Gruppe 1: Soziale Kognition Theorien der Personenwahrnehmung Nikolaj Barth (1) Gisela Steins (2005). Sozialpsychologie des Schulalltags. Kap. 6, (S.46-65): >>Wer sind die anderen Personen? Theorien der Personenwahrnehmung<< Hintergrund Andere Personen sind für uns das was wir aus ihnen machen So etwas wie eine Seele gibt es entweder nicht, oder sie ist für uns nicht zugänglich Sollte es sie doch geben, so können wir ihr uns nur annähern Methoden der Personenwahrnehmung Mindestens zwei Methoden Imagination (Einfühlung) o Man stellt sich vor die andere Person zu sein. o Gefahr: durch die eigene Sicht der Dinge wird die Imagination verzerrt. Beobachtung (Perspektivenübernahme) o Erhält man neue Hinweise, so wird die Sicht auf die andere Person angepasst und nach einiger Zeit erhält man eine optimale Annäherung. o Diese Methode ist wissenschaftlich: man trägt Indizien zusammen und versucht diese miteinander zu verbinden. Es gelingt die Person zu begreifen, ohne wie sie fühlen oder wie sie sein zu müssen. Grenzen von Imagination und Perspektivenübernahme Die Genauigkeit beider Methoden wird angezweifelt. Obwohl Menschen, aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur selben Spezies, in der Lage sein sollten zu wissen wie es für eine andere Person ist, diese zu sein, ist diese Wissen doch niemals vollständig. Unseren Methoden uns in andere Menschen hineinzuversetzen sind klare Grenzen gesetzt. Was bedeutet es, eine Perspektive nicht zu übernehmen? Menschen sollten ab dem neunten Lebensjahr in der Lage sein die Perspektive anderer zu übernehmen. Unterlassen wir dies und verhalten wir uns dadurch Egozentrisch, so muss dies nicht zwangsläufig bedeuten, dass wir rücksichtslos sind. Oft stehen uns nicht die nötigen Informationen zur Verfügung so dass wir zu dieser Annahe neigen. Werden wir von einer Person verärgert oder gekrängt unterlassen wir den Versuch deren Perspektive zu übernehmen. Beobachter-Handelnden-Divergenz Beschreibt, dass ein Beobachter eine Handlung anders wahrnimmt, als die Person die die Handlung ausführt. Kann nur überwunden werden, wenn sie der Beobachter in den Handelnden hineinversetzt. Implizierte Persönlichkeitstheorien Wir versuchen andere Personen einzuordnen Dazu benutzen wir nur eine kleinen Teil der zur Verfügung stehenden Informationen Wir ziehen aus dieser Auswahl an Informationen unbewusst Schlüsse auf weitere noch nicht oder auch gar nicht zu beobachtenden Informationen Dies führt zu implizierten Persönlichkeitstheorien Die zentralen Merkmale hierfür sind: o Geschlecht o Ethnische Zugehörigkeit o Attraktivität Attraktivität als zentrales Merkmal einer Person Weibliche Attraktivität wird bestimmt durch: Eine bestimmte Proportion zwischen Hüfte und Taille Metrischen Merkmalen des Gesichts Schlankheit Gute Werte in diesen drei Bereichen erhöhen den Erfolg im Beruf und im Sozialen. Attraktiven Menschen werden positive Eigenschaften zugesprochen. Wer schlank ist, der ist Schön und wer Schön ist, der ist gut, erfolgreich, reich und gesund. Attraktivität ist das zentrale Merkmal, welches unseren Eindruck von einer Person maßgeblich bestimmt. Attraktive Personen nehmen wir als sympathischer war als weniger attraktive Personen. Wie wirkt sich Sympathie aus? Sympathische Personen schauen wir offener an und ertragen es gut wenn sie in unsere Nähe ist. Finden wir jemanden unsympathisch, so schauen wir in seltener an und meiden seine Nähe. Dies führt meist dazu, das uns unsympathische Personen dies auch bleiben. Ohne es zu merken schaffen wir so die empirische Stütze für unsere Alltagstheorien. Attraktive Personen haben meist ein höheres Selbstwertgefühl da sie schon im Kleinkindalter bevorzugt mit positiver Aufmerksamkeit belohnt werden. Die Anwendung auf den schulischen Alltag Attraktivität bestimmt auch die Interaktion in der Schule. Die für Kinder und Jugendliche so wichtige Ressource positiver Zuwendung wird ungleich verteilt. Lehrkräfte müssen es lernen die Merkmale, die wirklich etwas mit Motivation und Leistung der Schüler zu tun haben, stärker zu gewichten. Schönheit hat nichts mit Potential zu tun! Folgen von Kategorisierung im schulischen Alltag am Beispiel Geschlecht Das Geschlecht einer Person kann uns in unserer Wahrnehmung von dieser Person beeinträchtigen, wenn wir zusammenhänge zwischen Geschlecht und anderen Merkmalen verinnerlicht haben. Lehrer neigen zu einer klassischen Geschlechtereinstellung: Mädchen: ruhiger, fleißiger, ordentlicher, sauberer Vorteile in: Sprachen Jungen: ideenreicher, spritziger, interessanter, kreativer Vorteile: Naturwissenschaften Gibt es solche Unterschiede wirklich, oder erfüllen die Jungen und Mädchen gewissermaßen nur die Prophezeiungen ihrer Lehrer? Das Resultat dieser Wahrnehmung äußert sich darin, dass Jungen im Unterricht drei- bis vier mal soviel Aufmerksamkeit bekommen wie Mädchen. Diese Aufmerksamkeit ist aber vielleicht auch überwiegend negativer Natur. Es zeigt sich paradoxer Weise, dass Jungen zwar mehr Aufmerksamkeit bekommen, Mädchen aber trotzdem die besseren Abschlüsse machen. Mädchen bekommen bereits im frühesten Kindesalter deutlich mehr Aufmerksamkeit im Sinne von situationsangemessenen Verhallten. Daher wird vermutet das Kinder die mehr direktes Feedback auf ihr Verhallten bekommen, effizienter über die Grundlagen des Lernen verfügen, als solche Kinder, die mehr sich selbst überlassen bleiben. Überprüfung eigener Persönlichkeitstheorien Was kann ein Lehrer tun wenn er seine eigenen Stereotypen überwinden möchte? Welche Stereotypen haben wir zu den zentralen Variabeln wie Geschlecht, Alter, Nationalität oder Intelligenz? Überprüfung unserer Annahmen. Gibt es empirische Beweise dafür dass wir richtig liegen? Es sollte sich zeigen, dass unsere Annahmen nicht haltbar sind und wir sollten zu dem Ergebnis kommen, dass wir unsere Stereotypen nicht weiter anwenden können. Weiterbildung allein nützt hier nichts. Der beste Weg etwas von einer Person zu erfahren, ist, seine eigene Perspektive zu verlassen und die Perspektive der anderen Person anzunehmen. Ein Modell zur Perspektivenübernahme Was veranlasst uns überhaupt einer anderen Person unsere Aufmerksamkeit zu schenken? Die Tatsache, dass der Mensch ein soziales Wesen ist und ein Mindestmaß an sozialem Kontakt zum Leben braucht. Anwendung auf den Unterricht Um nicht ignorant gegenüber seine Schülern zu sein muss ein Lehrer nicht nur seine Stereotypen überprüfen, er muss sich auch fragen, wie wichtig ihm die Persönlichkeiten seiner Schüler sind. Schüler sollten nicht als beliebige Menschen gesehen werden, die kommen und gehen, sondern als Individuen mit einer besonderen Geschichte. Da man die Schüler auf diese Weise ernst nimmt muss man nun aber beachten, dass man im Falle eines Konfliktes, z.B. zu hoher Lärmpegel im Klassenraum, nicht die ganze Klasse bestraft. Es empfiehlt sich hier bewusst eine Schritt zurückzutreten und die Situation von außen zu betrachten. Dadurch fällt es leichter sich in die Position der Schüler zu versetzen und diese zu verstehen.