EDITORIAL 3 Liebe Leserinnen und Leser von KLIMA VOR ORT, Oscar Wilde sagte einmal: „Beständigkeit ist die letzte Zuflucht der Phantasielosen“. Sehr weise Worte, wie wir finden. Dennoch: Ständig – und das seit über fünf Jahren – gab es in „Klima vor Ort“ neue interessante Themen, Artikel und Beiträge rund um Energie, Effizienz sowie Umwelt- und Klimaschutz. Dieses Angebot wollen wir – im Sinne des Verbrauchers, also für Sie – erhalten und weiterentwickeln. Wir, das sind der Verlag Schwäbisches Tagblatt in Tübingen, die Agentur für Klimaschutz Kreis Tübingen und die Energieagentur in Horb für den Landkreis Freudenstadt. Bei den Vorbesprechungen und Planungen für die Ausgabe, die Sie heute in Ihren Händen halten, sind wir auf viele Themen gestoßen, die wir für Sie auch zukünftig zwei Mal im Jahr aufbereiten werden: kostenlos als Beilage zu Ihrer Tageszeitung und als Mehrwert für Sie als Verbraucher, als Umherirrender im Dschungel der Gesetze und Verordnungen, als Hausbesitzer mit Sanierungsabsichten oder einfach als interessierter Mensch, der sich gerne auf dem Laufenden hält. Und natürlich als Anregung zum Klimaschutz im Kleinen wie auch im Großen. Das Heft im neuen Gewand hält nach kleinen optischen und inhaltlichen Änderungen wieder ein breites Themenspektrum parat. Im Titelthema gehen wir auf die Bedeutung und Hintergründe der aktuellen Energiegesetze ein. Außerdem haben wir uns umgehört, wie sich die Stadtwerke in der Region für den Klimaschutz engagieren. Die Diskussion über mögliche Feinstaubbelastung durch Holzheizungen irritiert viele Verbraucher; wie man richtig heizt, ist in dieser Ausgabe zu lesen. Und wie immer stellen wir vorbildliche Sanierungsprojekte aus den Landkreisen vor. Eine spannende Lektüre wünschen Daniel Bearzatto Geschäftsführer der Agentur für Klimaschutz Kreis Tübingen Martin Heer Geschäftsführer der Energieagentur in Horb November 2014 | KLIMA VORORT 4 INHALT Aus dem Inhalt 6 7 10 12 14 17 19 Energieeffizienz im Haus Energiegesetze: EnEV, EWärmeG und Co. – eine Herausforderung für Planer und Sanierer 22 Durchblick im Dickicht der Verordnungen Energieplaner Klaus Lambrecht im Interview Gesetze im Überblick Erneuerbare-Energien-Gesetz Das ändert sich für Solarstromerzeuger 26 28 Bauen und Sanieren Mehr Platz, weniger Energie Sanierung einer in die Jahre gekommenen Doppelhaushälfte in Tübingen 29 Styropor kam nicht in Frage Ein altes Bauernhaus in Genkingen wurde mit Zellulosedämmung energetisch saniert 30 Stadtwerke in der Energiewende Spagat im Zeichen des Klimaschutzes Welche Herausforderungen die kommunalen Energieversorger der Region meistern müssen Expertenrat Feuer und Flamme Wie man mit Kaminöfen umweltfreundlich heizt Anforderungen an alte Öfen Ab nächstes Jahr gelten neue Grenzwerte Klimaschutz Heizungspumpentausch Vom Stromfresser zum Energiesparer Aus der Energiewelt Wie Phönix aus der Asche Solarzellenforschung Dämmstoff aus dem Meer Brennstoffzellen für zuhause In Freudenstadt entstand nach einem Wohnhausbrand ein ökologisches Vorzeigeprojekt Service KLIMA VORORT | November 2014 34 Veranstaltungen Bilder: webdesign5.de REGION INNOVATIV Das Miscanthus-Feld in Horb-Talheim (oben), Anton Joachim kurz vor der Ernte im Frühjahr. Die Pflanzen erreichen eine Höhe von über dreieinhalb Metern. „Heizgras“aus dem Heckengäu Anton Joachim aus Horb-Talheim gehört zu den Pionieren im Miscanthusanbau ____ Text: Birgit Pflock-Rutten M iscanthus, auch als Elefantengras oder Riesen-Chinaschilf bezeichnet, kann – einmal gepflanzt – über 20 Jahre geerntet werden. Die Pflanze verfügt über einen hohen Biomasseertrag und einen hohen Brennwert, überzeugt mit guter Kohlenstoffdioxidbilanz – und verträgt das Klima in unserer Region. Wieso hat sich die Energiepflanze hierzulande noch nicht etabliert? „Es mangelt an Informationen – und an Menschen mit Pioniergeist“, sagt der Energiewirt Anton Joachim, der das Elefantengras auf einem Acker in Talheim bei Horb anbaut. „Auch aus der Landespolitik kommt momentan zu wenig Hilfestellung und Beratung zum Thema Biomasse.“ Was den Miscanthuslandwirten in Baden-Württemberg derzeit fehle, seien Projekte mit Städten, Kommunen, Gemeinden und Unternehmen, die sich von fossilen Brennstoffen trennen und eine Biomasseheizung installieren wollen – und diesen Weg mit regionalen Landwirten bestreiten möchten. Wie beispielsweise das Heizkraftwerk Stauferpark der Göppinger Stadtwerke, das unter anderem auch von Anton Joa- »Es gibt zu wenig Querdenker.« Anton Joachim chim beliefert wird. Oder die BioEnergie Hoffenheim, ein vom Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg und der Europäischen Union gefördertes Projekt: Das Heizwerk setzt zur Energiegewinnung zu 100 Prozent auf Miscanthus. „Alle müssen an einem Strang ziehen, wenn es um Wirtschaftlichkeit und Effizienz geht“, appelliert Joachim, „dazuhin gibt es entsprechende Marktanreizprogramme der BAFA.“ Anton Joachim selbst kam über ein Seminar für Biomasse in Österreich zum Miscanthusanbau. „Es hat mich fasziniert, dass man nur einmal pflanzen muss, um 20 Mal ernten zu können.“ Miscanthus benötigt nur in den ersten zwei Jahren Pflege – wegen der Unkrautbildung. Ab dem dritten Jahr bildet sich ein Blätterteppich, das heißt es kommt wenig Gras und Unkraut zum Vor- schein, und der Boden bleibt durch die Mulchschicht feucht. Miscanthus wird in der Regel mit maximal 14 Prozent Feuchtigkeit geerntet, es entstehen keine zusätzlichen Trocknungskosten. Ein Hektar Miscanthus bindet jährlich 30 Tonnen CO2 und ist eine klimafreundliche Alternative zu fossilen Brennstoffen. „Im Raum Horb, Rottenburg und Tübingen sind Erträge von zirka 14 bis 16 Tonnen pro Hektar und Jahr realistisch. Ein Ertrag von 15 Tonnen kann rund 6250 Liter leichtes Heizöl ersetzen“, erläutert Joachim. Bei geringen Investitionen könnten sich Energiewirte – auch im Nebenerwerb – so für die nächsten 20 Jahren eine solide wirtschaftliche Basis sichern. Ein Grundsatz für Energiewirte sei aber, so Joachim, keine Flächen zu nutzen, die für die Nahrungsmittelerzeugung vorgesehen sind. „Wir unterstützen Interessenten gerne dabei, Miscanthus-Projekte zu realisieren. Bei Bedarf veranstalten wir auch einen Infoabend für Planungsbüros und Entscheidungsträger.“ Weitere Informationen hat Anton Joachim auf seiner Homepage (www.misanjo.de) zusammengestellt. November 2014 | KLIMA VORORT 5 6 ENERGIEGESETZE E, EE und kein Ende? EnEV 2014, EwärmeG, EEWärmeG, EEG: Was kann, was soll, was muss? Die Gesetzeslage und Verordnungen rund um die erneuerbaren Energien sind stetig im Wandel. Eine Herausforderung nicht nur für Häuslesbauer und Sanierer, sondern auch für Architekten, Energieberater, Handwerker und Immobilienverwalter. W as haben sich unsere Politiker denn da schon wieder ausgedacht?“ – Sprüche wie diese bekommen Energieberater von Hausbesitzern und Sanierern oft zu hören. Gemeint sind die Gesetze und Anforderungen im Bereich erneuerbare Energien und Energieeffizienz, die beim Bau und bei Maßnahmen am Bestand berücksichtigt werden müssen. Diese Gesetze entspringen aber nicht parteipolitischen Launen. KLIMA VORORT | November 2014 Deutschland hat sich beim Klimaschutz ambitionierte Ziele gesetzt. Bis zum Jahr 2050 soll der Anteil erneuerbarer Energien hierzulande 80 Prozent betragen. Dazu braucht es Instrumente und Gesetze. Die bundesweit geltende Energieeinsparverordnung (EnEV) beispielsweise basiert auf dem Energieeinspargesetz, das ursprünglich als Reaktion auf die Ölkrise 1976 eingeführt wurde. Das ErneuerbareEnergien-Gesetz (EEG) trat im April 2000 in Kraft – als Nachfolger des Stromeinspeisungsgesetzes, das bereits 1990 beschlossen wurde. Und das EEWärmeG, das vorgibt, dass zukünftige Hauseigentümer einen Teil ihres Wärmebedarfs aus erneuerbaren Energien gewinnen müssen, wurde 2011 an Vorgaben der Europäischen Union angepasst. Die folgenden Seiten geben einen Einblick in die Verordnungen und zeigen auf, welche Chancen und Fördermöglichkeiten die energetische Sanierung mit sich bringt. ENERGIEGESETZE Durchblick im Dickicht der Verordnungen Rund um die „Energiegesetze“ gibt es noch viel Aufklärungsbedarf. Energieplaner Klaus Lambrecht geht auf die wesentlichen Aspekte der Vorschriften und Gesetze ein. ____ Interview: Birgit Pflock-Rutten H err Lambrecht, für Planer, Hausbauer und Sanierer stellt sich die Frage: Was ist Pflicht, was macht Sinn? Zunächst einmal muss man unterscheiden zwischen Neubau und Bestand. Pflicht im Neubau ist, dass die Anforderungen an den Primärenergiebedarf und den Wärmeschutz erfüllt werden. Der Primärenergiebedarf ist die Gesamtenergieeffizienz eines Gebäudes einschließlich Einbeziehung regenerativer Energie. Kurz gesagt, ein niedriger Primärenergiebedarf entspricht einer höheren ökologischen Qualität. Werden diese Vorgaben unterschritten, bekommt man zudem Fördermittel von der KfW. Ebenfalls beim Neubau gilt es die Anforderungen des EEWärmeG zu erfüllen, welches den Einsatz von mindestens 15 Prozent erneuerbarer Energien vorschreibt. Dabei sind auch Ersatzoptionen möglich. Beispielsweise ist das EEWärmeG automatisch erfüllt, wenn die Anforderungen der EnEV um 15 Prozent unterschritten werden. …und im Bestand? Im Bestand greift die EnEV nur dann, wenn Änderungen am Gebäude vorgenommen werden. Wenn zum Beispiel ein neuer Putz angebracht wird, ist die Wand auf eine Mindestanforderung des Wärmeschutzes zu dämmen. Das macht auch Sinn: Es fallen dann nur die Mehrkosten für die energetischen Maßnahmen an. Auch das EWärmeG, das es nur in Baden-Württemberg gibt, greift im Bestand. Es wurde 2007 vom Landtag mit einer parteiübergreifenden großen Mehrheit beschlossen und schreibt vor, dass beim Austausch des Kessels zehn Prozent erneuerbare Energien eingesetzt oder entsprechende Alternativmaßnahmen durchgeführt werden müssen. Ab 2015 soll dann der Anteil der erneuerbaren Energien um fünf Prozentpunkte angehoben werden. Der Sanierungsfahrplan BadenWürttemberg, der im kommenden Jahr implementiert wird, soll mit fünf Prozent als „Erfüllungsoption“ angerechnet werden können. Sanierungsfahrplan – schon wieder ein neues Instrument? Der Sanierungsfahrplan gibt dem Hausbesitzer einen Fahrplan an die Hand, wie die einzelnen baulichen Maßnahmen optimal aufeinander abgestimmt werden können – auch wenn sie zeitlich gestreckt sind. Eine sinnvolle Reihenfolge bedeutet, das Gebäude zum einen individuell nach Sanierungsbedarf und zum anderen nach der Lebenssituation zu sanieren. Dabei gilt es zu vermeiden, dass Sanierungsmaßnahmen nachfolgende Maßnahmen erschweren, verhindern oder gar zu baulichen Problemen führen. Der Einbau hocheffizienter Fenster verändert beispielsweise die bauphysikalischen Eigenschaften und den Luftwechsel. Wenn das Dach saniert wird, sollte man darauf achten, dass entsprechende Dachüberstände für die spätere Dämmung eingeplant werden. Der Sanierungsfahrplan ist daher ein sehr wichtiges Instrument. Ausgestellt wird er durch einen Energieberater. Klaus Lambrecht ist seit 20 Jahren in der Energieplanung tätig. Seine Schwerpunkte sind energieeffizientes Bauen und regenerative Energien. Er hat zahlreiche Fachveröffentlichungen verfasst, ist Berater der Bundes- und Landesregierung in Bezug auf EnEV und EWärmeG und führt zusammen mit dem Architekten Uli Jungmann das Unternehmen ECONSULT Lambrecht Jungmann Partner (www.solaroffice.de) mit Standorten in Rottenburg-Seebronn und Stuttgart. Econsult und das Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg haben gemeinsam den Sanierungsfahrplan Baden-Württemberg (siehe Seite 9) entwickelt. Betreffen die Nachrüstverpflichtungen aus der EnEV alle Hausbesitzer? Für die besonders krassen Energieschleudern hat der Gesetzgeber eine November 2014 | KLIMA VORORT 7 8 ENERGIEGESETZE Nachrüstverpflichtung vorgesehen. Dazu zählt der Austausch des Heizkessels, sofern er vor dem 1. Oktober 1978 eingebaut wurde – oder ab 2015 älter als 30 Jahre und nicht schon ein Niedertemperatur- oder Brennwertkessel ist. Außerdem müssen ungedämmte Warmwasser- und Heizungsrohre, die durch unbeheizte Räume führen, gedämmt werden. Wenn man bedenkt, dass durch ungedämmte Heizungsrohre durchschnittlich 200 bis 300 kWh pro Jahr und Meter Rohr verloren gehen, was rund 25 bis 40 Liter Heizöl entspricht, ist diese Nachrüstverpflichtung sinnvoll. Die Investitionen amortisieren sich schon innerhalb eines Jahres. Auch eine schlecht gedämmte obere Geschossdecke ist nachzurüsten, es sei denn, das Dach darüber ist schon gedämmt. Diese Nachrüstverpflichtungen gelten allerdings nicht für Ein- bis Zweifamilienhäuser, in denen der Hausbesitzer bereits seit 1. Oktober 2002 selbst gewohnt hat. „Eine Komplettsanierung kann ich mir gerade nicht leisten!“ Was raten Sie? In der Regel ist es kostengünstiger und auch mit deutlich größeren Förderungen verbunden, Sanierungen in einem Zug durchzuführen. Dabei können die Kosten für Komplettsanierungen durchaus in den vierstelligen Bereich pro Quadratmeter Wohnfläche gehen, insbesondere, wenn das Gebäude einen langen Sanierungsstau aufweist. Der energetische Anteil an den Sanierungskosten beträgt oft weniger als die Hälfte. Um diese Sanierungen zu ermöglichen und auch um die Liquidität zu sichern, stellt die KfW zinsgünstige Darlehen zur Verfügung. Das heißt, der Hausbesitzer kann sich die Sanierung leisten. In manchen Fällen sind Zinsen und Tilgung sogar geringer als KfW-Bildarchiv / Thomas Klewar Das sind aber recht viele….? Rund 84 Prozent der Gebäude in Deutschland sind Ein- und Zweifamilienhäuser, ein erheblicher Teil davon vom Eigentümer selbst bewohnt. Die Nachrüstverpflichtung ist in der Tat recht löchrig. Was passiert bei Verstößen? Für die Einhaltung der EnEV ist die Durchführungsverordnung (DVO) zuständig. Diese regelt zum Beispiel, dass der Baubehörde Energieausweise und Unternehmensbescheinigungen vorzulegen sind. Verstöße gegen die EnEV können mit bis zu 50 000 Euro geahndet werden. Bezirksschornsteinfegermeister müssen überprüfen, ob die Anlagentechnik auch der EnEV entspricht. Sanierung eines Einfamilienhauses aus den 50er-Jahren. KLIMA VORORT | November 2014 ENERGIEGESETZE KfW-Bildarchiv / Thomas Klewar Die Dämmung von Heizungsleitungen in unbeheizten Räumen ist eine der Nachrüstverpflichtungen aus der EnEV. die eingesparten Energiekosten. Dazu kommen Aspekte der Werterhaltung, der Raumhygiene, des Wohlbefindens und des Umweltschutzes. Von daher geht mein Plädoyer zur Gesamtsanierung. Einmal in den sauren Apfel beißen und dann 40 Jahre Ruhe haben! Sie halten Einzelmaßnahmen also nicht für sinnvoll? Wenn eine Komplettsanierung nicht in Frage kommt, sind Einzelmaßnahmen durchaus sinnvoll, sofern sie im Rahmen eines Gesamtkonzeptes sauber aufeinander abgestimmt werden. Dabei hilft der Sanierungsfahrplan. Oft herrscht die Meinung, ›wenn ich nichts mache, mache ich nichts falsch‹. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Wer sein Gebäude in energetisch schlechtem Zustand lässt, hat entsprechend hohe Energiekosten, über deren Entwicklung wir nur vage Prognosen anstellen können. Wer hingegen energetisch saniert, kann seine Energiekosten durchaus mehr als halbieren und ist damit den Wirrungen des Marktes nicht mehr so stark ausgesetzt. Investitionen in das eigene Gebäude sichern den Lebensstandard von morgen! Kritiker bemängeln die hohe Komplexität der zahlreichen Gesetze. Hätte man das nicht einfacher machen können? Es geht nicht nur um die Komplexität der Gesetze, sondern um zugrundeliegende Normen. So hat beispielsweise die DIN V 18599 zur energetischen Bewertung von Gebäuden einen Umfang von rund 1000 Seiten. Das ist eine sehr komplizierte Materie für die Planer, die den Nachweis führen müssen. Es wird angestrebt, dass in der Zukunft EnEV und EEWärmeG zusammengeführt werden. Dies wurde auf Betrieben der Länder in die Präambel der EnEV aufgenommen. Was man aber klar sagen kann: Der Stand der Technik bei der Energieeffizienz von Gebäuden befindet sich weit über den gesetzlichen Anforderungen. Die Sanierungsquote in Deutschland liegt allerdings unter einem Prozent pro Jahr. Das heißt, bis der Gebäudebestand saniert ist, dauert es über 100 Jahre. Das können wir uns klimaschutztechnisch nicht leisten! Erstberatung bei den Klimaschutzagenturen Die Agentur für Klimaschutz im Landkreis Tübingen und die Energieagentur in Horb bieten eine individuelle und neutrale Erstberatung zu allen Fragestellungen an, die sich im Zuge von Energieeinsparmaßnahmen und dem Einsatz von erneuerbaren Energien ergeben können. In Tübingen ist die Erstberatung kostenlos, in Horb wird lediglich ein kleiner Unkostenbeitrag von fünf Euro erhoben. Die Erstberatung erfolgt nur nach Anmeldung: Agentur für Klimaschutz Tübingen Telefon 0 70 71 - 2 07 54 02 [email protected] Energieagentur in Horb Telefon 0 74 51 - 5 52 99 79 [email protected] Mit Sanierungsfahrplan zum Ziel Der Sanierungsfahrplan-BW wird voraussichtlich ab Anfang 2015 das neue Beratungsangebot für Hauseigentümer in Baden-Württemberg, die ihr Wohnhaus energetisch untersuchen lassen wollen. Der Sanierungsfahrplan löst den einfach gestrickten EnergieSparCheck (ESC) ab. Insbesondere soll er Gebäudeeigentümern eine auf ihre individuelle Situation angepasste Beschreibung geben, wie sie sinnvoll vorgehen können, um ihre Gebäude auf einen guten energetischen Standard zu bringen – mit der Möglichkeit, die Modernisierungsmaßnahmen in mehreren Schritten durchzuführen. Auch bei der geplanten Novelle des Erneuerbare-Wärme-Gesetzes soll der Sanierungsfahrplan-BW eine wichtige Rolle spielen. Der Referentenentwurf des Gesetzes, an dem das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg derzeit mit Hochdruck arbeitet, sieht vor, dass die beabsichtigte Erhöhung des Pflichtanteils an erneuerbarer Energie um fünf Prozent auch mit dem Sanierungsfahrplan-BW erfüllt werden kann. Die landläufig unter BAFA-Beratung bekannte Energieberatung vor Ort beinhaltete bisher auch schon einen Sanierungsfahrplan – allerdings nur in textlicher Beschreibung. Durch den baden-württembergischen Vorstoß entsteht jetzt ein komprimiertes und anschauliches Dokument. Alle wesentlichen Ergebnisse in der Energieberatung und der Gebäudesanierung werden auf sechs Seiten dargestellt. Den Sanierungsfahrplan dürfen ausschließlich speziell qualifizierte Fachleute ausstellen. Weitere Infos unter: www.sanierungsfahrplan-bw.de November 2014 | KLIMA VORORT 9 10 ENERGIEGESETZE Gesetze für den Klimaschutz Z entrale Komponenten im Klimaschutzpaket der Bundesregierung sind die Energieeinsparverordnung (EnEV), das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) sowie das Erneuerbare Energien Wärmegesetz (EEWärmeG). Das Erneuerbare-WärmeGesetz für Bestandsgebäude (EWärmeG) gilt nur in Baden-Württemberg. Die EnEV schreibt die Einhaltung von bautechnischen Standards zur Energieeffizienz von Gebäuden vor. Im Mai 2014 ist die novellierte Energieeinsparverordnung in Kraft getreten. Das übergeordnete Ziel der Verordnung ist ein nahezu klimaneutraler Gebäudebestand bis zum Jahr 2050. Knapp 40 Prozent der gesamten Endenergie wird in Gebäuden verbraucht. Der Gebäude- Energieausweis modernisiert Seit 2009 benötigen alle Wohnhausbesitzer einen Energieausweis für ihre Immobilien. Im Zuge der Novellierung der EnEV wurde er inhaltlich und optisch modernisiert. Die Ausweise klassifizieren die Heizkosten von Gebäuden auf einer Skala von grün bis rot. Dieser sogenannte Bandtacho reicht nun nur KLIMA VORORT | November 2014 sektor kann somit einen entscheidenden Beitrag zur Reduzierung des Energieverbrauchs leisten – in Bezug auf die Gebäudehülle wie auch auf die Haustechnik. Als Messlatte für die Energieeffizienz nutzt die EnEV zwei Kriterien: den Jahres-Primärenergiebedarf für die Gesamtenergieeffizienz einschließlich der Anlagentechnik und den Wärmeverlust durch die Gebäudehülle. Diese dürfen gewisse Höchstgrenzen nicht überschreiten. 2016 werden die Anforderungen weiter verschärft. Dann liegt der zulässige Primärenergiebedarf zwischen 40 und 60 kWh je Quadratmeter und Jahr. Die Anforderungen der EnEV sind dann fast so hoch wie beim KfW Haus 70. Da heute schon über die Hälfte aller Neubau- noch bis 250 Kilowattstunden pro Jahr und Quadratmeter; vorher endete er bei 400. Er ist außerdem, vergleichbar zu Elektrogeräten, in Energieeffizienzklassen von A+ bis H eingeteilt. Hinzu kommt eine Stärkung der energetischen Sanierungsempfehlungen. Das Transparenzdokument musste bislang Kauf- oder Mietinteressenten erst auf Verlangen ausgehändigt werden. Damit ist künftig Schluss: Nun müssen ten im KfW 70 Standard gebaut werden, folgt der Gesetzgeber nur dem Stand der Technik. Im Bestand sind keine Verschärfungen geplant. Das EEWärmeG ist 2009 in Kraft getreten und wurde 2011 novelliert. Das Gesetz will den Ausbau der Energieversorgung durch erneuerbare Energien vorantreiben. Alle Gebäude mit einer Nutzfläche von mehr als 50 Quadratmeter, die seit 1.1.2009 errichtet werden, müssen den Wärmebedarf durch die anteilige Nutzung von erneuerbaren Energien decken – etwa aus Biomasse, Solarthermie oder Umweltwärme. Das EWärmeG verpflichtet Eigentümer von Altbauten, bei einer Heizungsmodernisierung erneuerbare Energien einzubinden. Damit will die badenwürttembergische Landesregierung erreichen, dass der Anteil erneuerbarer Energien an der Wärmeversorgung von derzeit acht auf 16 Prozent bis 2020 ausgebaut wird. Kein ambitioniertes Ziel: Selbst bei Erreichen wären immer noch 84 Prozent des Wärmebedarfs aus nicht-erneuerbaren Energien gedeckt. Das EEG ist am 1. April 2000 in Kraft getreten und hat das frühere Stromeinspeisungsgesetz ersetzt. Es soll den Ausbau von Energieversorgungsanlagen vorantreiben, die aus sich erneuernden Quellen gespeist werden. Geregelt sind in diesem Gesetz die Abnahme und Vergütung von erneuerbarem Strom aus Energieerzeugungsanlagen. So werden die Energieversorgungsunternehmen verpflichtet, regenerativ erzeugten Strom zu Festpreisen abzunehmen. Die Vergütungen sind nach Energieträger, Anlagenleistung, Inbetriebnahmejahr und weiteren Kriterien gestaffelt. Hausbesitzer die Energieausweise ohne jegliche Aufforderung vorlegen. Auch in Immobilienanzeigen gehören seit Mai die wichtigsten Kenndaten aus dem Energieausweis. Verfügt der Besitzer über einen nach dem 1. Mai ausgestellten Energieausweis, entfallen die Angaben zum Energiebedarf oder -verbrauch und die zum Energieträger. Die Effizienzklassen A+ bis H ersetzen diese Daten. ENERGIEGESETZE D ämmung, Heizung, Stromerzeugung: Die Palette von Maßnahmen, die zur Verbesserung der Energieeffizienz eines Gebäudes und damit zum Klimaschutz beitragen, ist vielfältig. Ebenso zahlreich sind die Möglichkeiten einer finanziellen Unterstützung durch Bund, Länder, Städte, Gemeinden, Landkreise und einige Energieversorger. Die KfW Bankengruppe (KfW) zählt zu den wichtigsten Finanzierern in Sachen Förderung beim Bund. Die KfW bietet für Neubauvorhaben oder die Altbausanierung zinsgünstige Darlehen an. Die KfW-Darlehen müssen bei der jeweiligen Hausbank beantragt werden. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) ist der zweite relevante Geldgeber des Bundes bei der Förderung. Die BAFA bietet unter anderem einen Zuschuss zu einer umfassenden Energiesparberatung für ältere Wohngebäude an. Zudem wird vom BA- FA die Installation von Solarkollektoranlagen und Biomasseanlagen bezuschusst. In der Regel werden Fördermittel entweder als zinsvergünstigtes Darlehen oder als einmaliger Zuschuss vergeben. Fast alle Förderungen sind vorab zu beantragen und der schriftliche Förderbescheid muss vor Beginn der Maßnahme vorliegen. Unterstützung bei der Recherche und Beantragung von Fördermitteln für konkrete Gebäude und Maßnahmen bietet ein qualifizierter Energieberater. Bei der Energiesanierung des Gebäudes können außerdem Kosten steuerlich abgesetzt werden. Die Rechnungen der Handwerksbetriebe müssen dem Finanzamt vorgelegt werden, außerdem die Nachweise dafür, dass die Maßnahmen auch wirklich bezahlt wurden. Für die Rechnungen gibt es eine Aufbewahrungspflicht: Zwei Jahre müs- Bild: KfW-Bildarchiv / Thomas Klewar Mit Förderung rechnen 11 sen Privatleute diese aufheben, zehn Jahre Geschäftsleute. Bis zu 1200 Euro (20 Prozent von maximal 6000 Euro) der Handwerkerkosten können von der Steuer abgesetzt werden. INFO www.energiefoerderung.info 12 TITELTHEMA: ENERGIEGESETZE Bild: ©il-fede/Fotolia.com Was sich für Solarstromerzeuger geändert hat Die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) ist am 1. August 2014 in Kraft getreten. M it der Novelle haben sich die Rahmenbedingungen für Hausbesitzer und Investoren in vielerlei Hinsicht geändert. Besitzer kleiner Fotovoltaik-Dachanlagen bleiben von der neuen Abgabe auf den Eigenverbrauch verschont. Künftig gibt es außerdem wieder bis zu 100 Prozent der Einspeisevergütung für mittlere Anlagen. Auch die Marktprämie für größere Anlagen ist eine wesentliche Neuerung zur vorherigen Gesetzesfassung. Sorgfältig geplant lohnt sich die Solarstromerzeugung also weiterhin. Besitzer von Neuanlagen, die ihren Solarstrom selbst verbrauchen möchten, müssen nun grundsätzlich für jede Kilowattstunde Eigenverbrauch einen Teil der EEG-Umlage von derzeit 6,24 Cent entrichten. Dieses Jahr sind es noch 30 Prozent, ab 2016 steigt der Anteil auf 35 Prozent, ab 2017 sind 40 Prozent der Umlage zu zahlen. Private Hausbesitzer trifft diese Regelung meist jedoch nicht, die Abgabe ist erst ab einer Anlagengrö- KLIMA VORORT | November 2014 ße von zehn Kilowatt installierter Leistung fällig. Die fast 1,5 Millionen Anlagen in Deutschland, die vor dem 1. August 2014 in Betrieb gegangen sind, fallen unabhängig von ihrer Leistungsklasse unter den Bestandsschutz. Die Befreiung von der Eigenverbrauchsabgabe gilt auch bei Modernisierungen und Ersatzinvestitionen, solange die Anlagenleistung nicht um mehr als 30 Prozent steigt. Die Vergütung für in das Netz eingespeisten Strom aus kleineren Neuanlagen auf Wohnhäusern bis 10 kWp ist im August auf 12,75 Cent pro kWh gesunken und sinkt damit etwas weniger als bisher. Anlagen bis 500 kWp erhalten noch 11,09 Cent pro kWh. Eine weitere Neuerung: Alle Anlagen, die ab 1. August 2014 in Betrieb genommen wurden und nicht größer als 500 kWp sind, erhalten wieder bis zu 100 Prozent der Einspeisevergütung. 2016 sinkt die Grenze dann auf 100 kWp. Dachanlagen von zehn bis 1000 kWp, die zwischen dem 1. April 2012 und dem 31. Juli 2014 in Betrieb gingen, werden weiter nach dem 2012 geschaffenen Marktintegrationsmodell behandelt und erhalten höchstens 90 Prozent der erzeugten Jahresstrommenge vergütet. Die restlichen zehn Prozent müssen selbst verbraucht oder vermarktet werden. „Die Investition in eine neue Solaranlage lohnt sich finanziell immer noch, besonders, wenn der lukrative Eigenverbrauch maximiert wird“, sagt Carsten Tschamber von der Branchenvereinigung Solar Cluster Baden-Württemberg, „und auch ökologisch ist der Nutzen groß. Solarstrom hilft, klimaschädliches Kohlendioxid zu vermeiden und bringt die Energiewende in Deutschland weiter voran. Das sollte bei der ganzen Diskussion um Umlagen und Vergütungen nicht zu sehr in den Hintergrund rücken.“ Quelle: Branchenvereinigung Solar Cluster Baden-Württemberg Rubrik 13 Förderprogramm Klimaschutz-Plus für Vereine Vereine können weiterhin eine Förderung für Energiesparmaßnahmen an eigenen Gebäuden oder Energieberatungen beantragen. Das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg hat die Antragsfrist in allen Teilen des Vereinsprogramms auf den 31. März 2015 verlängert. Antragsberechtigt sind eingetragene, gemeinnützige Vereine (e.V.) ohne wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, das heißt ohne Profisport-Abteilungen oder Gaststätten. Der Vereinssitz muss in BadenWürttemberg liegen und die Jahresbilanzsumme darf die Obergrenze von zehn Millionen Euro nicht übersteigen. Für energetisch wirksame investive Maßnahmen an Vereinsgebäuden wird ein Zuschuss von 50 Euro für jede über die Lebensdauer der Maßnahmen eingesparte Tonne CO2 gewährt. Der maximale Fördersatz beträgt 40 Prozent. Die maximale Förderung liegt bei 50 000 Euro. Förderfähig sind beispielsweise alle Dämmmaßnahmen am Gebäude, die Erneuerung von Beleuchtungsanlagen oder die Installation einer Solarwärmeanlage. Für integrale Energiediagnosen ihrer Gebäude können Vereine eine 50-Prozent-Förderung beantragen. Gefördert werden bis zu fünf Arbeitstage, maximal 2000 Euro. Förderbedingungen, Antragsformulare sowie weitere Informationen zum Programm stehen unter www.klimaschutzplus.baden-wuerttemberg.de bereit. November 2014 | KLIMA VORORT BAUEN UND SANIEREN Bild: Rumpel 14 Gut drei Jahrzehnte nach seiner Erbauung wurde das Wohnhaus energetisch saniert und bekam ein neues Innenleben. Energiebedarf auf ein Viertel reduziert Im Ursrainer Ring in Tübingen wurde eine in die Jahre gekommene Doppelhaushälfte nicht nur energetisch, sondern auch räumlich modernisiert. ____ Text: Frank Rumpel G ebaut wurde die Doppelhaushälfte im Tübinger Ursrainer Ring 1983. Seither waren etliche damals verbaute Materialien in die Jahre gekommen. „Es zog etwas durch die Fenster und auch durch die Wände“, sagt die Hausbesitzerin. Zudem entsprach die Raumaufteilung von damals nicht mehr den aktuellen Bedürfnissen. Abgesehen von der energetischen Sanierung sollte das Haus heller werden und die Räume großzügiger. „Jetzt ist es hier trotz mehr Fensterfläche und dem größeren Raum im Erd- KLIMA VORORT | November 2014 geschoss deutlich wärmer als vorher“, sagt sie. Der Tübinger Architekt Dieter Fromme ließ die Wände mit einer 20 Zentimeter dicken Mineralwollschicht und das Dach mit Zellulose dämmen, außerdem dreifach verglaste Fenster einsetzen. Weil im Zuge der Sanierung auch der bis dahin nur als Abstellfläche genutzte Spitzboden unterm Dach als zusätzlicher Wohnraum ausgebaut wurde, musste das Dach neu gemacht werden. Geplant war zunächst eine große Gaube, doch Bilder: Fromme BAUEN UND SANIEREN Der Spitzboden vor und nach der Sanierung. angesichts der steilen Dachneigung verzichteten die Bauherren schließlich darauf. Stattdessen wurden in dem Raum vier große Dachfenster eingebaut, sodass ein heller, über eine Treppe erschlossener Raum entstand. Die Wärme fürs Haus liefert eine modernisierte Ölheizung. Eine thermische Solaranlage auf dem Dach unterstützt Heizung und Warmwasserbereitung. Letzteres erledigte zuvor ein elektrisch betriebener Boiler. „Ich schätze, dass wir mit diesen Maßnahmen den Endenergieverbrauch auf weniger als ein Viertel reduziert haben“, sagt Fromme, der bis Anfang dieses Jahres auch Vorsitzender von Sonnenenergie Neckar-Alb war, einem Verein, der sich der Förderung regenerativer Energien November 2014 | KLIMA VORORT 15 BAUEN UND SANIEREN Bilder: Fromme 16 In der Küche ging es früher eng zu (oben), nach der Sanierung ist ein großzügiger Raum mit Zugang in den Garten entstanden. widmet. Mit einem Endenergiebedarf von jährlich etwa 72 Kilowattstunden pro Quadratmeter erreicht das Haus nun einen KfW-Standard von 115 – das heißt, das Gebäude benötigt 15 Prozent mehr Primärenergie als ein vergleichbarer, nach den Vorgaben der Energieeinsparverordnung errichteter Neubau und ist damit nach den KfW-Richtlinien förderfähig. Mit einer Pelletheizung hätten die Bauherren für ihr Gebäude einen deutlich besseren KfW 70-Standard erreicht. Allerdings, schätzt der Architekt, hätte das, verglichen mit einer Modernisierung der Ölheizung, Mehrkosten in Höhe von rund 10 000 Euro verursacht. „Man kann in einem bestehenden Gebäude nicht alles optimieren“, sagt Fromme. Da gelte es, auch bereits Vorhandenes zu integrieren. Für die Bauherren spielte bei der Sanierung indes noch eine weitere Überlegung eine entscheidende Rolle. Das Haus bestand vorher aus zwei Wohneinheiten, die nun zu einer zusammen gefasst wurden. Dabei, sagt die Bauherrin, hätten sie zunächst gedacht, ob es nicht vielleicht besser wäre, sich auf ein altersgerecht ausgebautes Erdgeschoss zu beschränken. Sie entschie- den sich schließlich dagegen und bauten das gesamte Haus nach ihren Vorstellungen aus. Nun haben sie drei Stockwerke zur Verfügung: „Es ist ein Luxus, den wir uns gönnen“, sagt die Bauherrin. „Das ist schön jetzt und wir haben dadurch eine größere Eigenständigkeit.“ Doppelhaushälfte in Tübingen Baujahr: 1983 Grundfläche: 245,1 m² Beheiztes Volumen: 920 m3 Heizung: Moderne Ölzentralheizung + thermische Solaranlage Endenergiebedarf: 72 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr Förderung: KfW-115-Standard, KfW-Förderung für energieeffizientes Sanieren insgesamt rund 15 000 Euro. Hersteller von Holz-, Holz-Alu- und Kunstofffenstern Silcherstraße 5 72810 Gomaringen Tel. 0 70 72 / 92 04 36 Fax 0 70 72 / 92 04 35 KLIMA VORORT | November 2014 BAUEN UND SANIEREN Bild: Rumpel Bild: Siebert Das hölzerne Kammersystem dient als Grundkonstruktion für die Zellulosedämmung, die zwischen Wand und einer Holzfaserplatte eingeblasen wird. Das ehemalige Bauernhaus nach der Sanierung: Wo jetzt Garagen und Terrasse stehen, befand sich frühere eine Scheune. Irgendwann ein nahezu autarkes System In Sonnenbühl-Genkingen wurde ein altes Bauernhaus mit einer Zellulosedämmung energetisch saniert. Beheizt wird es nach wie vor mit Nachtspeicheröfen. ____ Text: Frank Rumpel E in Blitzschlag war es, der 2010 an dem Gebäude in der Genkinger Unlinger Straße unweit der Kirche großen Schaden anrichtete. Zwei Scheunen und ein Stall brannten nieder. Eine Brandschutzwand verhinderte, dass die Flammen aufs angrenzende Wohnhaus übersprangen. Dort wurde lediglich der Dachstuhl in Mitleidenschaft gezogen. Errichtet wurde das 17 Gebäude 1920, nachdem der Vorgängerbau abgebrannt war. Auch dort hatte seinerzeit der Blitz eingeschlagen. Das Dach des Wohnhauses musste nach dem Brand komplett erneuert und dabei auch gleich energetisch auf den neuesten Stand gebracht werden. Ein isoliertes Dach allein allerdings war der Hauseigentümerin Ruth Mezger auf Dauer zu wenig. „Das nützt ja nicht viel, wenn der Rest ungedämmt bleibt“, sagt sie. Blieb die Frage, welche Dämmung die passende sein könnte. „Ich wollte zunächst das Fachwerk unbedingt erhalten“, sagt Mezger. Also beschäftigte sie sich intensiv mit den auf dem Markt erhältlichen Dämmsystemen und stellte schließlich fest, dass eine Dämmung mit Erhalt des Fachwerks November 2014 | KLIMA VORORT 18 BAUEN UND SANIEREN Bild: Siebert extrem aufwändig, die Lösungen unbefriedigend und das Ganze zudem „unverhältnismäßig teuer gewesen wäre“. Also verzichtete sie darauf, zumal sie ein ökologisches Dämmsystem wollte. „Styropor oder Steinwolle wäre für mich nicht in Frage gekommen“, sagt sie. Dabei spielte noch ein weiteres Argument eine wichtige Rolle. Das Haus steht an einer viel befahrenen Straße und Stein- Durch die Löcher in den Putzträgerplatten wird die Zellulose eingeblasen. wolle etwa, sagt Mezger, habe keine gute Schalldämmung. Das aber sollte das Material ihrer Meinung nach unbedingt leisten. Fündig wurde sie schließlich beim Tübinger Netzwerk Bauen-Wohnen-Leben, in dem sich 2009 Planer und Handwerker aus der Region zusammengetan haben, die allesamt Wert legen auf ökologische Konzepte, wie Gerd Siebert von der Tübinger Firma Holzwerk sagt. „Die Netzwerkmitglieder haben sich zum Bauberater fortgebildet, damit alle auf dem selben Level sind und fachlich fundiert zu unseren Themen Auskunft geben können“, sagt der Melchinger Maurermeister Joachim Maas. Das Netzwerk arbeitet mit einer Zellulose-Dämmung, die in einem Kammersystem aus Holz zwischen Wand und einer Holzfaserplatte eingeblasen wird. Nun hat das Genkinger Gebäude eine 22 Zentimeter dicke Dämmung. Auch die Fenster wurden dreifach verglast. „Wenn die zu sind, hört man von der Straße nichts“, sagt Mezger. Und stabil ist die verputzte Fassade dazu. „Den Hagel im vergangenen Jahr hat sie ohne Schaden überstanden“, sagt Maas. Geheizt wird im Haus mit modernen Nachtspeicheröfen, die bereits installiert waren. Zwar seien im Vorfeld der Sanierung auch andere Heizungsarten angedacht worden, sagt Mezger, doch schieden die nach und nach aus ganz unterschiedlichen Gründen aus. Eine Pelletheizung etwa wollte sie nicht, „weil ja nie ganz klar ist, woher die Pellets kommen. Außerdem begibt man sich da auf lange Sicht in dieselbe Abhängigkeit wie mit Öl oder Gas.“ Da in einer frühen Planungsphase neben dem jetzigen Gebäude zunächst noch ein weiteres entstehen sollte, war auch ein kleines Blockheizkraftwerk im Gespräch, das sich für dann zwei oder drei Gebäude durchaus gerechnet hätte. Am Ende entschied Mezger, auch weiterhin auf Nachtspeicheröfen zu setzen. „Ich habe ja nach wie vor den Traum, die restliche Dachfläche mit Solarzellen zu bestücken und den Strom für die Heizung selbst zu produzieren.“ Schon jetzt liefert eine thermische Solaranlage auf dem Dach das warme Wasser fürs Haus. Und durch die energetische Sanierung sei der Heizbedarf bereits deutlich gesunken. Waren in der oberen Wohnung zuvor fünf Heizkörper nötig, um sie warm zu bekommen, reicht mittlerweile einer. Die Rückmeldung ihrer Mieter, sagt Mezger, seien durchweg positiv. „Die sagen, das sei jetzt schlichtweg genial.“ Zweifamilienhaus in Sonnenbühl-Genkingen Baujahr: 1920 Sanierungszeit: 4 Wochen Heizung: Nachtspeicheröfen, thermische Solaranlage Förderung: 30 Prozent der Sanierungskosten wurde über das Landessanierungsprogramm gefördert. Für die restlichen 70 Prozent gab es ein verbilligtes KfW-Darlehen. Maas • Bauberatung • Baubiologie • Schimmelsanierung Poststrasse 5 · 72393 Burladingen-Melchingen Tel: 07126 / 921140 · Fax: 07126 / 921141 · [email protected] KLIMA VORORT | November 2014 e.k. Schleifmühleweg 6 72070 Tübingen Tel. (0 70 71) 4 31 67 Fax (0 70 71) 44 04 02 • Altbausanierung • Wärmeschutz • Energieberatung • Promat-Brandschutz • Asbestsanierung • Malerarbeiten Bild: Niesner BAUEN UND SANIEREN Das Einfamilienhaus in Freudenstadt ist ein optisches und ökologisches Vorzeigeprojekt. Wie „Phönix“ aus der Asche Rückblick auf den 21. Oktober 2011, Freudenstadt: Nachts steht das Wohngebäude der Familie Niesner in hellen Flammen. Zerstörung und Hoffnung. Ein Jahr später am 21. Dezember 2012: Nach nur acht Monaten Bauzeit kann die Familie Niesner kurz vor Weihnachten 2012 ihr neues Zuhause beziehen. ____ Text: Stefan Niesner D er Wunsch der Familie Niesner war es, nachhaltig, ökologisch, natürlich und vor allem lebenswert zu bauen, außerdem mehr Energie mit dem Gebäude zu produzieren als verbraucht wird. Effektiv und einfach sollte die Haustechnik sein. Während der Planung fand die energetische und architektonische Optimierung statt. Aus Sicht der Bauherren ein sinnvoller und notwendiger Planungsprozess, der die beste energetische Planung hervorbringt. Das Gebäude entspricht mit Wandund Dachstärken von bis zu 50 Zentimeter Passivhaus-Qualität und verbraucht (umgerechnet) weniger als 1,5 Liter Heizöl/m² und Jahr. Die Wärmeerzeugung erfolgt über eine Wärmepumpe, die aus dem Eisspeicher mit 34 Quadratmeter Absorbern und zwölf Quadratmetern Solarabsorber auf dem Flachdach ihre Umweltenergie zieht und da- mit die hervorragende Jahresarbeitszahl von ›4,0 erreicht. Durch die Photovoltaikanlage mit 11 kWp Leistung und 20 kW Blei-Gel-Batterie-Speichern wird ein sehr guter Eigenversorgungsfaktor erreicht. Über das Jahr gesehen wird somit ein Plus von Energie produziert. Geradlinige und kubische Formen prägen die Gestaltung, die Funktionen sind klar durch die traditionelle vorgehängte Holzfassade (Lärche) und die rostige Streckmetall-Fassade getrennt. November 2014 | KLIMA VORORT 19 BAUEN UND SANIEREN Bilder: Niesner 20 Das Dämmmaterial besteht lediglich aus den Komponenten Holz, Wasser und Lehm. Die Tragkonstruktionen wurden materialoptimiert mit Steico-Trägern hergestellt. Zur Dämmung wurden ausschließlich ökologische Materialien, wie Zellulose in Wänden und Decken, Holzfaserdämmplatten, eine „Jasmin“-Dämmung aus Holz und Lehm, Hanf und anderes eingebaut. Die schwarze Oberfläche unter den Fassade bewirkt eine zusätzliche Wärmeaufnahme zur Erhöhung der Oberflächentemperatur („Eisbärhaut“). Die konstruktiven Sonnenschutz-Elemente bieten ringsum Sonnenschutz und Gestaltung, mit je nach Himmelsrichtung gestaffelten Tiefen. Praktisch bleibt die Sonne im Sommer mit steilem Einfallswinkel außen vor und der Überhitzung wird so wirksam vorgebeugt. Im Winter liefert die flach einfallende und tiefstehende Sonne bis zu 7 kW an Solarenergie, die ohne Zusatzkosten angenehme Wärme ins Heim bringt. Diese Gesamtkonstruktion ist in weitem Umkreis einzigartig und zukunftsweisend. Die Photovoltaikanlage mit 11 kWp Leistung mit 20 kW Blei-Gel-BatterieSpeichern trägt maßgeblich zur Eigenversorgung bei. Im Innenausbau herrschen natürliche Materialien wie Massivholzparkett in Räuchereiche und Esche sowie Silikatputze und Silikatfarben vor. Die Farbgestaltung ist bewusst in erdigen Farbtönen gehalten und gezielt punktuell mit kräftigen Farben hervorgehoben und betont. Hohe Schiebetüren und markante Holztreppen sind ansprechende Gestaltungselemente. Die Wandverkleidungen in Spaltholz aus Abfallholz unterstreichen den Charakter modernen Wohnens. Das stimmige Gestaltungskonzept mit Möblierung, Beleuchtung und Dekoration rundet den vollkommenen Eindruck des Betrachters ab. Ästhetisch legt der Bauherr größten Wert auf schlanke Fensterprofile. Die Wahl fiel auf das einzigartige SvarreFenstersystem aus Dänemark: Nach außen öffnend, außen glasüberdeckt, sowie mit frei wählbarem Farbrand. Dadurch ist es nahezu wartungsfrei und sehr leicht von außen zu reinigen. Durch die 3-fach-Verglasung sind passivhaustaugliche U-Werte erreicht. Oft herrscht die Meinung: „Häuser atmen, Häuser brauchen eine natürliche Undichtigkeit, um nicht zu ersticken und Fenster in qualitativ hochwertigen Konstruktionen dürfen zum Lüften nicht geöffnet werden.“ Jedoch: Häuser können nicht atmen! Es findet lediglich ein Luftaustausch statt, der hygienisch und baulich notwendig ist. Feuchtigkeit, Gerüche und Schadstoffe müssen abgeführt werden; dadurch geht jedoch auch Energie verloren. Eine freie Fensterlüftung kann die notwendige Luftmenge niemals erreichen. Moderne Lüftungsanlagen Neubau „Phönix“ in Freudenstadt Baujahr: 2012 Wohnfläche: 240 m² Beheiztes Volumen: 1.100 m³ Heizung: Wärmepumpe mit Eisspeicher und thermischer Solarunterstützung Endenergiebedarf: 11,62 kWh/ m² und Jahr, 75% weniger als Vergleichswert Förderungen: Kredit KfW-Effizienzhaus 40 KLIMA VORORT | November 2014 BAUEN UND SANIEREN Ein natürliches Ambiente erzeugt das Massivholzparkett. Die Wände wurden mit Silikatputzen und Silikatfarben gestrichen. mit Wärme-Rückgewinnung leisten diesen gewünschten Luftaustausch, ohne wertvolle Heizenergie durch frei geöffnete Fenster verschwinden zu lassen. Die Steuerung erfolgt über Feuchteund CO²-Sensoren, die automatisch für frische und angenehme WohnraumLuftqualität sorgen. Fenster dürfen sehr wohl geöffnet werden, aber die Luftqualität im Raum wird dadurch nicht zwingend besser, sondern es wird nur kälter. Bei „Phönix“ ist eine vom Passivhaus Institut zertifizierte dezentrale kontrollierte Wohnraumlüftung eingebaut. Mit weiteren Besonderheiten wartet „Phönix“ auf: Schon in der frühen Planungsphase flossen Energiequalität, Ausrichtung, Besonnung und Beschattung mit ein und wurden mit Hilfe des Passiv-Haus-Projektierung-Pakets berechnet und überprüft. Die Lage, Ausrichtung und Hülle wurde so Schritt für Schritt optimiert. Denn durch geschickte Planung und Ausrichtung können bis zu 30 Prozent Energie eingespart werden. Besonderen Wert legte Architekt Stefan Niesner auf Details und Wärmebrückenfreiheit. Die Winddichtigkeit wurde gesondert geplant und entwickelt. Während des Bauablaufs wurden ständige Qualitätskontrollen zur Dichtigkeit gegen Wasser, Luftdichtigkeit, Wärmebrücken und Detailanschlüssen durchgeführt. Die gute Vorplanung ist Garant für die hervorragende Ausführung und zahlt sich für alle Fälle aus. Das Ergebnis mit „Phönix“ kann sich mehr als sehen lassen und ist ein echtes „Leuchtturm“-Objekt. November 2014 | KLIMA VORORT 21 22 STADTWERKE IN DER ENERGIEWENDE Bild: swt Die Fotovoltaikanlage an der rückwärtigen Fassade der Tübinger Paul-Horn-Arena produziert jährlich rund 30 000 kWh umweltfreundlichen Strom. Nach oben offen Große Ziele klingen immer toll. Wie die Energiewende. Seit drei Jahren befindet sich die Energiewirtschaft im Umbruch. Den kommunalen Stadtwerken kommt dabei eine Schlüsselrolle zu: Grundversorgung sichern, Vorreiter sein, den Bürger mitnehmen und wirtschaftlich im Rahmen bleiben. Hört sich nicht gerade sexy an – ist aber notwendig. ____ Text: Alexander Wiemer D ie erneuerbaren Energien waren im ersten Halbjahr 2014 die wichtigste Stromquelle und lieferten etwa 30 Prozent des verbrauchten Stroms. Eigentlich eine Erfolgsmeldung. Dennoch scheint die Energiewende zu stagnieren: Um Stromtrassen wird nach wie vor debattiert, die Höhe der EEG-Umlage und der CO2Werte tut ihr übriges dazu. Dabei soll bis 2025 die Hälfte des Strombedarfs aus Erneuerbaren produziert werden. Bei der Umsetzung sind auch die Kommunen und ihre Stadtwerke gefragt. Die entwerfen dafür eigene Szenarien und suchen ihr Heil in horizontalen Kooperationen. Nicht nur, weil man nicht bevormundet werden will, sondern weil man weiß, was auf kommunaler Ebene möglich ist. KLIMA VORORT | November 2014 Die deutsche Energiewirtschaft hat lange auf fossile Brennstoffe gesetzt, viele müssen nun ihr Geschäftsmodell ändern: die Erneuerbaren in ein festes System einbinden, die Reservekapazitäten ökologisch wie ökonomisch sinnvoll gestalten und Energie einsparen. Städte wie Tübingen sind hier nicht erst seit der Energiewende in einer Vorreiterrolle. Nicht immer ganz glücklich: So zog sich die Stadt und das Stadtwerke-Kooperationsunternehmen Südweststrom aus den Projekten Windpark „Bard Offshore 1“ und dem Kohlekraftwerk in Brunsbüttel wegen Unwirtschaftlichkeit zurück. Doch die Erfolge überwiegen: Vor Ort wird traditionell Wasserkraft zur Stromerzeugung genutzt und auf dezentrale Techniken wie Fernwärme und Blockheizkraftwerke (BHKW) ge- setzt. Über die Hälfte der gesamten Tübinger Wärmelieferung wird heute umweltfreundlich produziert. Regional und überregional ist man an Onshore-Windparks beteiligt und betreibt Solarparks. Erst vor wenigen Wochen haben die Stadtwerke ihr Portfolio um fünf Solarparks des fränkischen Solarunternehmens Belectric mit einer Gesamtleistung von über 25 Millionen Kilowattstunden erweitert. Mit den bereits vorhandenen Photovoltaik-Anlagen, den Wasserkraftwerken und den neu hinzugekommenen Windkraftanlagen kommen sie nun auf eine Gesamterzeugung von rund 90 Millionen Kilowattstunden Strom aus Erneuerbaren Energien. Das kann sich sehen lassen. „Natürlich muss alles, was mit Erneuerbaren zu tun hat, auch betriebswirtschaftlich sinnvoll STADTWERKE IN DER ENERGIEWENDE 23 Auch wenn jeder seine eigene Lösung verfolgt, ist die Kooperation das Maß der Dinge – und führt mitunter sogar zu neuen Unternehmen. So gründeten die Stadtwerke Tübingen und die Stadt Horb 2009 die Energie Horb am Neckar GmbH. Diese hat inzwischen ein Wasserkraftwerk in Horb und einen Solarpark im Horber Teilort Das Flusswasserkraftwerk in Horb ist ein Gemeinschaftsprojekt der “Energie Horb am Neckar GmbH“ und der Stadtwerke Tübingen. Nordstetten aufgebaut und in Betrieb genommen. Damit können rund 4000 Vier-Personen-Haushalte umweltfreundlich mit Strom versorgt werden. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass man besser fährt, wenn man Projekte gemeinsam macht. Das hat mit Risikostreuung zu tun, aber auch mit Verteilung von Stärken“, sagt Kötzle. Die Stadt Horb und ihre Energiegesellschaft wollen bis 2050 eine klimaneutrale Kommune sein. Das Flusskraft- werk und den Solarpark sieht man als erste Wegweiser dorthin. Eckhardt Huber, Leiter der Stadtwerke und Geschäftsführer der Energie Horb: „Ob wir dabei eine energieautarke Kommune werden, hängt aber von vielen Faktoren ab.“ Huber nennt diese Faktoren nicht. Man ahnt sie dennoch: Die politischen Rahmenbedingungen sprich Finanzierungen und Kapazitätsregelungen müssen ebenso stimmen wie die Unterstützung der Bild: Stadtwerke Mössingen Nicht das allein macht deutlich: Energiewende ist nicht nur ein Umweltprojekt, sondern eine wirtschaftliche Herausforderung. Vor allem, wenn noch rechtlich unklare Rahmenbedingungen wie EEG und Emissionshandel hinzukommen: Braunkohle ist zurzeit zu günstig, weil die Kraftwerke schon abgeschrieben sind, und Gaskraftwerke rechnen sich im Vergleich noch nicht. Es geht um elektrische Arbeit, also Kilowattstunden, aber auch um gesicherte Leistung. Und die kostet Geld. Gerade kleine Kommunen und Stadtwerke agieren deshalb häufig zurückhaltend oder im Verbund mit anderen Stadtwerken, Privatunternehmen und Genossenschaften. Spektakuläre Einzelfälle, dass kleine Gemeinden in technische Innovationen investieren und ihren Energiehaushalt komplett autark produzieren wie Feldheim in Brandenburg oder Rainau auf der Alb, sind in der Region nicht anzutreffen. Dafür setzt man stark auf Kraft-Wärme-Kopplung: BHKWs, Fernwärme, Biomasse. „Wir leisten gerne unseren Beitrag zur Energiewende, sofern es uns finanziell möglich ist“, sagt Gerhard Nill, Betriebsleiter der Stadtwerke Mössingen. Mit acht BHKWs deckt Mössingen immerhin zehn Prozent des Strom- und Wärmebedarfs in Eigenproduktion. Eines der Heizkraftwerke wird von Anfang an mit Deponiegas betrieben. Außerdem unterhält man 16 Photovoltaikanlagen und ist an einer Bürgersolaranlage mit insgesamt 30 Gesellschaftern beteiligt. Luftbild: Grohe sein. Vom Drauflegen kann keiner leben. Wichtig ist, dass wir uns nicht auf eine Technologie fokussieren“, sagt Stadtwerke-Chef Achim Kötzle. Bis zum Jahr 2020 wollen die Stadtwerke 50 Prozent ihres Stromabsatzes durch ökologische Stromerzeugung decken und investieren dafür insgesamt 50 Millionen Euro. Das Blockheizkraftwerk der Stadtwerke Mössingen beim Freibad. November 2014 | KLIMA VORORT STADTWERKE IN DER ENERGIEWENDE Die Stadtwerke Tübingen beteiligen sich an Windkraftparks, wie beispielsweise hier im rheinland-pfälzischen Rhein-Hunsrück-Kreis. Wirtschaft und der Bürger vor Ort. Daran arbeiten auch die Stadtwerke Rottenburg. Derzeit bauen diese fleißig ihr Nahwärmenetz auf. Man wirbt dabei mit Umsicht und Erfahrung: Die Stadtwerke sorgen für die Installation und einen störungsfreien und effizienten Betrieb der Anlage. Für den Kunden erübrigen sich zudem Kauf und Lagerung des Brennstoffs. Im Stadtteil Kiebingen wurde für die Schule und eine Mehrzweckhalle ein Nahwärme- netz aufgebaut. Die Wärme wird erzeugt durch einen Erdgaskessel sowie von einem BHKW, das zu 100 Prozent mit Biomethan betrieben wird. Um die Investition in ein effizientes und ressourcenschonendes Nahwärmesystem für den ganzen Ort zu prüfen, wurde eine Umfrage gestartet. Das Interesse der Bürger ist vorhanden. Derzeit erfolgt gemeinsam mit einem Ingenieurbüro die Detailprüfung für den wirtschaftlichen Betrieb eines Nahwärmenetzes. Zudem prüfen die Rottenburger in Zusammenarbeit mit dem Steinbeis Forschungsinstitut, ob es wirtschaftlich sinnvoll ist, das Nahwärmekonzept zusätzlich mit Solarthermie zu kombinieren. Im kommenden Jahr entscheidet sich dann, ob und in welchem Umfang das Nahwärmenetz umgesetzt wird. „Die Stadtwerke sind zu hundert Prozent kommunal und haben andere Anforderungen an die Wirtschaftlichkeit als ein Konzern. Unser Vorteil ist, Die Stellventile des Wärmeverteilers in der Heizanlage des Schulzentrums Kiebingen, das an das Nahwärmenetz der Rottenburger Stadtwerke angeschlossen ist. KLIMA VORORT | November 2014 dass wir nah dran sind an den Menschen vor Ort“, ergänzt Ortwin Wiebecke, Sprecher der Geschäftsführung der Tübinger Stadtwerke. Die Energiewende macht Wiebecke an drei Baustellen fest: Ausbau der Erneuerbaren, Energieeffizienz sowie die Speicherung von Überkapazitäten und die Synchronisierung von Erzeugung und Verbrauch. „Gerade Stadtwerke mit ihrer dezentralen Infrastruktur haben dafür die besten Voraussetzungen.“ Bild: Stadtwerke Rottenburg Bild: swt 24 25 Heizkörper voll aufdrehen ist unnötig Die richtige Raumtemperatur ist nicht nur für das Wohlbefinden wichtig, sondern kann auch Energie sparen. Denn mit jedem zusätzlichen Grad erhöhen sich die Heizkosten um etwa sechs Prozent. In den meisten Räumen muss der Thermostat nie höher als Heizstufe 3, das entspricht 20 Grad Celsius, eingestellt werden. Um die Wohnung an kalten Tagen schneller warm zu bekommen nützt es nichts, den Thermostat an der Heizung voll aufzudrehen. Das hat nur bei alten Ein-Aus-Ventilen einen Effekt. Da sich mit derartigen Ventilen die Raumtemperatur nur sehr schlecht regeln lässt, ist es ratsam, sie von einer Fachfirma gegen moderne Thermostaten austauschen zu lassen. Quelle: BUND 26 EXPERTENRAT Helles Züngeln ohne Fauchen Holzöfen gelten als umweltfreundlich. Gleichzeitig ist immer zu hören, dass sie gesundheitsschädlichen Feinstaub in die Luft blasen. Wie passt das zusammen? ____ Interview: Birgit Pflock-Rutten G anz ohne Emissionen geht es bei der Verbrennung von Holz nicht. Werden aber ein paar einfache Regeln beachtet, lassen sich Holzöfen emissionsarm und CO2–neutral betreiben. Was es dabei besonders zu beachten gilt, erläutert Professor Thorsten Beimgraben, Spezialist für Biomassenproduktion und Logistik an der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg. Herr Beimgraben, was sind die typischen Fehler, die beim Heizen mit Holz zu erhöhten Feinstaubemissionen führen? Thorsten Beimgraben: Bereits beim Anzünden des Holzes kann man viel falsch machen. In dieser Phase können die meisten schädlichen Gase entstehen. Wurde das Holz früher von un- Von oben nach unten: Der Brennholzstapel wird mit einem Anzündmodul, bestehend aus kleineren Holzscheiten und einer ökologischen Anzündhilfe, von oben nach unten abgebrannt. So entsteht beim Anfeuern nur sehr wenig Rauch. Grafik: © AWEL KLIMA VORORT | November 2014 ten angezündet – meist mit zerknülltem Zeitungspapier, gilt heute: von oben nach unten. Also zuerst grobes Holz aufschichten und darüber das Anfeuermodul errichten. Dieses besteht aus übereinandergestapelten relativ grob gespaltenen Holzstücken und einer ökologischen Anzündhilfe, zum Beispiel aus Holzfaser mit Rapsöl. So kann sich das Feuer ohne Rauch und Ruß ausbreiten. Wenn der Ofen dann noch mit einheimischen nachwachsenden Brennstoffen befüllt wird, heizt man mit nahezu ausgeglichenem CO2-Haushalt. Welche Brennstoffe sind geeignet? In den Ofen kommt ausschließlich naturbelassenes Holz! Ungeeignet sind Altholz, Baustellenholz, Holzpaletten oder Kisten. Bei behandeltem Holz weiß man nie, welcher Sondermüll mitverbrannt wird. Auch Zeitschriften, Karton oder Verpackungsmaterial sind tabu. Falsche Brennstoffe belasten nicht nur die Umwelt, sie schaden auch der Anlage. Der Ofen verschmutzt schneller, außerdem wird der Wärmetauscher belegt und kann die Wärme nicht in die Raumluft übertragen. Je nachdem, was im Ofen landet, kann es zu chemischen Reaktionen kommen und auch zu Korrosionsschäden führen. Daher: nur naturbelassenes Holz verbrennen! Die Holzscheite sind gespalten – wo werden sie am besten gelagert? Ideal ist ein sonniger südlich ausgerichteter und regengeschützter Standort. Eine grundfeuchte Lage wie beispielsweise eine Talsenke sollte man vermeiden, außerdem sollte das Holz auf einer Unterlage von zirka zehn Prof. Thorsten Beimgraben lehrt und forscht an der Hochschule Rottenburg zum Thema Biomasseanbau und -nutzung. Zusammen mit Hans-Peter Ebert hat Prof. Thorsten Beimgraben das Buch „Heizen mit Holz“ verfasst, das bereits in 14. Auflage erschienen ist. Es gibt einen Überblick für alle, die sich einen Holzofen, Kamin oder eine Holzzentralheizung zulegen wollen. Holzgewinnung, Holzkauf, Trocknung und Lagerung werden darin ebenso beschrieben wie die verschiedenen Holzofentypen, ihre Vor- und Nachteile. Zentimeter Höhe gelagert werden, damit von der Seite und von unten Luft ans Holz gelangt. Tendenziell ist auch ein 25 Zentimeter langer Scheit schneller trocken als ein Meter langer. Bei richtiger Lagerung ist das gespaltene Brennholz innerhalb eines Sommers bereit zum Verfeuern. Zwei bis drei Tage vor Gebrauch sollte man das Holz in der Nähe der Feuerungsanlage aufbewahren, das optimiert die Anzündphase. Der Kamin ist trotzdem verrußt. Woran kann das liegen? Wenn das Holz zu feucht ist, raucht und qualmt es – und es bilden sich Ruß und Schadstoffe. Schlimmstenfalls kann es sogar zum Kaminbrand kommen. Die ideale Holzfeuchte, die mit speziellen Holzfeuchtemessgeräten festgestellt werden kann, liegt zwischen zwölf und 18 Prozent. Auch ein Mangel an Verbrennungsluft oder ein zu kleiner Wärmespeicher kann dazu führen, dass das Holz unvollständig verbrennt und zu Ruß führt. Das heißt, auch die Wahl des Ofens spielt eine Rolle? Ja. Der Ofen muss richtig dimensioniert sein, um effektiv zu heizen. Auch ein schlecht konstruierter Ofen ohne richtige Luftführung kann unter Umständen sehr ineffizient sein, weil die im Brennholz enthaltene Energie sehr unvollständig umgesetzt wird. Dann gehen unter Umständen von drei Stück Holz zwei energetisch ungenutzt durch den Schornstein. Vor dem Kauf sollte also geklärt werden, wie viel Wärmeleistung benötigt wird. Und man sollte sich für ein Qualitätsprodukt entscheiden. Kann man an der Flamme erkennen, ob der Brennvorgang optimal ist? Wenn sie hell und züngelnd ist und nicht faucht, ist das ein gutes Zeichen. Wie reguliert man die Wärme? Dazu sollte man wissen, dass nicht das Holz brennt, sondern das Holzgas, 27 Bild: © monropic/fotolia.com EXPERTENRAT Den Schadstoffausstoß können Besitzer eines Holzofens selbst stark beeinflussen. das bei der Spaltung der Moleküle entsteht und in Verbindung mit Sauerstoff reagiert. 80 Prozent des Bedarfs an Verbrennungsluft ist Primärluft, das heißt für die Holzgasbildung notwendig, 20 Prozent ist Sekundärluft, die für die vollständige Nutzung des Holzgases benötigt wird. Das Holzfeuer braucht also zweimal Luft. Ein Unterbrechen der Luftzufuhr verschlechtert den Wirkungsgrad erheblich: das Holzgas kann nicht mehr vollständig ausbrennen. Und wenn zuviel Luft zugeführt wird, muss diese auch erwärmt werden – heiße Luft geht ungenutzt durch den Schornstein. Daher ist es nicht sinnvoll, die Wärme über die Luftklappen zu regulieren. Besser ist es, Holz nach Bedarf nachzulegen. Wohin mit der Asche? Wird der Ofen richtig betrieben, fällt nur sehr wenig Asche an. Und die kann – sofern sie hell und wirklich rückstandsfrei ist – ins Blumenbeet oder über den Restmüll entsorgt werden. KLIMASCHUTZ Bild: KfW / Thomas Klewar 28 Wer richtig heizt, kann vermeiden, dass der Ofen zum Himmel stinkt. Neue Anforderungen an alte Öfen Alte Holzöfen und -heizkessel verursachen einen erheblichen Ausstoß an Feinstaub und zahlreichen anderen gesundheitsgefährdenden Schadstoffen. Deshalb gelten ab 1. Januar 2015 neue Grenzwerte für die Staub- und Kohlenmonoxidemissionen von alten Holzheizkesseln und -öfen. A lte Holzöfen und -kamine verschlechtern die Luftqualität, insbesondere in der direkten Nachbarschaft ihrer Standorte. Die Emissionen aus diesen Anlagen tragen vor allem in den Wintermonaten zu hohen Feinstaubkonzentrationen in der Umgebungsluft bei. Diese sind gesundheitsschädlich und können zu Atemwegserkrankungen führen beziehungsweise das Herzinfarktrisiko erhöhen. Für mit festen Brennstoffen, wie beispielsweise Holz, betriebene Heizkessel, die vor dem 1. Januar 1995 errichtet wurden, müssen ab Januar 2015 die Emissionsgrenzwerte der Stufe 1 der 1. Bundesimmissionsschutz-Verordnung eingehalten werden. Dabei handelt es sich meist um Anlagen, die ein ganzes Haus oder eine Wohnung mit Heizwärme versorgen. Außerdem müssen Öfen und Kamine, die zur Beheizung von Ein- KLIMA VORORT | November 2014 zelräumen dienen und vor dem 1. Januar 1975 errichtet wurden, ebenfalls ab dem Januar 2015 anspruchsvolle Emissionsgrenzwerte einhalten. Die Feststellung zur Einhaltung der Emissionsgrenzwerte für Heizkessel und Einzelraumfeuerungsanlagen erfolgt über das Schornsteinfegerhandwerk. Für Öfen, die zwischen dem 1. Januar 1975 und dem 21. März 2010 errichtet wurden, sowie für Heizkessel, die zwischen dem 1. Januar 1995 und dem 21. März 2010 errichtet wurden, laufen die Übergangsfristen je nach Baujahr zwischen 2017 und 2025 aus. Öfen und Kessel, die ab dem 22. März 2010 eingebaut wurden, darf man unbegrenzt weiterbetreiben. Um die Übergangsregelung sozialverträglich zu gestalten, gibt es in der 1. BImSchV mehrere Ausnahmen: Öfen und Kamine, die die einzige Heizmöglichkeit einer Wohnein- heit darstellen, sind von der Nachrüstverpflichtung ebenso ausgenommen wie historische Öfen, Herde, Badeöfen, offene Kamine und handwerklich vor Ort gesetzte Grundöfen. Auch für neue Heizkessel und Öfen treten ab 2015 veränderte Anforderungen in Kraft: Wer ab 1. Januar 2015 ein neues Gerät kauft, muss die Emissionsgrenzwerte der Stufe 2 der 1. BImschV beachten. Um festzustellen, ob die neuen Grenzwerte eingehalten werden, ist bei Kesseln ebenfalls eine Messung durch das Schornsteinfegerhandwerk erforderlich. Diese muss spätestens vier Wochen nach der Inbetriebnahme, danach alle zwei Jahre durchgeführt werden. Bei Einzelraumfeuerungsanlagen ist eine Bescheinigung des Herstellers über die Einhaltung der geforderten Emissionswerte auf dem Prüfstand ausreichend. Quelle: Umweltbundesamt KLIMASCHUTZ Intelligent gepumpt Alte Heizungspumpen verbrauchen so viel wie Fernseher und Waschmaschine zusammen. D urch den Einbau einer modernen Heizungspumpe kann ein Hauseigentümer jährlich rund 120 Euro Stromkosten sparen. Darauf weist die vom Bundesumweltministerium geförderte Kampagne „Klima sucht Schutz“ hin. 80 Prozent der Heizungspumpen in Deutschland seien überaltert, ineffizient und dadurch wahre Stromfresser. Die Pumpen-Oldtimer verbrauchten mehr Strom als Fernseher und Waschmaschine zusammen. Während alte Modelle 500 Kilowattstunden (kWh) pro Jahr verbrauchen und die Stromrechnung um 140 Euro nach oben treiben, begnügen sich Hocheffizienzpumpen mit sparsamen 75 kWh und 20 Euro pro Jahr. Diese modernen Pumpen passen sich dem tatsächlichen Bedarf an, sind elektronisch geregelt und verfügen über einen optimierten Motor. Wenn die alte Pumpe kaputt ist, muss sie ohnehin zwingend durch eine Hocheffizienzpumpe ersetzt werden. Das regelt eine EU-Richtlinie, die seit 2013 gilt und die Anforderungen an die Energieeffizienz von Heizungspumpen festlegt. Als Orientierungs- größe für den Stromverbrauch der Pumpe gilt seither der so genannte Energie-Effizienz-Index (EEI). Dieser Wert ist auf der Verpackung, dem Typenschild und in der technischen Beschreibung der Pumpe vermerkt. Der EEI darf maximal 0,27 betragen. Aber auch der Austausch einer funktionierenden Alt-Pumpe rechnet sich. Je nach Größe des Hauses macht sich der Austausch bereits nach drei bis fünf Jahren durch die eingesparten Stromkosten bezahlt. INFO www.meine-sparpumpe-bw.de www.klima-sucht-schutz.de November 2014 | KLIMA VORORT 29 AUS DER ENERGIEWELT Solarmodule mit Ökostrom produzieren Der Staudamm des ITAIPU-Wasserkraftwerks mit der weltweit größten Jahresenergieproduktion. Studie aus dem Südwesten für brasilianische Solarfabrik gestartet D er brasilianische Bundesstaat Paraná soll eine eigene Photovoltaik-Produktion mit einer Gesamtleistung von 680 Megawatt peak bekommen. Der Plan umfasst die gesamte Wertschöpfungskette von der Siliziumherstellung bis hin zur Produktion von Solarmodulen. Das Vorhaben hat einen ganz besonderen Charme: Die Solarfabrik soll neben dem Wasser- kraftwerk mit der weltweit größten Jahresenergieproduktion gebaut werden. Das Kraftwerk des Energieversorgers ITAIPU Binacional liegt an der Grenze zwischen Paraguay und Brasilien und könnte mit einem winzigen Teil des dort gewonnenen Grünstroms die Solarmodule völlig CO2-neutral produzieren. Eine Studie aus Deutschland wird jetzt detailliert klären, ob das SolarGroßprojekt mit dem Namen „Green Silicon“ in Südamerika auch technisch und wirtschaftlich zu stemmen ist. An der Erstellung der Studie beteiligen sich die südwestdeutsche Branchenvereinigung Solar Cluster und drei Forschungsinstitute aus Baden-Württemberg. Im zweiten Quartal 2015 soll das Ergebnis vorliegen. Gesprüht oder gedruckt? Entwicklungen im Bereich der Solarzellenforschung D ie Firma Lucelo Technologies aus Texas hat Solarzellen erfunden, die sich wie Farbe auf nahezu jedem Material auftragen lassen. Die Entwickler verzichten bei der Verarbeitung auf hohe Temperaturen und setzen Vakuumtechnologie ein. So ist es möglich, die kleinen Solarzellen in einer Suspension wie Farbe auf die unterschiedlichsten Materialien – von Papier bis Plastik – aufzutragen. Die entwickel- KLIMA VORORT | November 2014 ten Zellen können zwar keinen großflächigen Energiebedarf decken. Aber es ist denkbar, die kleinen Energiequellen unterwegs zum Laden von Smartphones, Tablets oder ähnlichen Geräten zu benutzen. Forscher der australischen Universitäten in Melbourne und Monash haben mit ihrem gemeinsamen „Victorian Organic Solar Cell Consortium“ eine neue Technologie angekündigt, die die Solarbranche weiter voran bringen könnte. Dabei handelt es sich um eine 3D-Druck Technologie, die es ermöglicht, innerhalb weniger Sekunden flexible Solarzellen drucken zu können. Allerdings liegt der Wirkungsgrad dieser Solarzellen derzeit bei gerade einmal zehn Prozent und damit deutlich hinter denen auf dem Markt verfügbaren leistungsfähigsten Solarzellen. Die Entwickler arbeiten daran und gehen von einer baldigen Markteinführung des 3D-Solarzellendrucks aus. Bild: ©jantima/Fotolia 30 AUS DER ENERGIEWELT Dämmstoff aus dem Meer NeptuTherm für den Bundespreis Ecodesign nominiert W Bilder: NeptuTherm ie sich Produkte auf die Umwelt und unsere Alltagskultur auswirken, wird maßgeblich durch das Design bestimmt. Um Innovationen auf diesem Gebiet zu fördern, haben Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt 2012 den Bundespreis Ecodesign ins Leben gerufen. Der Preis zeichnet innovative Produkte, Dienstleistungen und Konzepte aus, die sich durch eine herausragende ökologische Qualität, einen innovativen Ansatz und durch eine hohe Designqualität auszeichnen. Für den Ecodesign-Preis 2014 wurden 29 Produkte nominiert. Zu den Nominierten gehört auch ein Dämmstoff aus Seegraskugeln. Die Firma NeptuTherm aus Karlsruhe stellt daraus einen Einblasdämmstoff mit bauDie Kugeln aus Neptungras sind an aufsichtlicher Zulassung vielen Mittelmeerstränden zu finden. her. Neptutherm eignet sich zur Dämmung Die als Neptunbälle bevon Neu- und Altbauten. Das Material kannten Kugeln findet kann gestopft, geschüttet und man im Winter und im eingeblasen werden. Frühjahr an vielen Mittelmeerstränden. Sie bestehen aus den abgestorbenen Fasern des Seegrases Posidonia oceanica, die sich hervorragend zur Dämmung von Alt- und Neubauten eignen. Der Dämmwert beträgt sehr gute 0,0388 W/mK bei einer Dichte von 65 bis 75 kg/m3. Das Einzigartige bei diesem Dämmstoff aus dem Meer ist, dass die gesetzlichen Anforderungen an den Brand- und Schimmelschutz ohne jegliche Zusätze erreicht werden. Das ECO-Institut in Köln hat in aufwendigen Untersuchungen nachgewiesen, dass NeptuTherm völlig frei ist von gesundheitlich bedenklichen Emissionen und Inhaltsstoffen. Auch die Entsorgung bei einem späteren Abbruch ist komplett unproblematisch: Die Neptunfasern können einfach zur Auflockerung des Bodens unter die Gartenerde geharkt werden. Holzmehl- und Spänevertrieb Johannesstraße 15 72138 Kirchentellinsfurt Tel. 07121.907072 Fax 07121.907074 November 2014 | KLIMA VORORT 31 32 AUS DER ENERGIEWELT „Aus zwei Perspektiven“ Sabrina Gauß, Studentin an der Hochschule für Forstwirtschaft in Rottenburg, berichtet über ihr Praktikum bei der Agentur für Klimaschutz in Tübingen. S Im Rahmen ihres Bioenergie-Studiums absolviert Sabrina Gauß derzeit ihr Praktikum in der Agentur für Klimaschutz in Tübingen. Impressum KLIMA VOR ORT, Jahrgang 5 Herausgebergemeinschaft Verlag Schwäbisches Tagblatt GmbH Uhlandstraße 2, 72072 Tübingen www.tagblatt.de Telefon 0 70 71 / 9 34 - 1 02 Agentur für Klimaschutz Kreis Tübingen gGmbH Wilhelm-Keil-Straße 50, 72070 Tübingen www.agentur-fuer-klimaschutz.de Telefon 0 70 71 / 2 07 - 54 02 Energieagentur in Horb Neckarstraße 13, 72160 Horb am Neckar www.energieagentur-in-horb.de Telefon 0 74 51/5 52 99 79 Redaktion Birgit Pflock-Rutten Weitere Autoren: Frank Rumpel Alexander Wiemer Stefan Niesner Titelgestaltung Oliver Frate Bilder: ©Kudryashka/istockphoto.com ©macrovector/istockphoto.com Anzeigen und Mediadaten [email protected] Telefon 0 70 71 / 9 34 - 1 86 Uhlandstraße 2, 72072 Tübingen Anzeigenleitung Wolfgang Dieter KLIMA VORORT | November 2014 chon in der Schule habe ich mich sehr für Biologie und für den Schutz der Umwelt und des Klimas interessiert. Außerdem macht es mir Freude, mehr über technische Abläufe zu erfahren und Zusammenhänge zu verstehen. Das BioEnergie- Studium an der Hochschule in Rottenburg ist für mich die perfekte Vereinigung dieser beiden Themenbereiche. Vom Anbau energetischer Nutzpflanzen über Thermodynamik bis zur Anlagenplanung ist alles dabei und auch in die anderen erneuerbaren Energien kann man durch Wahlpflichtfächer einen Einblick bekommen. Das fünfte Semester, in dem ich mich jetzt befinde, ist mein Praxissemester, welches ich bei der Agentur für Klimaschutz im Kreis Tübingen absolviere. Die Agentur bietet allen Bürgern im Landkreis eine neutrale Erstberatung zu Energieeinsparungen und erneuerbaren Energien an. Das Netzwerk aus zirka 40 Energieberaterinnen und Energieberatern hilft unter anderem bei Sanierungsfragen oder auch dabei, ein energetisch sinnvolles Haus zu bauen. Immer mehr Menschen wird klar, dass sie durch gezielte effektive Maßnahmen ihre Heiz- oder Stromkosten senken können. Auch bei den Kommunen selbst gibt es ein großes Energieeinsparpotenzial. Deshalb haben wir ein Angebot für den Aufbau eines kommunalen Energiemanagements für Städte und Gemeinden entwickelt. Eine weitere meiner Aufgaben ist es, bei dem Stand-by Projekt, das in mehreren Schulen im Landkreis stattfindet, mitzuwirken. Bei diesem Projekt gehen wir in Klassen und versuchen, die Schüler für einen verantwortungsvollen Umgang mit Energie zu sensibilisieren und ihnen die Auswirkungen des Klimawandels aufzuzeigen. Ich bin also an die Schulen herangetreten und wir werden dann den verschiedenen Klassenstufen bei- spielsweise den Treibhauseffekt erklären und mit ihnen den Stromverbrauch verschiedener Geräte messen, um ihnen ein Gefühl dafür zu geben wie viel Strom verbraucht wird. Einmal in der Woche bin ich außerdem im Ingenieurbüro Patavo in Pliezhausen. Der Kontakt kam über Geschäftsführer Thomas Röger zustande, der in unserem Energieberaternetzwerk ist und Energieeffizienz-Analysen für Unternehmen durchführt. Patavo hat sich auf alle Themen aus den Bereichen Energie- und Ressourceneffizienz sowie Energiemanagement in Unternehmen und Gewerbe spezialisiert und verfolgt dabei einen ganzheitlichen Ansatz: Neben den Querschnittstechnologien wie Heizung, Lüftung und Klimatisierung, Beleuchtung, Druckluft, Dampf oder Kälte wird auch die Anlagen- und Prozesstechnik genau untersucht. Bei Bedarf wird zusätzlich das Gebäude erfasst und die Planung und Umsetzung von energetischen Sanierungsvorhaben begleitet. Ziel ist es, Einsparpotenziale im Unternehmen zu erfassen und daraus geeignete Verbesserungsmaßnahmen abzuleiten. Auf dieser Basis entwickelt Patavo ein individuelles, zukunftsfähiges Energiekonzept. Man könnte also sagen, dass ich in meinem Praxissemester zwei Perspektiven einnehme. In der Agentur bekomme ich einen Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten, die es gibt, um den Klimaschutz voran zu treiben und die Menschen dazu zu bewegen, etwas für das Klima zu tun. Bei Patavo bekomme ich einen eher praktischen Einblick in die Beratung von Unternehmen und in die Datenanalyse. Diese Mischung finde ich sehr gut, da ich mir so ein Bild der verschiedenen Ebenen machen kann. Durch das Praktikum habe ich wieder einmal festgestellt, dass dieses Thema mich sehr interessiert und dass ich mir auf jeden Fall vorstellen kann, in diesem Bereich zu arbeiten. 33 AUS DER ENERGIEWELT Die Brennstoffzelle für zu Hause Sie wandelt chemische direkt in elektrische Energie um. Doch der Marktdurchbruch der Brennstoffzelle blieb bisher aus. Zu komplex waren die Systeme. Fraunhofer und Vaillant haben ein einfaches Gerät für den Hausgebrauch entwickelt. M schlossen ist, wandelt ein Reformer das Erdgas zunächst in ein wasserstoffreiches Gas um. Dieses reagiert dann im Stack mit dem Sauerstoff der Luft in einer geräuschlosen »kalten Verbrennung«. Dabei entstehen Strom und Wärme. Die Geräte sind ähnlich kompakt wie klassische Gasheizgeräte, die nur Wärme erzeugen. Mit einer Leistung von einem Kilowatt decken sie den mittleren Stromverbrauch eines VierPersonen-Haushalts ab. Parallel zum Praxistest arbeiten die beiden Partner bereits an neuen Modellen, bei denen es vor allem darum geht, die Kosten bei der Herstellung weiter zu drücken und die Lebensdauer der Anlage zu erhöhen. Quelle: Fraunhofer IKTS Bild: © Fraunhofer IKTS an spricht immer von einem Brennstoffzellensystem“, sagt Dr. Matthias Jahn vom Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme IKTS in Dresden. „Eine einzelne Zelle erzeugt nicht genug Spannung, um eine ausreichende elektrische Leistung zu erreichen. In einem Brennstoffzellenstapel sind mehrere Zellen hintereinander geschaltet. Jede davon hat etwa die Größe einer CD. Wir nennen die Stapel Stacks“, so Jahn. Zusammen mit dem Heizungshersteller Vaillant hat das IKTS ein kompaktes, sicheres und robustes Brennstoffzellensystem für Privathaushalte entwickelt. Wenn das Brennstoffzellen-Heizgerät an das Erdgasnetz ange- Fertigung der Zellstapel am Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme. 34 SERVICE Veranstaltungen November 2014 bis April 2015 Agentur für Klimaschutz Kreis Tübingen gGmbH und Energieagentur in Horb gGmbH NOVEMBER Montag, 24. November 2014 19 Uhr Informationsabend der Energieagentur in Horb „Dämmen: ja, aber richtig – sinnvolle Maßnahmen für ein gesundes Wohnklima“ Ort: Technisches Rathaus, Marktplatz 64, Freudenstadt Info: www.energieagenturin-horb.de Ort: Bürgersaal im Rathaus, Marktplatz 1+2, Dornstetten Info: www.energieagenturin-horb.de JANUAR DEZEMBER Donnerstag, 8. Januar 2015 18 bis 20 Uhr Studium Generale: Green Entrepreneurship im Tourismus – Vortrag Ort: Hochschule für Forstwirtschaft, Rottenburg am Neckar Info: www.rottenburg.de Mittwoch, 3. Dezember 2014 19 Uhr Informationsabend der Energieagentur in Horb „Dämmen: ja, aber richtig – sinnvolle Maßnahmen für ein gesundes Wohnklima“ Samstag, 17. Januar 2015 BUND Kinder- und Familienprogramm: Winterwanderung durch die Natur Ort: wird bei Anmeldung bekannt gegeben Info: www.rottenburg.de ENERGIESPARFENSTER NACH MASS Montag, 26. Januar 2015 19 Uhr Informationsabend der Energieagentur in Horb in Kooperation mit der VHS Freudenstadt „Heizen mit Hackschnitzel und Pellets“ Ort: VHS, Freudenstadt, Landhausstraße 4 Info: www.vhs-kreisfds.de Mittwoch, 28. Januar 2015 19 Uhr Informationsabend der Energieagentur in Horb „Dämmen: ja, aber richtig – sinnvolle Maßnahmen für ein gesundes Wohnklima“ Ort: Multimediaraum der Grundschule, Schulstraße 1, Eutingen Info: www.energieagenturin-horb.de Montag, 2. März 2015 19 Uhr Informationsabend der Energieagentur in Horb „Dämmen: ja, aber richtig – sinnvolle Maßnahmen für ein gesundes Wohnklima“ Ort: Rathaus (Bürgersaal), Wörnersberg Info: www.energieagentur-inhorb.de Samstag, 21. März 2015 9 bis 11.30 Uhr BUND Fahrradflohmarkt Ort: Marktplatz, Rottenburg am Neckar Info: www.rottenburg.de FEBRUAR APRIL Montag, 23. Februar 2015 19 Uhr Informationsabend der Energieagentur in Horb „Dämmen: ja, aber richtig – sinnvolle Maßnahmen für ein gesundes Wohnklima“ Ort: Schulungsraum der Freiwilligen Feuerwehr, Öschwiesenweg 7, Empfingen Info: www.energieagenturin-horb.de Sonntag, 12. April 2015 13 bis 18 Uhr: Tag der offenen Tür in der Energieagentur in Horb (im Rahmen von „Go Fit! Horber Frühling“) mit Informationsveranstaltung(en) „Dämmen: ja, aber richtig – sinnvolle Maßnahmen für ein gesundes Wohnklima“ Ort: Energieagentur in Horb, Neckarstraße 13, Horb Info: www.energieagenturin-horb.de Samstag, 28. Februar 2015 bis Sonntag, 8. März 2015 10 bis 18 Uhr „fdf – für die Familie“ Messe Ort: Festplatz in Tübingen Info: www.ausstellungtuebingen.de KLIMA VORORT | November 2014 MÄRZ ANZEIGEN