WERBUNG Bier#26.10.05#Text2#26 Thu Oct 13 16:23:00 2005 Zur Zeit soll Bierwerbung vor allem „easy-lounging-sunny-trendy-relaxed“ sein Den deutschen Bierwerbern fällt kaum mehr ein als „Tradition“ und ein bißchen „Freundegedöns“ Im Spot nichts Neues VON BURKHARD RIERING FOTOS: FLENSBURGER, KULMBACHER, GFÖ, PA/DPA; ZEICHNUNG: BIRGIT KENTLER; MONTAGE: DIE WELT D as kleine Einmaleins der heimischen Bier-Reklame ist schnell heruntergebetet: Ein typischer Fernsehspot sollte nach aller mathematischer Werbeökonomik am besten Wiesen und Wälder aus deutschen Landen oder wahlweise gesellige, biertrinkende Männer zeigen. Dazu schablonenhafte Musik, Abspann mit Flasche, Emblem, fertig. Deutschland, Heimat der Biertrinker – Deutschland, Diaspora der Bierwerber. Obwohl hierzulande das Gebräu aus Hopfen, Malz und Gerste als Kulturgut umschwärmt wird, begnügen sich hiesige Marketingleiter in der Reklame meist mit der stereotypen Darstellung idyllischer bayerischer Seen, sauerländischer Wälder oder zuprostender Freunde. Oder gehen direkt auf Nummer Sicher ins Sportsponsoring. Dagegen ist Bierwerbung in anderen Ländern das Prestige-Genre der Werbezunft schlechthin: Budweiser und Miller aus den USA, Brahma aus Brasi- 26 BIERREPORT lien, Guinness aus Irland oder Stella Artois aus Frankreich gewinnen auf den Werbefestivals rund um den Globus von New York bis Cannes die begehrtesten Kreativpreise – für ihre humorvollen, sarkastischen und selbstironischen Spots. Die deutsche Bierwerbung hat nach Meinung des Markenberaters Markus Werner vier Probleme: „Sie ist vielfach austauschbar, wenig kreativ, teils schlicht abgenudelt und krankt oft an schwachen Media-Plänen.“ Die Pilskrone in der gern blau gehaltenen Anzeige kann der Chef der Münchner Unternehmensberatung Brain schon lange nicht mehr sehen. Das „Freundegedöns“ scheint laut Werner zumindest gerade die Stereotypen „Tradition“ und „Herkunft“ ein bißchen abzulösen. „Besser macht’s das aber nicht.“ Auch Amir Kassaei, einer der höchstdotierten Werber Deutschlands, reißt die hiesige Bierwerbung nicht vom Hocker. „Da versprechen alle das Gleiche – nur die Tapete ist anders“, sagt Kassaei. Doch gibt er zu bedenken, daß solche Traditionsreklame durchaus beim urtypischen Verbraucher funktionieren kann. „Jedes Volk hat die Werbung, die es verdient“, meint der Kreativchef der Berliner Werbeagentur DDB. DIE WELT Black Yellow Magenta Cyan Über die Effektivität mancher BierKampagne läßt sich indes trefflich streiten. Austauschbare Werbung ist für Werner nachweislich wenig effektiv. „Die Konsequenz ist, daß die Unternehmen mit wenig durchsetzungsstarken Kreationen deutlich mehr in Werbung investieren müssen, als es aus Media-Sicht eigentlich notwendig wäre.“ Hier wird im Zweifel also Geld verbrannt. Manch mutige Brauerei beginnt aber damit, ihre Marke auch mal fernab der Themen Genuß und Natur zu positionieren. Die Holsten-Brauerei spielt gerade mit Images, wie sie international auch Budweiser oder Miller aufgebaut haben. Veltins, die bis vor kurzem mit Fußballmanager Rudi Assauer und Lebensgefährtin Simone Thomalla warben, transportierte auf diese Weise viel Sympathie und Humor. Regionalbiere wie Flensburger oder Astra nehmen sich zudem gern selbst auf den Arm und erlangen somit Aufmerksamkeit über die Grenzen. „Es gibt Lichtblicke“, wie Werner sagt. Auch mit den neuen erfolgreichen „In“-Bieren wie „Beck’s Gold“ oder „Bit Sun“ hat sich deutsche Bierwerbung ein bißchen verändert. Aber sie bleibt in dieser Kategorie doch wieder zu eindimensional. Kassaei: „Jetzt muß plötzlich alles fürchterlich easy-lounging-sunny-trendy-relaxed sein.“ Es gibt aber auch ganz andere Rechnungen, die aufgehen können: Die Münchner Brauerei Augustiner etwa hat enormen Erfolg – sie bewirbt ihr Bier gar nicht.