Fachbereich Mathematik der Universität Hamburg Dr. Hanna Peywand Kiani WiSe 2015/2016 Hörsaalübung zu Blatt 2 Analysis I für Studierende der Ingenieurwissenschaften Vollständige Induktion, Zahlen, Beweistechniken 26/27.10.2015 Das ins Netz gestellte Material zur Hörsaalübung soll nur die Mitarbeit während der Veranstaltung erleichtern. Ohne die in der Veranstaltung gegebenen zusätzlichen Erläuterungen sind diese Unterlagen unvollständig (z. Bsp. fehlen oft wesentliche Voraussetzungen). Tipp– oder Schreibfehler, die rechtzeitig auffallen, werden nur mündlich während der Veranstaltung angesagt. Eine Veröffentlichung dieser Unterlagen an anderer Stelle ist untersagt! Ablauf, Organisation, Material • Vorlesung: Prof. Dr. M. Hinze Di 13:15-14:45, Audimax I (BU, BVT, LUM, MB, SB, VT), Start 20.10 Do 11:30-13:00, Audimax II (AI, ET, EUT, IN, MTB), Start 22.10 • Übungen : 36 Gruppen, ca. 20 Tutoren, Anmeldung erforderlich!, siehe Kursbelegung im Intranet der TUHH oder http://www.math.uni-hamburg.de/teaching/export/tuhh/cm/a1/1516/gruppen.html 14-täglich im Wechsel mit den Übungen zur Linearen Algebra • Übungsaufgaben: http://www.math.uni-hamburg.de/teaching/export/tuhh/cm/a1/1516/lm.html Abgabe der Übungsaufgaben jeweils in Gruppen von 2-4 Personen 2 • Anleitungen/Hörsaalübung: Brücke zwischen Vorlesung und Übung/Klausur Dr. Hanna Peywand Kiani 14-täglich im Wechsel mit den Hörsaalübungen zur Linearen Algebra Dr. Jes-Peter Zemke Mo 14:45-16:15 Uhr , Audimax I, VT, BV, EU, LUM, BU, AI, Start 19.10 Di 09:45-11:15 Uhr, Audimax I, ET, IN/IIW, MB, MTB/MEC, SB, Start: 20.10 • Alle Infos, Alles an Material zu Analysis (alte Klausuren, Sprechstunden etc.) unter http://www.math.uni-hamburg.de/teaching/export/tuhh/index.html Kiani: Tel. 42838-4940 e-mail: kiani at math.uni-hamburg.de Sprechstunden: Raum 3078, SBS95 (Lindwurm) 3 Vollständige Induktion Situation: Eine Aussage A(n) die von n ∈ N abhängt soll für alle n ≥ n0 bewiesen werden. Im Fall n0 = 1 soll die Aussage also für alle n ∈ N bewiesen werden. Beispiele a) Es gibt n! verschiedene Möglichkeiten n verschiedene Objekte zu sortieren. b) Für die Summe der ersten N natürlichen Zahlen gilt: n X k=1 k = 1 + 2 + 3 + 4 + · · · + (n − 1) + n = n(n + 1) . 2 4 Vorgehen : Induktionsanfang: Die Aussage wird für n = n0 bewiesen. Induktionsvorraussetzung: Man setzt voraus, dass die Aussage für irgendeine Zahl N ≥ n0 aus N gilt. Man sagt hier oft N sei beliebig aber fest. Induktionsschritt: Man beweist, dass die Aussage dann auch für N + 1 gilt. Nach diesen drei Schritten folgt (anschaulich nach dem Dominoprinzip, mathematisch nach PEANO), dass die Aussage für alle natürlichen Zahlen gilt. 5 Beispiel 1: Behauptung: Für alle n ∈ N gilt: 2n > n. Beweis: a) Anfang/Verankerung: b) Voraussetzung/Annahme: c) Schritt: Zu zeigen ist Beweisstrategie : 1) Zerlege den neuen Ausdruck (hier 2N +1 oder N + 1) in einen aus der Annahme bekannten und einen neuen Teil: 2N +1 = 2) Setzte die Information aus der Annahme ein 2N +1 = 6 3) Versuche nun durch Umformungen die Behauptung für n = N + 1 zu beweisen. Wir haben: 2N +1 > N · 2 Ziel: 2N +1 > N + 1 Hier soll also aus dem 2 · N ein N + 1 werden: 2N +1 > N · 2 ··· ≥ N +1 Zum Beispiel so: 2N +1 > 2 · N 7 Beispiel 2: (Induktionsanfang muss nicht bei 1 sein) 2n > 3n + 2, ∀ n ∈ N , n ≥ 4. Beweis: Induktionsanfang: Für n = n0 = Induktionsvoraussetzung: Für ein beliebiges festes N ∈ N mit N ≥ n0 = gelte: Induktionsschritt: zu zeigen ist, dass für n = N + 1: 8 Beweis: 1) Zerlege den neuen Ausdruck hier wieder 2N +1 in einen aus der Annahme bekannten und einen neuen Teil: 2N +1 = 2N · 2 2) Setzte die Information aus der Annahme ein 2N +1 = 2N · 2 > 3) Versuche nun durch Umformungen die Behauptung für n = N + 1 zu beweisen. Wir haben: 2N +1 > (3N + 2) · 2 Ziel: 2N +1 > 3(N + 1) + 2 9 Beispiel 3: (ein wenig komplizierter) Behauptung: Für alle n ∈ N gilt n X k=1 n(n + 1)(2n + 1) k = 6 2 ∀n ∈ N, Beweis: Induktionsanfang: Für n = 1 ist die Behauptung wahr, denn es gilt 1 X k2 = k=1 Induktionsvoraussetzung:Für ein beliebiges festes N ∈ N mit N ≥ 1 gelte N X k=1 N (N + 1)(2N + 1) k = . 6 2 10 Induktionsschritt: zu zeigen N +1 X k=1 k2 = (N + 1)((N + 1) + 1)(2(N + 1) + 1) . 6 Beweis: N +1 X k=1 k2 = 12 + 22 + · · · + N 2 + (N + 1)2 = Zerlegung in alten und neuen Term Einsetzen der Induktionsvoraussetzung Umformen in Richtung der Behauptung (N + 1) ((N + 1) + 1) (2(N + 1) + 1) = .✷ 6 11 Beispiel 4: (Aufgabe 1a, Vordiplomsklausur WiSe 02/03, leicht geändert) n−1 X k=2 2 1 1 = − k 3 − k 2 n(n − 1) n ≥ 3, Induktionsanfang: n = 3. Es gilt 2 X k=2 2 = k3 − k und 1 1 − = 2 3(2 − 1) Induktionsvoraussetzung: Wir nehmen mit einem festen aber beliebigem N ∈ N, N ≥ 2 an, dass die Behauptung für N gilt. Also: N −1 X k=2 2 1 1 = − · 3 k − k 2 N (N − 1) Induktionsschritt: N −→ N + 1) 12 Zu zeigen ist N X k=2 N X k=2 2 1 1 = − k 3 − k 2 (N + 1)N 2 = k3 − k = = N −1 X k=2 2 k3 − k ! 1 1 − 2 N (N + 1) 2 + 3 N −N (Zerlegen) (Induktionsvoraussetzung) Ziel! 13 Tipps zur Aufgabe 3: Sei n ∈ N und Mn eine Menge mit n Elementen. Zeigen Sie, dass es n! Permutationen der Elemente von Mn gibt. Ohne Einschränkung der Allgemeinheit (o.E.d.A.) Mn = {1, 2, 3, . . . , n}. Permutation = Umordnung Beispiel: M3 = {1, 2, 3}. Permutationen der Elemente von M : Fakultät: Definiere für n ∈ N : n! = (n + 1)! = 14 Oben gezeigt: Es gibt 3! Permutationen der Elemente von M3: 123 132 213 231 312 321 Jetzt M4 = {1, 2, 3, 4} 123 132 213 231 312 321 15 Zur Aufgabe 4: Hauptsatz der Zahlentheorie: Jede natürliche Zahl n ≥ 2 besitzt eine eindeutige Primfaktorzerlegung Primzahlen: 2, 3, 5, 7, 11, 13, 17, · · · Beispiel: 3150 = 10 · 315 = = = Allgemein für n ≥ 2 gilt: n = pr11 · · · prmm , mit Primzahlen p1, · · · , pm und Potenzen r1 , · · · , rm ∈ N Beweis: Übung. 16 BEWEISSKIZZE: Vollständige Induktion. Anfang mit n = 2. Induktionsvoraussetzung: Setze voraus das für ein festes beliebiges N ∈ N, N ≥ 2 alle natürlichen Zahlen n ≤ N eine eindeutige Primfaktorzerlegung haben. Schritt: Zeige, dass dann auch N + 1 eine eindeutige Primfaktorzerlegung hat. 17 Allgemeine Beweistechniken: Zu Beweisen sei A =⇒ B – direkter Beweis A ⇐⇒ · · · =⇒ · · · B, – indirekter/Widerspruchsbeweis: führe Annahme A ∧ ¬B zum Widerspruch. – Gegenbeispiel Beispiel 1: direkter Beweis Für alle reellen Zahlen x, y gilt die Dreiecksungleichung: |x| + |y| ≥ |x + y|. Seien nun a, b beliebige Zahlen aus R. Beweisen oder widerlegen Sie: |a| − |b| ≤ |a − b| · 18 Lösung: Die Aussage ist wahr. Setze c = a − b. Dann gilt nach der Dreiecksungleichung: |c| + |b| ≥ |c + b| und damit Beispiel 2: indirekter Beweis a) Beweis: | 2ab | ≤ a2 + b2 ∀ a, b ∈ R . Annahme : Es gibt reelle Zahlen a, b mit | 2ab | > a2 + b2 . Es gilt | 2ab | = −2ab oder | 2ab | = 2ab . 19 Im ersten Fall erhält man mit der Annahme: −2ab > a2 + b2 ⇐⇒ 0 > a2 + b2 + 2ab Der zweite | 2ab | = 2ab führt analog zu einem Widerspruch! b) √ 2 ist irrational. Beweis: 20 Beispiel 3: Gegenbeispiele a) Behauptung: Für alle a, b, c, d ∈ R: a > b, c > d ⇐⇒ ac > bd, Die Aussage ist im allg. falsch. Gegenbeispiel: a = −1, b = −2, c = −3, d = −4, 21 b) Behauptung: Für alle n ∈ N gilt n=1: 5 · 12 − 7 · 1 + 4 2 = . k = 1 =1 = 2 2 2 X 2 5 · 2 10 −7·2+4 2 2 2 = . k = 1 +2 =5 = 2 2 k=1 n=3: k=1 5n2 − 7n + 4 k = . 2 2 1 X k=1 n=2: n X 3 X 2 2 k2 = k=1 n=4: 4 X k2 k=1 Merke: Die Negation von ∀ x ∈ M : A(x) ist ∃ x ∈ M : ¬A(x). 22