite des betreffenden Blattes schreiben; sie müssen jedoch deutlich angeben, auf welche Teilfrage sich Ihre Antwort bezieht. Unleserliche Wörter oder Sätze bleiben unberücksichtigt. 8. Ein allfälliger Entwurf, den Sie zusätzlich zur "Reinschrift" einreichen, bleibt unbeachtlich. 9. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg! Fragen zu Recht und Gerechtigkeit (30 Punkte) Frage 1 S. 23 Reader Rechtsbegriff Welche beiden Arten von Rechtsbegriffen gibt es? Charakterisieren Sie diese Arten: Nennen Sie je zwei Argumente für diese beiden Arten von Rechtsbegriffen. Art Positivistischer Rechtsbegriff Nichtpositivistischer Rechtsbegriff Charakteristika - nach Weber, Kelsen - nach Alexy und Koller - durch ordentliches Gesetzgebungsverfahren entstanden (= gesetztes, geschriebenes Recht) - enthält ethische Elemente (genügt ethischen Standards) - integriert keine ethischen u. moralischen Elemente. Recht muss keinen ethischen Standards genügen. Argumente - Rechtssicherheit - Rechtsgleichheit - Recht nicht nur durch Setzung legitimiert à ethische und moralische Hinterfragung des Inhaltes - Gerechtigkeit durch Berücksichtigung ethischen und moralischen Standards - Schutzmechanismus vor Entartung des positiven Rechts Analysieren Sie den folgenden Rechtsbegriff von Max Weber: ”Eine Ordnung soll heissen: ... Recht, wenn sie äusserlich garantiert ist durch die Chance des (physischen oder psychischen) Zwanges durch ein auf Erzwingung der Innehaltung oder Ahndung der Verletzung gerichtetes Handeln eines eigens darauf eingestellten Stabes von Menschen.” (Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, 5. Aufl., Tübingen 1976, S. 17) Welche Elemente enthält dieser Rechtsbegriff, welche enthält er nicht? Der positive RB enthält: Der positive RB enthält nicht - eine reine Zwangsordnung (Ahndung der Verletzung, Erzwingung der Innehaltung) - ein ethischer / moralischer Geltungsanspruch (Element): die Norm hat keine ethische + moralische Rechtfertigung - soziologisches Element: soziologische Wirksamkeit durch Zwang, Ahndung. Die Gesellschaft wird sich u.U. der Mach fügen, weil sie Folgen scheut. - rechtliches Element im positivistischen Sinn: Recht ist äusserlich garantiert, durchsetzbar Frage 2 - kein demokratisches Element, da reine Zwangsanordnung - rechtliche Element im nichtpositivistischen Sinn Gerechtigkeitsarten Wie heissen die auf Aristoteles zurückgehenden Arten der Gerechtigkeit? vlg. S. 32 3 Ausgleichende commutative Gerechtigkeit à justitia Austeilende Gerechtigkeit à justitia distributiva - Gleichwertigkeit (Äquivalenz): Austauschprinzip (Arbeit <-> Lohn) - Gleichheitsprinzip - Verhältnismässigkeit (Proportionalität z.b. bei einer Strafe) - Umverteilung gem. Beitragsprinzip / Bedürfnisprinzip - Gerechtigkeit unter Gleichstarken - Tauschprinzip zwischen mind. 2 Parteien - beruht auf Leistung / Gegenleistung Welcher Gerechtigkeitsart ordnen Sie die folgenden Rechtsgebiete zu? • Gesellschaftsrecht à ausgleichende Gerechtigkeit (Gleichwertig, Äquivalenz) z.B. AG à Austausch von Rechten und Pflichten zw: AG und Aktionären (Aktionäre erhalten Dividende von AG, AG erhält Aktienkapital von Aktionären) • Vertragsrecht à ausgleichende Gerechtigkeit (Gleichwertig, Äquivalenz) im Zentrum steht der Wunsch nach fairen Verträgen. Es soll niemand „über den Tisch gezogen werden“. (Ware = Kaufpreis à Äquivalenz / Verhältnismässigkeit [1:1] à übereinstimmende Willensäusserung) • Familienrecht à ausgleichende und austeilende Gerechtigkeit (Gleichheit-, Beitrags, Bedürfnisprinzip) ausgleichend: unter Ehepartnern (Austauschbeziehungen à der eine Teil macht Hausarbeiten, der andere geht einer externen Beschäftigung nach) austeilend: Unterhalt und Erziehung der Kinder (staatl. geforderte Leistungen), erbrechtliche Fragen • Haftpflichtrecht à ausgleichende Gerechtigkeit (Äquivalenz, Gleichwertigkeit) Ausgleich widerrechtlicher Schadenszufügung (z.B. Wiedergutmachung, Schadenersatz) Wie beurteilen Sie die Studiengebühren an der Universität Luzern unter Aspekten der Gerechtigkeit, insbesondere der Gleichheit und der sozialen Gerechtigkeit? Die Studiengebühren stehen unter dem Aspekt der sozialen Gerechtigkeit und der Gleichheit (austeilende Gerechtigkeit). Die Kosten sind für alle gleich und sollen demnach nicht zu einem Hindernis für sozial schwächer Gestellte sein. Stipendien runden allzu grosse finanzielle Engpässe ab. Man kann es auch von einer anderen Warte aus betrachten und den Fokus auf die gesamte Gesellschaft erweitern: es ist im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr als gerecht, wenn, in Anbetracht, dass jemand der eine Lehre absolviert hat heute dazu veranlasst ist sich weiterzubilden und die entsprechenden Kosten selber berappen muss, auch Studenten zur eigenen soliden Ausbildung einen minimalen Beitrag beisteuern (Stärkung des Verantwortungsgefühl). Frage 3 Prinzipien der Gerechtigkeit Welche Grundsätze oder Prinzipien der Gerechtigkeit kennen Sie? 1. Bedürfnisprinzip 2. Vertragsprinzip 3. Leistungsprinzip 4. Gleichheitsprinzip S. 34 Reader, S. 57 Seiler 4 5. Gleichberechtigungsprinzip 6. Autoritäres Machtprinzip Alle dieser Prinzipien sind Möglichkeiten für eine gerechte Verteilung. Gleichwertigkeitsprinzip (Äquivalenz) Verhältnismässigkeit Beitragsprinzip Treu und Glaube Verbot des Rechtsmissbrauch Willkürverbot öffentliches Interesse ODER nach Höffe: - honeste vive à „lebe ehrenhaft“ - neminem laede à „tue niemandem unrecht“ - suum cique tribuendi à „gewährleiste jedem das Seine“ weitere: - pacta sunt servanda à Verträge / Abmachungen sind einzuhalten - Verbot des Richters in eigener Sache (nemo est iudex in causa sui) - pers. Unabhängigkeit, institutionelle Unabhängigkeit - Rechtliches Gehör (audiatur et altera pars) Exkurs zu Recht und Gerechtigkeit a) materiale Gerechtigkeitstheorie à geht davon aus, dass es bestimmte ethische, sittliche Werte gibt, die a priori gelten. b) Verallgemeinerungsfähigkeit à was du nicht willst, was man dir tut, das fü auch keinem anderen zu. à nach Immanuel Kant: kategorischer Imperativ ((kategorisch verpflichtendes Gebot). à wer z.b. Meinungsfreiheit für sich fordert, muss diese auch den anderen zugestehen. c) Utilitarismus à grösstes Glück der grössten Zahl (kann auch gut missbräuchlich verwendet werden) d) prozedurale Gerechtigkeit à Verzicht auf inhaltliche Kriterien, Verfahren allein sorgt dafür, dass ein als gerecht akzeptiertes Resultat resultiert e) Diskurstheorie à herrschaftsfreier Diskurs führt zu einer fairen Lösung à gemeint ist jedoch nicht, dass alle Streitfragen bis zum Konsens auszudiskutieren seinen, zumal es den idealen Diskurs in der Realität kaum gibt (selten beide Parteien gleich lange Spiesse). à vielmehr ist es ein Gedankenexperiment: gerecht ist jene Lösung, der unter den idealen Bedingungen alle zustimmen können. zu Seiler S. 56 5 Frage 4 Recht und Gerechtigkeit Hat Gerechtigkeit etwas mit Recht zu tun, oder eher mit Religion? S. 38 Reader mit beidem Religion als Quelle unseres Weltkonsenses, als Grundlage unserer Kultur stellt ein prägendes Element des Gerechtigkeitsempfindens dar. Die Verallgemeinerungsregel „was du nicht willst, was man dir tut, das füg’ auch keinem anderen zu“ ist insofern schon religiös begründet und wird schon in der Bibel erwähnt. Die Religion hat in den letzten Jahrhunderten einen entscheidenden Beitrag zum heutigen Verständnis von Gerechtigkeit geleistet. Obwohl Recht und Religion heute weit getrennter sind als früher, können Sie dennoch nicht isoliert voneinander betrachtet werden. Wenn auch aus heutiger Sicht Gerechtigkeit eher mit Recht als mit Religion zu tun hat. Das „richtige“ Recht soll die Prinzipien der Gerechtigkeit verkörpern. Jeder Mensch hat ein angeborenes Gerechtigkeitsgefühl, welches er im Recht bestätigt haben will. Das Recht ist ein Versuch diesem Gerechtigkeitsgefühl Ausdruck zu geben. Recht und Gerechtigkeit sind miteinander verbunden. Einige Grundwerte der Gerechtigkeit und des Rechts haben Ihren Ursprung aber in religiösen Vorstellungen, so z.B. Grundbegriffe wie Menschenwürde, Idee d. sozialen Freiheit, Gewissen… Man kann sagen, das Recht hat zwar die Religion als Hüterin der Gerechtigkeit abgelöst, hat sich aber vorgängig reichhaltig an diesem Fundus bedient und der Religion trotz allem gewisse „Kompetenzen“ in dieser Hinsicht überlassen. Frage 5 Naturrecht Welche Arten von Naturrecht werden unterschieden? S. 34, S. 37 Reader / S. 47 Seiler Anthropologisches Naturrecht (Aristoteles) Die Befolgung der Naturgesetzte sind Voraussetzung dafür, dass der Mensch seiner eigenen Natur gemäss leben kann oder, moderner gesagt, sich als Person entfalten kann. Basiert auf der Idee, dass der Mensch von Natur aus ein politisches Wesen sei und als Gemeinschaftswesen Normen brauche. Religiöses Naturrecht (Thomas von Aquin, 1225 – 1274 u.a. Priester) Religiös legitimiert durch die Idee der göttlichen Macht (lex aeterna à ewiges Gebot), welche die Schöpfung lenkt. Menschen haben Teil an der göttlichen Schöpfung. S. 37 Seiler Rationales Naturrecht (Locke, Rousseau, Kant, Hegel) Vernunftmässig legitimiert, wenn der Mensch seine Vernunft gebraucht, erkennt er die natürlichen Gesetze, welche ihm helfen, die menschl. Gemeinschaft zu organisieren. Nennen Sie ein Argument für und ein Argument gegen das Naturrecht. Dafür: + Naturrecht setzt sich über scheinbar legitimierte staatliche Zwänge à hilft Grundrechte, Menschenwürde zu wahren (vorpositiver Charakter). Recht stehe dem Menschen universell von Natur aus zu, sei also natürlich gegeben. + Grundlage der modernen Verfassung, bes. der Grundrechte. + weder auf politischen Ideen, noch auf Religion aufbauend 6 Dagegen - kann missbräuchlich verwendet werden und Opfer einer Oligarchie oder einzelnen Personen werden à Tyrannei, Willkür - es gibt in der Entwicklung des Rechts keine eindeutige, unveränderbare Auffassung von Naturrecht. Kann nicht ein für allemal feststehen (Wandelbarkeit der Lebenswirklichkeit). Frage 6 Recht und Sitte Wodurch unterscheidet sich das Recht von der Sitte? Seiler S. 12 u. S. 17 Recht im Gegensatz zur Sitte ist - - rechtsverbindlich, wer Regelungen nicht einhält, handelt rechtswidrig (bei Sitte: gesellschaftl. Ächtung) staatl. durchsetzbar, rechtlich erzwingbar (meistens à Völkerrechte z.B. können nicht zwangsweise durchgesetzt werden, weil die einzelnen Staaten souverän sind à keine Weltpolizei). formell (das Recht ist von einem ordnungsgemäß zuständigen Organ [gesetzgebendes bzw. rechtsetzendes Organ] in einem ordnungsgemäßen Verfahren erlassen worden) oder materiell (das Recht entspricht inhaltlich gewissen Anforderungen, es ist „richtiges, „gerechtes“ Recht) legitimiert Gleich zur Sitte - gilt für die Allgemeinheit (generell - für eine Vielzahl von Personen, abstrakt - für eine Vielzahl Fälle / Sachverhalte, Gegenteil: individuell-konkret) ist eine Sollensnorm heteronome Verbindlichkeit (fremdbestimmte Geltung) 7 Rechtswissenschaft und andere Wissenschaften (6 Punkte) Frage 7 Rechtswissenschaft Wie unterscheidet sich die Rechtswissenschaft von der Mathematik? Seiler S. 9 In der RW (Textwissenschaft) gibt es keine absolute Wahrheit, keine strenge Logik, sie ist nicht eindeutig definiert wie eine mathematische Formel, daher kann sie auch nicht (oder nur beschränkt) verifiziert (nachprüfen, bestätigen) oder falsifiziert (widerlegen) werden. Recht enthält wertende Elemente. - Rechtwissenschaften: normativ (regelgebend) / präskriptiv (auf Vorschriften beruhend), Sollensordnung, nicht falsifizierbar, wenig Experimente - Mathematik: deskriptiv (beschreibend) oft mittels Formeln und Modellen, Seinsordnung, falsifizierbar, mehr Experimente Beide zählen als Geisteswissenschaften zu den Kulturwissenschaften (Soz.w.; Soziologie, Wirtschaft) Mit welchen Methoden arbeitet die Rechtswissenschaft? Reader S. 39, Seiler S. 233 Systematisieren, Anwenden, Auslegen (Hermeneutik), Argumentieren, Konzipieren (Gesetze, Verträge, Statuten etc.) und Vergleichen (Rückblick: Rechtsgeschickte, Querblick: horizontaler Rechtsvergleich) methodische, normative Vorgehensweise. Entscheidend ist die Offenlegung der Auslegeelemente, so dass die Nachvollziehbarkeit der Argumentation möglich ist. Frage 8 Rechtsphilosophie Womit beschäftigt sich die Rechtsphilosophie? S. 41 Reader, S. 56 – 58 Seiler Frage nach der Gerechtigkeit im Recht, nach Sinn, Zweck, Funktion und Legitimität des Rechts, Frage des Staates Die Hauptfrage der Rechtsphilosophie ist die Frage nach der materialen (gerechtes Recht, anwendbares Recht, wirklich Gerechtigkeit à „pacta sunt servanda“) und formalen (richtig Zustande gekommen) sowie prozeduralen Gerechtigkeit (gerechte Anwendung des Rechts). Es handelt sich um einen Ausschnitt der Fragen nach Ethik und Moral in Bezug auf Rechtsfragen. Die Kernfrage geht dahin, ob es vorgegebene objektive Maßstäbe der Gerechtigkeit gibt, die der Gesetzgeber beachten muss, wenn er neue Gesetzte schafft und ebenso der Jurist, wenn er bestehende Gesetzte anwendet. Die Rechtsphilosophie beschäftigt sich also mit dem Sinn und der Funktion des Rechts: Was kann, darf und soll das Recht leisten? à interne Überwachungseinheit des juristischen Gebäudekomplexes. Ein weiterer Zentralbegriff der RP ist die Frage des Staates, seiner Existenz und seiner Aufgaben, insbesondere als Quelle und Garant des Rechts. Frage 9 Rechtsökonomie Womit beschäftigt sich die Rechtsökonomie? S. 41 Reader, S. 74 Seiler Frage nach der wirtschaftlichen Wirksamkeit des Rechts, postuliert Anreize statt Gebote Rechtsökonomie beschäftigt sich mit den finanzeillen Folgen, die eine bestimmte Norm auf die Wirtschaft hat. Es stellt sich die Frage, wie eine Rechtsnorm beschaffen sein muss, damit sich daraus der grösstmögliche Nutzen (Utilitarismus) ergibt (à ökonomische Analyse). Auch sie ist mehr ein Teil der Wirtschaftwissenschafen, denn der Jurisprudenz. Es geht mehr um eine ökonomische Analyse des Rechts bzw. der Politk, denn um eine spezifische wissenschaftliche Auseinandersetzung von Rechtsgelehrten mit der Ökonomie. Im Vordergrund steht die Frage bzw. die Forderung nach einer Ausrichtung des Rechts auf ökonomische Effizienz. Dem Recht wird die Aufgabe zuerkannt, für eine optimale Allokation (= Zuweisung von finanziellen Mitteln) der knappen Ressourcen zu sorgen. 8 Rechtssoziologie: Frage nach der sozialen Wirksamkeit / wie sich das Recht in der Gesellschaft tatsächlich auswirkt. Rechtsethik: Teilbereich der Rechtsphilosophie. Beschäftigt sich mit den ethischen Aspekten der Rechts-Ordnung und fragt, wie weit Recht ethische Standards sichern und einschliessen muss. Rechtspsychologie: Frage, wie Rechtssubjekte durch bestimmte Normen motiviert oder demotiviert werden, also Frage nach der Befindlichkeit der Menschen. Recht und Staat (8 Punkte) Frage 10 Staat ohne Recht Kennen Sie ein Recht ohne Staat in der Vergangenheit bzw. in der Gegenwart? S. 14, 37, 34 Seiler Das christliche Kirchenrecht ist nicht an einen Staat gebunden, auch wenn der Staat die Kirche unterstützen kann. Es ist ausserhalb staatlcher Strukturen entstanden. Ebenso hat das kirchliche islamische Recht eine personale Geltung über ein Gebiet, das kein Staat darstellt. Es gibt den Staat „Islam“ nicht. Ausserstaatliche Rechte: Kirchenrecht, Naturrecht, Historisches Recht,… Nuer (im heutigen Afrika beheimatete Ethnie) Beispiel für ein Leben mit wenig Recht normativer Art, sowie für ein Konfliktlösungsmodell in einer Gesellschaft, in der neben einer Autoritätsperson (Mann im Leopardenfell) auch Religion und gesellschaftlicher Druck wirken. Verknüpfung von Recht, Religion und Moral. Frage 11 Römisches Recht Kennen Sie einen Satz oder ein Prinzip des römischen Rechts? - Pacta sunt servanda („Verträge sind einzuhalten“, einmal Vereinbartes soll eingehalten werden) - honeste vive (Lebe ehrenhaft) - neminem laede (Tue niemandem Unrecht) - suum quique tribue (Gewährleiste jedem das Seine) Nulla poene sine legere, was bedeutet – „keine Strafe ohne Gesetz“. Diese Maime hat im Strafrecht fundamentalste Bedeutung und geht in ihrem Grundgedanken zurück bin hin zum röm ischen Philosophen Cicero. Im Strafrecht wird niemand bestraft, wenn es für sein eventuell ta tbestandmässiges Verhalten nicht eine gesetzliche Grundlage gibt, nach der er wegen verübten Untechts zur Rechenschaft gezogen werden und bestraft werden kann. Frage 12 Utilitarismus Charakterisieren Sie den Utilitarismus. - S. 58 und S. 31 Seiler, S. 33 Reader Nach utilitaristischer Überzeugung ist ein Zustand anzustreben, in dem möglichst der Gesamtnutzen maximiert wird: „Das grösste Glück der grössten Zahl“ Recht soll nützlich sein. Gemäß Utilitarismus ist Recht legitim, weil es den gesellschaftlichen Nutzen maximiert (rationalistisch legitimiert) Fehlen der Verteilungsfrage; Wahl des Einzelnen geht verloren; Sklavenwirtschaft wird möglich Jeremy Bentham (1748–1832) „Handle so, dass das größtmögliche Maß an Glück entsteht!“ (Maximum-Happiness-Principle). 9 Nach Utilitarismus soll alles Handeln der Glücksmaximierung der Allgemeinheit dienen. Die Rechtsordnung soll also möglichst nützlich im Sinne der Glückmaximierung der Allgemeinheit sein. Um dieses Ziel zu erreichen setzt der Utilitarismus eine rechtliche Entscheidung darüber voraus, was „richtig“ ist und kann nicht selber inhaltliche Kriterien darüber abgeben. Der Utilitarismus lehnt demnach alle religiösen, ethischen oder naturrechtlichen Grundlagen des Rechts ab und nimmt zudem keine Rücksicht auf soziale Ungerechtigkeit, die in diesem System sehr leicht entstehen können. Kritik: Das Wohl des Einzelnen geht dabei verloren, Fehlen der Verteilungsfrage, Sklavenwirtschaft wird möglich (einige wenige Arbeiten zu Gunsten der anderen). Oder auch die Sozialistische Sowjetrepublik. Technokratismus: wie U. gefundenes Recht, sagt R. sei legitim, weil es sachgerechte Lösungen erlaube. Technokratie bezeichnet - oft im abwertenden Sinne - eine Regierung von Fachleuten und Experten. Kennzeichnend für technokratische Regierungen ist die Ausrichtung ihrer Entscheidungen (ausschließlich) an wissenschaftlich-technischen Argumenten und Sachzwängen. Im Vordergrund steht die rationale, effektive Planung und Durchführung zielorientierter Vorhaben. Während sich die Aufmerksamkeit ganz auf Mittel und Wege konzentriert, verringert sich die Bedeutung dem okratischer Willensbildung und politischer Entscheidungsprozesse hinsichtlich der Wahl gesellschaftlicher Ziele. Frage 13 Legitimitätsgrundlagen des Rechts Wo liegt der Unterschied zwischen gesetztem und gefundenem Recht? Gesetztes Recht (Positivismus) à formelle Legitimation: Recht ist von einem ordnungsgemässen zuständigen Organ (gesetzgebendes bzw. rechtssetzendes Organ wie Monarch, Parlament etc.) in einem ordnungsgemäßen Verfahren erlassen worden. aufgeschriebenes Recht, vom legitimen Gesetzgeber erlassen, input-orientiert Gefundenes Recht à materielle Legitimation (durch Vernunft) Recht entspricht inhaltlich gewissen Anforderungen („richtiges“, „gerechtes“ Recht). Lässt sich erkennen, wenn vernünftig überlegt. Wird, ist also vernunftmäßig legitimiert (rationalist. Naturrecht; Utilitarismus; Technokratismus) Geoffenbart: göttlich legitimiert (christl. Naturrecht) Geworden: Gewohnheitsrecht Geschaffen: Richterrecht (Praxis, Präjudizien); Juristenrecht (von Rechtsgelehrten) Wie legitimieren sich die folgenden Verfassungen: Legitimationsgrundlagen (geoffenbartes / gewordenes / gesetztes / geschaffenes / gefundenes Recht) • Italienische Verfassung Art. 2 Die Republik anerkennt und gewährleistet die unverletzlichen Rechte des Menschen, sei es als Einzelperson, sei es innerhalb der sozialen Gemeinschaften, in denen sich seine Persönlichkeit entfaltet; sie verlangt die Erfüllung der unabdingbaren Pflichten politischer, wirtschaftlicher und sozialer Solidarität. gefundenes Recht (Grundrechte à rationales Naturrecht) (+ gesetztes Recht) Die Legitimation ist das Volk, das seine eigene Führung wählt und sich danach ihrem gerechten Willen zu beugen hat. Es ist die Legitimationsgrundlage einer aufgeklärten, westeuropäischen Demokratie, die ihre Ursprünge in der Kodifikation (systematische Zusammen- S. 46 Seiler 10 fassung des für einen bestimmten Lebensbereich geltenden Rechts in einem zusammenhängenden Gesetzeswerk (Gesetzbuch)) des römischen Rechts fand und mit verschiedenen Einflüssen aus Naturrecht, Aufklärung etc. schließlich ihre Mischung fand, wie sie in den meisten n I dustriestaaten und auch anderen Ländern westlicher Prägung vorherrscht. Kurz gesagt: gefundenes Recht und gesetztes Recht. • Saudi-Arabisches Grundgesetz der Herrschaft vom 1. März 1992 Im Namen Allahs, des Erbarmers und des Barmherzigen Art. 1 Das Saudi-Arabische Königreich ist ein souveräner arabischer, islamischer Staat, dessen Religion der Islam und dessen Verfassung das Buch Allahs, des Erhabenen, und die Sunna seines Propheten sind. Art. 7 Die Herrschaft im Saudi-Arabischen Königreich beruht auf dem Buche Allahs, des Erhabenen, und der Sunna seines Propheten. Beide sind das Bestimmende für dieses Gesetz und für alle Gesetze des Staates. Art. 45. Quelle der islamischen Rechtsetzung im Saudi-Arabischen Königreich sind das Buch Allahs, des Erhabenen, und die Sunna seines Propheten. Das Gesetz bestimmt die Zusammensetzung des Instituts der Gross-Ulama, die Modalitäten seiner Forschungstätigkeit und seiner Beratung sowie seine Kompetenzen. Art. 55. Der König regiert die Nation mit einer auf Recht gegründeten Politik entsprechend den Regeln des Islam. Er kontrolliert die Anwendung der islamischen Schari’a, die allgemeine Politik des Staates, den Schutz des Landes und dessen Verteidigung. geoffenbartes Recht (göttlicher Ursprung, durch Allah legitimiert) und gesetzte Recht Die Verfassung wird durch den Schöfer der Religion, Allah, legitimiert. Seine Worte des Korans sind Quelle der Legitimation, zusammen mit der Sunna (Anhänger dieser „Handlungen“ und „Duldungen“ sind die Sunniten) seines Propheten Mohammed, der den Menschen den Islam brachte. Der König steht unter Gottes Gnaden (ähnlich dem Absolutismus) und hat dafür Sorge zu leisten, dass das aus dem Koran abgeleitete Gesetz, Schari’a, eingehalten wird. Der Saudi-Arabische Staat ist somit durch Gott legitimiert und darf als „Gottesstaat“ bezeichnet werden. Eine demokratische Legitimation ist demnach nicht möglich und sogar abzulehnen, denn nur Gott allein bestimmt, was Rechtens ist und was nicht. Wer an dieser Gesellschaft teilhat, unterwirt sich dieser Legitimation ganz einfach, ohne ein Anrecht auf Mitbestimmung in der Gesetzgebung. Selbst der König hat sich den Worten Allahs zu unterwerfen und seinen Richtlinien folge zu leisten. Gliederung des Rechts (9 Punkte) Frage 14 Unterteilungen des Rechts Sind folgende Bestimmungen privat- oder öffentlichrechtlich? • die Bestimmungen im ZGB über das Vormundschaftsrecht Privatrecht, obwohl sie aus heutiger Sich öff.-rechtl. Charakter haben. Das Vormundschaftsrecht ist an sich im Privatrecht geregelt. Da die Vormundschaftsbehörde jedoch ein behördlicher Betrieb ist, der die Anordnungen ex offcio durchsetzt, kann hier von einer öffentlichen Bestimmung im Kleide einer privatrechtlichen Platzierung gesprochen werden. Die Behörde, der Staat amtet hoheitlich. • das Bundesgesetz über die Raumplanung RPG => öffentl. Recht Klassisch öffentliches Recht. Der Bund und im Feinschliff die Kantone und Gemeinden sind für die umfassende Raumplanung zuständig. Gegen solche Vorgehen kann zwar unter Umständen Einsprache erhoben werden, aber eine eigenmächtige Gestaltung von Privaten ist in dem Sinne nicht erlaubt. S. 77 Seiler 11 Welches Gesetz entspricht in Deutschland der BV? S. 21 Reader Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, (ZGB entspricht dem bürgerlichen Gesetzbuch BGB) Nennen Sie einen Unterschied zwischen schweizerischem und deutschem Recht. In D: - Geringere Rückkopplung durch Volk. Bei Revisionen des GG kein obligat. Ref. erforderlich. Parlament entscheidet (Bundestag und Bundesrat). à Kein Referendum (indirekte Demokratie) auf Bundesebene. - Verfassungsgerichtsbarkeit Existenz des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe welches über die Einhaltung des Grundgesetzes wacht. Seit seiner Gründung im Jahre 1951 hat das Gericht dazu beigetragen, der freiheitliche-demokratischen Grundordnung Ansehen und Wirkung zu verschaffen. Das gilt vor allem für die Durchsetzung der Grundrechte. Zur Beachtung des Grundgesetzes sind alle staatlichen Stellen verpflichtet. Kommt es dabei zum Streit, kann das Bundesverfassungsgericht angerufen werden. Seine Entscheidung ist unanfechtbar. An seine Rechtssprechung sind alle übrigen Staatsorgane gebunden. Ein solches Gericht existiert in der Schweiz nicht, wir haben also keine Verfassungsgerichtsbarkeit. Die Universität Luzern hat für die Aula am Hirschengraben Nr. 10 180 Stühle mit Klapptischchen angeschafft. Unterstand dieser Vertrag dem Privatrecht oder dem Verwaltungsrecht? Privatrecht, Uni als juristische öff. Person tritt nicht hoheitlich auf, Gleichordnung der Vertragpartner. Frage 15 Rechtsgebiete Welchem Rechtsgebiet (Staatsrecht, Verwaltungsrecht, Privatrecht, Strafrecht) gehören folgende Rechtssätze an? S. 89 Seiler / S. 17, 18 Reader Staatsrecht Verwaltungsrecht Alle Menschen sind rechtsfähig. Das Aktienkapital einer Aktiengesellschaft muss mindestens 100‘000 Franken betragen. Wer öffentlich zu einem Verbrechen auffordert, wird mit Zuchthaus bis zu drei Jahren oder mit Strafrecht X (ZG), Grundsatz betrifft natürliche Person. Die steuerpflichtige Person hat jedes Jahr bis Ende März eine Steuererklärung auszufüllen und bei der Steuerverwaltung einzureichen. Grundlage und Schranke des staatlichen Handelns ist das Recht. Privatrecht X (Verfügungsrecht) X X (OR (ist ja teil des ZGB), Gesellschaftsrecht) X (StGB) 12 Gefängnis bestraft. Wer eine Leistung nach diesem Gesetz in An- X (Gebühspruch nimmt, muss eine Gebühr dafür entrichten. renverordnung für staatliche Leistungen an Private) Rechtsquellen (5 Punkte) Frage 16 Rechtsquellen im Allgemeinen => Gesetzesrecht, Gewohnheitsrecht, Richterrecht gem. Art. 1 ZGB etc. Welche Art von Recht dominiert aus quantitativer Hinsicht in der heutigen Rechtsordnung? Ist dies Ihres Erachtens richtig? Heute dominiert das geschriebene, positive Recht. Ist m. E. richtig, es gewährt Rechtsicherheit und Rechtsgleichheit, da man sich jederzeit auf eine geschriebene Norm berufen kann, ist dies denn von Nöten („Orientierungshilfe“). Das nichtpositivistische darf jedoch nicht ausser Acht gelassen werden. Ethische Standards und gesellschaftl. Entwicklungen sollen mit berücksichtigt werden. (Siehe auch Frage 1). Aspekt der Gerechtigkeit darf nicht ausgeblendet werden. Frage 17 Rechtsgrundlage Am Schwanenplatz halten sich über den Sommer häufig Musikanten auf. Die umliegenden Geschäfte finden das ärgerlich und verlangen vom Stadtrat Massnahmen. Dieser überlegt sich, auf welcher Regelungsstufe er eine Bewilligungspflicht einführen müsste. Was raten Sie dem Stadtrat? Stadtrat kann VO (Vollzugsverordnung) erlassen, sofern er aufgrund eines formellen Gesetzes dazu Kompetenz hat. (Wichtig: Rahmen einhalten). Eine Verordnung genügte alleine nicht, da im Grunde genommen in die Bewegungsfreiheit dieser Leute eingegriffen würde. Es braucht also ein gesetztes Recht und zwar ein Gesetz im formellen Sinn. Mind. auf Gesetzesebene, da Einschränkung von Grundrechten der Musiker & persönliche Entfaltung Wenn mit Kosten verbunden; braucht immer ein formelles Gesetz. Frage 18 Normenhierarchie Der Kanton X findet, dass das Personenrecht des ZGB inhaltlich in wesentlichen Punkten nicht mehr den heutigen Ansprüchen genüge und erlässt ein eigenes Personenrecht. Ist dieses Vorgehen zulässig? Grundsatz: Nein, Privatrecht ist Bundessache. Kantonales Zivilrecht nur zulässig, wenn im Bundeszivilrecht ausdrücklicher Vorbehalt (Art. 5 / 888 ZGB) Hier handelt es sich um wesentliche Punkte, deshalb nein. Dieses Vorgehen verstösst gegen die Normenhierarchie, wonach das Bundesrecht kantonales Recht bei einer Normenkollision bricht. Das ZGB ist Teil des Bundesrechts und somit für alle Kantone massgebend. Die Kantone haben sich daran zu halten, als sie nicht gewillt S. 61 Seiler 13 sind Bestimmungen einzuführen, die die Situation der einzelnen Bürger auf Kantonsverfassungsebene verbessern. Das ZGB fällt jedoch nicht unter diese Berechtigung. Bundesrecht hat Vorrang vor kantonalem Recht. Kantonales Recht darf nicht wiedersprechen. (Gebietskörperschaft: Völkerrecht; Bund, Kanton, Gemeinde Gesetzgeber in Bund, Kanton, Gemeinde) Frage 19 Geltungsbereich von Rechtsnormen Der Kanton X verbietet auswärtigen Drogensüchtigen die Einreise auf sein Gebiet. S. 143 Seiler Ist diese Bestimmung unter Aspekten des Geltungsbereichs zulässig? S. 33 Reader territorialer Geltungsbereich à gegeben (Norm gilt nur auf kantonalem Territorium) zeitlicher Geltungsbereich à Norm wirkt nicht zurück à gegeben à folglich wäre dies zulässig gestützt auf den Geltungsbereich personeller Geltungsbereich (gilt nur für Drögeler und tangiert andere nicht)à gegeben à keine Auswirkung auf Zulässigkeit (irrelevant). v.s. BV à widerspricht der BV à Diskriminierung, Niederlassungsfreiheit (Normenhierarchie à Bund über Kanton [Gebietskörperschaft]) Bsp.: Darf Kt. Regel erlassen, dass keine Arzneimittel auf Kantonsgebiet importiert werden dürfen? Ja, da BGE in diesem Fall diese Freiräume schafft à territorialer Geltungsbereich. Für die Praxis: Nein, dies ist nicht zulässig, denn in der Schweiz hat jeder Schweizer Bürger das Recht, sich zwischen Kantonen frei zu bewegen. Es ist das Grundrecht der Niederlassungsfreiheit (Art. 24 Abs. 1 BV). Die Kantone sind nicht befugt, solch ein Einreiseverbot zu verhängen (ind. Diskriminierung). ð Es geht um den Geltungsbereich. räumlich = personal und territorial (Konflikt, wenn personales Recht territoriales Geltung beansprucht, z. B. Anwendung islamischen Rechts auf Nicht-Moslems) Personal / nicht staatl. Recht. Kath. Kirchenrecht (nur für Kath.) Recht eines Vereins nur für Vereinsmitglieder. Zeitlich ja, da nicht rückwirkend Grundelemente des Rechts (16 Punkte) Frage 20 Arten von Rechtssubjekten Zu welcher Kategorie von Rechtssubjekten gehören? vgl. OR + ZGB, Seite 19 • Ex-Botschafter Thomas Borer nat. Pers. • die Stadt Luzern? Jur. Pers. des öff. Rechts (staatlich, hoheitlich, Legalitätsprinzip à Verpflichtung der Ermittlungsbehörden zur Strafverfolgung bei Verdacht) • ein Fussballclub? Wenn Verein: jur. Pers. des Privatrechts, andernfalls nat. Personen oder einf. Gesellschaft (Verein / AG à OR [Privatrecht] geregelt. • eine GmbH? 14 Jur. Pers. des Privatrechts (im OR [Gesellschaftsrecht] geregelt. Unterteilung des Rechts Nach Rechtssubjekt: Nat. oder jur. Pers. (des Völkerrechts, Privatrecht, öff. Recht) Keine Jur. Pers.: einfache Gesellschaft, Kollektivgesellschaft Jur. Pers. Öff. Recht: Gebietskörperschaften (Bund, Kanton, Gemeinden), SBB, SUVA, SNB, Kirchen, Religiosngemeinschaften Nach Rechtsobjekt (materielle, immaterielle Güter) ð Tiere: Zwischenkategorie, teils teils Frage 21 Arten von Rechten Wie unterscheiden sich absolute und relative Rechte? Abs. Rechte à können gegen jedermann (erga omnes) geltend gemacht werden, z.B. Grundrechte Anspruch einer Person gegenüber jeder Person, losgelöst von bestimmtem Rechtsverhältnis, müssen von allen respektiert werden. Z. B. Eigentumsrecht Rel. Rechte à können nur gegen bestimmte Personen geltend gemacht werden (meistens Obligation / Schuldverhältnis) Anspruch einer Person aufgrund einer bestimmten Beziehung (Relation) gegenüber bestimmter Person / Personenkreis. Z.B. Obligation, Ehepartner Der Kreis der Verpflichtungen ist begrenzt und bestimmt. Abs. und rel. Rechte sowie Gestaltungsrecht = subjektive Rechte (Gestaltungsrecht: Gibt dem Berechtigten die Möglichkeit, durch einseitige Willenserklärung eine bestehende Rechtslage zu ändern. (Z. B. Kündigung eines Vertrags, Scheidung etc.) Sind die folgenden Rechte absolute oder relative? • S. 162 Seiler Das Recht der Darlehensgeberin auf Rückzahlung des Darlehens? à rel. (nur 2 Personen: Darlehensgeberin [Gläuberin] <-> Darleher [Schuldner]) • Das Recht der Eigentümerin eines Bildes auf das Bild? à abs (Grundrecht à erga omnes) • Das Recht auf Beförderung im Zug aufgrund eines gültigen Billets? à rel. (SBB <-> Passagier) • Das Recht auf Schutz vor Beeinträchtigung in der Privatsphäre? à abs. (Grundrecht à erga omnes) Frage 22 Arten von Rechtsverhältnissen Die W AG ist Eigentümerin des Wellnessparks Titlis. Sie hat den Park an B verpachtet, der den Park betreibt. G löst eine Eintrittskarte, kleidet sich um und macht sich auf den Weg ins Schwimmbad. Er übersieht, dass auf dem Boden eine Seife liegt, steht darauf und gleitet aus. Dabei bricht er sich ein Bein. Welche Arten von Rechtsbeziehungen (privat-/öffentlichrechtliche; gesetzliche/rechtsgeschäftliche) entstehen in diesem Sachverhalt zwischen wem? S. 170 Seiler 15 W und B rechtsgeschäftlich, privatrechtlich (Pachtvertrag, Dauervertrag) privatrechtlich, gesetzlich (Haftbarmachung d. WAG vs Y) B und G rechtsgeschäftlich, privatrechtlich (Badevertrag à Vertragshaftung, einmaliges RV) W und G gesetzlich, privatrechtlich (Schadenersatz wegen Grundeigentümerhaftung, Haftbarkeit), Ausservertragliche Haftung der W AG als Werkeigentümmerin nach Art. 58 OR Ev. G und B gesetzlich, privatrechtlich (Geschäftsherrenhaftung OR 55) G und Unfall.-Vers. (SUVA) gesetzlich, öffentlich- (UVG) oder privatrechtl. (je nach Ergänzungsleistungen) Entstehung von Rechtsverhältnissen Privatrechtlich: beruht auf Willensäusserung; setzt Willensfreiheit voraus. Öffentl. rechtl.: beruht auf dem Legalitätsprinzip (RV kommen vor, aber selten) Gesetzlich - unbedingt (Steuerpflicht) - Realhandlung (Geburt; Lehrkräfte erteilen Unterricht) Rechtsgeschäftlich - Verpflichtungsgeschäft (zwei- oder mehrseitig, z. B. Vertrag) - Verfügungsgeschäft (einseitig, z. B. Testament schreiben, Schuldenerlass) - Ausübung Gestaltungsrecht (einseitig, z. B. Kündigung Arbeitsvertrag) Durch behördliches Handeln - Verfügungshandeln (Bewilligung einer Demo) - Verfügungsfreies Handeln (falsch parkiertes Auto abschleppen) - Urteil Frage 23 Arten (Struktur) von Rechtsnormen Welches ist der Unterschied zwischen einer Konditional- und einer Finalnorm? Konditionalnorm: regelt Rechte und Pflichten à wenn…dann (Bedingung im TB à wenn erfüllt à RF), inputorientiert „Wer einen Menschen tötet, wird …… bestraft.“ Sie ist die so genannte klassische Normstruktur (wird häufig als Rechtssatz bezeichnet). Der Rechtssatz stellt ein hypothetisches Urteil dar nach der Idealformel: Wenn A erfüllt ist, dann folgt B, wobei aber noch ungewiss (hypothetisch) ist, ob A erfüllt ist: A wird der Tatbestand genannt, B. die Rechtsfolge. Die Rechtsfolge tritt nur ein, wenn sich der Tatbestand verwirklicht. Die Konditionalform ist input-orientiert (wenn getötet wird – Input – wird Strafmass abgeleitet): Determinierend (bestimmend) ist ein bestimmter gesetzlich umschriebener Tatbestand an den eine bestimmte Rechtsfolge anknüpft. ð Kategorische Norm (Unterfall Konditionalnorm): „Jedermann ist rechtsfähig“ (Wer ein Mensch ist, ist rechtsfähig.) S. 188 Seiler / S. 45 Reader 16 Finalnorm Zielnorm, Zielvorgaben an Politik, legt Zielvorgabe für staatl. Handeln fest – output-orientiert. Das heisst, sie geben eine bestimmte Zielrichtung an, enthalten aber weder Regeln noch Massnahmen. Auf Verfassungsebene sind diese häufig und man spricht dann von Staatszielbestimmungen. Finalnorm geben also eine bestimmte Richtung vor uns sind meist auf ein bestimmtes Rechtsgebiet beschränkt (z.B. dezentrale Besiedlung) „Der Bund schützt die natürlichen Lebensgrundlagen wie …“ / setzt sich dafür ein … / sorgt für… Geben Sie für jede Art ein Beispiel. Konditionalform: „Wer einen Menschen tötet, wird …… bestraft.“, Wenn jemand vorsätzlich einen Menschen getötet hat, dann wird er mit Zuchthaus bestraft (Art. 111 StGB) Finalform: Der Bund sorgt dafür, dass der Wald seine Schutz, Nutz- und Wohlfahrtsfunktionen erfüllen kann (Art. 77 Abs. 1 BV) (Art.1 LwG) Der Bund sorgt dafür, dass die Landwirtschaft durch eine nachhaltige und auf den Markt ausgerichtete Produktion einen wesentlichen Beitrag leistet zur: a. sicheren Versorgung der Bevölkerung; b. Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen; c. Pflege der Kulturlandschaft; d. dezentralen Besiedelung des Landes. Umweltschutz, Raumplanung etc. Geben Sie ein Beispiel für eine Relationalnorm. Relationalnorm: zielt nicht auf direkte und abschliessende staatl. Normierungen, sondern rekurriert auf Mitwirkung gesellschaftl. Gruppen, um bestimmte öffentliche Aufgaben zu erledigen. Bezugsnorm (Bezug zu privaten Gruppen, Staat auf diese angewiesen) à Vereinheitlichung von technischen Normen, ISO-Standard - Nicht demokratisch legitimiert Weder Regeln noch Massnahmen Beisp: Allgemeinverbindlichkeit von Gesamtarbeitsverträgen, Anerkennung von Branchenregelungen (bezüglich gewisser Usanzen und Einzelheiten). ð Anerkennung von Branchenregelungen; Verweis auf anerkannte Regeln der Technik, Akademie der Wissenschaften; Bestimmung Todeszeitpunkt. „Aufbau der Längenmessmittel wie … müssen dem Stand der Technik entsprechen.“, Berechnungen der SAK (Standardarbeitskräfte) auf einem Landwirtschaftsbetrieb zum Bezug von Direktzahlungen. à Gefahr: Staat (+ Volk) von privaten Minderheiten abhängig (vs. demokratischer Grundgedanke). Z.B. Volk von Handhabung der Swiss Granum (Branchenorganisation der CHGetreideproduzenten), Bio SUISSE, oder Landw. Praktiken (SAK-Berechnungen) abhängig. Was verstehen Sie unter Tatbestandsvarianten? Das heisst, dass verschiedene Tatbestände alternativ je einzeln die entsprechende Rechtsfolge auslösen können. 17 à ODER à mind. 1 TBE muss erfüllt sein (damit RF eintritt) à UND à alle TBE müssen erfüllt sein (damit RF eintritt) Geben Sie ein Beispiel. Art. 164 Abs. 1 ZGB: Der Ehegatte der entweder oder/und eine der erwähnten Pflichten erfüllt, hat Anspruch auf einen finanziellen Beitrag an diese Tätigkeiten. Es müssen demnach nicht alle Voraussetzungen erfüllt sein, dass die Rechtsfolge eintritt. Eine der genannten Voraussetzungen genügt für die Geltendmachung des Anspruchs. ODER Mehrere TB einer Norm können alternativ je einzeln eine RF auslösen „Ein Ehegatte besorgt den Haushalt oder besorgt die Kinder oder hilft dem anderen im Beruf … Hehlerei: „Wer eine Sache, von der er weiss oder annehmen muss, dass…wird bestraft) UND Sukzessive TB: Die Normenteile müssen hintereinander geschaltet sein, die zweite verweist logisch auf die erste. „Die Handlungsfähigkeit besitzt, wer mündig und urteilsfähig ist.“ => mündig ist, wer TB-Elemente kommen kumulativ zum Tragen: „Wer ein Tier hält und wenn das Tier einen Schaden verursacht und wer nicht nachweisen kann, dass er die gebotene Sorgfalt hat walten lassen, um den Schaden zu verhindern, der wird …. bestraft. Juristische Methodik (16 Punkte) Frage 24 Methodik der Rechtsanwendung Welches Auslegungselement ist der Ausgangspunkt für die Interpretation von Rechtsnormen? S. 196 Seiler / S. 206 Seiler Grammatikalische Auslegung (innerhalb Wortlaut bzw. Wortsinn; Wortlaut als Ausgangspunkt der Auslegung. Problem: Eindeutigkeit); => Legaldefinition! Begriffskern und –hof: Wie viele Bäume müssen am Bach stehen, damit „Wald“ gegeben ist? Drei-Bereichs-Modell am Beispiel Tier. Positive Kandidaten = Katzen, Hunde neutrale Kandidaten (Zuordnung offen): Insekten negative Kandidaten: Bäume Welche weiteren Auslegungselemente sind zu beachten? systematisch Frage nach systematischem Zusammenhang in der Rechtsordnung. In welchem syst. Zusammenhang steht die Norm (Kontext, Gliederung im Gesetz, in Bezug zu setzen zu anderen Absätzen und Normen) S. 47 Reader 18 Teleologische legung Historische gung AusAusle- realistische (soziologische) Auslegung Gem. Sinn und Zweck, Ziel einer Rechtsnorm. Sinn und Zweck der Norm eruieren, ev. Materialien beiziehen. ð subjektiv-historisch; was der Gesetzgeber mit dem Gesetz festlegen wollte, v. a. bei Verträgen, Wille des damaligen Gesetzgebers ð objektiv-historisch; gemäss damaliger objektiver Anwendung Folgeorientierung, Rückkopplung in soz. Wirklichkeit wirtschaftsrechtliche (funktionale) Auslegung Verwirklichung des Wirtschaftsrecht Wirtschaftliche Betrachtensweise Beurteilung nach wirtschaftlich gewolltem Zweck Ziel der Auslegung: den wahren Sinn, die Sinngehalte der Norm, herausfinden. Hermeneutik: Lehre von der Auslegung Grundsätzlich historischer oder zeitgemäßer, heutiger Sinn (was heute gem. aktueller Umstände sinnvoll ist) Was heisst verfassungskonforme Auslegung? Geben Sie ein Beispiel für eine verfassungskonforme Auslegung. Ziel: Beachtung der Grundrechte in der ganzen Rechtsordnung. Wenn eine Bestimmung zwar unklar ist, aber ein bestimmter Sinn eher einer höherrangigen Norm entspricht als ein anderer, dann ist sie gemäss dieser höherrangigen Norm auszulegen. Man spricht dann z.B. von einer verfassungskonformen Auslegung des Gesetzesrechts. Auslegung einer Norm auf übergeordnete Normen ausrichten (Grundrechte beachten); BV 35 Abs. 1 + 3 ð Z. B. VO Preisbekanntgabe auf Etikett vs. Wirtschaftsfreiheit (Transparenz, aber Preisverhandlung zulässig) Verfassungskonforme Auslegung ergibt sich aus der Überordnung der Verfassung und der Einheit der Rechtsordnung. => harmonisierende Funktion; => Normenerhaltungsfunktion Kommt dann zur Anwendung, wenn die verschiedenen Auslegungsmethoden zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, dann ist jenes Ergebnis zu wählen, welches der Verfassung am ehesten entspricht. ð Völkerrechtskonforme Auslegung: EMRK beachten Geben Sie ein Beispiel für eine verfassungskonforme Auslegung. Wenn jemand seine Meinung betreffend BSE mit einem Plakat vor einer Metzgerei kundtut. Dann kann er nicht gestützt auf das UWG bestraft werden, weil seine freie Meinungsäusserung durch Art. 16 BV geschützt wird. kt. Gesetz, dass Richter gewählt werden können à Gleichstellungsartikel Mann-Frau (Art. 8 BV) Welche Aufgabe hätte eine Metaregel für die Auslegung? 19 Metaregel (= Lehrregel): Festlegung der Rangfolge der einzelnen Auslegungselemente und normativ bestimmen, mit welchen Auslegungselementen vorgegangen würde. Weshalb gibt es bis jetzt keine Metaregel? à Auslegung ist kein rein logischer Prozess (klass. Syllogismus), der im Voraus definiert werden kann. Eine Metaregel kann nicht entwickelt werden, da die Auslegung kein kognitiver, logischer Denkprozess ist, sondern volitive + wertende Elemente enthält. à Bundesgericht verwendet Methodenpluralismus (Vorrang, Wortlaut, lehnt Metaregel ab). Was wird methodisch unternommen, wenn man sagt, dass aufgrund eines Gesetzes, das die Richterwahl durch das Volk vorsieht, auch eine Richterin gewählt werden kann? à verfassungskonforme Auslegung (Gleichstellungsartikel 8 BV) Teleologisches Element: Sinn und Zweck ist es das Wahlverfahren zu regeln. Analogieschluss: Heikel, ist es Auslegung oder Lückenfüllung? Über Wortsinn hinaus. Hier wohl beste Lösung: verfassungskonforme Auslegung (Gleichstellungsartikel) Wenn grammatikalisches Element: Erweiterung, „Richter“ nicht generisch (für eine grosse Klasse oder Gruppe von Objekten, Begriffe stehend, komplex à z.B. Kultur, Prozess) verstehen. ð nicht gute Lösung: Wenn man einfach behauptet Frauen gehören dazu, keine gute Begründung, kein methodisches Vorgehen Elemente der juristischen Logik - Deduktion: vom Allgemeinen zum Besonderen Analogieschluss à Ähnlichkeitsprinzip Umkehrschluss Schluss vom Grösseren auf das Kleinere (Erst-recht-Schluss) Was verstehen Sie unter dem „Vorverständnis“ der Interpretin bzw. des Interpreten, und wie muss man mit dem Vorverständnis umgehen? Das Vorverständnis kann einen verfälschenden Einfluss auf den Interpreten haben bei der Auslegung, weil es anthropologisches Faktum ist (von Biographie / Erlebnissen des Menschen abhängig). Daher sollte der Interpret möglichst offen sein für Kritik und Gegenargumente sowie bereit sein, seine eigene Auffassung eventuell zu ändern. Z.B. Falsche Angaben um mehr DZ zu bekommen à Background Landwirtschaftsnah, Verunglimpflichung der Sachlage. Biographie kann Wahrnehmung und somit die Wertung bei der Auslegung beeinflussen Gefahr scheinrationale Begründung durch selektive Wahrnehmung Daher wichtig: Offensein für Kritik sowie Bereitschaft zu Änderung der Auffassung. (Wichtig im Vorfeld: Offenlegung der Meinung, damit Argumentation von anderen nachvollzogen werden kann; sonst Scheingefecht) Anthropologisches Faktum Berufsethische Anforderung: Wahrhaftigkeit Weshalb wurde es im letzten Jahrhundert aufgrund der Bestimmung in der alten BV (Alle Schweizer sind wehrpflichtig.) abgelehnt, auch die Frauen der Pflicht zu unterstellen? Es wurde von einem qualifizierten Schweigen des Gesetzgebers ausgegangen („er wollte es nicht regeln“). - Grammatikalisches und objektiv-historisches (wie es tatsächlich angewendet wurde) Element: nur Männer 20 - Entsprach dem damaligen gesellschaftl. Aufbau; klar definiertes Rollenbild von Männern und Frauen (bei Inkrafttreten der aBV und weite Zeit danach). - rechtlich waren, gem. aBV, Frauen den Männern nicht gleichgestellt - Analogieschluss nicht als Element beigezogen, sondern Umkehrschluss Es wurde als selbstverständlich erachtet, dass zum Wehrdienst generell nur die Männer, nicht aber die Frauen verpflichtet wurden. Zudem hat sich zur neuen BV geändert, dass Frauen explizit die Möglichkeit haben, selbst und zwar auf freiwilliger Basis den Militärdienst abzuhalten. Das war laut der alten BV demnach nicht möglich. Diese unechte Lücke darf nur vom Gesetzgeber abgeändert werden. Frage 25 Rechtsetzung Gibt es einen Unterschied zwischen den Begriffen Gesetzgebungstheorie und Gesetzgebungslehre? Gesetzgebungstheorie: Montesquieu (1689 – 1755) steuerte maßgeblich zur Gesetzgebungstheorie bei. Er wirkte inspirierend auf die Politische Diskussion über den Stellenwert der Gesetzgebung und stärkte den Optimismus, durch Gesetzte Gerechtigkeit zu verwirklichen, Freiheit zu garantieren und die Legalität der Regierung sichern zu können. Aber es war letztlich ein Gestesakt seiner selbst. Er stellte, ähnlich den Naturwissenschaften eine These auf, wie das Recht zu funktionieren habe. Die Theorie ist gewissermassen der Leitfaden, an dem sich die darauf folgende jahrelange oder gar jahrhundertelange Lehre zu messen hat. Die Lehre entspringt der Theorie und daruas resultiert dann eventuell zu einem späteren Zeitpunkt eine neuerliche Theorie, die die alte zu ergänzen, zu relativieren oder gar umzustossen vermag. Welches ist der Unterschied zwischen Rechtsetzung und Rechtsanwendung? S. 47, 51 Reader S. 181 Seiler Rechtssetzung: ist Sache der Politik (Legislative, nach Ausarbeitung durch die Exekutive), normative, hat eine strategische Aufgabe und ist allgemeingültig (generell-abstrakt), Geht induktiv vor (vom Besonderen zum Allgemeinen, z.B. Hund beisst Kind à Verbot einzelne Hunderassen zu halten wird Diskutiert, Vergewaltigung an Schule à Verbot von pornographischen Bildern auf dem Handy) Rechtsanwendung: operativ, einzelfallbezogen; geht deduktiv vor (vom Allg. zum Besonderen). Zuständigkeit: Regierung, Verwaltung, Gerichte Textanalysen und Ableitungen (10 Punkte) Frage 26 Urteilsanalyse BGE 128 III 65 — Kein Unterhaltsbeitrag für „Haushaltehefrau“ Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung i.S. X. gegen Y. und Kantonsgericht St. Gallen, Einzelrichter im Familienrecht (staatsrechtliche Beschwerde) 5P.347/2001 vom 14. Dezember 2001 Sachverhalt Im Rahmen des Eheschutzverfahrens verfügte der Bezirksgerichtspräsident von W. am 25. Juni 2001, X. habe der von ihm getrennt lebenden Y. ab Juni 2001 monatlich Fr. 1'500.- zu bezahlen. Demgegenüber verpflichtete der Einzelrichter im Familienrecht des Kantonsgerichts St. Gallen (nachfolgend: Einzelrichter) am 31. August 2001 X. in teilweiser Gutheissung eines Rekurses, Y. vom 1. Juli bis Ende November 2001 monatlich Fr. 1'170.-, ab Dezember 2001 Fr. 780.- zu entrichten. Mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung von Art. 9 BV beantragt X., das einzelrichterliche Urteil in Bezug auf den ab Dezember S. 100 Reader 21 2001 geschuldeten Beitrag aufzuheben. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut und hebt den angefochtenen Entscheid auf. Auszug aus den Erwägungen: 1.- Streitig ist im vorliegenden Fall der Unterhaltsbeitrag, den der Beschwerdeführer der Beschwerdegegnerin ab Dezember 2001 zu bezahlen hat. Dieser Beitrag hängt von der Höhe des der Beschwerdegegnerin anzurechnenden hypothetischen Einkommens ab. Nach Auffassung des Einzelrichters ist es der Beschwerdegegnerin nicht zuzumuten, sich vom bisherigen, rund 20% betragenden Arbeitspensum rasch auf ein ganzes Pensum umzustellen. Dabei erwog er einerseits, wenn bei einer Trennung die Wiederherstellung des gemeinsamen Haushaltes nicht zu erwarten sei, gewinne das Ziel der wirtschaftlichen Selbständigkeit an Bedeutung. Ein Ehegatte, der mit der späteren Scheidung rechnen müsse, habe sich darauf einzustellen. Insoweit sei es daher angebracht, dass die Beschwerdegegnerin ihre Erwerbstätigkeit ausdehne, zumal die Mehrkosten der beiden Haushalte mit dem bisherigen Einkommen der Parteien nicht gedeckt werden könnten. Andererseits gelte es aber auch zu berücksichtigen, dass der Trennungsunterhalt zwischen dem Familienunterhalt im engeren Sinne und dem Scheidungsunterhalt stehe. Die knapp zwanzigjährige „Hausgattenehe“ habe die Lebensweise der Beschwerdegegnerin entscheidend geprägt; eine rasche und vollständige Umstellung sei ihr deshalb nicht zuzumuten, zumal sie dadurch sogar schlechter gestellt würde als nach einer Scheidung. Nach einer angemessenen Umstellungszeit von drei Monaten könne eine Ausdehnung der Erwerbstätigkeit auf 50% zugemutet werden. 4.- Nach Auffassung des Beschwerdeführers widerspricht es Recht und Billigkeit, dass der Beschwerdegegnerin lediglich eine hypothetische Erwerbstätigkeit von 50% angerechnet wird. Obwohl er als Vater die Obhut über die Kinder innehabe, werde ihm nebst der entsprechenden Haushaltstätigkeit eine 100% übersteigende Erwerbstätigkeit zugemutet; demgegenüber werde von der Beschwerdegegnerin lediglich eine Ausdehnung der Erwerbstätigkeit von 20 auf 50% verlangt, obgleich sie erst 41-jährig und physisch sowie psychisch gesund sei, nur noch für sich selbst zu sorgen habe und der Arbeitsmarkt einer Ausdehnung der Erwerbstätigkeit nicht entgegenstehe. a) Bei der Festsetzung von Geldbeträgen des einen Ehegatten an den andern nach Art. 176 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB geht der Richter grundsätzlich von den bisherigen, ausdrücklichen oder stillschweigenden Vereinbarungen der Ehegatten über Aufgabenteilung und Geldleistungen aus, die der ehelichen Gemeinschaft eine bestimmte Struktur gegeben haben (Art. 163 Abs. 2 ZGB). In der Literatur wird hervorgehoben, dass solche Strukturen im Rahmen von Eheschutzmassnahmen nicht gänzlich verändert werden sollen, ansonsten die Scheidung vorweggenommen werde (SCHWANDER, Basler Kommentar, N. 2 zu Art. 176 ZGB). Im Hinblick auf die erhoffte Stabilisierung, wenn nicht Rettung der Ehe wird die Rücksichtnahme auf die bisher gelebte Ehe bzw. Anknüpfung an die bisherigen Verhältnisse im Rahmen des Eheschutzes postuliert (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, Berner Kommentar, 1999, N. 18 zu Art. 176 ZGB). Ist aber eine Wiederherstellung des gemeinsamen Haushaltes nicht mehr zu erwarten, gewinnt das Ziel der wirtschaftlichen Selbständigkeit zunehmend an Bedeutung (vgl. HAUSHEER/BRUNNER, in: Handbuch des Unterhaltsrechts, 1997, Rz. 4.98). Nach den unbestrittenen Feststellungen des Einzelrichters wurde die Trennung von den Parteien seit längerem erwogen, und bekundet einer der Ehegatten klar seine Scheidungsabsicht. Die Trennung scheint denn auch nicht eine der Stabilisierung oder Rettung der Ehe dienende Massnahme zu sein, sondern vielmehr Folge des neuen Scheidungsrechts, wonach die Scheidung grundsätzlich nur verlangt werden kann, wenn die Ehegatten bei Eintritt der Rechtshängigkeit der Klage mindestens vier Jahre getrennt gelebt haben (Art. 114 ZGB). Ist mit einer Wiederaufnahme des gemeinsamen Haushaltes nicht mehr ernsthaft zu rechnen, erscheint es sachgerecht, bei der Beurteilung des Unterhalts und insbesondere der Frage der Wiederaufnahme oder Ausdehnung der Erwerbstätigkeit die für den nachehelichen Unterhalt geltenden Kriterien (Art. 125 ZGB) mit einzubeziehen. Damit ist gleichzeitig die im angefochtenen Entscheid befürchtete Gefahr gebannt, dass ein Ehegatte im Eheschutzverfahren schlech- 22 ter gestellt ist als nach einer Scheidung. Ob eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen ist, ab welchem Zeitpunkt und in welchem Umfang deren Wiederaufnahme oder Ausdehnung zumutbar ist, hängt damit vor allem von Alter und Gesundheit der Ehegatten, ihrem Einkommen und Vermögen, von Umfang und Dauer der noch zu leistenden Betreuung der Kinder, aber auch von der beruflichen Ausbildung und den Erwerbsaussichten der Ehegatten ab; massgebend ist schliesslich der mutmassliche Aufwand für die berufliche Eingliederung der anspruchsberechtigten Person (Art. 125 Abs. 2 ZGB; siehe auch SCHWENZER, in: Praxiskommentar Scheidungsrecht, 2000, N. 42 zu Art. 125 ZGB). b) Nach den Feststellungen des angefochtenen Entscheides verdient der Beschwerdeführer bei der Post unter Berücksichtigung der Familien- und Kinderzulagen sowie aufgrund zusätzlicher Hauswarttätigkeit monatlich netto Fr. 5'700.-. Die Beschwerdegegnerin absolviert als Aushilfe in einem Altersheim ein 20%-Pensum und erzielt ein Nettoeinkommen von durchschnittlich Fr. 840.- pro Monat. Davon ausgehend, dass ihr nach einer Übergangszeit von drei Monaten eine 50%-ige Erwerbstätigkeit zuzumuten und infolgedessen ein Einkommen von Fr. 1'980.- anzurechnen sei, belaufen sich die gesamten Einkünfte auf Fr. 7'680.-. Damit wird der Notbedarf der Haushalte der Parteien (Beschwerdeführer: Fr. 2'780.-, Kinder: Fr. 1'750.-, Beschwerdegegnerin: Fr. 2'570.-) knapp gedeckt: Nach Abzug des umstrittenen Unterhalts von Fr. 780.- verbleibt dem Beschwerdeführer für sich und seine beiden Söhne ein Überschuss von Fr. 390.-, der Beschwerdegegnerin ein solcher von Fr. 190.-. Dem angefochtenen Entscheid ist des Weiteren zu entnehmen, dass die Ehe knapp zwanzig Jahre dauerte und die „Haushaltehe“ die Lebensweise der Beschwerdegegnerin entscheidend geprägt hat, was vom Beschwerdeführer nicht bestritten wird. Der Einzelrichter hat der Beschwerdegegnerin eine bis Ende November 2001 dauernde Übergangsfrist eingeräumt, um ihre Erwerbstätigkeit von 20 auf 50% auszudehnen. Es handelt sich dabei um eine relativ kurz bemessene Frist, die, wenn dies auch nicht explizit gesagt wird, darauf zurückzuführen sein dürfte, dass die Beschwerdegegnerin schon vor der Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes einer 20%-igen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist. c) Aufgrund der Sachverhaltsfeststellung hat mit der Auflösung des Haushaltes auch die Rollenverteilung der Parteien eine grundlegende Änderung erfahren. Die beiden Söhne - der ältere (1983) absolviert eine Lehre, der jüngere (1985) das neunte Schuljahr - bleiben im Haushalt des Beschwerdeführers, dem die Haushaltführung für sich und die beiden Söhne obliegt. Die Beschwerdegegnerin hat nur noch für sich selbst zu sorgen. Da die Rollenverteilung nachwirkt, ist der Beschwerdegegnerin mit Rücksicht auf die Ehedauer eine angemessene Umstellungsphase zuzubilligen. Allein der Umstand, dass die Parteien während rund 20 Jahren eine Hausgattenehe geführt haben, welche die Lebensweise der Beschwerdegegnerin wesentlich prägte, rechtfertigt es nicht, ihr im Verlaufe der vierjährigen Trennungszeit keine weiter gehende Umstellung zuzumuten, zumal die wirtschaftlichen Verhältnisse relativ knapp sind. Die Beschwerdegegnerin ist (erst) 41 Jahre alt. Sie bestreitet nicht, gesund zu sein, und ist überdies von jeglicher Betreuungsaufgabe entbunden. Bei dieser Sachlage ist es unhaltbar und damit willkürlich, der Beschwerdegegnerin eine weitere Ausdehnung ihrer Erwerbstätigkeit, allenfalls auf 100%, im Verlaufe der voraussichtlichen mehrjährigen Trennungszeit nicht zuzumuten. Fraglich kann einzig noch sein, ob es ihr auch wirtschaftlich möglich ist, die Erwerbstätigkeit entsprechend auszudehnen, wovon der Beschwerdeführer ausgeht, wozu sich aber im angefochtenen Entscheid keine expliziten Feststellungen finden. Welches sind die entscheidwesentlichen Argumente des Bundesgerichts? - das Ziel der wirtschaftlichen Selbstständigkeit gewinne an Bedeutung - in der Umstellungszeit von drei Monaten könne eine Ausdehnung der Erwerbstätigkeit auf 50% zugemutet werden, zumal sie schon vor der Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes einer 20%-igen Anstellung nachgegangen ist, psychisch und physisch gesund sei und der Arbeitsmarkt einer Ausdehnung nicht entgegenstehe. - Forderungen an Mann sind entsprechend auch hoch: Obhut über die Kinder, über 100%ige Erwerbstätigkeit 23 - maßgebend ist schließlich der mutmaßliche Aufwand für die berufliche Eingliederung der anspruchsberechtigten Person. - Rollenverteilung der Parteien eine grundlegende Änderung erfahren. Wie beurteilen Sie diese Argumente unter Aspekten der Gerechtigkeitsarten Während Ehe: ausgleichende Gerechtigkeit (Leistung vs. Gegenleistung, Haushalt und Kinderbetreuung der Frau vs. Einkommenserwerb des Mannes) Neu bzw in der Scheidungsphase: eine Art der austeilenden Gerechtigkeit. Die Interesssen und Lebenslagen wurden gegenseitig abgewogen und darob hat man schliesslich eine Art „Verteilschlüssel“ gebildet bzw. festgelegt, dass eine finanzielle Aufwendung des Ehegatten für seine Frau aufgrund der Tatsache, dass er alleine besreits für die beiden gemeinsamen Kinder aufzukommen hat, nicht zugemutet werden kann, dies einer krassen Ungerechtigkeit nach hiesigem Empfinden entsprechen würde. Da die Rollen ansonsten umgekehrt verteilt werden, wäre es untragbar, sich auf den Umstand des Usus (Gewohnheit) zu berufen, obwohl damit einer offenkundigen Ungereimtheit die Türen geöffnet würden. Während der Ehe galt das Prinzip der ausgleichenden Gerechtigkeit, da der Mann für den Broterwerb zuständig war, während die Frau für die Kinder gesorgt hat. Rechte und Pflichten müssen neu festgelegt werden. (Einkommenserwerb / Kinderbetreuung durch Mann vs. kein Unterhaltsbeitrag an Frau, die ohne Aufgaben mehr für Kinderbetreuung und Haushalt. Zudem erfüllt sie die persönl. Voraussetzungen für Berufstätigkeit (arbeitet bereits, ist in Arbeitsmarkt integriert, ist arbeitsfähig) Ziel: Wiederherstellung der ausgleichenden Gerechtigkeit Frage 27 Lehrbuchtext Auszug aus Johann Braun, Einführung in die Rechtswissenschaft, 2. Aufl., Tübingen, 2001, S. 47 „Der Drang nach Gerechtigkeit ist eine so elementare Regung der menschlichen Natur, dass sie auf die Dauer auch durch Aktenberge und Dienstvorschriften nicht erstickt werden kann. Jeder, der sich bei anstehenden Entscheidungen weigert zu würfeln – und das sind so gut wie alle –, erweist, ob er will oder nicht, der Gerechtigkeit seine Referenz. Zusammen mit dem Wahren und Schönen gehört die Gerechtigkeit zu den Grundwerten, die unser Denken und Handeln bestimmen.“ Stimmen Sie dieser Aussage inhaltlich zu oder nicht? Ja, Gerechtigkeit wird neben dem Wahren und Schönen als Grundwert genannt, bekommt hohen Stellenwert. Kann nicht durch Bürokratie und Zwang erstickt werden, gilt also universal. Der ideale Grundgedanke, der in diesen markigen Worten mitschwimmt, ist an sich ein nichtpositivistischer Ausgangspunkt. Nur, wenn sich niemand mehr getraut, Verantwortung für seine Entscheidungen zu übernehmen, dann bewegen wir uns wieder bedrohlich nahe auf einen fast rechtsfreien Raum zu. Gerechtigkeit kann nämlich nicht bedeuten, sich vor Entscheidungsfindung, mögen sie auch teilweise noch so stoßend sein, zu drücken bzw. sie einfach zu umschiffen. Entspricht diese Aussage einer bestimmten Art von Rechtsbegriffen, oder ist sie indifferent? Nicht indifferent, bezieht sich auf den nichtpositivistischen Rechtsbegriff, der nach der ethischen Aufladung des Rechts fragt. „Drang nach Gerechtigkeit ist elementare Regung…“ Es ist ein rechtsphilosphischer Grundgedanke. Die Rechtsphilosophie erachtet sich als „Gewissen“ des Rechts. Ihr obliegt der Sinn der Gerechtigkeit. Ethik und Moral sind dabei zentrale Komponenten. 24 Ende des Fragebogens Anhang: Gesellschaftl. Funktionen des Rechts -Friedensordnung - Konfliktordnung - Legitimation staatl. Herrschaft - Sicherstellung von Planungsicherheit durch Rechtssicherheit - Steuerung menschlichen Verhaltens - Integration des Menschen in Staat und Gesellschaft - Sicherung von Freiheit - Förderung des Gemeinwohls Begriff des Rechts - keine allg. anerkannte Definition, wird über Arten von Rechtsbegriffen definiert (pos. / Nichtpos.) - Recht als Wertewelt, als unerreichbares Ideal?, als Verwirklichung der blossen Idee? - Sinnbild der Quelle: Fliesst heute nicht in natürlicher Weise aus einer Quelle, sondern es wird zum grössten Teil bewusst gestaltet. Dennoch als Sonnbild beliebt, da Recht etwas Lebendiges ist. Nikomachische Ethik Ausgleichende Gerechtigkeit (justitia commutative): Tausch-Prinzip Prinzipien: Gleichwertigkeit, Verhältnismässigkeit Gesellschaftsrecht, Haftpflichtrecht, Immaterialgüterrecht, Strafrecht, Vertragsrecht Mischung: Sozialversicherungsrecht, Einkommenssteuerrecht, Familienrecht Verteilende Gerechtigkeit (justitia distributiva): Umverteilungsprinzip Prinzipien: Gleichheitsprinzip (pol. Rechte), Bedürfnisprinzip (Sozialhilfe), Beitragsprinzip (nach Vorleistung) Grundrechte, Kindesrecht, pol. Rechte, Sozialhilferecht, Vormundschaftsrecht Beispiel: Einkommen A: 50000 / Einkommen B: 100000 a) beide zahlen gelich viel Steuern: ausgleichende Gerechtigkeit b) A zahlt keine Steuern: austeilende Gerechtigkeit c) A zahlt halben Betrag von B: Balance, Berücksichtigung von Ausgleich und Verteilung Geltungsbereich der Gerechtigkeit Objektive G.: Fragen stellen sich, wo es um Knappheit geht Subjektive G.: Bedingung: es muss sich um verantwortungsbewusste, handlungsfähige Pers onen handeln. Geschuldete Sozialmoral: Personale G.: Minimum an Moral 25 Politische G.: Demokratie-Ebene Funktionsweise: Gegenseitigkeit Rückkopplung an Gerechtigkeit (Positivismus? / Utilitarismus?) Soziale Gerechtigkeit Ansatzpunkt: Zweitverteilung durch Sozialpolitik (Erstverteilung: Markt) Ziel: Gleichverteilung, sofern nichts gegen Verteilung nach Beitrag oder Bedürfnis spricht Bestandteile unseres Regelkomplexes - Recht - Sittlichkeit (Verhaltensregeln, sie sich nach Moral richten) - Sitte oder Brauch (gesellschaftliche Norm) Viele Aspekte des tägl. Lebens sind nicht durch das Recht, sondern durch Brauch oder Sitte geregelt. Das Recht kann allerdings auch auf Brauch oder Sitte verweisen. Dadurch werden sie indirekt rechtsverbindlich (Vertrag darf nicht gegen gute Sitten verstossen; … Ortsgebrauch; … was vereinbart oder üblich ist). Wesensmerkmale des Rechts Sollensnorm: nicht wahr oder falsch, nicht universal und zeitlos, kulturell / geschichtlich bedingt und wertungsgehend; zukunftsgerichtet Heteronome Verbindlichkeit: fremdbestimmte Geltung für alle Durchsetzbarkeit: Legitimität: formell oder materiell Allgemeinheit: generell-abstrakt => Rechtsicherheit; Rechtsgleichheit Staatlich?: Es gibt nicht nur staatl. Recht, auch Gewohnheitsrecht / Rechtsetzung durch Private, Kirchenrecht Gewohnheitsrecht Nicht durch staatl. Gesetzgeber geschaffen, sondern in der Rechtsgemeinschaft auf dem Weg der Eingewöhnung entstanden - TB: Gesetzl. Umschreibung desjenigen Geschehens, das eine bestimmte RF nach sich zieht. - Subsumtion: Prüfung, ob Sachverhalt mit dem TB der Norm übereinstimmt, in Deckungsgleichheit bringen. - Syllogismus: Rechtsregel auf konkreten Sachverhalt anwenden - OS wenn A, dann B (Norm) - US Es ist A (TB erfüllt) - Folgerung: Dann ist B (RF) Rechtsanwendung - Sachverhaltsermittlung und Beweis: Beweisthema, -führung, -würdigung, -last - Recht anwenden: Bestimmen RF Öff. Recht Geht privatrecht grundsätzlich vor Sachverhalt; Eruieren der Rechtsnorm; Subsumtion; 26 Vorwiegend zwingendes Recht (kann von Beteiligten nicht abgeändert werden) Vorwiegend Sache der Kantone Privatrecht Vorwiegend dispositives Recht (= nachgiebig; Beteiligte können selber regeln => Privatautonomie) Sache des Bundes