Jahrbuch 2012/2013 | Koncz, Csaba | Die regulatorische Rolle der TFIIH Proteinkinasen in Pflanzen Die regulatorische Rolle der TFIIH Proteinkinasen in Pflanzen Regulatory roles of plant TFIIH protein kinases Koncz, Csaba Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung, Köln Korrespondierender Autor E-Mail: [email protected] Zusammenfassung In Vielzellern liest die RNA-Polymerase II Gene und regulatorische RNAs von der DNA ab. Am C-terminalen Ende ihrer größten Untereinheit, RNAPII-CTD, gibt es mehrere Kopien eines sieben Aminosäuren langen Peptids, das i n Arabidopsis an verschiedenen Stellen durch Proteinkinasen phosphoryliert w ird. Neuere Untersuchungen zeigen, w ie die Phosphorylierung der RNAPII-CTD durch TFIIH-assoziierte Proteinkinasen das Wachstum und die Entw icklung der Pflanze durch eine koordinierte Kontrolle von Transkription, Zellzyklus und der Verfügbarkeit von microRNAs und kleinen silencing siRNAs reguliert. Summary RNA polymerase II transcribes protein coding and several classes of regulatory RNAs in multicellular organisms. The C-terminal domain of the RNAPII largest subunit, RNAPII-CTD, carries conserved heptapeptide repeats that are phosphorylated at different residues by a protein kinase cascade in Arabidopsis. Recent studies start to reveal how phosphorylation of the RNAPII-CTD by TFIIH-associated protein kinases regulates grow th and development via coordinated control of transcription, cell cycle and biogenesis of microRNAs and small silencing siRNAs. Wie werden Gene abgelesen? Die RNA-Polymerase II übersetzt die genetische Information in eine Botenribonukleinsäure (mRNA), aus der die nicht-kodierenden Anteile, die sogenannten Introns, noch vor der Proteinbiosynthese w ieder herausgeschnitten w erden. Sie produziert auch die Mehrzahl der nicht proteinkodierenden microRNAs und der sogenannten trans-acting silencing RNAs. Diese kleinen Ribonukleinsäuren regulieren die Expression anderer Gene, indem sie deren mRNA zerschneiden oder die entsprechenden Gene auf andere W eise stilllegen. Jede von der RNA-Polymerase II produzierte Ribonukleinsäure ist durch eine Kappe aus Methyl-Guanosin und einen Schw anz aus Poly-Adenin-Nukleotiden vor einem schnellen Abbau geschützt. Die Introns w erden noch w ährend der Transkription von einer mit der RNA-Polymerase II assoziierten molekularen Schneidemaschine, dem Spleißosom, entfernt. Die von der RNA-Polymerase II abgelesenen microRNAs w erden - nachdem sie sich zu kurzen Doppelsträngen zusammengelagert haben – in mehreren Schritten von einem als Dicer © 2013 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 1/5 Jahrbuch 2012/2013 | Koncz, Csaba | Die regulatorische Rolle der TFIIH Proteinkinasen in Pflanzen bezeichneten Enzym auf die richtige Größe angepasst. Das Dicer-Enzym w ird w ährend der Transkription zusammen mit anderen Hilfsproteinen von einem auf der Methyl-Guanosin-Kappe aufsitzenden Komplex rekrutiert [1, 2]. W eil Gene gerichtet abgelesen w erden, muss die RNA-Polymerase II den Startpunkt identifizieren können. Dieser ist an einigen konservierten Sequenzabschnitten zu erkennen und w ird als Promotor bezeichnet. Die RNA-Polymerase II bindet an diese konservierten Elemente und w ird dabei von den Transkriptionsfaktoren TFII A, D, E, F und H und einem Komplex namens Mediator unterstützt. Der MediatorKomplex stabilisiert am Promotor w eitere positiv und negativ w irkende Transkriptionsfaktoren. Die größte Untereinheit der RNA-Polymerase II hat einen langen C-terminalen Schw anz, der aus sich w iederholenden Blöcken von sieben Aminosäuren besteht. Man bezeichnet diese Struktur auch als die Cterminale Domäne der RNA-Polymerase II, abgekürzt RNAPII-CTD. Jeder dieser konservierten Blöcke, bestehend aus sieben Aminosäuren, trägt die Sequenz Y1 S2 T3 P 4 S5 P 6 S7 , w obei Y für Tyrosin steht, S für Serin, T für Threonin und P für Prolin. Die Zahlen geben die Position der Aminosäure im Heptapetid an. Nachdem die RNA-Polymerase II einen Initiationskomplex auf dem Promotor ausgebildet hat, w erden durch das selektive Anhängen von Phosphatgruppen an die drei Serine des Heptapeptids die w eiteren Schritte eingeleitet [3]. Was wissen wir über die Transkription in Pflanzen? Untersuchungen haben nun gezeigt, dass der Transkriptionsfaktor TFIIH bei Arabidopsis mit drei sogenannten Typ-D Cyclin H-abhängigen Proteinkinasen assoziiert ist. Die entsprechenden Abkürzungen sind CDKD;1 CDKD;2 und CDKD;3. Diese Kinasen koppeln eine Phosphatgruppe an das Serin in Position 5 und sorgen auf diese Weise dafür, dass die RNA-Polymerase II mit der Transkription beginnt. Sobald diese Markierung angebracht ist, w erden w eitere Proteine für den Transkriptionsprozess rekrutiert, und zw ar solche, die der mRNA eine Kappe aus Methyl-Guanosin aufsetzen, zum Spleißosom gehören und die Anbindung des DicerKomplexes erleichtern, der regulatorische microRNAs passgenau spaltet [1, 3]. Eine w eitere TFIIH-Kinase phosporyliert das Serin in Position 7. Dieses Enzym heißt CDKF;1. Nach unseren Erkenntnissen sorgt diese Markierung dafür, dass diejenigen Gene, die für die Herstellung der kleinen regulatorischen RNAs gebraucht w erden, koordiniert abgelesen und dass die neu gebildeten Vorläufer der kleinen Ribonukleinsäuren über das Anhängen einer Poly-Adenin-Kette stabilisiert und geschützt w erden [4]. Die Kinase, die das Serin 7 phosphoryliert, kann auch die CDKD-Kinasen und die CDKC-Enzyme aktivieren, die Serin 2 mit einem Phosphatrest beladen. Dadurch w erden w eitere Schritte der Transkription angestoßen. Die Serin 7-Kinase rekrutiert somit w ichtige Faktoren, die für die Verlängerung, die Prozessierung und die Polyadenylierung der neu gebildeten Ribonukleinsäuren zuständig sind (Abb. 1). © 2013 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 2/5 Jahrbuch 2012/2013 | Koncz, Csaba | Die regulatorische Rolle der TFIIH Proteinkinasen in Pflanzen A bb. 1: C DKF;1 ist e ine übe rge ordne te Kina se . Sie phosphorylie rt da s Se rin 7 im re pe titive n He pta pe tid de r R NAP olym e ra se II und a k tivie rt die je nige n Kina se n, die da s Se rin 5 und Se rin 2 m it e ine m P hospha tre st be la de n. Die se Enzym e wirk e n a uch a uf die C DKA Kina se , die für de n Ze llzyk lus (cell cycle) wichtig ist. Da durch gibt e s e ine dire k te Ve rk nüpfung zwische n Tra nsk ription und Ze llte ilung. © Ma x -P la nck -Institut für P fla nze nzüchtungsforschung/Koncz --- Trenner --- Wie Transkription und Zellzyklus miteinander verknüpft sind Neben ihren Aufgaben bei der Transkription aktivieren die beschriebenen Enzyme auch die CDKA-Kinase. Diese Kinase ist ein w ichtiger Impulsgeber für den Zellzyklus. Deshalb spielen die CDKF;1 und die drei CDKD-Kinasen auch eine w ichtige Rolle bei der Koordination von Zellzyklus und Transkription. Hemmt man zum Beispiel CDKF;1, w ird die Zellteilung und Zellstreckung gehemmt, sodass derartige Pflanzen extrem zw ergw üchsig sind (Abb. 2A). Eine Mutante, bei der das Serin 7 kaum noch phosphoryliert w erden kann, produziert entsprechend w enig micro- und andere silencing siRNAs, die w ichtige entw icklungs- oder hormonabhängige Stoffw echselw ege kontrollieren (Abb. 2C). Weil w iederum die Phosphorylierung am Serin 7 ausfällt, geht auch die Phosphorylierung am Serin 5 zurück, w as die Transkription w eiter beeinträchtigt. Da die drei CDKD-Kinasen überlappende Funktionen w ahrnehmen, führt ihre schrittw eise Inaktivierung zu einer graduellen Hemmung des Wachstums (Abb. 2B). Werden alle drei Kinasen gleichzeitig gehemmt, ist die Pflanze nicht mehr lebensfähig. Weil bei einer partiellen Hemmung der Kinasen auch das Serin in Position 5 w eniger phosphoryliert w ird, haben die entstehenden Ribonukleinsäuren auch seltener eine schützende Kappe aus Methyl-Guanosin und w erden nur noch vereinzelt durch Dicer prozessiert. Bei einer partiellen Hemmung sammeln sich somit viele unfertige Vorläufermoleküle der microRNAs an. © 2013 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 3/5 Jahrbuch 2012/2013 | Koncz, Csaba | Die regulatorische Rolle der TFIIH Proteinkinasen in Pflanzen A bb. 2: Durch Ina k tivie rung von C DKF;1 und C DKD-Kina se n wird de r Ze llzyk lus ge he m m t und die Me nge a n microRNA ge ht zurück . (A ) Die Ina k tivie rung von C DKF;1 führt zu Zwe rgwuchs. (C) Die Me nge de r k le ine n R NAs ist re duzie rt. (B) Eine gra due lle He m m ung de r C DKD-Kina se n führt zu e ine r gra due lle n W a chstum she m m ung und (D) zu we nige r P fla nze ntum ore n na ch e ine r Infe k tion m it Agrobacterium tumefaciens. © Ma x -P la nck -Institut für P fla nze nzüchtungsforschung/Koncz --- Trenner --- TFIIH Kinasen steuern Tumorbildung in Pflanzen Die Daten zeigen, dass die Koordination zw ischen Transkription und Zellteilung bei Arabidposis auf zw ei Ebenen stattfindet: auf der Ebene der CDKF1-Kinase und der drei CDKD-Kinasen. Bei Pflanzen entstehen Tumore nur sehr selten spontan. Es ist deshalb besonders bemerkensw ert, dass die Hemmung der CDKF;1und CDKD;2-Kinasen dazu führt, dass Agrobakterien w eniger Tumore in Arabidopsis erzeugen (Abb. 2D). W ir haben kürzlich gefunden, dass CDKF;1 ein von Agrobacterium produziertes Protein phosphoryliert, mit dessen Hilfe Tumor induzierende Gene in die Pflanzenzellkerne eingebaut w erden. Agrobacterium greift also auf diese w ichtigen Kinasen zurück, w as nicht w undert, denn der Mikroorganismus hat das Ziel, nach Infektion der Pflanzenzelle den Zellzyklus einzuschalten, um nachfolgend im entstehenden Tumorgew ebe zu leben und sich fortzupflanzen. Literaturhinweise [1] Xie, Z.; Khanna, K.; Ruan, S. Expression of microRNAs and its regulation in plants Seminars in Cell & Developmental Biology 21, 790-797 (2010) [2] Voinnet, O. Origin, biogenesis, and activity of plant microRNAs Cell 136, 669–687 (2009) © 2013 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 4/5 Jahrbuch 2012/2013 | Koncz, Csaba | Die regulatorische Rolle der TFIIH Proteinkinasen in Pflanzen [3] Buratowski, S. Progression through the RNA polymerase II CTD cycle Molecular Cell 36, 541-546 (2009) [4] Hajheidari, M.; Farrona, S.; Huettel, B.; Koncz, Z.; Koncz, C. CDKF;1 and CDKD protein kinases regulate phosphorylation of serine residues in the C-terminal domain of Arabidopsis RNA polymerase II The Plant Cell 24, 1626-1642 (2012) © 2013 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 5/5